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Forum > Rechtschreibreform und Gruppendynamik
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Jörg Metes
09.08.2002 12.22
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Ein Wertkonservativer für die Reform

Ein Leserbrief aus der 'Berliner Zeitung' vom 10.8.02:

»Die Reform ist nicht konsequent genug
Mein Rat an Ihre Zeitung: Lassen Sie sich nicht auf eine einfältige Animosität gegen die neue Rechtschreibung ein. Deren Fehler ist, dass sie nicht konsequent genug war, was wir den Sturköpfen in Deutschland verdanken (und Frau Hanna-Renate Laurien mit ihrem wiederholten Witz, man müsse doch unterscheiden zwischen „Ich habe in Moskau liebe Genossen“ und „Ich habe in Moskau Liebe genossen“). Konsequente Kleinschreibung wäre die richtige Reform gewesen. Aber davon werden wir erst im nächsten Jahrhundert reden.

Dr. Joachim Kramarz, Berlin«

Christian Melsa hat diesen Brief auf dem Nachrichtenbrett völlig zu Recht wie folgt kommentiert:

»Einfältige Animositäten
Dr. Kramarz liefert die Musterargumentation der Reformbefürworter: Man muß dafür sein, weil die Sturköpfe (die Konservativen, die Ewiggestrigen...) dagegen sind. Da man einfach nicht ernsthaft behaupten kann, die Reform sei gelungen, zieht man sich auf den Standpunkt zurück, sie sei noch nicht konsequent genug gewesen – aber wenigstens doch überhaupt eine Reform. Hauptsache, man hat den Sturköpfen eins ausgewischt, ha! Anders kann die Haltung eigentlich nicht motiviert sein, denn Kramarz bringt ja extra noch einmal zum Ausdruck, was seiner Meinung nach „die richtige Reform gewesen“ wäre: Konsequente Kleinschreibung. Unter Anwendung logischer Folgerungsmethoden muß man daraus schließen, daß die vorhandene Reform seiner Meinung nach also nicht die richtige Reform gewesen sein kann, denn dort wurde ja genau die gegenteilige Richtung eingeschlagen. Inhaltliche Gesichtspunkte sind für Leute wie ihn also irrelevant. Hauptsache Reform, Hauptsache anders, völlig egal, worum es überhaupt geht. Welch erstaunliche Oberflächlichkeit für jemanden mit Doktortitel, und welch einfältige Animosität gegen die freie Sprachentwicklung.«

Man möchte es nicht für möglich halten – doch der Lebenslauf von Dr. Joachim Kramarz liest sich (ich zitiere aus den Internetseiten der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Berlin e.V.) so:

»Geboren 1931 in Gleiwitz (Oberschlesien); römisch-katholisch, Oberstudiendirektor i.R., bis 1996 Direktor des Marie-Curie-Gymnasiums in Wilmersdorf, über 20 Jahre Vorsitzender des Deutschen Philologenverbandes – Landesverband Berlin (später Berlin/ Brandenburg), heute Vorsitzender der TheaterGemeinde Berlin/ Brandenburg, Mitglied der CDU Berlin, engagiert für den deutsch-jüdischen Dialog durch 20 Reisen mit Schülern und Lehrern nach Israel, Verfasser der ersten Biographie über Claus Graf Stauffenberg, Inhaber des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse.«

Verblüffend, nicht wahr?
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Jörg Metes

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Theodor Ickler
26.06.2002 14.45
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Einfalt

Was Katharina Rutschky so alles vor sich hin denkt, hat sie ja schon am 11. Dezember vorigen Jahres in der WELT gezeigt:

„Die Finnen sind ganz vorn bei Pisa. Hat das auch damit zu tun, dass die finnische Rechtschreibung so ungeheuer simpel ist? Alle, die jetzt ihre Patentrezepte aus der Tasche ziehen, seien an die Debatte um die Rechtschreibreform erinnert. Wer sich jetzt über Pisa aufregt, sollte prüfen, welche Zugeständnisse er machen wollte. Kleinschreibung, Kommaregeln – was wäre hier möglich gewesen, die schwere deutsche Sprache nicht bloß Einwanderern, sondern auch
Einheimischen genehmer zu machen?“
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Th. Ickler

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Jörg Metes
26.06.2002 12.44
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Ich will auch hier noch einmal auf Heide Kuhlmanns ausgezeichnete Arbeit Orthographie und Politik hinweisen. Es ist dort sehr schön das Verständnis herausgearbeitet, das die Rechtschreibreformer von der Rechtschreibung hatten und haben. Die Reform erscheint als eine Art Erlösungsglaube, der sich eben deshalb so hartnäckig hielt und hält, weil die Wunder, die er verheißt, über Kritik am Detail erhaben sind. Die Reform ist nur Mittel zum Zweck. Die neue Rechtschreibung soll sich letztlich in der Praxis nicht bewähren, sondern diese überwinden. In einem Artikel in der gestrigen 'Welt' ('Beim nächsten Test wird alles gut') gibt Katharina Rutschky in einem Nebensatz auch einer immer noch völlig unzureichend reformierten Orthographie die Schuld daran, daß Deutschlands Schüler in der Pisa-Studie so schlecht abgeschnitten haben. Nicht die Reform war verkehrt, sondern die Welt, in die sie gesetzt wurde.
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Jörg Metes

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