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Das Goethe-Institut und die Rechtschreibreform
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Sigmar Salzburg
05.07.2011 11.45
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13 Jahre Reformzwang

Goethe-Institut
60 Jahre Kulturaustausch

Als 1951 sechs Lehrer in München den privaten Verein „Goethe-Institut“ gründeten, planten sie zunächst nur Deutschkurse für ausländische Kollegen. Längst ist aus dem Verein eine international agierende Kultureinrichtung geworden – mit heute 150 Instituten in aller Welt, fast 3000 Mitarbeitern und Hunderttausenden von Veranstaltungen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nennt das Institut ein „Herzstück der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik“. Am Dienstag feiert das Institut in Berlin seinen 60. Geburtstag…

„Abend voller Glück“
Schlagzeilen machten zuletzt drohende Sparaktionen. Seit 2006 musste sich das Haus einer strengen Organisationsreform unterziehen, seither darf es seinen Etat selbst verwalten. Die Zentrale wurde gestrafft, die Arbeit dezentralisiert. Inzwischen verbraucht die Verwaltung nur noch etwa 20 Prozent des Etats. Das Auswärtige Amt trägt mit 223 Millionen Euro (2010) rund zwei Drittel der Kosten.

Am Dienstag wird der Geburtstag mit einem Festakt in der Berliner Gemäldegalerie am Kulturforum gefeiert, später gibt es ein Publikumsfest unter freiem Himmel. Das Konzert des Berliner Popmusikers Jens Friebe heißt programmatisch „Abend voller Glück“.

focus.de 5.7.2011

Ohne Not unterwarf sich das Goethe-Institut ab 1998 den fehlerstrotzenden „Stuss“-Regeln und verbreitete den peinlichen Unfug weltweit, z.B.:

2. Prüfungen
Mit den Prüfungspartnern des Goethe-Instituts (Ludwig-Maximilians-Universität, Deutscher Volkshochschulverband, Deutscher Industrie- und Handelstag, Carl-Duisburg-Centren) ist folgendes Vorgehen vereinbart: …

o Ab 1.8.98 werden alle neuen Prüfungs- und Übungssätze in der neuen Orthografie und Interpunktion veröffentlicht. Ältere Materialien werden bei Nachdrucken/ Neuauflagen entsprechend bearbeitet.
...
1. Unterricht
Die Einführung der neuen Schreibweise im Sprachunterricht kann bereits jetzt in Anfängerklassen erfolgen, erst ab 01.08.98 wird sie verpflichtend.

Hier

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Theodor Ickler
24.03.2004 20.32
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Anders

Das würde nur Verhärtung bewirken. Man muß liebreich werben.
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Th. Ickler

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J.-M. Wagner
24.03.2004 15.21
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Re: Schon geschehen

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die Tatsachen sind dem GI schon des öfteren mitgeteilt worden, haben aber keinerlei Interesse erregt. Die geistige Trägheit dieses Apparates ist sprichwörtlich. Wissenschaftliche Ambitionen hat das GI schon vor vielen Jahren aufgegeben.
Und wenn man sowohl diesen Umstand als auch einen Teil der konkreten Belege der GI-Präsidentin Limbach anläßlich ihres Geburtstages (vgl. Nachrichtenbrett) aufs Brot schmiert – was könnte das bewirken?
__________________
Jan-Martin Wagner

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Theodor Ickler
24.03.2004 14.08
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Schon geschehen

Die Tatsachen sind dem GI schon des öfteren mitgeteilt worden, haben aber keinerlei Interesse erregt. Die geistige Trägheit dieses Apparates ist sprichwörtlich. Wissenschaftliche Ambitionen hat das GI schon vor vielen Jahren aufgegeben.
__________________
Th. Ickler

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J.-M. Wagner
24.03.2004 12.22
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Re: GI-Reformpropaganda (mit Anmerkungen)

Da haben Sie ja sachliche Fehler in erheblicher Zahl in „KuBus 3“ festgestellt. Sollte das nicht auch etwas für das GI sein, etwas über die Qualität der von ihm bereitgestellten Materialien zu erfahren?
__________________
Jan-Martin Wagner

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Norbert Schäbler
24.03.2004 10.25
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Re: Volksschullehrer

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
In der Geschichte der Reformvorschläge waren es gewöhnlich die Verbände der Volksschullehrer, die sich für eine „Vereinfachung“ der Rechtschreibung ausgesprochen haben, und zwar nach der Maxime „schreiben, wie man spricht“. Sie sympathisierten also mit der phonetischen Richtung, die ja auch Duden vertrat. Die Schriftsteller waren natürlich immer dagegen. Durch die Erinnerung an diese historischen Tatsachen braucht sich kein Volksschullehrer gekränkt zu fühlen.

Das ist neuerlich ein Hinweis darauf, daß nicht die Basis gewirkt hat, sondern daß die Funktionärsebene in Gestalt der Verbandsoberen (sozusagen die rechte Hand der Bürokraten) Handlungsbedarf suggerierte.
Erinnert sei an die Äußerungen von Eltern- und Lehrerverbandssprechern, die ab 1996 der Rechtschreibreform einen Freibrief ausstellten.
Man muß hier wohl eigenmächtige Autorisierung einiger Damen und Herren unterstellen, denn eine Abstimmung hat in keinem der Verbände stattgefunden. Und genau in diesem Umstand der offensichtlichen Ohnmacht der sog. Basis liegt die Ursache der Kränkung.

Vielleicht könnten derartige Gedanken ja im Leitfaden „Statistik und Quellentexte“ ausdiskutiert werden, denn im Prinzip gehören sie nicht hierher, wiewohl in Sachen Rechtschreibreform sich gar vieles überschneidet und möglicherweise am GI gesammelt, selektiert und publiziert wird.

__________________
nos

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Reinhard Markner
24.03.2004 10.01
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In der Tat werden wir nie wissen, was beschlossen worden wäre, hätte die Mitgliederversammlung in diesem Jahr vor der Sitzung der KMK stattgefunden.

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Theodor Ickler
24.03.2004 07.25
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Goethe-Institut

Nachdem die Kultusminister beschlossen hatten, die Rechtschreibreform zu überarbeiten und dabei die Hilfe der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zu suchen, bat das Goethe-Institut die Kultusminister, die Rechtschreibreform zu überarbeiten und dabei die Hilfe der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zu suchen.
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Th. Ickler

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Theodor Ickler
24.03.2004 07.22
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Volksschullehrer

In der Geschichte der Reformvorschläge waren es gewöhnlich die Verbände der Volksschullehrer, die sich für eine „Vereinfachung“ der Rechtschreibung ausgesprochen haben, und zwar nach der Maxime „schreiben, wie man spricht“. Sie sympathisierten als mit der phonetischen Richtung, die ja auch Duden vertrat. Die Schriftsteller waren natürlich immer dagegen. Durch die Erinnerung an diese historischen Tatsachen braucht sich kein Volksschullehrer gekränkt zu fühlen.
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Th. Ickler

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Norbert Schäbler
22.03.2004 11.52
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Re-sonanz

Bei der Argumentation zum Thema „Rechtschreibreform“ kann nicht oft genug auf nachträgliche Geschichtsmanipulationen hingewiesen werden, denn hier tun sich schreckliche Abgründe auf. Wahrheit und Klarheit bleiben gerade hier sehr oft auf der Strecke.

Professor Ickler hat in seinem vorhergehenden Beitrag eine Reihe von Lügen der Reformbetreiber aufgedeckt, und es ist entsetzlich, daß sich ausgerechnet das Goethe-Institut für die Verbreitung derartiger Unwahrheiten hergibt.
Sollten dort nicht wissenschaftlich einwandfreie Arbeitsmethoden und Fachkompetenz oberstes Gebot sein?
Wer ist für derartige Fehlschwingungen verantwortlich?

Einer Vermutung von Herrn Ickler will ich widersprechen.
Die Behauptung, daß „vor allem Volksschullehrer“ eine Rechtschreibreform forderten, kann nicht richtig sein.
Bildlich gesprochen ist die Lehrerschaft nämlich lediglich ein Resonanzkörper, und man muß herausfinden, wer den Lehrkörper erklingen ließ.
Schauen wir uns in diesem Zusammenhang einmal die Curriculumforschung an und überprüfen die Zusammensetzung von Lehrplankommissionen. Das könnte sehr aufschlußreich sein und einige Vorurteile entkräften.

__________________
nos

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Theodor Ickler
22.03.2004 04.07
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GI-Reformpropaganda (mit Anmerkungen)

KuBus 3 (Goethe-Institut Internet 1997)

Die Rechtschreibreform

Kurzinhalt

Der KuBus-Beitrag über die „Rechtschreibreform“ gibt die Entwicklungsgeschichte der deutschen Rechtschreibung wieder. Es werden die wichtigsten Änderungen durch die aktuelle Reform beleuchtet. Darüberhinaus werden die teilweise heftigen Diskussionen thematisiert, die in Deutschland um die Einführung der Rechtschreibreform entflammten.


Hintergrundinformation

Die Menschen im deutschsprachigen Raum müssen neu schreiben lernen. Denn zum erstenmal seit 95 Jahren wurde die deutsche Rechtschreibung reformiert. Neue Regeln sollen ab August 1998 die Schriftsprache logischer und damit einfacher machen. Verbindlich wird dieses neue Regelwerk dann im Jahre 2005.

Nach der Verabschiedung der Reform im Sommer 1996 ermittelte eine bundesweite Umfrage, was sich dreiviertel aller Deutschen, viele Schriftsteller und Verleger wünschen: einen Stopp der Rechtschreibreform. Lächerlich, überflüssig, zu teuer, verwirrend, unsinnig – so wird hierzulande gescholten.

Historie der deutschen Rechtschreibung

Seit dem frühen Mittelalter verging im deutschsprachigen Raum kein Jahrhundert, kaum ein Jahrzehnt ohne Rechtschreibvorschläge. Und eifrige Neuerer bekamen schon immer Gegenwind zu spüren.
Schreiben und Lesen wurde im 14. Jahrhundert in den Klosterstuben und Kanzleien gelehrt, allerdings nur Mitgliedern des Adels und der Kirche. Der Lehrstoff war von biblischen Texten geprägt, meist in lateinischer Sprache.

Auch Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks brachte im 16. Jahrhundert trotz großer Verbreitung der Druckerzeugnisse keine einheitliche deutsche Rechtschreibung nach verbindlichen Regeln.

Die volkssprachlichen Veröffentlichungen nahmen einen kleinen Raum ein, denn die meisten Schriftsteller bevorzugten noch immer Latein.

Entscheidend für die Gleichberechtigung des Deutschen als Schriftsprache neben Hebräisch, Griechisch und Latein wirkte schließlich der Schriftsteller und Reformator Martin Luther. Seine deutschen Schriften, nicht zuletzt die Bibelübersetzung, verhalfen der Muttersprache – ein Wort, das erstmals bei Luther 1523 belegt ist – zu wachsender schriftlicher Verbreitung und Anerkennung. Im 17. Jahrhundert wurde Hieronymus Freyer Wegbereiter einer einheitlichen Schreibweise. Auf ihn geht die Großschreibung zurück. Doch noch bis weit ins 19. Jahrhundert entwickelte sich die deutsche Schriftsprache ohne übergreifende Regelung.

Dieser Mißstand geriet nach der Reichsgründung 1871 in den öffentlichen Blickpunkt. 1880 erschien endlich ein „Orthographisches Wörterbuch“, verfaßt von Konrad Duden. Innerhalb des folgenden Jahrzehnts setzte sich die Rechtschreibung nach diesem Wörterbuch im deutschen Sprachraum durch. Die offizielle Anerkennung als erste verbindliche Rechtschreibregelung nach Duden erfolgte jedoch erst im Jahre 1902.

Nun stand noch die Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung aus. Dies blieb das Ziel zahlreicher Tagungen der folgenden Jahrzehnte. Erarbeitete Reformvorschläge wurden in allen deutschsprachigen Staaten veröffentlicht und heftig kritisiert. So nannte der berühmte Schriftsteller Thomas Mann einen Entwurf der 50er Jahre eine „Verarmung, Verhäßlichung und Verundeutlichung des deutschen Schriftbildes“.

Es dauerte noch bis November 1994, um eine Einigung zur Neuregelung der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu erreichen. Künftig wird allerdings für Weiterentwicklungen nicht mehr die Duden-Redaktion maßgebend sein, sondern eine internationale Kommission. Sie ist angesiedelt im Mannheimer Institut für Deutsche Sprache.

Inhalt der Rechtschreibreform

Zwingend verbindlich werden soll die neue amtliche Rechtschreibung allein in Behörden und Schulen. „Keine Revolution, sondern eine sanfte Reform“, so bezeichnete ein Vertreter des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums als einer der zahlreichen Tagungsmitglieder die vorgesehenen Änderungen. Von den 212 Rechtschreibregeln für das Deutsche sollen nur noch 112 bestehen bleiben. Von den 52 Kommasetzungsregeln bleiben neun übrig. Grundsätzlich soll eher getrennt als zusammen geschrieben werden, mehr groß als klein. Von den 12 000 Wörtern des Grundwortschatzes werden 185 anders geschrieben als bislang. Grundgedanke ist dabei die Übereinstimmung von einem Wortstamm und allen daraus abgeleiteten Wörtern: belämmert statt belemmert – wegen Lamm; Stängel statt Stengel – wegen Stange; Bändel statt Bendel – wegen Band. Bei zusammengesetzten Wörtern bleiben die Wortstämme künftig vollständig erhalten: Stofffetzen statt Stoffetzen; Tollpatsch statt Tolpatsch. Die im deutschen Schriftbild auffälligste Änderung betrifft den Buchstaben Eszet. Künftig soll nach kurzen Vokalen generell ein Doppel-S geschrieben werden: Fluss; Kuss; muss; nass. Mit langem Vokal gesprochene Wörter bleiben dagegen unverändert: Fuß; Maß. Die in zahlreichen vorigen Entwürfen geforderte gemäßigte Kleinschreibung wird mit der Reform nicht eingeführt. Neben einigen wenigen Änderungen soll künftig lediglich die Anrede „Du“ kleingeschrieben werden. Damit werde auch das Problem von Anweisungen an Schüler in Lehrbüchern gelöst, hieß es zur Begründung.

Auswirkungen der Rechtschreibreform

720 000 Bücher sind zur Zeit in Deutschland lieferbar, darunter etliche, die vor der Rechtschreibnormierung von 1902 erschienen sind.

So werden sogar Märchen zum Problem – das fürchten zumindest Buchhandel und Buchverlage. Da besonders Eltern künftig darauf bestehen werden, daß Bücher nach den neuen Regeln gedruckt sind, bedeutet die Reform für die Verlage vor allem eine erhebliche Kostensteigerung. Dasselbe gilt für Klassiker, die häufig als Schullektüre verwandt werden. Und allein der Verband der Schulbuchverlage rechnet mit einem Kostenaufwand von 300 Millionen Mark für die Korrektur der 30 000 Schulbuchtitel – 10 000 Mark pro Band. Drei Monate nachdem die Rechtschreibreform definitiv beschlossen war, gingen die Schriftsteller und Intellektuellen gegen die Neuregelung auf die Barrikaden. Kernpunkt ihrer Kritik sind die Kosten der Reform. Viele Buchtitel seien schon jetzt überholt, meinen sie. Und solche, die nur eine Minderheit interessierten, würden nicht mehr neu aufgelegt. Das sei ein Verlust an Kultur, der nicht mehr auszugleichen sei. Und erst jetzt, nach Erscheinen der ersten neuen Regelwerke und Lexika, seien die Folgen der Reform im ganzen Ausmaß erkennbar. Vorher habe man noch geglaubt, es gehe nur um Minimalveränderungen wie „Gemse“ und „Gämse“.

Gruß und Kuss, dein Julius – so erläutern schon jetzt Lehrer ihren Schülern die Regeln der Rechtschreibreform. Offiziell ist die Einführung zwar erst ab August '98 verbindlich, doch die Kultusminister zahlreicher Länder haben schon jetzt empfohlen, Erstkläßler nach der neuen Form zu unterrichten. Und manches von dem, womit sich Behörden oder Schriftsteller noch schwertun, hat sich in der Praxis längst eingespielt. Zwar müssen sich Lehrer und Eltern umstellen, zwar nehmen auch sie die Änderungen keinesfalls kritiklos hin. Doch müssen sie aufgrund ihrer aktuellen Erfahrungen einräumen, daß die nachwachsende Generation die Bedeutung der Rechtschreibreform anders handhabt und gewichtet. Neun statt 52 Komma- und 112 statt 212 Rechtschreibregeln, das kann für Menschen, die gerade das Schreiben oder Deutsch als Fremdsprache erlernen, eine Erleichterung bedeuten. Und doch wurde das allein in der deutschen Schriftsprache existierende Eszet nicht völlig abgeschafft. Der Forderung nach einer gemäßigten Kleinschreibung wurde ebensowenig nachgekommen. Und wo Fremdworte eingedeutscht wurden, wie im Falle „Majonäse“ etwa, da wird's für Menschen, die in ihrer eigenen Sprache noch immer Mayonnaise schreiben, auch nicht einfacher.

Inter Nationes
1997
***
Anmerkungen von Theodor Ickler
- „Seit dem frühen Mittelalter verging im deutschsprachigen Raum kein Jahrhundert, kaum ein Jahrzehnt ohne Rechtschreibvorschläge.“
Ist wirklich das „frühe Mittelalter“ gemeint, also die Zeit nach der Völkerwandeung, als es nach den weiteren Ausführungen noch gar keine deutsche Rechtschreibung gab? Oder eher „die frühe Neuzeit“?
- „Schreiben und Lesen wurde im 14. Jahrhundert in den Klosterstuben und Kanzleien gelehrt, allerdings nur Mitgliedern des Adels und der Kirche.“
Mitglied der Kirche war damals jeder, wahrscheinlich ist „Mitglied des Klerus“ gemeint. Aber es ist auch nur ein beliebtes unhistorisches Klischee, daß Schreiben und Lesen im Mittelalter ein Privileg der höheren Stände gewesen sei. Es war vielmehr eine ungeordnete Angelegenheit, die man gern Dienern überließ. Für Adlige war es keine Schande, nicht schreiben zu können. Man diktierte und ließ vorlesen.
- „Die volkssprachlichen Veröffentlichungen nahmen einen kleinen Raum ein, denn die meisten Schriftsteller bevorzugten noch immer Latein.“
Hier wird die große Verbreitung der deutschen Urkundensprache und der deutschen Fachprosa übersehen. Das Lateinische kam erst später wieder so richtig in Schwung (Humanismus).
- „Entscheidend für die Gleichberechtigung des Deutschen als Schriftsprache neben Hebräisch, Griechisch und Latein wirkte schließlich der Schriftsteller und Reformator Martin Luther.“
Luthers Bedeutung ist nicht gering zu veranschlagen, aber sie liegt mehr in der Vereinheitlichung des Deutschen als in seiner Anerkennung. Und wann eigentlich wären Hebräisch und Griechisch die Konkurrenten des Deutschen als Schriftsprache gewesen?
- „Im 17. Jahrhundert wurde Hieronymus Freyer Wegbereiter einer einheitlichen Schreibweise. Auf ihn geht die Großschreibung zurück.“
Die Großschreibung geht nicht auf Freyer zurück, sondern bahnt sich seit Luthers Spätschriften an und entwickelt sich eigenständig immer konsequenter bis etwa zu Gottsched.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts und erst recht gegen 1901 war die deutsche Rechtschreibung weitgehend vereinheitlicht. Der „Mißstand“ betraf eigentlich nur Kleinigkeiten. 1901/1902 wurde die einheitliche Rechtschreibung nur noch gegen Neuerungssüchtige (vor allem aus der phonetischen Richtung) abgesichert. Dieses Datum wird weit überschätzt.
- „Nun stand noch die Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung aus.“
Das war zwar die fixe Idee einiger Kreise (vor allem Volksschullehrer), aber es ist falsch, hier einen allgemein empfundenen Handlungsbedarf zu rekonstruieren. Die herkömmliche Rechtschreibung funktionierte in Wirklichkeit sehr gut und zur Zufriedenheit fast aller Deutschen, insbesondere der professionell Schreibenden.
- „Künftig wird allerdings für Weiterentwicklungen nicht mehr die Duden-Redaktion maßgebend sein, sondern eine internationale Kommission.“
Die Dudenredaktion hat die Rechtschreibung nicht weiterentwickelt, sondern lediglich festgehalten, was sich bereits entwickelt hatte. Übrigens im Auftrag der KMK. Und sie war zweifellos kompetenter als die Kommission von heute.
- „Von den 212 Rechtschreibregeln für das Deutsche sollen nur noch 112 bestehen bleiben. Von den 52 Kommasetzungsregeln bleiben neun übrig.“
Das ist ganz falsch. Es hat nie 212 Rechtschreibregeln gegeben, sondern 171 Richtlinien (der Rest betrifft gar nicht die Orthographie oder besteht nur aus Zusammenfassungen), unter denen man eine nicht näher bestimmte Zahl von „Regeln“ fand. Die Reform hat die Numerierung geändert, aber die gesamte Darstellung ist sogar umfangreicher als im alten Duden, und man hat die tatsächliche Zahl der Regeln auf weit über 1000 veranschlagt (Prof. Veith, Mainz). Es gab nie 52 Kommaregeln und es gibt jetzt nicht deren 9, sondern es gab und gibt rund 10 DIN-A4-Seiten Kommaregeln, und die neuen haben sich als unlernbar erwiesen, zugleich als sinnstörend und leserfeindlich. (Unter „Die neue Rechtschreibung“ behauptet das Goethe-Institut gar, es seien 57 Regeln auf 9 reduziert worden.) Leider werden diese sachlichen Fehler im Schlußabschnitt noch einmal wiederholt.
- „Grundgedanke ist dabei die Übereinstimmung von einem Wortstamm und allen daraus abgeleiteten Wörtern: belämmert statt belemmert – wegen Lamm; Stängel statt Stengel – wegen Stange; Bändel statt Bendel – wegen Band. Bei zusammengesetzten Wörtern bleiben die Wortstämme künftig vollständig erhalten: Stofffetzen statt Stoffetzen; Tollpatsch statt Tolpatsch.“
Belemmert kommt gar nicht von Lamm, ein kleines Band hieß auch bisher schon Bändel, und Tollpatsch hat mit der Erhaltung des Stammes bei Zusammensetzungen gar nichts zu tun.
- „Von den 12 000 Wörtern des Grundwortschatzes werden 185 anders geschrieben als bislang.“
Auch diese Zahl ist völlig aus der Luft gegriffen. Von den rund 12.500 Wörtern des amtlichen Wörterverzeichnisses sind 1.032 durch ein Sternchen als Neuschreibungen gekennzeichnet. Dabei ist die neue Silbentrennung noch nicht berücksichtigt. Alle anderen Zählungen, auch an den Wörterbüchern, kamen zu ähnliche Ergebnissen: rund 8 % des Wortschatzes werden geändert, ohne die Silbentrennung, die aber auch nicht einfach übergangen werden kann, zumal die Reformer darauf sehr stolz sind (O-blate, Res-pekt, Sitze-cke usw.)
Fazit: Trotz kritischer Akzente stellte sich das Goethe-Institut durch Verbreitung solcher Texte in den Dienst der Reformpropaganda. Man vergleiche auch „Die neue Rechtschreibung“ auf der GI-Homepage sowie vor allem ZV-Info Nr. 14/2000 vom 28. Juli 2000 und Rundschreiben AIZ 689/96. Aus der Rückschau im Jahre 2004 wäre eine ausdrückliche Korrektur und wohl auch ein Wort des Bedauerns über die damalige Naivität und Fahrlässigkeit am Platze.

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Th. Ickler

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Theodor Ickler
20.03.2004 04.51
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GI Zagreb 2003

„Die Diskussion zur Rechtschreibreform geht in Deutschland – wenn auch nicht mehr so heftig – weiter. Wir verweisen auf die Internet-Seiten http://www.goethe.de/z/50/reform/deindex.htm und http://www.goethe.de/uk/ney/despv2.htm. Und bei konkreten Zweifelsfragen erteilt Dr. Klaus Heller am Institut für deutsche Sprache (IDS) Mannheim heller@ids-mannheim.de per E-Mail kompetent Auskunft.“

(Internet)
__________________
Th. Ickler

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Theodor Ickler
20.03.2004 04.33
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GI Budapest

Am 1. 9. 2000 erschien auf der Internetseite des GI Budapest folgendes:

Betrifft:
...
6) Ungarische Anfrage zur Diskussion um die Rechtschreibreform
7) Die Meinung des Goethe-Instituts (Zentralverwaltung) zur Recht- schreibreform- Diskussion
8) Kontoversen zur Rechtschreibreform
...

...
6) Ungarische Anfrage zur Diskussion um die Rechtschreibreform

Im August schrieb unser Mitglied Glo'ner Csaba an das IDV-Netz:

„Soviel ich weiss, ist bei uns in Ungarn ab September dieses Jahres
verbindlich, die neue Rechtschreibung zu unterrichten. Mein Problem
ist, dass ich nicht wissen kann, ob in ein paar Jahren nicht die alte
Schreibweise wiederkommt, und dann werden meine Schueler es schwer
haben; sie muessen ja dann eine neue (d.h. die alte) Rechtschreibung
erlernen. Ich selbst wuerde auch weiterhin die alte Rechtschreibung
unterrichten, aber ich wuerde gern auch eure Meinungen darueber hoeren.“

Darauf antwortete am 14. August Dr. Fritz Neubauer aus Bielefeld (ein
von uns schon oefter erwaehnter Kritiker der Rechtschreibreform):

„Hier ist meine Meinung dazu, zusammen mit einigen neuen Informationen
zu diesem Thema:

Seit dem 27. Juli 2000 hat sich die Diskussion ueber die in der 'Gemein-
samen Absichtserklaerung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung'
(GA) vom 1. Juli 1996 vorgeschlagenen Veraenderungen intensiviert. An
diesem Tag kuendigte die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' (FAZ) an, zum
1. Jahrestag der Uebernahme einer eingeschraenkten Variante der SA-Vor-
schlaege zur allgemein gebraeuchlichen Orthographie aus dem Jahre 1991
zurueckzukehren.
Einige Verlage, darunter der Verlag des Deutschen Hochschullehrerverban-
des, folgten diesem Schritt auch in ihren Publikationen. Als Begruendung
schreibt Thomas Steinfeld in der FAZ vom 26.7. im Artikel 'Bankrott!
Gemeingefaehrlich: Der Skandal der neuen Rechtschreibung' u.a.: 'Tat-
saechlich ist die Reform der deutschen Rechtschreibung, an der diese
Kommission ueber zwanzig Jahre lang gearbeitet hatte und die am Ende von
den Kultusministern in einem Gewaltstreich gegen eigene Experten ver-
haengt wurde, ein einziges Fiasko. Munitioniert von angeblichen Fach-
leuten, dekretiert von ebenso hilflosen wie machtbewussten Politikern,
hat die Reform in Wirklichkeit nur eines erreicht: Es gibt keine ein-
heitliche deutsche Orthographie mehr...
(Die Reform) war das duemmste und ueberfluessigste Unternehmen in der
deutschen Kulturpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg: ein gemeingefaehr-
licher Akt.'

Damit gibt es z.Z. wieder zwei deutschsprachige Tageszeitungen, die in
der in der Bevoelkerung allgemein ueblichen Orthographie erscheinen: Die
in Wien erscheinende 'Presse', die nie den 'geistigen Pickelhaubentrae-
gern' folgen wollte, und nunmehr die FAZ. Es ist zu vermuten, daB wei-
tere Verlage und Zeitungen folgen werden.
Gerade in elf Tagen, am 25. August 2000, erscheint die neue (22.) Auf-
lage des Duden, dessen eigentliche offizielle Aufgabe es sein sollte,
5000 neue Woerter aufzunehmen, dessen Aufgabe nach dem 2. Bericht der
Zwischenstaatlichen Kommission vom Fruehjahr 2000 es aber sein muBte,
'offensichtliche Fehleintraege' wie z.B. die Wiedererweckung von
'wiedersehen' zu korrigieren. [...]

Unser DaF-Kollege Prof. Ickler weist in seiner in der FAZ vom 11. August
2000 unter dem Titel 'Ein Fiasko: Lektuere, Deutung, Analyse der in zwei
Wochen erscheinenden zweiundzwanzigsten Auflage des Duden' erschienenen
Rezension nach: 'Die orthographische Substanz ist im Vergleich mit der
vorigen Auflage, aber auch gegenueber der amtlichen Neuregelung (d.h.
die GA, F.N.) tiefgreifend veraendert.' Das heiBt, daB nicht einmal mehr
der Duden, aber auch nicht die entsprechende Bertelsmann-Ausgabe den
Vorschlaegen der GA folgen. Die einzigen, die offiziell noch der GA-Ver-
sion von 1996 folgen sollen, sind die Lehrer in den Schulen und die
Schul- und DaF-Lehrbuecher.
Damit ist klar, daB die Vorschlaege niemals in dieser Form Wirklichkeit
werden. Nach der neuesten Duden-Auflage und nach dem 2. Bericht der
Zwischenstaatlichen Kommission ist auch klar, dass alle seit 1996 er-
schienenen Handbuecher, Uebungsbuecher usw. zur 'neuen Rechtschreibung'
offensichtliche Fehleintraege enthalten. Andererseits versucht die neue
Duden-Auflage Vorschlaege aus dem ersten 70seitigen Bericht der Zwi-
schenstaatlichen Kommission, die von den Kultusministern nicht akzep-
tiert worden waren, bei der Zusammen- und Getrenntschreibung, z.B. durch
'wohlriechend', 'wohltemperiert', aber nur 'wohl versorgt', 'hochaufloe-
send', aber 'hoch empfindlich', 'hocherfreut' usw. zu uebernehmen. Neu
im Duden sind auch Alternativen zu den dreifachen Konsonanten in der
Form von 'Brenn-Nessel' und 'Still-Legung'.
Angesichts dieser Fuelle von laufenden Veraenderungen ist z.B. der Hue-
ber-Verlag dazu uebergegangen, die Jahreszahl bei der Angabe der Ortho-
graphieversion hinzuzufuegen: 'Dieses Werk folgt der Rechtschreibreform
1996 ...'.
Vor diesem Hintergrund kann nicht vorausgesagt werden, welche Orthogra-
phieversion nach der Uebergangszeit im Jahre 2005 bestehen wird. DaF-
Lernende im Jahre 2000 die Version von 1996 zu lehren, erscheint mir
unverantwortlich. Ich wuensche Ihnen viel Erfolg dabei, dies Ihren Kol-
leginnen und Kollegen zu erklaeren.“


********************************************************************
7) Die Meinung des Goethe-Instituts (Zentralverwaltung) zur Recht-
schreibreform-Diskussion

In der ZV-Info Nr. 14/2000 vom 28. Juli 2000, die an alle Mitarbeiter
und Gremien des Goethe-Instituts ging, ist (gekuerzt) zu lesen:

Neue Rechtschreibung

Artikel in diversen deutschen Tageszeitungen diskutieren – zum Teil
polemisch – das Thema „Neue Rechtschreibung“ bzw. „Reform der Recht-
schreibreform“. Die FAZ hat nach einem Probelauf entschieden, zur alten
Rechtschreibung zurueckzukehren. Die ZEIT wendet seit der Umstellung am
10.6.1999 eine adaptierte Fassung an. All dies ist in der Uebergangs-
phase bis 2005 moeglich und kein Grund, immer wieder in Grundsatzdebat-
ten zu verfallen.

Aus Sicht des Goethe-Instituts spielen Orthographie und Interpunktion
fuer den Spracherwerb und demzufolge auch für Pruefungen keine zentrale
Rolle. Um Verunsicherungen zu vermeiden und um eine sachliche Diskussion
zu ermoeglichen, uebermitteln wir Ihnen einige Sach- und Hintergrundin-
formationen [...].

1. Rundschreiben AIZ 689/96
Das Rundschreiben zur Rechtschreibreform AIZ 689/96 vom 3.12.96 behaelt
weiterhin seine Gueltigkeit.

2. DUDEN 2000
Ende August wird der DUDEN 2000 erscheinen. Die wesentlichen Neuerungen
bestehen in der Aufnahme von rund 5000 neuen Woertern – von „Altersteil-
zeit“ ueber „Global Player“ zu „zumuellen“ – und nicht etwa in einer
„Reform der Rechtschreibreform“.

In seiner Pressemitteilung vom 26.7. teilt der Dudenverlag Mannheim mit:

„Tatsache ist: Die 22. Auflage der Duden-Rechtschreibung gruendet sich
ohne Wenn und Aber auf die 1996 beschlossene Neuregelung der deutschen
Rechtschreibung. Der Duden vertritt keinerlei Abweichungen von dieser
Regelung, die voellig unveraendert gueltig ist. Es kann keine Rede davon
sein, dass eine 'Reform der Reform' zu erwarten sei. In schwierigen Ein-
zelfaellen stuetzt sich der Duden auf Hinweise und Empfehlungen der
Zwischenstaatlichen Kommission fuer Rechtschreibung. Die neuen Regeln
wurden im neuen Duden nicht geaendert, sondern nur noch benutzerfreund-
licher umgesetzt.“

3. ZWISCHENSTAATLICHE KOMMISSION FUER DEUTSCHE RECHTSCHREIBUNG
Die Geschaeftsstelle dieser Kommission hat ihren Sitz am Institut fuer
Deutsche Sprache in Mannheim. Die Empfehlungen fuer die Aenderung der
deutschen Rechtschreibung sind von hier ausgegangen und wurden den
Erziehungsbehoerden der deutschsprachigen Laender vorgelegt. Die Kom-
mission hat von den beteiligten Laendern 1998 den Auftrag erhalten, Loe-
sungsvorschlaege fuer jetzt noch bestehende Zweifelsfaelle (solche gibt
es in der Tat) bis zum Jahr 2003 vorzulegen.

4. SITUATION IN ANDEREN LAENDERN
Rechtschreibreformen werden auch anderswo durchgefuehrt, so zum Beispiel
fuer das Niederlaendische (Flaemisch inklusive) und Daenische; in Norwe-
gen hat es in diesem Jahrhundert bereits sechs Reformen gegeben. Zumin-
dest sind Deutschlehrer und Deutschlehrinnen in diesen Laendern an der-
artige Umstellungen gewoehnt und sehen darin keine Katastrophe fuer ihre
Sprache.

5. HISTORISCHER RUECKBLICK
Es gab immer verschiedene Schreibweisen nebeneinander, ohne dass Sprache
oder Kultur darunter litten. Bis in die zweite Haelfte des 19. Jahrhun-
derts gab es im deutschen Sprachraum keine einheitliche Rechtschreibung,
jede/r Schreibende schrieb, wie es ihr/ihm beliebte. Dazu Goethe selbst
zu K. v. Holtei: „Mir, der ich selten selbst geschrieben, was ich zum
Druck befoerderte, und, weil ich diktierte, mich dazu verschiedener
Haende bedienen musste, war die konsequente Rechtschreibung immer ziem-
lich gleichgueltig. Wie dieses oder jenes Wort geschrieben wird, darauf
kommt es doch eigentlich nicht an; sondern darauf, dass die Leser ver-
stehen, was man damit sagen wollte.“

Erst nach 1871, mit der Gruendung des Deutschen Reichs, wurden Voraus-
setzungen fuer die Einfuehrung einer einheitlichen Rechtschreibung ge-
schaffen, die 1901 beschlossen und 1902 verordnet wurde. Aber auch seit-
dem liefen verschiedene Schreibweisen parallel nebeneinander, eine alte
wie die neue, die uebrigens auch stets nachgebessert wurde. Dazu kamen
individuelle Schreibweisen verschiedener Dichter und Autoren, Experi-
mente mit der Kleinschreibung, u.a.

Die jetzige Neuregelung entspricht eigentlich nur der Vorgabe von Konrad
Duden selbst, der 1901 nach der beschlossenen Rechtschreibreform fuer
eine Vereinfachung der Schreibweise eintrat, leider viel zu lange ohne
Erfolg. Viele halten deswegen das bisherige Provisorium fuer ein unver-
aenderbares Merkmal der deutschen Sprache.

Peter Wapnewski (Vizepraesident des Goethe-Instituts) hebt in einem Le-
serbrief (Sueddeutsche Zeitung v.3.12.97) hervor, dass die Orthographie
„nun einmal nicht mehr als eine Magd im Haushalt der Sprache“ sei und
dass seit Otfried von Weissenburg das Buchstaebliche die Sprache nie
habe bewegen koennen.“


***********************************************************************
8) Kontroversen zur Rechtschreibreform

Nach diesen zurueckhaltenden Aeusserungen nun noch ein Beispiel fuer
Polemik, wie sie z.B. dier Aktion „Fuer die Einheit der Orthographie!“ –
Initiative gegen die Rechtschreibreform des VRS (Verein fuer deutsche
Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.), Vorsitzender: Manfred Riebe,
OStR, Dipl.-Kfm. in Schwaig bei Nuernberg, Netzpost (!)
, zu ueben pflegt (wir verwenden zur Klarheit
wie Dr. Neubauer ausnahmsweise B fuer das „scharfe s“):

Weiterer Rueckbau der Rechtschreibreform -
Deutscher Staedtetag: kuenftig keine „SchlossstraBe“
In: Nuernberger Zeitung 28.08.2000, S. 4

„Auf StraBenschildern wird die Rechtschreibreform wohl nicht angewendet
werden. Der Deutsche Staedtetag lehnt einen Austausch der Schilder mit
der neuen Schreibweise ab. Steuergelder sollten sinnvoller eingesetzt
werden.
Bei dem Beispiel 'SchloBstraBe' etwa muessten in tausend Faellen die
Schilder ausgetauscht und mit 'SchlossstraBe' ersetzt werden. Allein
fuer die SchloBstraBe im Berliner Bezirk Steglitz wuerde der Austausch
12.000 Mark kosten.“

Kommentar Riebe: „Erstmals blitzt ein winzig kleines Zipfelchen Vernunft
durch. Haben die Haushalter des Bundes, der Laender und der Gemeinden
bisher ueberhaupt einmal ueber die Kosten der gesamten Rechtschreibre-
form in ihren weltweiten AusmaBen nachgedacht?“

W.D.O. ;-) Weiteres in Richtung Polemik koennen Sie nachlesen auf fol-
genden URLs im Weltnetz (Ausdruck der Sprachpuristen fuer Internet):
http://www.raytec.de/rechtschreibreform/
http://www.rechtschreibreform.com
http://www.rechtschreibvolk.de

Und jede Mail von Riebe endet mit dem Spruch: „Es ist nie zu spät,
Natur-, Kultur- und Sprachzerstörung, Entdemokratisierung, Korruption
und Steuerverschwendung zu stoppen!“ (VRS)
______________________________________________________________________

Vom Schriftleiter der „Wiener Sprachblaetter“, herausgegeben vom Verein
„Muttersprache“, dem groessten Sprachpflegeverein Oesterreichs; siehe:
http://mailbox.univie.ac.at/~fischeg4/WienerSprachblaetter.htm, kommt
folgende Information:

„Manche uninformierten deutschen Journalisten wissen nicht, dass es auch
in Oesterreich Widerstand gegen die Rechtschreibreform gibt. Tatsaech-
lich erscheinen z.B. etliche oesterreichische Tageszeitungen und viele
Zeitschriften weiterhin in traditioneller Rechtschreibung, allen voran
'Die Presse', Wien, und koennen als Vorbild fuer deutsche Zeitungen
dienen. 'Die Presse' wurde sogar in Deutschland mangels nicht umgestell-
ter deutscher Tageszeitungen abonniert. Auch die 'Wiener Sprachblaetter'
erscheinen unbeirrt in der konventionellen Rechtschreibung.“
__________________
Th. Ickler

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Theodor Ickler
20.03.2004 04.24
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Prüfungen

Mit dem Goethe-Instutut habe ich auch via Leserbrief einmal einen Strauß ausgefochten wegen der hastigen Unterwerfung unter die Rechtschreibreform (http://rechtschreibreform.com/Seiten2/Wissenschaft/98001IcklerPruefunrecht.html).
Außerdem gab es im Juli 2000 einen Briefwechsel, aus dem ich zitieren möchte. Angesprochen war die damalige Leiterin des Prüfungswesesn:



Sehr geehrte ...,
dem Lehrwerk „Unterwegs“ von Langenscheidt entnehme ich, daß „ab 2003 nach der neuen Rechtschreibung korrigiert wird (siehe dazu: DUDEN: Die neue Rechtschreibung 1996)".
Können Sie mir sagen, ob das zutrifft? Auf welcher Rechtsgrundlage? Und warum wird ausländischen Kandidaten nicht erlaubt, was deutschen Schülern erlaubt ist, nämlich bis 2005 die alte Rechtschreibung zu verwenden? (Außerhalb der Schule müssen sich die Deutschen ja überhaupt nicht umstellen.)
Mit freundlichen Grüßen
Theodor Ickler

Antwort:

Selbstverständlich dürfen unsere Prüfungsteilnehmer nach alter und neuer RS schreiben. Unsere Besonderheit: Sie dürfen sogar „gemixt“ schreiben, wenn es nur nach irgendeiner RS richtig ist. Diese Regelung gilt bis 2005. Ab dann wird nach neuer RS korrigiert. (Unterrichtet wird nach Möglichkeit aber immer die neue RS.)

Mit freundlichen Grüßen
...
Leitung Bereich 42/Prüfungszentrale

__________________
Th. Ickler

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Theodor Ickler
20.03.2004 04.13
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Unverändert

Es steht auch jetzt noch alles so da wie seit Jahren: http://www.goethe.de/z/50/reform/deindex.htm
__________________
Th. Ickler

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