Stimmt, das habe ich mittels Ranschburgscher Ähnlichkeitenhemmung verwechselt; aber immerhin ähnlich. Huxley hatte seine Sammelbegriffe für Tagesmusik, pneumatische Körpergefühle, Psychodrogen. Und natürlich seine geklonten Bokanowskygruppen.![]()
Forum (http://Rechtschreibung.com/Forum/index.php)
- Gästebücher (http://Rechtschreibung.com/Forum/forumdisplay.php?forumid=9)
-- Von den Reizen der neuen Rechtschreibung (http://Rechtschreibung.com/Forum/showthread.php?threadid=20)
eingetragen von Dr.-Ing. Ansgar Matthes am 07.12.2006 um 15.41
Ja, das können Sie sehr wohl, DS, und die anderen auch. Die FAZ zeigt, daß jetzt erst recht und umso mehr Aktivitäten gefragt und m.E. auch nötig sind.
eingetragen von DS am 23.11.2006 um 09.04
kann man hier wieder ein paar Reize beisteuern?
eingetragen von margel am 24.11.2004 um 12.38
Aus dem Mitteilungsblatt der Apothekerkammer Niedersachsen:"...Internet gestützte Fortbildungsmaßnahme..." (Editorial der Präsidentin Margarete Linz)
– geändert durch margel am 24.11.2004, 19.32 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.03.2004 um 18.50
Zitat:Hier kommen Sie nicht darum herum, sich den Regeltext gründlich anzuschauen und sich allein von dem leiten zu lassen, was da wirklich alles steht (und was nicht). Insbesondere müssen Sie mit einer völlig neutralen Erwartungshaltung an den Text herangehen: Sie dürfen keinesfalls davon ausgehen, daß alles zusammenpaßt; jeder einzelne Satz steht für sich und gilt so, wie er dasteht. Das heißt auch, daß Sie nichts weglassen dürfen, auch nicht in Gedanken. Nur dann kommen Sie zu dem Fazit (und das folgende muß Ihr Fazit sein, sonst machen Sie sich ein falsches Bild der Situation): Nach dem, was im Regelwerk steht, ergibt sich ... Erst, wenn vollkommen klar ist, was das Regelwerk wirklich verlangt bzw. was es offen läßt, können Sie Ihre Frage beantworten, was aus diesen Beobachtungen letztlich folgt.
Stefan Weise schrieb in Re: Verbzusätze; Sollbruchstellen; Redundanz:
Ihre Ausführungen zur Redundanz sind kompliziert, aber richtig, wie mir scheint. Ich habe sie noch nicht 100%ig verstanden, aber sie wirken einleuchtend. Daraus folgt, dass der von Ihnen angeführte „zweite Haken“ tatsächlich ein Haken ist, & ich bin nun einigermaßen verwirrt. Ist es schlimm, dass der Grundsatz (Getrenntschreibung der Grundsatz, allein Zusammenschreibung muss geregelt werden) manchmal nicht eingehalten wird? Wenn ja, was folgt daraus?
Ich beantworte diese Frage erst einmal nicht, weil die Antwort darauf leicht über das rein Sachliche hinausgeht und via der persönlichen Interpretation zu einer Meinungsäußerung wird. Statt dessen weise ich nochmal auf das hin, was Gallmann und Sitta geschrieben haben:[...] bei Fügungen aus Adjektiv und Verb sowie aus Adjektiv und Adjektiv: Hier gibt es auch besondere Regeln für die Getrenntschreibung. (In der amtlichen Neuregelung sind sie als Erläuterungen getarnt!)(Hervorhebung hinzugefügt; JMW)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.03.2004 um 18.22
Zitat:Dem ist zu widersprechen:
Stefan Weise schrieb in Re: Schiffeversenken:
Im Übrigen halte ich die Rede vom 'Wörterverbot' für zu krass formuliert. Erstens macht es für die gesprochene Sprache keinen Unterschied, ob ein Ausdruck zusammengeschrieben wird oder nicht, so dass man im Gesprochenen von einem Wörterverbot schon mal nichts bemerken wird. Zweitens gilt die amtliche Schreibung nur für Schulen & Ämter, d.h., es wird wohl kaum sanktioniert werden, wenn Sie sogenannte schreiben, so wie es beispielsweise beim (Un-) Wort Endlösung geschehen könnte. Ein schwacher Trost, ich weiß.
Erstens ist Ihr Einwand, für die gesprochene Sprache mache es keinen Unterschied, ob ein Ausdruck zusammengeschrieben wird oder nicht, nur für die Abbildungsrichtung von gesprochener zu geschriebener Sprache berechtigt, nicht aber für die andere Richtung: Wenn etwas Zusammengehörendes getrennt geschrieben dasteht, kann daraus sehr wohl etwas getrennt Gesprochenes werden. Im Radio sind mir schon mehrmals deutlich getrennt gesprochene und entsprechend betonte so genannt und tief greifend aufgefallen, wo die Rede von sogenannt und tiefgreifend hätte sein müssen.
Zweitens stellt beispielsweise das Wort sogenannt in der gesprochenen Sprache ein selbständiges Adjektiv dar, das genau eine Valenz aufweist: Es liefert eine nähere Bestimmung des Substantivs (bzw. der nominalen Gruppe), auf das (bzw. die) es sich bezieht. Im Unterschied dazu besitzt die (gesprochensprachliche) Wortgruppe so genannt drei Valenzen: Zusätzlich zu der qualifizierenden Valenz der Gruppe als ganzer (wie bei sogenannt) treten die Einzelvalenzen der beiden Wörter so Verweis auf ein aus dem Kontext zu entnehmendes wie? und genannt als Verbform: von wem? hinzu. Nach der von gestur angeführten Beschreibung der Univerbierung durch Munske:Die Univerbierung ist dadurch gekennzeichnet, daß "ihre syntaktischen Beziehungen versteinert und ihre semantischen Beziehungen häufig so verschoben sind, daß die Konstituenten nicht mehr den Regeln einer Wortgruppe entsprechen, sondern ein idiomatisiertes Ganzes bilden. Dies kommt syntaktisch u. a. in veränderter Valenz oder Attributierbarkeit als Ganzes, morphologisch in der Flektierbarkeit als Ganzes, ... zum Ausdruck."ist die veränderte Valenz unbedingt zu berücksichtigen. Außerdem trifft die Versteinerung der syntaktischen Beziehungen insofern zu, als daß man bei der echten Wortgruppe so genannt ein und nicht anders einschieben kann, was bei sogenannt ausgeschlossen ist.
(Horst Haider Munske, Orthographie als Sprachkultur, 1997)
Wenn also klar ist, daß in der gesprochenen Sprache sogenannt ein eigenständiges Wort ist, dann steht die Neuregelung mit ihrer Anordnung, es getrennt zu schreiben, im Widerspruch zu dem Grundsatz, daß Wörter zusammengeschrieben werden. Kurz: Das (geschriebene) Wort sogenannt ist nach der Neuregelung verboten. (Die hier angesprochenen Wörterverbote beziehen sich immer nur auf das Geschriebene!) Man kann zwar einwenden, daß die Verwendung der schriftsprachlichen Wortgruppe so genannt für das gesprochensprachliche Wort sogenannt lediglich den Verlust einer Unterscheidungsschreibung bedeute, weil es syntaktisch möglich ist, die überschüssigen Valenzen von so genannt offen zu lassen; meines Erachtens greift das aber zu kurz, weil es nur den Weg von der gesprochenen zur geschriebenen Sprache berücksichtigt und nicht den Rückweg (siehe oben unter der ersten Erwiderung).
Drittens finde ich es vollkommen inakzeptabel, wenn den Kindern in der Schule von Amts wegen etwas Falsches beigebracht wird. Das Wort sogenannt getrennt zu schreiben, ist ein Fall, wo genau so etwas geschieht (und das sogenannt ist kein Einzelfall: Schauen Sie mal in den Anhang des von mir genannten Aufsatzes von H. Günther); ein anderer sind die erzwungenen grammatischen Fehler. Daß sich die Reform dessen erdreistet, daß sie diese Grenze überschreitet (und da ist es fast egal, in wie vielen Fällen), ist für mich ein hinreichender Grund, sie komplett abzulehnen auch wenn es Teile gibt, die einen Fortschritt bedeuten und die nach einer gründlichen Überprüfung auch bestehen bleiben können (was ich befürworte). Letzteres ist aber nachrangig gegenüber den prinzipiellen Erwägungen, was eine Rechtschreibreform darf und was sie nicht darf. Denken Sie mal darüber nach.
(Bei meiner ablehnenden Haltung spielt auch die der Reform zugrundeliegende Philosophie eine Rolle. Haben Sie schon in die Arbeit von Heide Kuhlmann [siehe Willkommensseite] geschaut? Sie ist zwar umfangreich, aber sehr lesenswert.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.03.2004 um 13.33
Lieber Herr Weise,
Ihren Ausdruck
„... die durch Ihre Voreingenommenheit bestehenden Barrieren ...“
weise ich zurück. Wenn jemand durch jahrzehntelange Befassung mit Wörtern zu anderen Ergebnissen kommt als fachfremde Politiker, sollten Sie ihn nicht als voreingenommen bezeichnen!
Sie können hier nachlesen, daß ich einer derjenigen bin, die das in Frage Stehende barrierenfrei durch Wörterbeispiele und Wörterlisten veranschaulichen und belegen.
Bitte lassen Sie unsere Wörter und auch mich in Frieden.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Stefan Weise am 25.03.2004 um 10.13
Lieber Herr Lindenthal,
wenn Sie der Meinung sind, sich lange & oft genug mit dem Thema beschäftigt zu haben & sich deshalb zurückziehen wollen, kann ich nichts einwenden. Für mich war es gerade interessant, das Thema gemeinsam mit jemand anderem zu durchdenken, wenngleich mir natürlich die durch Ihre Voreingenommenheit bestehenden Barrieren aufgefallen sind. So glaube ich z.B. immer noch nicht verständlich gemacht zu haben, dass ich nicht von irgendeinem Grenzbereich redete, sondern von allen Wörtern oder Wortgruppen, die von der Reform tatsächlich betroffen sind. Am Anfang bat ich um eindeutige Beispiele oder Argumente der Wortvernichtungsgegner, & an meiner Reaktion auf die von Ihnen angeführten Beispiele hätten Sie sehen können, dass die für mich durchaus in den Bereich dessen gehören, wovon wir redeten.
Wenn ich mich zu einem Thema vertiefend belesen will, gehe ich nicht in ein Internetforum, sondern dann lese ich einen entsprechenden Fachtext. So ein Forum ist zum Diskutieren da, & Diskussionen, die zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten stattfinden, haben nun mal gelegentlich die Eigenschaft, dass sie sich in bestimmten Themen & sogar Argumenten überschneiden.
Im Übrigen bin ich, wie Sie richtig erforscht haben, Student & habe auch gerade vorlesungsfreie Zeit, aber was Sie offenbar nicht zu sehen bereit sind, ist, dass man auch als Student in der vorlesungsfreien Zeit genug zu tun hat: Prüfungsvorbereitungen, Hausarbeiten, Bücher fürs nächste Semester lesen & den Lebensunterhalt für die nächsten Monate verdienen. Deshalb sollten wir lieber nicht beginnen, die Kostbarkeit unserer Zeit gegeneinander abzuwägen.
All dies führt jedoch viel zu weit vom Thema ab, & falls wir uns darüber noch weiter unterhalten wollen können wir das ja per E-Mail tun.
Ich verabschiede mich mit freundlichen Grüßen,
Stefan Weise
eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.03.2004 um 09.10
Lieber Herr Weise,
Ihnen geht es um den weiten Wort/Wörter-Grenzbereich (der mit seinen vielen von Fall zu Fall konkurrierenden Bedingungen und Regelchen eine auch für mich packende Herausforderung ist),
mir hingegen ging es bei meinem Einwand darum, daß eindeutig vorhandene Wörter nicht verboten werden sollen.
Wenn wir Dinge, die hier bereits und auch anhand der vielen Praxis-Beispiele etwa in den Fäden 513 und 580 geklärt waren, ohne neue Gründe wieder und wieder wiederkäuen, überschreiten wir die Grenze zu Redundanz und Rabulistik; und das kann ich mir als denkender Mensch und Handwerker nicht erlauben, zumal ich weder Semesterferien noch Altersteilzeit habe. Daher bitte ich darum, mich aus dieser Erörterung verabschieden zu dürfen.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Stefan Weise am 24.03.2004 um 23.30
Lieber Herr Wagner,
Vielen Dank mal wieder für Ihre tiefgreifenden (sic!) Überlegungen, ich bin wieder einmal schlauer geworden & habe eigene Dummheiten entdeckt.
Bei der ersten ("Daraus folgt für mich, dass man weder die Zusammenschreibung vom Wortbegriff ableiten [...] kann...") handelt es sich offensichtlich um einen Formulierungsfehler. Natürlich gilt die Regel: Was ein Wort ist, wird zusammengeschrieben. Eigentlich wollte ich nur noch einmal wiederholen, dass Wörter in bestimmten syntaktischen Umgebungen auch auseinander geschrieben werden können, was in gewisser Weise die o.g. Grundregel außer Kraft setzt. Im Prinzip scheine ich da aber einen logischen Fehler gemacht zu haben & bitte um einen Schwamm. ;-)
Sehr hilfreich fand ich in diesem Zusammenhang Ihren Hinweis auf die (nicht-schriftliche) Sprache, wo klar zu sein scheint, was ein Wort ist & was nicht. Dennoch gehen traditionelle Grammatiker nicht selten bei ihren Untersuchungen der Sprache von der geschriebenen Sprache aus, was dann tatsächlich zu redundanter Argumentation führt, wenn man nämlich sagt: Zusammensetzungen werden zusammengeschrieben, & was zusammengeschrieben wird, ist eine Zusammensetzung, mithin ein Wort.
Ihre Ausführungen zur Redundanz sind kompliziert, aber richtig, wie mir scheint. Ich habe sie noch nicht 100%ig verstanden, aber sie wirken einleuchtend. Daraus folgt, dass der von Ihnen angeführte "zweite Haken" tatsächlich ein Haken ist, & ich bin nun einigermaßen verwirrt. Ist es schlimm, dass der Grundsatz (Getrenntschreibung der Grundsatz, allein Zusammenschreibung muss geregelt werden) manchmal nicht eingehalten wird? Wenn ja, was folgt daraus?
Vielen Dank übrigens auch an gestur für die Nachlieferung der 'Sollbruchstellen'-Erklärung! Es scheint also in der Tat so zu sein, wie ich vermutet habe, dass diese "syntaktischen Sollbruchstellen" helfen können, ein Wort von einer Wortgruppe zu unterscheiden.
Verwirrend kommt mir an dieser Stelle nur vor, dass sich der Reformer Schaeder auf dasselbe Maas-Zitat beruft, um die Neuregelung der GZS zu begründen. Ich muss diesen Text nochmal lesen.
Beste Grüße, Stefan Weise
eingetragen von Stefan Weise am 24.03.2004 um 22.39
Lieber Herr Lindenthal,
Da Sie leider nicht näher auf die von mir geäußerten Überlegungen eingegangen sind, kann auch ich mich jetzt kurzfassen:
Es ist richtig, dass der Ausgangspunkt der von Ihnen genannte Punkt a) ist, ob eine Gruppe von Menschen Wörter verbieten darf oder nicht. Ungeachtet der Tatsache, dass es nicht die Minister waren, die die Neuregelung erarbeitet haben, sondern durchaus Fachleute, hat diese Frage natürlich etwas mit b) zu tun. Wenn sich nämlich herausstellte, dass es zum Großteil gar keine Wörter sind, die auseinander geschrieben werden sollen, sondern ganz normale Wortgruppen, wäre auch die Frage a) überflüssig, da es dann um das 'Verbieten' der Zusammenschreibung von Wortgruppen gehen würde.
Im Übrigen halte ich die Rede vom 'Wörterverbot' für zu krass formuliert. Erstens macht es für die gesprochene Sprache keinen Unterschied, ob ein Ausdruck zusammengeschrieben wird oder nicht, so dass man im Gesprochenen von einem Wörterverbot schon mal nichts bemerken wird. Zweitens gilt die amtliche Schreibung nur für Schulen & Ämter, d.h., es wird wohl kaum sanktioniert werden, wenn Sie sogenannte schreiben, so wie es beispielsweise beim (Un-) Wort Endlösung geschehen könnte. Ein schwacher Trost, ich weiß.
Dass die Intonation, also die Betonung, nur ein Hilfskriterium ist, was nicht aus allen Zweifelsfällen hilft, ist bekannt. Man denke nur an die Betonungen bei sitzenbleiben vs. sitzen bleiben.
Stefan Weise
eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.03.2004 um 21.15
Lieber Herr Weise,
zu Ihrem neuen Versuch (um 12:26), die Frage zu vertiefen, kann ich mich zum Glück recht kurz fassen:
Es geht hier um zweierlei Dinge: um
a.) die Frage, ob 16 ziemlich fachfremde Minister, die weder Schriftsetzer noch Lektor sind (also den Umgang mit großen Textmengen nicht kennen), Hunderte von Wörtern verbieten dürfen (lt. Duden, 21. Auflage, sind es 419 Wörter; in Wahrheit aber viel mehr), und
b.) die Frage, wie man in der Grenzzone (in der sowohl ein Wort wie auch zwei Wörter möglich sind) zu einer hohen Verläßlichkeit kommt.
Bisher haben wir hier a.) erörtert; mit dem Ergebnis, daß weder Sie noch ich das Wörterverbot verteidigen wollten.
Die Frage b.) ist ebenfalls eine bedeutsame Frage; aber sie hat mit Frage a.) so gut wie nichts zu tun;
denn selbst wenn Nachbars Katze noch so sehr miaut, habe ich nicht das Recht, meinen Müll in den Stadtpark zu kippen – beide Dinge haben nichts miteinander zu tun.
Ebenso: Daß es eine aus Sicht mancher Nichtfachleute schwierige Wort/Wörter-Grenzzone gibt, gibt keinem Politiker das Recht, Wörter, die vollkommen eindeutig vorhandene und vielbenutzte deutsche Wörter sind, zu verbieten.
(Logik ist manchmal etwas ungewohnt, aber ich muß jedem, der mit Argumentationen zu tun hat, dringend empfehlen, es immer wieder mit ihr zu versuchen.)
Wer a.) und b.) vermengt, springt deutlich zu kurz.
Nun noch, als Ergänzung, meine Stellungnahme zu Frage b.): Als Lektor habe ich viel prüfgelesen und in Zweifelsfällen (im Laufe der Jahre zunehmend weniger) nachgeschlagen; auch einige Regeln habe ich mal gelernt, hauptsächlich aber mir selbst gebildet – vor allem die Überregel: Ein Wort schreibt man zusammen, Wörter schreibt man getrennt. Nach dieser Überregel sind, da bin ich überzeugt, vor der „Reform“ alle RS-Regler vorgegangen.
Ohne Germanistik studiert zu haben und diese befremdlichen, hochgestochenen Fachwörter zu kennen, habe ich in Sachen Wortbildung eine gute Trefferquote gehabt. Deutsch ist meine Muttersprache. Meine Mutter hat zur Rechtschreibung gesagt: Hör auf die Betonung, dann weißt Du, was ein Wort ist. Und diesen Satz finde ich 20mal klüger als die Fachwörterarmada, die hier auf diesen Netzseiten in die Seeschlacht geschickt wird (mit unannehmbar schlechter Trefferquote beim „Schiffeversenken im Nebel“ (das war früher ein Käsekästchen-Spiel, daß wir unter der Schulbank gespielt haben); meine Bitte, zwecks Nebelspaltung zu jeder Fachwort-Breitseite doch ein mildtätiges Beispiel mitzuliefern, ging bisher im Meeresrauschen unter).
Leicht zu merkende, einfügsame Regelchen hat früher mal der inzwischen vielgescholtene Christian Stang in seinem Büchlein „Schluß mit typischen Deutschfehlern!“ aufgeschrieben; ich kann es mal heraussuchen, wenn das das Thema ist.
Eine weitere Stellungnahme von mir:
Wenn man eine Grenzziehung machen soll, dann doch zweckmäßig dort, wo es beiden Seiten am wenigsten weh tut. Und das ist bei der GZS genau in dem Gebiet, wo die Grenzziehung bis 1996 war: fehlerarm und gefühlvoll für jeden Freizeitschreiber nachvollziehbar; das große Durcheinander ist erst hinterher gekommen!
Aber, wie gesagt, Wörterverbote und GZS haben nichts miteinander zu tun, denn die Wörter „sogenannte“, „lahmlegen“, „Haustür“ und „Schiffeversenken“ werden als eindeutige Wörter von der GZS gar nicht berührt. Jedenfalls nicht im Deutschen.
Grüße,
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von gestur am 24.03.2004 um 20.28
Nach Mass' Definition sind die infiniten Formen eines Verb dann Wörter, wenn sie keine syntaktischen Sollbruchstellen für Erweiterung, Ersetzung oder Umstellung besitzen, und sind die finiten Formen desselben Verbs Wortgruppen, wenn sie solche Sollbruchstellen besitzen.
Die nach Icklers Definition "zusammengeschriebenen Wortgruppen" sind nach diesen Kriterien als Wortgruppen oder Wörter einzuordnen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2004 um 20.05
Zitat:Auch auf diese fundamentale Frage möchte ich gern woanders näher eingehen; bitte dort weiterlesen!
Ursprünglich eingetragen von Stefan Weise
Ich will auf die Frage hinaus, ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden, oder nicht doch eher Wortgruppen, die man zusammenzuschreiben gewohnt war.
Ich weiß, dass dies der Kernpunkt der ganzen GZS-Unsicherheiten ist, kenne aber nicht die Argumente derjenigen, die unerschütterlich daran festhalten, dass es sich um Wortvernichtung handelt & nicht um konsequente Wortgruppenschreibung.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2004 um 18.58
Zitat:Gern geschehen! Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß auch meine Anmerkungen die eines Laien sind, denn ich habe Physik studiert und beschäftige mich nur nebenbei mit der Rechtschreibreform; ich bin quasi ein Amateurlinguist.
Ursprünglich eingetragen von Stefan Weise
Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar zu diesem für mich sehr spannenden Problem, Herr Wagner. Gestatten Sie mir einige laienhafte Bemerkungen dazu, der ich mich auf diesem Gebiet wie auf Eis bewege.
Zitat:Da die Verbzusätze gerade an anderer Stelle ausführlich besprochen werden, schlage ich vor, daß wir diese Diskussion dort fortsetzen. Es kann aber sein, daß ich noch ein paar Tage für eine Antwort brauche; es gehen mir gerade sehr viele verscheidene Dinge durch den Kopf...
Zunächst möchte ich anmerken, dass es durchaus als normal anzusehen ist, wenn etwas, was nicht zusammengeschrieben dasteht, als ein Wort gilt. Das Verb 'aufgeben' in dem Beispielsatz 'Ich gebe nie auf' dürfte ein ganzes Buch voller ähnlicher Beispiele aufblättern. Wäre die Form 'gebe...auf' nicht ein Wort, wäre die Grammatik & vor allem die Frage der GZS um Einiges komplizierter, weil sich dann die Diskussion z.B. nicht mehr um alle Formen des Wortes 'sitzenbleiben' drehen würde, sondern nur noch um die infiniten Formen, wobei die finiten Formen seltsamerweise exakt mit denen einer Wortgruppe 'sitzen bleiben' übereinstimmen (grammatisch natürlich nur, & sofern man überhaupt von Flexionsformen einer Wortgruppe reden darf).
Zitat:Sehr richtig: Es stimmt, daß Wörter (in dem Sinne von das, was ein Wort bildet) zusammengeschrieben werden; daraus folgt aber nicht, daß alles, was man zusammengeschrieben vorfindet, auch ein Wort ist.
Auch, was zuammengeschrieben wird, ist nicht immer ein Wort, wie Univerbierungen wie 'sodass' oder 'näherbringen' meiner Ansicht nach zeigen. Es ist ja gerade der Witz an der ganzen GZS-Diskussion, dass durchaus auch Wortgruppen zusammengeschrieben werden & nicht nur Wörter.
Zitat:Warum sollte man die Zusammenschreibung nicht vom Wortbegriff ableiten können? Möglicherweise kann man sie nicht vollständig (bzw. ausschließlich) vom Wortbegriff ableiten, aber zu großen Teilen kann man das schon. Könnte man das nicht, müßte die Aussage Wörter werden zusammengeschrieben in ihrer Allgemeingültigkeit unhaltbar sein. Das bestreite ich: Wenn man anhand allgemeiner sprachlicher Kriterien (d. h. unabhängig von jeglicher Schriftlichkeit) festgestellt hat, daß in einem gegebenen Satz etwas ein Wort ist, dann wird es auch zusammengeschrieben.
Daraus folgt für mich, dass man weder die Zusammenschreibung vom Wortbegriff ableiten, noch die Entscheidung, ob etwas ein Wort ist, auf die Zusammenschreibung gründen kann, wie es aber tatsächlich in der Grammatik häufig geschieht.
Zitat:Über die von mir angesprochene mögliche Zirkularität muß ich mir selber noch weitergehende Gedanken machen; mir kam es einfach nicht geheuer vor. Hier ein paar Beispiele zu den Sollbruchstellen (Dank dafür an Frau Prof. Dürscheid): An diesen Stellen sind Einschübe (Das Haus ist rot Das Haus dort ist rot), Substitutionen (Das Haus ist rot, Das Auto ist rot) und evtl. Umstellungen (Das Haus ist rot Ist das Haus rot) möglich.
Das von Ihnen gebrachte Maas-ZitatAn syntaktischen „Sollbruchstellen“ wird ein Spatium gesetzt [...] Wo keine syntaktische „Sollbruchstelle“ vorliegt, wird zusammengeschrieben.scheint mir nicht in eine zirkuläre Begründungspraxis zu münden als vielmehr einen Ausweg aus dem Dilemma darzustellen, wenngleich ich mir im Moment nicht vorstellen kann, wie dieser aussieht. Meines Erachtens liegt nämlich das Gewicht des Satzes auf syntaktisch. Der Schlüssel sind "syntaktische Sollbruchstellen", & meiner Ansicht nach haben die zunächst mal nichts mit der Frage zu tun, ob etwas ein Wort ist oder nicht. Leider kenne ich den Maas-Aufsatz nicht, so dass ich keine Vorstellung davon habe, nach welchem Verfahren denn diese "Sollbruchstellen" aufgefunden werden können. So vernebelt, wie er bis jetzt dasteht, kommt mir dieser Ansatz jedoch einigermaßen vielversprechend vor.
Zitat:Die Zusätze sind keineswegs redundant; Gallmann und Sitta haben das ausdrücklich betont. Ich versuche mal eine Erklärung mit Hilfe der Mengenlehre. Die Elemente der zu betrachtenden Menge sollen die folgenden Wörter bzw. Wortgruppen bilden, die ich zusammenfassend als Fälle bezeichne: Nehmen Sie alle Fälle von Wörtern bzw. Wortgruppen, die nach den im Paragraphentext (im Regelwerk eingekästelt) genannten Kriterien unter § 34 fallen, diese bilden die Grundmenge. Unter Dies betrifft wird in drei Punkten spezifiziert, welche Fälle von der Zusammenschreibung betroffen sind; diese drei Fallgruppen bilden die Teilmenge der Zusammenschreibungsfälle. Dann folgt § 34 E3:
Zum zweiten Haken: Ich muss gestehen, dass ich weder das Regelwerk noch die verschiedenen Unfälle, die einem beim Schreiben passieren können, genau genug kenne, um zu entscheiden, ob die beiden von Ihnen angeführten Paragraphen dem in der Vorbemerkung genannten Grundsatz widersprechen oder nicht; meiner beschränkten Ansicht nach scheint dies nicht der Fall zu sein, weshalb man höchstens sagen könnte, diese Zusätze seien redundant.E3: In den Fällen, die nicht durch § 34(1) bis (3) geregelt sind, schreibt man getrennt. Siehe auch § 34 E4.In dieser Allgemeingültigkeit würde das bedeuten (wenn man zunächst von dem Hinweis auf § 34 E4 absieht; mehr dazu weiter unten), daß man die Grundmenge in zwei disjunkte Teile zerlegt: die Zusammen- und die Getrenntschreibungsfälle. Bis dahin gibt es keine Probleme, denn die Getrenntschreibungsfälle bilden gerade das Komplement zu den Zusammenschreibungen.
Dann aber geht es bei § 34 E3 explizit weiter, und hier fangen die Probleme an: Es folgt ein weiteres Dies betrifft worauf bezieht sich das? Nur auf das Komplement der Zusammenschreibungs-, d. h. auf die bislang nicht erfaßten Fälle oder auf die gesamte Grundmenge? So, wie es dasteht, sollte es sich nur auf die Komplementmenge (Grundmenge ohne Teilmenge der Zusammenschreibungsfälle) beziehen dann bliebe es aber bei der klaren Disjunktheit der Teilmengen, und der Zusatz § 34 E4 wäre überflüssig. Letzterer gilt ja nur für solche Fälle, in denen sowohl Zusammen- als auch Getrenntschreibung möglich ist, denn er bezieht sich explizit auf je eine der Fallgruppen! Das ist einer der Gründe, warum die expliziten Getrenntschreibungskriterien unter § 34 E3 nicht redundant sind. Ein anderer ist, daß sich § 36 E1(1.2) explizit darauf bezieht:E1: In den Fällen, die nicht durch § 36(1) bis (6) geregelt sind, schreibt man§ 36 E1 ist wegen § 36 E2 nicht redundant.
getrennt. Siehe auch § 36 E2. Dies betrifft
(1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb vom ersten Bestandteil getrennt geschrieben wird, und zwar
(1.1) entsprechend § 35, zum Beispiel: [...]
(1.2) entsprechend § 34 E3(2) bis (6), zum Beispiel: [...]
Aber zurück zu § 34: Man kann also davon ausgehen, daß die unter § 34 E3 genannten Kriterien wiederum auf die gesamte Grundmenge anzuwenden sind, so daß es zu einem Überlapp der Teilmengen der Zusammen- und der Getrenntschreibungsfälle kommen kann. Aber selbst wenn man das nicht tut (und also § 34 E4 für vollkommen irrelevant bzw. überflüssig hält, weil es die darin beschriebenen Fälle nicht gibt), sondern von disjunkten Teilmengen ausgeht, führt die Existenz der zusätzlichen Getrenntschreibungskriterien dazu, daß es Fälle geben kann (und es gibt sie!), die zwar zur Grundmenge gehören, aber weder von einem der Zusammen- noch von einem der Getrenntschreibungskriterien erfaßt werden (Beispiel: immer_grün).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von gestur am 24.03.2004 um 17.58
Maas definiert die Grenzen der Einheit Wort als Grenzen, "an denen syntaktische Sollbruchstellen bestehen". Hier sind Pausen möglich, und hier können syntaktische Operationen ansetzen:
Einschub (Erweiterung),
Substitution (Ersetzung),
Permutation (Umstellung).
Das Wort ist "undurchlässig für diese Art syntaktischer Operationen (...): Einschübe erfolgen nur jenseits der Wortgrenzen."
Maas: "Wir schreiben nicht Laute, sondern Worte oder noch richtiger gesagt: wir schreiben in grammatischen Strukturen."
(Utz Maas, Grundzüge der Orthographie, 1992, vergriffen)
Munske: Die Univerbierung ist dadurch gekennzeichnet, daß "ihre syntaktischen Beziehungen versteinert und ihre semantischen Beziehungen häufig so verschoben sind, daß die Konstituenten nicht mehr den Regeln einer Wortgruppe entsprechen, sondern ein idiomatisiertes Ganzes bilden. Dies kommt syntaktisch u. a. in veränderter Valenz oder Attributierbarkeit als Ganzes, morphologisch in der Flektierbarkeit als Ganzes, ... zum Ausdruck."
(Horst Haider Munske, Orthographie als Sprachkultur, 1997)
eingetragen von Stefan Weise am 24.03.2004 um 17.11
Herzlichen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar zu diesem für mich sehr spannenden Problem, Herr Wagner.
Gestatten Sie mir einige laienhafte Bemerkungen dazu, der ich mich auf diesem Gebiet wie auf Eis bewege.
Zunächst möchte ich anmerken, dass es durchaus als normal anzusehen ist, wenn etwas, was nicht zusammengeschrieben dasteht, als ein Wort gilt. Das Verb 'aufgeben' in dem Beispielsatz 'Ich gebe nie auf' dürfte ein ganzes Buch voller ähnlicher Beispiele aufblättern. Wäre die Form 'gebe...auf' nicht ein Wort, wäre die Grammatik & vor allem die Frage der GZS um Einiges komplizierter, weil sich dann die Diskussion z.B. nicht mehr um alle Formen des Wortes 'sitzenbleiben' drehen würde, sondern nur noch um die infiniten Formen, wobei die finiten Formen seltsamerweise exakt mit denen einer Wortgruppe 'sitzen bleiben' übereinstimmen (grammatisch natürlich nur, & sofern man überhaupt von Flexionsformen einer Wortgruppe reden darf).
Auch, was zuammengeschrieben wird, ist nicht immer ein Wort, wie Univerbierungen wie 'sodass' oder 'näherbringen' meiner Ansicht nach zeigen. Es ist ja gerade der Witz an der ganzen GZS-Diskussion, dass durchaus auch Wortgruppen zusammengeschrieben werden & nicht nur Wörter.
Daraus folgt für mich, dass man weder die Zusammenschreibung vom Wortbegriff ableiten, noch die Entscheidung, ob etwas ein Wort ist, auf die Zusammenschreibung gründen kann, wie es aber tatsächlich in der Grammatik häufig geschieht.
Das von Ihnen gebrachte Maas-ZitatAn syntaktischen „Sollbruchstellen“ wird ein Spatium gesetzt [...] Wo keine syntaktische „Sollbruchstelle“ vorliegt, wird zusammengeschrieben.
scheint mir nicht in eine zirkuläre Begründungspraxis zu münden als vielmehr einen Ausweg aus dem Dilemma darzustellen, wenngleich ich mir im Moment nicht vorstellen kann, wie dieser aussieht. Meines Erachtens liegt nämlich das Gewicht des Satzes auf syntaktisch. Der Schlüssel sind "syntaktische Sollbruchstellen", & meiner Ansicht nach haben die zunächst mal nichts mit der Frage zu tun, ob etwas ein Wort ist oder nicht. Leider kenne ich den Maas-Aufsatz nicht, so dass ich keine Vorstellung davon habe, nach welchem Verfahren denn diese "Sollbruchstellen" aufgefunden werden können. So vernebelt, wie er bis jetzt dasteht, kommt mir dieser Ansatz jedoch einigermaßen vielversprechend vor.
Zum zweiten Haken: Ich muss gestehen, dass ich weder das Regelwerk noch die verschiedenen Unfälle, die einem beim Schreiben passieren können, genau genug kenne, um zu entscheiden, ob die beiden von Ihnen angeführten Paragraphen dem in der Vorbemerkung genannten Grundsatz widersprechen oder nicht; meiner beschränkten Ansicht nach scheint dies nicht der Fall zu sein, weshalb man höchstens sagen könnte, diese Zusätze seien redundant.
Der Haken liegt ja vielmehr darin, dass diese Zusätze aus der Sicht der neuen Regel überflüssig sind, während sie aus der Sicht der alten Regel dem Grundsatz widersprechen, weil ja die bisherige Regelung die in diesen Zusätzen behandelten Fälle als ein Wort behandelt.
Vielen Dank auch für den Literaturtip! Ich werde mir bei der nächsten Gelegenheit den Text einmal vornehmen.
Stefan Weise
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2004 um 15.00
Zitat:Vielen Dank, Herr Weise, daß Sie versucht haben, sich einen Reim auf die Angaben der Kommission zu machen. Sie führen hier etwas an, was mir bei meinen eigenen Überlegungen (siehe dazu hier) nicht aufgefallen war, weil ich mir die Paragraphen für die Schreibung von Verben gar nicht angeschaut hatte (warum auch?). Aber es stimmt, von der Grundidee her paßt § 34 (2.2) genau dazu.
Ursprünglich eingetragen von Stefan Weise
Dass Adjektive mit Nomen Zusammensetzungen bilden können, kann man in §37 lesen. Bei dem Hinweis auf die Flektierbarkeit haben die Autoren sicherlich §34 (2.2) im Hinterkopf gehabt, der sich allerdings auf Verben bezieht.
Zitat:Auch dieser Hinweis ist wichtig, denn diese Vorbemerkung ist quasi der Schlüssel zum Verständnis der reformierten Getrennt- und Zusammenschreibung. Der im Regelwerk als Vorbemerkung verankerte Grundsatz
Schließlich könnte man sich noch auf die Vorbemerkungen vor §33 berufen, in denen es heißt, dass die Getrenntschreibung der Normalfall & allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig sei. D.h. für mich, wenn es keinen Hinweis darauf gibt, dass zusammenzuschreiben ist, schreibe man getrennt.»(2) Bei der Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung wird davon ausgegangen, dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist.«enthält zwei entscheidende Haken; einen davon kann man dem Text selbst entnehmen, den anderen bemerkt man erst, wenn man das Regelwerk im Detail studiert.
Der erste Haken an diesem Grundsatz ist, daß darin auf Wörter als etwas Bezug genommen wird, deren Existenz und Eindeutigkeit (!) als gegeben vorausgesetzt wird. Andererseits geht es in diesem Abschnitt um die Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung (GZS), und obwohl der Wortbegriff nicht über die GZS definiert ist, so hängt doch die Schreibung insofern mit dem Wortbegriff zusammen, als daß etwas, das nicht zusammengeschrieben dasteht, mit Sicherheit nicht als genau ein Wort gelten kann was noch nicht bedeutet, daß das, was zusammengeschrieben wird, genau ein Wort ist; zu diesem aussagenlogischen Aspekt siehe hier.
Die Frage danach, was ein Wort ist, ist ein durchaus nichttriviales Problem. Mir hat bei dieser Thematik der Aufsatz von H. Günther, Zur grammatischen Basis der Getrennt-/Zusammenschreibung im Deutschen (in: Dürscheid/Ramers/Schwarz [Hrsg.]: Sprache im Fokus. Festschrift für Heinz Vater zum 65. Geburtstag. Tübingen: Niemeyer, 1997; S. 3-16) weitergeholfen, worin er auch auf die Reform und ihre Auswirkungen eingeht. Er zitiert eine Arbeit von U. Maas (1992):An syntaktischen Sollbruchstellen wird ein Spatium gesetzt [...] Wo keine syntaktische Sollbruchstelle vorliegt, wird zusammengeschrieben.Insofern kann man sagen, daß zwar die Spatien (= Leerstellen zwischen Wörtern) nicht die Wörter definieren, daß aber beide Konzepte, das der Spatien und das der Wörter, auf der gleichen (grammatischen?) Grundlage beruhen. Damit besteht die Gefahr, daß der oben angeführte Grundsatz des reformierten Regelwerkes zirkulär wird: Um die GZS zu regeln, muß man wissen, was ein Wort ist was aber wiederum eng mit der GZS verknüpft ist. Ich hoffe, daß ich das einigermaßen nachvollziehbar dargestellt habe; wenn nicht, versuche ich gern, es nochmal zu erklären.
Der zweite Haken ist, daß dieser Grundsatz vom Regelwerk nicht eingehalten wird: Das Regelwerk enthält sehr wohl explizite Getrenntschreibungsregeln. Die Reformer Gallmann und Sitta schreiben dazu in ihrem Handbuch Rechtschreiben (Lehrmittelverlag des Kantons Zürich, 1996; hier S. 92):Der Grundsatz, dass nur die Zusammenschreibung eigens zu regeln ist, konnte allerdings im neuen Regelwerk in einigen Bereichen nicht durchgehalten werden, so bei Fügungen aus Adjektiv und Verb sowie aus Adjektiv und Adjektiv: Hier gibt es auch besondere Regeln für die Getrenntschreibung. (In der amtlichen Neuregelung sind sie als Erläuterungen getarnt!)Um welche Paragraphenteile es sich dabei handelt, ist klar: § 34 E3 und § 36 E1.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Stefan Weise am 24.03.2004 um 11.26
Lieber Herr Lindenthal,
vielen Dank, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, diese Beispiele für mich herauszusuchen. Wenn ich Sie richtig verstehe, wenden Sie legitimerweise (denn es wurde ja über zig Jahre so gelehrt) die Regeln aus dem 'alten' Duden von 1991 an, die zum Entscheidungskriterium dafür, ob etwas ein Wort ist oder eine Wortgruppe, das Vorhandensein einer eigenen bzw. übertragenen Bedeutung machen.
Ihr Argument lautet jetzt: Wenn etwas eine eigene Bedeutung hat, ist es ein eigenes Wort.
Obwohl diese Regelung sehr einfach & auf alle im Duden & die meisten von Ihnen angeführten Beispiele erfolgreich anwendbar ist, habe ich durchaus meine Probleme mit ihr.
Zunächst muss ich aber zugeben, dass mir diese Regel vor dem Bekanntwerden der sogenannten Rechtschreibreform nicht bekannt war (wie war es denn bei Ihnen?), & dass ich Wörter meistens so schrieb, wie ich sie kannte, bzw. im Zweifelsfall im Wörterverzeichnis nachschlug.
Seitdem ich die Regeln einigermaßen kenne, erscheint mir keine von beiden praktikabel, obgleich mir die bisherige sympathischer ist, eben weil sie aufgrund des semantischen Kriteriums keine Wörter vernichtet.
Michael Schneider zählt auf seiner Ihnen sicher bekannten Webseite ( http://schneid9.de/pdf/gzsalt.pdf ) einige Beispiele zusammen, die zumindest das Gefühl aufkommen lassen, dass irgendetwas neu geregelt werden muss.
Die Frage 'Neue Bedeutung oder nicht?' führt nicht immer zur richtigen (Duden-) Schreibung, wie die Beispiele 'kleinschneiden', 'geradebiegen', 'ernst nehmen' vs. 'übelnehmen', 'heiß machen', '(sich) kurz fassen' u.a. belegen.
Wendet man das Kriterium auf andere Bereiche als den der GZS an, kommt man gar zu ganz absurden Schlussfolgerungen: 'Das ist der Schlüssel zur Lösung dieses Problems!' - Niemand würde auf die Idee kommen, 'Schlüssel' wegen übertragener Bedeutung anders zu schreiben.
Es stellt sich mithin für mich die Frage, ob das Kriterium 'Neue/übertragene Bedeutung' überhaupt ein praktisches Kriterium sein kann, wenn es weder alle Fälle der Getrenntschreibung noch alle Fälle der Zusammenschreibung erklären kann.
Auf der anderen Seite sehe ich wie Sie das Problem, dass man beim Lesen von nach der neuen Rechtschreibung verfassten Texten immerzu irritiert ist, weil man den auseinander geschriebenen Varianten stets eine andere Bedeutung zu entnehmen gewohnt ist als den zusammengeschriebenen ('auseinander schreiben' vs. 'zusammenschreiben' ist übrigens ein großartiges Beispiel gegen die neue Regelung).
Natürlich bedeutet 'tiefgreifend' etwas anderes als 'tief greifend'! Aber ebenso hat 'heiß machen' in 'die Suppe heiß machen' eine andere Bedeutung als in 'die Käufer heiß machen' & hat 'offenlassen' in 'das Fenster offenlassen' eine andere Bedeutung als in 'die Frage offenlassen', obwohl das nicht durch die Schreibung kenntlich gemacht wird.
Diese letzten Beispiele sollen nur zeigen, dass der normale Leser durchaus damit umzugehen weiß, wenn gleich geschriebene Ausdrücke unterschiedliche Bedeutungen haben. Es ist völlig klar, dass 'tief greifende Veränderungen' nicht wirklich _greifen_; auf diese Idee würde niemand kommen. Das ist es, was ich in einem meiner vorigen Beiträge mit Gewohnheit meinte.
Ich wollte hiermit nur zeigen, dass man eine zweifellos kritikwürdige (Neu-) Regelung nicht aus der Sicht einer ebenso kritikwürdigen alten Regelung kritisieren kann. Wenn man das macht, kommt man auf ein Feld, auf dem gar nichts mehr sicher oder klar ist.
Aus meiner Sicht spricht gegen die neue & für die alte Schreibweise bisher nur, dass sie zwar gleichermaßen inakzeptabel sind, die alte Schreibweise aber bisher praktiziert wurde.
Würde man übrigens eine Neuregelung einführen, die eher auf Zusammenschreibung als auf Getrenntschreibung zielt (eine beliebte Kritik an der Neuregelung ist ja, dass sie einem jahrhundertealten Trend entgegenwirkt), könnte man 'heißmachen', 'badengehen', 'gutstellen' & 'kurzfassen' schreiben, es wäre von da aber auch nicht weit zu Wortbildungen wie 'voneinanderfahren' (analog zum der bisherigen Regelung entsprechenden 'auseinandergehen'), 'hinundwiderlaufen', 'ausdemhausegehen' & 'berganfahren', wovor schon Adelung (1782) warnte.
Kennen Sie einen Ausweg aus diesem Dilemma?
Stefan Weise
P.S. Bevor Sie mich missverstehen: Ich will nicht der Neuregelung das Wort reden, insbesondere deshalb nicht, weil ich weiß, dass die Neuregelung in einigen Fällen tatsächlich zu Grammatikfehlern führt, wie Th. Ickler gezeigt hat.
– geändert durch Stefan Weise am 24.03.2004, 15.40 –
eingetragen von Detlef Lindenthal am 24.03.2004 um 08.18
Lieber Herr Weise,
Sie schreiben zutreffend:
>>Ich will auf die Frage hinaus, ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden, oder nicht doch eher Wortgruppen, die man zusammenzuschreiben gewohnt war. <<
Mit dieser Frage haben Sie, so meine ich, den Nagel auf den Kopf getroffen – denn die Frage: Wörtergruppe oder Wort? sollte sich in vielen Einzelfällen eindeutig entscheiden lassen.
Bitte urteilen Sie selbst, ob die folgenden Buchstabenfolgen zu Wörtern oder aber Wortgruppen gehören (ich mache mir die Mühe und suche einige Anwendungen bei Google heraus):
– „Läßt sich der Begriff Umweltschutz allgemeingültig definieren?“ (zusammen/getrennt bei Google: 23.000/6.000)
,Läßt sich der Begriff Umweltschutz allgemein gültig definieren?‘ würde etwas anderes bedeuten.
– „Auch in der theoretischen Erklärung für psychische Erkrankungen vollzieht Freud nach der Frühphase der Psychoanalyse eine tiefgreifende Änderung ...“ (514:140); ... tief greifende Änderung ? Nein, denn es wird nichts gegriffen; tiefgreifend bedeutet etwas anderes als tief greifend. Ohne Zweifel ist tiefgreifend bereits ein Wort.
– Drittes Beispiel aus dem Netz:
„Wie kann man die rechte Maustaste lahmlegen?“ (zusammen/getrennt bei Google: 11.700/8.900, vermutlich wird das Wort von M$ angemeckert)
Lahmlegen hat mit lahm und legen überhaupt nichts mehr zu tun: lahmlegen bedeutet stoppen, sperren, während bei lahm ein (wenn auch behindertes) Weitergehen noch möglich ist.
Noch zur Verdeutlichung: Es geht hier nicht mehr um eine Feineinstellung im Grenzbereich zwischen Wörterpaar und Wort, wie etwa bei (r)ad()fahren und statt()dessen, wo die Bedeutungen der Paarwörter im Paar genau enthalten sind und bleiben, sondern es geht um zweifelsfrei bisher vorhandene Wörter, mit eigener Betonung und eigener, in den Teilwörtern nicht enthaltener Bedeutung.
Damit läßt sich Ihre Frage, „ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden“, nach meiner Meinung eindeutig bejahen: Die „Reformer“ (16 Kultusminister(innen)) verfügen, indem sie hunderttausend Deutschlehrer und zehn Millionen Schüler als Instrument benutzen, das Verbot von Hunderten von Wörtern.
Zerstört werden die bisher im Deutschen sehr gut gelungenen Regeln für die Wortbildung. (Wörter haben (bisher) eine eigene Bedeutung und eine eigene Betonung.)
Die Kultusminister(innen) machen sich überaus angreifbar, indem sie gegen die Wörter lahmlegen, allgemeingültig, sogenannte und 416 weitere (laut Duden, 21. Auflage) ein Verbot aussprechen und die leicht zu verinnerlichenden Wortbildungsregeln unterlaufen.
Und die Minister haben eine Lawine losgetreten: Denn wie hier im Faden „Verbotene Wörter“ gezeigt wurde, werden von Zehntausenden von Redakteuren, die nicht jedesmal nachschlagen wollen oder aus anderen Gründen, gleich massenhaft weitere Wörter tabuisiert, was so ähnlich ist wie verboten.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Stefan Weise am 23.03.2004 um 11.58
Lieber Herr Lindenthal,
wenngleich mir schon gestern aufgefallen ist, dass ich mich vermutlich dem hier üblichen hohen Diskussionsniveau nicht werde einfügen können, möchte ich mich doch noch einmal melden.
Wie Sie richtig mutmaßen, bin auch ich für die Erhaltung von Wörtern & oftmals angesichts einiger Neuschreibungen entsetzt.
Dennoch kann ich ein Stück weit das Bemühen der Reformer nachvollziehen, einige Zustände, die überflüssigerweise kompliziert & chaotisch sind, zu vereinheitlichen.
Unser Entsetzen angesichts einiger Aueinanderschreibungen an Stellen, wo vorher zusammengeschrieben wurde, könnte doch einfach die enttäuschte Erwartung sein, etwas nicht zusammengeschrieben zu sehen, was man vorher zusammengeschrieben sah. In vielen Fällen, in denen sich das Sprachgefühl gegen eine Auseinanderschreibung sträubt, wird doch nur in bestimmten syntaktischen Zusammenhängen zusammengeschrieben, während in anderen auch schon ohne die Neuregelung auseinander geschrieben wurde.
Ich will auf die Frage hinaus, ob es denn tatsächlich Wörter sind, die durch diese verstärkte Auseinanderschreibung verschwinden, oder nicht doch eher Wortgruppen, die man zusammenzuschreiben gewohnt war.
Ich weiß, dass dies der Kernpunkt der ganzen GZS-Unsicherheiten ist, kenne aber nicht die Argumente derjenigen, die unerschütterlich daran festhalten, dass es sich um Wortvernichtung handelt & nicht um konsequente Wortgruppenschreibung.
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als sei ich ein uneingeschränkter Befürworter der Reform, es ist lediglich so, dass es mir auch umnöglich ist, sie im Ganzen & in jedem ihrer Einzelteile kategorisch abzulehnen, wie das in diesem Forum einige zu tun geneigt zu sein scheinen.
Es wäre nett, wenn Sie mir das eine oder andere Argument oder Beispiel zur Stützung ihrer These zeigen oder mir ein paar Literaturhinweise zukommen lassen könnten, so dass ich mich selber über diesen Punkt schlauer machen kann.
Ich hoffe auf Ihre Nachsicht mit einem in diesen Dingen relativ Ungebildeten.
Stefan Weise
eingetragen von Detlef Lindenthal am 23.03.2004 um 06.49
Lieber Herr Weise,
>>warum denn gleich so böse?<<
Zwischen böse und überzogen einerseits und entschlossen und berechtigt andererseits werden wir alle zu unterscheiden haben.
>>Ich habe lediglich versucht wiederzugeben, was in den von mir aufgefundenen Regeln steht, nach denen Herr Wagner gefragt hatte. Das sollte keineswegs eine Meinung darstellen, die ich vertrete, bin ich doch gerade erst dabei, mir eine solche zu bilden.<<
Sehr gut, und deshalb habe ich Sie auch auf die Schwierigkeit mit den Wörterverboten hingewiesen.
>>Es liegt mir jedenfalls nichts ferner, als Wörter verbieten zu wollen. Ich versuche nur, bevor ich sie kritisiere, diese Regelung zu verstehen. Die Regelungsrichtung Grundregel > Ausnahmeregeln halte ich eigentlich nicht gerade für besonders unpraktikabel; aus ihren Worten scheint eine generelle Ablehnung jeglicher Normierung zu sprechen.<<
Jegliche Normierung sollte sinnvoll sein – wenn bei einer Normierung Wörter verboten werden, dann ist sie ungeeignet und, gelinde gesagt, unberechtigt.
>>Jedenfalls unterstellen Sie mir da zu viel des Bösen.<<
Das Böse entsteht a.) weil leichtfertige Brandstifter mit neuen „Regeln“ zündeln (und womöglich gar nicht merken, daß es sich dabei um Wörterverbote handelt), b.) weil es anschließend eine zäh voranarbeitende Schicht von Funktionären gibt, die stolz auf ihren Gehorsam sind (willige Vollstrecker), c.) weil die meisten Betroffenen sich sowas gefallen lassen.
Daß ich mir dies nicht gefallen lasse, macht mein Herz nicht schwer – ich bin Handwerker, bin in der Freiwilligen Feuerwehr, und deren bewährten und bewehrten Brandschutz-Regeln haben sich als sinnvoll herausgestellt. Gemeinsame Rechteverteidigung setzt die Besonnenheit von mehr und mehr einzelnen voraus.
Im vorliegenden Fall lasse ich mir die Wörterverbote nicht gefallen, und ich freue mich sehr, wenn auch Sie jedes einzelne unserer Wörter zu verteidigen helfen.
Ihr
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Stefan Weise am 23.03.2004 um 01.06
Lieber Herr Lindenthal,
warum denn gleich so böse? Ich habe lediglich versucht wiederzugeben, was in den von mir aufgefundenen Regeln steht, nach denen Herr Wagner gefragt hatte. Das sollte keineswegs eine Meinung darstellen, die ich vertrete, bin ich doch gerade erst dabei, mir eine solche zu bilden.
Es liegt mir jedenfalls nichts ferner, als Wörter verbieten zu wollen. Ich versuche nur, bevor ich sie kritisiere, diese Regelung zu verstehen. Die Regelungsrichtung Grundregel > Ausnahmeregeln halte ich eigentlich nicht gerade für besonders unpraktikabel; aus ihren Worten scheint eine generelle Ablehnung jeglicher Normierung zu sprechen.
Jedenfalls unterstellen Sie mir da zu viel des Bösen.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 22.03.2004 um 22.00
Lieber Herr Weise,
Stefan Weise schrieb:
... Getrenntschreibung der Normalfall & allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ...
haben Sie bedacht, daß Sie damit ausgedrückt haben: Das Verbot zusammengesetzter Wörter ist der Normalfall, erlaubt sind zusammengesetzte Wörter nur, wenn es, von Kultusministerkonferenzgnaden, eine Regel für sie gibt?
Lieber Herr Weise, Ihnen wie auch den Kultusministern und Hunderttausenden von Deutschlehrern spreche ich aus- und nachdrücklich jegliches Recht ab, in einer Sprachgemeinschaft Wörter verbieten zu wollen. Wär ja auch noch schöner; möchte wissen, ob einer dieser Akademiker darüber nachgedacht hat.
>:-|
– geändert durch Detlef Lindenthal am 23.03.2004, 07.06 –
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Stefan Weise am 22.03.2004 um 16.46
Dass Adjektive mit Nomen Zusammensetzungen bilden können, kann man in §37 lesen. Bei dem Hinweis auf die Flektierbarkeit haben die Autoren sicherlich §34 (2.2) im Hinterkopf gehabt, der sich allerdings auf Verben bezieht. Schließlich könnte man sich noch auf die Vorbemerkungen vor §33 berufen, in denen es heißt, dass die Getrenntschreibung der Normalfall & allein die Zusammenschreibung regelungsbedürftig sei. D.h. für mich, wenn es keinen Hinweis darauf gibt, dass zusammenzuschreiben ist, schreibe man getrennt.
__________________
Man kann nach Sinn suchen oder ihn erfinden. (Anne Michaels)
eingetragen von R.Schuster am 21.02.2004 um 17.27
![]()
Habe mir heute die Sendung zur "Rechtschreibreform" im DLF angehört. Grauenhaft, was der Herr ....- Leiter der Kommission....von sich gab! Er hatte überhaupt nichts zu sagen, sondern "nur" bei jedem Beitrag : "Ja, stimme zu, "sie sprechen mir aus der Seele" und Zitat "Die Rechtschreibung ist nicht wichtig, aber man muß sie beherrschen" (von Hans Glinz). Was soll so etwas?? Die Zeit hätte ich besser verbringen können.
__________________
Vielen Dank!
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.02.2004 um 01.43
In der Anlage 2 zum 3. Bericht der ZK wird unter 4.) zu Hohelied und Hohepriester darauf verwiesen, daß laut Regelwerk flektierte Adjektive nur getrennt geschrieben werden, unflektierbare Adjektivformen dagegen mit Nomen Zusammensetzungen bilden können und dann zusammengeschrieben werden.
In welchem Paragraphen steht das? Ich finde es partout nicht; ich scheine gerade mit Blindheit geschlagen zu sein...
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 16.01.2004 um 15.11
Zum Morsen braucht man wie schon immer nur eine Taste, auch "Taster" genannt. Die Dauer des Niederdrückens ergibt kurze und lange Tonsignale, bzw. Punkte und Striche.(Üblicherweise 1:3) Die Leerzeichen ergeben sich als stumme Phase von der Länge eines Strichs. Eine Eingabe- oder Absende-Taste ist überflüssig, da ja in "Echtzeit" gesendet wird. So ist es jedenfalls bei den mir bekannten Amatuerfunkern. - Heute gibt es natürlich auch Konverter, die das Erlernen des Morsealphabetes überflüssig machen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.01.2004 um 13.56
Ja, natürlich braucht man weiterhin mindestens drei Tasten: je eine für Punkt und Strich sowie die Leertaste. Außerdem ist eine Eingabetaste (zum Abschicken bzw. für den Zeilenwechsel) ganz sinnvoll. Aber das ist doch trivial, oder?
(*seufz*)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Karl Eichholz am 16.01.2004 um 10.16
komisch, ging das Morsen doch früher noch ganz gut auch mit nur einer Taste. Das musss ja wohl mit der neuen ß/ss-Schreibung zusammenhängen
:-)
wundert sich
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von Joseph Terner am 16.01.2004 um 06.35
Zitat:Ja, z. B. im Rundfunk oder Fernsehen des öfteren. Darf ich Günther Jauch mit seinen »Bambúses-Stäbchen« zitieren? (Gemeint waren Bambuseßstäbchen, aber Herr Jauch bekam zu lesen: »Bambusessstäbchen«.) Es handelt sich allerdings nicht um einen Rechtschreibfehler sondern um die derzeit gültige amtliche Orthographie.
Ursprünglich eingetragen von sarge
zur angeblichen verunstaltung der deutschen sprache (von sprechen): hört jemand rechts-reib-fehler in einem laut vorgelesenen text?
Zitat:Von der sogenannten »Neuen Rechtschreibung« existieren zig Varianten: dpa-Rechtschreibung, NZZ-Rechtschreibung, »ZEITschreibung«, Süddeutsche-Zeitung-Rechtschreibung usw. usf. Die behauptete »uneinheitliche Einheitsorthographie« würde ich hingegen als Oxymoron bezeichnen.
wenn die deutsche schreibung durch irgend etwas verunstaltet wird, dann durch die uneinheitlichkeit, zu der dieses forum (wie auch z.b. die FAZ) nach kräften beiträgt.
__________________
Joseph Terner
eingetragen von David am 15.01.2004 um 16.56
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von sarge
wenn die deutsche schreibung durch irgend etwas verunstaltet wird, dann durch die uneinheitlichkeit, zu der dieses forum (wie auch z.b. die FAZ) nach kräften beiträgt.
Wenn in den Naturwissenschaften (und eigentlich nicht allein dort!) jemand zu einem Sachverhalt eine neue These einbringt, und wenn er propagiert, diese neue These sei ja viel besser, zweckdienlicher und obendrein noch einfacher als die alte These, dann muß er das belegen können - die Beweislast liegt bei ihm.
Mit bestenfalls naiv-arroganter, schlimmstenfalls ignorant-bornierter Haltung werden allerdings immerzu Argumente FÜR die sogenannte Rechtschreibreform gebracht, denn niemand der Befürworter denkt daran, daß 1. die reformierte Schreibung erst einmal das besser liefern muß, was die herkömmliche Schreibung liefern konnte, und daß 2. das dann auch bitteschön zu belegen ist! Die Beweislast liegt nämlich bei demjenigen, der ein bisheriges, ohne Frage funktionierendes, System durch ein neues, vermeintlich besseres System ersetzen will.
Punkt aus.
Insofern ist die Aussage, daß das Festhalten an der bisherigen Rechtschreibung eben etwas sei, was zur Uneinheitlichkeit der deutschen Schriftsprache beitrage, allein schon aus den o.g. Gründen unsinnig. Denn vorher war die Schriftsprache einheitlich - und einer genauen wie neutralen Überprüfung hinsichtlich Zweckdienlich- und Zulänglichkeit kann die reformierte Rechtschreibung schlichtweg nicht standhalten. Und das allein schon deswegen, weil es nun einmal die Grammatik ist, die in einer Sprache den Ton angibt.
eingetragen von margel am 15.01.2004 um 14.55
Dann können Sie, liebe Frau Dr. Menges, Ihren Schülern auch gleich die allerneueste Variante "aufhebens Wert sein" nach Sarge beibringen. - In letzter Zeit verirren sich ja auffallend viele Armengenössige im Geiste hierher. Etwas Belebung und Abwechslung schadet diesem Kreise bestimmt nicht, aber muß es gleich so viel Müll auf einmal sein? Ist das die unbeabsichtigte Folge gewisser Werbeaktionen?
eingetragen von sarge am 15.01.2004 um 13.52
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Ästhetik, über die man streiten kann
Es ist nicht sehr schwer, für Sprachpraktiker und Schüler die Regeln des "ß" zu lernen. Es stellt eine Erleichterung für alle dar. Es ist nur schade, dass es das "ß" noch gibt. Mir gefallen, wie beschrieben, die Wörter mit ss- und ich habe Schwierigkeiten Kindern zu erklären, warum ein Bus mit einem s geschrieben wird und nicht wie bei Kuss mit zwei. Die Lautsprache spricht die beiden Wörter gleich aus. Meines Erachtens und auch nach meinem ästhetischen Gefühl wäre es schöner alles in ss oder in s zu schreiben. Das scharfe "ß" ist zwar einzeln hübsch anzusehen, aber ich würde doch lieber ganz darauf verzichten.
...
RenateMariaMenges
Hallo Frau Menges,
ihrem Erklärungsproblem kann (vielleicht) geholfen werden:
Es gibt Kontexte, in denen 's' vs. 'ß' (scharfes vs. weiches s) Bedeutungs-unterscheidend ist:
Muße vs. Muse
(phonologisch (etw. veraltet): Phoneme)
Dem widerspricht (eigentlich) eine Gesetzmäßigkeit des Deutschen für Deutsch-stämmige Wörter/Stämme und Wörter/Stämme mit eingedeutschter Phonetik:
Weiches s im Anlaut (Bsp.: Sieb), scharfes s im Auslaut (Bsp.: Kuss, Gleis)
(phonologisch: Allophonische Verteilung)
Letzteres ist bedingt durch die Auslautverhärtung im Deutschen (alle Konsonanten am Wortende sind stimmlos)
(Aufgrund solcher Diskrepanzen ist die Phonem/Allophon-Theorie nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit)
Sie sehen:
Die Rechtschreibung (insbes. die Lautung in derselben) versucht idealerweise gewisse Gesetzmäßigkeiten der Sprache abzubilden (wenn überhaupt, vgl engl. oder frz. Orthografie), ist aber in ihrer Einzelentscheidung eine ziemlich willkürliche Festlegung (und deshalb vielleicht nicht halb soviel aufhebens Wert, wie hier häufig vgemacht wird). Vielleicht sagen sie ihren Schülerinnen und Schülern das mit der Willkür, und erziehen so aufgeschlossenere (in Bezug auf Rechtschreibung) Menschen als jene, mit denen Sie hier teilweise diskutieren.
Viel Freude weiterhin mit der inzwischen gar nicht mehr so neuen Rechtschreibung :-)
__________________
mathias scheibe
eingetragen von sarge am 15.01.2004 um 13.47
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Ästhetik, über die man streiten kann
Es ist nicht sehr schwer, für Sprachpraktiker und Schüler die Regeln des "ß" zu lernen. Es stellt eine Erleichterung für alle dar. Es ist nur schade, dass es das "ß" noch gibt. Mir gefallen, wie beschrieben, die Wörter mit ss- und ich habe Schwierigkeiten Kindern zu erklären, warum ein Bus mit einem s geschrieben wird und nicht wie bei Kuss mit zwei. Die Lautsprache spricht die beiden Wörter gleich aus. Meines Erachtens und auch nach meinem ästhetischen Gefühl wäre es schöner alles in ss oder in s zu schreiben. Das scharfe "ß" ist zwar einzeln hübsch anzusehen, aber ich würde doch lieber ganz darauf verzichten.
...
RenateMariaMenges
Hallo Frau Menges,
ihrem erklärungsproblem kann (vielleicht) geholfen werden:
Es gibt Kontexte, in denen 's' vs. 'ß' (scharfes vs. weiches s) Bedeutungs-unterscheidend ist:
Muße vs. Muse
(phonologisch (etw. veraltet): Phoneme)
Dem widerspricht (eigentlich) eine Gesetzmäßigkeit des Deutschen für Deutsch-stämmige Wörter/Stämme und Wörter/Stämme mit eingedeutschter Phonetik:
Weiches s im Anlaut (Bsp.: Sieb), scharfes s im Auslaut (Bsp.: Muß, Kuss, Gleis)
(phonologisch: Allophonische Verteilung)
Letzteres ist bedingt durch die Auslautverhärtung im Deutschen (alle Konsonanten am Wortende sind stimmlos)
(Aufgrund solcher Diskrepanzen ist die Phonem/Allophon-Theorie nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit)
Sie sehen:
Die Rechtschreibung (insbes. die Lautung in derselben) versucht idealerweise gewisse Gesetzmäßigkeiten der Sprache abzubilden (wenn überhaupt, vgl engl. oder frz. Orthografie), ist aber in ihrer Einzelentscheidung eine ziemlich willkürliche Festlegung (und deshalb vielleicht nicht halb soviel aufhebens Wert, wie hier häufig vgemacht wird). Vielleicht sagen sie ihren Schülerinnen und Schülern das mit der Willkür, und erziehen so aufgeschlossenere (in Bezug auf Rechtschreibung) Menschen als jene, mit denen Sie hier teilweise diskutieren.
Viel Freude weiterhin mit der inzwischen gar nicht mehr so neuen Rechtschreibung :-)
__________________
mathias scheibe
eingetragen von sarge am 15.01.2004 um 13.16
![]()
Herr Lachenmann, sie schrieben über das Morse-Alphabet:
>(Diese Schrift hat noch einen weiteren, bisher völlig
>übersehenen Vorteil: Die Tastatur kann auf 2 (in Worten zwei)
>Tasten reduziert werden.)
Ihren humoristischen Beitrag möchte ich ergänzen:
Schränkt man die Tastatur auf das Erstellen von Texten ein (lässt man also Sonderzeichen, Funktions- und Umschalttasten unter den Tisch fallen), so benötigt man immerhin drei Tasten.
__________________
mathias scheibe
eingetragen von Theo Grunden am 15.01.2004 um 13.08
Sehr geehrter Herr Scheibe,
darin sind wir hier wohl alle Ihrer Meinung: Sie sind tatsächlich im falschen Film. Aber es spricht für Sie, daß sie das selbst gleich gemerkt haben.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg bei der Suche nach dem richtigen Film.
eingetragen von sarge am 15.01.2004 um 12.54
![]()
mit erstaunen lese ich das eine oder andere posting in diesem forum und mir schlackern die ohren:
besteht dieses forum ausschließlich aus fanatischen engstirnigen pedanten oder kann mich jemand eines besseren belehren?
hier werden korrekturen in der rechts reibung von postings vorgenommen - is ja süß.
jetzt mal anders:
WSSTN S SCHN DSS TXT HN VKL FSST GNSGT LSBR SND W SLCH MT VKLN ND DSS BWHL HFG DR PLRL NCHT GKNNZCHNT WRDN KNN ND W HR SMTLCH STZZCHN FHLN
ZGGBN: DR GBRCH VN VRWGND LNGN DR ZSMMNGSTZTN WRTN - DS DTSCH ST SHR RCHLCH BSTCKT DMT - ND NTRPNKTN M STZND ND B NSCHBN ST SHR HLFRCH.
Sxx KxNNxN xN JxDxM FxLL TxXTx LxSxN xN DxNxN NxR xxN VxKxL VxRKxMMT - HxxR DxRCH xxN x RxPRxSxNTxxRT.
zur angeblichen verunstaltung der deutschen sprache (von sprechen): hört jemand rechts-reib-fehler in einem laut vorgelesenen text?
wenn die deutsche schreibung durch irgend etwas verunstaltet wird, dann durch die uneinheitlichkeit, zu der dieses forum (wie auch z.b. die FAZ) nach kräften beiträgt.
mathias scheibe
initiative ökonomisches schreiben :-)
eingetragen von Monika Grunert am 07.01.2004 um 22.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Joseph Terner
Meine Fehlerquote in schriftlichen Texten konnte ich dank der Rechtschreibreform von circa ein Prozent auf unter ein Promille drücken. Die Verunstaltung der deutschen Schriftsprache nahm ich zum Anlaß, mich ausführlicher als bisher mit der Einheitsorthographie zu beschäftigen und die systematische Beherrschung selbiger zu erlernen. Früher ging es hauptsächlich nach Schreibgefühl, was inzwischen wegen der überall um sich greifenden Legasthenie nicht mehr möglich ist.
So geht's mir auch! Ich habe jahrelang (vor der Reform) als Korrekturleserin bei der chilenischen deutschsprachigen Wochenzeitung gearbeitet. Außer bei manchen Fremdwörtern habe ich nie nachschlagen müssen, Getrennt- und Zusammenschreibung war überhaupt kein Thema, ich kann mich nicht erinnern, auch nur einmal deshalb beim Lesen gestockt zu haben. Wenn man es heute so bedenkt - da ist mir sicher so mancher "Fehler" unterlaufen.
__________________
m.g.
eingetragen von Joseph Terner am 07.01.2004 um 18.03
Meine Fehlerquote in schriftlichen Texten konnte ich dank der Rechtschreibreform von circa ein Prozent auf unter ein Promille drücken. Die Verunstaltung der deutschen Schriftsprache nahm ich zum Anlaß, mich ausführlicher als bisher mit der Einheitsorthographie zu beschäftigen und die systematische Beherrschung selbiger zu erlernen. Früher ging es hauptsächlich nach Schreibgefühl, was inzwischen wegen der überall um sich greifenden Legasthenie nicht mehr möglich ist.
__________________
Joseph Terner
eingetragen von Christoph Kukulies am 07.01.2004 um 12.56
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Gestern hat meine ältere Tochter (17) in einem Übungsdiktat – in dem Bestreben, sich den neuen Schreibverrenkungen anzupassen – „Bahn brechend“ und „Grauen erregend“ geschrieben. Ihre Lehrerin wird wohl heute eine Erklärung versuchen, warum das eine neu falsch ist, und weiter üben lassen. Die Verstümmelung unserer bewährten Schriftsprache verschwendet also noch kostbare Lernzeit.
Zu den Schreibproblemen unserer kleinen Tochter fiel ihrer Deutschlehrerin ein, daß wir darauf achten sollten, daß sie Bücher nur in der „neuen“ Rechtschreibung liest. Wir sollen anscheinend die in Jahren von der Großmutter angesammelten wertvollen Kinderbücher in den Papiermüll werfen, dafür neue anschaffen und ein Leseverbot für die übrige Bibliothek erlassen.
Lieber Herr Salzburg,
diese wenigen Worte von Ihnen könnten den Irrwitz dieser Reform kaum besser beschreiben. Dazu noch der Aufruf zur Büchervernichtung einer Leiterin eines Goetheinstituts unlängst. Ist das nicht schon mal wieder wert, in einem größeren Kreis bekanntgemacht zu werden? Ich habe zwei Enkeltöchter (5 und 8), die, obwohl sie zur Zeit in Wien aufwachsen, dadurch kaum weniger dieser Schlechtschreibung ausgesetzt sind. Wir haben auch noch viele alte Kinderbücher, Märchenbücher und viele Spiele. Es tut einem das Herz weh, wenn man sich diesen Unsinn vor Augen führt. Und die Kinder mühen sich redlich, und kriegen so einen Stuß beigebracht.
Vergeudung von Humankapital, unsere Kinder einem solchen Regelwerk zu unterwerfen.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Sigmar Salzburg am 07.01.2004 um 11.02
Gestern hat meine ältere Tochter (17) in einem Übungsdiktat – in dem Bestreben, sich den neuen Schreibverrenkungen anzupassen – „Bahn brechend“ und „Grauen erregend“ geschrieben. Ihre Lehrerin wird wohl heute eine Erklärung versuchen, warum das eine neu falsch ist, und weiter üben lassen. Die Verstümmelung unserer bewährten Schriftsprache verschwendet also noch kostbare Lernzeit.
Zu den Schreibproblemen unserer kleinen Tochter fiel ihrer Deutschlehrerin ein, daß wir darauf achten sollten, daß sie Bücher nur in der „neuen“ Rechtschreibung liest. Wir sollen anscheinend die in Jahren von der Großmutter angesammelten wertvollen Kinderbücher in den Papiermüll werfen, dafür neue anschaffen und ein Leseverbot für die übrige Bibliothek erlassen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Elke Philburn am 02.12.2003 um 20.07
Wird denn die Rechtschreibung an den Schulen noch richtig geübt? Oder ist das inzwischen aus der Mode gekommen?
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.12.2003 um 13.35
Gerade korrigiert:
Zwei Seiten im Arbeitsheft meiner Tochter:
Er hat die Weißheit nicht mit Löffeln gefressen.
„Wir sind doch ohne hin Papas und Mamas Prinseinen“
„Herrein!!“, schreiten die beiden …
Herzlichen glückwunsch zum Geburtstag irbeiden“,…
Lotte krigte: zweis hüpsche Schirtzen …
Natürlich grigten die beiden viel mehr …
Und das Kaninchen hiß „Lotta“
Atiljär
geschlossen, schlißen, schloss, beschluss …
wusstet, wuste, das wissen …
Ergebnisse, das Ergebniss …
(Mein Diktatheft der gleichen Klasse 5 war im ganzen Jahr fehlerfrei – bis auf: einmal „sich“ vergessen!)
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.11.2003 um 21.26
Da haben Sie ein Wort angesprochen: Sie wissen, was wir in der Schulleitung zu tun haben, Sie kennen die Aussagen des Schulleiterverbandes (habe ich hier einmal geschrieben) und Sie kennen auch viele Lehrer. Die Rechtschreibreform ist schon lange nicht mehr im Gespräch. Da muss jemand zäh sein, und an der Sprache grundlegend interessiert sein, um jetzt noch davon zu sprechen. Ich zähle mich dazu! Ich warte auf einen Einblick in Icklers neues Lexikon. Wer sich viele Jahre mit der Rechtschreibreform auseinander gesetzt hat, kennt deren Vorzüge und deren Nachteile in und auswendig. Eine Wende ist nicht in Sicht, noch weniger in Aussicht.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Christoph Kukulies am 10.11.2003 um 19.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Wie viele Leute mögen es wohl sein, die hier gegen die Rechtschreibreform rebellieren?
Wie viele sind das in Prozenten ausgedrückt?
Wie viele sind es wohl in der Bevölkerung?
Frau Menges,
das liest sich wie die Frage des feigen Mitläufers, der sich schon mal vergewissern will, ob sich das Überlaufen auch lohnt, um nachher nicht auf der falschen Seite zu stehen.
Fragen Sie doch mal Ihren Bekanntenkreis.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Dominik Schumacher am 10.11.2003 um 18.53
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Frau Dr. Renate Maria Menges
[1] Wie viele Leute mögen es wohl sein, die hier gegen die Rechtschreibreform rebellieren?
[2] Wie viele sind das in Prozenten ausgedrückt?
[3] Wie viele sind es wohl in der Bevölkerung?
Ihnen steht eine genaue Antwort zu, verehrte Frau Dr. Menges. Immerhin schreiben Sie so, wie die Rebellen. Ihr Komma stimmt diesmal auch.
Zu 1: 238 Nutzer haben sich in dieses Forum so eingetragen, daß sie schreiben können.
Zu 2: Auf 100 Millionen Der-deutschen-Sprache-Mächtige sind das 0,000238 Prozent.
Zu 3: Genaue Zahlen werden gerne verschwiegen. Warum eigentlich? Selbst repräsentative Umfragen werden beispielsweise von der Redaktion der Rheinzeitung in Koblenz nicht veröffentlicht. Dabei sind die Sprachrebellen nicht nur in Weilheim zu Hause.
__________________
Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von Matthias Dräger am 10.11.2003 um 18.45
Es war doch schon immer ein gutes Gefühl in diesem Land, auf der Seite der Mächtigen, der "Sieger" zu stehen – immer?
Das Problem der Mächtigen ist nur: Ihnen gehört die Welt nicht, trotz ihrer vermeintlichen "Siege", sondern die Welt und auch die Sprache gehört immer noch den "Sanftmütigen", eben den Sensiblen, den Aufmerksamen, die liebevoll den Boden beackern, oder, wie hier, ihre Kräfte meist sehr behutsam der Pflege und dem Erhalt einer sinnvollen Rechtschreibung widmen.
Was können wir von der Bevölkerung erwarten, von d i e s e r Bevölkerung, die schon von ganz anderen Leuten genasführt und in weit weniger subtiler Form geknechtet wurde – Sternmärsche nach Berlin?
Ist eine Ablehnung der Rechtschreibreform per Volksentscheid mit 70 : 30 bei einer Wahlbeteiligung von 86 % nicht genug? Reicht noch nicht einmal das Ergebnis der Allensbach-Umfrage vom April 2002, mit erbärmlichen 10 % Zustimmung für die Rechtschreibreform, Jahre nach dem Versuch ihrer Einführung?
Die Rechtschreibreform, die man trotz ablehnenden Votums des höchsten demokratisch gewählten Plenums dieser Republik, des Deutschen Bundestages, einfach weiterlaufen ließ, führt derzeit zur größten bildungspolitischen Katastrophe der Nachkriegszeit, das wird hier dokumentiert. Selten ging es Deutschland übrigens auch wirtschaftlich so schlecht wie in der Zeit nach der Umstellung der Tageszeitungen (1999) – und die Rechtschreibreform mit all ihren Verwirrungen und unnötigen Kosten in a l l e n Teilen der Bevölkerung, mit der Aufhebung eines allgemein akzeptierten Schreibkonsenses, soll hieran keinen Anteil haben?
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.11.2003 um 16.50
Wie viele Leute mögen es wohl sein, die hier gegen die Rechtschreibreform rebellieren?
Wie viele sind das in Prozenten ausgedrückt?
Wie viele sind es wohl in der Bevölkerung?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.10.2003 um 14.28
Schüler/Studenten haben ja bekanntlich eine mehr oder weniger kritische Meinung: Ich werde eines Tages meinen Schülern oder noch besser meinen Praktikanten und Studenten irgendeinen Beitrag unseres Herrn Dräger vorlegen und auf deren Beurteilung eingehen. Was sie wohl sagen werden? Sie sind die nächste Generation und ich bin gespannt auf die Aussagen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.10.2003 um 16.36
Vor einiger Zeit hatte ich die folgende Frage schon einmal gestellt (sie war an Frau Menges gerichtet), die aber nicht ganz sauber formuliert war. Das hole ich jetzt nach, und vielleicht fällt Ihnen dazu eine Antwort ein:
Da Sie die Reformschreibung anwenden, möchte ich Sie danach fragen, ob Sie der Meinung sind, daß man etwas, das nach der herkömmlichen Rechtschreibung geschrieben wurde, umkehrbar eindeutig auf die entsprechende reformierte Schreibweise abbilden kann, d. h. ob eine in beiden Richtungen eindeutige Zuordnung alt <==> neu möglich ist (ohne Bedeutungsveränderung). Das finde ich eine recht spannende (und wichtige) Frage.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von ghest am 22.10.2003 um 16.13
eingetragen von Detlef Lindenthal am 17.10.2003 um 06.41
Zitat:"Doppelplusobergut" ist aber eher orwellsch als huxleysch. Zwischen diesen Welten liegen Welten!
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal Ich erinnere, daß meine Kinder, wenn sie statt huxleyschem doppelplusobergut „geil“ sagten und zu mir hinüberschulten, [...]
eingetragen von Christian Melsa am 17.10.2003 um 01.46
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Ich erinnere, daß meine Kinder, wenn sie statt huxleyschem doppelplusobergut „geil“ sagten und zu mir hinüberschulten, [...]
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.10.2003 um 16.26
Mein Dank an Sie wurde hier nicht gesendet. So schreibe ich ihn nochmals. Ich bin immer daran interessiert Artikel über Erziehung und Unterricht, Rechtschreiben und Schule zu lesen.
Übrigens kann die "Trotzmacht des Geistes" ein wichtiger Teil im Leben sein. V. E. Frankl schrieb im KZ ein ganzes Buch ohne Stift und Papier auf Grund seiner "Trotzmacht" und überlebte deswegen auch das KZ. Titel: "Und trotzdem ja zum Leben sagen", überaus lesenswert.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Walter Lachenmann am 14.10.2003 um 19.21
Nicht nur unserer lieben, Kunst und Geist gleichermaßen zugeneigten Frau Dr. Menges, die von den philosophischen Fehltritten der Herren Markner und Wittkopp zu Recht enttäuscht ist, sondern auch allen anderen sei das neueste Heft (Nr. 434, Oktober 2003) der Zeitschrift »MUT, Forum für Kultur, Politik und Geschichte« wärmstens empfohlen.
Darin:
Horst Hensel: Erziehungspolitik. Eine Antwort auf die Bildungsmisere und den Erziehungsnotstand in Deutschland.
Thomas Steensen: Theodor Storm als demokratischer Humanist.
Reiner Kunze: Rechtschreibreform. Ein kulturelles Jahrhundertvergehen.
Außerdem viele andere interessante Beiträge und sehr schöne farbig gedruckte Bilder (Gemälde von Degas, Pissarro, Picasso, Chagall, Macke, Magritte...) auf hochwertigem Kunstdruckpapier. Eine Weide für Auge, Verstand und Seele, und selbstverständlich in der bewährten Rechtschreibung.
Siehe unter: http://www.mut-verlag.de
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.10.2003 um 14.12
Nun, lieber Herr Markner,
können Sie zu Herrn Goppel gehen und eine Audienz beantragen. Wäre doch die richtige Zeit am Beginn einer Amtsperiode etwas zu leisten. Der Minister der Wissenschaft hat dazu sicherlich etwas zu sagen, aber werden Sie ja nicht philosophisch, bleiben sie lieber bei den Rechtschreibproblemen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.10.2003 um 16.00
kann man die beiden nicht nennen. Leider - und schade.
Es wäre besser, nichts darüber zu schreiben, wenn man den Lesestoff nicht beherrscht und über diese philosophische Richtung nicht einmal etwas gehört hat, geschweige denn diese versteht. Über die Dreidimensionalität des Menschen haben sie also noch nie nachgedacht.
Dabei habe ich Herrn Markner insgeheim gelobt, dass er die Damenorthografie entlarvte und darauf bestand, dass die Rechtschreibung früher eine Sache der Bildung war.
Heute ist es allerdings eine Bildungslücke Menschen wie Frankl nicht zu kennen und deren Wörter zu verunglimpfen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.10.2003 um 21.04
Zitat:Klar, unbedingt: Geist ist geil!
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Klingt zwar etwas ulkig, ist aber sicher besser als »Strahlkraft des Glaubens«. Im übrigen gilt bekanntlich : GEIST IST GEIL !
eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.10.2003 um 19.02
Zitat:Lieber g.,
Ursprünglich eingetragen von guest
Werde ich die Leute sich schlafen legen lassen können dürfen?
Wer bietet noch mehr Infinitive?
eingetragen von Reinhard Markner am 10.10.2003 um 18.48
Klingt zwar etwas ulkig, ist aber sicher besser als »Strahlkraft des Glaubens«. Im übrigen gilt bekanntlich : GEIST IST GEIL !
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.10.2003 um 17.58
Sehr geehrter Herr Lachenmann,
wir können uns neben der Philosophie von Bettelheim auch der Philosophie von W.E. Frankl, Platon, Sören Kierkegaard, Max Scheler, Gerd Haeffner oder Josef Pieper bedienen.
Bei Max Scheler wird man schnell auf die eigene Freiheit stoßen und diese untersuchen, und bei V.E.Frankl wird die sogenannte "Trotzmacht des Geistes" hier durchaus Gefallen finden. So mancher handwerklich begabte Techniker wird dazugehören und Personen, die sich dem "Geistigen" verschrieben haben, haben oft eine ganz gewaltige "Trotzmacht des Geistes". Dazu ein für Herrn Lachenmann gültiges Rätsel mit frohem Gruße:
"Der Geist ist es, der Leben schafft, das Fleisch nützt nichts."(...)
In diesem Sinne denke ich, dass die Diskussion durch geistige Anerkennung der Leistung des Anderen in angemessener Sprache weitergehen wird.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Walter Wittkopp am 10.10.2003 um 17.44
> Warum muß? Warum bezwungen?<
Lieber Herr Wagner,
„muß“ (bzw. „müßte“) deshalb, weil ich nicht ein ungerecht Tagewerk oder Abendewerk fortsetzen wollte; soviel Ehre sollte jedem Mensch zugestanden sein, daß ihm aufzuhören erlaubt ist, wenn er beim Weitermachen ungerecht werden würde;
„bezwungen“ deshalb, weil, wenn die Techniker hier ihren Dienst beendeten, auch dieser Netzknoten seinen Dienst beendete.
„alles reichlich eindimensional gedacht“ – zugegeben, eindimensional insofern, als jedes Abwägen (zum Beispiel beim Grenzensetzen) eindimensional ist. Ich melde mich hier nicht oft zu Wort, beobachte andererseits, daß Frau Dr. Popp unbequemen Fragen bzw. Argumenten ausweicht. Wenn sie dann noch den für die Presse- und Gedankenfreiheit unerläßlichen Beruf beleidigt, wenn Frau Dr. doch nicht antwortet und wir Techniker zum Nachhaken nicht so viel Zeit haben wie sie, fällt mir nicht mehr soviel Mehrdimensionales ein – dann zeige ich, wieviel ich als Handwerker von Hebelgesetzen verstehe, und Hebel sind, da haben Sie recht, eindimensional.
Natürlich sind die freie Rede und Schreibe ein sehr, sehr hohes Gut. Doch habe ich der Doktora keinen sittlichen Gedanken verboten, habe sogar ihre Zitierweise und Zeichensetzung in Ordnung gebracht.
Nun mache ich einen Vorschlag zur Güte: Wenn Frau Dr. Popp ihren Satz „ ... die deutsche Rechtschreibung ... wurde bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt“ zurücknimmt, gebe ich ihrem Aufsatz die ss-Embleme zurück; die verbesserten Kommata und Zitat-Auszeichnungen darf er trotzdem behalten, wenn sie möchte.
Laut Ihrer Quelle (danke dafür, ein herrlicher Vortrag!) hat J.S.Bach s-d-g geschrieben.
Schön, daß Sie zwischen groß- und groß schreiben zu unterscheiden wissen; nicht alle wissen das.
... u-d-M-e-W
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.10.2003 um 10.56
Lieber Herr Wittkopp,
daß Sie meine Antwort auf Ihre Frage nach der Ungerechtigkeit nicht überzeugt, macht nichts; nehmen Sie es einfach als eine Meinungsäußerung meinerseits (denn so hatte ich Ihre Frage verstanden: Was denken die anderen darüber?).
»Wenn wir wirklich ungerecht wären, müßten wir zurücktreten, und Mutter Popp hätte ihr Ziel erreicht: Der Rechtschreibknoten wäre bezwungen.«Warum muß? Warum bezwungen? Das ist mir alles reichlich eindimensional gedacht. Sind wir hier etwa die Gralshüter der Wahrheit? Da mache ich nicht mit.
»Bedeutet s.d.g. etwas Beunruhigendes?«Nein; das habe ich bei Johann Sebastian Bach abgeguckt (wobei es durchaus sein kann, daß er es groß geschrieben hat aber großgeschrieben hat er es auf jeden Fall):
eingetragen von guest am 10.10.2003 um 08.49
Werde ich die Leute sich schlafen legen lassen können dürfen?
Wer bietet noch mehr Infinitive?
eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.10.2003 um 07.18
Kapitän zum Offizier:
guest: Ich liebe drei Infinitive hintereinander. Gibt es eigentlich auch vier oder mehr oder warum höchstens drei?
eingetragen von Walter Wittkopp am 10.10.2003 um 06.22
Als Handwerker war ich immer auf der Suche nach der zugrunde liegenden Regel: Warum heißt es der Flensburger Bahnhof, und nicht der *flensburger Bahnhof?
Vom „Sprachgefühl“ und von den Anwendungsfällen her war mir klar: Das ...er ist ein Zugehörigkeitsanzeiger, also eine andere Form des Wesfalles: der Flensburger Bahnhof will zugehörigkeitsmäßig das gleiche ausdrücken wie Flensburgs Bahnhof.
Ebenso ist beim Kieler Bürgermeister die hauptwörtlich gedachte wesfällische Zugehörigkeit zu Kiel bedeutsam; anders als beim deutschen Außenminister, wo die hauptwörtliche Verbindung z.B. zu Deutschland, zum Deutschen Reich oder zur Deutschen Demokratischen Republik gedacht sein mag, wo aber durch die Eigenschaftswortförmlichkeit von deutsch klar klein geschrieben wird.
Abzugrenzen ist das dann wieder von Wortformen mit -isch: österreichische Volksmusik, aber Holzhauser Stubnmusi – auch dazwischen liegt mit gutem Grund ebengenannte Grenze.
Der sich später als Rechtschreib„reformer“ wichtigmachende Prof. Dr. Christian Stetter griff die -er-Frage in seinem Vor-„Reform“-Büchlein Richtige Groß- und Kleinschreibung, Niedernhausen 1971 und 1991, auf und wollte unbedingt die Schreibung aus *schweizer Sicht einführen; wegen der obig hergeleiteten Gründe war das für mich nicht überzeugend.
eingetragen von guest am 09.10.2003 um 21.25
Gibt es dafür überhaupt irgendeinen logischen und überzeugenden Grund? Oder sind das immer automatisch Namen? Das interessiert mich schon lange! (Weil ich mich immer ausdrücklich dazu zwingen muß, dann großzuschreiben, manchmal vergesse ich es.) Auch die bisherige Rechtschreibung muß sich auf den Prüfstand stellen lassen dürfen. (Ich liebe drei Infinitive hintereinander. Gibt es eigentlich auch vier oder mehr oder warum höchstens drei? Man wird doch wohl alles hinterfragen dürfen.)
eingetragen von Walter Wittkopp am 09.10.2003 um 20.16
>>Sind wir ... ungerecht??
> Ja.
Lieber Herr Wagner,
mangels Begründung und Tiefgang vermag Ihre Antwort mich nicht zu überzeugen; ist mir zu poppisch.
Vor ein paar Monaten hat eine Ärztin, das dumme Huhn, meinem Vater falsche Tabletten verschrieben ... zum Glück habe ich irgendwann angefangen, den Beipackzettel gründlich zu lesen. Jetzt ist mein Vater wieder gesund, ohne Tabletten. Wenn Doctorae meiner Familie, Sprache oder Arbeitsehre ans Leder gehen, bringe ich es durchaus fertig, nachhaltig auf Verteidigung zu sinnen.
Wenn wir wirklich ungerecht wären, müßten wir zurücktreten, und Mutter Popp hätte ihr Ziel erreicht: Der Rechtschreibknoten wäre bezwungen.
Nö nö, da zeige ich lieber Standhaftigkeit und Edelmut, bessere großmütig Fehler aus, wo es leicht geht, und sehe mir und meinen Mitmenschen die kleineren(!) Unverbesserlichkeiten nach.
Bedeutet s.d.g. etwas Beunruhigendes?
Lieber Herr Lachenmann,
da kann ich Ihnen doch nur empfehlen, zwecks Frohsinn mit K. Eichholz die Verbindung zu halten.
Ich selbst muß pflichtgemäß erst noch mich mit den gerechtigkeitsbezogenen Selbstzweifeln herumschlagen und über Poppkultur nachdenken, bevor ich wieder der Heiterkeit zusprechen kann. :-(
> Auch beim Internet-Explorer wechselt immer wieder das Erscheinungsbild der Startseite. <
Ist das gut oder schlecht?
Sodenni bis später,
Ihr W. W.
– geändert durch Walter Wittkopp am 10.10.2003, 08.34 –
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.10.2003 um 18.44
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Wittkopp
Vonwg. Forum und Technik:
Ich habe mich erbarmt und den css-Datei-Fehler gesucht und gefunden und behoben. Er trat, soweit ich sehen konnte, nur auf älteren Netscape-Stöberern auf.
Gott grüß die Kunst!
Walter Wittkopp
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.10.2003 um 18.23
Vielleicht ist es so, daß an der Art und Weise, wie einer die Regeln anwendet bzw. eben bewußt oder unbewußt ignoriert, eine Art persönliche Handschrift sichtbar wird. Hinzu kommt natürlich der persönliche Sprach- bzw. Schreibstil. Nachweisen kann man so etwas zwar kaum. Für eine wissenschaftliche Erhebung in phänomenologisch-strukturalister Sicht unter Berücksichtigung der Philosophie Husserls, de Saussures, Wittgensteins, Mayer-Vorfelders, Bruno Bettelheims und Walter Benjamins (für die Frau Popp vermutlich die richtige Adresse wäre) ist der Gegenstand wohl zu belanglos. So genau muß und will man es ja auch gar nicht wissen. Persönlich stelle ich jedoch immer wieder fest, daß dieselben Leute immer dieselben orthographischen Angewohnheiten haben und die zu ihrem persönlichen Bild passen: An ihren Rechtschreibfehlern sollt ihr sie erkennen!
Auch an sich selbst kann man beobachten, daß man im Leben nicht nur immer dieselben Fehler, sondern auch immer dieselben Rechtschreibfehler macht. Unsere Fehler gehören nun mal zu uns.
Deswegen, liebe Kollegen Schwarzkünstler, laßt Euch nicht von orthographischen Eiertänzerinnen - wir haben davon ja nicht nur eine in unserem lieben Kreise - nicht betrüben oder gar kränken, sondern erheitern! Ein echter, gegautschter, also nicht mit allen Wassern, aber mit allen Druckfarben gewaschener Gutenbergjünger kann es doch nur mit stillvergnügtem Lächeln zur Kenntnis nehmen, wenn sich jemand in wissenschaftliche Eiseshöhen versteigt und ihm dort nicht nur die Fragestellungen sondern auch die Grundschulkenntnisse in Rechtschreibung abhanden kommen.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.10.2003 um 17.56
Zitat:Wenn Sie der Meinung sind, daß das eine beleidigende Äußerung ist, dann sagen Sie Frau Popp das doch einfach und bitten Sie sie, sich es vielleicht noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen bzw. es weniger beleidigend zu formulieren.
Ursprünglich eingetragen von Walter Wittkopp
Frau Dr. Popp hat das Schriftsetzer-Handwerk beleidigt: die Rechtschreibung wäre bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt worden.
Ohne das Handwerk hätte Frau Doktor kein einziges gedrucktes Buch und auch keine Rechtschreibung.
Zitat:Das muß sich erst noch zeigen, ob wirklich keiner gegen Frau Popp ankommt, und ob sie wirklich nichts zugibt, ist in meinen Augen auch noch nicht raus. Daß sie beeindruckend viel Zeit zum Schreiben hat, stimmt zwar, aber warum sollte das jemanden stören? Hauptsache, man kommt immer wieder auf die Punkte, auf die es wirklich ankommt.
In unserer Redakteure-Besprechung wurde mir bedeutet: Gegen Frau Doktor kommt doch keiner gegenan, denn sie hat mehr Zeit zum Schreiben als wir alle zusammen und gibt doch nichts zu.
Zitat:Das ist doch hier kein Stammtisch, dessen Lufthoheit es zu verteidigen gilt, oder? Frau Popp hat viel Interessantes geschrieben, da kann man an manchen Stellen einhaken ohne befürchten zu müssen, daß sie immer nur ausweicht.
Hmm. – Tja. – Bevor ich dann aber auf eine weitere Beteiligung als Techniker verzichte oder mich auf eine Debatte mit Frau Doktor einlasse, bei der sie erfahrungsgemäß doch nicht antwortet, sondern ablenkt, zeige ich ihr, daß Sie ohne Technik und Handwerk weder Buch noch Rechtschreibung noch Forum hat.
Die Redaktion gab mir für diesen Pädagogikversuch grünes Licht.
Zitat:Ja.
Sie selbst dürfte normalerweise gegen die Berichtigungen nur dann etwas haben, wenn sie letztlich gegen handwerklich richtige Rechtschreibung ist. Und das mit dem daß ist doch wirklich nur ein Marginalminorismus?!?
Sind wir mit solcher Art der Beweisführung ungerecht??
Zitat:Vielen Dank! Da ich gerade Probleme mit meinem Linux-Rechner habe, muß ich auf eine alte Behelfsdose ausweichen, und um die nicht zu überfordern (24 MB Speicher, keine 100 MHz Prozessortakt), bleibe ich derzeit bei Netscape 4.75.
Vonwg. Forum und Technik:
Ich habe mich erbarmt und den css-Datei-Fehler gesucht und gefunden und behoben. Er trat, soweit ich sehen konnte, nur auf älteren Netscape-Stöberern auf.
Zitat:s.d.g.
Gott grüß die Kunst!
Walter Wittkopp
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.10.2003 um 17.21
... ist es etwas seltsam, von einer individuellen Rechtschreibung oder einer persönlichen Orthographie zu sprechen; nicht, daß es für systematische individuelle Schreibgewohnheiten keine literarischen Beispiele gäbe (auf Anhieb fällt mir Tucholski mit seiner konsequenten Adjektivkleinschreibung auch bei Ortsbezügen ein: berliner + Substantiv), aber soll nicht der Begriff Rechtschreibung (bzw. Orthographie) ausdrücken, daß es sich um Schreibweisen handelt, die eben nicht individuell ausgeprägt sind, sondern um solche, deren Richtigkeit allgemein anerkannt ist?
(Über letzteres kann man nun natürlich streiten, aber das gehört hier nicht her, weil es hier nur um den prinzipiellen Unterschied zwischen individuellem und allgemeinem Schreibbrauch geht und dabei ist es irrelevant, was man für letzteres noch einsetzen könnte.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Wittkopp am 09.10.2003 um 16.58
Lieber Herr Wagner,
lieber Herr Lachenmann,
Frau Dr. Popp hat das Schriftsetzer-Handwerk beleidigt: die Rechtschreibung wäre „bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt“ worden.
Ohne das Handwerk hätte Frau Doktor kein einziges gedrucktes Buch und auch keine Rechtschreibung.
In unserer Redakteure-Besprechung wurde mir bedeutet: Gegen Frau Doktor kommt doch keiner gegenan, denn sie hat mehr Zeit zum Schreiben als wir alle zusammen und gibt doch nichts zu.
Hmm. – Tja. – Bevor ich dann aber auf eine weitere Beteiligung als Techniker verzichte oder mich auf eine Debatte mit Frau Doktor einlasse, bei der sie erfahrungsgemäß doch nicht antwortet, sondern ablenkt, zeige ich ihr, daß Sie ohne Technik und Handwerk weder Buch noch Rechtschreibung noch Forum hat.
Die Redaktion gab mir für diesen Pädagogikversuch grünes Licht.
Sie selbst dürfte normalerweise gegen die Berichtigungen nur dann etwas haben, wenn sie letztlich gegen handwerklich richtige Rechtschreibung ist. – Und das mit dem „daß“ ist doch wirklich nur ein Marginalminorismus?!?
Sind wir mit solcher Art der Beweisführung ungerecht??
Vonwg. Forum und Technik:
Ich habe mich erbarmt und den css-Datei-Fehler gesucht und gefunden und behoben. Er trat, soweit ich sehen konnte, nur auf älteren Netscape-Stöberern auf.
Gott grüß die Kunst!
Walter Wittkopp
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.10.2003 um 14.38
Wenn wir uns darüber beschweren, daß Redaktionen ohne Einverständnis der Autoren in die Schreibweise ihrer Texte eingreifen, sollte man dies natürlich selbst auch unterlassen. Vielleicht mal als Gefälligkeit, wenn man klare Tippfehler erkennt, aber auch das ist unnötig, denn jeder ist hier so vernünftig, daß er niemanden aufs Korn nimmt, wenn er sich vertippt oder sonstwie vertut.
Im übrigen ist die Orthographie eines Menschen schon auch so etwas wie seine Handschrift, etwas durchaus Persönliches. Deshalb ist es ja auch so empörend, wenn Redaktionen und Verleger sich anmaßen, ihre Autoren in diesem Punkt zu bevormunden. Also bitte Frau Popp so schreiben lassen, wie es ihr aus der Tastatur kommt, es ist dann schon richtig.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.10.2003 um 13.35
Zitat:Was, bitte, soll es damit zu tun haben, jemanden zu überzeugen, wenn man Brachialgewalt anwendet? Rechtschreibung ist individuell, und dazu gehört auch das, was manche als Fehler ansehen. Ich habe nichts gegen typographische Verbesserungen, vernünftige Gedankenstriche (margel! Bitte als HTML-Zeichen Nr. 150 eingeben: – so sieht das dann aus) und Anführungszeichen (in betriebssytemunabhängiger Form als HTML-Zeichen Nr. 132 und 147 eingebbar) verbessern die Lesbarkeit sehr. Alles andere, außer eventuell Korrekturen von offensichtlichen Tippfehlern in Texten, die man zitiert, geht zu weit.
Ursprünglich eingetragen von Walter Wittkopp
Um Sie, Frau Dr. Popp, davon zu überzeugen, daß Rechtschreibung wirklich nicht von Sesselsitzern gemacht wird, habe ich
a.) Ihren Beitrag handwerklich-rechtschreiblich verbessert (hoffentlich habe ich alle Kommafehler gefunden),
b.) diesen Forumsfaden bei „neueste_Eintraege.php“ herausgenommen; und
c.) behalte ich mir weiterhin vor, Ihre Rechtschreibung auszubessern.
eingetragen von Walter Wittkopp am 09.10.2003 um 08.09
Geehrte Frau Dr. Popp,
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp:Wozu diese positiv besetzte Metapher? Wieso soll es unbedingt gut sein, wenn eine Gesellschaft die Entwicklung ihrer Rechtschreibung dem Zufall überläßt? Das ist auf englischer Seite passiert und hat hier zu wahren Verheerungen geführt.
Ursprünglich eingetragen von margel: Die herkömmliche, gewachsene Rechtschreibung
Ganz abgesehen davon, daß das mit dem „gewachsen“ für die deutsche Rechtschreibung nicht stimmt. Sie wurde bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt, davor waren es wenige Individuen in den Schreiberschulen.
„>>Die herkömmliche, gewachsene Rechtschreibung << – Wozu diese positiv besetzte Metapher? Wieso soll es unbedingt gut sein, wenn eine Gesellschaft die Entwicklung ihrer Rechtschreibung dem Zufall überläßt? ... Sie wurde bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt“.Ich selbst bin Schriftsetzer und Lektor, und ich weiß, daß die gewachsene, durch Jahrhunderte optimierte Rechtschreibung weder „dem Zufall überlassen“ noch „schlecht und recht geregelt“ war, sondern mit viel Arbeitsernst durch die Handwerkerschaft besorgt wurde.
eingetragen von Monika Grunert am 08.10.2003 um 23.28
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp
..., und den hilfesuchenden Schreiber ohne Anhaltspunkt zu lassen ...
eingetragen von margel am 08.10.2003 um 18.43
Der Sprachwissenschaftler in diesem Kreis meldet sich kaum noch zu Wort - aus guten Gründen, wie ich annehme. Sicher könnte er manches richtigstellen. - Fau Popp benutzt ihr Arsenal von Versatzstücken und weicht immer dann, wenn es konkret wird, in lockere Sprüche aus. Ihre Einlassung zur Intonation als Interpretationshilfsmittel ist nur ein Beispiel. Very poor! - Das ist mir nun zu langweilig, und so will ich bis auf weiteres mal sehen, wohin die illustre Seilschaft sich noch versteigen wird.
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.10.2003 um 18.09
m.: Ist nicht vielleicht jeder Versuch einer bewußten Einflußnahme auf die Rechtschreibung schon im Ansatz verfehlt?
Nein, jeden Versuch einer bewußten Einflußnahme auf die Rechtschreibung als im Ansatz verfehlt zu bezeichnen, geht viel zu weit. Man muß, bitteschön, berücksichtigen, von wem und in welchem Umfang bewußt Einfluß genommen wurde. Ich habe den Eindruck, daß der Aspekt der Geschichte der Orthographie, welche Entwicklungsschritte auf ganz kleinteilige, aber bewußte und gezielte Einflußnahmen zurückgehen, hier noch nicht genug beleuchtet wurde.
Es geht nicht um ein vollständiges Nachzeichnen der gesamten Entwicklung, sondern um einzelne Beispiele, die einen davon abhalten, zu weitgehende Behauptungen aufzustellen, solche, die also nur deshalb unzutreffend sind, weil sie unberechtigterweise Allgemeingültigkeit beanspruchen.
m.: Herr W. gibt einen Abriß der Aussagen- und formalen Logik, wobei diese Perlen vermutlich verschwendet wurden.
Mag sein, daß das, was ich geschrieben habe, nicht von allen in voller Tiefe und Breite aufgenommen werden wird. Aber erst beim Schreiben ist mir der Unfug aufgefallen, den ich zuvor verzapft hatte. So sind diese Perlen an mir selber nicht verschwendet; und wer weiß, wie oft sich noch auf diese formalen Dinge wird hinweisen lassen.
m.: Frau P. hält sich am Strukturalismus fest, der ja nun auch nicht mehr so taufrisch ist. [...] Vielleicht sollten wir doch zum Thema zurückfinden, das da lautet; Was ist an der reformierten Rechtschreibung schlechter als an der herkömmlichen? Dies läßt sich zeigen (Evidenz heißt das, glaube ich) ganz konkret, an Beispielen aus der Schreibwirklichkeit. Am fruchtbarsten scheint mir dabei weiterhin, auf den Werkzeugcharakter der Sprache, speziell der geschriebenen, abzuheben.
Ganz egal, ob Frau P.s Argumentation taufrisch ist oder nicht wenn da etwas Wahres dran ist, muß es berücksichtigt werden. Konkrete Beispiele, die die Kommunikationsfunktion der Schriftsprache hervorheben, sind gewiß sehr gute Kandidaten, um daran die Defizite der Reformschreibung aufzuzeigen. Das heißt aber, daß man sagen muß, was an den Beispielen nun genau schlecht ist.
Damit diese Kritik etwas taugt, müssen die dabei verwendeten Begriffe und Aussagen klar, unmißverständlich, sachbezogen und also wasserdicht sein. Genau um diese Randbedingung geht es ja in den Beiträgen von Frau Popp und mir: Klarheit in Begriffen und Aussagen. Dann wird sich zeigen, was genau »an der reformierten Rechtschreibung schlechter [ist] als an der herkömmlichen«. Sind wir damit nicht doch auch bei dem Thema, um das es gehen soll?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 18.02
(Zitiertes wurde ursprünglich eingetragen von margel: )
>>„Im Wesentlichen herumstochern“ und „Im wesentlichen herumstochern“ sind in der bewährten Rechtschreibung so eindeutig unterschieden, wie man es sich nur wünschen kann. <<
Das ändert nichts daran, daß auch die herkömmliche Schreibung Homographien enthielt. Ich protestiere gegen die Katastrophenstimmung, die angesichts einer jeden neuen Homographie heraufbeschworen wird, und gebrauche dann in diesen Fällen Ausdrücke wie „Unsinn“, weil das unter dem Niveau einer einläßlichen Diskussion ist.
>>Die herkömmliche, gewachsene Rechtschreibung <<
Wozu diese positiv besetzte Metapher? Wieso soll es unbedingt gut sein, wenn eine Gesellschaft die Entwicklung ihrer Rechtschreibung dem Zufall überläßt? Das ist auf englischer Seite passiert und hat hier zu wahren Verheerungen geführt.
Ganz abgesehen davon, daß das mit dem „gewachsen“ für die deutsche Rechtschreibung nicht stimmt. Sie wurde bis ins 19. Jh von wenigen Individuen in den Verlagshäusern schlecht und recht geregelt, davor waren es wenige Individuen in den Schreiberschulen.
>>funktioniert eben wirklich, <<
Gott erhalte Ihnen Ihren Optimismus.
>>Verraten Sie mir bitte, wie die Intonation bei gleicher Schreibung weiterhelfen könnte. <<
Indem man sich die Stelle im Kontext vorspricht. Irgendeine Intonation wird dem Schreiber ja vorgeschwebt haben. Entweder wird der Satz dann durch den Kontext disambiguiert oder nicht. Wo nicht, ist die Ambiguität entweder gewollt (was ja z.T. witzig sein kann) oder ein Zeichen von Ausdrucksschwäche des Schreibers. Der möchte hier heute eine kleine Schwierigkeit haben, die er früher nicht hatte; dafür hat er’s dann wieder an andern Stellen leichter als früher.
>>Außerdem vermisse ich noch immer Ihre Antwort auf „Leid“ vs. „weh“. <<
Ich folge dem Wörterverzeichnis der Richtlinie. Daß da dieselbe Wort-Kategorie mal groß und mal klein geschrieben wird, regt mich nicht auf, da die deutsche Großschreibung der Substantive noch ganz andere Probleme mit sich bringt (und schon immer mit sich brachte: denn es gibt viele Formen, über deren Zugehörigkeit zur Klasse der Substantive man streiten kann). Die Reformer haben nicht auf die Großschreibung überhaupt verzichten wollen; na gut. Ich hab aus den angegebenen Gründen nur keine Lust, eine von der Norm abweichende Schreibweise zur Schau zu stellen.
>>Die Schreibexperten früherer Zeiten haben kein System der Orthographie konstruiert, sondern alles war sich entwickelnde Praxis mit fortschreitender Verbesserung und Differenzierung. <<
Die Lektoren in den Verlagen haben bestimmte Schreibweisen einfach verhängt, sogar dann, wenn sie damit von ihren Autoren abwichen; und wenn die Autoren auch Goethe oder Schiller hießen. Dazu hatten sie eigene Hausregeln, und Goethe und Schiller waren’s zufrieden. (Gut, Luther wollte, daß „statt“ und „stad“ unterschieden würden und noch so ein paar Fälle, wo er auf eine bestimmte Rechtschreibung Wert legte, aber im großen und ganzen ist auch die Bibel-Schreibung 1545 noch sehr schwankend, und wie weit das Luthers Schreibungen sind oder vielmehr da auch nur die Hausregeln seiner Drucker durchschlagen, das erscheint fraglich.) Auch diese Hausregeln bildeten rudimentäre Systeme. Das sollte die Germanisten heute, nach so viel historischer und systematischer Sprachbetrachtung, die sie mittlerweile betrieben haben, ja VIELLEICHT etwas besser hinkriegen.
>>Die Parallelität zur Herausbildung der abendländischen Musik ist vielleicht doch nicht ganz von der Hand zu weisen.<<
Keine Ahnung, worin die Analogie ggf. bestünde. Daß aber all das mit der freien, von der Gesamtheit der Sprachverkehrsgemeinschaft kollektiv und unbewußt vorangetriebenen Entwicklung der natürlichen deutschen Sprache keine Ähnlichkeit hat, das sollte auf der Hand liegen.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 17.19
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Eine Schreibung der Wortbetonung und der Satzbetonung wäre wirklich hilfreich. Aber sie könnten miteinander kollidieren.
eingetragen von margel am 08.10.2003 um 17.17
Es ist kein Pfäfflein so klein,
es steckt ein Päpstlein drein.
(Luther)
eingetragen von margel am 08.10.2003 um 17.05
Verehrte Frau Dr. Popp, mir fällt auf , wie schnell Sie mit abwertenden Urteilen über andere Meinungen und deren Vertreter bei der Hand sind. "Unsinn", "dummes Zeug" usw. - das geben Sie recht gern und reichlich von sich. Sollte es Ihnen an Argumenten gebrechen? - Zur Sache: "Im Wesentlichen herumstochern" und "Im wesentlichen herumstochern" sind in der bewährten Rechtschreibung so eindeutig unterschieden, wie man es sich nur wünschen kann. Da braucht es keinen Akzent und keine Kursivschrift. Die herkömmliche, gewachsene Rechtschreibung funktioniert eben wirklich, im Gegensatz zu der erfundenen der Reformer. Verraten Sie mir bitte, wie die Intonation bei gleicher Schreibung weiterhelfen könnte. Außerdem vermisse ich noch immer Ihre Antwort auf "Leid" vs. "weh". Hic Rhodus... Die Schreibexperten früherer Zeiten haben kein System der Orthographie konstruiert, sondern alles war sich entwickelnde Praxis mit fotschreitender Verbesserung und Differenzierung. Die Parallelität zur Herausbildung der abendländischen Musik ist vielleicht doch nicht ganz von der Hand zu weisen.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 17.00
Zitat:
Leider sind generalisierende Vorschläge dieser Art stets an der auf die Schreibung der Mehrheit ausgerichteten Betrachtungsweise... gescheitert. Aber diskussionswert ist das Thema. Es wäre schön, wenn die bisherige Rechtschreibung nicht nur als die Schreibweise der Mehrheit wiederhergestellt, sondern auch in Richtung auf größere linguistische und semantische Logik und dadurch leichtere Erlernbarkeit verbessert werden könnte. Es scheint aber in diesem Kreis dafür keine Mitstreiter zu geben. Schade.
eingetragen von guest am 08.10.2003 um 16.53
Eine Schreibung der Wortbetonung und der Satzbetonung wäre wirklich hilfreich. Aber sie könnten miteinander kollidieren.
Gibt es in anderen Sprachen Beispiele für die schriftliche Markierung der Satzintonation (Betonung innerhalb des Satzes, nicht innerhalb des Wortes)?
Kursivschrift hilft z.B. beim handschriftlichen Schreiben nicht weiter.
Ich vermute, daß im Deutschen eine Schreibung der Wortbetonung und der Satzbetonung an den Umlauten scheitert und in Sprachen mit Wortbetonungsschreibung eine Schreibung der Satzbetonung an den Wortbetonungszeichen.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 16.30
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Seit der R.R. ist nur noch "im Wesentlichen" zugelassen, und der Leser muß raten, welche Form und Bedeutung der Schreiber wohl meint. Ein weiteres Beispiel für die staatlich verordnete Ausdrucksverarmung der deutschen Sprache.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 16.09
Zitat:
Ich will gegen diesen Ihren Satz keinen Einwand erheben, möchte aber darauf hinweisen, dass die Sprache nicht so säuberlich gebaut ist, wie Sie möglicherweise annehmen.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 15.49
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Die deutsche Orthographie hat einen ans Wunderbare grenzenden Verlauf genommen, ohne daß die Menschen, die sie entwickelten, sich eine klare Vorstellung von dem Ergebnis als Ganzes gemacht hätten.
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 15.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Frau Popp begeht den Irrtum, zu glauben,
Im Gegenteil, ich glaube, wenn überhaupt, dann nur in der Religion. Ansonsten will ich Beweise sehen.
weil die schriftlich niedergelegte Sprache immer auf die gesprochene verweist,
Diese Aussage ist entweder dumm oder falsch. Entweder möchten Sie bestreiten, dass die eigentliche Sprache aus Inhaltsseite und Ausdrucksseite (Aussprache) besteht, was dumm wäre, oder Sie wollen behaupten, ich nähme an, jegliche Verschriftung eines Texts sei ausschließlich auf die Ausdrucksseite der Sprache bezogen, wovon keine Rede sein kann.
Wie gesagt gibt es ganz unterschiedliche Verschriftungstechniken für die menschliche Rede, entweder durch Morphographie, wie im Chinesischen (hat prinzipiell mit der Aussprache nichts zu tun) oder durch mehr oder weniger aussprachebezogene Alphabetschreibungen, oder auch durch haargenaue elektronische Abbildung der akustischen Seite der menschlichen Rede.
sei die Schreibung ganz untergeordnet
Das stimmt. Die Prinzipien der Verschriftung sind grundsätzlich nicht "sprachlicher" als die der Tonbandtechnik.
und allenfalls eine Wiedergabe der Lautung.
Das hab ich nie gesagt und es wäre auch Unsinn.
Darum kann sie auch mit bedeutungsunterscheidenden Schreibweisen begrifflich nichts anfangen.
Wie kommen Sie auf diesen seltsamen Einfall? Sogar auch die Alphabetschreibungen, die immer PRINZIPIELL auf Aussprachliches bezogen sind, geben ab und an Bedeutungsunterschiede wieder, die in der Aussprache nicht zum Ausdruck kommen. (Viel in den Sprachen mit viel Homophonie wie im Französischen; vgl si/scie 'ob, Säge'.)
Das ist aber nur ein schwacher bzw überhaupt kein Ausgleich für die beim Schreiben fehlende Intonation und nichts, was der Schreibung die Ausdruckskraft, den Status oder das geschichtliche Eigenleben der natürlichen Aussprache verleihen könnte.
Die Leute könnten zumindest prinzipiell auch ohne Schreibung sprachlich kommunizieren. Wir könnten unsere Diskussion, wenn wir wollten, auch in Ton-Dateien miteinander führen. Die Aussprache ist eben ein autonomes sprachliches Ausdruckssystem. In der Alphabet-Schreibung könnte man nicht mal die einzelnen Buchstaben definieren, ohne sich auf Einheiten der Lautung (Phoneme) zu beziehen. Die Schreibung kann die Intentionen des Schreibers gelegentlich unterstützen, sie ist schärfer umrissen als die Aussprache; aber das ändert an ihrem künstlichen, sekundären Status im Prinzip nichts.
Daß bereits die Orthographie den Leser zum richtigen Verständnis (im Sinne des Schreibers) führen kann und soll - vor jeder Umsetzung in gesprochene Sprache - will ihr nicht einleuchten.
Mir leuchtet stattdessen ein, dass Sie den mickrigen Status der Schreibung als eines bloßen Zusatzcodes nicht raffen.
In Wirklichkeit liest natürlich auch Frau Popp genau so wie wir alle und nicht wie ein Erstkläßler, der sich den Sinn des Geschriebenen noch über das laute Lesen erschließen muß.
Und woraus schließen Sie, dass ich DIES irgendwo gemeint hätte?
Übrigens bestätigen Sie mit Ihrem Hinweis auf den Sieg des stillen Lesens (eine kulturgeschichtlich späte Errungenschaft) die Notwendigkeit einer einheitlichen Rechtschreibung, denn das stille Lesen ist anscheinend parallel mit dem Buchdruck und der damit einhergehenden Vereinheitlichung der Orthografie
aufgekommen. (Zuvor riefen sich die Leser durch lautes Lesen die ihnen lautlich bekannten Wortkörper ins Gedächtnis, die sich durch die bloßen Schriftbilder oft nicht einstellten. Vgl die frühneuenglische Schreibung coquadrille 'crocodile', Frau Rat Goethes Manusprickte.)
Geschriebene Sprache ist Sprache "eigenen Rechts" und unterliegt eigenen Gesetzen.
Unprofessioneller Gebrauch des Ausdrucks Sprache und Schwellstil, da die großartigen "eigenen Gesetze" bei näherem Hinsehen nur ein paar Einzelheiten des grafischen Code betreffen und allenfalls ein paar Einzelheiten des geschriebenen Stils.
Die Orthographie als ein Hilfsmittel (Werkzeug) zum richtigen Verständnis des Gelesenen,
Das SOLLTE sie sein; das WAR sie in der Geschichte der deutschen Rechtschreibung im vollen Umfang noch nie; und bei den tatsächlichen Grauzonen in der natürlichen Sprache würde man sie auch überfordern, wenn man das von ihr in jedem Punkt verlangte.
Ergebnis eines langen, immer fortschreitenden Optimierungsprozesses, kann nicht beliebig manipuliert werden, ohne Schaden zu nehmen.
Kappes. Die Geschichte der Rechtschreibungen der europäischen Länder sind voll von historischen Zufällen und Wildwuchs. Die Geschichte der englischen Rechtschreibung ist eine Geschichte der fortschreitenden Pessimierung; und da hat nie einer regulierend eingegriffen. Wir hatten in Deutschland bloß insoweit Glück, als die deutsche Rechtschreibung erst relativ spät kodifiziert worden ist, wodurch sie einen besseren Passungsgrad zur Aussprache behalten hat als das Französische oder das Englische. Deswegen hat sie trotzdem (und hatte sie vor der 1996er Reform) genug Elemente der Unzweckmäßigkeit.
Sie IST die meiste Zeit beliebig geordnet worden; die Schreibregeln waren eigentlich immer in der Hand einiger weniger Experten (im Mittelalter zB in der Hand der Leiter der Schreiberschulen); ihre Entwicklung zeigt eine Willkürlichkeit, die sich bei der Entwicklung der natürlichen Sprache nirgends findet; und es ist nicht einzusehen, warum die moderne Gesellschaft den Regelungs- und Vereinheitlichungsbedarf nicht in die Hand einiger Experten hätte legen sollen, die immerhin besser ausgewiesen sind als die mittelalterlichen Leiter von Schreibschulen oder die Verlagslektoren des 18. Jh.
eingetragen von guest am 08.10.2003 um 14.30
Natürlich werden geniale Feinmechaniker und ähnliche Könner für die präzise Ausführung von Konstruktionen unbedingt gebraucht. Deswegen kann ja auch nicht alles in Billiglohnländer verlagert werden. Aber ich behaupte: Nur durch genaue Ausdrucksmöglichkeiten sind genaue Gedanken möglich, die den Entwurf einer genauen Konstruktion ermöglichen, welche besser ist als schon vorhandene.
Man kann das schon an kleinen Kindern beobachten, wenn sie anfangen, aus ihrem Wörtervorrat eigene Gedanken zu entwickeln und Sätze zu konstruieren: Sie sprechen zunächst besseres Deutsch als wir Erwachsene mit unserer schlampigen Alltagssprache. Später muß man ihnen helfen, ihre mündliche Sprache auch so genau aufschreiben zu können, wie sie es meinen. Dann sind sie zufrieden. Und sie sind enntäuscht, wenn die schriftlichen Wörter das nicht zulassen.
eingetragen von margel am 08.10.2003 um 13.58
Ja, werter guest, Sie und ich können uns um eine immer präzisere Ausdrucksweise bemühen. Aber für "die Sprache", die aus millionenfachen Sprech - und Schreibakten besteht - und aus nichts anderem (Frau Popp!) - ist das wohl eine illusionäre Wunschvorstellung. Man kann hoffen, durch das gute Beispiel zu wirken. Sprechen und Schreiben vollziehen sich eben auf sehr unterschiedlichen Niveaus, wie andere menschliche Tätigkeiten auch. Genau darum ist es auch verfehlt, wenn die Reformer fordern, daß alle Schulabgänger grundsätzlich die Orthographie beherrschen müßten. Alles ist eine Frage des richtigen Maßstabs. Über den Wert eines Menschen ist damit gar nichts gesagt. Wer sich nur unvollkommen ausdrücken kann, ist vielleicht auf einem ganz anderen Gebiet dem Spachgewandten überlegen.
eingetragen von guest am 08.10.2003 um 13.39
Die deutsche Sprache hat nicht wie die englische zwei verschiedene Wortschatz-Ebenen. Wenn man sich im Englischen ganz genau ausdrücken will, benutzt man die sehr zahlreichen Hard Words mit ihren sehr feinen Bedeutungsunterschieden. Für die Alltagssprache benutzt man die viel weniger zahlreichen Universalwörter, von denen fast jedes viele verschiedene Bedeutungen hat, sodaß es fast unmöglich ist, sich mit ihnen ganz genau auszudrücken. Deshalb ist englische Lyrik voll von Hard Words. Das ist der große Unterschied zum Deutschen. Das Deutsche hat entsprechende Wörter nur in den wissenschaftlichen Fachsprachen. Außerhalb der Fachsprachen muß man sich mit den normalen deutschen Wörtern möglichst genau ausdrücken können. Die deutsche Lyrik ist das beste Beispiel dafür. Es muß möglich sein, sich auch im Telegrammstil präzise ausdrücken zu können, das heißt, die Wörter selbst müssen die Bedeutung ausdrücken und nicht erst ihr Kontext im Satzgebilde. Zwischen Ausdrücken, die das Ziel oder Ergebnis einer Tätigkeit und Ausdrücken, die die Art und Weise einer Tätigkeit beschreiben, muß schon durch ihre Schreibweise unterschieden werden können, zum Beispiel im Telegrammstil. Deshalb müssen alle Wörter, die zwei derartig verschiedene Tätigkeiten ausdrücken, verschiedene Schreibweisen haben, auch wenn das nicht in allen grammatischen Formen durchgehalten werden kann. (Dabei ist nicht an die Unterscheidung von direkter und übertragener Bedeutung gedacht, denn diese beiden Bedeutungen können auch einfache Wörter haben.) Eines der häufigsten Wörter ist das Wort "machen" mit allen seinen Zusätzen. Hier sollte diese Unterscheidung konsequent durchgeführt werden, auch wenn das noch nicht von der Mehrheit der Schreiber erfüllt wird. In den Wörterbüchern müssen beide Schreibweisen zugelassen werden, und in "Anleitungen zum genauen Schreiben" muß das erkärt werden. Es ist ganz einfach, die deutsche Sprache genauer zu machen. Ohne genaue Ausdrucksmöglichkeiten ist keine Spitzenstellung in Wirtschaft und Kultur erreichbar, das war schon im Altertum so.
eingetragen von margel am 08.10.2003 um 13.39
Zwei Fragen an Frau Popp: 1. Wo ist die Sprache als System, also neben/über den konkreten Sprachäußerungen "aufbewahrt"? 2. Warum schreibt man in neuer Rechtschreibung "Du tust mir Leid", aber "Du tust mir weh" ?
eingetragen von Margret Popp am 08.10.2003 um 12.00
Fortsetzung
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Ist das, was Sie hier jetzt gerade lesen, etwa keine Sprache? Sprache bleibt auch dann noch Sprache, wenn sie aufgezeichnet ist.
Nein, das was wir hier vor uns sehen ist nicht SPRACHE (als System), sondern bestenfalls aufgezeichnete REDE (ein spezielles und noch dazu sehr vergängliches Beispiel für Sprachverwendung).
Dass die Schreibung die Sprache als System (als den essenziellen Code, mit deren Hilfe sich Menschen überhaupt verständigen können, dasjenige, das jede Sprachverkehrsgemeinschaft zu diesem Zweck eingespeichert hat) zu beeinträchtigen vermöchte, dafür fehlt (abgesehen von ein paar spelling pronunciations) jeglicher Beleg.
Das ist die bisher nicht überwundene strukturalistische Sehweise, korrekt. Sie ist nicht neu, aber selbst diese Binsenwahrheiten werden von den Opponenten der RR vergessen.
Wir haben also:
(a) Die Sprache als System.
(b) Die Rede (die Anwendung der Sprache in einem bestimmten Text).
(c) Kulturtechniken zur permanenten Fixierung der Rede, wobei es eine Skala von Möglichkeiten gibt von einer Morphographie chinesischen Typs, die je nach Region grundverschieden lautiert wird, an dem einen Ende, über eine Alphabetschrift, die zumindest prinzipiell an die Aussprache der betreffenden Rede gebunden ist, eine phonetische Wiedergabe, in der ein Eins-zu-eins-Verhältnis zwischen Schreibung und Aussprache angestrebt wird und die völlig lautgetreue elektronische Aufzeichnung der akustischen Seite der Aussprache am andern Ende.
Die Kulturtechniken unter (c) sind nicht Teil der Sprache. Sie sind nicht einmal Teil der jeweils festgehaltenen Rede, sondern sie sind wie gesagt nur Methoden, um die ansonsten flüchtige Rede permanent festzuhalten.
Wir erörtern hier echte oder vermeintliche Schwächen der heutigen deutschen Rechtschreibung, als da wären die Groß- oder Kleinschreibung, Getrenntschreibung, Zeichensetzung. Auch all das gehört nur zu den heutigen Tricks, wie man deutsche Rede permanent schwarz auf weiß festhält.
WANN wäre einmal ein Einfluss der heutigen Schreibung auf die Sprache im Sinne von (a) festzustellen? Das einzige, was mir einfällt, wäre die Schriftaussprache; also, wenn zB die neue Schreibung "selbstständig" zu einer Aussprache mit zwei "st" in der Mitte (etwa /stscht/) führen würde.
Sogar, wenn nicht nur ein sondern eine ganze Reihe von pedantischen Sprachbrauchern plötzlich diese Schriftaussprache gebrauchen würden, wäre das System der Sprache an und für sich noch nicht tangiert, sondern das wären bloß stark idiosynkratische Aussprachen ephemeren Charakters (bzw knapper gesagt, Aussprachefehler). Eine Veränderung der Sprache als System wäre erst dann festzustellen, wenn ein erheblicher Teil der Sprachverkehrgemeinschaft diese Aussprache dauerhaft übernähme (so dass man sie zB in einem deskriptiven Aussprachewörterbuch des Deutschen aufnehmen müsste).
Dies ist aber ein so extremer Einzelfall, dass daraus kein genereller Einfluss der Schreibung auf die Sprache entnommen werden kann. Es gibt einen gewissen Einfluss des Umstands, dass ich schreibe, auf meine Rede; es fehlt mir dann die Intonation und ich drücke mich vielleicht formeller aus. Aber auch das sind keine sehr durchschlagenden Einflüsse (formeller ausdrücken würde ich mich zB auch, wenn ich einen offiziellen Vortrag zu halten hätte: diese stilistische Besonderheit ist nicht auf geschriebene Texte beschränkt).
Ich bin gern bereit, auch über Schwächen der neuen Rechtschreibung zu sprechen, aber nicht unter der Voraussetzung, dass alles, was daran nicht optimal ist oder zu sein scheint, alsbald die deutsche Sprache oder die Ausdrucksmöglichkeiten im Deutschen beeinträchtige. Eine solche Aussage ist einfach Unsinn.
Ebenfalls gefällt mir keine Schmähkritik, bei der nicht den strukturellen Zusammenhängen in der deutschen Sprache und den Schwierigkeiten, diese schriftlich abzubilden, Rechnung getragen wird, und wo die Gegenvorschläge den Zusammenhängen ebenfalls nicht gerecht werden, wie das bei dem Problem der Getrenntschreibung unentwegt der Fall ist.
eingetragen von Theodor Ickler am 08.10.2003 um 06.24
guest schrieb: "Leider sind generalisierende Vorschläge dieser Art stets an der auf die Schreibung der Mehrheit ausgerichteten Betrachtungsweise von Prof. Ickler gescheitert."
Das ist ein Mißverständnis. Ich habe an vielen Stellen vor einer mechanischen Auszählung der Mehrheitsbelege etwa bei Google gewarnt und dagegen die Notwendigkeit hervorgehoben, auf die Qualität der Quellen zu achten. Das Argument der Zirkelhaftigkeit ist mir bekannt: Gute Rechtschreibung zeigen gute Texte, die man an der guten Rechtschreibung erkennt usw. Ich werde darauf nicht nochmals eingehen, da es in Wirklichkeit keine Rolle spielt. Gute Texte in meinem Sinne waren (und sind zum Teil noch) die großen Tageszeitungen sowie Fachzeitschriften und -bücher, nicht dagegen Internet-Chats u. ä. Den Usus habe ich stets in diesem Sinne definiert, so daß die Unterstellung von guest haltlos ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von margel am 07.10.2003 um 20.17
Es ist ja sehr lehrreich und geradezu schwindelerregend, wenn hier endlich einmal Bildungsgüter ausgebreitet werden, von denen z.B. ich Wäldler bisher nur vom Hörensagen wußte. Herr W. gibt einen Abriß der Aussagen- und formalen Logik, wobei diese Perlen vermutlich verschwendet wurden. Frau P. hält sich am Strukturalismus fest, der ja nun auch nicht mehr so taufrisch ist. Jetzt fehlt nur noch die Frage: "Was ist der Mensch?" ("Recht eigentlich das sprechende Tier", sagt R. Musil) - Vielleicht sollten wir doch zum Thema zurückfinden, das da lautet; Was ist an der reformierten Rechtschreibung schlechter als an der herkömmlichen? Dies läßt sich zeigen (Evidenz heißt das, glaube ich) - ganz konkret, an Beispielen aus der Schreibwirklichkeit. Am fruchtbarsten scheint mir dabei weiterhin, auf den Werkzeugcharakter der Sprache, speziell der geschriebenen, abzuheben.
eingetragen von Margret Popp am 07.10.2003 um 18.51
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Margret Popp schrieb:
Spielt sie [die Orthographie], außer bei konkreter Poesie, im Sprachleben eine tragende Rolle? Sprachen ohne Orthografie gibt es dagegen.
Sie lenken andauernd mit der Unterstellung ab, die Reformgegner würden Schreibung mit Sprache verwechseln. Dabei ist das gar nicht der Fall, sie erkennen einfach das Offensichtliche, daß Schreibung ein Teil der Sprache ist. Und wer wollte das bestreiten?
Jeder, der sich ernsthaft mit dem Leben der Sprachen auseinandergesetzt und hinsichtlich dessen, was eine Sprache ausmacht, ein einigermaßen klares Weltbild hat.
Ist das, was Sie hier jetzt gerade lesen, etwa keine Sprache? Sprache bleibt auch dann noch Sprache, wenn sie aufgezeichnet ist.
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.10.2003 um 17.48
(guest)"Das hat auch Herr Heller mir damals schriftlich bestätigt."
Es gibt drei Möglichkeiten, wer unser guest hier ist. Interessant ist es auf alle Fälle! Ich kenne den Sprachstil nicht genau- darum muss ich nochmals warten. Es wird so sein, dass guest vor mir hier schon geschrieben hat.
Lieber guest,
erklären Sie mir Ihren Vorschlag der leichteren Erlernbarkeit der Orthografie?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 07.10.2003 um 16.58
Werter "guest", wer soll Ihrer Meinung nach neue Schreibweisen im Sinne einer "logischeren" Entwicklung der Orthographie vorschlagen? Denken Sie dabei an Wörterbücher? An eine Institution? - Bisher verlief ja die Entwicklung dr Rechtschreibung nicht auf diese Weise. Die Reformer wollten das ändern, sind dabei aber aus vielerlei Gründen gescheitert.(Nebenbei: Auch in einem sogenannten "chaotischen" Lager findet man mit der richtigen Software jeden Artikel genau so schnell wie z.B. in einem alphabetisch geordneten.) Ist nicht vielleicht jeder Versuch einer bewußten Einflußnahme auf die Rechtschreibung schon im Ansatz verfehlt?
eingetragen von guest am 07.10.2003 um 11.42
Zu Frau Margret Popp vomm 2.10.03:
Das Betonungskriterium wurde von den Reformern zunächst völlig beseite gelassen. Das hat auch Herr Heller mir damals schriftlich bestätigt.
Bei Präfixen wie "um-" ist es wirklich schwierig, die Betonung schriftlich darzustellen, außer in den geteilten Verbformen: Den Polizisten umfahren oder umfahren bzw. umgefahren oder umfahren haben.
Bei Adverbien ist eine Betonungswiedergabe durch die Schreibweise möglich: etwas festhalten oder fest halten. Aber wiederum nicht in in allen geteilten Formen.
Bei Bedeutungsunterschieden sollte trotzdem dieses Unterscheidungsmittel unbedingt soweit wie irgend möglich angewendet werden.
Leider sind generalisierende Vorschläge dieser Art stets an der auf die Schreibung der Mehrheit ausgerichteten Betrachtungsweise von Prof. Ickler gescheitert. Aber diskussionswert ist das Thema. Es wäre schön, wenn die bisherige Rechtschreibung nicht nur als die Schreibweise der Mehrheit wiederhergestellt, sondern auch in Richtung auf größere linguistische und semantische Logik und dadurch leichtere Erlernbarkeit verbessert werden könnte. Es scheint aber in diesem Kreis dafür keine Mitstreiter zu geben. Schade. Eine Reform in dieser Richtung würde ich begrüßen, denn sie würde nicht wie die jetzige die Sprachentwicklung gewaltsam zurückdrehen, sondern in der bisherigen Richtung vorsichtig weiterentwickeln. Solche Ideen müssen den Schreibern natürlich zunächst nur als Vorschläge angeboten, aber auch zugelassen werden. Eben so, wie die Sprache sich auch bisher weiterentwickelt hatte.
eingetragen von guest am 07.10.2003 um 11.21
Dieter Hildebrandt mündlich im Abschieds-Scheibenwischer am 2.10.03: "Ich habe im w(W)esentlichen herumgestochert." Wie er es meinte, war, wie so oft, den Zuhörern überlassen.
Dieses Wortspiel war bis zur R.R. möglich in der schriftlichen Form: "Im wesentlichen im Wesentlichen herumstochern." Schriftlich waren die Bedeutungsunterschiede genau ausdrückbar und für den Leser sofort verständlich.
Seit der R.R. ist nur noch "im Wesentlichen" zugelassen, und der Leser muß raten, welche Form und Bedeutung der Schreiber wohl meint. Ein weiteres Beispiel für die staatlich verordnete Ausdrucksverarmung der deutschen Sprache. Man muß fragen, ob die Leute, die einst solche Bedeutungsunterschiede ausgedacht und formuliert haben, heute von den Schülern für Deppen gehalten werden sollen, die nur Fehler in die Sprache gebracht haben und an den heutigen Mißverständnissen ihrer Texte selbst schuld sind.
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.10.2003 um 23.14
Vielen Dank, Frau Popp, für Ihre ausführliche und sehr interessante Antwort (Re: Re: Re: Wortbildung und Schreibkonvention)! Da sie viele Aspekte birgt, werde ich nach und nach jeweils darauf eingehen.
Zitat:Zunächst einige Bemerkungen zur Logik an sich. Wenn einem das beim Lesen zuviel wird, kann man es von da ab überpringen, wo man die Lust verliert; weiter unten gehen ich darauf ein, was das Ganze mit Sprache zu tun hat.
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp
[J.-M. W.:] Nimmt man diese Aussage als eine vom Typ wenn A, dann B (hier: wenn etwas [nach außerschriftlichen Kriterien] ein Wort ist, dann wird es zusammengeschrieben), dann ist die (im Sinne der Aussagenlogik) zugehörige Negation vom Typ wenn nicht B, dann nicht A.
Ich will gegen diesen Ihren Satz keinen Einwand erheben, möchte aber darauf hinweisen, dass die Sprache nicht so säuberlich gebaut ist, wie Sie möglicherweise annehmen.
A | B | A > B | ¬A | ¬B | (¬A) v B | (¬B) > (¬A) |
---|---|---|---|---|---|---|
w | w | w | f | f | w | w |
w | f | f | f | w | f | f |
f | w | w | w | f | w | w |
f | f | w | w | w | w | w |
Zitat:Das ist offenbar falsch, denn es handelt sich bei wenn nicht B, dann nicht A gar nicht um die Negation der Aussage wenn A, dann B, sondern um ein logisches Äquivalent derselben Aussage. (Daß hier nicht auftaucht, hat mit einer eventuellen Negation der Gesamtaussage nichts zu tun!) Meine weitere Argumentation beruhte aber auf der Äquivalenz der beiden Aussagen »Wörter werden zusammengeschrieben« und »Was getrennt geschrieben wird, ist eine Wortgruppe«, daher ändert sich daran nichts.
Nimmt man diese Aussage als eine vom Typ wenn A, dann B (hier: wenn etwas [nach außerschriftlichen Kriterien] ein Wort ist, dann wird es zusammengeschrieben), dann ist die (im Sinne der Aussagenlogik) zugehörige Negation vom Typ wenn nicht B, dann nicht A.
eingetragen von margel am 06.10.2003 um 19.08
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Die deutsche Orthographie hat einen ans Wunderbare grenzenden Verlauf genommen, ohne daß die Menschen, die sie entwickelten, sich eine klare Vorstellung von dem Ergebnis als Ganzes gemacht hätten. Die Theorie erfaßt die Orthographie erst, wenn diese bereits fertig ist. So ergibt sich die Erkenntnis, daß die Orthographie für die Reflexion bereits gänzlich konstituiert ist. Daher ist der Betrachter geneigt, zu glauben, er erfasse die Orthographie wie er einen natürlichen Gegenstand wahrnimmt. Etwas Geschriebenes lesen heißt also, das vom Schreiber Erdachte, Gemeinte nachzuvollziehen. Deshalb bedeutet das Geschriebene für alle Leser in einem gewissen Sinne zunächst einmal dasselbe. Das heißt nicht, daß es für alle den gleichen Wert besäße oder den gleichen Widerhall weckte.
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.10.2003 um 17.44
Zitat:Wunderbar, den Kritischen Kommentar in dieser Form einsehen zu können! Leider hat es aber bei der Konversion nach PDF ein paar Probleme gegeben: Manche Zeichen werden nicht richtig dargestellt (siehe etwa die [zu vermutenden] Spiegelstriche S. 5; außerdem hat Acrobat Reader Version 4 u. a. mit einigen Paragraphenzeichen in Überschriften Probleme, die als leere Quadrate angezeigt werden), und es erscheint zwischendurch die Meldung The font '##+TimesNewRoman,Bold' contains bad /Widths (oder ist letzteres ebenfalls ein spezielles Acrobat-4-Problem?). Ich hoffe, daß eine Korrektur nicht allzuviel Mühe macht, denn es wäre schön, wenn diese Probleme behoben würden.
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Guest fragte:
Wo und wenn nicht warum nicht findet man einen Hinweis auf den "Kritischen Kommentar" auf der Willkommenseite?
Ich kann zwar diese Frage nicht direkt beantworten, aber wenn jemand den Kritischen Kommentar lesen möchte, hier gibt es ihn (PDF, 870 KB).
eingetragen von margel am 04.10.2003 um 08.22
Darum sei die Fragerin auch bedankt: Sie hat sie uns abverlangt. (Frei nach B.B.)
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.10.2003 um 05.07
(Melsa) Ist das, was Sie hier jetzt gerade lesen, etwa keine Sprache? Sprache bleibt auch dann noch Sprache, wenn sie aufgezeichnet ist.
Geschriebene Sprache ist Sprache: Sonst könnte Frau Popp sich hier nicht unterhalten. Das ist eine zu nichts führende Diskussion. Wer Sprache nicht richtig definieren kann, sollte die Finger davon lassen.
Die Definition, dass Sprache nur dann Sprache ist, wenn sie gesprochen wird gibt es keinem vernüftigen Lexikon, in keiner Beschreibung oder Aufsatz. Die hier vertretene Definiton teile ich nicht, darum lese ich nur die Antworten, weil diese interessanter sind.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 03.10.2003 um 21.03
Die deutsche Orthographie hat einen ans Wunderbare grenzenden Verlauf genommen, ohne daß die Menschen, die sie entwickelten, sich eine klare Vorstellung von dem Ergebnis als Ganzes gemacht hätten. Die Theorie erfaßt die Orthographie erst, wenn diese bereits fertig ist. So ergibt sich die Erkenntnis, daß die Orthographie für die Reflexion bereits gänzlich konstituiert ist. Daher ist der Betrachter geneigt, zu glauben, er erfasse die Orthographie wie er einen natürlichen Gegenstand wahrnimmt. Etwas Geschriebenes lesen heißt also, das vom Schreiber Erdachte, Gemeinte nachzuvollziehen. Deshalb bedeutet das Geschriebene für alle Leser in einem gewissen Sinne zunächst einmal dasselbe. Das heißt nicht, daß es für alle den gleichen Wert besäße oder den gleichen Widerhall weckte.
eingetragen von Christian Melsa am 03.10.2003 um 20.52
Margret Popp schrieb:
Die Schreibkonventionen müssen nicht UNBEDINGT in einem einfachen einheitlichen Verhältnis zu den sprachlichen Zusammenhängen stehen.
Wenn sie das nicht tun, wird man sie aber zweifellos als mangelhaft bezeichnen können, oder? Das Kuriose ist nun, daß durch die Reform bereits gut etablierte, sprachgemäßere Konventionen krampfhaft durch weniger sprachgemäße ersetzt werden sollen. Das Bessere ist längst da und wird vom Schlechteren verdrängt! Das ist krank.
Mir scheint daher, dass die Autoren der RR hier ausufernden Fragestellungen aus dem Weg gegangen sind und einfach die mechanische Regel mit der Erweiterbarkeit und Steigerbarkeit der Anfangs-Partikel eingeführt haben, damit man ohne weiteren Tiefsinn sofort entscheiden kann, ob nun getrennt zu schreiben ist oder nicht, egal, was die Linguisten hier über die Zuordnung zu Komposita oder nicht noch rauskriegen.
Aber in der Realität durchdenkt doch kein Mensch den ganzen Entscheidungsapparat der reformierten Zusammenschreibungsregeln. In der Realität gewöhnt man sich daran, bestimmte Bedeutungen mit bestimmten Wörten auszudrücken, die so und so geschrieben werden - warum auch immer.
Ein sachlicher Kritiker, der hier wirklich eine Verbesserung vorschlagen wollte, müsste den ganzen Komplex der deutschen Formen Partikel-mit-Akzent + Verben analysieren und eventuell der Wortbildungsstruktur angemessenere und dazu möglichst auch noch leichter lernbare Regeln dagegen stellen. Meckern ist hier leicht, besser machen ist schwer! (Da es noch andere Zweifelsfälle der deuschen Wortbildung gibt, führt die Forderung, Komposita immer zusammenzuschreiben, zu den haarigsten Problemen jeder deutscher Rechtschreibregelung; auch die alte Rechtschreibung war diesbezüglich nicht stark.)
(Immer noch besser als die reformierte.)
Wirklich taugliche Gegenvorschläge dieses Typs, bei denen rundum bessere Schreibregeln vorgeschlagen werden, habe ich auf diesem Gebiet bei den Schmähern der RR bisher nicht gesehen.
Von den Schmähern will ja auch keiner die alte Rechtschreibung an dieser Stelle reformieren. Die Reformer haben das aber gemacht, obwohl ihre Lösungsvorschläge nicht einmal mit dem bereits bestehenden Brauch konkurrieren konnten. Die Rechtschreibreform hätte aus sich selbst heraus niemals die nötige Überzeugungskraft, um sich durchzusetzen. Deswegen sind für die Durchsetzung zwangsläufig gehorsame Beamte und Redakteure nötig.
eingetragen von margel am 03.10.2003 um 20.46
(Ich hatte das folgende eben schon einmal geschrieben, aber es kam irgendwie nicht an...)
Ich bin gern bereit, die Herausbildung der gültigen Orthographie als einen "quasi-evolutionären" Vorgang zu sehen. Um mehr als eine Analogie kann es sich bei einem Kulturprodukt wie der Rechtschreibung meiner Ansicht nach aber nicht handeln. Besonders mit dem Begriff "Selektion" würde ich in diesem Zusammenhang sehr vorsichtig hantieren. Die Etablierung bestimmter Schreibungen ist stets ein bewußter Akt des Schreibenden. Die neue Variante mag dann übernommen werden, wenn dies dem der Rechtschreibung innewohnenden Programm -immer feinere Differenzierung, immer genauere Wiedergabe das Gemeinten - entspricht. Am Ende kann die Orthographie gleichsam naturwüchsig erscheinen. Die Reformer behaupten ja gerade das Gegenteil: Alles ist "arbiträr". Zwischen Biologismus und Dezisionismus liegt wohl die Wahrheit: von Menschen gemacht, aber nicht geplant - eben die "unsichtbare Hand" nach Prof. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 03.10.2003 um 20.22
Besser kann man es nicht sagen.
eingetragen von margel am 03.10.2003 um 20.17
Frau Popp begeht den Irrtum, zu glauben, weil die schriftlich niedergelegte Sprache immer auf die gesprochene verweist, sei die Schreibung ganz untergeordnet und allenfalls eine Wiedergabe der Lautung. Darum kann sie auch mit bedeutungsunterscheidenden Schreibweisen begrifflich nichts anfangen. Daß bereits die Orthographie den Leser zum richtigen Verständnis (im Sinne des Schreibers) führen kann und soll - vor jeder Umsetzung in gesprochene Sprache - will ihr nicht einleuchten. In Wirklichkeit liest natürlich auch Frau Popp genau so wie wir alle und nicht wie ein Erstkläßler, der sich den Sinn des Geschriebenen noch über das laute Lesen erschließen muß. - Geschriebene Sprache ist Sprache "eigenen Rechts" und unterliegt eigenen Gesetzen. Die Orthographie als ein Hilfsmittel (Werkzeug) zum richtigen Verständnis des Gelesenen, Ergebnis eines langen, immer fortschreitenden Optimierungsprozesses, kann nicht beliebig manipuliert werden, ohne Schaden zu nehmen.
eingetragen von Christian Melsa am 03.10.2003 um 20.17
Margel schrieb:
Die bisher gültige Rechtschreibung ist nicht das Ergebnis planmäßigen Vorgehens. Sie wurde nicht als ein System von (willkürlich) erdachten Regeln entworfen. Sie ist zwar das Werk unzähliger Schreiber, die von Fall zu Fall das Werkzeug Orthographie immer brauchbarer und zweckmäßiger gestalteten. Trotz dieses unkoordinierten Prozesses ist das Ergebnis höchst systematisch und rational, keineswegs chaotisch, damit auch erlernbar und schließlich intuitiv anzuwenden. - Die reformierte Schreibung greift in diesen nie abgeschlossenen Vorgang ein, wobei sie die innewohnende Systematik vielfach verletzt und verkennt. Die traditionelle Orthographie war durchaus ein Produkt des Zufalls. Sie könnte auch völlig anders aussehen. Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum.
Ganz so ist es auch wieder nicht. Die orthographische Entwicklung ist keine rein zufällige, sondern eine großteils evolutionäre. In einem Evolutionsprozeß stellt der Zufall nur einen Faktor dar, aber das Ergebnis ist ein geordnetes. Man kann auch sagen: Evolution macht aus Zufall Ordnung. Oder neutraler formuliert: Evolution ist der Prozeß des Werdens höherer aus niederer und weitgehend obskurer Ordnung. Und zwar hauptsächlich über das Instrument der Selektion. Was sich in einem Wettkampf der zur Auswahl vorhandenen Arten als überlegen herausstellt, gewinnt. Ein Vorzug kann dabei sein, sich an die bestehende Ordnung anzupassen. Die deutsche Orthographie könnte zwar auch völlig anders aussehen, aber es hat schon einen Grund, daß sie so aussieht wie sie eben aussieht. Und die Ursachen sind keineswegs nur zufälliger Natur. Es hat schon lange vor der Zweiten Orthographischen Konferenz verschiedene Schulen der geplanten Regulierung gegeben; das liegt schon nahe durch den Umstand, daß es ja offensichtlich auch eine Erste Orthographische Konferenz gegeben haben muß. Es gab verschiedene Fachleute (Schriftsteller, Drucker, Lehrer, Sprachforscher ...), die aufgrund ihrer Autorität bereits prägend auf ihre Umgebung gewirkt haben werden und sich Gedanken darüber gemacht hatten, wie eine ordentliche Orthographie aussehen müßte; welche theoretischen Grundlagen die praktikabelsten wären. Dazu sollte keine völlig neue Rechtschreibung erfunden werden, sondern man sah sich natürlich an, was für verschiedene Schreibweisen im allgemeinen Schriftverkehr vorkamen, um dann zu überlegen, welche warum welche Vorzüge hätten und was für allgemeine Regeln man aus solchen Überlegungen ableiten könnte. Auch der Laie stellt solche Überlegungen in kleinerem Umfang mehr oder weniger unbewußt an, wenn er gesehene Schreibweisen in seinen eigenen Gebrauch übernimmt oder nicht - wobei eine gewisse logische Gesamtkonsistenz auch ein wichtiges Entscheidungskriterium sein mag, was man also auch schon als rudimentär geplantes Vorgehen bezeichnen kann. Und auf der Zweiten Orthographischen Konferenz wurde die Setzung eines einheitlichen deutschen Rechtschreibstandards schließlich nicht erwürfelt, sondern abgestimmt, wobei zweifellos fachliche Überlegungen der Abstimmenden die entscheidende Rolle spielten. Dieser amtliche Akt, auf dem unsere heutige Rechtschreibung beruht, ist ein geplantes Vorgehen gewesen; das gleiche gilt für die Arbeit der Dudenredaktion in den vielen darauffolgenden Jahrzehnten. Ein geplantes Vorgehen KANN auch zu einem guten Ergebnis führen, MUSS aber nicht. Der Hauptfehler der gegenwärtigen Reform liegt darin, daß es für so eine Änderung überhaupt keinen Bedarf gab. Das bildungspolitische Motiv der Reformer betraf einen ganz anderen Bedarf: Die Rechtschreibung sollte nicht geändert werden, weil sie für funktionell schlecht befunden worden wäre, sondern um Diskriminierungsgrundlagen zurückzudrängen. Und weil dabei am falschen Punkt angesetzt wurde, tritt auch kein Erfolg ein, kann gar kein Erfolg eintreten.
eingetragen von Christian Melsa am 03.10.2003 um 18.06
Margret Popp schrieb:
Spielt sie [die Orthographie], außer bei konkreter Poesie, im Sprachleben eine tragende Rolle? Sprachen ohne Orthografie gibt es dagegen.
Immer derselbe logische Fehler. Ich will es mal so veranschaulichen: Es gibt Autos mit Anhängerkupplung und es gibt Autos ohne. Das heißt aber nicht, daß die Anhängerkupplung nicht zum Auto gehört. Und nur weil man behauptet, die Anhängerkupplung gehöre zum Auto, verwechselt man noch nicht die Anhängerkupplung mit dem Auto.
Sie lenken andauernd mit der Unterstellung ab, die Reformgegner würden Schreibung mit Sprache verwechseln. Dabei ist das gar nicht der Fall, sie erkennen einfach das Offensichtliche, daß Schreibung ein Teil der Sprache ist. Und wer wollte das bestreiten? Ist das, was Sie hier jetzt gerade lesen, etwa keine Sprache? Sprache bleibt auch dann noch Sprache, wenn sie aufgezeichnet ist.
Die Schreibung basiert bei einer alphabetischen Schrift zwar auf der Lautung, aber das widerlegt doch nicht, daß sie ebenso wie die Rede zur Sprache gehört.
eingetragen von Christian Melsa am 03.10.2003 um 17.14
Guest fragte:
Wo und wenn nicht warum nicht findet man einen Hinweis auf den "Kritischen Kommentar" auf der Willkommenseite?
Ich kann zwar diese Frage nicht direkt beantworten, aber wenn jemand den Kritischen Kommentar lesen möchte, hier gibt es ihn (PDF, 870 KB).
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.10.2003 um 20.36
Richtig, liebe Frau Dr. Popp,
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp
... so viele gleichberechtigte Kann-Bestimmungen ...
Allerdings kann man nach meinem Eindruck kaum fehlgehen, wenn man nach der gewohnten alten Kommasetzung verfährt, denn all diese Verfahrensweisen sind ja dann wieder auch als Kann-Alternativen beibehalten worden.
eingetragen von margel am 02.10.2003 um 18.43
Verehrte Frau Popp, bitte erstellen sie aus dem folgenden einen Text in neuer Rechtschreibung: Dieweitreichendeundvon vielenalsfurchterregendempfundenerechtschreibreforminfragezustellenistnaheliegend.Zumalesaufwendigiststetsdendudenzuratezuziehenumeinentextzustandezubringen. Kritikerstehenkopfschüttelndvordenneuenschreibweisendiesiedenreformernübelnehmendainihrenaugenvielewortbedeutungennunkopfstehen. Mithilfedutzendertipsdiedieneuererzurzeitüberschwenglichzumbestengebenwollendiesedasimargenliegendebeschönigen. Wennjedermannachtgebebleibediekorrekterechtschreibungkeinprivilegderoberenzehntausend. Auchwennsierechthaben - werauchnurdasnötigstelernenmöchtealsodaswaseramnötigstenbrauchtkanneinemleidtun.- Bitte mit allen Satzzeichen.
(Frei nach E & W, Niedersachsen)
eingetragen von Margret Popp am 02.10.2003 um 18.38
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Willkommen im „Untergrundforum“, sehr geehrte Frau Popp!
»Wörter werden zusammengeschrieben [...]«hat ja nur dann einen Sinn, wenn man schon weiß, was „ein Wort“ ist – nur dann kann man es auch als ein Wort schreiben.
»Was getrennt geschrieben wird, ist eine Wortgruppe.«ist dagegen viel interessanter, weil sie umgekehrt von der Schriftsprache zur gesprochenen Sprache weist.
eingetragen von Margret Popp am 02.10.2003 um 16.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
dazu habe ich eine Frage: Haben Sie sich im Regelwerk auch die §§ 71 bis 79 über die Kommasetzung (also den Ersatz für die bisherigen angeblich 53 Kommaregeln) durchgelesen? Und wenn ja, können Sie mir dazu einige Verständnisfragen beantworten, die bisher recht schwierig erschienen?
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.10.2003 um 13.17
Liebe Frau Dr. Popp,
margel:
Wie gut kennen Sie das amtliche Regelwerk?
Frau Dr. Popp:
Ich blättere oft darin und schlage viel nach. Mein Exemplar ist schon ziemlich zerzaust.
eingetragen von margel am 02.10.2003 um 08.30
Die bisher gültige Rechtschreibung ist nicht das Ergebnis planmäßigen Vorgehens. Sie wurde nicht als ein System von (willkürlich) erdachten Regeln entworfen. Sie ist zwar das Werk unzähliger Schreiber, die von Fall zu Fall das Werkzeug Orthographie immer brauchbarer und zweckmäßiger gestalteten. Trotz dieses unkoordinierten Prozesses ist das Ergebnis höchst systematisch und rational, keineswegs chaotisch, damit auch erlernbar und schließlich intuitiv anzuwenden. - Die reformierte Schreibung greift in diesen nie abgeschlossenen Vorgang ein, wobei sie die innewohnende Systematik vielfach verletzt und verkennt. Die traditionelle Orthographie war durchaus ein Produkt des Zufalls. Sie könnte auch völlig anders aussehen. Planung ersetzt den Zufall durch den Irrtum.- Dies alles können Sie, verehrte Frau Popp, in reformkritischen Schriften nachlesen, die sie wahrscheinlich nur vom Hörensagen kennen. Eine weitere Diskussion mit Ihnen hat meiner Ansicht nch nur dann einen Sinn, wenn sie sich um konkrete Beispiele "Alt gegen Neu" dreht. Denn Orthographie ist Praxis und muß sich in der Praxis bewähren.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.10.2003 um 07.34
[Popp] Eine Alphabetschreibung sollte in einem möglichst klaren Verhältnis zur Aussprache stehen, leicht erlernbar sein und vor allen Dingen vom Inhalt der festgehaltenen Aussagen nicht ablenken.
Zu diesem letzteren Zweck sollte sie so einheitlich wie möglich sein; jede Abweichung von der Norm stört die Nachrichtenvermittlung....
Gute Argumente gegen die laufende „Rechtschreibreform"...
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Matthias Dräger am 02.10.2003 um 07.20
Sehr geehrte Frau Popp,
zu Ihrem Verhältnis zur Kenntnis der Neuen Rechtschreibung führen Sie aus (bzgl. des amtlichen Regelwerkes):
"Ich blättere oft darin und schlage viel nach. Mein Exemplar ist schon ziemlich zerzaust."
Es sei Ihnen gegönnt, hoffentlich hilft es Ihnen weiter. Mußten Sie sich v o r der Rechtschreibreform eigentlich auch schon so intensiv mit den Regeln der deutschen Rechtschreibung beschäftigen? Ich mein´ja nur ...
Ich schreibe über die Woche einiges an Texten, manches kommt auch in meine Prospekte oder Bücher - aber ein Regelwerk habe ich für meine Schreibereien seit Jahr und Tag nicht mehr zur Hand genommen. Ich bin noch zu einer Zeit aufgewachsen, in der man das Schreiben in der Schule gelernt hat.
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.10.2003 um 20.48
Zitat:Willkommen im Untergrundforum, sehr geehrte Frau Popp! Nach dem, was Sie in anderen Foren zur Rechtschreibung und ihrer Reform geschrieben haben, habe ich mich schon darauf gefreut, hier mal mit Ihnen darüber zu diskutieren. Ich denke, daß ich daraus einige wichtige Dinge lernen kann; es interessiert mich, über die Beziehungen zwischen gesprochener und geschriebener Sprache eingehender nachzudenken.
Ursprünglich eingetragen von Margret Popp
Zitat:Das ist offensichtlich Unsinn. Wie Wörter geschrieben werden, kann ja wohl kein Kriterium der natürlichen Sprache sein, zur Entscheidung dessen, ob es in der Sprache als Einzelwort oder als syntaktischer (loser) Verband fungiert.
Ursprünglich eingetragen von guest
Deutsche Wortbildung und Schreibkonvention
Nach Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache:
Durch Wortbildung werden Wörter gebildet. Durch die Syntax werden Wortgruppen gebildet. Wörter werden zusammengeschrieben oder enthalten Bindestriche, andernfalls handelt es sich um Namen aus mehreren Wörtern
»Wörter werden zusammengeschrieben [...]«hat ja nur dann einen Sinn, wenn man schon weiß, was ein Wort ist nur dann kann man es auch als ein Wort schreiben. Wie sehen Sie das?
»Was getrennt geschrieben wird, ist eine Wortgruppe.«ist dagegen viel interessanter, weil sie umgekehrt von der Schriftsprache zur gesprochenen Sprache weist. Ihre Gültigkeit hängt an der Logik, mit der man die erste Aussage betrachtet: Wie steht es da mit der Zuordnung zwischen gesprochenen Wörtern und Zusammengeschriebenem?
»Was getrennt geschrieben wird, ist eine Wortgruppe.«Wenn die erste Aussage gilt, muß auch diese Aussage gelten; sie sind logisch äquivalent. Das bedeutet aber nicht, daß damit die Schreibung zum Kriterium für Dinge der gesprochenen Sprache geworden ist; es ist nur eine Bedingung für logische Konsistenz bei der Zuordnung zwischen gesprochener und geschriebener Sprache.
Zitat:Stimmt: Die Schreibung ist kein Kriterium, das man bei der Entscheidungsfindung in Sachen der gesprochenen Sprache anwenden kann, denn sie ist nicht a priori gegeben. Vielmehr folgt die Schreibung erst aus einer solchen Entscheidung.
Linguisten suchen nach ernsthaften Kriterien, die auch für das Sprachgefühl der Sprecher wichtig sind, in Aussprache und Wortgebrauch, um da die Trennlinien zu erkennen.
Die Schreibung gehört nicht dazu.
eingetragen von guest am 01.10.2003 um 20.04
Der Unterschied zeigt sich auch in der mündlichen Sprache in den erweiterten Formen, d.h. bei der Beugung und Mehrzahlbildung und bei der syntaktischen Expandierbarkeit:
Fleischer/Barz: "Die WBK (Wortbildungskonstruktion) wird wortintern nicht flektiert und nur einmal als Ganzes betont. Die Konstituenten einer Wortgruppe werden einzeln flektiert und betont ('Fremdsprache - fremde Sprache'), darüber hinaus ist die Wortgruppe syntaktisch expandierbar ('fremde schwierige Sprache')."
Utz Maas, Grundzüge der deutschen Orthographie, definiert die Grenzen der Einheit Wort als Grenzen, "an denen syntaktische Sollbruchstellen bestehen". Hier sind Pausen möglich, und hier können Operationen ansetzen: Einschub, Erweiterung, Umstellung. Das Wort ist "undurchlässig für diese Art syntaktischer Operationen. Einschübe erfolgen nur jenseits der Wortgrenzen."
eingetragen von Reinhard Markner am 01.10.2003 um 19.50
Zitat:Offensichtlich sind Sie nur daran interessiert, Ihre immergleichen Sprüche zu wiederholen, Frau Popp. Mich langweilt das. Man sollte meinen, daß Sie sich selbst auf die Nerven damit gehen. Übrigens habe ich in mehreren Jahren noch nie erlebt, daß Theodor Ickler den Niedergang der deutschen Sprache beklagt hätte. Ich bezweifle stark, daß Sie, wie behauptet, seine Arbeiten kennen. Ende der Durchsage, was mich an dieser Stelle betrifft.
Der Tenor ist immer ähnlich, vor allem hebt alles immer auf die Verwechslung von Sprache und Schreibung ab, wobei dann über den Niedergang der deutschen Sprache gewettert wird. Das sind aber ganz verschiedene Codes, und die Schreibung ist nur ein äußerlicher Zusatz-Code, der so oder so geregelt werden kann, was nie beachtet wird.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 18.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Deutsche Wortbildung und Schreibkonvention
Nach Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache:
Durch Wortbildung werden Wörter gebildet. Durch die Syntax werden Wortgruppen gebildet. Wörter werden zusammengeschrieben oder enthalten Bindestriche, andernfalls handelt es sich um Namen aus mehreren Wörtern
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 18.51
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
1. Welche sprachreformkritischen Schriften kennen Sie?
Eine Reihe. Der Tenor ist immer ähnlich, vor allem hebt alles immer auf die Verwechslung von Sprache und Schreibung ab, wobei dann über den Niedergang der deutschen Sprache gewettert wird. Das sind aber ganz verschiedene Codes, und die Schreibung ist nur ein äußerlicher Zusatz-Code, der so oder so geregelt werden kann, was nie beachtet wird.
2. Wie gut kennen Sie das amtliche Regelwerk?
Ich blättere oft darin und schlage viel nach. Mein Exemplar ist schon ziemlich zerzaust.
3. Wie haben Sie sich die reformierte Schreibung angeeignet?
Durch Umsetzen eines Manuskripts für die Veröffentlichung von Alt auf Neu.
4. Was verstehen Sie unter "wirklicher Sprache"?
DAS ist die verräterische Frage! Was verstehen SIE unter Sprache, dass Ihnen das zweifelhaft sein kann?
Die natürliche Sprache, von der ich rede, ist nach einer zweckmäßigen Definition ein kompliziertes Zeichensystem, das der Nachrichtenvermittlung unter Menschen dient.
Sie hat eine Inhaltsseite (die Bedeutungsseite) und eine Ausdrucksseite (die Aussprache), und sie ist gegenüber eventueller Verschriftung autonom. Im Einzelnen hat sie Komponenten wie Wortschatz, Syntax, Wortbildung usw. Die natürliche Sprache ist Eigentum einer Sprachverkehrsgemeinschaft und der Versuch, in sie einzugreifen, hat im Großen und Ganzen geringe Aussicht auf Erfolg. (Obwohl dergleichen schon gemacht worden ist, vgl die normativen Eingriffe in den französischen Wortschatz im 17. Jh.) Die Geschichte der natürlichen Sprache verliert sich in den Anfängen der Menschheitsgeschichte. All diese Eigenheiten werden von dem kleinen Zusatz-Code Schreibung nicht geteilt.
5. Wie erklären sie sich die Tatsache, daß die Reformer bei ihren Änderungen ausnahmslos zu den traditionellen Schreibweisen zurückgekehrt sind, wo sie doch genausogut etwas Neues hätten erfinden können?
Sind sie das? Ich kenne ihre Motive nicht genau. Wahrscheinlich, weil sie an Gewohntes anknüpfen wollten, da eben Erwachsene ihre Gewohnheiten nur ungern ändern.
eingetragen von guest am 01.10.2003 um 17.48
Deutsche Wortbildung und Schreibkonvention
Nach Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache:
Durch Wortbildung werden Wörter gebildet. Durch die Syntax werden Wortgruppen gebildet. Wörter werden zusammengeschrieben oder enthalten Bindestriche, andernfalls handelt es sich um Namen aus mehreren Wörtern wie jetzt der Philips "Taschen Recorder" und das Volkstheaterstück "Nieder Bayern". Schreibkonventionen gibt es nur bezüglich des Setzens von Bindestrichen statt Zusammenschreibung. Was getrennt geschrieben wird, ist eine Wortgruppe. Wörter enthalten keine strukturinterne Flexion und haben nur einen gemeinsamen Betonungs-Wortakzent. Getrennt geschriebene Wörter werden einzeln flektiert und betont.
Englische Wortbildung und Schreibkonvention
Nach Ernst Leisi, Das heutige Englisch:
Der Wortverband als Wort. Unter einem Wortverband verstehen wir eine syntaktisch eng verbundene Gruppe von Wörtern, die die gleiche Funktion hat wie normalerweise ein einzelnes Wort. In Wortverbänden gibt es Schreibkonventionen über die Zusammen-, Bindestrich- oder Getrenntschreibung. Ein Wortverband kann als Ganzes einen Genitiv haben. Im Altenglischen trägt jedes Wort das Genitivzeichen (wie z.B. im Lateinischen und Deutschen). Im Neuenglischen ist es an den Schluß oder Anfang gerückt und gilt für den ganzen Verband.
Es würde hier viel zu weit führen, das anhand der Literatur weiter zu vertiefen, und es interessiert auch nicht alle.
eingetragen von Reinhard Markner am 01.10.2003 um 17.15
Die Einwirkungen der schriftlichen auf die gesprochene Sprache sind weder inexistent noch minimal, Frau Popp. Daß (um nur einen Bereich dieser Interaktionen zu nennen) zum Sprachleben auch die vorgelesene Sprache gehört, werden Sie ja sicher nicht bestreiten wollen. Es hat hier niemand behauptet, daß die deutsche Sprache durch die Rechtschreibreform untergehen wird, aber Folgen auch für die gesprochene Sprache (Sie nennen selbst ein Beispiel) lassen sich durchaus feststellen, gerade in dem genannten Bereich. Ihr Vorwurf der Verwechslung von Sprache und Verschriftung geht ins Leere, denn wer nicht bereit ist, wie Sie die Interaktionen zwischen beiden zu bagatellisieren, hat im Gegenteil klarere Begriffe von gesprochener und geschriebener Sprache. Sie hingegen verwechseln fortwährend erstere mit der Sprache schlechthin, ein echter Anachronismus angesichts unserer Schriftkultur. Vielleicht sollten Sie mal etwas über Saussure hinausgehen. Ein erster Schritt könnte die Lektüre seines Herausgebers und Kommentators Roy Harris sein.
Das von Ihnen empfohlene Reclam-Buch befindet sich in meinem Besitz. Die orthographischen Defizienzen der Frau Aja haben nichts mit ihrem Geschlecht zu tun, sondern mit ihrer Bildung. Herzog Carl August schrieb zum Beispiel ähnlich unregelmäßig. Daß es in der Textphilologie seit längerem eine Bewegung hin zur Bewahrung auch vermeintlich nicht den »Lautstand« betreffender orthographischer Eigenarten gibt, ist Ihnen möglicherweise nicht verborgen geblieben.
eingetragen von margel am 01.10.2003 um 16.46
Liebe Leute, erinnert das hier nicht stark an die endlosen Karussell-Fahrten von J.M.W. und R.M.M.? - Sei´s drum: 1. Welche sprachreformkritischen Schriften kennen Sie? - 2. Wie gut kennen Sie das amtliche Regelwerk? - 3. Wie haben Sie sich die reformierte Schreibung angeeignet? - 4. Was verstehen Sie unter "wirklicher Sprache"? - 5. Wie erklären sie sich die Tatsache, daß die Reformer bei ihren Änderungen ausnahmslos zu den traditionellen Schreibweisen zurückgekehrt sind, wo sie doch genausogut etwas Neues hätten erfinden können?
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 14.15
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Wenn die Orthographie eine reine Äußerlichkeit ist,
Was sonst? Spielt sie, außer bei konkreter Poesie, im Sprachleben eine tragende Rolle? Sprachen ohne Orthografie gibt es dagegen.
ja, nach Ihrer Auffassung beinahe gar nicht zur Sprache gehört,
Überhaupt nicht. Von ein paar Sonder-Vorgängen wie bei der spelling pronunciation einmal abgesehen.
dann müßten Sie einmal erklären, wieso die Reformer Stück für Stück alte Schreibungen wieder zulassen.
Stück für Stück ist eine Übertreibung. Außerdem würde auch das für die Schreibung keinen sprachlichen Status begründen. Die Reformer haben es mit Schreib-Gewohnheiten von Erwachsenen zu tun. Diese sind eben schwierig zu ändern, wie auch andere Gewohnheiten von Erwachsenen.
Was halten Sie z.B. von bedeutungsunterscheidenden Schreibvarianten? Zu vernachlässigen?
Die Schreibvarianten erbringen ja für sich genommen keinen Bedeutungsunterschied. Sondern dieser liegt ERST in der wirklichen Sprache vor und wird höchstens DANN durch die Schreibvarianten mehr oder minder gut zum Ausdruck gebracht.
eingetragen von margel am 01.10.2003 um 13.48
Wenn die Orthographie eine reine Äußerlichkeit ist, ja, nach Ihrer Auffassung beinahe gar nicht zur Sprache gehört, dann müßten Sie einmal erklären, wieso die Reformer Stück für Stück alte Schreibungen wieder zulassen. Was halten Sie z.B. von bedeutungsunterscheidenden Schreibvarianten? Zu vernachlässigen?
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 13.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Hinter diesem ganzen sehr haltlosen Gerede, wonach die Sprache von der Schrift ganz unabhängig sei,
Haltlos? Die gesamte Sprachgeschichte aller mir bekannten Sprachen und die tägliche Erfahrung zeigen, dass die Einwirkung der Schreibung auf die Sprache minimal bis inexistent ist. (Es gibt wohl gelegentlich unorganische Aussprachen nach der Schreibung, falls etwa jetzt einer anfinge, "selbstständig" mit zwei "st" zu sprechen, weil diese Schreibweise neuerdings empfohlen wird; aber solche Sonder-Entwicklungen sind im sprachgeschichtlichen Gesamtleben praktisch vernachlässigbar.)
Aus diesem Ihrem Anwurf ergibt sich ebenfalls kein Einwand gegen die Beobachtung.
scheint eine Art Sanktifizierung der gesprochenen Sprache zu stecken. Sie ist die Große Unberührbare, der kein Ministerialerlaß etwas anhaben kann.
Wie sollte denn auch noch ein MINISTER-ERLASS die Sprache verändern können?
Gut und schön, es kann schon einmal erfolgreiche politische Eingriffe in das Sprachleben geben; die Ordonnance de Villers Cotterets im 16. Jh in Frankreich (wonach vor Gericht nur noch auf Französisch verhandelt werden durfte) führte zB dazu, dass das Provenzalische entgültig aufhörte, Literatursprache zu sein.
Aber eine bloße orthografische Neuregelung kann ja wohl derartige Auswirkungen nicht haben. Wie das Deutsche, das von etwa 110 Millionen Sprechern getragen wird, durch diesen Minister-Erlass beeinträchtigt werden könnte (ich meine die SPRACHE: Aussprache, Syntax, Semantik, Wortbildung, Wortschatz, Stilistik), das müssten Sie mal im Einzelnen erklären. Die Strukturen einer wirklichen Sprache sind viel zäher als Sie sich vielleicht klar machen.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 13.16
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Ihre Einlassungen hinsichtlich Lautschreibung bringen leider nichts Neues.
Das wollte auch nichts Neues sein. Sondern hier erkennen Sie, dass selbst diese altbekannten sprachlichen Erkenntnisse von den RR-Kritikern übersehen werden.
Was meinen Sie übrigens mit "Ablenkung" vom Inhalt?
Mit "Ablenkung vom Inhalt" meine ich dasjenige, was der Nachrichtenspezialist als "Geräusch im Nachrichtenkanal" bezeichnet. Wer unentwegt orthografische Fehler (Abweichungen von der Regelung) zur Schau stellt, wird erleben, dass seine Leser zum Inhalt des von ihm Gemeinten nicht mehr vordringen.
Sie glauben also an die Zuständigkeit von sogenannten Experten und staatlichen Stellen für die Orthographie?
Ich glaube, dass eine moderne Sprachverkehrsgemeinschaft das Recht hat, ja, dass es sogar sehr sachdienlich ist, ihre Rechtschreibung in dieser Art allgemeinverbindlich zu regeln, dahingehend, dass jeder weiß, worin die Regeln bestehen. (Dass es dennoch jedem Privatmann freisteht, sich nach der Regelung zu richten oder nicht, steht auf einem andern Blatt.)
Damenorthografie
Vielleicht schaffen Sie sich einmal das Reclam-Büchlein mit den Briefen von Goethes Mutter an; das wäre ein gutes Beispiel ("Manusprickte" schreibt sie und solche Sachen). Aber auch Goethes eigene Orthografie war noch ziemlich eigenwillig (nicht als ob in normalen Goethe-Ausgaben seit 1900 jemals seine eigene Orthografie gebraucht würde). In Frankreich ereignete sich gleichzeitig Ähnliches, obwohl das Wörterbuch der Académie bereits eine allgemeinverbindliche französische Rechtschreibung festlegte. Die erwartete man aber von Damen nicht, bei denen man weniger Schulbildung voraussetzte. Gleichzeitig in England erst...
Die Festlegung einer ganz bestimmten Orthografie für einen bestimmten Sprachraum ist ein erheblicher Fortschritt, weil die Orthografie in 99% ihrer Anwendungen nur eine Äußerlichkeit ist.
Wer sich fachlich mit einem bestimmten Gegenstand auseinander setzt, soll nicht auch noch über die Rechtschreibung philosophische Betrachtungen anstellen müssen, sondern irgendwo die erforderlichen Hinweise finden, wie er das ohne Regelverstoß (dh in unauffälliger Form) schriftlich fixieren und es andern schriftlich mitteilen kann, ohne dabei den Leser durch Normverstöße vom Gemeinten abzulenken.
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.10.2003 um 13.03
Lieber margel,
es gibt sicherlich Damen und Herren, die die Seiten wechseln.
Ich bin in jedem Fall für die neue Rechtschreibung.Ich würde mir nur ein paar Änderungen wünschen.Dazu stehen auch halbgeschriebene Einheiten auf "dem nicht mehr weißen Blatt" auf meinem Schreibtisch. Wer Kritik übt, muss noch lange nicht die Seiten wechseln. Auch die Gemüts- und Herzensbildung a la Lachenmann hat damit nichts zu tun.
Ich denke nur, dass man derzeit nichts mehr erreichen kann.
Der "Rechtschreibzug" ist abgefahren, obwohl auch staatstragende Personen von dieser Reform nicht mehr überzeugt sind.
Ich untersuche gerade Lernmaterialien und stelle zuweilen sehr befremdlich fest, dass man auf den Bindestrich tatsächlich in Schülermaterialien eingegangen ist um z. B. drei "e"s zu vermeiden. Dies schaut dann so aus: Tee-Ei oder Schiff-Fahrt. Das wirkt auf mich falsch.
Aber möglich ist heute alles, wie man hier deutlich sieht.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Reinhard Markner am 01.10.2003 um 12.53
Hinter diesem ganzen sehr haltlosen Gerede, wonach die Sprache von der Schrift ganz unabhängig sei, scheint eine Art Sanktifizierung der gesprochenen Sprache zu stecken. Sie ist die Große Unberührbare, der kein Ministerialerlaß etwas anhaben kann.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 12.37
An guest
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Die Rechtschreibreform ist dort zu kritisieren, wo sie jahrhundertelange Wortbildungsprinzipien der deutschen Hochsprache einfach zu Fehlentwicklungen erklärt und Hunderte von natürlich gewachsenen Wörtern und Wortbedeutungen von Staats wegen abgeschafft und für Schüler verboten hat. Engländer und Amerikaner würden sich das für ihre Sprache nicht gefallenlassen.
Die Rechtschreibreform erklärt zur Wortbildung nichts.
Sie gibt einige Regelungen zur Getrennt- und zur Zusammenschreibung (zum grafischen Kode), mehr nicht.
Die Wortbildung gehört zur Sprache selber; Kriterien dazu findet derjenige, der im Deutschen getrennte und nicht-getrennte Wörter scheiden will, zB in der Intonation, im Sprachgefühl der Sprecher, in den grammatischen Zusammenhängen zwischen den Teilen der einschlägigen Konstruktionen.
Was im Deutschen ein Kompositum oder was nur eine locker verknüpfte Nominalphrase ist, dazu gibt es verschiedene Theorien; das Gebiet ist, soweit ich das von außen beurteilen kann, im Zweifelsfalle sehr schwierig.
Während diese Fragen noch ungeklärt ist, soll ein Rechtschreib-Wörterbuch mittlerweile aber schon praktische Hinweise geben, wie einheitlich, konsequent bzw unauffällig zu schreiben ist. Dabei bleibt es nicht aus, dass es die Getrennt- bzw Zusammenschreibung gar nicht eins-zu-eins nach der Wortbildung richten kann, weil diese in der lebenden Sprache selber Grauzonen enthält.
Wenn ich dieser Regelung folge und somit "fern halten" schreibe, dann nicht, weil ich den Ausdruck für KEIN Kompositum hielte, sondern weil ich annehme, dass in der RR nunmehr einige diskontinuierliche Schreibungen für zusammenhängende Wörter eingeführt worden sind, damit man für die Schreibung eine einfache Regel entwickeln konnte (getrennt ist zu schreiben, wenn die erste Partikel erweiterbar oder steigerbar ist).
Hinter Ihrem Einwand steckt, wie bei praktisch der ganzen seltsamen Kritik an der RR, wieder einmal die Verwechslung von Belangen der Sprache und Belangen der Kulturtechnik Rechtschreibung. Letztere kann man grundsätzlich regeln wie man will; das berührt die Wortbildungsstrukturen der fraglichen Sprache nicht.
eingetragen von margel am 01.10.2003 um 12.25
Hochverehrte Frau Popp, ich glaube alle hier Schreibenden wünschen sich dringend, daß ihre Bemerkungen ("Gespött") von den betroffenen, abwesenden Dritten (sind wir nicht alle in gewissem Sinne "abwesend" ?) entdeckt und möglichst auch beantwortet werden. Ihre Einlassungen hinsichtlich Lautschreibung bringen leider nichts Neues. Was meinen Sie übrigens mit "Ablenkung" vom Inhalt? Sie glauben also an die Zuständigkeit von sogenannten Experten und staatlichen Stellen für die Orthographie? Können wir uns darauf hinsichtlich der weiteren Diskussion erst einmal einigen? Ich frage das deswegen, weil eine andere Dame in diesem listigen Forum öfter mal die Seiten gewechselt hat...
eingetragen von Reinhard Markner am 01.10.2003 um 12.22
Ihre beiden Saussure-Bröckchen beeindrucken mich wirklich nicht, Frau Popp, zumal Saussure meines Wissens nie etwas Bemerkenswertes über Rechtschreibung geäußert hat, aber Näheres über die »Damenorthographie« hätte ich schon gern erfahren.
Was Sie über die Ablenkung vom Inhalt schreiben, ist im Prinzip richtig, wenngleich ein Zusammenhang mit der Lauttreue in der von Ihnen gemeinten Form nicht besteht. Die Orthographie sollte ihren Zweck unauffällig erfüllen können. Änderungen sind immer in erster Linie Störungen. Wer sie vornehmen will, steht also unter hohem Rechtfertigungsdruck. Wägen Sie doch mal ab, ob die 1996 beschlossenen Änderungen die ausgelösten Störungen wert gewesen sind.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 12.09
Verehrter Herr Kolbe, sprechen Sie doch bitte nicht für andere. Ich bin jedenfalls Gegner jedweder staatlich organisierten Rechtschreibreform.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 11.57
Verehrter Herr Kolbe, sprechen Sie doch bitte nicht für andere. Ich bin jedenfalls Gegner jedweder staatlich organisierten Rechtschreibreform.
eingetragen von Margret Popp am 01.10.2003 um 11.21
Hallo,
Anscheinend ist das hier ein Untergrundforum, wo man hofft, dass Gespött über abwesende Dritte von denen gar nicht erst entdeckt wird.
Dass ich meinen eignen Namen gesucht hatte, stimmt; wieso das Eitelkeit gewesen sein müsste, bei den vielfältigen Gründen, die man dafür haben kann, müsste man mir erklären.
Statt zu finden, was ich suchte (eine bestimmte gebookmarkte Stelle auf einem Fremdrechner, der meine Bookmarks nicht hatte), bin ich dann auf den listigen Verein hier gestoßen; verblüffend.
Tut mir Leid, dass sich an meiner Beobachtung, dass zu der heutigen Rechtschreibung hauptsächlich Torheiten vorgebracht werden, durch Lektüre Ihrer Erwiderungen wenig ändert. Oder war da ein Argument hinsichtlich des weit untergeordneten Status von Schreibungen (Fixierung von parole) im Vergleich zur Sprache (langue) selber?
Die Vermischung von Problemen der Wortbildung und Schreibkonventionen in dem Beitrag von guest ist ja nicht sehr überzeugend.
eingetragen von margel am 30.09.2003 um 16.35
heißt es wieder einmal "der Virus" (in der FAZ)/ steht in einer Renault-Werkstatt-Anzeige:" Weil wir wollen, dass Sie weiter kommen." (das kann ich gut verstehen)/ steht in der OZ: daß ein Abgeordneter sein Gewissen wahr nimmt - So lange mehrere Pfandsysteme existieren,.....könne die neue Regelung - mit Strahlen gegen Anthrax-verseuchte Post - aber auch: alters-dement - die Insel lasse sich seine Seele nicht abkaufen / las ich das Wort "Verräumung" und glaubte einen Augenblick lang, da stehe ein "r" zuviel...
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.09.2003 um 12.29
Auch ist z.B. die Berliner Vertauschung von Dativ und Akkusativ nicht als Vorbild geeignet.
Ach, wissen Se, man jewöhnt sich an allem auch an dem Dativ!
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.09.2003 um 12.27
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
von Hermann Unterstöger in der Süddeutschen Zeitung v. 29.9.03, München (in der Original-Rechtschreibung): Überschlägig betrachtet, ist die Welt in je ein "Wies'n"- und "Wiesn"-Lager gespalten, und dass es bisher zu keinen Glaubenskriegen gekommen ist, mag daran liegen, dass die "Wiesn"-Fraktion nur zu gut weiß, wie wenig Chancen sie augenblicklich gegen die Leute von der "Wies'n"-Partei hat.
eingetragen von guest am 30.09.2003 um 07.14
Das Westfälische zeichnet sich durch einige sehr zweckmäßige Weiterentwicklungen aus, zu denen besonders die "Westfälische Verlaufsform" zu zählen ist: Ich bin an Arbeiten. So wie man mit Hilfe des Bairischen das Hochdeutsch vereinfachen könnte, könnte man z.B. mit Hilfe des Westfälischen sinnvolle Weiterentwicklungen des Hochdeutschen betreiben. Dazu sollte man auch andere Dialekte auf den Prüfstand stellen. Es ist untersuchenswert, inwieweit Weiterentwicklungen eher in den Dialekten als in der Hochsprache auftreten und zugelassen werden. Die reine Zahl der Anwender sagt aber noch nichts über den Gebrauchswert aus, denn von einem freien Markt und Wettbewerb der Dialekte kann noch keine Rede sein. Auch ist z.B. die Berliner Vertauschung von Dativ und Akkusativ nicht als Vorbild geeignet.
eingetragen von guest am 29.09.2003 um 18.52
Ohne der Leseverständlichkeit irgendwie zu schaden, könnte man die deutsche Rechtschreibung wesentlich erleichtern, wenn man einige Grundprinzipien der Bairischen Sprache ins Hochdeutsche übernehmen würde: Wegfall überflüssiger nicht gesprochener "e", Wegfall des Präteritums, Wegfall unnötiger "ge-" im Perfekt, Vereinfachung der Pronomen usw. Auch die deutsche Grammatik könnte man mit Hilfe des Bairischen stark vereinfachen. Zumindest als Alltagssprache für einfache Anforderungen sollte das Bairische als offizielle Zweitsprache zugelassen werden. Aus den beliebten Volkstheater-Stücken ist es ja über das Fernsehen bereits in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz bekannt, sodaß besondere Sprachkurse unnötig sind.
Es sei daran erinnert, daß auch die hochdeutsche Lautverschiebung, die sich über (fast) ganz Deutschland ausgebreitet hat, aus dem Oberdeutschen stammt. Hier wurde also schon einmal Pionierarbeit geleistet.
eingetragen von guest am 29.09.2003 um 16.31
von Hermann Unterstöger in der Süddeutschen Zeitung v. 29.9.03, München (in der Original-Rechtschreibung):
"Grad wenn's am Lautesten kracht, ist die beste Zeit, in sich zu gehen und über die Vergeblichkeit allen Tuns, die gute alte "vanitas", nachzudenken. Da dem so ist, erinnern wir uns jetzt, zur Mitte des Oktoberfests, eines vor sieben Jahren an dieser Stelle erschienenen Artikels, in dem behauptet wurde, dass nichts so falsch sei wie der Apostroph, auf Bairisch: "s Haggerl", in dem Wort "Wies'n". Unsere Argumentation ging dahin, dass es ein Substantiv "Wiesen" nicht gebe und nie gegeben habe, weswegen auch kein "e" ausgelassen werden könne, dessen Fehlen durch einen Apostroph angedeutet werden müsste.
Um ehrlich zu sein, hat sich unsere Mahnung nur unzulänglich durchsetzen können. Überschlägig betrachtet, ist die Welt in je ein "Wies'n"- und "Wiesn"-Lager gespalten, und dass es bisher zu keinen Glaubenskriegen gekommen ist, mag daran liegen, dass die "Wiesn"-Fraktion nur zu gut weiß, wie wenig Chancen sie augenblicklich gegen die Leute von der "Wies'n"-Partei hat. Im Grunde hätte man damals, als unser Aufruf erschien, schon wissen müssen, wie letztlich sinnlos es ist, in Zeiten eines eher zu- als abnehmenden Apostrophenwahnsinns der Reduzierung des Apostrophs das Wort zu reden: Wo sich jede zweite Würstlbude "Susi's Brotzeitlad'l" oder "Helga's grüabig's Stand'l" nennt, kann die Besonnenheit zusammenpacken und sich dorthin schleichen, wo der Bart'l den Pfeffer verloren hat - oder so.
Da wir aber so schön bei der Sache sind, sei trotzdem generell daran erinnert, dass der Apostroph im Bairischen so gut wie nichts zu suchen hat. In Altötting hat einmal eine Gruppe von Tüftlern versucht, möglichst viele Konsonanten zu ballen. Der dabei erarbeitete (und keineswegs persönlich gemeinte) Merksatz war eine Aufforderung, die Frau Gschwendtner zu verdreschen. Geschrieben sah das so aus: "Dreschds d Gschwendnerin!" Und alles ohne Apostroph."
eingetragen von margel am 28.09.2003 um 14.16
Ich hatte schon befürchtet, in Zukunft auf Renate Marias Dessins verzichten und stattdessen mit den Knallbonbons von M.P vorliebnehmen zu müssen. Aber die mögliche Verwechslung der einen mit der anderen hat Gottlob Frau Doktor wieder aus dem Busch gelockt. Ich hoffe nun, noch mehr von beiden genießen zu können. Der heutige Sonntag war schon bis hierher ein bemerkenswerter Tag für mich und wohl auch für andere in diesem Kreise. - Ich habe mich in meinem schon etwas längeren Dasein oft bemüht, Emotionen auf den Punkt zu bringen - es will und will mir nicht gelingen. Vielleicht sollte ich mal versuchen, einen Hauptschullehrer, noch besser: eine Hauptschullehrerin näher kennenzulenen. (Ich denke da bereits an eine attraktive, blonde... Pst! Nicht weitersagen). - Das Schönste am Lehrerberuf ist ja doch das Erteilen von Zensuren, nicht wahr, Frau Doktor? Ich beneide Sie um die Unbefangenheit, mit der Sie das fertigbringen! Wo mag deren Wurzel liegen? In der Gewißheit des rechten Glaubens? Bitte erklären Sie doch einmal, ein einziges Mal, nachvollziehbar, warum sie der RR anhängen.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.09.2003 um 14.01
„Nachholbedarf haben nicht Sie, Herr Lindenthal, sondern vor allem Herr Kukulies und Herr Markner.“
Liebe Frau Dr. Menges,
nur ungern lasse ich mich hier durch ein winziges Lob von unseren anderen Foristen abspalten.
„Warum ich für die neue Rechtschreibung sein muss und nicht anders urteilen kann, haben die beiden Herren noch nicht verstanden ...“
Das habe auch ich, Detlef Lindenthal, noch nicht ganz verstanden; allenfalls insoweit, daß solches vermeintes Müssen durch vorauseilende Anpassung und ss-Diktatur-gemäßen Kadavergehorsam (also durch eine für unsere staattragenden Beamtinnen und Beamten völlig unannehmbare Dienstpflichtverletzung) entsteht.
„Wir können ja einen Strang für emotional geführte Themen der Rechtschreibreform und der derzeit gültigen Rechtschreibung aufmachen und in Lektionen aufteilen.“
Das geht in Ordnung, ich fange hier probeweise schon mal an: Also, ich finde die RS„R“ schlichtweg menschenverdummend und dämlich.
Hatten Sie das in etwa so gemeint? Auf Ihre emotional geführte Antwort bin ich nun gespannt.
Mit sonnigem Sonntagsgruß :-) :-) :-)
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.09.2003 um 13.41
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Zitat:
Er versteht eben vielmehr als Frau Popp von der deutschen Sprache und er kann dies hochqualifiziert ausdrücken.
![]()
eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2003 um 13.37
[Christian Melsa] Doch doch, die Frau Popp gibt's wirklich, und sie scheint auch wirklich die Autorin des betreffenden Beitrags hier zu sein. Frau Menges hat einen deutlich anderen Schreibstil.
Das haben die beiden Damen bei Spiegel-Online wohl auch so empfunden:
Gibt es Gott ? #9511 - Dr Margret Popp Mar 27, 2001 08:10 pm
eingetragen von Elke Philburn am 28.09.2003 um 12.20
Zitat:
Er versteht eben vielmehr als Frau Popp von der deutschen Sprache und er kann dies hochqualifiziert ausdrücken.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2003 um 11.53
(Lindenthal)...emotional mitschwingend zuhören kann. Müßten Sie, also die Riege der Fachfrauen, da nicht zugunsten von uns emotional Unterbelichteten passende Forums-Fäden mit geeigneten Nachhol-Lektionen bereitstellen?
Nachholbedarf haben nicht Sie, Herr Lindenthal, sondern vor allem Herr Kukulies und Herr Markner. Wir können ja einen Strang für emotional geführte Themen der Rechtschreibreform und der derzeit gültigen Rechtschreibung aufmachen und in Lektionen aufteilen. Warum ich für die neue Rechtschreibung sein muss und nicht anders urteilen kann, haben die beiden Herren noch nicht verstanden ...
Ich habe vergessen, dass Herr Ickler neben seinem immensen Sachverstand auch noch gehörig viel Mut hat, was mir durchaus imponiert.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von guest am 28.09.2003 um 11.14
Wo und wenn nicht warum nicht findet man einen Hinweis auf den "Kritischen Kommentar" auf der Willkommenseite?
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.09.2003 um 10.03
@Frau Dr. Menges:
„[Prof. Ickler] versteht eben viel mehr als Frau Popp von der deutschen Sprache, und er kann dies hochqualifiziert ausdrücken. ... “
Oh, das beruhigt mich.
„Im Bereich der emotionalen Sprache kann er sich nicht einmal so ausdrücken wie manche Hauptschullehrer, die Emotionen auf den Punkt bringen können.“
Hmm, da haben wir ein Problem – welches ich vermutlich genau deshalb nicht auf die Schnelle nachvollziehen kann, weil ich selbst ein Mann bin und daher besser einparken als emotional mitschwingend zuhören kann.
Müßten Sie, also die Riege der Fachfrauen, da nicht zugunsten von uns emotional Unterbelichteten passende Forums-Fäden mit geeigneten Nachhol-Lektionen bereitstellen?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Reinhard Markner am 28.09.2003 um 09.45
Frau Popp hat die sie betreffende Aussage sicherlich nicht zufällig gefunden, sondern weil sie eitel genug ist, ihren eigenen Namen bei einer Suchmaschine einzugeben. Die hier geäußerte Vermutung, sie lasse sich bei Ausflügen in die Wissenschaft von ihren Gefühlen lenken, ist sehr plausibel. Eigentlich war sie ja gut beraten, zum Schildbürgerstreich als einer leicht faßlichen Darstellung der Probleme zu greifen. Der Kritische Kommentar des gleichen Autors wäre vermutlich über ihren sehr engen linguistischen Verstehenshorizont gegangen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2003 um 08.50
(Lindenthal)Frage in die Runde:
Hält jemand es für möglich, daß Dr. Margret Popp ein Deckname für Dr. Renate Maria Menges ist?
Herr Lindenthal,
wie können Sie nur so etwas annehmen? Frau Popp und ich sind jeweils streitbare Katholiken und Befürworterinnen der neuen Rechtschreibung. Beide haben wir aber im Bereich der Rechtschreibung unsere Meinung etwas zurückgenommen. Trotz alledem haben wir sehr unterschiedliche Meinungen zu allen Diskussionsthemen, dabei bin ich die Pragmatikerin und sie die Theoretikerin.
Zum Beispiel schreibt sie über Theodor Ickler:
(Popp)Die sprachwissenschaftlichen Torheiten jedoch, die zur Kritik der Reform vorgebracht worden sind (konzentriert zB in Icklers Büchlein über den Schildbürgerstreich) erschienen mir derart unprofessionell, dass ich mich mit solchen Schmähern nicht gemein machen
Prof. Ickler ist kein Schmähbuchschreiber, er ist keinesfalls unprofessionell. Ich achte und schätze Herrn Ickler wegen seiner qualifizierten Äußerungen über sprachliche Probleme. Ich achte ihn wegen seines hohen Wissens und Könnens seiner sachlich sprachlichen Arbeiten. Er versteht eben vielmehr als Frau Popp von der deutschen Sprache und er kann dies hochqualifiziert ausdrücken.
Natürlich hat er ein Manko sowie alle Menschen. Im Bereich der emotionalen Sprache kann er sich nicht einmal so ausdrücken wie manche Hauptschullehrer, die Emotionen auf den Punkt bringen können. Aber alles kann ja auch ein Professor nicht können, sonst wäre ja die Schriftstellerei umsonst.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.09.2003 um 06.02
Ich sehe es nur durch Zufall, mit tiefer Rührung und von Herzen amüsiert, welch tiefsinnige Gedanken Sie sich am 29.8.2003 über mich gemacht haben, und all das auch noch, ohne zu wissen, ob ich das jemals lesen würde.
... wobei mich Ihr Interesse natürlich sehr ehrt.
Verehrte Frau Dr. Popp,
manche Aktionssatiriker vergraben eben bewußt Dinge – vom Pfeifenkopf mit der Aufschrift „Julius Cäsar seinem geliebten Lateinlehrer ..." bis zum Piltdownschädel –, die gefunden werden sollen. Ihr Amüsement ist übrigens spiegelgleich dem von Professor Ickler, für den ich am 21.2.02 hier unter „Spott, Ironie ..." einige Zitate von Ihnen vergraben hatte.
Die gesammelten Äußerungen von Frau Popp über mich haben mich sehr amüsiert (so boshaft bin ich) und auch ein bißchen überrascht, weil ich nie geglaubt hätte, daß außer meiner Frau irgend jemand sich so leidenschaftlich mit mir beschäftigt.
Zunächst muß ich wohl für die übrigen Anwesenden das Existenzproblem klären. Ich glaube mit mehr Gründen an Ihre Existenz als an die positive Beantwortung der Frage des Spiegel-Forums „Gibt es Gott?", in dem Sie nun schon seit vielen Jahren beitragen. Besonders haften geblieben ist mir von dort Ihr Diktum „Die Hölle ist ein Akt der Liebe" (zuletzt 2.8.2003, 5:39 Uhr). Von daher fällt der Sprung zur „Rechtschreibreform" nicht schwer. Auch sie will ein „Akt der Liebe" gegenüber Schülern und Wenigschreibern sein.
Zu der von mir verbreiteten Legende Ihres Reform-Bekehrungserlebnisses möchte ich sagen, daß es – wie in allen Glaubensfragen – nicht darauf ankommt, ob es so stattgefunden hat, sondern daß es so geglaubt werden kann. Der Frust mancher Anglisten über die unreformierbare englische Orthographie scheint sie zu gemeinsamen Ersatzhandlungen am Deutschen gläubig zu vereinen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von guest am 27.09.2003 um 22.14
Die Rechtschreibreform ist dort zu kritisieren, wo sie jahrhundertelange Wortbildungsprinzipien der deutschen Hochsprache einfach zu Fehlentwicklungen erklärt und Hunderte von natürlich gewachsenen Wörtern und Wortbedeutungen von Staats wegen abgeschafft und für Schüler verboten hat. Engländer und Amerikaner würden sich das für ihre Sprache nicht gefallenlassen.
Kurzer Vergleich der deutschen und englischen Wortbildung:
Die heutige englische und noch mehr die amerikanische Wortbildung ist das genaue Gegenteil der deutschen: Im Englischen wandelten sich die synthetischen Verbalkomposita des Altenglischen (das dem Deutschen näher war) im Mittel- und Neuenglischen und noch mehr im Amerikanischen zu analytischen verbalen Wortverbänden mit der Funktion eines Einzelwortes.
Das Deutsche benutzte bisher nebeneinander beide Wortbildungsverfahren, um mit denselben Wortbausteinen unterschiedliche Bedeutungen auszudrücken: Mit den synthetischen, zusammengeschriebenen Verbalkomposita resultative Bedeutungen und mit den analytischen, getrennt geschriebenen verbalen Wortverbänden modale Bedeutungen.
Durch die Getrenntschreibung als Normalfall sollen nach englischem Vorbild die verbalen Wortverbände auch die bisherigen Verbalkomposita ersetzen. Dadurch werden deren spezielle Wortbedeutungen einfach ausgelöscht und die geschriebene Sprache mißverständlich, weil der verbale Wortverband jetzt beide Bedeutungen ausdrücken soll. Das ist eine erzwungene Verarmung der Ausdrucksfähigkeit und eine große Beschädigung der deutschen Sprache.
Durch die neue Getrenntschreibung bisher zusammengeschriebener Substantiv-Verb-, Substantiv-Partizip- und Substantiv-Adjektiv-Komposita erhalten diese Substantive die Funktion von Adverbien ("adverbiales Substantiv"); das ist ein ganz typischer Anglizismus, denn im Englischen können dieselben Wörter je nach Stellung im Satz Substantive, Verben oder Adjektive sein, als sogenannte "Nullableitung" oder "Konversion".
Auch die bei der Rechtschreibreform erstmalig verwendeten sogenannten "Volksetymologien" sind für englische Wortbildungen seit langem typisch.
Manche Anglisten mögen dies alles sehr praktisch finden. Vielleicht ist primitiveres Deutsch für Engländer und Amerikaner leichter, so wie Bad English oder Basic Simple English für Deutsche.
(Die verwendeten Fachausdrücke stammen aus den Quellen: Ernst Leisi, Das heutige Englisch; Manfred Scheier, Der englische Wortschatz;
Standardliteratur zur deutschen Wotbildung: Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache; Ludwig Eichinger, Deutsche Wortbildung)
eingetragen von margel am 27.09.2003 um 20.37
Margret Popp bezeichnet sich selbst als "anglistische Sprachwissenschaftlerin in Würzburg". Ich habe sie aber unter dem einschlägigen Personal der Universität nicht gefunden. - In einem Forum namens "High - Debate" hat sie sich mehrfach zu Wort gemeldet. Sie empfahl dort Martin Gardner als "fitten Kopf". Die Namen von B. Russell und G.W. Leibniz konnte sie nicht korrekt schreiben. Vielleicht kommt das von einer kontagiösen Wirkung der reformierten Rechtschreibung. - Insgesamt scheint mir die Dame etwas verschwommen und gleichzeitig von Glaubenseifer beseelt - was sich ja gut ergänzen kann.
eingetragen von Christian Melsa am 27.09.2003 um 17.59
Doch doch, die Frau Popp gibt's wirklich, und sie scheint auch wirklich die Autorin des betreffenden Beitrags hier zu sein. Frau Menges hat einen deutlich anderen Schreibstil.
eingetragen von margel am 27.09.2003 um 17.16
Eine Frau Dr. Margret Popp scheint tatsächlich zu existieren. Wenn man bei google ein wenig stöbert, findet man: 1. M.P. als Mitunterzeichnerin eines Briefes des "Bundesverbandes Deutscher Landwirte" an den Bundespräsidenten. Damit sollte die Ernennung Manfred Stolpes zum Minister verhindert werden. 2. M.P. in einem theologischen Disput über eine alttestamentliche Frage als "Gefängniswärterin" apostrophiert. 3. M.P. als Verfasserin eines - schmerzbewegten - Leserbriefs an den "Spiegel" anläßlich des Todes von R. Augstein
eingetragen von Detlef Lindenthal am 27.09.2003 um 16.22
Liebe Frau Dr. Popp,
Ihr Beitrag fordert zu Fragen heraus. Sie schreiben:
„Ich lerne nun zwar aus Ihrem Zitat mit Freuden, dass auch der Staatsminister Meyer genug gesunden Menschenverstand hat, über die paar reformierten Schreibungen im Deutschen in keine Ohnmacht zu verfallen ...
Übereinstimmend ist daher wohl, dass wir [Herr Staatsminister Meyer und Frau Dr. Margret Popp]
(a) über orthografische Mangelerscheinungen sowieso nicht in Ohnmacht fallen können, sonst hätten wir das Lesen der englischen Texte in unserm Studium nie durchgestanden,
(b) uns vor Augen halten, die englische Sprache ist an ihrer (mit Verlaub) Murx-Orthografie nie gescheitert, sondern munter zur Weltsprache avanciert, ein historisches Beispiel, was das ganze Schauer-Getöse um die deutsche Rechtschreibung, die angeblich die deutsche Sprache beeinträchtige, allein schon ad absurdum führt. “
Dazu mehrere Fragen:
Woher wissen Sie das denn, daß eine englischmäßige Rechtschreibung (also mehrdeutige Beziehungen von Buchstabenfolge und Aussprache, unklare Wortbildung und Zeichensetzung, Kleinschreibung) die deutsche Sprache mit ihrer wesentlich reichhaltigeren Grammatik nicht beeinträchtigen würde?
Was hat „über die paar reformierten Schreibungen im Deutschen in keine Ohnmacht zu verfallen“ mit „gesundem Menschenverstand“ zu tun?
Sie schreiben:
„Die sprachwissenschaftlichen Torheiten jedoch, die zur Kritik der Reform vorgebracht worden sind (konzentriert zB in Icklers Büchlein über den Schildbürgerstreich) erschienen mir derart unprofessionell, dass ich mich mit solchen Schmähern nicht gemein machen wollte sondern seither auf Gegenkurs gegen diese gegangen bin und die neue Schreibung, statt mich drüber aufzuregen, daraufhin selber übernommen habe.“
Haben Sie wirklich – erst – als Gegenkurs gegen das Ickler-Büchlein zur Rechtschreibänderung Stellung bezogen??
Können Sie das wirklich verantworten, daß Sie sich zu Dingen äußern, für die Sie nicht ausgebildet sind (denn ganz offenbar sind Sie weder Schriftsetzerin noch Lektorin) und zu denen Sie das bemerkenswerte Paragraphenwerk („Die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“) nicht gelesen haben?
Waren Ihre Eltern und Großeltern in Sachen Hauptstrom-Gehorsam genauso anpassungsfreudig wie Sie?
Detlef Lindenthal
-- -- -- --
Frage in die Runde:
Hält jemand es für möglich, daß Dr. Margret Popp ein Deckname für Dr. Renate Maria Menges ist?
eingetragen von Christian Melsa am 27.09.2003 um 14.41
Walter Lachenmann schrieb:
In religiösen Fragen, wo ohnehin weitestgehend spekuliert wird, mag das ja seine Berechtigung haben, da muß der Glaube weiterhelfen, aber als wissenschaftliche Positionierung wirkt so eine Haltung schon auch eher als eine Torheit, also alles andere als professionell.
Die Unterschiede zwischen religiösen Strömungen ergeben sich allerdings auch nicht hauptsächlich aus wilden Spekulationen, sondern aus Ermessensfragen. Das sind Fragen der Interpretation und der Gewichtung, und um die kommt man nicht einmal bei streng wissenschaftlicher Forschung herum.
eingetragen von Christian Melsa am 27.09.2003 um 14.35
Margret Popp schrieb:
Übereinstimmend ist daher wohl, dass wir
(a) über orthografische Mangelerscheinungen sowieso nicht in Ohnmacht fallen können, sonst hätten wir das Lesen der englischen Texte in unserm Studium nie durchgestanden,
Kann man festhalten, daß demnach auch Sie das Ergebnis der Rechtschreibreform für eine orthographische Mangelerscheinung halten, über die man eben nur nicht in Ohnmacht fallen müsse?
(Die Ohnmacht der Reformgegner ist eher anderer Natur, wie sich am Beispiel des aufgehobenen schleswig-holsteinischen Volksentscheids zeigt: sie beruht auf Verrat.)
(b) uns vor Augen halten, die englische Sprache ist an ihrer (mit Verlaub) Murx-Orthografie nie gescheitert, sondern munter zur Weltsprache avanciert, ein historisches Beispiel, was das ganze Schauer-Getöse um die deutsche Rechtschreibung, die angeblich die deutsche Sprache beeinträchtige, allein schon ad absurdum führt.
Es dürfte doch außer Zweifel stehen, daß Englisch nicht deswegen Weltsprache ist, weil es von den Völkern der Welt aufgrund sorgfältig erwogener Qualitätsüberlegungen dazu ausgewählt worden wäre. Ursache ist vielmehr der englische Imperialismus gewesen.
Rechtschreibung hat mit "Sprache" prinzipiell nichts zu tun; sie ist nur eine Kulturtechnik, die der Fixierung sprachlicher Aussagen dient, hierin akustischen Aufzeichungsmethoden nicht unähnlich.
Also hat sie mit Sprache offensichtlich doch sehr viel zu tun. Sprache als Kommunikationswerkzeug existiert nicht ohne Manifestationsmethoden, und die Schrift ist eine kulturell enorm wichtige, für die höhere Zivilisation sogar die wichtigste.
Die Kommunikation kann auch nur funktionieren, wenn sie auf Bedeutungsvereinbarungen beruht. Mit der Rechtschreibreform wurden nun unerprobte (oder bereits in weitaus früheren Entwicklungsstadien verworfene) Verschriftungskonventionen gegen den Willen der Sprachgemeinschaft dekretiert. Die gegenüber den zuvor bereits gut etablierten und bewährten Konventionen funktionale Unterlegenheit der neuen Konventionen läßt sich klar nachweisen.
(Man könnte auch Rumänisch wieder in kyrillischen Buchstaben schreiben, wie es bis ins 19. Jh geschah, oder Hebräisch in phonetischen Buchstaben, ohne dass sich an diesen Sprachen selber etwas änderte.)
Hier bringen Sie ein Beispiel, das sich nicht auf der Ebene der Rechtschreibung, sondern auf der Ebene des verwendeten Alphabets befindet.
Daher hat auch die Aussage, dass die Sprache dem Volk gehört (der ich natürlich zustimme), mit der Regulierung der Rechtschreibung nichts zu tun.
Sie hängen einem logischen Fehler an. Die Sprache ist zwar (natürlich) mehr als die Rechtschreibung, aber daraus folgt nicht, daß Rechtschreibung nichts mit Sprache zu tun habe. Vielmehr ist Rechtschreibung ein Teilbereich der Sprache, und in genau diesen Teilbereich hat der Staat einen undemokratischen und unsachgemäßen, schädlichen Eingriff vorgenommen. Deswegen erhebt sich Widerstand. Dieser Widerstand hat eine demokratische Mehrheit, deswegen müßte ein Staat mit unserem Grundgesetz sich eigentlich selbstverständlich danach richten.
Sicher ist an der heutigen deutschen Rechtschreibung nicht alles Gold, was glänzt;
Ich würde eher sagen: Es glänzt nichts davon so, wie es für das Gold, als das es ausgegeben wurde, zu erwarten gewesen wäre.
erst recht aber war auch die alte Rechtschreibung nicht in allen Punkten zweckmäßig (es gibt gar kein Stadium der deutschen Rechtschreibung, das rundum ideal gewesen wäre), und ich schwankte auch erst, ob ich die seit 1996 erlassene Form gut finden sollte oder nicht (von Kreuzritter-Elan pro RR hab ich an mir nix gemerkt).
Mag sein, daß keine Rechtschreibregelung perfekt ist. Die Reformgegner wollen ja auch nicht unbedingt die bisherige Rechtschreibung für alle Zeiten festzementieren. Man kann aber in fast allen durch die Reform veränderten Punkten nachweisen, daß es vorteilhafter ist, bei der alten Rechtschreibung zu bleiben.
Die sprachwissenschaftlichen Torheiten jedoch, die zur Kritik der Reform vorgebracht worden sind (konzentriert zB in Icklers Büchlein über den Schildbürgerstreich) erschienen mir derart unprofessionell, dass ich mich mit solchen Schmähern nicht gemein machen wollte sondern seither auf Gegenkurs gegen diese gegangen bin und die neue Schreibung, statt mich drüber aufzuregen, daraufhin selber übernommen habe. Die Begegnung mit den konzentrierten Torheiten der Schmäher also sollten Sie als mein "Bekehrungserlebnis" verbuchen, falls Sie eins verzeichnen wollen, wobei mich Ihr Interesse natürlich sehr ehrt.
Wenn Ihr Wechsel zur neuen Rechtschreibung die Verweigerung einer Solidarität mit Leuten ausdrücken sollte, deren Äußerungen man in bestimmten Punkten ablehnen muß, dann sind Sie aber durch diesen Wechsel vom Nieselregen in die Traufe geraten.
Ich mußte auch schon über so manche Äußerung von Reformkritikern das Gesicht verziehen (weniger bei Theodor Ickler allerdings), aber deswegen würde ich doch im Traum nicht darauf kommen, aus Trotz den totalen Blödsinn der Reformer zu übernehmen! Man kann die Fehler der Reformkritiker auch in alter Rechtschreibung widerlegen.
eingetragen von Walter Lachenmann am 27.09.2003 um 14.05
Die sprachwissenschaftlichen Torheiten jedoch, die zur Kritik der Reform vorgebracht worden sind (konzentriert zB in Icklers Büchlein über den Schildbürgerstreich) erschienen mir derart unprofessionell, dass ich mich mit solchen Schmähern nicht gemein machen wollte sondern seither auf Gegenkurs gegen diese gegangen bin und die neue Schreibung, statt mich drüber aufzuregen, daraufhin selber übernommen habe. Die Begegnung mit den konzentrierten Torheiten der Schmäher also sollten Sie als mein "Bekehrungserlebnis" verbuchen, falls Sie eins verzeichnen wollen, wobei mich Ihr Interesse natürlich sehr ehrt.
Nun wäre es zum einen interessant, worin die sprachwissenschaftlichen Torheiten bestehen, und zum anderen, inwiefern es wissenschaftlich ist, sich einer Lehre, gegen die man selbst seine Vorbehalte hat, nur deshalb anzuschließen, weil man von einer vorgetragenen Gegenargumentation nichts hält. Das klingt doch mehr nach gefühlsmäßigem Folgen von Glaubensrichtungen, und Herr Salzburg liegt mit seiner Einschätzung wahrscheinlich so daneben gar nicht. Es mag manch einer nur deshalb evangelisch sein, weil ihn das, was er von der katholischen Theologie zu begreifen meint, nicht überzeugt - und weil er vor allem den Papst nicht leiden kann - und umgekehrt ähnlich. In religiösen Fragen, wo ohnehin weitestgehend spekuliert wird, mag das ja seine Berechtigung haben, da muß der Glaube weiterhelfen, aber als wissenschaftliche Positionierung wirkt so eine Haltung schon auch eher als eine Torheit, also alles andere als professionell.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Margret Popp am 27.09.2003 um 13.22
Lieber Sigmar Salzburg,
Ich sehe es nur durch Zufall, mit tiefer Rührung und von Herzen amüsiert, welch tiefsinnige Gedanken Sie sich am 29.8.2003 über mich gemacht haben, und all das auch noch, ohne zu wissen, ob ich das jemals lesen würde:
Vermissen werde ich die Beiträge der Anglistin und streitbaren Katholikin Frau Dr. Margret Popp, die für die „neue" Rechtschreibung mit einem kreuzritterähnlichen Glaubenseifer eintrat. Erst neulich fand ich in einem ihrer Beiträge einen Hinweis, in welchem Umfeld das entscheidende Bekehrungserlebnis eingetreten sein könnte:
Dr Margret Popp - 11:42am Aug 18, 2003 CEST (#13082)
"Not only is Galatians autobiographical and undoctored, it has the ring of authentic history" (Eisenman).
...
Gal 6:11 ... Paulus sagt da:
Also, solange wir Zeit haben, wollen wir Gutes tun, allen, insonderheit aber den Glaubensgenossen.* Seht, mit welch [schönen] großen (pelikois) Buchstaben ich euch [zB] hier mit meiner Hand geschrieben habe.
...
*Dies zitierte uns auf dem Anglistentag 1996 in Dresden der sächsische Kultusminister Meyer, der ja ebenfalls Anglist ist.
Es handelt sich dabei um den sächsischen Staatsminister Dr. Hans-Joachim Meyer [CDU], zeitweise auch Vorsitzender des ZK der Katholiken, der [sich nicht durchweg negativ zur heutigen Rechtschreibung geäußert hat],
und den ich daher wohl aus Glaubensgründen, wie Sie meinen, hierin unterstützen zu müssen meine, weil ich doch, wie er, katholisch sei. Hohohahahahihihi.
Ich lerne nun zwar aus Ihrem Zitat mit Freuden, dass auch der Staatsminister Meyer genug gesunden Menschenverstand hat, über die paar reformierten Schreibungen im Deutschen in keine Ohnmacht zu verfallen; aber mit unserm Katholischsein hat diese (mir bisher unbekannte) Übereinstimmung sicher nix zu tun. Eher hat sie wohl damit zu tun, dass Herr Meyer und ich zufällig beide Anglisten sind.
Übereinstimmend ist daher wohl, dass wir
(a) über orthografische Mangelerscheinungen sowieso nicht in Ohnmacht fallen können, sonst hätten wir das Lesen der englischen Texte in unserm Studium nie durchgestanden,
(b) uns vor Augen halten, die englische Sprache ist an ihrer (mit Verlaub) Murx-Orthografie nie gescheitert, sondern munter zur Weltsprache avanciert, ein historisches Beispiel, was das ganze Schauer-Getöse um die deutsche Rechtschreibung, die angeblich die deutsche Sprache beeinträchtige, allein schon ad absurdum führt. Rechtschreibung hat mit "Sprache" prinzipiell nichts zu tun; sie ist nur eine Kulturtechnik, die der Fixierung sprachlicher Aussagen dient, hierin akustischen Aufzeichungsmethoden nicht unähnlich. (Man könnte auch Rumänisch wieder in kyrillischen Buchstaben schreiben, wie es bis ins 19. Jh geschah, oder Hebräisch in phonetischen Buchstaben, ohne dass sich an diesen Sprachen selber etwas änderte.)
Daher hat auch die Aussage, dass die Sprache dem Volk gehört (der ich natürlich zustimme), mit der Regulierung der Rechtschreibung nichts zu tun.
Sicher ist an der heutigen deutschen Rechtschreibung nicht alles Gold, was glänzt; erst recht aber war auch die alte Rechtschreibung nicht in allen Punkten zweckmäßig (es gibt gar kein Stadium der deutschen Rechtschreibung, das rundum ideal gewesen wäre), und ich schwankte auch erst, ob ich die seit 1996 erlassene Form gut finden sollte oder nicht (von Kreuzritter-Elan pro RR hab ich an mir nix gemerkt).
Die sprachwissenschaftlichen Torheiten jedoch, die zur Kritik der Reform vorgebracht worden sind (konzentriert zB in Icklers Büchlein über den Schildbürgerstreich) erschienen mir derart unprofessionell, dass ich mich mit solchen Schmähern nicht gemein machen wollte sondern seither auf Gegenkurs gegen diese gegangen bin und die neue Schreibung, statt mich drüber aufzuregen, daraufhin selber übernommen habe. Die Begegnung mit den konzentrierten Torheiten der Schmäher also sollten Sie als mein "Bekehrungserlebnis" verbuchen, falls Sie eins verzeichnen wollen, wobei mich Ihr Interesse natürlich sehr ehrt.
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.09.2003 um 14.30
Zitat:Nicht nur das, Eisschnell-Lauf (und außerdem Eisschnell-Läufer und natürlich Eisschnell-Läuferin) steht sogar im Duden (2000), zwar mit dem Zusatz auch, aber das macht es ja nicht besser. Was davon steht eigentlich im 1996er Duden?
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Nicht zu vergessen den "eisschnellen Läufer", den man auf einer Briefmarke bewundern konnte (oder war das damals nur ein Entwurf?). Diese Schreibweise ist aber von dpa abgesegnet worden; [...]
eingetragen von guest am 23.09.2003 um 13.34
Nach meiner Meinung ist eine Reform immer ein gewaltsamer Eingriff von außen: "Man muß ..." Für die Anerkennung und nachträgliche Zulassung gewachsener Entwicklungen sollte es ein eigenes anderes Wort geben, denn das ist etwas anderes: "Man darf ..."
eingetragen von Klaus Kolbe am 22.09.2003 um 19.33
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Nerling
Zitat:
b) meine Formulierung ?? keine Gegner einer Rechtschreibreform, wir sind jedoch erbitterte Gegner d i e s e r Rechtschreibreform? bedeutet nicht (und war auch von mir so nicht gemeint), daß ich für eine staatlich organisierte Rechtschreibreform eintrete.
Nicht wahr? Das war doch eigentlich ziemlich gut geregelt vorher. Die Sprache entwickelt sich aus der Praxis weiter, und der Duden nimmt das auf, was sich wirklich eingebürgert hat, verwirft aber Unsitten. Er bleibt Schiedsinstanz in Zweifelsfällen, jedoch entwickelt er sich in den Jahren langsam weiter. Kurzlebige Moden der Sprache verschwinden so wieder, echte Verbesserungen finden Eingang. Warum konnte das eigentlich nicht so bleiben? So war die Reform eine permanente, sanfte, und man konnte mithalten.
Verwenden Sie echte typografische Anführungszeichen? ? erscheint bei mir als Viereck mit Fragezeichen.
eingetragen von guest am 22.09.2003 um 11.51
Ich bin auch wie anscheinend (nicht scheinbar) Frau Nerling der Meinung, daß von den vielen stummen "e" nur die beibehalten werden brauchen, die grammatisch zwingend notwendig sind, und die, deren Weglassen Mißverständnisse erzeugen würde.
Die jetzige Zeit der Rechtschreib-Anarchie bringt vielleicht auch irgendwelche bisher unterdrückten positiven Entwicklungen ans Licht mit Hilfe von Karl V[F]alentins Spruch "Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut."
eingetragen von margel am 22.09.2003 um 10.20
Wie kann "man" gegen die RR kämpfen? Zunächst einmal in seinem persönlichen Umfeld, wo meistens eine erstaunliche Unkenntnis der bösen Folgen dieses gewaltsamen Eingriffs in ein gewachsenes, funktionierendes(!) System herrscht. Besonders sollte man Lehrpersonen (>2005!) sensibilisieren und ermutigen, Ihre Schüler entsprechend zu unterrichten, d.h. zwar die Anordnung von oben zu befolgen, dies aber rein formal( was E. Troje die "emanzipatorische Variante der Imperativentheorie des Rechts" nennt...). Denn die Feiräume sind größer, als mancher beamtete Lehrer glaubt. Wäre ich noch aktiv, ich wüßte jedenfalls, was ich zu tun hätte, ohne dazu besonderer Zivilcourage zu bedürfen. - Zweitens ist natürlich dieses Forum sehr wichtig. Man darf annehmen, daß es von vielen unbekannten Interessierten besucht wird, nicht zuletzt auch von den Reformern und ihren Gefolgsleuten. - Schließlich sind Leserbriefe ein Mittel, das Thema in der Öffentlichkeit bewußt zu halten. Anläßlich des fünfjährigen Jubiläums waren ja viele Zeitungen durchaus bereit, wieder ihre Spalten zur Verfügung zu stellen. Man muß Verbündete gewinnen, am besten unter Schreibprofis.
eingetragen von Nerling am 22.09.2003 um 08.32
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Verehrte Frau Nerling, ich möchte Ihnen ungefragt meine aufrichtige, große Anerkennung dafür aussprechen
Zitat:
Sie wollen sogar energisch gegen die Reform kämpfen - wie schön! Mit freundlichen Grüßen
eingetragen von margel am 22.09.2003 um 08.20
Verehrte Frau Nerling, ich möchte Ihnen ungefragt meine aufrichtige, große Anerkennung dafür aussprechen, daß Sie unter dem Eindruck der hier vorgetragenen Argumente von einer (halbherzigen) Mitläuferin zu einer entschiedenen (wie ich doch schon jetzt annehmen darf?) Gegnerin der RR geworden sind. Dies vor allem deshalb, weil Sie im Gegensatz zu anderen, auch früheren, Teilnehmern dieses Kreises tatsächlich fähig waren, aus Ihrer Einsicht auch die Konsequenz für Ihre eigene Haltung zu ziehen. Sie wollen sogar energisch gegen die Reform kämpfen - wie schön! Mit freundlichen Grüßen
eingetragen von Nerling am 22.09.2003 um 07.15
Zitat:
b) meine Formulierung �� keine Gegner einer Rechtschreibreform, wir sind jedoch erbitterte Gegner d i e s e r Rechtschreibreform� bedeutet nicht (und war auch von mir so nicht gemeint), daß ich für eine staatlich organisierte Rechtschreibreform eintrete.
eingetragen von Nerling am 22.09.2003 um 07.06
Zitat:
Klaus Kolbe:
Diesen Zynismus habe ich in der Tat nicht richtig deuten können.
eingetragen von Klaus Kolbe am 21.09.2003 um 21.34
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Nerling
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Klaus Kolbe
Wenn Sie dann diese beiden Ausarbeitungen gelesen, wirklich Seite für Seite gelesen haben und sich den Tatsachen und stichhaltigen Argumenten darin nicht verschließen, dann kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, daß Sie in irgendeiner Form weiterhin pro Rechtschreibreform argumentieren werden.
Eines sollten Sie aber noch wissen, Frau Nerling, wir Rechtschreibreform-Gegner auf diesen Seiten sind absolut keine Gegner einer Rechtschreibreform, wir sind jedoch erbitterte Gegner d i e s e r Rechtschreibreform!
Über das Warum geben Ihnen, ich hoffe es sehr, die beiden Ausarbeitungen von Heide Kuhlmann und Prof. Dr. Ickler erschöpfende Auskunft.
Lieber Himmel, Herr Kolbe! Sie rennen offene Türen ein! Wahrscheinlich hätte ich Sie besser auf bestimmte Formen meines Zynismus vorbereiten sollen, denn meine zersetzenden Äußerungen sind ja Ausdruck meines Ärgers über die Dummheit, die sich in dieser Rechtschreibreform ausdrückt. Nachdem ich die Website der Kultusministerkonferenz besucht hatte, kam mir die Vermutung, dass sich da nur ein paar Herrschaften ein Denkmal haben setzen wollen und dazu für eine geruhsame Tätigkeit Etats abmelken. Die entblöden sich nicht, ihrer eigenen Corporate Identity, nämlich der neuen Typografie ihres Netz-Organs, mehrere Bildschirmseiten zu widmen. Und die wollen mir die Poesie zerstören, indem sie die metaphorische oder vollendende Schwingung der zusammengeschriebenen verbalen Konstruktionen zerstören! Einem ärgeren Angriff von rein sprachlicher Seite sind die Dichter dieses Landes kaum je ausgesetzt gewesen.
– geändert durch Nerling am 21.09.2003, 22.13 –
eingetragen von Klaus Kolbe am 21.09.2003 um 21.29
Zitat:Verehrter Herr Markner,
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Verehrter Herr Kolbe, sprechen Sie doch bitte nicht für andere. Ich bin jedenfalls Gegner jedweder staatlich organisierten Rechtschreibreform.
eingetragen von Nerling am 21.09.2003 um 19.50
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Die hätte Hitler beim besten Willen nicht erkennen können, weil sie erst in den 50er Jahren von Zapf geschnitten worden ist, wenn ich mich nicht täusche.
eingetragen von Reinhard Markner am 21.09.2003 um 17.00
Die hätte Hitler beim besten Willen nicht erkennen können, weil sie erst in den 50er Jahren von Zapf geschnitten worden ist, wenn ich mich nicht täusche.
eingetragen von Nerling am 21.09.2003 um 11.06
Hier findet sich sehr interessantes Material zur Frage der Fraktur.
http://human-hamburger.de/fraktur.pdf
Unter anderem der Wortlaut der Verfügung von 1941.
Hitlers Einstellung schon 1934 zur Fraktur besagt nicht, daß er die gotischen Lettern haßte, es beweist, daß er schon früh die Vision eines besetzten Europas hatte und erkannte, daß er die Schrift der besetzten Völker nutzen mußte, um in das politische Bewußtsein dieser Völker dauerhaft eindringen zu können. Es zeigt auch, wie zielgerichtet er vorging. Ich denke, er würde auf Befragen keine Palatino von einer Rotunda unterschieden haben. Es ist halt bezeichnend, daß Kulturgüter damals vom Machtkalkül bedenkenlos plattgemacht wurden. Ich sehe in der heutigen Ignoranz gegenüber den Besonderheiten des Deutschen durchaus eine Parallele dazu.
Beim Verfassen dieser Zeilen merke ich, daß ich schon dazu tendiere, alle Vokale vor dem ß lang zu lesen und mich daran zu stoßen. So weit habe ich mich schon dem SS gebeugt.
eingetragen von Nerling am 21.09.2003 um 10.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Klaus Kolbe
Wenn Sie dann diese beiden Ausarbeitungen gelesen, wirklich Seite für Seite gelesen haben und sich den Tatsachen und stichhaltigen Argumenten darin nicht verschließen, dann kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, daß Sie in irgendeiner Form weiterhin pro Rechtschreibreform argumentieren werden.
Eines sollten Sie aber noch wissen, Frau Nerling, wir Rechtschreibreform-Gegner auf diesen Seiten sind absolut keine Gegner einer Rechtschreibreform, wir sind jedoch erbitterte Gegner d i e s e r Rechtschreibreform!
Über das Warum geben Ihnen, ich hoffe es sehr, die beiden Ausarbeitungen von Heide Kuhlmann und Prof. Dr. Ickler erschöpfende Auskunft.
eingetragen von margel am 21.09.2003 um 10.31
1. Wer von sich behauptet, er schreibe in reformierter Orthographie, fabriziert ein grandioses, regelloses Durcheinander von Richtigem und Falschem in alter und neuer Schreibung. Dafür sind die Zeitungen das beste Beispiel. 2. Während man bisher seine Rechtschreibfähigkeiten durch die Lektüre guter Druckwerke immer mehr vervollkommnen konnte, ist das jetzt nicht mehr möglich.
3. Man könnte stattdessen immer wieder die Regeln studieren und sie zu befolgen suchen. Da diese aber in sich haarsträubend willkürlich und unstimmig sind, kommt es nicht zu der allein fruchtbaren Verinnerlichung und intuitiven Sicherheit, die die Stärke der gewachsenen Rechtschreibung ist.
eingetragen von guest am 21.09.2003 um 08.31
Frau Nerling hat erkannt, wie man es machen muß, wenn man frei rechtschreiben und sich an keine Regeln halten möchte:
Man benutzt als Tarnung das "Leitfossil der Rechtschreibreform", das ss statt ß, und kann dann schreiben wie man will. Außer ein paar Fachleuten kennt niemand die Reformregeln ganz genau, sodaß alles unter Reformschreibung durchgeht. Die Zeitungen machen es ähnlich. Viele Schreiber sind Nutznießer des Rechtschreibchaos, entweder aus Unfähigkeit oder wegen vermuteter neuer Freiheit.
eingetragen von Reinhard Markner am 21.09.2003 um 08.12
Verehrter Herr Kolbe, sprechen Sie doch bitte nicht für andere. Ich bin jedenfalls Gegner jedweder staatlich organisierten Rechtschreibreform. Übrigens ist die Vermutung, daß die Alliierten nach 1945 die Abschaffung der Frakturschrift gefördert haben, sicherlich richtig. Unter anderem gehen die prägnanten Antiqua-Titel der Frankfurter Rundschau, der Süddeutschen Zeitung und des Tagesspiegels darauf zurück, daß diese Zeitungen sehr früh Lizenzen bekamen.
eingetragen von margel am 21.09.2003 um 07.19
Aus einem Anzeigenblatt: Die Sportvereinigung trat bereits Gestern abend.../ ansch-ließend/ Dreck verschmiert kämpft er sich.../ Mis-sbrauch/ gleich neben an ist...
eingetragen von Klaus Kolbe am 21.09.2003 um 02.21
Aus der „jüngeren“ Geschichte der Frakturschrift:
Ich zitiere hier einmal aus dem Heft „Kleiner Fraktur-Knigge“ für den Umgang mit gebrochenen Schriften von der Firma Delbanco - Frakturschriften:
>Zunächst teilte am 3. Januar 1941 Martin Bormann den Dienststellen der Partei in einem „nicht zur Veröffentlichung“ bestimmten Erlaß „im Auftrage des Führers“ mit, die „sogenannte gotische Schrift“ sei keine deutsche Schrift, vielmehr handele es sich um eine Erfindung der Juden (Bormann: „Schwabacher Judenlettern“). Daher dürfe in Schrift und Druck nur noch die (lateinische) „Normalschrift“ verwendet werden. – Wir wissen heute, daß Adolf Hitler aus voller persönlicher Überzeugung dahinterstand; denn schon 1934 hatte er sich durch seine Ausfälle auf dem Reichsparteitag gegen die „gotische“ Schrift als Feind der deutschen Schrift zu erkennen gegeben. Daß Hitler und Bormann von Schrift und Schriftgeschichte überhaupt nichts verstanden, zeigt schon die Vermischung der Begriffe „gotisch“ und „Schwabacher“ in dem erwähnten Rundschreiben.
Aufgrund der Bormannschen Zwecklüge von den „Judenlettern“ (nur dadurch war das Verbot durchsetzbar) verschwanden deshalb die deutschen Schreib- und Druckschriften aus Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Lehrplänen und Fibeln. Leider wurden nach 1945 weder in Deutschland noch in Österreich die gebrochenen Schriften in die Wiedergutmachung all dessen einbezogen, was im Nationalsozialismus beleidigt, mißbraucht, geächtet und verboten worden war.<
Hier ein weiterer Hinweis für Frau Nerling:
Ich gehe davon aus, Frau Nerling, daß Sie schon mal reingesehen haben in die Magisterarbeit Heide Kuhlmanns – dann fehlt Ihnen eigentlich nur noch das Buch „Regelungsgewalt“ (hier auf der Willkommensseite zu finden) von Prof. Dr. Ickler. Wenn Sie dann diese beiden Ausarbeitungen gelesen, wirklich Seite für Seite gelesen haben und sich den Tatsachen und stichhaltigen Argumenten darin nicht verschließen, dann kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, daß Sie in irgendeiner Form weiterhin pro Rechtschreibreform argumentieren werden.
Eines sollten Sie aber noch wissen, Frau Nerling, wir Rechtschreibreform-Gegner auf diesen Seiten sind absolut keine Gegner einer Rechtschreibreform, wir sind jedoch erbitterte Gegner d i e s e r Rechtschreibreform!
Über das Warum geben Ihnen, ich hoffe es sehr, die beiden Ausarbeitungen von Heide Kuhlmann und Prof. Dr. Ickler erschöpfende Auskunft.
eingetragen von guest am 20.09.2003 um 19.27
"Orthographie und Politik?
Resümee und Ausblick
Rechtschreibprobleme haben verschiedene Ursachen: Schwierigkeiten im genauen Artikulieren, im Differenzieren von ähnlichen Lauten und im Gliedern von Wörtern, Probleme mit der visuellen Unterscheidung von Buchstabenformen oder mit der visuomotorischen Koordination. Hinzu kommen Faktoren wie Aufmerksamkeit, Lernmotivation, Konzentrationsfähigkeit und und und. Alles Dinge, die sich durch keine Rechtschreibreform beeinflussen lassen. Der Schriftsprachenerwerb ist ein komplexer Entwicklungsprozeß, vor allem Wahrnehmungsleistungen spielen dabei eine wichtige Rolle."
Meine persönliche Ergänzung: Obengenannte Probleme treten genauso auf beim Lernen von Fremdsprachen und Naturwissenschaften sowie in jeder Art von Hochschulstudium und in den entsprechenden Berufstätigkeiten. Auch manuelle Tätigkeiten sind betroffen, wenn das Lesen von technischen Zeichnungen nötig ist. Man kann es "bildungsfähig" nennen.
eingetragen von guest am 20.09.2003 um 17.38
Gleich nach dem Krieg behaupteten manche Leute, die Fruktur-Druckschrift sei von den Alliierten verboten worden, weil sie sie nicht lesen können. Weil ich damals 7 Jahre alt war, konnte ich nicht prüfen, ob das stimmte oder eine Behauptung ehemaliger Nazis war. Tatsächlich aber mußten sämtliche Druckwerke, Zeitungen wie Bücher, von den Alliierten genehmigt werden. Die Schulbücher durften in Fraktur nachgedruckt werden, weil sie so schnell nicht völlig überarbeitet werden konnten. Wir schrieben also in der Schule Antiqua-Schreibschrift und lasen Fraktur-Druckschrift. Es ging auch. Im Sprachenunterricht war das sehr praktisch: fremdsprachige Wörter in Antiqua (außer in Griechisch), deutsche Wörter in Fraktur.
Bei der Gelegenheit: In "Asterix bei den Goten" und Asterix auf boarisch "Auf geht's zu de Gotn!" sprechen die Gallier und Römer Antiqua und die Goten natürlich Fraktur.
eingetragen von margel am 20.09.2003 um 07.26
Die Arbeit von H.K. kann beziehen über deren homepage. Bei google einfach "Heide Kuhlmann" eingeben.
eingetragen von Klaus Kolbe am 20.09.2003 um 01.55
Eva Nerling: Herr Kolbe, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Natürlich war das Deutsche in seiner Wortbildung durch die Fraktur geprägt, aber ich bedaure die Umstellung auf die Antiqua durchaus nicht. Obwohl ich noch deutsche Schrift lesen und schreiben kann, plädiere ich nicht für eine Rückkehr zu Fraktur in Schrift und Druck, das wäre Anachronismus, ein Akt der Abschottung gegen Europa und die die Welt.
Na ja, Frau Nerling, als "Abschottung gegen Europa und die Welt" würde ich es nicht unbedingt sehen, wenn die Fraktur wieder ein wenig salonfähig gemacht werden würde.
Eva Nerling: Zu meiner Verzweiflung gibt es in vielen Zeichensätzen, die sich Fraktur schimpfen, nur das eine oder das andere S! Dieses Wissen, das Sie hier darstellen, geht verloren, und zwar so gründlich, dass schätzungsweise noch 5% der Leute im Druckgewerbe davon wissen. Ich rechne die unzähligen kleinen Agenturen mit ihren ungebildeten Fuzzis hinzu, die nicht einmal wissen, welchen Unterschied es zwischen Gedankenstrich und Bindestrich gibt.
Unter folgender Adresse finden Sie gute Fraktur-Schriften für den PC: http://www.fraktur.com
Ihrer Einschätzung der Werbeagenturen mit ihren ... folge ich unbesehen.
Es wäre doch schade, Frau Nerling, das muß ich Ihnen als u. a. Druckformherstellerin/Schriftsetzerin doch nicht sagen, wenn dieses Wissen, das nach Ihrer Einschätzung nur noch ca. 5% der Leute im Druckgewerbe, das sind nämlich die Schriftsetzer, haben, verlorengehen würde.
Eva Nerling:
Tja - ist vorbei! Was machen wir jetzt? Ich denke, die werden klein beigeben und den Flußsand erlauben. Vielleicht sollten wir einfach die vernünftigste Schreibweise wählen und sie durchsetzen. Eine Vollversammlung der schreibenden, setzenden und lehrenden Zunft sollte einen Regelkanon aufstellen, der im Falle, dass eine Frage bis nach Sonnenuntergang nicht mehrheitlich entschieden werden konnte, die Freigabe zu Probezwecken empfiehlt. Nach 5 Jahren werden dann die Erfahrungen zusammengetragen und die Folgen zusammen getragen.
Diesen Vorschlag, Frau Nerling, sollten Sie einmal den Reformern und Reformbefürwortern machen - dann wäre diese unausgegorene Naivlings-Diktat, das nur noch künstlich "am Leben" erhalten wird durch die staatliche Macht mit Unterstützung großer Verlage, ruck, zuck vom Tisch, wie es so schön heißt.
Um aber ein klein wenig über die Hintergründe bzw. Entstehung dieser in meinen Augen größten Volksverdummung auf diesem Gebiet, Rechtschreibreform genannt, zu erfahren, empfehle ich Ihnen die Magisterarbeit von Heide Kuhlmann (ist hier irgendwo zu finden, vielleicht kann ja mal jemand einen Link dazu hier hineinstellen). Sehr interessant bzw. aufschlußreich, kann ich nur sagen!
__________________
Klaus Kolbe
eingetragen von Elke Philburn am 19.09.2003 um 22.36
Zitat:
Auch dies ist keine reine Sache der Intelligenz, sondern eine visuelle Gedächtnisleistung und eine Sache der Wertigkeit.
Zitat:
Rechtschreiben wurde früher hoch bewertet und wird auch heute noch als der Maßstab für Intelligenz verwendet, der er im eigentlichen Sinn nicht ist.
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.09.2003 um 21.02
(Nerling-gebauchpinseltfühl) Was darf's denn sein? So ganz ins freie Feld gestellt, wüßt' ich die Richtung nicht...
Ein bisschen abenteurlich soll es schon sein... und spannend, mit ein wenig Liebe so wie der Tigerbikel von Janosch.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 21.00
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Nerling)Absolut jugendgefährdend! Wollen Sie?
Das muss ich mir schon mal anschauen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.09.2003 um 20.58
(Nerling)Absolut jugendgefährdend! Wollen Sie?
Das muss ich mir schon mal anschauen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 20.58
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Nerling)Ich hätte sogar den mut, alles so zu schreiben, wie ich es mag
und ich hätte den Mut, dies auch schulisch zu verwenden. Also schreiben Sie mal los. Ich bin immer auf der Suche nach guten Lesestücken. ;-)
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 20.54
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Liebe Frau Nerling!
Sie sollten wieder über Ihre Teddybären, heute vielleicht Handybären schreiben. Ich holte gleich mal einen "alten Teddybär" aus dem Bücherregal, wir werden ihn sicherlich lesen und analysieren. ;-) Damals war er noch in alter Rechtschreibung, aber heute werden in den Schulen nur noch Bücher gekauft, die in neuer Rechtschreibung gedruckt sind.
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.09.2003 um 20.53
(Nerling)Ich hätte sogar den mut, alles so zu schreiben, wie ich es mag
und ich hätte den Mut, dies auch schulisch zu verwenden. Also schreiben Sie mal los. Ich bin immer auf der Suche nach guten Lesestücken. ;-)
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 20.48
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Sehr geehrte Frau Nerling,
nur mal eine Frage: Schreiben Sie hier eigentlich "reformiert" - z.B. "dass" -, weil Sie davon überzeugt sind oder weil Ihr Rechtschreibprogramm so eingestellt ist? Wenn Sie doch mehr und mehr den Gefallen an der "Reform" verloren haben, warum dann noch diese Ergebenheitsschreibweise? Warum zeigen Sie nicht Mut und schreiben bewährt, wie Sie es gelernt haben?
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.09.2003 um 20.48
(Nerling) Als die Epen der Völker noch mündlich weitergegeben wurden, wussten die Menschen Texte auswendig, die zu rezitieren Stunden dauerte.
Bewerten wir das Lesen und Schreiben vielleicht übermäßig?
Unsere Welt ist auf Informationen des Hörens, des Sehens und des Schreibens angewiesen. Es gibt auch heute Schüler und Erwachsene, die herrliche Texte sprechen können. Ich habe sie immer bewundert, dies ist eine Gedächtnisleistung, gehört im Wesentlichen auch zu Intelligenzleistungen und kann durch Hören oder Lesen übertragen werden. Wer hat aber heute Zeit, außer es gehört beruflich zum Umfeld, stundenlang auswendig zu lernen? Im Übrigen finde ich, dass zu wenig Wert auf Lesen und Schreiben gelegt wird, denn ich bin ein großer Freund des Lesens und des Schreibens.
(Philburn) Die Volksschulen waren damals voll von Kindern, die nach heutigen Maßstäben intelligent genug wären, um Abi zu machen und zur Uni zu gehen. Daher wohl die Diskrepanz
Auch dies ist keine reine Sache der Intelligenz, sondern eine visuelle Gedächtnisleistung und eine Sache der Wertigkeit. Rechtschreiben wurde früher hoch bewertet und wird auch heute noch als der Maßstab für Intelligenz verwendet, der er im eigentlichen Sinn nicht ist. Intelligenz misst sich vielmehr aus verschiedenen Bezügen des Denkens, zum Beispiel des Erkennens eines Zusammenhanges oder das Erkennen von wichtigen Details, die ein Ganzes ausmachen u. vieles andere mehr.
(Nerling) In der Schule, in der ich 1978 unterrichtete...
Das war aber nun doch schon eine Zeit her; ich habe 1979 als Referendarin angefangen. Das Innere der Schule hat sich doch schwerwiegend geändert. Fähigkeiten wie Teamfähigkeit werden im Wesentlichen höher eingeschätzt als vielleicht die Fähigkeit die Rechtschreibung sicher anzuwenden. Die Wertung, welche Rechtschreibung verwendet wird kommt hier gar nicht zum Tragen.
Liebe Frau Nerling!
Sie sollten wieder über Ihre Teddybären, heute vielleicht Handybären schreiben. Ich holte gleich mal einen "alten Teddybär" aus dem Bücherregal, wir werden ihn sicherlich lesen und analysieren. ;-) Damals war er noch in alter Rechtschreibung, aber heute werden in den Schulen nur noch Bücher gekauft, die in neuer Rechtschreibung gedruckt sind.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Matthias Dräger am 19.09.2003 um 17.50
...könnte er dafür auch nicht Deutschlands Steuerberater oder gar die Bevölkerung zur Rechenschaft ziehen.
Genau das versuchten aber die Kultusminister, indem sie vorgaben, der Protest gegen ihre Rechtschreibreform sei "zu spät" gekommen (was die Presse artig nachgeplappert hat).
Werden wir etwa dafür bezahlt, daß wir die Arbeit der Kultusminister prüfen? Ich denke, daß eher die Kultusminister dafür bezahlt werden, daß sie ihre Arbeit ordentlich machen.-
Wenn ich als Bürger einen ganz normalen, nicht eingeschriebenen Brief vom Finanzamt mit einem Steuerbescheid erhalte, gilt dieser als zugestellt - allein dadurch, daß er abgesandt wurde.
Mit Post vom 4. Dezember 1995, also ein halbes Jahr vor der Unterzeichnung der Wiener Absichtserklärung, ein Jahr vor der vorfristigen und völlig übereilten Einführung der Rechtschreibreform an den Schulen und fast vier Jahre vor der Umstellung der Zeitungen auf die Rechtschreibreform haben alle 16 Kultusminister und alle 16 Ministerpräsidenten der Länder per Einschreiben-Rückschein ein Schreiben zur Rechtschreibreform erhalten. Ich darf daher davon ausgehen, daß mein folgender Vortrag die Ministerien erreicht hat und betrachte die hier genannten Mängel als zugestellt.
Fener: Da es hinreichend ist, daß mir e i n Finanzamt (und nicht alle Finanzämter Deutschlands) einen Steuerbescheid übersendet, ist es auch hinreichend, wenn e i n Bürger die Handelnden auf die Mißstände aufmerksam macht, es müssen nicht alle sein - abgesehen einmal davon, daß, wie gesagt, die Minister Ihre Arbeit gefälligst selbst machen sollen, wir sind nicht die Referenten der Minister, und ich natürlich längst nicht der einzige, der die Minister ausdrücklich gewarnt hat. Selbst Eisenberg sagte „erst“ 1993:„ die geplante ss-Regelung ist die denkbar schlechteste aller Lösungen“.
Sehr geehrter Herr Minister,
auf der Konferenz in Mainz vom 3. 11. /1. 12. 1995 haben die Kultusminister der Länder eine deutlich „abgespeckte“ Version der Rrechtschreibreform zur Beschlußfassung an die Ministerpräsidenten überwiesen. Aber selbst diese reduzierte Fassung der geplanten Rechtschreibreform würde, wenn die Reform denn so in Kraft träte, immer noch der bisher mit Abstand gravierendste Eingriff in die deutsche Rechtschreibung werden.
...
(Auszug):
ß, Nachteile:
- Bisher steht für den stimmlosen S-Laut am Wortende ß in allen Fällen, nach der geplanten Reform nur noch bei vorausgehendem langen Vokal oder Diphthong. Das gbit natürlikch, wenn man die Schreibweise nich tohnehin kennt, Schwierigkeiten in der Beurteilung, welcher Art von Vokal dem ß bzw. ss vorausgeht, da hiervon jetzt die Schreibweise abhängt. Beispiel: Fluß, Maß, er muß, Gruß, es floß, er weiß, gewiß, Koß, Kuß; welcher dieser Wörtr hat vor dem stimmlosen S-Laut den kurzen Vokal oder den langen Vokal bzw. Diphthong?
(Auflösung: beginnend mit Fluss würde jedes zweite Wort der Reihe gemäß Reform mit ss geschrieben.)
- Der Wechsel von ss zu ß, wie bisher zum Beispiel in Fluß - Flüsse, soll nicht grundlegend wegfallen, sondern lediglich verlagert werden. Beispiel (Schreibweise gemäß Reform): Fluss - Fließen; Genuss - genießen; gießen - er goss; schießen - er schoss; Biss - beißen.
- Einen weiteren Nachteil sehe ich vor allem sowohl beim Schreiben als auch im Schriftbild der Wörter selber. Durch den vielfältigen Ersatz des ß durch das konturschwache ss träte buchstäblich eine Verflachung der Schrift ein, die hierdurch auch schlechter lesbar würde. Der Schreiber kann dieses bemerken, wenn er statt des markanten ß (das kleine Beta des griechischen Alphabets) seine ss-Häckchen macht. Der Leser hätte später nicht selten Schwierigkeiten, die „ss-Häckchen“ vom n oder sogar vom u zu unterscheiden. Das glauben Sie nicht? Dann schreiben Sie doch bitte einmal selbst einige entsprechende Worte in Ihrer eigenen Schrift, wie zum Beispiel der Fluss, der Kuss, gewiss, ich muss.
Die Konjunktion daß
Der oben genannten Regel des Reformvorschlages, ß nur noch nach langem Vokal oder Diphthong zu setzen, soll, geht es nach dem Willen der Reformer, auch das gute alte daß zum Opfer fallen - obwohl es sich, wie Sie leicht selbst werden feststellen können, durchaus flotter und leichter als dass zu Papier bringen läßt. Wie sagte Leibniz doch so treffend: „. . . denn solche allzu große Scheinreinigkeit ist einer durchbrochenen Arbeit zu vergleichen, daran der Meister so lange feilt und bessert, bis er sie endlich gar schwächt, welches denen geschieht, die an der Perfektier-Krankheit, wie es die Holländer nennen, darniederliegen.“
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.09.2003 um 16.43
Zitat:Hat das wirklich etwas mit Mut zu tun, sich hier im Rechtschreibforum der herkömmlichen Schreibweise zu bedienen? Ich denke, es hat vielmehr mit Überzeugung zu tun auch in dem Sinne, daß eine fehlende Überzeugung für das eine das Praktizieren des anderen zur Folge hat. In diesem Sinne muß man einfach mit überzeugenderen Argumenten aufwarten. Ich versuche es mal:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Sehr geehrte Frau Nerling,
nur mal eine Frage: Schreiben Sie hier eigentlich "reformiert" z.B. "dass" , weil Sie davon überzeugt sind oder weil Ihr Rechtschreibprogramm so eingestellt ist? Wenn Sie doch mehr und mehr den Gefallen an der "Reform" verloren haben, warum dann noch diese Ergebenheitsschreibweise? Warum zeigen Sie nicht Mut und schreiben bewährt, wie Sie es gelernt haben?
»Ich denke, daß das ein psycho-optisches Ergebnis der Reform ist:Außerdem ist die Regel für die Adelungsche Schreibung sehr einfach: "ss" wird nur geschrieben, wenn der scharfe s-Laut im Silbengelenk steht und also als "s- s" getrennt werden würde; sonst ist es "ß" oder "s". Bei der Heyseschen s-Schreibung kann man aber prinzipiell zunächst nur zwischen den beiden Fallgruppen "ss"/"s" und "ß"/"s" unterscheiden, eine Eindeutigkeit für eine der drei Möglichkeiten (wie bei Adelung für "ss") gibt es hier nicht. Das wird von den Befürwortern der Heyseschen Schreibung oft übersehen, die (mehr oder weniger stillschweigend) davon ausgehen, daß sich das Problem auf die Unterscheidung zwischen "ss" und "ß" reduziert (siehe z. B. http://klartext.spd.de/read_v2.php?f=28&i=2235&t=2171). Es hat zwar die Reform (außer beim "As[s]") nichts an der Schreibung von Wörtern mit "s" geändert, der gedankliche Fehler ist aber, daß man übersieht, daß die neuen Regeln dazu geeignet sind, diesen Fall mit den anderen zu verwechseln. Das ist auch der Grund, warum sich die gesamte s-Schreibung über die Paragraphen 2, 4, 5, 23 und 25 des neuen Regelwerkes erstreckt: Alles, was sich nun als Ausnahmen von der neu aufgestellten Regel darstellt, muß explizit aufgeführt werden. Weiteres siehe unter http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=390.
Ein falsches ß statt Einfach-s erfordert beim Tippen einen größeren Aufwand als ein falsches zweites s, und ein falsches ß fällt stärker auf als ein falsches zweites s. Deswegen waren bisher falsche ß statt s viel seltener als heute falsche ss statt s. Die angebliche Schreib-Erleichterung ist auch eine Fehlerschreib-Erleichterung. Die bisherige Schreibweise verhindert psycho-optisch in stärkerem Maße Schreibfehler, und das ist ein großer Pluspunkt.«
eingetragen von margel am 19.09.2003 um 15.53
Heute in margels Leibblatt: "Daran ist nur sein Bruder Schuld." (Liest man jetzt sehr häufig). Aber auch: "kennenlernen" unbd sogar "Tele-skop". - Ist doch nett, oder?
eingetragen von guest am 19.09.2003 um 15.19
Beim gegenwärtigen Zustand der Rechtschreibung und Grammatik in den Zeitungen würde es sich lohnen, je eine Auszeichnung für die Zeitung mit dem fehlerfreiesten und die mit dem fehlerhaftesten Deutsch zu verleihen (unabhängig von alter oder neuer Rechtschreibung natürlich) mit der Begründung: Aus der einen Zeitung können Schüler gutes Deutsch lernen, aus der anderen würden sie schlechtes Deutsch aufnehmen. Vielleicht würde es nützen.
eingetragen von Christoph Kukulies am 19.09.2003 um 14.13
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Nerling
Alles in allem sehe ich viel mehr Schaden als Nutzen durch die Reform.
(Ich bin ausgebildete Lehrerin mit ca. 7 Jahren Lehrerfahrung, 3 Jahre im Deutschunterricht für Ausländer aus Asien, dann Druckformherstellerin/Schriftsetzerin, jetzt freie Schriftstellerin und Redakteurin.)
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 11.10
Zitat:
Den Schülerinnen war es ganz einfach nicht mehr möglich, auch kleine begriffliche Anstrengungen aufzubringen. Oft fragte ich mich, was die in den vorangegangenen zehn Jahren eigentlich in der Schule getrieben hatten.
eingetragen von margel am 19.09.2003 um 10.58
Und wir würden genauso mit unserem "Wissen" in der Welt der Urgroßmutter nichts anfangen können. Es ist immer die Frage, welche Kenntnisse und Fertigkeiten in der jeweiligen Lebenswirklichkeit wichtig und vielleicht sogar existentiell unentbehrlich sind. In der Nachkriegszeit wurden ganz erstaunliche, verlorengeglaubte Fähigkeiten mobilisiert. Vieles von dem, was die Kinder heute "wissen", dient weder der Orientierung, noch der Existenzsicherung im weitesten Sinne. Es ist zum alsbaldigen Wegwerfen bestimmt. Alles ist eben eine Frage des in einer Gesellschaft gültigen Wertekanons. Die Vorstellungen darüber, was die Schule soll und kann, um zum Thema zurückzukehren, sind heute so unterschiedlich, daß man sich über den Eindruck von Beliebigkeit nicht zu wundern braucht. - Ich selbst konnte während fast drei Jahrzehnten Unterrichtstätigkeit ganz deutlich erfahren, wie ich die Ansprüche in den Naturwissenschaften immer mehr zurücknehmen mußte. Den Schülerinnen war es ganz einfach nicht mehr möglich, auch kleine begriffliche Anstrengungen aufzubringen. Oft fragte ich mich, was die in den vorangegangenen zehn Jahren eigentlich in der Schule getrieben hatten.
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 10.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Sehr geehrte Frau Nerling,
worin sehen Sie den mit der 1996er Reform verbundenen Fortschritt, der die von Ihnen festgestellten Nachteile und die zum Teil fehlerhafte Konzeption der Neuregelung wieder aufwiegt, so daß es sich lohnt, an ihr festzuhalten? Was Sie geschrieben haben, kann mich nicht davon überzeugen, daß die reformierte Rechtschreibung besser ist als die herkömmliche – im Gegenteil. Was also sind Ihre Argumente für die Reformschreibung?
eingetragen von Elke Philburn am 19.09.2003 um 10.39
Zitat:
Mir liegt noch ein Brief meiner Urgroßmutter vor, den sie im Jahre 1915 an ihre Tochter, meine Großmutter, geschrieben hat. In der Volksschule war diese Frau um 1850. (Aber auch nur in der Volksschule). Wie ist es möglich, daß dieser Brief absolut fehlerfrei ist?
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 10.26
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
S. Salzburg schreibt:
Mir liegt noch ein Brief meiner Urgroßmutter
vor, den sie im Jahre 1915 an ihre Tochter, meine
Großmutter, geschrieben hat.
In der Volksschule war diese Frau um 1850.
(Aber auch nur in der Volksschule).
Wie ist es möglich, daß dieser Brief absolut
fehlerfrei ist?
eingetragen von Nerling am 19.09.2003 um 08.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Klaus Kolbe
Mir sind die vielen Ligaturen, Frau Nerling, die Sie ansprechen, nicht fremd.
Man muß allerdings satztechnisch umgehen können mit dieser Schrift, bezüglich der vielen Ligaturen, die unterschiedlich behandelt werden, wie z. B. im Sperrsatz.
Sie haben recht, die Fraktur hat ein weitaus harmonischeres Schriftbild als die Antiqua.
eingetragen von Klaus Kolbe am 19.09.2003 um 03.10
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Nerling
Wie ich früher schon erwähnte, gab es das in der italienischen Renaissance als "maßimo" etc.
Man darf dabei auch nicht vergessen, dass das ß der Fraktur und der deutschen Schreibschrift angepasst ist -- mitsamt langem S, vielen Ligaturen, die wir gar nicht mehr kennen, und der entsprechend engen Laufweite und Höhe der "Gothics" . Die Umstellung auf Antiqua hatte zur Folge, dass viele Wörter ungewohnt lang wurden, die vorher -- in der Fraktur -- in der Zusammenschreibung ein harmonischeres Bild ergeben hatten.
Mir sind die vielen Ligaturen, Frau Nerling, die Sie ansprechen, nicht fremd.
Man muß allerdings satztechnisch umgehen können mit dieser Schrift, bezüglich der vielen Ligaturen, die unterschiedlich behandelt werden, wie z. B. im Sperrsatz.
Sie haben recht, die Fraktur hat ein weitaus harmonischeres Schriftbild als die Antiqua.
Die Fraktur, also eine "gebrochene" Schrift, wird auch als "deutsche Schrift" bezeichnet. In dieser Schriftart gibt es ein Lang-s und ein Rund-s. Das Rund-s wird am Silben- und am Wortende gesetzt, ansonsten muß das Lang-s gesetzt werden.
Die Diskussion um drei sss, wie in Flusssand, Fluss-Sand oder FlussSand, hätte, zumindest in dieser Schrift, also nie geführt werden müssen.
__________________
Klaus Kolbe
eingetragen von margel am 18.09.2003 um 21.14
Ich glaube, daß damals die als wichtig betrachteten Dinge so lange geübt wurden, bis sie saßen. Ich bin in den 50er Jahren zur Volks- und Mittelschule gegangen. Auch zu dieser Zeit war Gründlichkeit noch ein hochgehaltenes Prinzip. Der Unterricht mußte nicht in erster Linie Spaß machen, sondern war ergebnisorientiert. Einen entscheidenden Anteil am Verfall der schulischen Leistungen hat das Wuchern einer Didaktik, die vielfach zum Selbstzweck geworden ist. Das hängt mit der Professionalisierung des Lehrerberufs zusammen, nachzulesen bei M. Gronemeyer. - Ich habe es früher schon einmal erwähnt: Was meine damaligen Volksschulkameraden am Ende ihrer achtjährigen Schulzeit konnten und was sie beruflich erreicht haben, klingt heute wie ein Märchen aus fernen Zeiten. Und die meisten von uns sind gerne zur Schule gegangen. Das befriedigende Gefühl, etwas wirklich zu beherrschen, wog alle Mühen auf. Wenn wir diese Einstellung wiederbeleben könnten, brauchten wir uns um die nächste PISA-Studie keine Sorgen zu machen.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 18.09.2003 um 19.40
S. Salzburg schreibt:
"Gerade lese ich Briefe meiner
Groß- und Urgroßeltern und bin immer
wieder außerordentlich beeindruckt von der
Rechtschreibsicherheit im Text und der
außerordentlichen Schönheit des Schriftbildes".
Mir liegt noch ein Brief meiner Urgroßmutter
vor, den sie im Jahre 1915 an ihre Tochter, meine
Großmutter, geschrieben hat.
In der Volksschule war diese Frau um 1850.
(Aber auch nur in der Volksschule).
Wie ist es möglich, daß dieser Brief absolut
fehlerfrei ist? Die "ß" sind perfekt gesetzt,
selbst die Kommata.
Das Schriftbild ist klar, ordentlich, ohne eine
Verbesserung, ohne ein Durchstreichen.
Wir können uns doch nur noch in Grund und Boden
schämen.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von margel am 18.09.2003 um 18.03
Man kann noch darüber streiten, ob Gerhard oder Klaus die Palme für die unbedarftesten Äußerungen und den größten Schwachsinn in Sachen Rechtschreibung gebührt. Prof.Ickler hat das Nötige zur Sinnerschließung aus dem Satzzusammenhang bereits gesagt: Der Satzzusammenhang, für sich genommen, sagt noch gar nichts, die Arbeit muß stets der Leser leisten. Aber der ist ja den Reformern stets schnuppe gewesen - der Geburtsfehler des ganzen Unternehmens.
eingetragen von guest am 18.09.2003 um 17.29
Gut, es gibt den Flußsand und den Sandbagger. Der Bindestrich soll nicht nur optisch, sondern auch akustisch eine Worttrennung bewirken: das berühmte Beispiel Druckerzeugnis: entweder Drucker-Zeugnis oder Druck-Erzeugnis. Flußsandbagger: Flußsand-Bagger, ein Bagger für Flußsand, ist gemeint, aber Fluß-Sandbagger, ein Sandbagger für Flüsse, wird gelesen durch die implizite Sprechpause beim Bindestrich. Diese Unterscheidung ist hier vielleicht Korinthenkackerei, aber dieses Beispiel steht für viele andere. Wer sinnentstellende Getrenntschreibungen gut findet, wird auch sinnentstellende Bindestriche normal finden, insoweit paßt das in die Reform. Zitat Klaus Heller: "Der Sinn der Wortgruppen ergibt sich jetzt aus dem Satzzusammenhang, bedeutungsunterscheidende Einzelwortschreibungen waren eine Fehlentwicklung."
eingetragen von margel am 18.09.2003 um 15.44
"Flußsandbagger" und "Sandbagger" sind an sich keine Fachbegriffe, wohl aber "Sandbaggerei" und "Naßbaggerei". Baggertypen sind z.B. Tieflöffelbagger, Hochlöffelbagger, Schleppschaufelbagger, Schaufelradbagger, Eimerkettenbagger, Greifbagger, Universalbagger... Man könnte aber als Laie durchaus sagen, daß in einer Sandbaggerei (Sandgrube) ein "Sandbagger" am Werke sei.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.09.2003 um 15.38
Der Gebrauch des „ß" hat im Deutschen eine mehrhundertjährige Tradition, geregelt ist er in der bewährten Form seit zweihundert Jahren. Selbst wenn es tatsächlich durch die „Neuregelung" in diesem Bereich Erleichterungen von mikroskopischer Größe gäbe, wäre es doch – im Hinblick auf europäische Orthographien von weit höherer Schwierigkeit – ausgesprochen unwürdig, um dieses lächerlichen Vorteils willen den Bruch mit dieser Tradition herbeizuführen.
Nur bei geschichtslosen Deutschen mit Fortschrittsgläubigkeit und Modernitätsfimmel kann so etwas auf fruchtbaren Boden fallen.
Glaubt man den Erleichterungsfetischisten, dann müssen die Schüler seit Adlung und Duden in einem unbeschreiblichen Rechtschreibelend gelebt haben, aus dem sie erst durch die großdeutsche Reformkommission von 1996 und den Weitblick der Kultusminister erlöst worden sind. Das ist natürlich Unsinn.
Gerade lese ich Briefe meiner Groß- und Urgroßeltern und bin immer wieder beeindruckt von der Rechtschreibsicherheit im Text und der außerordentlichen Schönheit des Schriftbildes. Schwierigkeiten im Gebrauch des „ß" sind nicht erkennbar. So etwas werden die Reformfuzzies bei den künftigen Generationen nie wieder erreichen.
Hauptsächlich gieren wohl die „faulen Säcke" (G. Schröder) unter den Lehrern nach den scheinbaren Erleichterungen der neuen Regelung. Sie meinen, daß sie sie in wenigen Sekunden formulieren können – nach Langvokal ...u.s.f. Und damit schreibt nun meine kleine Tochter (komprimiert) „biss dass Bussfahren ein Ende hat", sie schreibt „Gibss" und „Schpass", sie möchte mit guten Gründen „schlißen" und „heissen" schreiben. Nimmt man alles zusammen, dann ist die neue Scheiß-Stussschreibung genauso überflüssiger bis schädlicher Humbug wie alles andere, womit uns die „Reformer" beglücken wollen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von margel am 18.09.2003 um 15.32
Es würde sich lohnen, einmal die einfältigsten Schöpfungen der Reformer zusammenzutragen. Der ganze (Un-)Geist wird eigentlich erst in den halb komischen, halb irrwitzigen Neuerungen so recht deutlich. Allerdings fragt man sich dann als denkender Mensch auch oft, wieso man sich überhaupt ernsthaft mit dem ganzen Mist befassen sollte.- Nur ein paar sattsam bekannte Muster: In "Känguruh'" lassen wir das "h" weg, weil sich "Kakadu" auch ohne schreibt./ Dafür setzen wir in "Tip" noch ein "p" ein (das allerdings noch nie jemand vermißt hat)./ Wir schreiben "Schifffahrt", "Missstand" usw., weil das "logisch" ist. Da es aber nicht schön aussieht und sich auch schwerer lesen läßt als die alte Schreibung, pflanzen wir als kosmetische Prothese dieser Mißgeburt einen Bindestrich ein. - Und wo blieb das homerische Gelächter der Zuständigen, der Sprachgebildeten, der professionell Schreibenden? Sie schreiben brav "Tipp" und schlürfen Dünnbier wie Nektar.
Robert Musil über die Journalisten (im "Mann ohne Eigenschaften"):" Man hatte ihnen einen Floh ins Ohr gesetzt, und sie glaubten das Gras der Zeit wachsen zu hören."
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.09.2003 um 14.08
Sehr geehrte Frau Nerling,
worin sehen Sie den mit der 1996er Reform verbundenen Fortschritt, der die von Ihnen festgestellten Nachteile und die zum Teil fehlerhafte Konzeption der Neuregelung wieder aufwiegt, so daß es sich lohnt, an ihr festzuhalten? Was Sie geschrieben haben, kann mich nicht davon überzeugen, daß die reformierte Rechtschreibung besser ist als die herkömmliche im Gegenteil. Was also sind Ihre Argumente für die Reformschreibung?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Nerling am 18.09.2003 um 14.02
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Flußsandbagger, Flusssandbagger, Fluss-Sandbagger, Fluss-Sand-Bagger, weil es einen Sandbagger als eigenes Gerät gar nicht gibt.
Da wäre ich nicht so sicher. Ich kann mal in der Branche nachfragen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.09.2003 um 14.02
Nicht zu vergessen den "eisschnellen Läufer", den man auf einer Briefmarke bewundern konnte (oder war das damals nur ein Entwurf?). Diese Schreibweise ist aber von dpa abgesegnet worden; ich zitiere hier, was Herr Ickler damals dazu anmerkte:
Arbeitsgruppe der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen(http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=248)
Beschluß zur Umsetzung der Rechtschreibreform
kommentiert von Theodor Ickler
[...]
4. Erhalt der Stammschreibung in Zusammensetzungen
Treffen bei zusammengesetzten Wörtern (Komposita) drei Konsonanten aufeinander, bleiben alle Buchstaben erhalten. Die Nachrichtenagenturen empfehlen entsprechend den neuen Regeln immer dann einen Bindestrich zu setzen, wenn es der Lesbarkeit eines Wortes dient (lt. Regelwerk ausdrücklich zugelassen).
Beispiele: Baletttänzer (Ballett-Tänzer), Flusssand (Fluss-Sand), Flanelllappen (Flanell-Lappen), Fußballländerspiel (Fußball-Länderspiel), Eisschnelllauf (Eisschnell-Lauf), Genusssucht (Genuss-Sucht), usw.
Schifffahrt sollte nicht durch den Bindestrich (Schiff-Fahrt) gekoppelt werden, weil sonst Wörter wie Schiff-Fahrtslinie u. a. entstehen!
*
Der Bindestrich ist ein linkischer Behelf angesichts der selbstgeschaffenen Leseerschwernis durch drei gleiche Buchstaben (was man übrigens in anderen Kultursprachen kaum finden dürfte). Gerade um solche Ungetüme wie Schiff-Fahrt zu vermeiden, hat man früh auf die Schreibung dreier Konsonantenbuchstaben verzichtet. Übrigens ist bereits Eisschnell-Lauf ein Beispiel für die widersinnige Neuschreibung. Die Reformer selbst haben in ihrer Revisionsvorlage vom Dezember 1997 die Neuschreibung Genuss-süchtig als diskussionsbedürftig anerkannt, [...]
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Nerling am 18.09.2003 um 13.59
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von guest
Bindestriche sind eine Quälerei, besonders auf mechanischen
Schreibmaschinen. Man könnte meinen, die Reformer seien
Sadisten und die Reformhörigen Masochisten.
?????
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass mechanische Schreibmaschinen wieder zur Alltäglichkeit werden? Guter Gast, ich habe auch noch mechanische gelernt, aber es ist Quälerei (nicht zu verwechseln mit SM, denn dieser ist lustbetont). Sie haben schon recht, Bindestriche sind zum Binden da. Aber ja auch zum Trennen. Natürlich wäre es unschön, mit diesem Satzzeichen Amok zu laufen. Nur für den Fall der Missverständnisse könnten sie reserviert sein.
Was die falsche Trennung von drei gekoppelten Wörtern betrifft: Schwimmmeisterprüfung... Prüfung zum Schwimm-Meister... Meisterprüfung für Schwimmer... Man nimmt halt das, was mehr Sinn macht.
Das verlangt mehr Nachdenken über Sinn und mehr Freiheit, diesen Sinn auszudrücken. Und weniger Regeln, das wäre vielleicht der Ausweg. Ich habe schon die tollsten Trennungen gesehen. Johannis-Beerenkonfitüre. Super-Cupberichte. Wir machen uns über die Feinheiten Gedanken, und da draußen kennt man schon die großen Regeln nicht mehr oder denkt über die Bedeutung gar nicht nach.
Verführt das nicht irgendwie zu einer gewissen Kreativität?
Ihre Beispiele -- sag ich mal an alle -- finde ich toll und sehr überraschend. Man überdenkt seine Vorschläge dann neu. Hätten nur die Reformer sich diese vor Augen geführt!
Gehen wir einer Zeit von eher anarchischem Umgang mit Sprache entgegen, nach der wieder neue Regeln definiert werden, die Rücksicht auf neue Gewohnheiten und Erfordernisse nehmen? Irgendwie bin ich sehr in Versuchung, mir meine eigene Schreibweise hinzubiegen. Als Autorin habe ich da eh mehr Freiheit. Ja, warum haben die nicht alle? Könnte man nicht auf die Kraft der Sprache selbst vertrauen und ihr das Korsett ausziehen, das ihr im Zeitalter eben dieses Kleidungsstücks angelegt wurde?
eingetragen von guest am 18.09.2003 um 13.40
Manche Frauen empfinden den Miss-Stand als Missstand.
eingetragen von Elke Philburn am 18.09.2003 um 13.38
Um die Rechtschreibung zu vereinfachen, sollte man auf die Einführung neuer Rechtschreibkonzepte vollkommen verzichten. Es nützt nichts, einen Stolperstein wie Schiffahrt vs. Sauerstoffflasche zu beseitigen, wenn dies nur auf Kosten der Einführung einer neuen Regel möglich ist. Dies umso weniger, wenn die Anwendbarkeit der neuen Regel neue Komplikationen aufwirft.
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von guest am 18.09.2003 um 11.45
Miss-Stand bedeutet Personenstand unverheiratet, Missstand ist etwas ganz anderes, Miss alleine ist ein englisches Fräulein, "Ich verstehe Sie miss" ist falsches Deutsch.
eingetragen von guest am 18.09.2003 um 10.41
Man sollte auf einen ''Bindestrich'' generell verzichten,
wenn er nur dazu benutzt werden soll, Wörter, die von der Aussprache und vom Sinn her zusammengeschrieben werden
müssen, auseinanderzuspießen. Bindestriche verbinden Wörter,
die sonst kein Kompositum bilden können wie z.B.:
Es ist zum Aus-der-Haut-fahren mit den vielen unnötigen
Bindestrichen.
Besonders ärgerlich ist das Abspießen von Vorsilben durch
einen ''Bindestrich''. Vorsilben können nicht allein stehen,
sie entfalten ihre Wirkung auf das folgende Wort nur, wenn
sie direkt mit ihm verbunden sind. Ein Bindestrich wäre
hier verwirrend, besonders für Schüler!
Bindestriche sind eine Quälerei, besonders auf mechanischen
Schreibmaschinen. Man könnte meinen, die Reformer seien
Sadisten und die Reformhörigen Masochisten.
Man sollte auch nicht unbedacht neue Konzepte in die
Schreibung von Wörtern einführen.
eingetragen von guest am 18.09.2003 um 10.34
Ich sehe die Gefahr des Umkehrschlusses bei den Schülern, denen von Anfang an eingebleut wurde: nach langem Vokal oder Diphtong steht ß statt ss. Der Umkehrschluß lautet doch: Wenn jetzt noch (in der neuen Rechtschreibung) ein ß nach Vokal steht, ist der Vokal lang. Wenn Schüler diese Regel auf die bisherige Rechtschreibung anwenden, lesen sie falsch. In manchen Teilen Deutschlands mag das dialektmäßig sogar richtig sein, [Fluhß] statt [Fluss] zu sprechen.
Der Bindestrich bei drei gleichen Buchstaben führt dann zu unzumutbarem Mehraufwand, wenn nur deswegen ein Mehrfachkompositum mit weiteren Bindestrichen zergliedert werden muß, um Mißverständnisse und falsche Zusammenfügungen zu verhindern: Flußsandbagger, Flusssandbagger, Fluss-Sandbagger, Fluss-Sand-Bagger, weil es einen Sandbagger als eigenes Gerät gar nicht gibt.
eingetragen von Elke Philburn am 18.09.2003 um 10.02
Zitat:
Genau. Und Kinder sind nicht blöd. Dass sie bei drei s einen Bindestrich einsetzen dürfen, lernen sie sicher genau so schnell wie die Regeln ihrer Computerspiele.
Dürfen sie das?
Schiff-Fahrtsgesellschaft
Schwimm-Meisterausbildung....
Es handelt sich nicht nur um eine neu hinzugekommene Regel (ging es nicht ursprünglich darum die Anzahl von Regeln zu reduzieren?), sondern sie ist auch gar nicht soo einfach, wenn man sie denn man anwendet. Die Abtrennung durch Bindestrich ist bei drei Konsonanten erlaubt, aber nur, wenn die durch die Trennung entstandenen Einzelwörter auch allein stehen könnten. Bei 'Fahrtsgesellschaft' wäre also unser Schulkind in die Fehlerfalle gestolpert. Bei 'Meisterausbildung' ist es fraglich, weil eine Meisterausbildung eigentlich etwas ganz anderes ist als der Lehrgang, den man für die Schwimmeisterqualifikation braucht. Darf man also trennen, wenn das abgetrennte Wort einen neuen Sinn erhält? Oder sollten wir hier vorsichtshalber auf den Durchkoppelungsbindestrich zurückgreifen und 'Schwimm-Meister-Ausbildung' schreiben?
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Nerling am 18.09.2003 um 09.20
Kinderwelt scheint etwas Interaktives zu sein, und viel von dem affigen Tonfall, den Erwachsene anschlagen, wenn sie mit Kindern reden, ist Produkt einer Vorstellung von Kinderwelt; ich z.B. war völlig anders, weil ich mit Erwachsenen umging, die mich nicht verarscht haben, und wenn die mich so ansprachen, habe ich für schwachsinnig gehalten. Kinder reagieren auch immer ziemlich erleichtert, wenn ich mit ihnen im gleichen Ton spreche wie mit ihren Eltern. Ebenso scheint mir der Streit um kindgerechte Lerninhalte aus einem idealisierten Bild zu kommen.
Ursprünglich eingetragen von Klaus Kolbe
Das wäre wohl der Idealzustand für die Reformer und deren Befürworter, nämlich daß wir alle in einer Kinderwelt leben und selbst wieder den Kindeszustand erreichen. Dann könnten sie ihre �Märchen� von den �Erleichterungen� unwidersprochen weiterhin von sich geben.
Dabei muß ihnen wohl entgangen sein, daß Kinder nicht ewig Kinder bleiben, sondern erwachsen werden. Folglich lernen Kinder nicht für die Kinderwelt � sie lernen, um sich später einmal in der Erwachsenenwelt behaupten zu können.
Genau. Und Kinder sind nicht blöd. Dass sie bei drei s einen Bindestrich einsetzen dürfen, lernen sie sicher genau so schnell wie die Regeln ihrer Computerspiele.
KK. Was wäre denn mit Fluss-Sand, wenn die Reformer ihr eigentliches Ziel, die Substantiv-Kleinschreibung, erreicht hätten?
flusssand. Ja.
KK Bei Flußsand fällt ja nicht ein s weg, weil zwei genug sind, oder?
Bei herkömmlicher Nutzung des ß nicht, richtig. Aber bei dem Produkt oben glaube ich immer an eine Sehstörung.
KK Die Vorzüge der ß-Schreibung sind so offensichtlich, daß diese sich schon im 19. Jahrhundert gegenüber der ss-Schreibung durchgesetzt hat. Ich denke, das muß hier nicht noch und noch wiederholt werden.
Wie ich früher schon erwähnte, gab es das in der italienischen Renaissance als "maßimo" etc.
Man darf dabei auch nicht vergessen, dass das ß der Fraktur und der deutschen Schreibschrift angepasst ist -- mitsamt langem S, vielen Ligaturen, die wir gar nicht mehr kennen, und der entsprechend engen Laufweite und Höhe der "Gothics" . Die Umstellung auf Antiqua hatte zur Folge, dass viele Wörter ungewohnt lang wurden, die vorher -- in der Fraktur -- in der Zusammenschreibung ein harmonischeres Bild ergeben hatten. Hier zeigte sich, wie sich die Antiqua in den anderen Sprachen Europas prägend ausgewirkt hatte, wo die Wörter im Schnitt kürzer und dadurch die Trennzwänge nicht so problematisch waren (Es gibt ja Zeitgenossen, die zur Fraktur als Drucktype aus eben diesen Gründen zurück wollen). Das Deutsche wird also im Erscheinungsbild weiter europäisiert bzw. internationalisiert. Der Großbuchstabe mitten im Wort -- das war erst eine Attitüde aus der Welt der Computerprogramme. So etwas kann doch nicht Regel werden. Schöner wäre tatsächlich, dem Großbuchstaben die ursprüngliche Funktion zurückzugeben: Das Versal am Kapitel-, dann Satzanfang. Denn Versalien und Gemeine, also Groß- und Kleinbuchstaben sind ja Bestandteile von zwei verschiedenen Satzkästen, also riesige Zwiebelfische: Die Versalien kommen aus der römischen Capitalis Maior, die Kleinbuchstaben entwickelte der Hauslehrer für Karls des Großen Söhne. Daraus wurden die Renaissance-Minuskeln. Unsere Antiqua ist eine Hybride mit 800 Jahren Zeitversatz. Es ist daher nicht so dumm und unhistorisch, sondern im Sinne eines internationalen Zusammenwachsens (zusammen Wachsens?), im Satz nur ausnahmsweise Großbuchstaben zu verwenden. Die Reform führt aber davon weit weg!
KK Und daß unsere Zeit von sss geprägt ist, halte ich wiederum für ein Märchen.
Jo, die Zukunft wird es sein.
eingetragen von Klaus Kolbe am 18.09.2003 um 02.34
Das wäre wohl der Idealzustand für die Reformer und deren Befürworter, nämlich daß wir alle in einer Kinderwelt leben und selbst wieder den Kindeszustand erreichen. Dann könnten sie ihre „Märchen“ von den „Erleichterungen“ unwidersprochen weiterhin von sich geben.
Dabei muß ihnen wohl entgangen sein, daß Kinder nicht ewig Kinder bleiben, sondern erwachsen werden. Folglich lernen Kinder nicht für die Kinderwelt – sie lernen, um sich später einmal in der Erwachsenenwelt behaupten zu können.
Was wäre denn mit Fluss-Sand, wenn die Reformer ihr eigentliches Ziel, die Substantiv-Kleinschreibung, erreicht hätten?
Bei Flußsand fällt ja nicht ein s weg, weil zwei genug sind, oder?
Die Vorzüge der ß-Schreibung sind so offensichtlich, daß diese sich schon im 19. Jahrhundert gegenüber der ss-Schreibung durchgesetzt hat. Ich denke, das muß hier nicht noch und noch wiederholt werden.
Und daß unsere Zeit von sss geprägt ist, halte ich wiederum für ein Märchen.
eingetragen von Elke Philburn am 18.09.2003 um 00.36
Zitat:
Diese Regelung ist sinnvoll und ohne Überlegung anzuwenden: Nehmen wir den Flusssand oder Fluss-Sand.
Für Kinder ist dies voll einsichtig und richtig geschrieben. Kinder sind im Rechtschreiben nicht vorgebildet, sie schreiben lautgetreu. Fluss ist mit zwei ss zu schreiben und dann gibt es noch den Sand.
1+1=2, also Fluss und Sand = Flusssand (Fluss-Sand).]
Während das Schulkind vor der Reform nur eine Schreibvariante kennen mußte, muß es jetzt also zwei kennen - die in einem Wort geschriebene und die mit Bindestrich verbundene. Um aber keine Fehler durch Übergeneralisierungen zu erzeugen, muß unser Schulkind über die zwei Varianten hinaus auch wissen, wann es den Bindestrich nehmen darf und wann nicht. Sonst könnte es nämlich auf die Idee kommen, Fluß-Ufer oder Fluß-Lauf zu schreiben. Und das geht natürlich nicht, denn der Bindestrich in Fluss-Sand ist ja nur erlaubt, um das unschöne Konsonantentrio zu vermeiden. Das Kind lernt damit die Orthographie als ein dysfunktionales System kennen: Eine Schreibung mit drei Konsonanten muß zwar sein, weil ja schließlich drei s vorhanden sind, aber weil es nicht schön aussieht, darf man auf ein Mittel zurückgreifen, das ebenfalls nicht mehr als ein Behelf ist, letztlich aber das geringere Übel darstellt.
Bravo an die klugen Köpfe, die uns dies beschert haben!
– geändert durch Elke Philburn am 18.09.2003, 11.37 –
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von guest am 17.09.2003 um 21.19
Weil Lesen im technischen Sinne Mustererkennung ist und drei s hintereinander das Lesen erschweren, könnte man auch auf die Idee kommen, das dritte s ohne Bindestrich groß anzuschließen: statt sss dann ssS. Jedenfalls schreibt es sich schneller als mit Bindestrich. In der Werbung sieht man Vergleichbares schon manchmal. Natürlich würden alle KorrekturProgramme sich weigern, und vielleicht würde die Verallgemeinerung auf alle SubstantivKomposita ins Chaos führen, aber durchdenken kann man es ja mal. Der Bindestrich wäre dann wieder den GelegenheitsKomposita (okasionellen Kompositionen) vorbehalten.
eingetragen von Nerling am 17.09.2003 um 16.00
Werte Frau Doktor,
danke für Ihre Antwort. Ich lese die Beiträge der anderen Forumsteilnehmer und auch Ihre mit Hochachtung, denn aus sehr vielen spricht ein Vertrautsein mit der Thematik, das mich sehr beeindruckt, zumal meine Praxis im Unterrichten sehr lange zurückliegt und ich mich hauptsächlich mit den Problemen befasst habe, die asiatische Immigranten mit unserem geliebten Deutsch haben.
Wahrscheinlich wird in der Frage der sss die Logik über die Ästhetik siegen. Offenbar hat man in vergangenen Jahrhunderten mehr Wert darauf gelegt. Zu begrüßen ist natürlich, wenn die Sprache ihren informativen Charakter behält, und von daher wäre es nicht einzusehen, dass ein s wegfällt, weil zwei genug sind. Werden wir erst nicht mehr darüber stolpern, wenn wir daran gewöhnt sind? Werden unsere Sehgewohnheiten in Zeiten von zunehmend technischen Sprachen, also auch Programmiersprachen, solche Häufungen integrieren in das, was "halt so ist"?
Was mich an dieser Reform so ärgert, ist das Zurück in Volkstümelei, Verdeutschung statt Internationalisierung. Dabei ist die deutsche Sprache für mich ein sehr wertvoller Schatz, wie ich noch ausführen werde. Aber Angleichung ist so, als würde man von seinem japanischen Gast verlangen, dass er sich die Haare blond färbt.
Hei.
Der Hai wäre eines der Wörter, die Kinder darauf hinführen, dass in einigen anderen Sprachen unser Laut "ei" aus A und I gebildet wird. Und dass man "ei" anderwo immer wie ein langes E spricht. Wir weichen ja in manchem von der Konvention ab, wir sprechen das S weich und das Z scharf, umgekehrt wie fast überall. Ich finde die deutschen Lautregeln nicht ausbaufähig. Lässt man die Schreibung der Lehnwörter bestehen, so fördert man trotz anfänglicher Schwierigkeit die Offenheit für andersartige Lautbildung, man weiß, dass das "ai" im Russischen, Türkischen und den finnischen Sprachen unserem "ei" entspricht, dass es im Französischen aber wie "ä" klingt und im Englischen wie ein langes E. Das mag verwirrend wirken, aber es bereitet auf die Vielfalt vor.
Indem man den Kindern das Deutsche erleichtern will, erschwert man ihnen Englisch, Französisch und die Möglichkeit, Wörter abzuleiten, wie es zur Zeit der altphilologischen Bildung noch möglich war. Angleichung verschleiert. Sie ist für mich Ausdruck einer Bildungsfeindlichkeit. Denn wann lernen wir am leichtesten? Doch im Kindesalter. Darum finde ich es besser, man lege schon mit dem Deutschen und seinen Lehn- und Fremdwörtern eine Grundlage für die Fremdsprachen. Meine Mutter sprach mit drei Jahren drei Sprachen. Ich halte das für keine Überforderung.
Natürlich lasse ich mich aus der Praxis heraus belehren.
Ich meine, man sollte alle die Änderungen zurücknehmen, die etymologisch nicht haltbar sind und die den Prozess des Fremdsprachenlernens behindern.
Die Kräfte müssten gebündelt werden, um die wirklichen Werte des Deutschen zu retten, die in der enormen Tiefe dieser Sprache liegen. In der Philosophie des Wortes Wirklichkeit allein offenbart sie sich: das Gewirkte und das Wirkende, das Werk der Nornen, ist das Phänomen, das wir für existent halten, das aber ein Gespinst ist, ein Hirngespinst. Wie nah ist das der Idee der Weden: Welt als Illusion, als Textura, oder, Sanskrit, Tantra. Allein dieses Beispiel zeigt, was für einen kulturellen Schatz wir an dieser Sprache haben. Durch scheinbar überflüssige Rudimente wird das oft durch das Geschriebene aufgeklärt, was im Sprechen vergessen wurde, so wie die Rudimente eines Tierskeletts seine Entwicklungsgeschichte verraten. Denn wir haben ja eine Klang-, keine Bildersprache, die ihre Kontinuität besser behaupten, wie man am Chinesischen studieren kann.
In der Frage des Zusammenschreibens scheinen ja sehr viele Lesende, Lehrende und Schreibende einer Meinung zu sein. Das war offenbar ein Schnellschuss.
Welche Möglichkeiten sehen Sie denn für ein Einwirken einer kleinen Forumsschreiberin, wie ich es bin, um die Entwicklung positiv beeinflussen zu helfen?
Mit freundlichem Gruß
Eva Nerling
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.09.2003 um 14.52
Eva-Maria Nerling und die Fragestellung der drei sss.
Diese Regelung ist sinnvoll und ohne Überlegung anzuwenden: Nehmen wir den Flusssand oder Fluss-Sand.
Für Kinder ist dies voll einsichtig und richtig geschrieben. Kinder sind im Rechtschreiben nicht vorgebildet, sie schreiben lautgetreu. Fluss ist mit zwei ss zu schreiben und dann gibt es noch den Sand.
1+1=2, also Fluss und Sand = Flusssand (Fluss-Sand).
Für Kinderbücher ist es ganz genau so und nicht anders richtig. Fragen Kinder den Uropa wird der noch Wörter mit h an ungewöhnlicher Stelle kennen, fragen Kinder die Uroma, kann diese noch in deutscher Schrift mit den diversen s-Typen umgehen.
Unsere Zeit ist geprägt von sss- wer weiß was in 10 Jahren üblich ist? Können Sie das voraussehen?
(Nerling)Information des Zusammenschreibens ...
Ja, Frau Nerling, hier muss noch etwas getan werden. Schließen Sie sich doch unseren noch nicht geschriebenen Briefen wegen Erneuerung der Getrennt-und Zusammenschreibung an, vielleicht können wir ja zusammen etwas erreichen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 17.09.2003 um 13.50
Ja, werter guest, ich sehe es auch so. Dabei stelle ich weniger auf das "Tippen" ab als vielmehr darauf, daß sich der deutlichere Unterschied zwischen "ß" und "s" stärker einprägt. Da Rechtschreibung weitgehend eine Merk- und Gedächtnisleistung ist, ist hier sozusagen eine selbstwirkende Fehlerbremse eingebaut.- Das alles ist natürlich keine neue Erkenntnis, sollte aber immer wieder den s/ss-Begeisterten entgegengehalten werden.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.09.2003 um 13.32
Zitat:Ich frage mich, wie Sie das zusammenbringen:
Ursprünglich eingetragen von Nerling
RRM: Wenn es eine weitere Vereinfachung geben würde und weniger Ausnahmen wäre ich mehr zufrieden, aber so wie die Sachlage ist, kann man noch nicht ganz zufrieden sein.
d'accord, d'accord!! Die Reform hat bisher zu Komplikationen geführt. Daher muss die Reform reformiert werden. Vielleicht schütten wir dennoch nicht das Kind mit dem Bade aus, sondern behalten einzig die neue Behandlung von ss und ß.
Aber die Dreifach-S sind grausam.
Es sind tatsächlich neue Komplikationen entstanden.
Der Lesefluss stoppt an Stellen, die man nicht nur aus Gewohnheit früher flüssig las, sondern man zögert, um Unklarheiten auszuräumen! Bei meiner Arbeit als Schriftstellerin leide ich wie ein Tier, wenn ich mir einige Begriffe getrennt geschrieben ansehe. Hier hat man versucht, eine unersetzliche Differenzierungsmöglichkeit zu beseitigen, was nicht für das Sprachgefühl der Verantwortlichen aussagt.
Einerseits erscheinen Ihnen die Dreifach-s grausam, andererseits praktizieren Sie die Heysesche s-Schreibung, die die Ursache dieser Grausamkeiten ist, und plädieren für ihre Beibehaltung.
Einerseits sind Sie Schriftstellerin und beklagen aus Ihrer Perspektive das Sprachgefühl der für die Reform Verantwortlichen und den stoppenden Lesefluß aufgrund neu entstandener Komplikationen, andererseits wenden Sie die Reformschreibung an, die zu genau diesen Lesehemmnissen führt.
Haben Sie sich schon einmal Gedanken über Ihre Glaubwürdigkeit gemacht? Ich frage Sie das jetzt so direkt, weil Sie ja Ihren Beitrag mit der Frage beenden: »Aber wer hört noch auf Logik?« Bitte helfen Sie mir, die Logik Ihres Vorgehens zu erfassen. Sind Sie zufälligerweise Kinderbuchautorin?
Ihre Analysen sind sehr treffend:
Zitat:Aber es fällt mir nicht leicht, Ihren Schlußfolgerungen zu folgen:
Wie anders kann man den Sachverhalt ausdrücken, wenn der Unterschied nun fortfallen soll? Eine Information des Zusammenschreibens: Einen Prozess bis ans Ende führen: gesundpflegen, vorbeilaufen, gefriertrocknen, zusammenhalten, zusammenreimen, es gibt anderwo vollständige Listen, die auch verdeutlichen, dass es um die Darstellung eines übertragenen Sinnes geht. Das Argument der Reformer, dies seien hergesuchte Beispiele ohne Wirklichkeitsbezug, greift nicht.
Zitat:Haben Sie sich mal Gedanken über die Glaubwürdigkeit der Reformer gemacht? Warum sind Sie bereit, deren Vorgaben prinzipiell Folge zu leisten, so daß Sie sich quasi rechtfertigen müssen, wenn Sie von ihnen abweichen?
Ich stolpere täglich in den neuen Texten über dergleichen, und ich entscheide mich bei eigenen Texten täglich für die zusammengeschriebene Form.
Zitat:Und trotzdem verwenden Sie... aber warum? Was mich also sehr interessiert, ist die Antwort auf folgende Frage: Worin sehen Sie den mit der 1996er Reform verbundenen Fortschritt, der die von Ihnen festgestellten Nachteile und die zum Teil fehlerhafte Konzeption der Neuregelung wieder aufwiegt, so daß es sich lohnt, an ihr festzuhalten? Was Sie geschrieben haben, kann mich nicht davon überzeugen, daß die reformierte Rechtschreibung besser ist als die herkömmliche im Gegenteil. Was also sind Ihre Argumente für die Reformschreibung?
Dieses Beispiel zeigt, wieviel mehr Sprache aus dem Beispiel, aus dem Vorbild lebt oder stirbt als aus amtlichen Beschlüssen. Sprache ist zum Teil, ob uns das nun gefällt oder nicht, Übereinkunft und Brauch.
– geändert durch J.-M. Wagner am 17.09.2003, 18.34 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von guest am 17.09.2003 um 12.48
Ich denke, daß das ein psycho-optisches Ergebnis der Reform ist:
Ein falsches ß statt Einfach-s erfordert beim Tippen einen größeren Aufwand als ein falsches zweites s, und ein falsches ß fällt stärker auf als ein falsches zweites s. Deswegen waren bisher falsche ß statt s viel seltener als heute falsche ss statt s. Die angebliche Schreib-Erleichterung ist auch eine Fehlerschreib-Erleichterung. Die bisherige Schreibweise verhindert psycho-optisch in stärkerem Maße Schreibfehler, und das ist ein großer Pluspunkt.
eingetragen von margel am 17.09.2003 um 11.53
Es ist zwar hier schon bis zum Überdruß durchgekaut worden - aber ich frage trotzdem noch einmal: Wieso ist jetzt die Fehlerquelle "das/dass bzw.daß" versiegt? Aus der Lautung läßt sich die richtige Schreibweise gerade in diesem Fall eben nicht ableiten. Vielmehr muß man zwischen Artikel bzw. Relativpronomen und Konjunktion unterscheiden können. Wer allerdings auch sonst in Rechtschreibung sicher ist, denkt nicht einen Augenblick über die richtige Schreibweise nach. Das Sprachgefühl ist ihm ein verläßlicher Wegweiser.- Die "Schreibprofis" wie auch die Schüler machen jetzt genausoviele, wenn nicht sogar noch mehr Fehler als zuvor. Ein Blick in eine beliebige Tageszeitung zeigt das.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.09.2003 um 09.09
Der darin zitierte Beitrag Von der Ästhetik von Frau Menges stammt vom 16.02.2001; er steht ganz am Anfang dieser Reihe, derzeit auf Seite 89:
http://www.rechtschreibreform.de/Forum/showthread.php?threadid=20&pagenumber=89
Man beachte auch die laufende Nummer des Einzelbeitrags:
http://www.rechtschreibreform.de/php/einzelner_Datensatz.php?BeitragNr=182
_________
Seit der Zeit vor über zweieinhalb Jahren haben Sie ja hier im Forum gründlich über die neue Rechtschreibung nachgedacht, liebe Frau Menges. Was halten Sie inzwischen von der Ästhetik der Dreifach-s?
– geändert durch J.-M. Wagner am 17.09.2003, 14.50 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von guest am 17.09.2003 um 08.55
ss nach langem Vokal oder Diphtong würde der Regel widersprechen, daß Doppel- und Mehrfachkonsonanten die Kürze des vorhergehenden Vokals anzeigen. ß ist in der praktischen Anwendung zu einem Einfachkonsonanten geworden. Es gibt keine andere Möglichkeit, ein stimmloses s zwischen Vokalen zu kennzeichnen, weil ein einzelnes s immer stimmhaft gesprochen werden müßte. Soviel Logik muß sein.
eingetragen von Nerling am 17.09.2003 um 07.48
Werte Freunde und Feinde der Rechtschreibreform,
RRM: Es ist nicht sehr schwer für Sprachpraktiker und Schüler, die Regeln des "ß" zu lernen. Es stellt eine Erleichterung für alle dar.
... sofern es sich um "dass" und "das" handelt sowie um alles, was vom gesprochenen Laut her geklärt werden kann, ist es tatsächlich eine Erleichterung. Vielleicht sollte man dies als den einzigen wirklichen Fortschritt der Reform für sich stehenlassen.
RRM: Es ist nur schade, dass es das "ß" noch gibt.
Es gab es ja nie wirklich. Es ist eine Ligatur aus einem langen und einem kurzen kleinen "s", also einem Schluss-S. Zum ersten Mal tauchte diese Ligatur in italienischen Frühdrucken auf, wo man "maßima e serenißima" und dergleichen Merkwürdiges lesen konnte.
(Hat ein ß innerhalb einer Versalreihe inzwischen den Segen? Das wäre grauenhaft.)
RRM: Mir gefallen, wie beschrieben, die Wörter mit ss- und ich habe Schwierigkeiten Kindern zu erklären, warum ein Bus mit einem s geschrieben wird und nicht wie bei Kuss mit zwei.
Weil es vom lateinischen "omnibus", "für alle" kommt.
RRM: Meines Erachtens und auch nach meinem ästhetischen Gefühl wäre es schöner alles in ss oder in s zu schreiben.
Die Ligatur des langen und des kurzen "s" wurde in der Renaissance geschaffen, weil sich das ästhetische Gefühl der Typografen gegen das "ss" sträubte.
(Wer weiß, ob das in den Runen vielleicht schon damals eine schlimme Bedeutung hatte? Schweres Gewitter? Viele Blitze? Ich fantasiere jetzt mal.)
RRM: Das scharfe "ß" ist zwar einzeln hübsch anzusehen, aber ich würde doch lieber ganz darauf verzichten. Mir gefallen Wörter wie Fantasie, Delfin und Jogurt.
Das türkische yag~urt - also, die Tilde soll ein Bogen über dem "g" sein - wird ja-urt gesprochen, das "h" war eine Andeutung des gehauchten stummen "g", eine phonetisch ganz gute Ersetzung. Das "ph" zu ersetzen finde ich keine so gute Idee, denn es hat vorher das Verständnis für die Herkunft von Wörtern erleichtert, nämlich den griechischen Ursprung sichtbar gemacht. In der Reform ist viel Historisches verlorengegangen. Die Sprache verliert an Tiefe. Ein rauer Wind ist nicht dasselbe wie ein rauher Wind, der wirklich noch geweht hat - im Klang. Ein rauer Wind ist ein lauer Wind, und wie ist es mit "roh"? Verzehrt man jetzt Rofleisch in der Arktis? Roes Robbenfett? Und wenn nicht - warum nicht?
RRM: Wenn es eine weitere Vereinfachung geben würde und weniger Ausnahmen wäre ich mehr zufrieden, aber so wie die Sachlage ist, kann man noch nicht ganz zufrieden sein.
d'accord, d'accord!! Die Reform hat bisher zu Komplikationen geführt. Daher muss die Reform reformiert werden. Vielleicht schütten wir dennoch nicht das Kind mit dem Bade aus, sondern behalten einzig die neue Behandlung von ss und ß.
Aber die Dreifach-S sind grausam.
Es sind tatsächlich neue Komplikationen entstanden.
Der Lesefluss stoppt an Stellen, die man nicht nur aus Gewohnheit früher flüssig las, sondern man zögert, um Unklarheiten auszuräumen! Bei meiner Arbeit als Schriftstellerin leide ich wie ein Tier, wenn ich mir einige Begriffe getrennt geschrieben ansehe. Hier hat man versucht, eine unersetzliche Differenzierungsmöglichkeit zu beseitigen, was nicht für das Sprachgefühl der Verantwortlichen aussagt. Wie anders kann man den Sachverhalt ausdrücken, wenn der Unterschied nun fortfallen soll? Eine Information des Zusammenschreibens: Einen Prozess bis ans Ende führen: gesundpflegen, vorbeilaufen, gefriertrocknen, zusammenhalten, zusammenreimen, es gibt anderwo vollständige Listen, die auch verdeutlichen, dass es um die Darstellung eines übertragenen Sinnes geht. Das Argument der Reformer, dies seien hergesuchte Beispiele ohne Wirklichkeitsbezug, greift nicht. Ich stolpere täglich in den neuen Texten über dergleichen, und ich entscheide mich bei eigenen Texten täglich für die zusammengeschriebene Form.
Der größte Schaden ist die Anstiftung zur sprachlichen Selbstjustiz. Grobe Fehler nehmen zu, die Selbstkritik der Schreibenden scheint abgenommen zu haben. Ganz andere Unsitten machen sich plötzlich breit:
Relativsätze werden grundsätzlich falsch angeschlossen, wenn sie eine Teilmenge beschreiben:
"Du bist der Letzte, der das noch falsch macht." okay.
"Du bist einer der Letzten, der das noch falsch macht." falsch! Aber bis in die Nachrichten vorgedrungen.
"Du bist einer der Letzten, die das noch falsch machen."
Warum, verdammt, beherrscht keiner mehr diese Konstruktion? Plötzlich weiß niemand mehr, dass der Relativsatz sich auf den Plural bezieht! Das heißt, die Menschen sind in ihrer sprachlichen Kompetenz verunsichert, sie geben auf, es richtig wissen zu wollen, da sie widersprüchliche Auskünfte von Oma und Lehrer bekommen haben (die Eltern sagen, frag Oma, die hat das noch richtig gelernt).
Dieses Beispiel zeigt, wieviel mehr Sprache aus dem Beispiel, aus dem Vorbild lebt oder stirbt als aus amtlichen Beschlüssen. Sprache ist zum Teil, ob uns das nun gefällt oder nicht, Übereinkunft und Brauch. Missbrauch bisweilen. Den Missbrauch des Relativsatzes und manche anderen Unsitten könnte man durch ethymologische (etümologische?) Ableitung oder durch Logik korrigieren.
Aber wer hört noch auf Logik?
Servus!
Eva Nerling
eingetragen von Norbert Schäbler am 15.09.2003 um 20.52
... eintreten für eine kastrierte Form der Demokratie, die darauf hinausläuft, daß die Handlungsfähigkeit des Staates (und seiner Politiker) unter allen Umständen gewährleistet werden muß,
und gleichzeitig die ureigene Form der Demokratie predigen wollen, die auf Mehrheitsbeschlüssen und vor allem auf intensiver Beschäftigung und Auseinandersetzung des Bürgers mit dem Gegenstand jener Politik beruht.
Wer beides gleichzeitig zu können glaubt, der überprüfe
- entweder seinen Grad an Schizophrenie
- oder aber seinen Grad an Untertanengeist!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.09.2003 um 17.02
Auseinandersetzungen und Wortgefechte sind demokratisches Werkzeug:
Eine freie Meinungsäußerung ist in jeder politischen Debatte tragbar, Auseinandersetzungen um das Wort, um den Begriff ebenfalls.
Wenn es hier nicht so gute Leute wie Herrn Stirnemann und viele andere geben würde, wäre ich schon lange nicht mehr da. Wer sich nicht mit Leuten auseinandersetzen kann, die eine andere Meinung, sagen wir eine staatstreue, aber dennoch kritische Meinung haben, ist im demokratischen Meinungsbildungsprozess nicht sehr weit fortgeschritten.
Sehr interessant, was Sie hier über Eduard Engel schreiben, Herr Stirnemann.
Ich lese Ihre Beiträge gerne, wenn ich auch die Kritik über die Rechtschreibreform nicht teilen kann.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Reinhard Markner am 15.09.2003 um 06.29
Zitat:Mir hat dieses wirre Zeug noch nie gefallen. Aber es ist eben schwer, mit vernunftbegabten Leuten über die Reform zu streiten -- sie lehnen sie ohnehin ab.
Mir gefallen Ihre Äußerungen hier schon lange nicht mehr . . .
eingetragen von s.stirnemann am 14.09.2003 um 20.07
Eduard Engel, einer der großen Sprachlehrer, schreibt:
„Voran stehe die meistumstrittene Frage nach der Berechtigung des Gebrauchs von Zusammensetzungen mit ..weise als Beiwörtern. Darf man schreiben: ein teilweiser Ersatz, das schrittweise Zurückgehen, der glasweise Ausschank (…)?
Durfte Lessing schreiben: die stückweise Schilderung, Goethe: die stufenweise Ausbildung, Schiller: wechselweiser Übergang (…)?
Die Sprachgeschichte lehnt das heutige Beiwort auf ..weise ab, denn es sei nicht sehr alt; die Sprachlehre verwirft es, denn eine Beiwortendung ..weise gebe es nicht; sämtliche Zuchtmeister der Sprache belegen es mit mehr oder minder grober Schelte. (…)
An wenigen sogenannten Fehlern können wir so deutlich den rastlosen Kampf zwischen einer an sich nicht schlechten Regel und dem mächtigen Sprachgebrauch beobachten wie an diesem. Wessen Aufmerksamkeit einmal für die Unstimmigkeit eines Beiworts mit Umstandsendung geschärft worden, der wird den Gebrauch selbst dann lieber vermeiden, wo er ihm recht bequem wäre (…).
Bei teilweise kann man sagen: hätte nicht das allzu bequeme Welschwort (=Fremdwort, S.S.) partiell die Bildung oder Anwendung von .. teilig zur rechten Zeit verhindert; wäre der deutsche Sprachtrieb nicht überhaupt in unzähligen Fällen gelähmt, unterdrückt worden durch die sich einschleichenden und vordrängenden fremden Unwörter (z. B. graduell, fragmentarisch, individuell, speziell), so hätte er gradig, stufig, stücklich usw. gebildet, und man brauchte nicht die umständliche und verschwommene Umschreibung mit ..weise. (…)
Ganz so ungeheuerlich ist der Vorgang im Deutschen nicht: auch behende, vorhanden, einzeln, zufrieden, gänzlich, anderweit, fern, nahe, selten, öfter, ungefähr waren ursprünglich nur Umstandswörter und sind daneben zu Beiwörtern geworden.“
Ganz ähnlich steht es in Ludwig Reiners „Stilkunst“ zu lesen: Reiners hat sie zu großen Teilen aus Eduard Engels Werken zusammengestellt. Eduard Engel galt als jüdischer Autor und war im Dritten Reich verboten: Reiners nutzte die Gunst der Stunde. Auf das Plagiat hat Theo Ickler bereits 1988 hingewiesen. Ich habe diesen Sommer die nötigen Untersuchungen durchgeführt und in bisher drei Aufsätzen vorgeführt. Einen davon werde ich nächstens auf diesen Seiten abdrucken: Engel gehört zu den Verfechtern möglichst großer Freiheit in Fragen der Sprache und hat auch zur Rechtschreibung Bedenkenswertes gesagt.
__________________
stefan stirnemann
Tigerbergstr.10
9000 St. Gallen
eingetragen von Christoph Kukulies am 14.09.2003 um 17.20
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Dieses Beispiel weckt bei mir Vergleiche mit der Liste der teilgenommenen Kandidaten gegen die Rechtschreibreform. Ich verkneife mir weitere Bemerkungen!
Der Widerstand scheint gebrochen zu sein. Innere und äußere Querelen sowie wenig Zusammenhalt der intellektuellen Welt scheinen die Kritik an der Rechtschreibreform stark geschwächt zu haben.
Frau Menges,
verkneifen Sie sich doch am besten gleich hier weitere Auftritte dieser Art und melden Sie sich ganz ab. Es mag hier Besucher geben, die Ihre Beiträge mögen. Mir gefallen Ihre Äußerungen hier schon lange nicht mehr und das war so ziemlich das letzte an Verunglimpfung der Rechtschreibreformgegner, was ich hier erlebt habe.
Ich appelliere an den Hausherrn, Frau Dr. Menges Hausverbot zu erteilen.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von guest am 14.09.2003 um 12.56
Deutsche Schulgrammatik, Klett Verlag, 1952:
"Adverbien darf man nicht als Adjektive verwenden. Wendungen wie: 'die zue Tür, die kaputte(ne) Tasse' gehören der nachlässigen Umgangssprache an. - Aber auch Wörter wie: 'hiesig, dortig, dasig' sind häßlich und in gutem Schriftdeutsch ebenso zu vermeiden wie die adjektivische Verwendung der mit '-weise' zusammengesetzten Adverbien. Man sagt: 'die Straße wurde teilweise ausgebessert', aber man sollte nicht sagen: 'eine teilweise Ausbesserung der Straße, die stückweise Erneuerung des Daches'."
Fleischer/Barz, Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache, 1995:
"Das Suffix '-weise':
WBK (Wortbildungskonstruktionen) dieses Modells werden zunehmend auch attributiv als Adjektiv verwendet: 'auszugsweise Abschrift, stundenweise Vertretung'."
Die deutsche Sprache lebt (glücklicherweise noch).
– geändert durch guest am 14.09.2003, 19.56 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.09.2003 um 08.56
Dieses Beispiel weckt bei mir Vergleiche mit der Liste der teilgenommenen Kandidaten gegen die Rechtschreibreform. Ich verkneife mir weitere Bemerkungen!
Der Widerstand scheint gebrochen zu sein. Innere und äußere Querelen sowie wenig Zusammenhalt der intellektuellen Welt scheinen die Kritik an der Rechtschreibreform stark geschwächt zu haben.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Christoph Kukulies am 14.09.2003 um 08.10
Wie soll man es nennen, wenn über dem Klausuraushang mit den Matrikelnummern steht?
Liste der teilgenommenen Kandidaten
Ein Student hatte daruntergekritzelt:
"Die Armen"
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.09.2003 um 18.48
Sollte ein Wörterbuch nicht ein Stück weitergehen und neue Möglichkeiten aufzeigen, die auch richtig sind?
Oder sollte ein Wörterbuch nur Wörter aufweisen, die schon lange im Gebrauch sind?
Unsere Sprache zeichnet sich auch durch einen inneren deutschen Sprachwandel aus. Ich finde, dass wieder mehr ausschmückende Wörter verwendet werden.
Hin und wieder versuche ich ohne Fremdwörter auszukommen und schrittweise, teilweise u.a. anzuwenden. Das ist aber sehr schwer und klingt u.U. weniger "gebildet". Warum greifen die Deutschen eigentlich immer auf Fremdwörter und fremdartige Wörter zurück (vgl. eingedeutschte Wörter aus dem Französischen und Amerikanischen)?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2003 um 18.10
Die Umdeutung von Adverbien auf -weise zu Adjektiven ist schon seit hundert Jahren oder mehr im Gange. Ich frage meine Studenten auch schon seit vielen Jahren, wie sie "ein teilweises Teststopabkommen" finden, und heute ist es fast so weit, daß niemand mehr daran Anstoß nimmt. Ich selbst gebrauche es noch nicht.
Nach meiner Beobachtung weicht man an solchen Stellen oft auf Fremdwörter aus: partiell (teilweise), tentativ (probeweise) usw. Offenbar liegt eine Wortschatzlücke vor, denn bei der Textbildung stellt sich ein natürliches Bedürfnis ein, dasselbe Wort attributiv, prädikativ und eben auch adverbial zu gebrauchen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.09.2003 um 16.40
Zitat:So ist es. Ich habe mal im Wortschatz Deutsch nachgeschaut, und dort findet sich folgendes Beispiel:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Grunden)Ist der adjektivische Gebrauch von "schrittweise" durch den Duden abgesegnet?
Das Wort ist abgesegnet, aber es steht nichts über den Gebrauch.»Da ich die Glückseligkeit genieße, sehr viel in kurzer Zeit denken und kombinieren zu können, so ist mir eine schrittweise Ausführung nojos und unerträglich.«(Nachtrag: Zu nojos siehe http://www.kurli.via.t-online.de/a_zit/goethe.htm#S05)
(Quelle: Johann Wolfgang Goethe - Zweiter Römischer Aufenthalt / Juli / Korrespondenz (2))
Zitat:Wird es eventuell (bei großzügiger Interpretation) durch den Eintrag Schritt...[macher usw.] abgedeckt?
Im "Ickler" gibt es "schrittweise" gar nicht.
– geändert durch J.-M. Wagner am 11.09.2003, 15.29 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.09.2003 um 18.48
(Grunden)Ist der adjektivische Gebrauch von "schrittweise" durch den Duden abgesegnet?
Das Wort ist abgesegnet, aber es steht nichts über den Gebrauch. Aber Schritttempo, auch Schritt-Tempo oder Schritttanz auch Schritt-Tanz werden rot geschrieben. Im "Ickler" gibt es "schrittweise" gar nicht.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Monika Grunert am 04.09.2003 um 12.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Werner Scholze-Stubenrecht: "Bei der neuen Auflage nach der Rechtschreibreform konnten wir 20 Seiten weglassen, weil sie überflüssig geworden waren.“
Es ist typisch für den Charakter der Reformdurchpeitscher und -schönredner, rein quantitative Einsparungen als große Erfolge auszugeben. Erinnern Sie sich an die 212 Regeln, die angeblich auf 112 (oder so) geschrumpft sein sollen? Dann stellte sich heraus, daß es nur eine Frage war, WIE gezählt wurde.
Was soll man auch von einem Mann in dieser Position halten, der noch heute, nachdem es so viele wohlbegründete Einwände gegen sämtliche Teile der Reform und so viele Änderungen in den Wörterbüchern der letzten Jahre gegeben hat, die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der neuen Rechtschreibung auf eine schlechte Marketing-Strategie zurückführt.
__________________
m.g.
eingetragen von Theo Grunden am 04.09.2003 um 09.27
zu "...Mehr als schrittweise kleine Verbesserungen konnte ich daher nicht erwarten.“
Ist der adjektivische Gebrauch von "schrittweise" durch den Duden abgesegnet?
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.09.2003 um 06.30
Syker Kreiszeitungzeitung
Teil 2: Werner Scholze-Stubenrecht, Duden-Reaktion
30. 7. 2003
"...Mehr als schrittweise kleine Verbesserungen konnte ich daher nicht erwarten.“
"Und die immerhin, sagt Scholze-Stubenrecht, seien nicht zu übersehen: „Wir haben seit einigen Jahren ein Übungsbuch zur Groß- und Kleinschreibung herausgegeben. Bei der neuen Auflage nach der Rechtschreibreform konnten wir 20 Seiten weglassen, weil sie überflüssig geworden waren.“
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Monika Grunert am 31.08.2003 um 18.50
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
..., aber seit ich hier diskutiere lese ich auch dieses. ...
... Der Ertrag? Da ich diese Rechtschreibung nutze ist immer ein gewisser Ertrag da.
Frage an Frau Menges: Sind die hier fehlenden Kommata auch der Rechtschreib"reform" zum Opfer gefallen?
__________________
m.g.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.08.2003 um 18.28
Kieler Nachrichten
in den letzten Wochen:
Fitness-Studio, Null-Linie (15.8.)
Rolläden (28.8.); Roll-Laden (S.28), Rollläden (S.19) (7.8.)
Litfasssäulen (26.7.); Litfass-Säulen (19.7.) (Litfaß: Eigenname)
dazu noch aparte Trennungen am Zeilenende:
doppele-lastisch gelagert (12.8.)
rel-axt; in diesen urin-dianischen Gesängen (11.8.)
Wadephul, der nach seiner Niederlage gegen Kayenburg sein Amt als Lande-schef zur Verfügung stellte ...(1.8.)
Messer-gebnisse (29.7.)
der Eicherumpf und die Eiches-panten (28.7.)
sy-nästhetisch; Quizs-how (22.7.)
Noch eine Frage an die Experten: Seit meiner Kindheit höre ich die Sprechsilben "He-bamme". Wird die jetzt auch so zersägt – wie etwa "he-raus" – oder geht man mit ihr menschlicher um?
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.08.2003 um 17.35
Phantasie s. Fantasie
Kommentar zu den „Kieler Nachrichten" v. 22.8.03
Christian Strehk schreibt über die preisgekrönte Komponistin Rebecca Saunders:
Sie fasziniert mit einer hier fantasiehaft wuchernden oder dort stoisch kreiselnden, immer treffsicher instrumentierten und oft die klanglichen Grenzen der Instrumente überschreitenden Geräuschmusik.
...fantasiehaft ist nur scheinbar „neue" Rechtschreibung. Jeder Kenner weiß, daß man mitunter Gedankenspiele als „Phantasie" beschreibt – so halten es auch die meisten Rezensenten auf den Kulturseiten der KN – daß aber die italienische Schreibung „Fantasie" in der Klassik ein Musikstück freierer Form bezeichnet. Die auf neue „Fantasy"-Schreibung Dressierten werden also kaum imstande sein, das Gemeinte zu erkennen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 31.08.2003 um 09.30
Sprach nicht kürzlich jemand hier auf
diesen Seiten von der Schönheit des Bindestrichs,
wodurch Sinn und Wert der RSR aufgewertet werden?
SZ online 31.08. unter Auto/Mobil:
Schau-Laufen
Ess-Störung
Da haben wir sie - die Schönheit.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.08.2003 um 08.38
Natürlich muss man sich damit befassen, wenn man das ganze neue Regelwerk studiert. Früher hat mir auch der Duden gereicht, aber seit ich hier diskutiere lese ich auch dieses. Ist es nicht so, dass auch die Bibel angreifbar ist? Fragen Sie den streitbaren Sigmar Salzburg, der kann seitenweise kritische "Liedertexte" singen.
Die Wörterliste im Amtsblatt beginnt auf S. 101:
Auf S. 196 stehen die Wörter mit Ph, ph:
Bei Phantasie steht s. Fantasie,
bei Photo, s. Foto..,
Phon, s. Fon,
Phono, s. Fono..,
Photografie, s. Fotografie,
Photometrie, s. Fotometrie.
Alle anderen schreibt man weiterhin mit Ph, ph. Diese Inkonsequenz kritisiere ich, entweder verändern nach einer Regel oder lassen wie es war. Das ist m.E. eine berechtigte Kritik.
Grundlagen beinhalten meist Reize, die man sonst nicht liest. Der Ertrag? Da ich diese Rechtschreibung nutze ist immer ein gewisser Ertrag da.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 30.08.2003 um 11.00
Liebe Frau Dr. Menges, Sie haben den von Ihnen angeführten Text des Vorworts nicht als Zitat kenntlich gemacht. So mußte ich annehmen, daß Sie sich diesen als Ihre Meinung zu eigen gemacht haben. Bitte sprechen Sie in diesem Zusammenhang nicht von "Bibel" - das grenzt ja an Blasphemie, auch wenn Sie es nicht so meinen. Die ganze Exegese dieses Machwerks ist verlorene Liebesmüh´, der Ertrag lohnt den Aufwand in keiner Weise. Selbst Prof. Ickler, einer der besten Kenner, befaßt sich inzwischen kaum noch mit dem Regelwerk, aus Überdruß, der einen denkenden Menschen früher oder später angesichts dieses Mists befällt.
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.08.2003 um 09.48
Man muss mit Grundlagentexten arbeiten. Keinesfalls spiegeln diese Wörter meine Meinung. So steht es im Text- in der Bibel sozusagen. Ob ich die Bibel immer genauso anwende, wie sie geschrieben steht, steht wiederum in den Sternen.
Weiter:
"Die Regelung ist folgenden Grundsätzen verpflichtet:" S. 7 ebenda:
- Ziel ist die Vereinfachung... so dass der Geltungsbereich der Grundregeln ausgeweitet wird.
- "Neuformulierung der Regeln"...
Es geht grundsätzlich um
" die Beziehung zwischen Schreibung und Lautung"
und die "die Beziehung zwischen Schreibung und Bedeutung".
Ich sehe immer, dass der Text nicht genau bekannt ist und daher manchmal nicht genau argumentiert wird.
Da stecken eine Menge von Kritikpunkten, die hier ständig formuliert werden drin.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 30.08.2003 um 08.31
Verehrte Frau Dr., daß Ihr Amtsblatt das "Regelwerk ist", ist wohl eine etwas verkürzte Ausdrucksweise. Ist es dort tatsächlich abgedruckt? Ich brauche es jedenfalls nicht und auch keinen Link, denn selbsverständlich besitze ich das Regelwerk in der Duden-Ausgabe. Entlarvend finde ich, daß Sie den Propagandatext, die Wunschvorstellung der Reformer aus dem Vorwort einfach so nachbeten: "Vorbildcharakter..." Daraus muß ich leider schließen, daß es mit Ihrer freien, kritischen Meinung nicht zum besten bestellt ist. Es schlägt, wie schon früher, wieder einmal Ihre Obrigkeitsgläubigkeit (ich sage nicht "-hörigkeit") durch. Es wird mir auch wieder einmal klar, warum Sie dauernd betonen, im Grunde sei alles gelaufen und die RR sei unwiderruflich installiert. Sollte es anders kommen, so wären Sie in Ihrer Glaubensüberzeugung zutiefst erschüttert. Diese lautet: Was von meinem Dienstherrn kommt, kann nicht falsch sein. Darum, nicht weil Sie von deren Qualität überzeugt wären, hängen Sie der Reform unverbrüchlich an, "treu" eben, wie Sie selbst sagen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.08.2003 um 06.11
Liebe Frau Salber-Buchmüller,
ich bin froh, dass Sie meine Fragen noch einmal aufgreifen. In der Tat waren sie provokativ und fragend gestellt. Sie werden mir sympathisch, weil Sie auch das Wort "Gedankengut" nochmals anprangern. Nach meiner Berlin-Reise habe ich mir ernsthaft die Frage gestellt, ob die RSR eine Demonstration sein soll, ob wir modern genug sind, veränderbar und für Amerika tragbar. Nachdem ich öfters unter dem "Sony-Center-Dach" gesessen bin, natürlich auch "Unter den Linden", ist mir so manches durch den Kopf gegangen. Typisch deutsch - das gibt es schon!
Lieber Margel,
das Amtsblatt vom 22. Mai 1996 Nr.III/9-S4400/4-8/77094 ist das Regelwerk. Es gilt für die Schule und die Verwaltung, also über die Stellen "über die der Staat Reglungskompetenz" (Amtsblatt S. 7) besitzt. Für alle anderen Bereiche hat es "Vorbildcharakter" (S.7) (Druckereien, Verlage, Firmen, Redaktionen - aber auch Privatpersonen)(ebenda).
Es ist alles online einzusehen, Herr Wagner hat alle Links.
Lieber Herr Grunden,
schön, wieder von Ihnen zu lesen. Sie sollten hier nicht abhanden kommen. Leider haben wir von einigen sagenhaft guten "Schreibern" lange nichts mehr gehört. Im Übrigen stimme Ihnen in allen Punkten vorbehaltslos zu. 2005 werden wir erleben, dass es noch einige Veränderungen geben wird, aber die Sache wird dann abgeschlossen werden.
Der Bindestrich ist wieder in den Blickpunkt geraten - er ist ein gutes Merkmal der schriftlichen Sprache.
– geändert durch RenateMariaMenges am 31.08.2003, 10.45 –
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 29.08.2003 um 15.29
Liebe Frau Menges,
irgendwie bereiten mir Ihre
Ausführungen Magendrücken. Sie
sind nach meinem Empfinden
unstimmig und eine Spur vermessen.
"Wir denken nicht französisch oder
englisch, sondern deutsch".(Daß Sie der Meinung
sind, daß wir wieder deutsch denken dürfen, gehört
zwar nicht hierhin, aber ist dennoch erfreulich).
"Woher kam dieses Gedankengut? Ist es nicht
auch Streben nach der Moderne, dem Fortschritt?"
Dem Ergebnis eines hehren deutschen Gedankengutes, das
die Wurzeln auch in der Nazizeit hat und in der DDR,
haben wir es also zu verdanken, daß wir Frankreich, England
und andere Länder in die Dino-Ecke verweisen können, und
das bis zum Sanktnimmerleinstag.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von margel am 29.08.2003 um 12.45
In meinem Leibblatt von heute: " Ob Bus, Bahn, Auto oder Fahrrad: Am Norder Bahnhof soll bis 2005 alles zusammen laufen." - Das nennt man dann wohl "Verkehrsverbund" ... Und Laufen soll ja so gesund sein!
eingetragen von Theo Grunden am 29.08.2003 um 11.55
Liebe Frau Menges,
da hat sich ja inzwischen so einiges angesammelt! Und nachdem mein Name überraschenderweise vor kurzem zweimal in der Betreffzeile per (schönen!) Bindestrich mit dem von Frau Grunert verbunden wurde (weiß jemand warum?), will ich mich mal wieder einmischen.
Sie fordern: “Für die Schulen muss dann sozusagen ein neues Regelwerk herauskommen, nachdem man sich richten kann.“ Wollen Sie damit sagen, daß man sich nach dem derzeit gültigen Regelwerk (Amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung von 1996) nicht richten kann? Dann stimmen Sie mit mir überein! (Übrigens: In der Unterscheidung zwischen „nachdem“ und „nach dem“ sind sich die Regelwerke bisher noch einig, aber man weiß ja nie!)
Ihren Satz “Trotzdem gehen wir nach dem Duden 2001 vor, denn das ist die neueste Version der Rechtschreibung.“ finde ich bemerkenswert. Bei allen Anfragen zu Zweifelsfällen bekommt man immer den Hinweis „Eine Reform der Reform hat es bisher nicht gegeben“ gratis dazu. Also müßte doch der Duden von 1996 zumindest noch genauso gültig sein! Wenn Sie allerdings mit „neueste Version“ nur die zeitliche Dimension meinen und nicht die inhaltliche, dann ist Ihre Behauptung schlichtweg sachlich falsch, das sollten Sie eigentlich wissen.
Sie fragten: “Warum strebte Deutschland nach einer Änderung?“
Deutschland hat nach vielen Änderungen gestrebt und wird wohl auch weiterhin nach vielen Änderungen streben. Aber nach einer Änderung der Rechtschreibung hat Deutschland gewiß nicht gestrebt, und ganz sicher nicht nach einer, die nach so kurzer Zeit schon nach weiteren Änderungen schreit.
Sie behaupten: „Alle Schulbuch- und so viel ich weiß, alle Kinderbuchverlage drucken nach der derzeit gültigen Rechtschreibung." Eigentlich müßte man sagen: Sie geben vor, dies zu tun, sie versuchen es. Aber es gelingt ihnen oft nur mittelmäßig. Und es ist ihnen oft auch ziemlich schnuppe. Würden die Kultusminister regeln, ab 2004 sei bei Neuauflagen jedes x durch ks, jedes y durch ü zu ersetzen, sie würden es tun. (Übrigens: Auch an der Zusammenschreibung von „soviel“ bei „soviel ich weiß“ hat die RSR nichts geändert, auch dieser Irrtum hat sich erstaunlich weit verbreitet.)
Sie schreiben: “Die Reform ist längst gelaufen, selbst der Spiegel hat die Diskussion eingestellt, die Schulen unterrichten die neue RSR und ... sie ist nicht zu vergleichen mit der Mengenlehre, die man einfach absetzen konnte.“
In einem Punkt ist ein Vergleich aber doch angebracht: Weder bei der Einführung der Mengenlehre noch bei der Einführung der neuen Rechtschreibregeln war den Verantwortlichen klar, um was es da inhaltlich genau ging. Alles wurde unfertig auf die Schüler losgelassen nach dem Motto: „Mal sehen, wie es sich entwickelt oder was dabei nach einigen Jahren herauskommt“.
War denn bei der Einführung der Mengenlehre eigentlich nicht „das Streben nach der Moderne, dem Fortschritt“ im Spiel?
Sie haben die Großschreibung von „Leid“ (Sie meinten sicherlich in der Verbindung „es tut mir Leid“) als das bezeichnet, was sie ist: als Fehler. Glauben Sie, daß es auch nur ein einziges Mitglied der KMK gibt, das dies anders sieht (mal abgesehen von denen, die noch nicht davon erfahren haben, daß Schüler es nun groß schreiben sollen)? Konsequenzen? Fehlanzeige! (Vielleicht wird es ja bis 2005 doch noch richtig.)
eingetragen von margel am 29.08.2003 um 11.34
Tatsächlich, verehrte Frau Grunert, Frau Doktor nenn sich selbst eine "Fanatikerin der RR." - Ich hatte es übersehen, weil nicht für möglich gehalten.
eingetragen von margel am 29.08.2003 um 11.27
Hallo, Frau Doktor, soeben habe ich erst die köstlichste Perle Ihres Beitrags entdeckt; "Grundlage der Diskussion ist das AMTSBLATT." - Ja, das mag für Sie und Ihre Lehrerkollegen gelten, für uns andere sind Grundlage der Diskussion die bewährte Orthographie, das Regelwerk und die jeden Tag zu Tausenden zu begutachtenden Folgen des beispiellosen plumpen Eingriffs in einen hochdifferenzierten Organismus. Und natürlich unser Sprachgefühl.
eingetragen von margel am 29.08.2003 um 11.20
Hochverehrte Frau Dr. Menges, es ist ja zu begrüßen, daß Sie endlich einmal nachprüfbare Aussagen machen. - Die anhaltende, tiefschürfende Diskussion über s/ss/ß in diesem Forum scheint allerdings spurlos an Ihnen vorübergegangen zu sein. Also stelle ich neue Fragen:
1. Wieso ist die neue s/ss/ß - Regelung einfacher? Statt zwischen zwei muß man nun (besonders auch der Schüler) zwischen drei Möglichkeiten wählen.
2. Über die neuen Großschreibungen ist schon viel gesagt worden. Sie stellen einen Rückschritt dar gegenüber einer längst vollzogenen Feindifferenzierung der Orthographie. Von welchem "Großen" und "Ganzen" sprechen Sie z.B. in Ihrem Eingangstext?
3.Wie oft haben Sie in Ihrem Leben das Wort "Delfin" geschrieben? Ich jedenfalls schreibe hier "Delphin"/"Delfin" zum ersten und wahrscheinlich letzten Mal.
4. Worin liegt die "Schönheit" des Bindestrichs?
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.08.2003 um 07.14
Lieber Herr Wagner,
ich glaube wirklich, dass Sie Angst vor einer gemeinsamen Formulierung haben. Sie wissen doch, dass Frauen etwas anpacken, aber ich sehe Ihre große Verzögerungstaktik.
Im Großen und Ganzen ist auch bei Herrn Ickler der Grundsatz der alten Rechtschreibung gegeben. Wenn dieser Vorschlag bei der Rechtschreibkommission angenommen worden wäre, würden wir hier nicht mehr diskutieren.
Dieser Vorschlag wurde n i c h t angenommen!
Die derzeit gültige Rechtschreibung ist einfacher:
a. in der Handhabung der S-Schreibung (ss,s,ß)
b. Kommas werden reduziert
c. Teile der Groß- und Kleinschreibung sind einfacher: Im Voraus, im Großen und Ganzen, im Grundsätzlichen ...
d. Die Schreibung mit Bindestrichen ist schöner.
Falsch ist die Eindeutschung der Fremdwörter, besonders aus dem Griechischen und Lateinischen. Trotzdem ist es für die Schüler einfacher "Delfin" zu schreiben; es werden beide Begriffe "Delphin, Delfin" und "Fantasie, Phantasie" angeboten. Falsch sind Großschreibungen z.B. bei "Leid"... Anzugreifen ist der große Wirrwarr bei der Getrennt - und Zusammenschreibung. Angreifbar ist auch das Stammprinzip, weil der Stamm nicht immer eindeutig identifizierbar ist.
Grundlage dazu muss das Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung vom 22. Mai 1996 sein. Das In-Kraft-Treten war am 1. August 1998. Ich erwarte Ihr konkretes Eingehen, Herr Wagner!
Dieses kurze Statement dürfte doch verständlich genug sein.
Gibt es da noch Fragen?
Lieber Sigmar Salzburg,
da die Diskussion auf Spiegel, Spon eingestellt wurde zeigte dies doch auch, dass die Diskutanten kein weiteres Interesse mehr an der Diskussion haben. Für viele Menschen ist die Diskussion über die Rechtschreibung einfach abgeschlossen. - Leider darf ich hier meine divergierenden Gedanken nicht mehr aufschreiben. Um die Leser vor Überforderung zu schützen, werde ich nur noch eine Linie vertreten ( siehe oben). Außerdem "erwarte" ich von Ihnen ein Eingehen auf die Akademievorschläge, Herr Salzburg.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.08.2003 um 06.47
[R.M. Menges]... selbst der Spiegel hat die Diskussion eingestellt ...
Wenn damit die Diskussion im SPIEGEL-Forum (SPON) gemeint ist, gibt dieser Hinweis ein falsches Bild. Eine Diskussion wird dort automatisch „archiviert", wenn ein paar Wochen lang keine Beiträge kommen. So war es auch im letzten Dezember, als der letzte Beitrag (von Frau Menges) zu keinen weiteren Beiträgen inspirierte. Ich war anderweitig ausgelastet, so daß die Diskussion geschlossen war, als ich mich darum kümmern konnte. Schon ein Jahr früher war die Diskussion durch den neuen Sysop geschlossen, dann aber auf meinen Protest hin wieder geöffnet worden. Seither waren doch noch etliche interessante Beiträge eingegangen. Bedauerlich ist, daß dort nun weder die Akademie-Vorschläge noch die Bilanz der fünf Reform-Jahre diskutiert werden konnten.
Manche hielten das Rechtschreibform für die am längsten laufende Diskussion im SPON (seit der Gerichtsentscheidung in Hessen). Natürlich kommt die Stillegung dem SPIEGEL entgegen, denn es wurde dort auch die Erinnerung an den Umfall gepflegt, mit dem er sein großmäuliges Versprechen, die „Reform" nicht zu beachten, mit einer flapsigen Bemerkung vom Tisch fegte.
Vermissen werde ich die Beiträge der Anglistin und streitbaren Katholikin Frau Dr. Margret Popp, die für die „neue" Rechtschreibung mit einem kreuzritterähnlichen Glaubenseifer eintrat. Erst neulich fand ich in einem ihrer Beiträge einen Hinweis, in welchem Umfeld das entscheidende Bekehrungserlebnis eingetreten sein könnte:
Dr Margret Popp - 11:42am Aug 18, 2003 CEST (#13082)
"Not only is Galatians autobiographical and undoctored, it has the ring of authentic history" (Eisenman).
...
Gal 6:11 ... Paulus sagt da:
Also, solange wir Zeit haben, wollen wir Gutes tun, allen, insonderheit aber den Glaubensgenossen.* Seht, mit welch [schönen] großen (pelikois) Buchstaben ich euch [zB] hier mit meiner Hand geschrieben habe.
...
*Dies zitierte uns auf dem Anglistentag 1996 in Dresden der sächsische Kultusminister Meyer, der ja ebenfalls Anglist ist.
Es handelt sich dabei um den sächsischen Staatsminister Dr. Hans-Joachim Meyer [CDU], zeitweise auch Vorsitzender des ZK der Katholiken, der im Bundestag am 26. 3. 1998 ausführte:
Ich will überhaupt nicht verhehlen, daß ich als Philologe nicht ohne Verständnis für diese Kritik und für diese Bedenken bin. Aber ich weiß auch, daß man diejenigen in Deutschland, für die es einen Sinn macht, daß man "behende" mit "e" statt mit "ä" schreibt, "Tolpatsch" nicht mit Doppel-l, daß man "Stengel" mit "e", "überschwenglich" mit "e", aber "Überschwang" mit "a" schreiben muß, bequem in diesem Saal versammeln kann. Selbst unter den Germanisten ist es nur ein geringer Prozentsatz, für die dies noch einen Sinn ergibt.
[ ... ]
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten uns darüber einig sein: Diese Debatte ist weniger eine Debatte über Fachfragen als eine politische Debatte. Es geht um die Tatsache, ob dieses Land veränderungswillig und veränderungsfähig ist.
(Lachen bei der F.D.P. -- Beifall bei Abgeordneten der SPD und der PDS)
Am Ende der Debatte stand bekanntlich der Beschluß: „Die Sprache gehört dem Volk".
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Monika Grunert am 28.08.2003 um 22.20
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Frau Dr. Menges würde ich nicht als "Fanatikerin" bezeichnen. Dafür ist sie viel zu harmlos und gutmütig.
Frau Menges hat sich selbst als "Rechtschreibfanatikerin der neuen RS" bezeichnet. (Überschrift zum Beitrag 27.08. 00.20 Uhr)
__________________
m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.08.2003 um 21.33
Zitat:Liebe Frau Menges: Das eine ist dem anderen so fern wie der Abend dem Morgen! Es sind keineswegs identische Positionen, sondern diametral verschiedene, wenn "zurück zur alten Rechtschreibung" als ein Ziel verkündet wird, als ein anderes dagegen "die bewährte deutsche Rechtschreibung in neuer Darstellung". Das sollte Ihnen aber inzwischen eigentlich klargeworden sein.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Lieber Margel!
Ich habe ein klares Ziel vor mir: Verbesserung der Reform.
Ich habe nie etwas anderes gesagt und geschrieben. Erkenntnisse habe ich zugegeben und meine Meinung aufrecht bekundet.
Die meisten Diskutanten haben hier ein anderes Ziel: "Zurück zur alten Rechtschreibung" oder wie Th. Ickler es formuliert: " Die bewährte deutsche Rechtschreibung in neuer Darstellung".
Zwar orientiert sich der Vorschlag von Herrn Ickler weitgehend an der herkömmlichen Rechtschreibung, aber insgesamt ist das kein "Schritt zurück", sondern voran, weil es hierbei um eine ganz andere Herangehensweise geht als bei den alten Dudenregeln und auch bei der Reformschreibung! Die Reformorthographie beruht auf einer nahtlosen Fortsetzung des gleichen Prinzips, nach dem schon die Dudenregeln zustandekamen: Ein kleiner Kreis von Experten hat beschlossen, was richtig und was falsch sein soll. Früher war es die Dudenredaktion, jetzt ist es die Rechtschreibkommission. Wo bleibt da der Fortschritt? Wie soll sich die Sprache und die Schreibung von allein weiterentwickeln, wenn die Änderungen per Dekret eingeführt werden? Dadurch ändert sich an den strukturellen Problemen, die zu den Schwierigkeiten mit der Dudenorthographie geführt haben, genau garnichts im Gegenteil, diese Verhältnisse wurden zementiert. Davon ist nichts anderes zu erwarten, als daß die gleichen selbstgemachten Schwierigkeiten wieder auftreten werden, nur unter einem anderen Vorzeichen, weil nun andere Personen am Drücker sitzen.
Sie wissen doch, daß die Reformer gern darauf hinweisen, die Sprache habe sich schon immer entwickelt und dies als Begründung dafür hernehmen, um Änderungen zu verfügen, die zum Teil der natürlichen Sprachentwicklung entgegenstehen. So etwas nennen Sie ein Streben nach der Moderne bzw. dem Fortschritt?
Zitat:Da gibt es noch eine ganze Reihe mehr Möglichkeiten! Versuchen Sie sich doch mal mit folgender Betrachtungsweise anzufreunden: Was Herr Ickler vorschlägt, ist eine entscheidende Verbesserung der jetzigen Reform, denn es werden sowohl deren inhaltliche Defizite (etwa der GZ- und GK-Schreibung) beseitigt (diese Bereiche sind in der Tat unsere Ansatzpunkte, liebe Frau Menges!) als auch ihre strukturellen Probleme (siehe oben) gelöst. Na?
Entweder bringen wir einen Brief zum Thema "Verbesserungsvorschläge" vor ( keine Ahnung, ob er gelesen wird) oder wir machen nichts.
Zitat:Was wäre ein Grundsatzbeitrag von Ihnen, liebe Frau Menges, ohne den stereotypischen Hinweis darauf, daß man die neue Rechtschreibung nicht einfach absetzen könne. Warum konnte man das denn dann aber mit der herkömmlichen machen? Verstehen Sie jetzt endlich, was hier mit "gedanklicher Achterbahn" gemeint ist? Ihr "Denken in divergenten Bahnen" in allen Ehren (!!), aber logische Inkonsistenzen »können wir hier nicht brauchen!«
So schaut die Lage aus: Wir können es probieren, denn zu verlieren haben wir nichts. Die Reform ist längst gelaufen, selbst der Spiegel hat die Diskussion eingestellt, die Schulen unterrichten die neue RSR und ... sie ist nicht zu vergleichen mit der Mengenlehre, die man einfach absetzen konnte.
Zitat:Danke für diese klaren Worte! Ich habe aber eines noch nicht verstanden: Außer, daß sich die herkömmliche Rechtschreibung seit ein paar Jahrzehnten bewährt hat und entsprechend lange in Gebrauch ist, haben Sie nichts an ihr auszusetzen, oder? Was sehen Sie denn als ernstliche inhaltliche Probleme bei der herkömmlichen Rechtschreibung an? Und dazu:
Ich finde weder die alte Rechtschreibung, zu der ich persönlich nie wieder zurückkehren möchte, gut noch die neue Rechtschreibung.
Zitat:Welche der von Ihnen als ernstliche inhaltliche Probleme ausgemachten Aspekte der herkömmlichen Rechtschreibung werden denn durch den Vorschlag von Herrn Ickler nicht korrigiert? Welche inhaltlichen Probleme sehen Sie bei seinem Vorschlag weiterbestehen?
Beiträge zur Verbesserung der derzeitigen RS werden dringend gesucht!
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 28.08.2003 um 20.49
Liebe Frau Dr., mal ist es die Urgroßmutter, mal die Volkswirtschaft, mal sind es die Schulen, mal die Lexika - nur auf die fundierten Einwände gegen die Rechtschreibreform gehen sie nie ein. Langsam komme ich zu der Überzeugung, daß Sie sich noch kaum bis gar nicht mit den wirklichen Problemen, die diese "Reform" erzeugt hat, beschäftigt haben. Haben Sie die Schriften von Prof.Ickler gelesen? Kennen Sie die Arbeit von Heide Kuhlmann? Was andere in diesem Kreis schon mehr oder weniger entnervt feststellen mußten, verfestigt sich auch bei mir immer mehr: Es gibt eigentlich keine vernünftige Diskussionsbasis. Sie argumentieren nicht, sondern geben stets apodiktische Glaubenssätze von sich.- Es wurde schon gesagt:Sehen Sie nicht, daß jede "Verbesserung" der Reform auf die Rückkehr zur traditionellen, bewährten Orthographie hinausläuft? Können Sie ein Beispiel nennen , wo das nicht der Fall ist? Was folgt für einen vernunftbegabten Menschen daraus? Wozu der Umweg über einen offensichtlichen Irrweg? - Vielleicht ist es Ihnen möglich, einmal exakt auf gestellte Fragen zu antworten. Gute Nacht!
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.08.2003 um 19.09
Lieber Margel!
Ich habe ein klares Ziel vor mir: Verbesserung der Reform.
Ich habe nie etwas anderes gesagt und geschrieben. Erkenntnisse habe ich zugegeben und meine Meinung aufrecht bekundet.
Die meisten Diskutanten haben hier ein anderes Ziel: "Zurück zur alten Rechtschreibung" oder wie Th. Ickler es formuliert: " Die bewährte deutsche Rechtschreibung in neuer Darstellung".
Entweder bringen wir einen Brief zum Thema "Verbesserungsvorschläge" vor ( keine Ahnung, ob er gelesen wird) oder wir machen nichts.
So schaut die Lage aus: Wir können es probieren, denn zu verlieren haben wir nichts. Die Reform ist längst gelaufen, selbst der Spiegel hat die Diskussion eingestellt, die Schulen unterrichten die neue RSR und ... sie ist nicht zu vergleichen mit der Mengenlehre, die man einfach absetzen konnte.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 28.08.2003 um 17.47
Liebe Frau Doktor, Sie bestätigen aufs schönste meinen Eindruck von Ihnen: In wenigen Sätzen können Sie, wie sonst niemand, ein Ragout zusammenrühren, daß man gar nicht weiß, wie man Ihnen antworten könnte. Ehrlichkeit will ich Ihnen gern zubilligen, nur hilft die allein gar nicht weiter. Ich will mich aber nicht zum x-ten Male wiederholen. Darum rufe ich Ihnen ein herzhaftes Glückauf! zu. Bitte machen Sie unbedingt weiter, es gibt sonst ja gar keinen Verteidiger der Reform mehr auf diesen Seiten. Und Sie kämpfen für die gute Sache, produktiv, konstruktiv, kreativ (Wissen Sie, was man unter "kreativer Buchführung" versteht?) und unbeirrt.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.08.2003 um 16.17
Lieber Herr Wagner,
fangen wir an. Schreiben Sie zusammen, was sich ihrer Meinung nach an der GZ - und der GK -Schreibung ändern sollte. Hier sind unsere Ansatzpunkte. Ob wir jemals zusammen einen gemeinsamen Brief verfassen können, steht noch in den Sternen. Wir sollten einen Brief zuerst per Post oder E-Mail planen, später erst veröffentlichen.
Brockhaus wurde übrigens in der Vergangenheit von Bertelsmann übernommen. Beide Verlage schreiben nach der derzeitig gültigen Rechtschreibung. Alle Schulbuch- und so viel ich weiß, alle Kinderbuchverlage drucken nach der derzeit gültigen Rechtschreibung.
Es ist und bleibt spannend, was sich noch entwickeln wird.
Bedenken Sie aber, dass die neue RS zu 90 Prozent in den Schulen angenommen wurde. Daher sollten wir nach einer Verbesserung streben.
Frau Grunert,
Grabenkämpfe haben wir hinter uns. Entweder wir können konstruktiv diskutieren oder wir lassen es.
Liebe Frau Salber-Buchmüller,
wir denken aber nicht französisch oder englisch, sondern deutsch. Der Vergleich hilft in der derzeitigen Lage überhaupt nicht weiter. Warum strebte Deutschland nach einer Änderung? Woher kam dieses Gedankengut? Ist es nicht auch das Streben nach der Moderne, dem Fortschritt?
Das, was Margel schreibt, ist gut. Seine Gedanken können ganz viele Lehrer unterschreiben.
(Lieber Margel,
gleich werde ich diesen oben genannten Satz wieder streichen. Ich lese nichts Produktives von Ihnen! Ich verwarne Sie ob Ihrer Achterbahnen! Könnte es sein, dass Sie nur darauf warten, dass ich sage, die Rückkehr zur alten Rechtschreibung sei das Seeligmachende?) Meine Bemühungen sind ehrlicher als Sie denken. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch ein Denken in divergenten Bahnen. Ich finde weder die alte Rechtschreibung, zu der ich persönlich nie wieder zurückkehren möchte, gut noch die neue Rechtschreibung. Und ... Humor... können wir hier nicht brauchen!
Beiträge zur Verbesserung der derzeitigen RS werden dringend gesucht!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 28.08.2003 um 16.13
Frau Dr. Menges würde ich nicht als "Fanatikerin" bezeichnen. Dafür ist sie viel zu harmlos und gutmütig. Es kann einen natürlich schon irritieren, wenn man immer wieder glaubt, man erlebe nun einmal eine eindeutige Haltung der guten RM zur Reform und sie dann einen ihrer berühmt-berüchtigten Haken schlägt. Da kommt einem manchmal das Märchen vom Hasen und Swinegel in den Sinn: "Ick bün all hier..." Frau Dr. fährt eben gedanklich gern Achterbahn. Kein Wunder, daß einem schon allein vom Zusehen gelegentlich die Luft wegbleibt. Da hilft nur eine Prise Humor und - alles nicht zum Nennwert zu nehmen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.08.2003 um 13.19
Zitat:Ist Ihnen dieses Dokument inzwischen einmal wieder untergekommen? Ich würde ich mich nämlich zu näheren Angaben darüber freuen; es stellt ja ein wichtiges Mosaiksteinchen in dem Bild dar, das die kultusministeriellen Stellen in puncto Sorgfalt von sich selber zeichnen...
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler (am 23.10.2001)
Es gibt ein Dokument leider kann ich es gerade nicht finden , worin die Kultusminister festlegen, daß alle Wörterbücher zugelassen sind, wenn die Verlage sich auf die amtliche Neuregelung berufen. Es genügt also diese bloße Behauptung. Auf eine inhaltliche Prüfung der neuen Wörterbücher haben sich die Kultusminister nicht eingelassen im Gegensatz zur sonstigen Praxis der Schulbuchbegutachtung und -zulassung.
Zitat:Dies nur zur Illustration dessen, was bei Frau Menges so klang:
Es gibt ferner Erlasse einzelner Kultusminister, wonach bei Abweichungen stets zugunsten des Schülers zu entscheiden sei (solche Erlasse habe ich andernorts zitiert), woraus folgt, daß alle Rechtschreibungen, die es seit 1996 gibt, nebeneinander gültig sind.»Ich stehe voll hinter der Rechtschreibreform, wenn manches noch verbessert wird. Voll im Sinne der Volkswirtschaft und was hier alles in neuer Rechtschreibung gedruckt wurde. Zum Beispiel schreibt Bertelsmann seit 1998 Lexika, Almanachs u.a. in der gültigen Rechtschreibung.«Was drückt unsere Rechtschreibfanatikerin der neuen RS damit aus? Dazu Herr Ickler:
Zitat:Ganz klar: Frau Menges steht voll hinter dem Rechtschreibchaos. Herr Ickler fuhr fort:
Da zwischen Bertelsmann 1996 und Bertelsmann 1999 ein himmelweiter Unterschied besteht und ebenso zwischen anderen Wörterbüchern, kann man von einem riesigen Durcheinander sprechen. Die ungemein einflußreichen Zeitungen gehen derweil ihre eigenen Wege.
Ich bitte ernstlich, diese Tatsachen stets im Auge zu behalten und nicht leichthin von "der" Neuregelung zu sprechen.
Zitat:Nicht zu vergessen jene Politiker, auf die das Wort von Reiner Kunze zutrifft:
Die Kultusminister retten sich, wenn überhaupt, meistens durch die starrköpfig vertretene These, die Unterschiede existierten entweder nicht (wobei sie sich auf den längst entlarvten Humbug der "Untersuchung" von Güthert/Heller stützen), oder es handele sich um ganz natürliche Interpretationsunterschiede ohne Bedeutung.
Wenn man sich die ganze Verlogenheit der Reformerseite geballt vor Augen führen will, muß man auf der Internetseite des IDS (www.ids-mannheim.de) die Rechtschreibrubrik aufschlagen. Das ist unter dem Dach einer wissenschaftlichen Institution wirklich einzigartig.Schlimm, wenn jemand das letzte Wort, aber kein Verhältnis zur Sprache hat.Liebe Frau Menges: Wenn Sie sich mal genau überlegen, wie von den Betreibern der Reform (den Wissenschaftlern, Politikern und Bürokraten) mit dem Teil der Kritik an der Reform umgegangen wird, der absolut ernsthaft und sachlich ist halten Sie das für sachgemäß oder gerechtfertigt? Denken Sie auch an Ihre eigene Analyse (vom 28.05.2003):»Re: Dr. Thomas Goppel, CSUBekommen Sie in Anbetracht des von Ihnen so treffend analysierten Verhaltens der Politiker wirklich keine Selbstzweifel, ob Sie eventuell auf der falschen Seite stehen?
Zitat:Dieser Satz ist eindeutig Wahlpropaganda für die Kreise, die noch Handlungsbedarf sehen. Die Stimmen der Reformgegener werden auch noch mitgenommen, der Handlungsbedarf wird erst nach der Wahl ermittelt. Nichtsaussagendes Blendwerk! Wir werden es nach dem 21. September sehen.«
Wenn ich dem Bayerischen Landtag nach dem 21. September wieder angehöre [wovon wir wohl ausgehen dürfen, R. M.], will ich gerne im Kreise derer mich wiederfinden, die da noch Handlungsbedarf sehen.
Stellen Sie sich einmal vor, daß Sie absolut ernsthaft und sachlich Kritik üben, etwa im Sinne der von Ihnen befürworteten Korrekturen bzw. Verbesserungen. Und stellen Sie sich weiter vor, daß mit Ihrer Kritik genauso verfahren wird wie mit der von Reiner Kunze: Man ignoriert sie.
Liebe Frau Menges: Wir müssen bald mal Nägel mit Köpfen machen, und zwar solche, bei denen wir uns einig sind, daß es unbedingt eine Nachbesserung geben MUSS...
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Monika Grunert am 28.08.2003 um 12.56
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
die Argumentation "Urgroßeltern" ist übrigens ganz neu.
Ich stehe voll hinter der Rechtschreibreform, wenn manches noch verbessert wird. Voll- im Sinne der Volkswirtschaft und was hier alles in neuer Rechtschreibung gedruckt wurde. Zum Beispiel schreibt Bertelsmann seit 1998 Lexika, Almanachs u.a. in der gültigen Rechtschreibung. Was bis dahin gedruckt wurde und evt. nachgedruckt werden muss, bleibt in alter Rechtschreibung.
Berg Margel,
ich sehe die Unzulänglichkeiten, bin aber eine treue Freundin der neuen Rechtschreibung( war so und bleibt so).
--Was soll man denn damit anfangen? Geben Sie das mal einem Deutschlehrer an Ihrer Schule, damit er es Ihnen durchsieht.
Liebe Frau Menges, zwar würdigen Sie mich keiner Antwort, aber ich habe doch verstanden. Mit Fanatikern soll und kann man nicht diskutieren. Ihnen sei das Kapitel IX, "Fanatisch", aus Victor Klemperers wunderbarem, heute gerade wieder aktuellem Buch "LTI" ans Herz gelegt, damit Sie in Zukunft etwas vorsichtiger mit diesem Wort umgehen.
– geändert durch Monika Grunert am 28.08.2003, 18.08 –
__________________
m.g.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 28.08.2003 um 12.17
"Und - wer möchte schon so schreiben wie
der Urgroßvater und die Urgroßmutter?"
Offenbar muß sich Frau Dr. Menges bei diesem
Gedanken nachgerade schütteln.
Ich besitze einen Brief meiner Urgroßmutter aus
dem Jahre 1915. In diesem Brief gab es noch
nicht einmal mehr - oh Graus! - eine Thüre!
Dieser Brief war wie gestochen geschrieben,
perfekt in der Rechtschreibung, kein falsches s,ß,
entsprach also genau dem DUDEN bis 1996.
Sie müssen also schon ein bißchen weiter zurückgehen mit den Ur-ur-ur!
Verehrte Frau Menges, haben Sie schon einmal
darüber nachgedacht, ob es auch die
Franzosen und die Engländer schaudert bei
dem Gedanken, so zu schreiben, wie deren
Ur, ur .... es taten?
Haben Sie sich einmal darüber informiert,
wann in diesen Ländern die letzte
Rechtschreib"reform" war?
Und im übrigen - wenn ich Originalfilme
und Dokumente/Briefe aus dem 2. Weltkrieg
sehe, steht dort immer unser "neues" ss!!!
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von margel am 26.08.2003 um 18.56
Liebe Frau Dr.Menges, Ihre Zuneigung zur Rechtschreibreform ist der klassische Fall einer unglücklichen Liebe mit all ihren Merkmalen: Man weiß um die Minderwertigkeit des Liebesobjekts, die Liebe bleibt unerwidert, Vernunftsgründe vermögen nichts dagegen, man muß Leid und Demütigungen ertragen.- Aber die Zeit heilt auch diese Krankheit.(Die beste, exemplarische Darstellung, die ich kenne, findet dieser Komplex in Prousts "Un amour de Swann" im ersten Teil der "Recherche".)
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.08.2003 um 18.20
Lieber Margel,
die Argumentation "Urgroßeltern" ist übrigens ganz neu.
Ich stehe voll hinter der Rechtschreibreform, wenn manches noch verbessert wird. Voll- im Sinne der Volkswirtschaft und was hier alles in neuer Rechtschreibung gedruckt wurde. Zum Beispiel schreibt Bertelsmann seit 1998 Lexika, Almanachs u.a. in der gültigen Rechtschreibung. Was bis dahin gedruckt wurde und evt. nachgedruckt werden muss, bleibt in alter Rechtschreibung.
Berg Margel,
ich sehe die Unzulänglichkeiten, bin aber eine treue Freundin der neuen Rechtschreibung( war so und bleibt so).
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 26.08.2003 um 13.54
Werte Frau Grunert, Sie haben das geschrieben, was ich Frau Dr. Menges zuerst schreiben wollte, wovon ich dann aber doch Abstand genommen habe - aus leidvoller Erfahrung. - Es ist gar nicht nötig, Frau Dr. zu einer eindeutigen Stellungnahme aufzufordern. Warten Sie einfach ein Weilchen, dann werden Sie genau das Gegenteil der letzten Äußerung lesen können.
eingetragen von Monika Grunert am 26.08.2003 um 13.25
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Liebe Frau Grunert!
Angesichts der leeren öffentlichen Kassen ist es unmöglich, dass die Rechtschreibreform retoure geht. Vielmehr wird es nur noch um Verbesserungen gehen, dann ist die Reform als Reform vergessen. Und - wer möchte schon so schreiben wie der Urgroßvater oder die Urgroßmutter? Nein, das Thema dürfte ausgestanden sein, wenngleich es noch ein paar Duden sind, die wir uns wegen Verbesserungen kaufen müssen.
Liebe Frau Menges, Sie nehmen nun schon seit so langer Zeit an den Diskussionen auf diesen Seiten teil, aber oft habe ich den Eindruck, daß Sie daraus überhaupt nichts lernen. Einige Behauptungen werden von Ihnen gebetsmühlenartig wiederholt, ohne bisher den geringsten Beweis dafür vorgelegt zu haben.
1) Immer wieder ist bei Ihnen von "Verbesserungen" die Rede.
Wohin werden all die Verbesserungen führen, von denen Sie nicht müde werden zu schreiben? Ist es nicht so, daß all diese Verbesserungen bisher auf eine Wiederherstellung der früheren Schreibweisen hinausliefen und daß dieser Prozeß so weitergehen wird?
2) Wie können Sie in ein und demselben Schreiben die leeren öffentlichen Kassen beklagen und gleichzeitig hinnehmen, daß der Duden-Verlag und auch die anderen (allen voran Bertelsmann) weiterhin ihren großen Reibach auf Kosten des Steuerzahlers machen? Wie viele Auflagen werden ihrer Meinung nach noch nötig sein, bis die Reform "vergessen" und "das Thema ausgestanden" ist?
3) Wollen Sie ernsthaft behaupten, die Orthographie sei geändert worden, weil man nicht mehr wie unsere Urgroßeltern schreiben wollte?
So, liebe Frau Menges, jetzt könnnen Sie sich nicht mehr drücken, ich erwarte ganz konkrete Antworten zu 1., 2. und 3., sonst werde ich an Ihrer Kompetenz als Reformbefürworterin zweifeln.
– geändert durch Monika Grunert am 27.08.2003, 02.08 –
__________________
m.g.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.08.2003 um 12.07
Liebe Frau Grunert!
Angesichts der leeren öffentlichen Kassen ist es unmöglich, dass die Rechtschreibreform retoure geht. Vielmehr wird es nur noch um Verbesserungen gehen, dann ist die Reform als Reform vergessen. Und - wer möchte schon so schreiben wie der Urgroßvater oder die Urgroßmutter? Nein, das Thema dürfte ausgestanden sein, wenngleich es noch ein paar Duden sind, die wir uns wegen Verbesserungen kaufen müssen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Monika Grunert am 23.08.2003 um 01.16
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
»Offiziell« ist das Regelwerk von 1996 unverändert gültig und verbindlich.
Die Frage ist, ob wir uns in Zukunft in regelmäßigen Abständen einen neuen Duden kaufen müssen. Das wäre reine Geldmacherei!
Sie sagen es, Frau Menges! Wäre es in Anbetracht der leeren Kassen nicht besser, wir griffen sofort auf den Duden von VOR 1996 zurück, denn ankommen werden wir allemal wieder dort!
__________________
m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.08.2003 um 16.39
Zitat:Wenn Sie noch eine Perle bewundern wollen, schauen Sie sich die hiesige Diskussion vom Februar noch einmal an, insbesondere den Beitrag Niveaudiskussion (als Reaktion auf meine Beiträge Vorwärts und Fundamentaler Irrtum) sowie meine Erwiderung darauf.
Ursprünglich eingetragen von margel
Liebe Frau Dr. Menges, ich freue mich ganz besonders, daß gerade Sie zunehmend zur Kritikerin der RR werden. [...] Es ja auch ganz logisch: Wer das Regelwerk gründlich studiert hat, kann als denkender, sprachbewußter Mensch nicht mehr für die Reform sein.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 18.08.2003 um 11.55
Liebe Frau Dr. Menges, ich freue mich ganz besonders, daß gerade Sie zunehmend zur Kritikerin der RR werden. Das Elend der Wörterbücher, die erstens voneinander abweichen (wenn auch nicht mehr so sehr wie am Anfang), zweitens immer weniger dem amtlichen Regelwerk entsprechen und drittens in immer kürzeren Abständen neu erscheinen, ist ja eine nicht unbedeutende Folge der mißratenen Reform, ein besonders augenfälliges Zeichen ihrer Fehlerhaftigkeit und Unbrauchbarkeit. - Daß die Gegner sich in der RR besser auskennen als die Anhänger, ist schon öfter bemerkt worden. Es ja auch ganz logisch: Wer das Regelwerk gründlich studiert hat, kann als denkender, sprachbewußter Mensch nicht mehr für die Reform sein.
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.08.2003 um 09.37
(Metes)»Offiziell« ist das Regelwerk von 1996 unverändert gültig und verbindlich.
Liebe Frau Grunert,
was Herr Metes schreibt ist richtig. Wir haben bisher keinerlei Anweisungen etwas anderes zu unterrichten. Was Duden und andere dazu schreiben ist inoffiziell, aber da Duden u.a. sehr eng mit der Kommission zusammenarbeiten wird es sicherlich Gültigkeit erreichen. Für die Schulen muss dann sozusagen ein neues Regelwerk herauskommen, nachdem man sich richten kann. Trotzdem gehen wir nach dem Duden 2001 vor, denn das ist die neueste Version der Rechtschreibung. Die Frage ist, ob wir uns in Zukunft in regelmäßigen Abständen einen neuen Duden kaufen müssen. Das wäre reine Geldmacherei!
Ich glaube auch, dass sich kein Mensch so genau mit der RS befasst wie dieses Forum der RSRgegner
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Monika Grunert am 12.08.2003 um 13.25
Vielen Dank, Herr Wagner, für Ihre ausführliche Antwort, und lassen Sie sich meiner Bewunderung für Ihre Geduld versichern. Ich sehe ein, daß man das "amtliche" Regelwerk so gut kennen muß, um es erfolgreich ad absurdum zu führen, gestehe aber, daß mir das bisher einfach zu langweilig war, mich da durchzufitzen. (Meine ganz private Beobachtung ist, daß von den Befürworten und Mitläufern der RSR in meinem Umkreis niemand auch nur annähernd so gut über das Reformwerk Bescheid weiß wie die Kritiker.)
Also "darf" man nun oder nicht? Und wenn ja, warum tun sie's dann nicht? Zusammenschreiben, meine ich, die Schreiberlinge von Berufs wegen. Die dafür notwendige Rechtfertigung könnten sie zur Not doch aus den geflickten Bestimmungen der Regelwerkes herleiten. Stattdessen schreiben sie sogar getrennt, was auch laut Augst und Co. vereint sein muß: Satelliten gestützt, Asbest verseucht usw. Meine Hoffnung, gerade in diesem Bereich würde sich alles von allein "zurechtschütteln", genährt durch wiederholtes Auftauchen von zeitraubend und hochinteressant, muß ich wohl fahrenlassen.
– geändert durch Monika Grunert am 14.08.2003, 05.02 –
__________________
m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 11.08.2003 um 20.16
Vorweg: Zu gewinnbringend siehe weiter unten! Die Schreibungen erfolgversprechend und zeitraubend, aber auch erholungsuchend, finden sich schon in der 22. Auflage des Duden (2000). Daß sie regelkonform seien, wurde von der Rechtschreibkommission in ihrem dritten Bericht auf Seite 64 so begründet:
Überlappung von § 36 E1 (1) und § 36 (2)(Welche Einträge im Wörterverzeichnis sind es eigentlich, auf die hier Bezug genommen wird? Hat das mal jemand geprüft? Nachtrag: siehe dazu weiter unten.)
Regel § 36 (2) hält fest, dass Zusammenschreibung gilt, wenn der zweite Bestandteil so selbstständig nicht vorkommt. Das trifft etwa zu, wenn eine Verbindung mit einem Partizip als Ganzes in den Komparativ gesetzt werden kann, zum Beispiel: eine gewinnbringendere Investition. Es gibt hier keinen zugehörigen einfachen Komparativ *bringendere. Der Grund für diese Lücke liegt in der Tatsache, dass einfache Partizipien generell nicht kompariert werden können, außer wenn sie sich zu eigenständigen adjektivischen Lexemen verselbstständigt haben, zum Beispiel: das bedeutendere Werk. Im Positiv führt dieser Sachverhalt zu zwei möglichen Schreibungen: die Gewinn bringende Investition (nach dem Infinitiv: die Investition wird Gewinn bringen) oder eine gewinnbringende Investition (nach dem Komparativ: die gewinnbringendere Investition). Ähnliches gilt für Verbindungen mit einem Adjektiv als erstem Bestandteil: ein schwer wiegender Vorfall (wegen: ein schwerer wiegender Vorfall; mit Komparation des Adjektivs) oder ein schwerwiegender Vorfall (wegen: ein schwerwiegenderer Vorfall; mit Komparation der gesamten Verbindung, das Komparationssuffix steht dann am Ende der Verbindung, das heißt beim Partizip).
Die genannten Möglichkeiten werden im Regelteil nirgends explizit vorgeführt. Es lässt sich nur aus einigen Einträgen im Wörterverzeichnis rekonstruieren, dass beide logisch denkbaren Schreibungen tatsächlich zugelassen sind. Dies widerspricht aber der Grundintention der Neuregelung, außerhalb bestimmter Teile der Wortschreibung im engen Sinn (Laut-Buchstaben-Beziehungen; Teil A des amtlichen Regelwerks) keine Regelung über das Wörterverzeichnis vorzunehmen. Das heißt, der Schreibende sollte sich in den Bereichen B bis F des amtlichen Regelwerks darauf verlassen können, dass die Schreibung allein auf Basis des Regelteils sicher hergeleitet werden kann, also ohne Konsultation des amtlichen Wörterverzeichnisses. [...]
Und auf Seite 65 folgt die Krönung schlechthin:Dass von den zwei logisch denkbaren Schreibungen Gewinn bringend und gewinnbringend tatsächlich beide zugelassen sind, ist keineswegs selbstverständlich, gibt es in der Rechtschreibung doch zahlreiche Metaregeln, die festlegen, welche von zwei möglichen Regeln zur Anwendung kommen darf. Das heißt, im Fall eines Regelkonflikts kommt tatsächlich nur eine Regel zur Anwendung.So ist das also: Weil es irgendwo ein paar ominöse Einträge im Wörterverzeichnis gibt, läßt sich an ihnen eine gewisse Intention des Regelwerkes festmachen, so daß toleranterweise die Zusammenschreibung nicht nur für die gesteigerten Formen gelten soll. Wie weitgehend diese Wiederzulassung aufgrund der Steigerung ist, wurde hier bereits an anderer Stelle diskutiert; ich bin noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen.
Im hier diskutierten Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung ist in Fällen wie Gewinn bringend oder gewinnbringend also eine Art Toleranz-Metaregel anzusetzen. Dieser komplizierte Sachverhalt muss im amtlichen Regelwerk so nicht explizit aufgezeigt werden, er sollte aber wenigstens indirekt in einer passenden Erläuterung ein Äquivalent haben.
Andererseits könnte man aber behaupten, daß dann gerade jene Einträge fehlerhaft seien, auf die sich diese Herangehensweise der Kommission stützt. Herr Metes hat gerade darauf hingewiesen, woher die regelhafte Getrenntschreibung rührt; ich stelle es noch einmal etwas ausführlicher dar (weil ich auch selber immer wieder vergesse, wie die Argumentation funktioniert): Die Zusammenschreibung von erfolgversprechend etc. würde sich aus § 36 ergeben, wenn einer der Punkte (1) bis (6) zuträfe. Da das nicht der Fall ist, gilt nach § 36 E1 die Getrenntschreibung, wenn einer der dortigen Unterpunkte zutrifft. § 36 E1 (1.2) greift, wenn das dem Partizip zugrundeliegende Verb entsprechend § 34 E3 (2) bis (6) getrennt geschrieben wird, und das ist, wie Herr Metes angab, der Fall: § 34 E3 (5) ergibt die Getrenntschreibung.
Dieser Probe müßte man dann die gewissen Einträge des Wörterverzeichnisses unterziehen, d. h. prüfen, wie es um ihre Zusammenschreibung bestellt ist. Wie ist es zum Beispiel mit vertrauensbildend § 36 (1)? Ist es das Fugen-s, das den Unterschied zur Ableitung aus Vertrauen bilden ausmacht und damit die Zusammenschreibung rettet?
Bei maßgebend habe ich Schwierigkeiten, eine Erweiterung gemäß § 36 (1) zu bilden, in der gebend einzeln stehend auf die gleiche Bedeutung führt wie bei maßgebend und die auch noch in die gleiche Position eines kompletten Satzes eingebaut werden könnte, wie es bei den im Regelwerk bei § 36 (1) angegebenen Beispielen der Fall ist (entsprechend bei unheildrohend). Bei krampf-/schmerzstillend ist das dagegen kein Problem.
Nun, letztlich dürfte es aber ein Eintrag von der Art sein, wie er jetzt auch in den Wörterbüchern zu finden ist:Gewinn [bringen/bringend*, auch gewinnbringend, aber sehr gewinnbringend, großen Gewinn bringend § 34 E3(5), § 36(1), § 36 E1(4)]Tja, das dürfte es wohl gewesen sein, wonach ich gesucht habe... Worauf aber beziehen sich jeweils die angegebenen Paragraphen? § 34 E3 (5) bezieht sich auf den getrennt geschriebenen Infinitiv, § 36 E1 (4) auf die Erweiterung mit groß. Wie aber ist es mit § 36 (1)? Gibt es den Fall, daß gewinnbringend, grauenerregend, etc. auch als Verkürzung einer Wortgruppe angesehen werden können?
Grauen [erregen/erregend(*), auch grauenerregend, sehr grauenerregend, aber großes Grauen erregend § 34 E3(5), § 36(1), § 36 E1(4)]
– geändert durch J.-M. Wagner am 12.08.2003, 16.46 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.08.2003 um 17.12
Superausdruck, Margel!
Denen leihe ich nicht einmal einen halben Cent (Zent, Zehnt ...)!
__________________
nos
eingetragen von Jörg Metes am 11.08.2003 um 16.43
Das amtliche Regelwerk läßt keine Alternative zur Getrenntschreibung von Furcht einflößend, Erfolg versprechend, Zeit sparend etc. § 34 E3(5) verlangt die Getrenntschreibung. § 36 verlangt sie ebenfalls (§ 36 E1 sagt ausdrücklich: In den Fällen, die nicht durch § 36(1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt). Das Wörterverzeichnis schließlich beharrt noch einmal auf ihr (am Beispiel von Furcht einflößend). Der »Duden-Newsletter« vom 12.Juli 2002 aber und der »Bertelsmann Wahrig 2002« (das, wie es auf dem Titel heißt, neue Standardwerk auf der Grundlage der amtlichen Regeln) heben diese Regelung eigenmächtig und stillschweigend auf und erklären auch die Zusammenschreibung für korrekt. Die Neuregelung der Getrennt- und Zusammenschreibung ist damit außer Kraft gesetzt. Duden und Bertelsmann verstoßen gegen die amtlichen Regeln, geben es aber einfach nicht zu. »Offiziell« ist das Regelwerk von 1996 unverändert gültig und verbindlich.
__________________
Jörg Metes
eingetragen von margel am 11.08.2003 um 16.32
Entschuldigung, Frau Grunert, daß hier noch niemand geantwortet hat. Leider ist der Prof. in Urlaub. Soviel ich weiß, ist jetzt auch die Grundform wieder zugelassen, da die Schlauköpfe doch begriffen haben, daß man schlecht Komparativ und Superlativ zu einem nicht existierenden Positiv bilden kann. Die sind eben manchmal auch lernfähig. (Wer gibt hier mal verbindliche Auskunft?) - Zu Recht haben Sie "zugelassen" in Anführungzeichen gesetzt. Zulassen bzw. verbieten kann die Laienspielschar zum Glück nichts, auch wenn sie immer wieder so daherreden und sich in der geborgten Macht sonnen. (Augst!)Sie sind ganz und gar abhängig vom (nicht verläßlichen) Wohlwollen der Staatsmacht. Das läßt hoffen...
eingetragen von Monika Grunert am 11.08.2003 um 00.50
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Wenn man unter Rückbau nur Rücknahme versteht, so ist diese Aussage völlig richtig: Solange es die Reformschreibungen gibt, ist nichts zurückgenommen worden und also auch kein Rückbau betrieben worden. Es sind nur ein paar Varianten mehr geworden, aber alles findet noch auf der Grundlage der neuen Regeln statt – schließlich gibt es ja auch schon andere Fälle, in denen Einzelschreibungen als gültig festgelegt sind, ohne daß diese den Regeln entsprechen (Beispiel: höchstwahrscheinlich), und also macht es nichts, wenn es davon noch ein paar mehr gibt. Letztlich kommt es ja weniger auf das Einhalten der Regeln an sich an, sondern darauf, wie es im dritten Bericht steht (Seite 115), daß etwas der Intention des Regelwerkes entspricht...
Könnte mir jemand bitte in diesem Zusammenhang folgende Frage beantworten: Man liest in letzter Zeit diese Varianten (erfolgversprechend, zeitraubend etc.) immer häufiger in der Presse. Wurden sie von den Reformern offiziell wieder "zugelassen" oder dürften sie nur in der gesteigerten Form zusammengeschrieben werden?
__________________
m.g.
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.08.2003 um 20.36
Zitat:Wenn man unter Rückbau nur Rücknahme versteht, so ist diese Aussage völlig richtig: Solange es die Reformschreibungen gibt, ist nichts zurückgenommen worden und also auch kein Rückbau betrieben worden. Es sind nur ein paar Varianten mehr geworden, aber alles findet noch auf der Grundlage der neuen Regeln statt schließlich gibt es ja auch schon andere Fälle, in denen Einzelschreibungen als gültig festgelegt sind, ohne daß diese den Regeln entsprechen (Beispiel: höchstwahrscheinlich), und also macht es nichts, wenn es davon noch ein paar mehr gibt. Letztlich kommt es ja weniger auf das Einhalten der Regeln an sich an, sondern darauf, wie es im dritten Bericht steht (Seite 115), daß etwas der Intention des Regelwerkes entspricht...
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges (unter ss vs. ß)
Es liest sich so, dass beide Wörter, gewinnbringend und erfolgversprechend, in einigen Wörterbücher schon wieder in dieser Form zu lesen sind. Es wäre dies aber nicht als Rückbau zu betrachten.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.08.2003 um 12.06
Lieber Peter Schubert,
Ihr Satz: "... im Interesse der deutschen Sprache ... auf der Grundlage der neuen Regeln die Einheitlichkeit wiederherstellen", gefällt mir sehr gut. Ich musste darüber nochmals nachdenken.
Heißt das nun, dass alles so bleiben soll wie es derzeit ist ?
Heißt das, dass Sie einfach akzeptieren, wie die Sachlage liegt oder würden Sie nicht auch noch über Verbesserungen nachdenken wollen?
Meine Idee ist die, dass man an der GZ- und GK - Schreibung 2005 noch etwas ändern müsste. Es wäre sehr schön, wenn endlich die Vereine hier einsteigen würden und sich dieses Themas mal genauer annehmen würden: Was kann man an der GZ - und an der GK - Schreibung noch verbessern ?
Zweitens muss ich wiederholt bemerken, dass Untersuchungen, auf die man sich stützen kann, fehlen. Wie wäre es, wenn ein Verband, die Universität, die Regierung oder vielleicht ein Doktorand sich im Rahmen seiner Dissertation dieses Themas annehmen würde. Man bräuchte eine bundesdeutsche empirische oder eine bayerische Arbeit, um tatsächlich Aussagen zur Rechtschreibreform machen zu können. Aber niemand will an dieses Thema wirklich herangehen. Auch darüber wird nachzudenken sein, warum man sich nicht die Arbeit machen will, warum man keine neueren Ergebnisse will, ...
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.07.2003 um 15.29
Ganz ohne Kommentar:
http://home.t-online.de/home/Ruediger.Krueger/RS2020.htm
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.06.2003 um 20.05
Unter der Überschrift Das Recht der Kinder und die Pflicht der Erwachsenen habe ich etwas zum Hintergrund meiner Frage geschrieben, die immer noch nicht beantwortet bzw. hinreichend diskutiert worden ist:
Was legitimiert sachlich Falsches?(Aus aktuellem Anlaß und inhaltlichem Bezug habe ich es unter Deutschdidaktik eingetragen. Ich bitte freundlich um Beachtung.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.06.2003 um 19.22
Damit die hiesigen Leser wissen, was in Bayerischen Hauptschul-Lehrplänen steht, veröffentliche ich im folgenden einen Auszug aus dem Lehrplan Deutsch, 7. Jahrgangsstufe (1997):
Vorwort:
Der Deutschunterricht hilft den Schülern, die deutsche Sprache in gegenwärtigen und künftigen Lebenssituationen angemessen und richtig zu gebrauchen. Er führt die in der Grundschule begonnene sprachliche und literarische Arbeit weiter und vertieft sie, wobei er das vorhandene sprachliche Können der Schüler, auch im Hinblick auf ihre unterschiedliche sprachliche, kulturelle und ethnische Herkunft, berücksichtigt. Die Spracharbeit unterstützt darüber hinaus den Lernprozess in allen anderen Fächern. Ein angemessener mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch ist daher auch fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip.
Durch den aufmerksamen Umgang mit der Sprache soll den Schülern die Bedeutung von Sprache als Mittel zwischenmenschlicher Verständigung und als Schlüssel zum Welt- und Selbstverständnis bewusst werden. Sie lernen Sprache als ein grundlegendes Instrument zum Verstehen und zur Verarbeitung von Eindrücken, vor allem der vielfältigen Bildeindrücke, in einer mediengeprägten Alltagswelt kennen. Die Schüler werden befähigt, die Sprache in ihren Besonderheiten von der "Sprache" der verschiedenen Medien zu unterscheiden und die unterschiedlichen symbolischen Darstellungs- und Ausdrucksformen sinnvoll zu nutzen. Sprachliches Handeln erfahren sie als Teil des sozialen Verhaltens …
Zu derartigen Rahmenrichtlinien erstellt meist ein eifriges Team methodische Vorschläge.
Dessen Vorbemerkungen möchte ich zitieren (Beiwerk zum Lehrplan Deutsch 1997):
Die Arbeitsgemeinschaft „Lehrplan Deutsch 7“ hat beschlossen, die Lernziele und somit die Lernbereiche im Fach Deutsch nicht additiv zusammenzustellen.
Unser Stoffverteilungsplan führt die einzelnen Lernbereiche nebeneinander auf, d.h. der Lehrplan stellt die zu erarbeitenden Lerninhalte für jeden Bereich pro Monat nebeneinander dar. Er ist von rechts nach links zu lesen.
Die Spiegelstriche des Lehrplans haben wir mit a, b, c, usw. versehen.
Die Themen im Lehrplan sind nur als Vorschläge zu verstehen, einzelne Bereiche müssen aus Zeitgründen sicher gestrichen werden.
Eine Einteilung der Unterrichtsthemen in Unterrichtseinheiten wurde nicht vorgenommen. Schwerpunkte müssen von den Lehrkräften selbst gesetzt werden.
Mit der Arbeit dieses Lehrplans wünschen wir allen Kollegen viel Spaß und Erfolg.
Oben zitierte Arbeitsgemeinschaft hat die verschiedenen Unterbereiche des Fachbereichs Deutsch überschrieben wie folgt: „Sprechen und Schreiben“, „Lesen und Mediengebrauch“, „Sprachbetrachtung“ und „Rechtschreiben“
Für den Fachbereich „Rechtschreiben“ hat die AG zwei Nachschriften und fünf Diktate (darunter eine Leistungsfeststellung zu Jahresbeginn) empfohlen (das sind zusammengerechnet sieben rechtschriftliche Texte).
Im Gegensatz zum Rechtschreiblernprozeß in der Grundschule ist dies eine völlige Umkehrung der Verhältnisse. Zu Zeiten, in denen Rechtschreibung noch einen Stellenwert hatte (vor 1996), empfahl man den Seminaristen das Einüben von wöchentlichen (!!) Nachschriften, denen zum Monatsende ein zusammenfassendes Probediktat folgte. (Zusammengerechnet kamen somit, je nach Schwerpunktsetzung der Lehrer sowie der Streichung aus Zeitgründen zwischen 20 und 40 rechtschriftliche Texte zusammen).
Unterlagen für obige Auszüge aus Standartwerken habe ich. Bei Bedarf werden sie eingebracht.
Allerdings sind die Seifenblasen aus den Ministerien und den delegierten Arbeitsgemeinschaften relativ dick und üppig. Das muß man nun wirklich nicht jedem zumuten.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.06.2003 um 17.46
Die Suche nach »IV/1 7410/1« brachte genau diese (d. h. diese und nur diese) folgende nette Seite zutage:
http://www.maiss.de/news/4332L.htm
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.06.2003 um 15.44
(Wagner)Ich möchte einfach gern wissen, „wie amtlich“ das mit den sechs Schuljahren ist.
Dies ist eine sehr einfache Sache. Diese Fragen stehen in unseren Lehrplänen:
Amtblatt B 1234 A
Lehrplan für die Grundschulen in Bayern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 9. August 2000 Nr. IV/1-4 S7410/1-4/84 000
Amtblatt B 1234 A
Lehrplan für die Hauptschulen in Bayern
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 29. Oktober 1997 Nr. IV/3-S 7410/2-4/141584
Den Inhalt werde ich später aufdröseln.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.06.2003 um 14.01
Zitat:Nicht immer war ein Angreifer am Werk, wenn sich in einer Diskussion jemand angegriffen fühlt: Statt Vorsatz kann auch Fahrlässigkeit zu der als aggressiv empfundenen Aussage geführt haben.
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Ich weiß Sachlichkeit zu schätzen und bemühe mich auch selbst darum. Einige Seitenhiebe sind zwar auch mir unterlaufen, aber ich war nie der Angreifer.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.06.2003 um 12.58
Zitat:Lieber Herr Schäbler, vielen Dank für Ihren sehr interessanten Beitrag! Zu der zitierten Passage habe ich noch eine Frage: Wissen Sie, ob man das an einer offiziellen Stelle in schriftlicher Form nachlesen kann? Ich möchte einfach gern wissen, wie amtlich das mit den sechs Schuljahren ist.
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Die Kultusminister gehen davon aus, daß der Rechtschreiblernprozeß innerhalb von sechs Schuljahren (also im Alter von 12) abgeschlossen sei.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.06.2003 um 03.06
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Nun schaut sie schon anders aus, die praktische Rechtschreibarbeit. Es gefallen mir beide Varianten, während die erste mehr Unterlängen aufweist, sieht man der zweiten die neue Rechtschreibung an.
Aber was wollen Sie nun damit aussagen?
Ich wollte, daß Sie nachdenken, Frau Menges!
Wenn ich Ihnen etwas sage, ist das doch so, wie wenn ich einem Ochsen ins Horn petze.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.06.2003 um 02.40
Als mitlesender Lehrer (a. D.) muß ich mich zunächst einmal an die Zeit erinnern, in der ich Schüler war, ein Schüler, wie jeder andere, der Streiche spielte – aufgesetzte Autorität ablehnte und aufnahmeunfähig war gegen diejenigen, die es heraushängen ließen.
Wenige Lehrer haben mir etwas beigebracht (bin Jahrgang 51); manchen Rohrstock habe ich gefühlt.
Rechtschreibung wurde für mich interessant in dem Moment, als ich adressatenbewußt schreiben mußte, weil ich (mit 16 Jahren) als freier Mitarbeiter in der Heimatzeitung anheuerte
Letzteres war für meine Lehrer eine Art Korrektiv bei der Notengebung – beim Pfarrer hatte ich ohnehin den „Ministrantenbonus“.
So weit die Vergangenheit und der Zynismus.
Als Lehrer war ich in Grund- und Hauptschule tätig. Von der Pike auf habe ich Rechtschreibdidaktik studiert. Drei Jahre lang verbrachte ich im Grundschulseminar.
Seinerzeit galten noch die Prinzipien der Übung und Wiederholung.
Unser Sprachbuch war vom Auer-Verlag; der Sachleiter hieß „Martin Ibler“.
Der Ibler war das letzte Sprachbuch, das Übungstexte anbot, so daß man noch sinnvolle Hausaufgaben setzen konnte, ohne die Hilfssheriffs (die Eltern) überzustrapazieren. .
Abgelöst wurde der Ibler von der Arbeitsblatthysterie. Lückentexte mit maximal 30 Füllseln waren die Richtlinie (das entsprach der 45Minuteneinheit des schwächsten Schülers der dritten bzw. vierten Jahrgangsstufe). Schulräte wollten das so sehen. Mit Glockenschlag und Pausenklingeln mußte selbst der dümmste Schüler seine Arbeitsblattleerstellen gefüllt haben. Dann erst war das Stundenziel erreicht.
So weit die Ironie.
Als Lehrer, der nach drei Jahren Grundausbildung (in der Grundschule) per Anordnung des Ministeriums in die Hauptschule überwechselte, verfrachtete ich manche Motivationstechnik und kindgerechte Veranschaulichung in die andere Schulart hinüber. Die Lernenden dankten es mir.
Selbst in der neunten Jahrgangsstufe ließ ich noch im Verhältnis von 3:1 Nachschriften (das sind Rechtschreibtexte, die eine Woche vor dem Leistungstest bekanntgeben werden) einüben, und stellte meine sogenannten Probediktate (unbekannte Texte) aus den eingeübten Lernwörtern der Nachschriften zusammen.
Meine Art von Rechtschreibtraining war in jedem Falle Anreiz und sachgerechte Arbeitsweise, denn ausschließlich mit Übungstexten, die in der Schule behandelt und abgehandelt werden – sprich beim Einüben von Nachschriften – kann der Lehrer die Techniken des Rechtschreibens (die Aktualisierung aller Sinne/vom Seh- bis zum Fühlsinn) abrufen. Das entspricht völlig der Maßgabe curricularer Lehrpläne. Das ist Lernspirale pur!!
Jedoch, laut Lehrplanvorgaben, wird ab der siebten Jahrgangsstufe das Einüben von Nachschriften als verschwendete Unterrichtszeit betrachtet. Dann kehrt sich im Regelfalle das Verhältnis um. Dann kommt eine Nachschrift auf drei Probediktate (1:3)!
Das heißt: Eine Nachschrift (eigentlich eine Fleißnote) wird entwertet durch drei willkürlich angesetzte Probediktate (die zudem innerhalb der Gesamtnotengebung übergewichtet sind).
Falls man das nicht versteht, frage man nach!
Die Kultusminister gehen davon aus, daß der Rechtschreiblernprozeß innerhalb von sechs Schuljahren (also im Alter von 12) abgeschlossen sei.
Die haben keine Ahnung!
An Frau Menges nur so viel:
Wir haben/hatten eine unterschiedliche Klientel!
Ich kann von Ihnen sehr viel lernen, bzgl. der niedersten Form von Armut und Hilfsbedürftigkeit sowie klientenbezogener Unterrichtung.
Sie hingegen können bei mir didaktische Analysen, Unterrichtsmedien und sachgerechte Abhandlungen einholen.
Gegen jegliche Übergriffe und jegliches Bluffgebaren verwahre ich mich entschieden.
Bleiben Sie bei Ihren Leisten, Frau … Doktor!
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.06.2003 um 20.35
Zitat:Liebe Frau Menges, wenn Sie sich gegen Polemik stark machen wollen, sollten Sie selber keine üben! Ich habe in dem Beitrag, den Sie hier zitieren (aus dem Strang Kommasetzung), explizit dazugesagt, daß dies eine saloppe Formulierung ist. Nichtsdestoweniger hatte bereits wenige Tage zuvor Herr Ickler auf folgendes hingewiesen:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Wagner) ...Grundschultauglichkeit unterliegen muß
Es ist falsch, wenn die neue Rechtschreibung und deren Grundschultauglichkeit gleichgestellt wird. War das im Sinne der Erfinder? Das glaube ich nicht, es hieß Vereinfachung und Fehlerreduzierung, nicht kleinkindgemäße Schreibweise. Ich denke, dass sich hier wieder Polemik und vermeintliche Wissenschaftlichkeit mischen, für mich ist das auf alle Fälle keine Diskussionsgrundlage!Die Orientierung an der Grundschule gehörte zu den wichtigsten Motiven der Reform, [...]Dieser Hinweis war eine Reaktion auf einen Beitrag von mir; ich wiederhole hier, was ich darin als Antwort auf eine Bemerkung von Herrn Lachenmann (im Strang Orthographie und Grammatik) geschrieben hatte :Der Gedanke dahinter ist ganz einfach: In welchen Klassenstufen lernen die Kinder heutzutage in der Schule die Rechtschreibung? Wie also muß der Inhalt der Rechtschreibung gestrickt sein, damit die (allermeisten?) Kinder diesen Alters die Chance haben, es zu lernen? - Es geht bei der Reformschreibung vornherein um eine Rechtschreibung, die sich an der Vermittelbarkeit in der Schule orientiert. Darauf hat Prof. Gallmann in einer Diskussion im Anschluß an die letzte Vorlesungsstunde hingewiesen: Das neue Regelwerk ist (inhaltlich; nicht von seiner Ausformulierung her) in erster Linie für den Schulunterricht konzipiert.Liebe Frau Menges, wie Sie sehen, habe ich nur wiedergegeben, was ich quasi direkt von ganz oben (hier: von Prof. Gallmann) gehört habe. Wo ist da die Polemik? Wo die von Ihnen so genannte vermeintliche Wissenschaftlichkeit?
Für mich bleibt dabei noch ein wichtiger Aspekt zu klären. Da ich mich an meinen Rechtschreibunterricht nicht mehr erinnern kann, möchte ich die hier mitlesenden Lehrer fragen: Bis zu welcher Klassenstufe findet im Rahmen des Faches Deutsch ein Unterricht statt, der systematisch auf die Rechtschreibung ausgerichtet ist? Ich weiß nicht mehr, bis zu welcher Klassenstufe ich die Rechtschreibung beigebracht bekam, meine aber, daß sich das auf meine Grundschulzeit beschränkte wobei ich dazusagen muß, daß ich bis zur 6. Klasse in der Grundschule war (wie es damals in Berlin [West] üblich war).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.06.2003 um 19.42
(Wagner) ...Grundschultauglichkeit unterliegen muß
Es ist falsch, wenn die neue Rechtschreibung und deren Grundschultauglichkeit gleichgestellt wird. War das im Sinne der Erfinder? Das glaube ich nicht, es hieß Vereinfachung und Fehlerreduzierung, nicht kleinkindgemäße Schreibweise. Ich denke, dass sich hier wieder Polemik und vermeintliche Wissenschaftlichkeit mischen, für mich ist das auf alle Fälle keine Diskussionsgrundlage!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.06.2003 um 19.32
Nun schaut sie schon anders aus, die praktische Rechtschreibarbeit. Es gefallen mir beide Varianten, während die erste mehr Unterlängen aufweist, sieht man der zweiten die neue Rechtschreibung an.
Aber was wollen Sie nun damit aussagen?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Mädchenfüralles am 16.06.2003 um 17.30
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.06.2003 um 16.40
Liebe Frau Dr.!
Leider ist das Bild von der richtig angewandten "Geisterschrift" noch nicht auf dem Computer ladbar. Deshalb - zur Kurzweil - etws Grammatisches.
Grammatik hat für mich eine Leitfunktion. Wort- und Satzbau werden durch sie geprägt. Die Grammatik ist das eigentliche Normgitter, das informative Texte so siebt, daß möglichst keine Störungen im Kommunikationssystem auftreten.
Erst die richtig angewandten Bedingungen der Grammatik ermöglichen Rechtschreibsicherheit (z.B. bei Wortzusammensetzungen, Vorsilben, Endungen, bei Großschreibung oder Zusammenschreibung, bei S-Lauten …), denn nur das System der Grammatik ermöglicht es, Schubladen mit Gleichartigem einzurichten, bzw. Analogien zu bilden.
Grammatisches Wissen fördert in jedem Falle das adressatenbewußte Schreiben und das Leseverständnis.
Textproduktionen von frisch eingeschulten Ausländerkindern sind nicht etwa aufgrund der fehlerhaften Rechtschrift schwer verständlich – nebenbei bemerkt: Ausländerkinder, die längere Zeit in Deutschland weilen, zeichnen sich meist durch eine vorzügliche Rechtschreibung aus – sondern wegen der fehlerhaften Grammatik. Unser Leseverständnis benötigt da oft einen emotionalen Schub, so etwas ähnliches wie „Mitleid“ bzw. „Teilhaben an der durchgehenden Armut des Sprachproduzenten“. Und meist kommt man erst dann der Sache auf den Grund.
Zur Getrennt- und Zusammenschreibung würde ich mir wünschen, daß es der Schuldidaktik gelingt, dem von T. Ickler vorgezeichneten offenen Weg der obligatorischen und fakultativen Schreibweisen Leben einzuhauchen, denn es ist und bleibt ganz einfach ein Unterschied zwischen:
„sitzenbleiben und sitzen bleiben“, „richtig stellen und richtigstellen“, „auseinander setzen und auseinandersetzen“.
Dem Schüler muß jener grammatische Bezug deutlich gemacht werden, denn in oben genannten Beispielfällen geht es jeweils um Wortbildung. In einigen Fällen handelt es sich um völlig eigenständige Begriffe (Lemmata).
Rechtschreibung hat in jedem Falle dienende und untergeordnete Funktion.
Und das ist doch das eigentlich Verwunderliche:
Die Rechschreibreformer haben die Fesseln gelöst!
Sie haben doch die Rechtschreibung abgekoppelt von der Grammatik.
Sie haben doch ein System von Dogmen und Formalismen in die Schriftsprache hineingeheimnist, einen Regelteil verfaßt und verzapft, den nur Volljuristen verstehen können.
Sie sind es doch, die angeblich Liberalität planen und Restriktion setzen.
Das verstehe wer will!
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.06.2003 um 15.02
Liebe Frau Menges!
Ich bitte Sie noch um etwas Geduld, bis unser Mädchenfüralles die sogenannte Geisterschrift behandelt und richtiggestellt hat.
Der Computer hat leider meine Zeichenkette nicht verstanden.
Ihnen muß ich gleichfalls unterstellen, daß Sie die "Geisterschrift" nicht verstehen. Würden Sie sie kennen, dann hätten Sie diese verunglückten Wortbilder nicht für bare Münze gehalten.
Also noch etwas Geduld - dann anschauen, beeindrucken lassen, nachdenken und dann erst ausdrücken.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.06.2003 um 14.09
Zitat:Lieber Herr Schäbler,
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Beispielwörter: 1. Schloßstraße, 2. bißchen, 3. Kuß, 4. mußte
a) 1. //////////// 2. /////// 3. /// 4. /////
b) 1. ///////////// 2. //////// 3. //// 4. //////
was soll um Himmels Willen ein Nichtpädagoge mit solchen gleichmäßigen Strichen anfangen können?
Die ganze Didaktik und Methodik ist hier ein wenig zu synthetisch ausgelegt. Diese (richtig angewandten) Zeichen gehören zum täglichen Brot derer, die sich mit dem praktischen Rechtschreibunterricht beschäftigen. Vielmehr würde mich aber Ihre Meinung zur Grammatik und zur neuen Getrenntschreibung interessieren sowie Sprachnormen und die Groß- und Kleinschreibung.
Lieber Margel,
mit Ihnen diskutiere ich natürlich alle Fälle der Rechtschreib- und Grammatikwelt nochmals durch. Und wenn ich Ihnen einen Brief schreibe, bleibe ich beim Sie, denn sonst wird der Brief auch noch kompostiert. Von mir gibt es nur noch "du", alternativ "Sie" Briefe. Was sagt Ihr Logos zu der Verknüpfung der neuen getrennt- und großgeschriebenen Wörter mit unseren Sprachnormen?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.06.2003 um 13.11
Liebe Frau Dr.!
Mit Ihrer Darmdiagnose liegen Sie gründlich daneben, genauso wie die Herren Professoren, die das „ß“ seziert haben.
Offensichtlich haben diese Sprachchirurgen die Darmzotten mit einem Krebsgeschwür verwechselt und alles weggeschnitten, was sich sperrig verhielt, und danach haben sie einen künstlichen Ausgang gelegt.
Ich möchte, daß Sie ein bißchen nachdenken über die Aufgabe der Zotten, daß Sie das Bild einfangen von den nach allen Seiten überstehenden, unter dem Mikroskop so häßlich wirkenden Auswachsungen.
Ich möchte, daß Sie sich einmal diesem „ß“ liebevoll zuwenden, denn es ist vergleichbar mit
jenen Zotten. Es ragt (wenn man es handschriftlich/mit herkömmlichem Schreibgerät) niederschreibt, sowohl nach oben, als auch nach unten über die übliche Zeilenführung hinaus, es hat sozusagen Überlänge.
Ich möchte, daß Sie sich an Ihre einstigen Rechtschreibmethoden erinnern, an all die Erfolge mit den visuellen Anschauungsmitteln, -modellen, und Darstellungsformen.
Zum wiederholten Male erinnere ich in diesem Zusammenhang an die sog. Geisterschrift, eine Wortbilddarstellungstechnik, die den Kindern sowohl das Erfassen, als auch das Speichern und Behalten von Wörtern mit „ß“ erleichterte.
Um diese Technik noch einmal nahezubringen, bilde ich vier Wörter in „Geisterschrift“ ab und zwar oben in altbewährter und unten in neuer Rechtschreibung.
Dabei hoffe ich, daß der Computer meine Behelfsaufzeichnungen getreulich nachvollzieht (normalerweise müßten die überlangen Buchstaben die Zeilenführung nach unten durchbrechen und zusätzlich zur Oberlänge noch eine Unterlänge bilden). .
Ihnen Frau Dr. wünsche ich, daß Sie die Buchstabensignifikanz der altbewährten Schreibung nachvollziehen können.
Beispielwörter: 1. Schloßstraße, 2. bißchen, 3. Kuß, 4. mußte
(html-Versuche wurden durch ein Bild ersetzt)
__________________
nos
eingetragen von margel am 16.06.2003 um 08.28
Hochverehrte Frau Dr.,
es hat ja etwas atemberaubend Umwerfendes, wie Sie hier
dekretieren, worüber "wir" noch diskutieren dürfen/wollen/
sollen. Dieses Lehrerinnen-Wir sei Ihnen geschenkt.
Ich hoffe, daß Sie nicht in Ihre selbstgestellte Abseitsfalle laufen.
Sie werden dringend gebraucht im Kreise der Forumsteilnehmer, ich wiederhole mich.
Wenn mich jemand in einem Brief mit "du" anredet, verbuche ich das einfach unter schlechten Manieren. Großmutter wußte es noch besser...
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.06.2003 um 07.55
(Wagner) Fangen wir also nochmal von vorn an ...
Wir fangen keinesfalls wieder damit an, Herr Wagner. -
Wiederholungen sind vor allem in der Schule wichtig. Es wird Zeit, dass wir uns außergewöhnliche Gedanken machen und nicht mit Dingen, die wir hier schon angesprochen haben die Zeit vergeuden.
Wir werden Überlegungen zur Groß- und Kleinschreibung und zur Getrenntschreibung angehen.
Das Ziel der Rechtschreibreform war die Fehlerreduzierung. Heute geht es aber dabei um viel mehr. Die Fehlerreduzierung wurde nicht erreicht, aber es wurde insgesamt eine Vereinfachung der Rechtschreibung zu Grunde gelegt, die aber noch überarbeitbar sein müsste.
Wichtig ist mir, dass wir die Dinge, die mir/uns wichtig erscheinen nochmals zu formulieren, wenn auch die Gegner der Reform derzeit schon etwas müde werden.
Natürlich spielen diese Überlegungen in die Grammatik hinein. Vielleicht helfen die Wege der Grammatik, oder auch der Sprachnormen, hier weiterzukommen und die Kommission von anderen weiteren Dingen zu überzeugen. Falsch ist der Ansatz, der hier vertreten wird, nur die Tatsache gelten zu lassen wieder neu anzufangen. Ich glaube, dass diese Briefe gar nicht mehr gelesen werden.
Es müssten fundierte Aussagen eben zu oben genannten Punkten gemacht werden. Ob man das du groß oder klein schreibt ist für mich passé: Dies gehört in Großmutters Schatzkästchen sowie die Sütterlin und die Deutsche Schrift.
P.S.: Auch Überlegungen zum "ß" werden wir nicht angehen. Das ist soweit festgelegt und an der "ss-s-ß" - Regelung wird mit Sicherheit nicht mehr gerüttelt.
Herr Schäbler,
Ihre Diskussion errinnert mich wieder an die Medizin. Ob der Blinddarm wichtig ist oder nicht ist eine ähnliche Sache. Eigentlich braucht man ihn nicht, den Wurmfortsatz, aber man hat ihn nun und nur wenn er schmerzt wird er operiert. Das "ß" schmerzt derzeit noch nicht so sehr, so dass wir es tatsächlich noch nicht weglassen müssen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 15.06.2003 um 21.27
Zitat:Liebe Frau Menges,
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Wagner)... nicht nur auf die Vereinfachung schauen darf ...
Lieber Herr Wagner,
dann können wir diese Diskussion hier schließen. Ursprünglich ging es darum die Rechtschreibung zu vereinfachen und nicht um wissenschaftliche Ansätze, die man für gut oder schlecht befinden kann.
[...]
Mein Vorschlag bezieht sich auf die Vereinfachung. Diese Vereinfachung steht klar und sicher da. Es bedarf keiner weiteren Begründung. Die Entscheidung ist für die Trennung von -ck gefallen. Die Trennung von c-k wäre aber noch einfacher gewesen, vorausgesetzt § 3,1 muss stehen bleiben.
die Diskussion ist noch lange nicht zu Ende. Vor nicht allzuvielen Wochen wurden Sie nicht müde zu betonen, daß die neuen Regeln ja von Professoren ausgearbeitet worden seien. Nun aber spielen Sie die Wissenschaftlichkeit des Unternehmens herunter mit der Konsequenz, daß Sie in Kauf nehmen, daß man den Kindern etwas Falsches beibringt.
Haben Sie ich schon mal überlegt, wie schön es wäre, die komplizierte Mathematik oder die ungeliebte Physik zu vereinfachen, so daß die Kinder in der Schule keine Probleme mehr damit hätten? Natürlich würde das zu nichts führen, aber es macht deutlich, daß die Vereinfachbarkeit Grenzen hat. Eine Vereinfachung, die wissenschaftlichen Erkenntnissen zuwiderläuft, steht alles andere als »klar und sicher« da.
Fangen wir also nochmal von vorn an: Wie trennt man Trekking, und warum?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 14.06.2003 um 15.08
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Warum eigentlich? Können Sie mir dies einmal in eigenen Worten schildern? Warum brauchen wir das "ß"?
Liebe Frau Dr. Menges!
Vielleicht ist Ihnen die obige Buchstabenfolge "e-rnstl" bekannt aus der Sendung „Glücksrad“, die jahrelang mit großem Erfolg in verschiedenen Fernsehkanälen lief.
Rund 90 Prozent aller Kandidaten, die zu dieser Fernsehsendung eingeladen wurden, wählten diese Buchstabenfolge. Sie durften einen (von 5) Vokalen und fünf (von 21) Konsonanten auswählen.
Diese vorbestimmten Buchstaben wurden – vorausgesetzt sie waren richtig – in ein Wortgitter eingefügt, und danach begann die eigentliche Rätselrunde. Aus den „Wortunterganzen“ konnte man die Restbuchstaben erraten, und deshalb entschieden sich die Kandidaten für den Vokal „e“ und die oben bezeichnete Konsonantengruppe (r, n, s, t, l) –
wegen der anerkannten Häufigkeit ihres Vorkommens.
Den Buchstaben „ß“ gab es nicht bei der Sendung „Glücksrad“. Den Buchstaben „ß“ gibt es auch nicht in Bastei-Rätselhefen und Kreuzworträtseln aller Art. Es gibt ihn nicht in der deutschsprachigen Schweiz, und man könnte dies als Indiz dafür wählen, daß man den Buchstaben nicht braucht, weil man jedes „ß“ durch „ss“ ersetzen kann und zudem jenes „ß“ einen Mangel aufweist: man kann es nicht großschreiben.
Heißt das aber, daß man auf das „ß“ verzichten kann?
Heißt das, daß man rigoros das „ß“ abschaffen kann, weil es andernorts nicht gebraucht wird?
Müßte die Frage nicht anders lauten?
Z.B.: W a r u m i s t d a s „ ß “ s o b e l i e b t ?
Müßte dann nicht eine Untersuchung stattfinden, wie oft jenes „ß“ im Schreibgebrauch tatsächlich vorkommt?
Ist dieses „ß“ nicht eventuell sogar ein Konsonant, der sich innerhalb der am häufigsten gebrauchten Konsonanten an vorderster Stelle behaupten würde?
Müßte man dann nicht erst einmal nachdenken, bevor man handelt und den Leuten in ihrer Gewohnheit und Liebe herumpfuscht?
Frau Dr.!
Das leicht erworbene Brot, ist das Brot, das meistens in der Mülltonne landet, und deswegen sollten Sie zunächst einmal obige Fragen beantworten. Sie sollten das Wissen über das „ß“ selbständig, mit Fleiß und Schweiß erwerben.
Ich hasse jene Völlerei, jenes verdammte "Überflusssystem", in dem man sich allerorten Wissen borgen kann, in dem man fremde Speicher abrufen kann, ohne einen eigenen Vorrat anzulegen.
Sie sind dran, Frau Menges!
Warum ist das „ß“ so beliebt?
__________________
nos
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.06.2003 um 10.25
Bei Kleindoofduzern bin ich nachsichtig,
bei Reformkleinduzern bleibe ich lieber beim „Sie”.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.06.2003 um 07.22
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theo Grunden
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Dem entspricht auch, dass ich nichts gegen die Aufgabe von "ß" habe.
Dann sollten wir das "ß" auch weiterleben lassen und gut behandeln, liebe Frau Menges, damit es diese seine Aufgabe noch lange und gut erfüllen kann.
Warum eigentlich? Können Sie mir dies einmal in eigenen Worten schildern? Warum brauchen wir das "ß"?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.06.2003 um 07.19
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg
Frau Menges spricht ein großes Wort unseres ehemaligen Bundeskanzlers Kohl gelassen aus. Man kann sich gut vorstellen, was das bei „Sesselfurzern" (Hans Magnus Enzensberger über die Reformbürokraten) nur sein kann.
Der Humor von Sigmar! Gut, dass ich nicht zu den Sesselfurzern gehöre, denn die sitzen ja den ganzen Tag, ich aber stehe und gehe. ;-)
Und lieber Sigmar,
bleib du mal schön sachlich! "Sie" kann ich nach der langen Diskussion nun wirklich nicht mehr schreiben!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.06.2003 um 07.08
Lieber Margel,
ich habe ja noch das "Du" oder "du" mit Ihnen zu rupfen!
Ehrerbietung hat nichts mit Du oder du zu tun. Ich habe die größte Achtung vor ehrlichen Menschen, ob ich nun per du oder per Sie schreibe. Wichtig ist mir der Mensch, der etwas zu Wege bringt. Also, ich schreibe "du" wirklich gerne klein, denn wenn du nicht weißt, dass ich dich schätze, dann kann ich dir auch nicht helfen. Allerdings muss ich "Sie" nicht unbedingt verehren, nur weil man Sie groß schreibt. Vergiss du ruhig das althergebrachte "Du", es klingt nach Großmutters Schatzkästchen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 13.06.2003 um 10.07
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Dem entspricht auch, dass ich nichts gegen die Aufgabe von "ß" habe.
Dann sollten wir das "ß" auch weiterleben lassen und gut behandeln, liebe Frau Menges, damit es diese seine Aufgabe noch lange und gut erfüllen kann.
eingetragen von margel am 13.06.2003 um 09.58
Liebe Frau Dr.Menges,
bitte erklären Sie mir einmal, wieso die Abtrennung von
-ck "einfacher" ist als die Trennung k-k. Letztere
hat doch ein normaler Mensch in 3 Minuten begriffen.
Das Ziel der Reform war nicht in erster Linie die
Vereinfachung der Rechtschreibung, sondern ihre
leichtere Erlernbarkeit. Einfacher ist sie dann ja auch nicht geworden, leichter erlernbar allerdings auch nicht.
Vielleicht meinen Sie ja auch gar nicht "Vereinfachung", sondern "Vereinheitlichung". Die ist hier aber nicht eingetreten wegen des fundamentalen Unterschiedes
zwischen -ch und -ck.
Zu den "Realisten" würde ich Sie nun gerade nicht zählen,
verehrte Frau Dr.. Ihr "Realismus" besteht, glaube ich, darin, daß Sie in regelmäßigen Abständen wiederholen, daß die
Sache mit der Rechtschreibreform praktisch gelaufen
sei und die hier versammelten Kritiker Phantomen
nachjagen und nur Kraft und Zeit vergeuden.
Nun - wir werden sehen, wer am Ende "realistischer" war.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.06.2003 um 09.05
Frau Menges spricht ein großes Wort unseres ehemaligen Bundeskanzlers Kohl gelassen aus. Man kann sich gut vorstellen, was das bei „Sesselfurzern" (Hans Magnus Enzensberger über die Reformbürokraten) nur sein kann.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.06.2003 um 08.25
(Wagner)... nicht nur auf die Vereinfachung schauen darf ...
Lieber Herr Wagner,
dann können wir diese Diskussion hier schließen. Ursprünglich ging es darum die Rechtschreibung zu vereinfachen und nicht um wissenschaftliche Ansätze, die man für gut oder schlecht befinden kann. Wichtig ist das, was hinten 'rauskommt.
Mein Vorschlag bezieht sich auf die Vereinfachung. Diese Vereinfachung steht klar und sicher da. Es bedarf keiner weiteren Begründung. Die Entscheidung ist für die Trennung von -ck gefallen. Die Trennung von c-k wäre aber noch einfacher gewesen, vorausgesetzt § 3,1 muss stehen bleiben. Mich würde es nicht stören, wenn wir das "ck" aufgeben würden, aber das spricht ja wieder gegen das Wortbild. Dem entspricht auch, dass ich nichts gegen die Aufgabe von "ß" habe. Aber bleiben wir bei den Möglichkeiten ..., außerdem hieße es dann Mehrheiten zu sammeln, die eventuell nichts nützen würden.
Lieber Herr Dörner,
wer etwas weiter bewegen will, der darf sich nicht der Diskussion, die bisher gelaufen ist hingeben, sondern muss neu nachdenken. Wir wären an solch einem Punkt angelangt. Mir scheint die Reformgegner treten auf der Stelle. Es ist richtig, dass sich sicherlich noch einige Kleinigkeiten ändern werden. Richtig ist auch, dass sich die neue ss- Schreibung durchsetzen wird bis eine radikalere Lösung in Sicht ist, die wir wahrscheinlich alle nicht mehr erleben werden.
Leider bin ich radikal realistisch, für Scheinargumente sowie soziokulturelle und regionale Ansätze habe ich kaum Zeit, obwohl es Spaß machen würde. Die Tatsache, dass unsere Sprache sehr lebendig ist und auch zu Sprachschöpfungen neigt, gibt mir die Hoffnung, dass sich noch vieles bewegen wird. Abgesehen davon sammle ich alle Möglichkeiten, die ich sehe: Der Punkt ck und die Vereinfachung ph sind die ersten realen Punkte in meiner Gliederung. Sinnvollerweise sollten wir bei der Getenntschreibung weiterdiskutieren, denn hier muss sich bis 2005 wirklich etwas ändern: 95 Ausnahmen von der Regel alleine bei § 34. Im Prinzip kann man auf B 2 ganz verzichten: ... getrennte Schreibung der Wörter Normalfall ist....
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.06.2003 um 22.02
Zitat:Oh, wie ich sehe, kommen wir hier einer Einigung einen entscheidenden Schritt näher, liebe Frau Menges! Sie befürworten nun also auch die Trennung an der Silbenfuge, d. h. dort, wo die beiden /k/-Laute aufeinandertreffen. Sie schlagen aber die Trennung "c-k" vor, und Ihre Erklärung dafür ist verblüffend einfach: Sie nehmen § 3 (1) wörtlich und stellen fest, daß hier ein "c" für ein "k" steht. Wenn man sich dann nach § 108 richtet, kommt man in der Tat zu der Trennung "c-k". Und einfach scheint das ganze auch noch zu sein, zugegebenermaßen.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Eine Differenzierung des § 109 wäre nötig:
Trotz großer regionaler Unterschiede finde ich die beste Lösung der übergeordneten Hochsprache die Trennung von c-k, gleichwohl ich gegen die alte Trennung von k-k bin. Was spricht für die Trennung c-k, wenn man bei der Regel § 3 (siehe unten) bleibt?
[...]
Das derzeit gültige amtlichen Regelwerk sagt bei § 3, 1 aus: Statt kk schreibt man ck. [...] Damit müsste man den Laut ck aus dem § 109 herausnehmen und beim Trennen dem § 108 zuordnen.
Die Regel würde demnach dem Trennen von Doppellauten zugeordnet. Einfacher als die Trennung von Zu- cker oder Zuk- ker finde ich die Trennung von Zuc-ker.
Die Sache hat aber ihre Haken: Da es beides /k/-Laute sind, die sich da beiderseits der Trennstelle befinden warum sollte man den einen als "c" schreiben, was ja als Einzelbuchstabe keinen speziellen Laut symbolisiert (vgl. die Laut-Buchstaben-Zuordnung, § 22), sondern je nach Herkunft des Wortes, in dem es verwendet wird, für einen jeweils anderen Laut steht? Sucht man nach Beispielen, wo ein "c" das Ende einer Silbe bildet, so kommt man speziell bei der Silbenzerlegung "..c | k.." auf den Laut /ts/. "Zuc-ker" wäre also nicht mehr /tsuk-ker/ sondern /tsuts-ker/.
Außerdem bekommt man und das ist wichtig für Ihre Begründung der Trennung "c-k" mit dem Wörtlichnehmen von § 3 (1) in dem Moment ein Problem, wo es nicht mehr um die Schreibung "kk" geht: Wenn da in § 3 (1) steht, daß man "ck" statt "kk" schreibt, so setzt das voraus, daß man wirklich "kk" schreiben wollte und zwar ungetrennt! In dem Moment, wo man nicht "kk" schreiben wollen würde, sondern "k- k", ist § 3 (1) nicht anwendbar, weil die Voraussetzung nicht erfüllt ist.
Das ist jetzt sehr spitzfindig argumentiert, soll aber auf folgendes hinweisen: Der Ausgangspunkt ist und bleibt, daß eigentlich die Schreibung von "kk" angemessen wäre; aus Gründen, die ich nicht genau kenne (und wozu ich nur einigermaßen plausible Vermutungen anstellen kann), wird sie aber im Normalfall unterdrückt und das erste "k" auf ein "c" reduziert. Das daneben stehengebliebene "k" erinnert einen dann daran, daß sein linker Nachbar, das "c", eigentlich ein "k" sein sollte und auch weiterhin so auszusprechen ist zumindest bei gewöhnlichen Wörtern, bei Eigennamen kann das ganz anders sein. Bei der Trennung verabschiedet sich aber das Nachbar-"k", und das "c", das eigentlich keines ist, steht etwas verloren in der Gegend herum. Man weiß nicht genau, wofür es steht. Am klarsten und naheliegendsten ist es, es wieder zum "k" zu machen.
Wenn der Grund, warum das erste "k" zum "c" wird, die direkte Nachbarschaft zu dem zweiten "k" ist und es dabei um eine typographisch sinnvolle, das Lesen erleichternde Modifikation geht, so stellt sich diese Anforderung bei der Getrenntschreibung nicht. Es gibt dann einfach keinen Grund mehr, aus dem "c" ein "k" zu machen.
Zitat:Der Aufsatz von Prof. Munske, in welchem er ursprünglich die Nichttrennung von "ck" vorschlägt, ist überschrieben mit Läßt sich die Trennung von ck am Zeilenende reformieren? Wenn man diese Frage ehrlich beantworten will, muß man sich überlegen, was reformieren bedeutet. Die Rechtschreibung zu reformieren wird vor allem bedeuten, sie zu vereinfachen. Reform bedeutet aber ganz allgemein eine Verbesserung des Bestehenden, deshalb ist eine Rechtschreibreform insgesamt eine Verbesserung der Rechtschreibung. Das bedeutet m. E., daß man nicht nur auf die Vereinfachung schauen darf, sondern daß man auch prüfen muß, ob sich irgend etwas dabei verschlechtert.
Fazit:
Die Trennung von c-k stellt eine eindeutige Erleichterung dar. Das ist ein Vorschlag zur weiteren Vereinfachung der Rechtschreibung.
Weil die Trennung "c-k" zwar oberflächlich betrachtet eine Verweinfachung darstellt, die aber letztlich nicht systematisch begründet werden kann und die zu einer Fehlinterpretation Anlaß geben kann, sollte die Antwort auf die Fragen von Herrn Munske so lauten:
Eine Vereinfachung der "ck"-Trennung ist zwar möglich, bringt aber auch Nachteile mit sich, die den Vorteil der Vereinfachung zunichte machen. Von einer Vereinfachung, so wünschenswert sie auch auf den ersten Blick erscheinen mag, ist daher abzuraten.
Frau Menges, warum genau sind Sie gegen die alte Trennung "k-k"? Was für ein Problem bringt diese Trennung aus Ihrer Sicht mit sich (wenn man mal von Ihrem geliebten Beispiel des bayerischen [oder nur baierischen?] Bäckers absieht)?
(Korrektur: Fehlendes Verweisziel nachgetragen)
– geändert durch J.-M. Wagner am 16.06.2003, 01.02 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christian Dörner am 11.06.2003 um 10.49
Gegen die Trennung Zuc-ker (gesprochen »Zutzker«), die in frühen Reformentwürfen tatsächlich vorgesehen war, ist längst alles Nötige gesagt worden. Munske hat dann die Nichttrennung von ck vorgeschlagen, um eine Alternative zur Zutzker-Fraktion bieten zu können. Darauf sind die Reformer letztendlich eingegangen, denn daß man alles einfach beim alten läßt, war für sie ja schon aus prinzipiellen Gründen undenkbar.
Es gibt hier im Forum genug Beiträge, die sich mit den Problemen der Zutzker-Trennung auseinandersetzen, und ich möchte diese Argumente eigentlich nicht noch mal wiederholen.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.06.2003 um 10.41
(Schubert)Zuk-ker, Zu-cker, Zuc-ker oder Zucker
(Wagner) Nichttrennung von "ck" nicht hinnehmbar
Eine Differenzierung des § 109 wäre nötig:
Trotz großer regionaler Unterschiede finde ich die beste Lösung der übergeordneten Hochsprache die Trennung von c-k, gleichwohl ich gegen die alte Trennung von k-k bin. Was spricht für die Trennung c-k, wenn man bei der Regel § 3 (siehe unten) bleibt?
Diese Regelung ist leicht vermittelbar. Ck ist nicht gleich ch und sch: Diese sind klar einlautig gesprochen. Bitte probieren Sie den Schnarchlaut "ch" und den Schnutenlaut "sch" einmal aus. Dieses gilt auch für "ck". Wenn man in der frühen Förderung arbeitet, muss man sich fundamental damit auseinandersetzen, jedoch gilt das nicht für die Trennung. Hörbar wird der Laut k in der Silbentrennung, während man bei "Bücher" nur den Schnarchlaut heraushört, bei "Büsche" nur den Schnutenlaut hört, hört man bei der Silbentrennung bei Zuc-ker zwei kk, wenngleich wir in bestimmten Regionen in Bayern bei Bäcker nur einen Laut "k" hören und sprechen.
Die Regel würde demnach dem Trennen von Doppellauten zugeordnet. Einfacher als die Trennung von Zu- cker oder Zuk- ker finde ich die Trennung von Zuc-ker.
Das derzeit gültige amtlichen Regelwerk sagt bei § 3, 1 aus: Statt kk schreibt man ck. Der § 109 sieht aber den Buchstaben ck einlautig. Damit müsste man den Laut ck aus dem § 109 herausnehmen und beim Trennen dem § 108 zuordnen.
Fazit:
Die Trennung von c-k stellt eine eindeutige Erleichterung dar. Das ist ein Vorschlag zur weiteren Vereinfachung der Rechtschreibung.
§ 32
Nachdem eindeutig beide Schreibungen für ph (ph, f) erlaubt sind, bin ich nach langer Zeit der Entscheidung dafür die Fremdwörter mit der Buchstabenverbindung ph auch so zu belassen: Paragraph, Photograph. Zur individuellen Fehlerreduzierung ist es besser, wenn beide Formen erlaubt sind, allerdings liest man jetzt alle möglichen Formen, die jedoch außer den Rechtschreibreformgegnern und den Lehrern niemanden wirklich interessieren.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.06.2003 um 19.31
Ich finde, unsere Diskussion sollte an einer Stelle weitergeführt werden, an der man sie besser wiederfindet. Hier in diesem Diskussionsfaden geht so manches Gute bald in der Flut der Beiträge unter. Ich schlage Ihnen vor, sehr geehrter Herr Schubert, die Diskussion unter der Überschrift Orthographie und Grammatik fortzuführen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.06.2003 um 19.18
Zitat:Somit komme ich um die Nachfrage nicht herum, warum denn das Thema nicht mehr aktuell sein sollte? Die Rechtschreibkommission hat via der sogenannten großen Wörterbücher (Duden, Bertelsmann) einiges an der Reform zurückgenommen, was man an der (leider nicht ganz zuverlässigen) Aufstellung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ablesen kann, die kürzlich erschienen ist. Die Akademie zumindest hält also das Thema nach wie vor für aktuell. Offiziell hat sich aber nichts an der Reform geändert, und also wird das Thema mit der Zeit immer interessanter, weil die Abweichungen von der 1996er Reform bzw. die Neuerungs- oder Nachbesserungsvorschläge zunehmen. Ab dem Herbst 2005 gilt nach der bisherigen Planung die herkömmliche Rechtschreibung an den Schulen als falsch (bislang als überholt, aber nicht falsch). Das Büchlein von Ickler ist also auch deshalb interessant und aktuell, was die Schüler ab diesem Datum alles sprachlich falsch machen müssen (lassen Sie uns diesen Aspekt gesondert diskutieren; ich leite mit meien Bemerkungen am Ende dieses Beitrages dazu über), wenn sich an der Reform nichts mehr ändert. Das wird unter anderem vom 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Rechtschreibkommission abhängen, der gerade im Entstehen sein dürfte. Sie sehen, sehr geehrter Herr Schubert, das Thema ist durchaus aktuell man darf sich bei dieser Einschätzung nicht dadurch täuschen lassen, daß es in der Öffentlichkeit so gut wie garnicht thematisiert wird!
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Wagner, das Büchlein von 1997 war damals sicher eine wertvolle Hilfe. Aber jetzt ist nicht nur das Büchlein, sondern das ganze Thema nicht mehr so ganz aktuell.
Zitat:Ich sehe, daß Sie noch etwas anderes gemeint haben, als was ich in meiner Antwort thematisiert habe. Das ändert aber nichts an meiner Aussage: Regeln, die »Katastrophen-Trennungen« zulassen, taugen nichts. Damit kritisiere ich nicht nur die Nichttrennung von "ck", sondern auch andere Aspekte der reformierten Trennregeln (z. B. die Abtrennbarkeit einzelner Vokalbuchstaben am Wortanfang).
Das mit den Katastrophentrennungen haben Sie nicht verstanden. Wenn die Zeilen zu kurz sind, gab es nicht erst seit 1998, sondern schon immer Katastrophentrennungen. Mit der Reform hat das nichts zu tun. Wer einen Rechner mit der automatischen Trennung beim Spaltensatz beauftragt, muss vor und nach der Reform genau Korrektur lesen, wenn er ein sorgfältiges Schriftstück herstellen will. Die automatischen Silbentrennungsprogramme bauen sowohl bei alter als auch bei neuer Rechtschreibung groteske Trennungen. Woher sollen sie wissen, dass man zwar bei der Trennung von "Zucker" das ck in zwei k auflöst, bei "Rapacki" aber nicht? Sie wissen es nicht.
Was die automatischen Silbentrennungsprogramme betrifft, so sind nicht alle von diesem Manko betroffen: Bei der Verwendung des professionellen Satzprogrammes TEX (oder etwas benutzerfreundlicher: LYX; der Unterschied zwischen TEX und MS Word ist etwa wie der zwischen einer Setzerei und einer elektronischen Schreibmaschine sowohl von der Herangehensweise der Textbearbeitung her als auch bei der Qualität des Ergebnisses) kann man auf ganz einfache Weise beim Tippen des Textes dafür sorgen, daß eine solche falsche Trennung unterbleibt. Die Antwort ist also: Wenn das Programm es nicht weiß, muß man es ihm konkret sagen was voraussetzt, daß das Programm es sich sagen läßt.
Zitat:Das halte ich für einen schwerwiegenden Irrtum: Ich unterscheide klar zwischen dem Gegenstand, den ich beschreiben will der Rechtschreibung (mit ihrer langen Entwicklung, wie Sie sie beschrieben haben) und der Beschreibung, die ich dazu abgebe. Letztere bildet eine Meta-Ebene der Rechtschreibung, es soll eine wissenschaftliche Theorie sein, und an eine solche sind gewisse Anforderungen zu stellen, was die innere Logik betrifft. Aber lassen Sie uns an anderer Stelle im Detail darauf zurückkommen.
In Ihrem folgenden Text gehen Sie mit einer vielleicht den Naturwissenschaften angemessenen Logik an ein Phänomen die Rechtschreibung heran, das sich über Jahrhunderte, mal mehr und mal weniger geordnet, mal mehr, meistens weniger logisch, jedenfalls historisch, entwickelt hat. Diese Denkweise wird dem Gegenstand nicht gerecht.
Zitat:Das verstehe ich nicht: Soweit ich es verstanden habe, bezeichnet man als Silbengelenk den Fall, daß ein Konsonant ambisyllabisch auftritt. Was hat das mit der Betontheit oder Unbetontheit des vorangehenden Vokals zu tun? Es gibt auch eine Verdoppelung des Konsonantenbuchstabens nach unbetontem Vokal, etwa bei der Pluralbildung: Ärztinnen, Kenntnisse, Albatrosse etc. alles Silbengelenke, und alle dementsprechend geschrieben.
Die Silbengelenktheorie, die Sie jetzt, obwohl Sie das Wort längere Zeit nicht gebraucht haben, doch wieder für sehr nützlich halten, mag ja manches erklären, zum Beispiel den Unterschied der Silbengrenze bei "Palast" und Pallas". Nun gibt es Menschen, vielleicht sogar die Mehrheit der Deutschsprachigen, die das Wort "Ballast" auf der zweiten Silbe betonen, und das im Einklang mit den mir zugänglichen Wörterbüchern. "Palast" und "Ballast" unterscheiden sich dann nur durch den Anfangskonsonanten. Aus historischen Gründen schreibt sich das eine Wort mit einem l, das andere mit zweien. Dabei soll es sicher bleiben. Aber die ganze Silbengelenktheorie bricht dann zusammen.
Zitat:Ich verstehe nicht, was Sie damit sagen wollen. Es ist durchaus üblich, Dinge, die es nicht gibt, aber theoretisch geben könnte, einfach mal so hinzuschreiben, wie sie aus der Überlegung folgen, und man kennzeichnet ihren Status als nicht echt, sondern spekulativ durch ein vorangestelltes Sternchen. Das habe ich gemacht, und ich habe erklärt, was das Sternchen bedeutet. Haben Sie das überlesen?
Oder die Konsonantenverdopplung nach kurzem Vokal. Die findet manchmal statt (§ 2), manchmal nicht (§ 4), die Unterschiede sind nicht logisch bedingt. Bei den Lauten [x] und [ç] und beim sch-Laut finden sie nicht statt. Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, nach kurzem Vokal bei Lachche oder bei Laschsche ein Doppel-ch oder ein Doppel-sch zu schreiben, und das hier in diesem Kreis von Rechtschreib-Ästheten, die schon bei der Schreibung "dass" oder beim Zusammentreffen dreier gleicher Konsonanten Würge-Anfälle kriegen (obwohl das auch in der alten Rechtschreibung durchaus vorkam, Beispiele habe ich schon gebracht)?
Dinge explizit vorzuführen, die ganz offenbar falsch sind, ist ein sinnvolles Mittel, um in einer Argumentation zu zeigen, was wäre, wenn man einem bestimmten Gedankengang folgt, um daraus Rückschlüsse auf den Gedankenganmg ziehen zu können. Das gibt es auch in der Mathematik, dort nennt man dieses Verfahren Beweis durch Widerspruch. Das ist genau das, was Sie zuvor als eine Denkweise bezeichnet haben, die dem Gegenstand nicht gerecht wird. Wie Sie sehen, ist diese Denkweise im Gegenteil in der Linguistik durchaus angebracht!
Linguistik hat viel mit messerscharfer Logik und haargenauer Beobachtung zu tun; vor ausgefuchsten Grammatikern habe ich einen hohen Respekt. Dabei muß man aufpassen, daß man die Ebenen nicht durcheinanderbringt: Ich habe doch zuvor ganz klar geschrieben, daß ich nicht davon ausgehe, daß die Sprache, die ich beschreiben will, so wie sie ist, logisch sei. Auch in der Physik ist vieles unlogisch, allem voran in der Quantenmechanik (von der Relativitätstheorie ganz zu schweigen; Stichwort: Zwillingsparadoxon): Wie kann ein Teilchen gleichzeitig durch beide Spalte eines Doppelspaltes gehen? Warum tut es das? Nun, wenn man einen Spalt zuhält, sieht man auf dem Schirm dahinter ein anderes Verteilungsmuster und das auch, wenn man die Intensität des Teilchenstrahles (z. B. von Elektronen), den man auf den Doppelspalt richtet, so weit herabsetzt, daß nur noch einzelne Teilchen anfliegen und auch einzelne Teilchen (in deutlichem zeitlichen Abstand) beim Aufschlag auf dem Schirm nachgewiesen werden. Wäre deswegen die theoretische Physik unlogisch, die gelernt hat, dieses Phänomen mathematisch sauber zu beschreiben? Die Anforderung, logisch zu sein, muß für die Meta-Ebene gelten. Wenn meine Aussagen in sich unlogisch sind, sind sie wertlos. Das gilt für jeden Wissenschaftsbereich, also auch für die Linguistik.
Zitat:Konsens wenn Sie meinen Argumenten zur ck-Trennung inhaltlich nichts entgegenzusetzen haben, erübrigt es sich auch für mich, noch etwas dazu zu schreiben. Ich hatte zudem schon vorher den Eindruck, daß wir das Thema bereits (bis auf den Widerspruch zwischen § 109 und § 107 in Verbindung mit §§ 2, 3) sehr ausgiebig diskutiert haben. Ich habe auch schon einen Text parat, der eine interessante Fortsetzung dieser Diskussion gestattet. Zur Einstimmung möchte ich ein paar Fragen stellen, die nur auf der ersten Blick rhetorisch sind, in Wirklichkeit aber mit philosopischer Tiefe zu bedenken sind:
Sehr geehrter Herr Wagner, unsere Diskussion ist ja für uns und für die Leser ganz interessant gewesen, und sie kann durchaus fortgesetzt werden. Aber zur ck-Trennung werde ich mich nicht mehr äußern.Ich bin gerade noch dabei, einen anderen Beitrag (zur Kommasetzung) zu schreiben, deshalb beschränke ich mich hier zunächst auf diese einleitenden Gedankenanregungen.
- Was ist ein Substantiv, wonach richtet sich das bzw. wie definiert man das allgemein? Auf welcher Ebene der Sprache liegen die dabei zu bemühenden Kriterien?
- Was ist Wissenschaft ganz allgemein formuliert, und zwar so, daß man nicht sagen kann, in diesem Bereich sei darunter etwas ganz anderes zu verstehen als in jenem?
- Was ist der empirische Inhalt der Mathematik? Gibt es so etwas wie einen (mathematischen) Kreis in der Natur?
- Was ist ein Naturgesetz? Welche Rolle spielt die Mathematik, welche die Empirie dabei, und wie stehen diese zueinander?
(Änderung: kleine Ergänzungen und Rechtschreibkorrekturen)
– geändert durch J.-M. Wagner am 11.06.2003, 09.36 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 10.06.2003 um 13.57
Herr Wagner, das Büchlein von 1997 war damals sicher eine wertvolle Hilfe. Aber jetzt ist nicht nur das Büchlein, sondern das ganze Thema nicht mehr so ganz aktuell.
Das mit den Katastrophentrennungen haben Sie nicht verstanden. Wenn die Zeilen zu kurz sind, gab es nicht erst seit 1998, sondern schon immer Katastrophentrennungen. Mit der Reform hat das nichts zu tun. - Wer einen Rechner mit der automatischen Trennung beim Spaltensatz beauftragt, muss - vor und nach der Reform - genau Korrektur lesen, wenn er ein sorgfältiges Schriftstück herstellen will. Die automatischen Silbentrennungsprogramme bauen sowohl bei alter als auch bei neuer Rechtschreibung groteske Trennungen. Woher sollen sie wissen, dass man zwar bei der Trennung von "Zucker" das ck in zwei k auflöst, bei "Rapacki" aber nicht? Sie wissen es nicht.
In der so genannten amtlichen Regelung ist tatsächlich versucht worden, das Thema wie einen Rechtstext zu formulieren. Wenn man nur die Paragrafen (ich bevorzuge diese Variante!) liest, wird der Text dadurch schwer lesbar, aber mit den Beispielen wird es klar.
In Ihrem folgenden Text gehen Sie mit einer vielleicht den Naturwissenschaften angemessenen Logik an ein Phänomen - die Rechtschreibung - heran, das sich über Jahrhunderte, mal mehr und mal weniger geordnet, mal mehr, meistens weniger logisch, jedenfalls historisch, entwickelt hat. Diese Denkweise wird dem Gegenstand nicht gerecht. Die Silbengelenktheorie, die Sie jetzt, obwohl Sie das Wort längere Zeit nicht gebraucht haben, doch wieder für sehr nützlich halten, mag ja manches erklären, zum Beispiel den Unterschied der Silbengrenze bei "Palast" und Pallas". Nun gibt es Menschen, vielleicht sogar die Mehrheit der Deutschsprachigen, die das Wort "Ballast" auf der zweiten Silbe betonen, und das im Einklang mit den mir zugänglichen Wörterbüchern. "Palast" und "Ballast" unterscheiden sich dann nur durch den Anfangskonsonanten. Aus historischen Gründen schreibt sich das eine Wort mit einem l, das andere mit zweien. Dabei soll es sicher bleiben. Aber die ganze Silbengelenktheorie bricht dann zusammen.
Oder die Konsonantenverdopplung nach kurzem Vokal. Die findet manchmal statt (§ 2), manchmal nicht (§ 4), die Unterschiede sind nicht logisch bedingt. Bei den Lauten [x] und [ç] und beim sch-Laut finden sie nicht statt. Wie kann man überhaupt auf die Idee kommen, nach kurzem Vokal bei Lachche oder bei Laschsche ein Doppel-ch oder ein Doppel-sch zu schreiben, und das hier in diesem Kreis von Rechtschreib-Ästheten, die schon bei der Schreibung "dass" oder beim Zusammentreffen dreier gleicher Konsonanten Würge-Anfälle kriegen (obwohl das auch in der alten Rechtschreibung durchaus vorkam, Beispiele habe ich schon gebracht)?
Sehr geehrter Herr Wagner, unsere Diskussion ist ja für uns und für die Leser ganz interessant gewesen, und sie kann durchaus fortgesetzt werden. Aber zur ck-Trennung werde ich mich nicht mehr äußern.
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.06.2003 um 11.13
Zitat:Was hat sich denn an der Rechtschreibreform seit 1997 geändert, so daß das Büchlein nicht mehr aktuell wäre?
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Wagner, um mit dem Schluss anzufangen: Die 9,90 ? werde ich nicht für das nicht mehr aktuelle Büchlein ausgeben. Für das gesparte Geld kaufe ich mir lieber etwas Nettes.
(Ein Wink am Rande: Aus Kompatibilitätsgründen zwischen den verschiedenen Rechnersystemen empfiehlt es sich, das Euro-Zeichen nicht über einen direkten Tastendruck einzugeben, sondern durch das HTML-Kürzel € erzeugen zu lassen.)
P. Schubert:Der enge Spaltensatz ist ein wunderbares Argument dafür, daß man »Katastrophen-Trennungen« nur dann ausschließen kann, wenn die Regeln sie ausschließen; danke, daß Sie darauf hingewiesen haben. Das ist doch ein Fall für Murphy: Was schiefgehen kann, wird auch irgendwann schiefgehen, und allen Ihren eleganten Vorschlägen zur Trennung bzw. des Gebrauchs des Bindestriches zum Trotz wird ein Rechner, den man mit der automatischen Trennung beim Spaltensatz beauftragt und der dabei nach den neuen Regeln verfährt, genau solche, das Lesen erschwerenden Trennungen erzeugen.
Zu den Beispielen aus der SZ: In Zeitungen werden Zeilen manchmal extrem kurz, wenn der Layouter zwischen die Spalten auch noch Bilder einbaut. Dann werden Katastrophen-Trennungen nötig. Wenn das nicht der Fall ist, die Zeilen also normal lang sind, kann man "Schönheits-dickicht" und "Käfer-rücken" trennen. Wer bei der Trennung "De-ckel" eine Lese-Erschwernis sieht und dann bei dem Wort Leseer- schwernis keinen Bindestrich setzt, versteht sowieso nicht viel von Lese-Erschwernissen.
Fazit: Regeln, die »Katastrophen-Trennungen« zulassen, taugen nichts. Es gibt da nur einen Ausweg: Man ignoriert die neue "ck"-Trennungsregel. Das kann man auf zwei unterschiedliche Arten tun: Entweder trennt man (bei) "ck" überhaupt nicht mehr, oder man macht es wie bisher (d. h. man trennt als "k- k"). Was das bessere ist, ist klar, denke ich.
P. Schubert:Mit diesen juristischen Feinheiten kenne ich mich nicht aus, deshalb möchte ich lieber explizit nachfragen: Die Formulierung von § 109 ist also, nach juristischen Maßstäben beurteilt, unzweifelhaft so zu verstehen (weil sie in jedem Zusammenhang, in welchem sie gebraucht wird, so zu verstehen ist), daß sich »dasselbe gilt« nur auf »so trennt man nicht« bezieht?
In § 109 werden ch, sch, ph, rh, sh oder th als Beispiele aufgeführt. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend. Es gibt in anderen Sprachen noch weitere Buchstabenverbindungen, die nur für einen Konsonanten stehen und die der Profi im deutschen Text daher nicht trennt. Wenn der Paragraf mitteilt "Dasselbe gilt für ck" drückt er sich juristisch exakt aus, nämlich dass ck nicht gleich ist mit den aufgeführten Beispielen, aber analog zu behandeln ist.
Dann ist klar, daß § 109 keinen inneren Widerspruch enthält, und von der möglichen Irreführung durch seine Formulierung ist nur jemand betroffen, der die juristische Lesart von Texten nicht gewohnt ist. Da von Prof. Sitta und (damals) Dr. Gallmann (heute Prof.) an anderer Stelle gesagt wurde, daß das Regelwerk ein juristischer Text ist, an dem man sich im Alltag nicht orientieren kann (Stellungnahme zu den Unruhen bezüglich der Umsetzung der neuen Rechtschreibregelung in Deutschland, Abschnitt 2 [Zur Kritik H. Zabels am Duden]; siehe [bzw. suche und finde] hier), ist das weder überraschend noch gravierend. Was bleibt, ist der Widerspruch zwischen § 109 und § 107 in Verbindung mit §§ 2, 3. Nehmen Sie dazu noch Stellung, Herr Schubert?
(Eine rein informative Anmerkung am Rande: Die Schreibung Paragraph ist die Hauptform bzw. Vorzugsvariante dieses Wortes.)
P. Schubert:Weder habe ich die Theorie des Silbengelenkes eingeführt (auf diese Theorie bin ich durch diesen Aufsatz aufmerksam geworden), noch habe ich sie aufgegeben. Sie ist als Theorie einfach da, und ich halte sie für sehr nützlich.
Aber vergleichen Sie einmal "die Lacke", "die Lache" und "die Lasche". Alle drei wären Beispiele des Silbengelenks, wenn Sie diese Theorie in den letzten Tagen nicht aufgegeben hätten. Bei den "Lacken" findet eine geschriebene Konsonantenverdopplung statt, wobei nur statt des kk aus ästhetischen Gründen ein ck gesetzt wird. Bei den Lachen und den Laschen gibt es keine Konsonanten-Verdopplung, weil wir für die ch-Laute und den sch-Laut leider keinen Buchstaben haben (dies, weil die Lateiner diese Laute nicht hatten). Aber wenn man in allen drei Fällen nach dem a- trennt, wäre das so schlimm?
Paragraph 107 ist die Grundregel bzw. das allgemeine Prinzip für Trennungen. Das ist nicht nur inhaltlich klar, sondern es wird auch dadurch deutlich, daß im Regelwerk direkt vor § 108 steht: »Dabei gilt im Einzelnen:« so, als ob es noch zu § 107 gehört, und damit wären §§ 108112 gewissermaßen Unterregeln von § 107. Ich wiederhole hier, was ich zu einer wohlbegründeten Ausnahme von der Grundregel geschrieben habe:
Zitat:Sie fragen: »Aber wenn man in allen drei Fällen nach dem a- trennt, wäre das so schlimm?« Dazu gibt es gleich mehrere Dinge zu sagen (zuvor: Machen Sie sich auf eine harte Probe Ihres Empfindes des Belehrtwerdens gefaßt und sehen Sie das folgende daher bitte durch eine knallhart sachliche Brille):
vorgestern eingetragen von J.-M. Wagner
Meines Erachtens ist eine Trennung sachgerecht, wenn sie diesem allgemeinen Prinzip folgt. Tut sie das nicht, muß es sich um eine wohlbegründete Ausnahme handeln.
(So eine Ausnahme kann sich etwa als Konsequenz einer anderen Ausnahme ergeben, wie bei der Nichtverdoppelung von ch, sch. Damit meine ich folgendes: Nach Paragraph 22 zählen die durch den Digraphen ch wiedergegebenen Laute /ç/ und /x/ zu den einfachen Konsonanten [im Unterschied zu Konsonantenverbindungen]. Nach Paragraph 2 werden einzelne Konsonanten nach kurzem betontem Vokal verdoppelt folglich müßten auch ch und sch verdoppelt werden: *lachchen, *waschschen. Das Sternchen weist bereits darauf hin, daß es diese Schreibungen nicht gibt. [Das amtliche Regelwerk ignoriert dieses Problem bzw. beseitigt es nur indirekt, indem es in § 2 von der zusätzlichen Voraussetzung für die Verdoppelung ausgeht, daß der fragliche Konsonant mit nur einem Buchstaben geschrieben wird.] Deshalb wird auch nicht *lach-chen, *wasch-schen getrennt, obwohl dies der Zerlegung nach Sprechsilben entspricht.)
1.) Ich will folgenden Zusammenhang nochmal ganz sauber darstellen: Erst kommt die normale, ungetrennte Schreibung des Wortes, dann kommt die Trennung. Beides handelt von der Art, wie das Wort geschrieben wird. Unabhängig von normaler oder getrennter Schreibung kann man anhand des gesprochenen Wortes feststellen, wo sich eine Silbenfuge befindet, und daraus ergibt sich die Zerlegung des Wortes nach Sprechsilben. Dies betrifft also die Art, wie das Wort ausgesprochen wird. Wie diese beiden Dinge die getrennte Schreibung des Wortes und die Zerlegung nach Sprechsilben zusammenpassen, wird von Paragraph 107 geregelt: »Geschriebene Wörter trennt man am Zeilenende so, wie sie sich bei langsamem Sprechen in Silben zerlegen lassen.« Also: Unabhängig davon, wie man ein Wort schreibt, orientiert man sich bei der Trennung an den Sprechsilben. Stellen Sie bei Lacke, Lache und Lasche fest, daß das Silbenende auf das "a-" fällt?
2.) Unabhängig von der Trennung kann in manchen Fällen (eines zusammengeschriebenen Wortes) bei einer Silbenfuge, die auf einen einzelnen Konsonanten fällt, durch die Schreibung verdeutlicht sein, ob der Konsonant nur zu einer der (Palast) oder zu beiden (Pallas) angrenzenden Silben gehört; im letzteren Fall bildet er ein Silbengelenk. Aus Ihrer Beschreibung geht hervor, daß die Zugehörigkeit des /k/ zu beiden Silben durch "ck" angezeigt wird, daß aber dagegen die zur einer entsprechenden Kennzeichnung der Silbengelenkfunktion erforderliche Verdoppelung bei "ch" und "sch" unterbleibt. Insofern ist "ck" bei der Repräsentation des Silbengelenkes unproblematisch, "ch" und "sch" sind es nicht. Weil die (schriftliche) Trennung an der (gesprochenen) Silbenfuge stattfindet, ist daher auch die Trennung bei "ck" anders als bei "ch" und "sch": "ck" erlaubt es, den Verschlußlaut am Ende der ersten Silbe durch die Auflösung zu "k-k" anzuzeigen. Insofern ist "ck" auch bei der Trennung unproblematisch: (schriftliche) Trennstelle und (gesprochene) Silbenfuge stimmen überein. Bei "ch" und "sch" wird ihre Silbengelenkfunktion schon in der normalen Schreibung nicht repräsentiert, daher ergibt sich als Ausnahme eine problematische Trennung, bei der Trennstelle und Silbenfuge nicht übereinstimmen.
3.) Der Vorschlag, in Analogie zur Trennung von Lache und Lasche auch bei Lacke nach dem "a" zu trennen, läuft meines Erachtens auf folgendes Prinzip hinaus: Wir haben schon diese und jene Problemfälle, da macht es ja nichts, wenn es noch einen mehr davon gibt. Ich bezweifle, daß man zu einer Verbesserung kommt, wenn man sich an Dingen orientiert, von denen man weiß, daß sie Problemfälle darstellen. Es geht hier um die Rechtschreibreform, und Reform bedeutet Verbesserung des Bestehenden. Der genannte Vorschlag führt zu einer Verschlechterung, kann also nicht Teil einer (echten) Rechtschreibreform sein.
4.) Die Frage wäre das so schlimm? ist in dem hiesigen Zusammenhang eine ungeeignete Herangehensweise: Eine Entscheidung für eine einzelne Sache allein anhand dessen, daß nichts (oder nur sehr wenig) gegen dieselbe spricht, ist unbegründet: Das Fehlen eines Argumentes gegen etwas ist nie ein Argument für etwas. Wenn man aber in einer Situation steht, in der es gilt, zwischen mehreren, klar umrissenen Möglichkeiten auszuwählen, dann kann man (u. a.) nach dem Prinzip vorgehen, das zu bevorzugen, was bei ähnlichen Vorteilen am wengsten Nachteile mit sich bringt.
Fazit (Ende der knallharten Sachlichkeit): Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, die Nichttrennung von "ck" ist schlecht.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 10.06.2003 um 08.27
Nein, Herr Schäbler, es ist kein Deckname. Mein Name kommt allerdings sehr häufig vor.
Ich weiß Sachlichkeit zu schätzen und bemühe mich auch selbst darum. Einige Seitenhiebe sind zwar auch mir unterlaufen, aber ich war nie der Angreifer.
Solche Ausdrücke wie die von Ihnen überspitzt dargestellten habe ich nicht gebraucht. Ich hatte nur bei einigen Ihrer Beiträge den Eindruck, dass Sie auf dem Gebiet der Phonetik nicht ganz zuhause sind.
Vom Silbengelenk versteht Herr Wagner mehr als ich; zu meinen Beispielen mag er sich äußern. Mir ist nicht einmal klar, ob es sich bei Ihrem letzten Satz nur der Form oder auch dem Inhalt nach um eins Ihrer Späßchen handelt.
eingetragen von Norbert Schäbler am 09.06.2003 um 22.18
Lieber Herr Schubert!
Zunächst ist es eine unbewiesene Behauptung, daß ich unterstelle, daß Sie hier unter einem Decknamen operieren. Meine Unterstellung ist keine Lüge. Unterstellungen können richtiggestellt werden.
Eine bewußte Lüge wäre es allerdings, wenn Sie meiner Unterstellung entgegnen würden, obwohl sie richtig ist.
Vermutlich werden Sie mir - wie so oft - nicht antworten. Diesmal, um sich nicht einer Lüge bezichtigen zu müssen.
Zu Ihrer Argumentation: Ich stelle immer wieder fest, daß Sie neben gezielter Sachlichkeit und kausaler Abwicklung Ihrer Gedanken emotionale Gesichtspunkte einbauen - sich aber gleichwohl gegen unredliche Argumentation verwehren.
Mit dieser Hüh-Hott-Technik komme ich nicht ganz zurecht.
In einigen Fällen habe ich mir zuletzt den Spaß erlaubt, Ihre Argumentationskette mit anderen Wörtern und Begriffen zu füllen. Meine Argumentationskette war genauso schlüssig wie die Ihre.
Jedoch erfolgte von Ihrer Seite lediglich die anonyme Rückmeldung, daß auf dieser Internetseite auch Leute mitdiskutierten - die etwas überspitzt formuliert: - fachlich unterbelichtet seien und außer Polemik nichts verbreiten könnten.
Ihr zurückliegender Beitrag - eine Entgegnung auf Herrn Wagners Erörterung - handelt u.a. vom "Silbengelenk".
Sind Sie sicher, daß es sich bei Ihren Wortbeispielen um Silbengelenkigkeit handelt?
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 09.06.2003 um 15.54
Herr Wagner, um mit dem Schluss anzufangen: Die 9,90 € werde ich nicht für das nicht mehr aktuelle Büchlein ausgeben. Für das gesparte Geld kaufe ich mir lieber etwas Nettes.
Zu den Beispielen aus der SZ: In Zeitungen werden Zeilen manchmal extrem kurz, wenn der Layouter zwischen die Spalten auch noch Bilder einbaut. Dann werden Katastrophen-Trennungen nötig. Wenn das nicht der Fall ist, die Zeilen also normal lang sind, kann man "Schönheits-dickicht" und "Käfer-rücken" trennen. Wer bei der Trennung "De-ckel" eine Lese-Erschwernis sieht und dann bei dem Wort Leseer- schwernis keinen Bindestrich setzt, versteht sowieso nicht viel von Lese-Erschwernissen.
In § 109 werden ch, sch, ph, rh, sh oder th als Beispiele aufgeführt. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend. Es gibt in anderen Sprachen noch weitere Buchstabenverbindungen, die nur für einen Konsonanten stehen und die der Profi im deutschen Text daher nicht trennt. Wenn der Paragraf mitteilt "Dasselbe gilt für ck" drückt er sich juristisch exakt aus, nämlich dass ck nicht gleich ist mit den aufgeführten Beispielen, aber analog zu behandeln ist.
Aber vergleichen Sie einmal "die Lacke", "die Lache" und "die Lasche". Alle drei wären Beispiele des Silbengelenks, wenn Sie diese Theorie in den letzten Tagen nicht aufgegeben hätten. Bei den "Lacken" findet eine geschriebene Konsonantenverdopplung statt, wobei nur statt des kk aus ästhetischen Gründen ein ck gesetzt wird. Bei den Lachen und den Laschen gibt es keine Konsonanten-Verdopplung, weil wir für die ch-Laute und den sch-Laut leider keinen Buchstaben haben (dies, weil die Lateiner diese Laute nicht hatten). Aber wenn man in allen drei Fällen nach dem a- trennt, wäre das so schlimm?
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.06.2003 um 14.17
Zitat:Bei manchen Teilen der Neuregelung gibt es zwar den Ausweg, von Liberalisierungen keinen Gebrauch zu machen; so etwa bei der Kommasetzung. Da die Nichttrennung von "ck" jedoch eine strenge Regel ist, hat man, wenn man in die Verlegenheit kommt, ein Wort dort zu trennen (s. z. B. unter Süddeutsche Zeitung: "Schönheitsdi-ckicht", "Käferrü-cken"), kaum eine andere Wahl, als es unprofessionell zu machen. Der Computer hat erst recht keine Wahl, es sei denn, man hat die neue Rechtschreibung ausgeschaltet (vgl. hier für MS Word; unter LATEX verwende man "german.sty").
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Wir können unsere Diskussion gern noch fortführen, aber nicht mehr über die ck-Frage. Wer hier ein fundamentales Problem sieht, hat vermutlich auch sonst Schwierigkeiten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Die Rechtschreibreform hat die Trennungsregeln unnötigerweise liberalisiert und einige Trennungen erlaubt, die ein Profi einfach nicht macht. Wer solche Trennungen kritisiert, braucht sie ja nur zu unterlassen. Das gilt auch beim ck.
Herr Schubert, wenn Ihnen solche wichtigen Details entgehen, wundert es mich nicht, daß Sie meine Beiträge als »etwas belehrend« empfinden, wenn ich korrigierend darauf hinweise. Es geht mir aber gar nicht darum, jemanden zu belehren, sondern es geht mir um Genauigkeit in der Sache. Das ist umso wichtiger, als wir hier eine (mehr oder weniger) öffentliche Diskussion führen. Deshalb verwende ich auch in meinen Beiträgen gern Verweise (Hyperlinks); einfach, damit man selber nachlesen kann (wenn man das möchte), worauf ich mich beziehe.
Das fundamentale Problem der Nichttrennung von "ck" ist, daß sie einen einen inneren Widerspruch des neuen Regelwerkes darstellt. Auch auf die Gefahr hin, daß ich mich wiederhole: Die Nichttrennung von "ck" nach § 109 widerspricht der Trennung nach Sprechsilben, § 107. "ck" ist keine Buchstabenverbindung, die wie ch und sch für einen Konsonanten steht (vgl. die Laut-Buchstaben-Zuordnung, § 22; bzw. wie ph, rh, sh und th, bei denen das in manchen Fällen so ist), sondern es ist nach §§ 2, 3 eine Ersatzschreibung für "kk". »Dasselbe gilt für "ck"« ist damit ein Widerspruch innerhalb von § 109.
Weil und solange "ck" eine Ersatzschreibung für "kk" ist, ist eine besondere Regelung für seine Trennung erforderlich. Die jetzige Lösung ist aber nicht nur die schlechtere (im Vergleich zu der vor der Reform zu diesem Fazit gelangt man übrigens auch anhand des 'ck'-Aufsatzes von Herrn Munske, wenn man die logischen Fehler und argumentativen Irrtümer korrigiert), sie ist auch auf fehlerhafte (und deshalb auch irreführende) Weise im Regelwerk verankert.
Zitat:Die Silbentrennungsregeln sind meines Erachtens von unveränderter Wichtigkeit, denn dem Leser ist es letztlich egal, wie der Text aufs Papier gekommen ist letztlich kommt es darauf an, daß der Text gut lesbar ist und z. B. keine »häßlichen Trennungen« enthält. Die Nichttrennung von "ck" ist eine solche, die Lesbarkeit beeinträchtigende, und damit verstößt sie gegen das Wichtigste an der Rechtschreibung: ihren Sinn. Herr Ickler hat letzteren so formuliert:
P. Schubert:
Die Silbentrennungsregeln sind heute nicht mehr so wichtig wie zur Zeit des Typensatzes und der mechanischen Schreibmaschine. Wer mit der Hand schreibt, kann am Zeilenende etwas strecken oder schrumpfen, um hässliche Trennungen zu vermeiden. Beim Computer-Schreiben setzt der Computer selbst die Zwischenräume.Das Rechtschreiben hat denselben Zweck wie das Schreiben überhaupt. Wir schreiben, um dem Leser einen Inhalt mitzuteilen. [...](Wobei noch anzumerken bleibt, daß der Preis dieses Büchleins jetzt 9,90 € beträgt.)
Die Orientierung an den Bedürfnissen des Lesers ist der Schlüssel zum Verständnis der Rechtschreibung und zur Beurteilung der Rechtschreibreform.
(Th. Ickler, Die sogenannte Rechtschreibreform. Ein Schildbürgerstreich. 2. Aufl. 1997, S. 29)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 09.06.2003 um 08.45
Herr Wagner, Ihre gestrige Zuschrift an Tricia hat mir besser gefallen als die an mich, obwohl beide etwas belehrend ausgefallen sind und einige unangebrachte Ausrufezeichen enthalten.
Wir können unsere Diskussion gern noch fortführen, aber nicht mehr über die ck-Frage. Wer hier ein fundamentales Problem sieht, hat vermutlich auch sonst Schwierigkeiten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Die Silbentrennungsregeln sind heute nicht mehr so wichtig wie zur Zeit des Typensatzes und der mechanischen Schreibmaschine. Wer mit der Hand schreibt, kann am Zeilenende etwas strecken oder schrumpfen, um hässliche Trennungen zu vermeiden. Beim Computer-Schreiben setzt der Computer selbst die Zwischenräume. In diesem Forum kann man gar nicht trennen, und trotzdem schafft es die Technik, halbwegs gleich lange Zeilen zu bilden (außer bei Margel, der zwischendurch immer mal wieder auf die Enter-Taste haut).
Die Rechtschreibreform hat die Trennungsregeln unnötigerweise liberalisiert und einige Trennungen erlaubt, die ein Profi einfach nicht macht. Wer solche Trennungen kritisiert, braucht sie ja nur zu unterlassen. Das gilt auch beim ck.
Um die Frage in der Überschrift zu beantworten: Zucker bitte.
eingetragen von Theo Grunden am 08.06.2003 um 20.21
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Sigmar Salzburg, als Teil einer Aussage von Frau Exministerin Behler
So wenig wie man über Erkenntnisse von Wissenschaft eine Volksabstimmung herbeiführen kann, so wenig kann man, meines Erachtens, in Volksabstimmungen darüber entscheiden, ob Thron mit th oder nur mit t geschrieben werden soll.
Frau Gabriele Behler hat als damalige Propagatorin der Selbstständigen Schule natürlich keine Gelegenheit ausgelassen, über dieses Projekt sowie über „Selbstständigkeit“ in anderen Beziehungen zu reden. Im Protokoll der 66. Plenarsitzung des NRW-Landtags am 02.07.2002 kommt in ihrer Rede dreimal das Wort „Selbstständigkeit“ vor, zweimal der Begriff „Selbstständige Schule“. Sie selbst hatte aber (meine Videoaufzeichnung beweist’s) immer „Selbständigkeit“ bzw. „Selbständige Schule“ gesagt.
Darüber könnte man ja noch hinwegsehen, denn das kann verschiedene, mehr oder weniger entschuldbare Ursachen haben (z. B. daß sie in ihren Manuskripten selbst ständig „selbständig“ schreibt, oder daß sie zwar „selbstständig“ schreibt, aber ihre eigene Schrift nicht lesen bzw. das Wort so nicht aussprechen kann, oder daß der Protokollant fünfmal nicht genau zugehört hat, oder ...)
Aber darüber, daß Frau Ministerin (=Dienerin!) Behler dem mündigen Bürger nicht einmal soviel Selb(st)ständigkeit zutraute/zubilligte, zu entscheiden, ob er diese Rechtschreibreform so wünschte oder nicht, kann man nur den Kopf schütteln. Man würde ihn freilich noch öfter und heftiger schütteln, wenn man ihn nicht auch noch für andere Zwecke benötigte. Entschuldigen kann man so etwas nicht, nicht einmal verstehen. Und darum, „ob Thron mit th oder nur mit t geschrieben werden soll“, wie sie es – dem einfachen Leser der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung entgegenkommend – vereinfacht darzulegen versuchte, ging’s ja gar nicht; darüber hatten doch die Kultusminister schon selbst und vorher entschieden – und zwar genau entgegengesetzt „den ursprünglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen“ der wissenschaftlichen Kommission.
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.06.2003 um 18.48
Zitat:Bitte! Und danke für Ihre Würdigung meiner Bemühungen! Es wäre schön, wenn wir unsere Diskussion noch eine Weile fortführen. Also:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Sehr geehrter Herr Wagner, nachdem hier neulich Blümchen verteilt worden sind, möchte ich mich dem auch anschließen: Ihnen, Herr Wagner, und nur ganz wenigen anderen gelingt es hier, Ihre Meinung gegenüber anders Denkenden ohne persönliche Angriffe oder Sticheleien vorzubringen, also sachlich zu bleiben. Danke.
Zitat:Aber lieber Herr Schubert, genau dieser kleine Dissens ist doch der Grund, weshalb ich die auf die Problematik der Nichttrennung von "ck" hingewiesen habe! Haben Sie zufällig die Diskussion in diesem Forum schon eine Zeitlang verfolgt, so daß Ihnen meine Beispiele geläufig sind, mit denen ich Frau Menges klarzumachen versucht habe, warum die Nichttrennung von "ck" nicht hinnehmbar ist? Falls ja, kann ich es mir (und Ihnen) ersparen, noch einmal so kleinteilig darauf herumzureiten. Letztlich entscheidet sich aber Sinn oder Unsinn der "ck"-Trennung auf der kleinteiligen Ebene, daher will ich nicht zuviel versprechen.
Auf Ihren Beitrag "Nebenbei" vom 5. Juni hatte ich nicht mehr reagiert, weil nur geringe Meinungsverschiedenheiten geblieben waren. Unterschiede blieben nur bei den Doppelkonsonanten (Kelle, Tasse, Löffel usw.). Sie meinen, Doppelkonsonanten werden geschrieben, weil sie ein Silbengelenk darstellen, ich meine, sie werden geschrieben, um die Kürze des vorangehenden Vokals anzugeben. Beide Meinungen schließen sich nicht aus, vielleicht haben wir sogar beide recht (oder Recht, ich habe jetzt keine Lust nachzuschlagen; vor der RSR hätte ich auch nachschlagen müssen). Die Meinungsverschiedenheit wirkt sich auch nicht auf die Schreibweise oder Trennung von Kelle, Tasse, Löffel usw. aus. Nur beim ck führt sie dazu, dass Sie eine Trennung zwischen beiden Konsonanten für besser halten, ich eine Trennung vor dem ck. Wegen dieses kleinen Dissenses lohnte es sich nicht, noch einmal zu schreiben.
Aber der Reihe nach. Sie behaupten:Unterschiede blieben nur bei den Doppelkonsonanten (Kelle, Tasse, Löffel usw.). Sie meinen, Doppelkonsonanten werden geschrieben, weil sie ein Silbengelenk darstellen, ich meine, sie werden geschrieben, um die Kürze des vorangehenden Vokals anzugeben.Das Wort Silbengelenk habe ich schon längere Zeit nicht mehr benutzt; wie kommen Sie darauf, ich hätte in meinem Beitrag »Nebenbei« diese Ansicht vertreten? Ich hatte vielmehr auf Paragraph 2 der Neuregelung hingewiesen, der sich auf das Anzeigen von Kürze und Betontheit (!) eines vorangehenden Vokals durch Buchstabenverdoppelung bei einem einzelnen Konsonanten bezieht. Aus Ihrer eigenen Beschreibung (von vor drei Tagen) ging bereits hervor, daß diese Buchstabenverdoppelung mit der Silbengelenkfunktion einhergeht:[...] die Worttrennung geschieht zwischen dem Doppelkonsonanten.Jetzt kann man einen Streit um der Kaisers Bart beginnen, was nun das Primäre bei der Konsonantenbuchstabenverdoppelung sei: Kürze und Betontheit (modulo Ausnahmen [§ 4]; bei unbetonten wird nicht bzw. nur in Ausnahmefällen [§ 5] verdoppelt) des vorangehenden Vokals oder die Stellung des Konsonanten selbst. Nun, Sie sagen weiter:Beide Meinungen schließen sich nicht aus, vielleicht haben wir sogar beide recht (oder Recht, ich habe jetzt keine Lust nachzuschlagen; vor der RSR hätte ich auch nachschlagen müssen).Ja, vermutlich. (Die Frage nach recht oder Recht soll uns ein andermal beschäftigen; aber sie wird es vermutlich bald tun.)
Zitat:Ich bin mir nicht sicher, ob ich richtig vestanden habe, was Sie mit »Wenn man schon dabei bleibt, statt des Doppel-k ein ck zu schreiben« meinen, und was dieses bleiben mit dem bleiben bei »ein c bleiben« zu tun hat. Das scheint mir auf eine sophistische Argumentation hinauszulaufen.
Nachdem jetzt aber Sie noch einmal die Frage aufwerfen, was ich mit sachgerechter Trennung vor dem ck meine, antworte ich, dass ich es für besser halte, bei einer Worttrennung nicht die Buchstaben zu verändern. Wenn man schon dabei bleibt, statt des Doppel-k ein ck zu schreiben, dann soll das c auch bei der Worttrennung ein c bleiben.
Der Punkt ist außerdem, daß ich gar nicht danach gefragt habe, was Sie mit sachgerechter Trennung von "ck" meinen, sondern ich hatte 1.) ganz allgemein gefragt, was Sie unter sachgerecht verstehen, und 2.) anhand welcher konkreten Kriterien für die Beurteilung der Sachgerechtheit Sie zu Ihrem Urteil bezüglich der "ck"-Trennung gekommen sind. Die grundlegende Frage lautet also: Was bedeutet sachgerecht in bezug auf die Worttrennung?
Auch auf die Gefahr hin, daß Sie folgendes für eine meiner gefürchteten Vorführfragen halten (und hier ist es auch eine): Was ist denn das allgemeine Prinzip einer Trennung, woran orientiert man sich im Normalfall, wo die Trennstelle(n) eines Wortes liegt (liegen)? Meines Erachtens ist eine Trennung sachgerecht, wenn sie diesem allgemeinen Prinzip folgt. Tut sie das nicht, muß es sich um eine wohlbegründete Ausnahme handeln.
(So eine Ausnahme kann sich etwa als Konsequenz einer anderen Ausnahme ergeben, wie bei der Nichtverdoppelung von ch, sch. Damit meine ich folgendes: Nach Paragraph 22 zählen die durch den Digraphen ch wiedergegebenen Laute /ç/ und /x/ zu den einfachen Konsonanten [im Unterschied zu Konsonantenverbindungen]. Nach Paragraph 2 werden einzelne Konsonanten nach kurzem betontem Vokal verdoppelt folglich müßten auch ch und sch verdoppelt werden: *lachchen, *waschschen. Das Sternchen weist bereits darauf hin, daß es diese Schreibungen nicht gibt. [Das amtliche Regelwerk ignoriert dieses Problem bzw. beseitigt es nur indirekt, indem es in § 2 von der zusätzlichen Voraussetzung für die Verdoppelung ausgeht, daß der fragliche Konsonant mit nur einem Buchstaben geschrieben wird.] Deshalb wird auch nicht *lach-chen, *wasch-schen getrennt, obwohl dies der Zerlegung nach Sprechsilben entspricht.)
Die Nichttrennung von "ck" folgt diesem allgemeinen Prinzip nicht, und daher kann ich sie nicht als sachgerecht bezeichnen. Die von Ihnen genannte Begründung für eine Ausnahme vom allgemeinen Trennungsprinzip ist keine, sondern eine zunächst willkürliche Forderung (daß das "c" des "ck" als solches erhalten bleiben soll), deren Berechtigung gesondert zu untersuchen ist. Die Idee der Nichttrennung von "ck" geht auf H. H. Munske zurück, jedoch wimmelt sein diesbezüglicher Aufsatz nur so von logischen Fehlern und argumentativen Irrtümern. (Bei anderer Gelegenheit werde ich das gern im Detail begründen.) Zudem hat Herr Ickler wiederholt darauf hingewiesen, daß Herr Munske inzwischen von seiner Idee wieder Abstand genommen hat.
Sie sehen, lieber Herr Schubert, hinter der Nichttrennung von "ck" steckt wesentlich mehr als nur ein »kleiner Dissens« nämlich etwas, das ich einen fundamentalen Irrtum nennen möchte (siehe auch hier).
Zitat:Hier bringen Sie die Ebenen durcheinander! "Richtig" und "falsch" bedeutet doch zunächst nur, ob eine Aussage oder Behauptung der Beobachtung oder den Analyseergebnissen entspricht oder nicht, und diese Beobachtung/Analyseergebnisse kann/können sich auf irgend eine Ebene der Sprache beziehen. Wenn man nun bei der Beurteilung von Aussagen auf einer ganz speziellen Ebene Probleme bekommt, absolut über "richtig" und "falsch" zu urteilen, weil man wie in Ihrem Beispiel eine von vornherein so nicht beantwortbare Frage gestellt hat, dann bedeutet das nicht, daß es generell streitig sein muß, ob die Urteile "richtig" und "falsch" bei sprachlichen Phänomenen wissenschaftlich sind!
Auch zu Ihrem neuen Beitrag "Wissenschaftliche Nachprüfbarkeit" stelle ich fest, dass wir gar nicht so weit auseinander liegen. Kein Wort des Widerspruchs gegen Ihre Charakterisierung von gesprochener Sprache, Schrift und Rechtschreibung. Einverstanden auch damit, dass Aussagen über die Sprache wissenschaftlich nachprüfbar sind. Aber gerade da, wo es problematisch wird, bezeichnen Sie etwas als unzweifelhaft und setzen den Satz auch noch in Klammern. Auch unter Sprachwissenschaftlern ist es nämlich streitig, ob die Urteile "Richtig" und "Falsch" bei sprachlichen Phänomenen wissenschaftlich sind.
Ich bringe wieder eins meiner gefürchteten Beispiele: In Obersachsen sprechen mehr Menschen als in Niedersachsen ein langes a in dunkler Klangfarbe. Dieser Satz ist wissenschaftlich nachprüfbar. Aber die Frage, welches a, zum Beispiel in "Draht", nun "richtig" ist, ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine Frage der historischen Entwicklung, der Konvention oder auch der Festlegung im Siebs. Mit der Normierung der Rechtschreibung ist es ähnlich wie mit der Normierung der Aussprache.
Und obwohl die historische Entwicklung und die Konvention an der Normierung der Rechtschreibung einen wichtigen Anteil haben, so sind sie doch nicht allein maßgeblich; die Ähnlichkeit, die Sie hier ansprechen, ist rein äußerlich. Hinter der Rechtschreibung steht dagegen die grammatische Struktur der Sprache (habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie mir darin zustimmen?)! Das ist eine ganz andere Ebene als die der lokalen Aussprachevarianten.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.06.2003 um 10.42
„Wir können auch anders Denkende von der Qualität der Rechtschreibreform überzeugen!"
Mutmaßliches Zitat eines ungenannten Kieler Parlamentariers am 17. September 1999 bei der Stimmabgabe für die Aufhebung des Volksentscheids.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von margel am 08.06.2003 um 09.56
Hallo, Herr Schubert, schöne Pfingsten und eine Extra- Portion vom Heiligen Geist für Sie!
Mal eine Frage: Glauben auch Sie, daß anders Denkende
dasselbe sind wie Andersdenkende ?
eingetragen von Peter Schubert am 08.06.2003 um 08.56
Sehr geehrter Herr Wagner, nachdem hier neulich Blümchen verteilt worden sind, möchte ich mich dem auch anschließen: Ihnen, Herr Wagner, und nur ganz wenigen anderen gelingt es hier, Ihre Meinung gegenüber anders Denkenden ohne persönliche Angriffe oder Sticheleien vorzubringen, also sachlich zu bleiben. Danke.
Auf Ihren Beitrag "Nebenbei" vom 5. Juni hatte ich nicht mehr reagiert, weil nur geringe Meinungsverschiedenheiten geblieben waren. Unterschiede blieben nur bei den Doppelkonsonanten (Kelle, Tasse, Löffel usw.). Sie meinen, Doppelkonsonanten werden geschrieben, weil sie ein Silbengelenk darstellen, ich meine, sie werden geschrieben, um die Kürze des vorangehenden Vokals anzugeben. Beide Meinungen schließen sich nicht aus, vielleicht haben wir sogar beide recht (oder Recht, ich habe jetzt keine Lust nachzuschlagen; vor der RSR hätte ich auch nachschlagen müssen). Die Meinungsverschiedenheit wirkt sich auch nicht auf die Schreibweise oder Trennung von Kelle, Tasse, Löffel usw. aus. Nur beim ck führt sie dazu, dass Sie eine Trennung zwischen beiden Konsonanten für besser halten, ich eine Trennung vor dem ck. Wegen dieses kleinen Dissenses lohnte es sich nicht, noch einmal zu schreiben.
Nachdem jetzt aber Sie noch einmal die Frage aufwerfen, was ich mit sachgerechter Trennung vor dem ck meine, antworte ich, dass ich es für besser halte, bei einer Worttrennung nicht die Buchstaben zu verändern. Wenn man schon dabei bleibt, statt des Doppel-k ein ck zu schreiben, dann soll das c auch bei der Worttrennung ein c bleiben.
Auch zu Ihrem neuen Beitrag "Wissenschaftliche Nachprüfbarkeit" stelle ich fest, dass wir gar nicht so weit auseinander liegen. Kein Wort des Widerspruchs gegen Ihre Charakterisierung von gesprochener Sprache, Schrift und Rechtschreibung. Einverstanden auch damit, dass Aussagen über die Sprache wissenschaftlich nachprüfbar sind. Aber gerade da, wo es problematisch wird, bezeichnen Sie etwas als unzweifelhaft und setzen den Satz auch noch in Klammern. Auch unter Sprachwissenschaftlern ist es nämlich streitig, ob die Urteile "Richtig" und "Falsch" bei sprachlichen Phänomenen wissenschaftlich sind.
Ich bringe wieder eins meiner gefürchteten Beispiele: In Obersachsen sprechen mehr Menschen als in Niedersachsen ein langes a in dunkler Klangfarbe. Dieser Satz ist wissenschaftlich nachprüfbar. Aber die Frage, welches a, zum Beispiel in "Draht", nun "richtig" ist, ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine Frage der historischen Entwicklung, der Konvention oder auch der Festlegung im Siebs. Mit der Normierung der Rechtschreibung ist es ähnlich wie mit der Normierung der Aussprache.
eingetragen von J.-M. Wagner am 07.06.2003 um 20.32
Zitat:Wie Sie sehen, sehr geehrter Herr Schubert, ist das Thema keinesfalls langweilig. Im Gegenteil, es ist gerade dabei, etwas auszuufern, und daher möchte ich versuchen, nach und nach zum Kern zurückzukehren (was aber niemanden davon abhalten soll, seine Gedanken weiterzuverfolgen).
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Auf die Gefahr hin, andere Diskussionsteilnehmer zu langweilen, möchte ich noch einmal auf Herrn Wagners Frage nach sachlich Falschem eingehen. Sie, Herr Wagner, fragen: Enthält die neue Rechtschreibung semantisch oder grammatisch Falsches oder nicht? Wir haben uns ja schon geoutet: Sie als jemand, der die Reform für missglückt hält, ich als jemand, der manches an der Reform gut findet, anderes nicht gut findet, aber so, dass ich damit leben kann. Ihre Frage ist nur der Form nach eine Frage, im Kern ist es die Behauptung, die Reform enthalte semantisch und grammatisch Falsches. Und wer diese Behauptung aufstellt, muss sie begründen, also Sie, nicht ich.
Sie haben hier zum einen geschrieben:Sie, Herr Wagner, fragen: Enthält die neue Rechtschreibung semantisch oder grammatisch Falsches oder nicht?Zum anderen stellen Sie fest:Ihre Frage ist nur der Form nach eine Frage, im Kern ist es die Behauptung, die Reform enthalte semantisch und grammatisch Falsches.Das paßt nicht ganz zusammen, nicht wahr? Ich schlage vor, wir beschäftigen uns mit ersterem und schauen konkret nach, ob die neue Rechtschreibung semantisch oder grammatisch Falsches enthält. Dazu nun wiederum Sie:
Zu "falsch" und "richtig": Die Gesetze der sprachlichen Richtigkeit sind andere als die Naturgesetze. Ich erkläre gern durch Beispiele und nehme es hin, dass jetzt aus irgendeiner Ecke wieder der Hinweis kommt, dass alle Vergleiche oder jedenfalls meine Vergleiche hinken.Ich denke, im Kern sollte es zunächst darum gehen, daß wir uns einig werden, was wir unter »sprachlicher Richtigkeit« und dem Kriterium »semantisch oder grammatisch falsch« verstehen; Vergleiche mit den Naturwissenschaften sind nur insoweit sinnvoll, wie sie darin weiterhelfen. (Daß es überhaupt so etwas wie »sprachliche Richtigkeit« und das Kriterium »semantisch oder grammatisch falsch« gibt, ist unzweifelhaft oder melden Sie da bereits Bedenken an?)P. Schubert:Auch Aussagen über die Sprache sind wissenschaftlich nachprüfbar, und auch an diesen Prüfungsergebnissen ist zumindest in der Sache durch irgendwelche Beschlüsse irgendwelcher Gremien nichts zu beschönigen oder zu verdrehen.
Also: Die Behauptungen, die Erde sei eine Scheibe oder die Zahl Pi sei größer als 3,2, sind wissenschaftlich nachprüfbar. Wenn sie falsch sind, können sie durch keinen Parlamentsbeschluss und auch nicht durch die UNO-Hauptversammlung richtig werden.
Allerdings kann so ein Gremium zu einem recht seltsamen Entschluß kommen, wie es auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagieren und welche Konsequenzen es (wenn überhaupt) daraus ziehen will ganz generell gesprochen. (Beispiel: Die klugen Köpfe in den Industrieländern haben doch erkannt, wo die Menschheit dabei ist, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln, aber was passiert? Tendenziell wird weitergemacht wie bisher.)
Was will ich damit sagen? Dies: Man sollte sich nicht wundern, wenn trotz bestehender wissenschaftlicher Erkenntnisse Fehler gemacht werden, und zwar auf allen Ebenen auch in der Wissenschaft selbst. Wissenschaftler sind nicht unfehlbar.
P. Schubert:Richtig! Die Rechtschreibung an sich ist nichts als eine beeindruckende, sehr umfangreiche Sammlung von Konventionen, die sich über einen langen Zeitraum herausgebildet haben. Interessant und wichtig ist dabei, wie das geschehen ist und woran sich die Entwicklung und damit auch die Regeln selber orientiert haben bzw. orientieren. Das ist zudem der Aspekt, an dem sich entscheidet, wie es um die wissenschaftliche Nachprüfbarkeit (meine vorhergehende Behauptung) bei menschlichen Konventionen (Ihre Aussage, der ich zugestimmt habe) bestellt ist.
Die Behauptungen, "Leid" sei großzuschreiben und "Bäcker" sei vor oder nach oder zwischen dem ck oder gar nicht zu trennen, betreffen dagegen keine Naturgesetze, sondern menschliche Konvention.
Fundamental orientiert sich die Rechtschreibung an der gesprochenen Sprache. Zu dieser gehören die Wörter mit ihren Bedeutungen (und Konnotationen) und die Grammatik. Außerdem tragen Satzmelodie, Tonfall, Betonungen, Dehnungen, Pausen, Mimik, Gestik etc. zur Kommunikation bei. Was versucht nun die Schrift? Sie ist dazu da, daß diese sprachliche Kommunikation mittels eines ich beschreibe es jetzt einfach mal auf diese ungewöhnliche Art nonverbalen, nicht gestikulierfähigen Mediums geführt werden kann. Geht das überhaupt? Offenbar ja. Warum?
Ich denke, daß das daran liegt, daß in der Schrift nur in begrenztem Maße unmittelbar Lautfolgen sybolisiert werden. Vielmehr bildet die Schrift das Satz- und Wortgefüge der Sprache ab, wozu die Satzzeichen und die Wortzwischenräume dienen. Gerade die Analyse der Verwendung der letzteren zeigt, daß dabei die Syntax, die Grammatik und die Semantik (wobei mir klar ist, daß sich diese nicht scharf gegeneinander abgrenzen lassen) entscheidend sind.
Das ist der Punkt, von dem ich behaupte, daß Aussagen über die Sprache wissenschaftlich nachprüfbar sind: Es geht darum, daß die Struktur der (gesprochenen) Sprache untersucht wird. Selbst wenn man einwendet, daß die Sprache selbst letztlich auch menschliche Konvention ist, so kann man sie trotzdem auf wissenschaftliche Weise untersuchen und zu nachprüfbaren Erkenntnissen kommen.
Konkret: Folgendes habe ich nachzuprüfen vesucht, bin aber zu einem anderen Ergebnis gekommen:P. Schubert:Was meinen Sie hier mit »ist sachgerecht«: Was verstehen Sie unter sachgerecht, und welche Kriterien sind bei Ihrem Urteil in diesem Fall maßgeblich?
Nebenbei: Dass man jetzt vor dem ck trennt, ist sachgerecht; [...]
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 07.06.2003 um 17.42
Wenn Politiker und andere Laien von "der Wissenschaft"
schwafeln, kann man immer sicher sein, daß sie von einer
Sache überhaupt nichts verstanden haben. Um Kultusminister
zu werden, muß man weder besonders gebildet, noch besonders klug sein. "Verzeihen", Herr Dräger, sollten wir, der Souverän, den Politikern gar nichts, sondern ihnen immer wieder auf die Finger klopfen, solange wir noch dürfen.-
Was für eine schöne Eigentümlichkeit des Deutschen ist doch das Du in Briefen! Die Frage, ob andere Sprachen etwas
Entsprechendes kennen, ist rein theoretisch von Interesse,
für meine eigene Praxis aber völlig unerheblich.
Das Gefasel vom diesbezüglichen "deutschen Sonderweg" kann unter der Rubrik "Höherer Blödsinn" abgelegt werden.
Prof.Ickler hat es seinerzeit ironisch zugespitzt auf den Punkt gebracht: Warum schreiben wir überhaupt deutsch, die anderen tun es doch auch nicht! Daß man mit dem "Du" vielleicht auch Wertschätzung, Zuneigung, Liebe ausdrücken
könnte, war den Reformern mit ihrem pseudo-emanzipatorischen
Fimmel fremd. Sie dachten sofort an "Ehrerbietung", also etwas sowieso höchst Anrüchiges in diesen demokratischen
Zeiten.- Ich glaube, Herrn Schubert und seinesgleichen genügt es nicht, selbst frei zu sein in ihrer Schreibweise,
sie möchten auch die anderen dazu verpflichten, weil sonst
ein Ärgernis bestehen bleibt.
eingetragen von Matthias Dräger am 07.06.2003 um 16.59
Wie eigentlich fast alle Aussagen von bedeutenden - das heißt meist nur: mächtigen - Politikern stimmt auch diese Aussage (der Kultusministerin Gabriele Behler) vorn und hinten nicht:
„Die Wissenschaft“ darf also feststellen, daß die Eltern, wenn sie ihren Kindern beibringen, das „Du“ im Brief groß zu schreiben, einen Fehler machen, auch wenn dies bisher allgemein akzeptierte Praxis war. Ebenso darf „die Wissenschaft” feststellen, daß die Bevölkerung - jetzt! - einen Fehler macht, zumindestens „nicht vorbildlich“, sondern „alt“ schreibt, wenn sie bisher geläufige Schreibweisen wie „fertigbringen“, „sogenannt“, „aufwendig“ usw. verwendet oder diese Schreibweisen gar ihren Kindern beibringt?
Die mehrfach klar geäußerte Intention unseres Volksbegehrens war nicht, per Volksentscheid die Akzeptanz von Schreibweisen zu erzwingen (die längst akzeptiert waren). Der Volksentscheid sollte einzig und allein die Gemeinschaft der Schreibenden vor mehr oder weniger willkürlichen, zumindestens mißlungenen Eingriffen der sog. „Wissenschaft“ und staatlicher Behörden in Schutz nehmen.
Man möchte eigentlich annehmen, daß man nicht Vorsitzende der Kultusministerkonferenz werden kann, wenn man zu dumm ist, so einfache Dinge zu begreifen. Man darf das Geplapper der Politiker aber nicht immer auf die Goldwaage legen. Oft wissen sie nicht, was sie tun oder gar sagen, und deshalb müssen wir ihnen verzeihen. Ob sie sich allerdings selbst verzeihen werden, wenn ihnen - später natürlich, viel später, dann wirklich: „zu spät“ - einmal bewußt werden wird, was sie wirklich angerichtet haben?
Hans Zehetmair sagte einmal in einem Spiegel-Interview 1995: „Die Leute werden uns fragen: ,Was habt ihr denn da angerichtet?`“
Ja, genau das fragen wir: Was habt ihr da angerichtet?
Wenn hier jemand zu spät kommt, dann seid IHR das!
eingetragen von J.-M. Wagner am 07.06.2003 um 16.13
Die Frage, ob es an der neuen Rechtschreibung nicht auch etwas Gutes gibt, ist völlig berechtigt, und eine positive Antwort darauf sollte nicht überraschen (»Selbst ein blinder Mann findet mal ein Huhn.« [Tevje in Anatevka]). Sogar Herr Ickler hat festgestellt, daß etwa die Schreibung stattdessen sinnvoll ist. Ist er deshalb ein (Teil-)Befürworter der Reformschreibung? Wortwörtlich genommen, ja; sieht man aber aufs Ganze, so ist klar, daß er die Reform ablehnt, und zwar komplett (zumindest habe ich es so verstanden).
Ich habe mich hauptsächlich mit den Aspekten der Neuschreibung beschäftigt, die zumindest problematisch, wenn nicht gar vollkommen mißglückt sind. In einem meiner letzten Beiträge habe ich mich positiv über die Trennbarkeit von "st" geäußert. Dazu stehe ich auch wenngleich ich sofort anmerken will, daß dies das Ergebnis einer Abwägung ist; es ist mir klar, daß die s-t-Trennung nicht unproblematisch ist.
Einen Trend kann man aber daraus bei mir nicht ablesen, man kann nur nachvollziehen, womit ich mich jeweils beschäftige. Es kann durchaus sein, daß ich noch mehr Positives an der Reformschreibung entdecke; mal sehen, was ich bei Herrn Gallmann in der Orthographievorlesung noch alles lernen werde. Es sollte mich aber sehr wundern, könnte mich dies von meinem jetzigen Fazit abbringen: Weil die Kinder in der Schule die Reform als Komplettpaket verordnet bekommen, inklusive aller sprachlichen Fehler, lehne ich diese Reform komplett ab. Auf die paar Vorzüge zu verzichten, welche die Neuschreibung aufweist, fällt mir überhaupt nicht schwer. (Merken sollte man sie sich schon, damit man, wenn es soweit ist, nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet.)
____________
Was ich bemerkenswert finde, ist die feinsinnige Formulierung von Frau Menges:[...] finde ich es besonders bemerkenswert, dass sich m.E. jetzt drei (mit mir vier) auch sagen trauen, dass es bei der derzeit gültigen Rechtschreibung auch etwas Gutes gibt.Liebe Frau Menges, da trauen Sie sich ja was, wenn Sie an der Neuschreibung »auch etwas Gutes« finden! (Wieso auch?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.06.2003 um 05.33
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
... reklamierten (Teil-)Befürworter der Reformschreibung namhaft, damit ich mich zurechtfinde.
Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis und merke mir alles, was hier diskutiert wird, aber vorzählen lassen sich diese Diskutanten nicht. Sie haben Details geschildert, die sie gut finden ( z.B.: Bindestrich, Trennung von st, reduzierte Kommasetzung). Sehr feinfühlig merke ich mir alle diese Details, um eine Trendvermeldung zu erspüren.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.06.2003 um 17.50
In der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung sagte am 25. September 1998 die damalige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz und kürzlich abgehalferte Kultusministerin von Nordrhein-Westfalen, Gabriele Behler, auf die Frage:
Was halten Sie eigentlich von Volksabstimmungen ...?
Behler: Ich habe eine Menge übrig für mehr Bürgerbeteiligung und für viel mehr Möglichkeiten, bei denen Bürgerinnen und Bürger mit entscheiden. Man muß aber jeweils genau definieren, worum es da geht. So wenig wie man über Erkenntnisse von Wissenschaft eine Volksabstimmung herbeiführen kann, so wenig kann man, meines Erachtens, in Volksabstimmungen darüber entscheiden, ob Thron mit th oder nur mit t geschrieben werden soll.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von margel am 06.06.2003 um 17.26
Liebe Frau Dr. Menges, bitte machen Sie die von Ihnen
reklamierten (Teil-)Befürworter der Reformschreibung
namhaft, damit ich mich zurechtfinde.
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.06.2003 um 16.05
Zitat:Vielen Dank, lieber Herr Stiene, für das Lob und für Ihre besonders freundlichen und auch sehr direkten Worte! Ja, die Diskussion in diesem Forum ist wahrlich eine Geduldsprobe aber dabei kommt mir ein Vorteil des Diskutierens im Internet zu Hilfe: Man kann sich die Zeit lassen, die man braucht, um die spontane Ungeduld, die einen beim ersten Lesen neuer Diskussionsbeiträge gelegentlich befällt, sich legen zu lassen, und kann in Ruhe auf alle Arten von Argumenten eingehen (wenn man das möchte).
Ursprünglich eingetragen von Heinz Erich Stiene
Sehr geehrter, lieber Herr Wagner, seit längerem beeindrucken Sie mich in diesem Forum durch Ihre sensationell robuste Geduld und Ihre überlegene, uneinnehmbare Präzision. Trotzdem wage ich zu fragen: Lohnt sich die Auseinandersetzung mit jemandem, der sich darin gefällt, als Sophist zu posieren? Man könnte die Frage rhetorisch verstehen. Ich tue das nicht und zögere deshalb nicht mit der Antwort: nein.
Ihr Beitrag hat mich darauf gebracht, mich erst einmal darüber zu informieren, was denn ein Sophist bzw. was Sophismus ist. Dazu aus dem Lexikon der Philosophie:Als Sophismus bezeichnet man einen Fehlschluß, der mit Absicht erfolgt. Im Gegensatz zum Sophismus steht der Paralogismus (= unbeabsichtigter Fehlschluß).Ob sich die Auseinandersetzung mit jemandem lohnt, der sich darin gefällt, als Sophist zu posieren? Ach, wissen Sie da diese Auseinandersetzung quasi öffentlich stattfindet, hat das den Effekt, daß sich jeder selber vorführt, so gut er kann ...
Beispiel: Ein Dieb will nichts Schlechtes erwerben. Der Erwerb von etwas Gutem ist eine gute Sache. Folglich will der Dieb etwas Gutes.
Ansonsten: Zum einen freue ich mich, in Herrn Schubert einen ernstzunehmenden Gesprächspartner gefunden zu haben, der eine gegenteilige Meinung vertritt, zum anderen hat jede Diskussion ihre Höhe- und Tiefpunkte. Insgesamt bin ich einfach zu neugierig, wohin es uns gerade hier in diesem Diskussionsstrang thematisch noch verschlagen wird, um die Auseinandersetzung aufzugeben.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.06.2003 um 15.45
Sophist der,
1) im antiken Griechenland Lehrer der Allgemeinbildung, bes. der Redekunst, seit dem 5. Jh. v. Chr.; die Sophisten vertraten relativist. und skeptizist. Positionen.
2) übertragene Bedeutung: spitzfindiger Mensch.
Sophistik die, Lehre der Sophisten; abwertend: die Kunst der Scheinbeweise und -schlüsse.
Quelle: Der Brockhaus in einem Band. 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Mannheim:
Sophisten [griechisch sophistes, zu sophós >geschickt<, >klug<], ursprüngliche Bezeichnung für Weise und Gelehrte, seit dem 5./4. Jahrhundert v. Chr. Sammelbezeichnung für eine Gruppe griechischer Lehrer der Philosophie und Rhetorik, die in ihren Argumentationen die traditionellen ethischen, religiösen und politischen Anschauungen rationaler Kritik unterwarfen (Sophistik).
Quelle: Brockhaus - Die Enzyklopädie: in 24 Bänden. 20., neu bearbeitete Auflage. Leipzig, Mannheim: F.A. Brockhaus 1996-99.
Liebe Herren der Redekunst,
es lohnt durchaus, sich mit "Sophisten" auseinanderzusetzen. Da der Kreis der Diskutanten durchaus klein, aber fein ist, finde ich es besonders bemerkenswert, dass sich m.E. jetzt drei ( mit mir vier) auch sagen trauen, dass es bei der derzeit gültigen Rechtschreibung auch etwas Gutes gibt. Diesen Dreien zolle ich meine höchste Achtung!
P.S.: Meines Erachtens finden sich hier mehrere Sophisten, einschließlich derer, die sich nicht mit Sophisten auseinandersetzen wollen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 06.06.2003 um 14.54
Ich finde, Herr Wagner, den ich schätze und bewundere
als den Gescheitesten von uns allen, sollte unbedingt
weitermachen wie bisher. Manche von uns lassen sich nur
zu leicht provozieren und sind dann selbst durch
Niveauverlust gefährdet. Eine so stille, unaufdringliche
Überlegenheit, wie die Beiträge von Herrn Wagner
sie ausstrahlen, wird in diesem buntgemischten
Kreis dringend benötigt.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 06.06.2003 um 11.59
Blöde Frage?
Man kann sie jedenfalls nutzen, um einmal Herrn Schuberts Satz zu hinterfragen: "Rechtschreibregeln sind, anders als Naturgesetze, von Menschen gemacht."
Das verstehe ich so, daß die Naturgesetze vom Menschen unabhängig, von der Natur selbst oder von Gott geschaffen wurden. Nehmen wir an, das sei so (und bessere Kenntnis habe ich nicht) - wie haben wir dann von diesen Gesetzen erfahren? Hat Gott sie uns mitgeteilt oder steht das Hebelgesetz ablesbar am Firmament?
Das ist meines Wissens nicht der Fall. Die Naturgesetze sind abgeleitet aus menschlichen Beobachtungen der Natur (bzw. aus Experimenten) und spiegeln also die Fähigkeit der Menschen wider, die (vorgegebene) Natur zu erkennen. Unsere (jeweiligen) Formulierungen von Naturgesetzen unterliegen der Randbedingung menschlicher Erkenntnisfähigkeit. (Die Newtonsche Physik ist z.B. eine zwar grundsätzlich widerlegte, idealisierte Sicht der Natur, die unter bestimmten Einschränkungen aber nach wie vor sinnvoll genutzt werden kann.) Unsere Naturgesetze sind also "von Menschen gemacht", in der Bemühung, der Natur möglichst zu entsprechen.
Unsere Sprache ist ein lebendiges Gebilde beachtlicher Komplexität - und darin der Natur nicht unähnlich. Der Sprachwissenschaftler steht vor einer Aufgabe, die der des Naturwissenschaftlers ebenso ähnlich ist: Er muß der Sprache ihre Regeln quasi ablauschen und sie dann zu formulieren versuchen. (Es ist, denke ich, an sich unnötig, hier noch einmal zu betonen, daß am Beginn der Sprache kein Normungsausschuß Regeln festgelegt hat, nach denen die Sprache sich hätte entwicklen sollen oder gar müssen. Wie es für lebende Systeme offenbar typisch ist, entwickeln sich Regeln vielmehr im Zeitverlauf gemäß Erfordernis und Bedarf.)
Für die Rechtschreibregeln gilt das ganz entsprechend. Da steht auch nicht an erster Stelle der deutsche Sprachrat (z.B.) mit unbändigem Normierungswillen, sondern der Schreiber selbst, der will, daß andere möglichst problemlos lesen können, was er schreibt.
Durch die neuen deutschen Schreibregeln wird das ausgesprochen erschwert. Das wiederum erstaunt nicht. Die Autoren der "Rechtschreibreform" wollten der Sprache nicht dienen sondern sie regieren (und waren damit notwendig hoffnungslos überfordert). (Allenfalls die allerbesten Köpfe des Landes - à la Académie française - wären damit etwas besser zurechtgekommen ... aber die hätten dann hoffentlich auch erkannt, daß der ganze Ansatz verfehlt ist. Kleine Testfrage zum Schluß: Hätte Herr Augst eine Chance, in eine der französischen entsprechende deutsche Académie berufen zu werden?)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 06.06.2003 um 11.02
Sehr geehrter, lieber Herr Wagner, seit längerem beeindrucken Sie mich in diesem Forum durch Ihre sensationell robuste Geduld und Ihre überlegene, uneinnehmbare Präzision. Trotzdem wage ich zu fragen: Lohnt sich die Auseinandersetzung mit jemandem, der sich darin gefällt, als Sophist zu posieren? Man könnte die Frage rhetorisch verstehen. Ich tue das nicht und zögere deshalb nicht mit der Antwort: nein.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von margel am 06.06.2003 um 09.34
Ja, verehrter Herr Schubert, das hatten wir alles schon.
Was es mit der Orthographie als Setzung auf sich hat,
hat Prof. Ickler in der Einleitung seines "Kritischen Kommentars" klar und überzeugend dargestellt.
Auch Sie können (natürlich) keinen Schöpfer der
traditionellen(!) Rechtschreibung nennen und machen aus der
der Not eine Tugend ("bewußt nebulös").
Die Orthographie war eben bisher das Ergebnis menschlichen
Handelns, aber nicht menschlichen Planens. Es gibt da übrigens erstaunliche Parallelen zur Herausbildung der tonalen Musik, nachzulesen in dem fundamentalen Werk E. Ansermets.
Erst mit der Reform kam planmäßiges Vorgehen ins Spiel,
allerdings ein sehr mangel- ja laienhaftes. Jetzt kann man aber
auch einzelne Täter dingfest machen, und das ist vielleicht
gar nicht so schlecht.
eingetragen von Peter Schubert am 06.06.2003 um 08.09
Margel, Sie haben mich aufgefordert, den Jemand zu nennen, der Rechtschreibregeln aufstellt. Wenn ich "irgendjemand" schreibe, mich also bewusst nebulös ausdrücke, dann ist das Absicht. Irgendjemand, das kann ein einzelner Buchdrucker oder ein einzelner Grammatiker sein, vielleicht auch ein Gremium wie die Académie Française oder die Kultusministerkonferenz, vielleicht auch die Gesamtheit oder die Mehrheit der Schreibenden. Gemeint ist also: Rechtschreibregeln sind, anders als Naturgesetze, von Menschen gemacht.
eingetragen von margel am 06.06.2003 um 06.27
Es sind nicht die Genannten, die den Unfug etablieren konnten. Sie sind relativ unbedeutend und unwichtig
in der ganzen Aktion. Es ist ja auch nicht ihre
Überzeugungskraft, die der Reform (scheinbar, denn es wird
wenig bis nichts bleiben - wir werden es erleben).
zum Sieg verholfen hat.
Die eigentlich Verantwortlichen und Schuldigen sitzen
woanders. Wir alle kennen sie.
Ich frage mich allerdings auch manchmal, lieber Herr Schäbler, wie sich die Schöpfer der reformierten Schreibweisen fühlen mögen, wenn sie nun ihren Produkten
in Zeitungen und Büchern begegnen und sich stets sagen müssen, daß sie das nur der diktatorischen Anordnung der
Staatsmacht in ihrem Rücken verdanken, nicht der Kraft des
besseren Arguments. Wahrscheinlich setze ich da viel zuviel
moralische Sensibilität voraus. Besser denkt man wohl an
pubertierende Schüler, die sich eins grinsen über den Streich, der ihnen da gelungen ist.
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.06.2003 um 00.28
In der Schule, das ist die Anstalt, die neuerdings den gesellschaftlichen Umerziehungsprozeß in Gang bringen soll, lernte man noch vor etwa sieben Jahren:
1 „st“ im Wortinneren wird nicht getrennt. „Trenne nie „st“, denn es tut ihm weh.“ Ausnahmen von dieser Regelung waren möglich, insbesondere dann, wenn es sich um ein Fugen-s handelte, z.B. in Wörtern wie „Wohnungs-tür“ oder „Frühstücks-tee“.
2 „tz“ und „ck“ sind typisch deutsche Buchstabenverbindungen (nahezu Ligaturen/Anm. der Verfasser).
Es gibt nur wenige „undeutsche“ Wörter w.z.B. „Pizza“ oder „Stukkateur“.
2.1 Falls ein Wort mit „ck“ oder „tz“ (im Wortinneren) der Trennung anheimfällt, dann ist wie folgt zu verfahren:
2.1.1 Folgt dem „ck“ oder dem „tz“ ein Mitlaut/Konsonant, dann werden die Buchstabenkombinationen (nahezu Ligaturen/Anm. der Verfasser) nicht getrennt (z.B.: pflück-ten, trotz-ten“).
2.1.2 Folgt dem „ck“ oder dem „tz“ ein Selbstlaut/Vokal, dann zerfallen die Buchstabenkombinationen (jetzt sind es keine Ligaturen mehr/Anm. der Verfasser) in ihre Einzelbestandteile (z.B.: „pflük-ken, trot-zen“).
3 „ß“ ist eine Kopplung von „ss“ (nahezu eine Ligatur/Anm. der Verfasser)
3.1 Folgt dem als stimmlosem „Kopplungs-S“ wahrgenommenen Laut ein Mitlaut/Konsonant oder befindet sich jener Laut am Wortende, so schreibt man ihn als „ß“ („ss“ am Schluß bringt Verdruß!“).
3.2 In jedem Falle rückt das „gekoppelte S“ (die Ligatur/Anm. der Verfasser) eo ipso ans Zeilenende, und der folgende Mitlaut/Konsonant bildet den Zeilenanfang. Wenn das Wort zuende ist, ist keine Trennung mehr nötig (z.B. muß-ten, wuß-ten, Kuß).
Es ist mir unerklärlich, warum derart eindeutige und analoge Regeln geändert wurden.
Es gibt didaktisch keinen Sinn, daß man „ck“ künftighin dauerhaft als sog. Ligatur behandeln sollte (z.B. "Zu-cker", "zuck-ten"), während das „tz“ Liberalität genießt, und schließlich das „ß“ künftighin entstellt und nur noch als „ss-x“ getrennt werden dürfen soll.
Wissenschaftler, die jene Analogien und die aus der Sprachgemeinschaft heraus gewachsenen Prinzipien in Liberalität auflösen, sind für mich höchst suspekt. Denen verweigere ich meine Gefolgschaft, weil jene „Irrgläubige“ mich ausschließlich verwirren.
– geändert durch Norbert Schäbler am 06.06.2003, 22.16 –
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.06.2003 um 23.14
Ich hätte da mal `ne grundsätzliche Rechtsfrage.
Wie kann das sein, daß ein Mensch – dessen Namen erst bekannt wird durch eine offensichtliche Fehlleistung – ein hundertjahrelang funktionierendes Rechtschreibsystem zerstören und binnen weniger Jahre durch seine (evtl.) eigenen abstrusen Vorstellungen und Steckenpferdchen ersetzen kann? (Der Mensch heißt Augst! Ihm Zur Seite stehen offensichtlich Marionetten – vermutlich ist er selbst eine.)
Wie kann es sein, daß eine gewachsene Sprache einem künstlichen und überhöht wissenschaftsgläubigen, normierten Gesabbere und Geschreibe weichen muß? (Eine der Marionetten heißt Nerius –, es ist eine altgediente!)
Wie kann das sein, daß Menschen – wie Du und ich – von heute auf morgen darüber verfügen können, was künftighin Sache ist? (Kennt hier jemand den Bertelsmann, oder gar den Bill, der sich - wie seinerzeit Saulus zum Paulus - zum Mill' entwickelt hat?)
Nochmal die Frage: Was ist eigentlich Stolz?
__________________
nos
eingetragen von margel am 05.06.2003 um 21.42
Herr Schubert wiederholt den Grundirrtum, dem auch die Reformer anhängen, daß nämlich "irgend jemand" die
Rechtschreibregeln aufgestellt habe und darum "irgend jemand" sie eines Tages auch wieder ändern könne. Z.B.
könne man beschließen, daß "Leid" immer ein Substantiv sei und darum immer groß geschrieben werden müsse.
Aber so sind die orthographischen Regeln eben gerade nicht zustande gekommen. Man kann es nicht oft genug
wiederholen: Es ist nicht wie bei der Straßenverkehrs-
ordnung. Das alles kann Ihnen der Sprachwissenschaftler
viel besser erklären, aber ich glaube, ihn langweilt inzwischen nur noch der "ewige Umgang".
Naturgesetze hin oder her - es gibt sprachliche
Fakten, die nicht "arbiträr" sind, also nicht durch
willkürliche Setzung entstanden.
Herr Schubert, nennen Sie doch einmal den "jemand" -
aber führen Sie bitte nicht K. Duden an .
Ihnen sei dringend die Magisterarbeit von Heide Kuhlmann
ans Herz gelegt, falls Sie sie nicht schon kennen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.06.2003 um 19.16
Zitat:Es ist eine spannende Frage, warum im Deutschen das "k" und das "z" eine Ausnahme bei der Konsonantenverdopplung darstellen. Paragraph 3 der neuen amtlichen Regeln sagt:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Ihr Beispiel von der Nicht-Trennbarkeit von ck ist gut. Sie steht im logischen Widerspruch zu anderen Trennregeln. Die andere Trennregel lautet: Die Kürze eines Vokals wird manchmal durch Verdoppelung des folgenden Konsonanten angezeigt (Kelle, Tasse, Löffel usw.); die Worttrennung geschieht zwischen dem Doppelkonsonanten. Beim ck stimmt das nicht. Die Kürze eines Vokals vor k wird nicht durch Verdopplung des k angezeigt, sondern durch Umwandlung des k in ein ck. Der Widerspruch zu anderen Trennregeln beruht also nicht auf der Reform, sondern auf viel älteren Regeln, die vermutlich rein typografisch bedingt waren.§ 3: Für k und z gilt eine besondere Regelung:Das heißt, daß nicht ein "k" zu einem "ck" wird, wenn der vorausgehende Vokal kurz und betont ist, sondern daß das eigentlich dort hingehörende "kk" (vgl. § 2) nicht geschrieben und durch "ck" ersetzt wird. Weil also "ck" lediglich eine Ersatzschreibung für "kk" ist, ist klar, daß bei einer Trennung nach Paragraph 107 zwischen den "k" getrennt wird, denn die Zerlegung nach Sprechsilben ergibt genau wie bei anderen Konsonanten (Kelle, Tasse, Löffel usw.) eine Fuge direkt beim /k/-Laut. Sie irren sich also, wenn Sie sagen:
(1) Statt kk schreibt man ck.
(2) Statt zz schreibt man tz.P. Schubert:Dagegen stimme ich Ihnen bei folgendem vollständig zu:
Nebenbei: Dass man jetzt vor dem ck trennt, ist sachgerecht; ...... wenn der häufige Familienname Bäcker oder Becker ans Zeilenende gerät, ist es irreführend, ein c in ein k zu verwandeln. Die neue Trennbarkeit von st ist ebenfalls sachgerecht; es sind, anders als beim ck, nicht ein, sondern zwei Konsonanten, ...In so einem Fall ist es besser, den Namen Bäcker bzw. Becker nicht zu trennen, was wegen seiner Kürze lediglich eine unerhebliche satztechnische Schwierigkeit bereiten dürfte. Fraglich ist lediglich, was der eigentliche Grund für die lange Zeit übliche Nichttrennung von "st" war:... und dass die vorher nicht trennbar waren, war allein frakturtypografisch bedingt.Siehe dazu den entsprechenden Beitrag von Ch. Stang.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 05.06.2003 um 16.42
Auf die Gefahr hin, andere Diskussionsteilnehmer zu langweilen, möchte ich noch einmal auf Herrn Wagners Frage nach sachlich Falschem eingehen. Sie, Herr Wagner, fragen: Enthält die neue Rechtschreibung semantisch oder grammatisch Falsches oder nicht? Wir haben uns ja schon geoutet: Sie als jemand, der die Reform für missglückt hält, ich als jemand, der manches an der Reform gut findet, anderes nicht gut findet, aber so, dass ich damit leben kann. Ihre Frage ist nur der Form nach eine Frage, im Kern ist es die Behauptung, die Reform enthalte semantisch und grammatisch Falsches. Und wer diese Behauptung aufstellt, muss sie begründen, also Sie, nicht ich.
Zu "falsch" und "richtig": Die Gesetze der sprachlichen Richtigkeit sind andere als die Naturgesetze. Ich erkläre gern durch Beispiele und nehme es hin, dass jetzt aus irgendeiner Ecke wieder der Hinweis kommt, dass alle Vergleiche oder jedenfalls meine Vergleiche hinken.
Also: Die Behauptungen, die Erde sei eine Scheibe oder die Zahl Pi sei größer als 3,2, sind wissenschaftlich nachprüfbar. Wenn sie falsch sind, können sie durch keinen Parlamentsbeschluss und auch nicht durch die UNO-Haupt-versammlung richtig werden. Die Behauptungen, "Leid" sei großzuschreiben und "Bäcker" sei vor oder nach oder zwischen dem ck oder gar nicht zu trennen, betreffen dagegen keine Naturgesetze, sondern menschliche Konvention. Irgendjemand hat solche Regeln aufgestellt, und irgendjemand kann sie auch wieder ändern. Wer also behauptet, eine Regel über die sprachliche Richtigkeit sei falsch, muss erklären, nach welchem Maßstab er richtig und falsch unterscheidet.
Ihr Beispiel von der Nicht-Trennbarkeit von ck ist gut. Sie steht im logischen Widerspruch zu anderen Trennregeln. Die andere Trennregel lautet: Die Kürze eines Vokals wird manchmal durch Verdoppelung des folgenden Konsonanten angezeigt (Kelle, Tasse, Löffel usw.); die Worttrennung geschieht zwischen dem Doppelkonsonanten. Beim ck stimmt das nicht. Die Kürze eines Vokals vor k wird nicht durch Verdopplung des k angezeigt, sondern durch Umwandlung des k in ein ck. Der Widerspruch zu anderen Trennregeln beruht also nicht auf der Reform, sondern auf viel älteren Regeln, die vermutlich rein typografisch bedingt waren.
Nebenbei: Dass man jetzt vor dem ck trennt, ist sachgerecht; wenn der häufige Familienname Bäcker oder Becker ans Zeilenende gerät, ist es irreführend, ein c in ein k zu verwandeln. - Die neue Trennbarkeit von st ist ebenfalls sachgerecht; es sind, anders als beim ck, nicht ein, sondern zwei Konsonanten, und dass die vorher nicht trennbar waren, war allein frakturtypografisch bedingt.
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.06.2003 um 18.28
Zitat:Wie kommen Sie auf die Idee, ich würde irgend etwas von der Art, wie Sie es hier anklingen lassen, mit Ihnen machen wollen? Sie haben behauptet, das Thema sei ausdiskutiert, und ich habe darauf hingewiesen, daß dem nicht so ist. Wenn Ihnen die dabei von mir gewählte Formulierung ungeeignet erscheint, schlagen Sie eine bessere vor. Das Problem des Umgangs mit den in der Reformschreibung vorhandenen prinzipiellen sprachlichen Fehlern bleibt aber unabhängig davon bestehen.
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Ihre Fragen nach semantisch oder grammatikalisch (oder genügt vielleicht "grammatisch"?) Falschem sind formuliert wie das Thema für einen Abituraufsatz. Das können Sie mit mir nicht machen, aus dem Alter bin ich raus.
(Vermutlich gibt es keinen Unterschied zwischen grammatisch und grammatikalisch, und daher genügt selbstverständlich ersteres.)
P. Schubert:Warum? Meine Meinung kenne ich, und die kann sich nur weiterentwickeln, wenn ich andere Meinungen zu dem Thema kennenlerne. Deshalb habe ich die Forumsteilnehmer gefragt.
Im Übrigen müsste die Frage nicht durch mich, sondern durch Sie beantwortet werden, ...
P. Schubert:Meinen Sie? Habe ich das nicht bereits? Haben Sie nicht gerade eine ganz konkrete Anmerkung zu der letzten Formulierung meiner Frage gemacht? Ist nicht die Grammatik einer Sprache ein sachliches Kriterium?
... und dabei müssten Sie erklären, woher Sie den Maßstab für Falsch oder Richtig nehmen. "Aus der Sache" ist keine Erklärung.
Gut, die Wortwahl sachlich geht sehr ins Allgemeine, aber das macht nichts: Es sagt zum einen, daß das Kriterium für richtig oder falsch unabhängig von der Festlegung durch Einzelpersonen ist, und es sagt zum anderen, daß das Kriterium nicht innerhalb der Orthographie selber liegt wie z. B. die Nichttrennung von "ck", die im logischen Widerspruch zu den anderen Trennregeln steht.
Man kann sachlich falsch aber auch ganz direkt verstehen, wie es etwa im Zusammenhang mit der Rechnungsprüfung gebraucht wird: Da muß sowohl die rechnerische Richtigkeit (die Rechenoperationen wurden richtig ausgeführt) als auch die sachliche Richtigkeit (es wurden die richtigen, d. h. die zu der zu berechnenden Sache beitragenden Zahlen in die Rechnung eingesetzt, und es wurden dabei keine vergessen) geprüft werden.
Auf die Rechtschreibung übertragen bedeutet das, sich zu fragen, ob eine bestimmte Schreibweise an einer bestimmten Stelle inhaltlich das ausdrückt, was gemeint ist. Wenn sie das nicht tut, ist sie sachlich falsch auch wenn sie rein nach den orthographischen Kriterien nicht zu beanstanden ist.
Nehmen wir Ihr eigenes Beispiel dazu. Sie schrieben (13.03.2003, 20.47 Uhr):P. Schubert:Das ist der entscheidende Schritt: Hier arbeiten Sie mit einem Kriterium, das außerhalb der Rechtschreibung liegt und das unabhängig von der Festlegung durch Einzelpersonen ist, denn ob etwas ein Substantiv ist oder nicht, betrifft die Grammatik. Die Wörter LEID, RECHT, NOT gibt es zwar als Substantive, aber in den hier angeführten Ausdrücken sind es keine Substantive. Würde man sie als Substantive auffasen, würde sich die Bedeutung der Ausdrücke ändern, und sie würden nicht mehr das ausdrücken, was eigentlich gemeint ist. Sie wären sachlich falsch.
Es ist also gar nicht so einfach, festzustellen, was falsch und was richtig ist. Um es an Beispielen auszudrücken: Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv. [...]
P. Schubert:Diese Passage enthält genau den Aspekt, den ich hier diskutieren will: Reicht die Kraft der Wassersuppe des Regelaufstellers, um das allgemeinverbindlich durchzudrücken, selbst wenn dem ein Irrtum zugrundeliegt (wie es hier offensichtlich der Fall ist!)?
[...] Wenn es aber jemand gibt, der zu Regelaufstellungen befugt ist, dann kann er festlegen: 1. Alle Substantive werden großgeschrieben. 2. Die Wörter Leid, Recht und Not sind immer Substantive. Dann sind diese Schreibweisen eben nicht falsch.
– geändert durch J.-M. Wagner am 05.06.2003, 17.29 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 03.06.2003 um 15.43
Ihre Fragen nach semantisch oder grammatikalisch (oder genügt vielleicht "grammatisch"?) Falschem sind formuliert wie das Thema für einen Abituraufsatz. Das können Sie mit mir nicht machen, aus dem Alter bin ich raus. Im Übrigen müsste die Frage nicht durch mich, sondern durch Sie beantwortet werden, und dabei müssten Sie erklären, woher Sie den Maßstab für Falsch oder Richtig nehmen. "Aus der Sache" ist keine Erklärung.
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.06.2003 um 14.08
Enthält die sogenannte neue Rechtschreibung semantisch bzw. grammatikalisch Falsches oder nicht? Wie begründen Sie Ihre Antwort auf diese Frage? Dazu haben Sie noch nicht Stellung genommen.
Wie kommen Sie eigentlich dazu, zu behaupten, es sei »nicht sinnvoll und nicht fair, dieselbe Frage jetzt noch einmal an Frau Dr. Menges zu richten«? Lassen Sie das doch bitte Frau Menges selbst beurteilen!
Allein daß Sie sich mehrfach zur Frage nach Mündigkeit und Bevormundung sowie zu der von mir angeschnittenen Problematik der Rechtfertigung von sachlich Falschem geäußert haben, bedeutet nicht, daß diese Themen nun ausdiskutiert sind. Kennen Sie die Haltung von Frau Menges dazu?
– geändert durch J.-M. Wagner am 05.06.2003, 17.38 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 03.06.2003 um 12.17
Danke, Herr Wagner, für den interessanten Link zu unserer Diskussion vom Monat März. Zu meinen damaligen Ausführungen brauche ich kein Wort hinzuzufügen und kein Wort zu streichen. Die Frage ist damit ausdiskutiert, und es ist nicht sinnvoll und nicht fair, dieselbe Frage jetzt noch einmal an Frau Dr. Menges zu richten.
Ausdiskutiert ist aber auch die Frage nach Mündigkeit und Bevormundung. Auch dazu habe ich mich mehrfach geäußert. Man könnte allenfalls einen neuen Strang eröffnen, vielleicht mit dem Titel "Mutmaßungen über Charakter-Eigenschaften von Reform-Anwendern und Reform-Befürwortern".
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.06.2003 um 09.27
Sehr geehrter Herr Schubert, was sachlich falsch ist, ergibt sich wie es das Wort sagt aus der Sache selbst. Wie sollte irgend jemand das festlegen? Außerdem hatten wir das Thema schonmal Mitte März hier diskutiert. In jene Richtung brauchen wir uns nicht noch einmal zu bewegen, es sei denn, daß Sie der Meinung sind, daß bestimmte Aspekte damals zu kurz gekommen sind.
Fasse ich die von Ihnen genannte Frage, wer festlegt, was sachlich falsch ist, als eine Reaktion auf die Bemerkung von Frau Menges auf, ob es keine wichtigeren Fragen mehr gibt, so möchte ich dazu anmerken, daß ich diese Frage in einer anderen Perspektive für sehr wichtig halte: Wem erlaube ich es (bzw. muß ich es erlauben), für mich festzulegen, was richtig oder falsch ist, und in welchen Bereichen?
Diese Frage ist absichtlich möglichst allgemein gestellt, weil sie auf eine ernsthafte, persönliche Antwort abzielt; ich erwarte gar nicht, daß es darauf eine allgemeingültige Antwort gibt. Sie ist philosophischer Natur; man nehme sie als Anreiz, darüber nachzudenken, wie es um die Balance zwischen eigener Mündigkeit und Bevormundung bestellt ist. Das kann man ganz allgemein tun, ich ziele hier aber auf die Rechtschreibung, und dann stellt sich das Thema so dar: Wende ich die reformierten Regeln an oder nicht; folge ich deren Vorgaben auch wider bessere Einsicht?
(nachträgliche Korrektur: Parameter der erweiterten Suche geändert, so daß nur Beiträge vom März gefunden werden.)
– geändert durch J.-M. Wagner am 03.06.2003, 15.55 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 03.06.2003 um 08.37
Sehr geehrter Herr Wagner, rhetorische Fragen sind nach einer gängigen Definition solche, auf die der Redner keine Antwort erwartet. Nach einer weitergehenden Definition sind es aber auch solche, auf die der Redner vernünftigerweise keine Antwort erwarten kann. Zur letzteren Kategorie zählt die Frage: Was legitimiert sachlich Falsches? Sie ist viel zu allgemein gestellt. Vorher müsste die Frage beantwortet werden: Wer legt fest, was sachlich falsch ist?
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.06.2003 um 07.52
Sehr geehrter Herr Schubert, im Zusammenhang mit der sogenannten Rechtschreibreform ist das alles andere als eine rhetorische Frage: Diese Reform enthält sachlich Falsches, und sie ist amtlich. Wo ist da die Rhetorik?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 03.06.2003 um 07.15
Was legitimiert sachlich Falsches?
Herr Wagner, Sie haben Ihre Frage doch selbst schon beantwortet: Normalerweise geht man auf rhetorische Fragen nicht ein.
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.06.2003 um 19.01
Zitat:Warum benutzen Sie gerade den und nicht irgend ein anderes reformschriebliches Wörterbuch?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Wir/ich benutze/n den Duden: Die deutsche Rechtschreibung, 22., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim 2000.
Zitat:Obige Frage ist wichtig! Normalerweise geht man auf rhetorische Fragen nicht ein, aber... Doch, es gibt wichtigere Fragen; hier ist eine:
Gibt es keine wichtigeren Fragen mehr?Nicht erst seit Jahresbeginn, sondern schon seit dem 30.08.2002 warte ich auf eine ernsthafte Antwort auf diese Frage.
- Was legitimiert sachlich Falsches?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.06.2003 um 18.31
Wir/ich benutze/n den Duden: Die deutsche Rechtschreibung, 22., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Mannheim 2000.
Gibt es keine wichtigeren Fragen mehr?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.06.2003 um 15.58
Zitat:Kennen ja, benutzen nein.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
a. Den gültigen Duden kennt und benützt doch jeder.
(Also bin ich nicht bzw. falle nicht unter jeder aber vermutlich wußte ich das schon...)
Nun wissen wir aber immer noch nicht, welcher Duden (d. h. konkret, welche Auflage: 20./21./22.) speziell für Sie, liebe Frau Menges, der gültige ist (und warum) und was diesen gegenüber anderen Wörterbüchern auszeichnet. Ich kann mir die Antwort zwar denken, aber ich kann mich irren. Deshalb würde ich es gern von Ihnen selbst erfahren...
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.06.2003 um 13.53
a. Den gültigen Duden kennt und benützt doch jeder.
b. Haben Sie eigentlich mein Lob nicht wahrgenommen? Ich schrieb, dass ich Ihre handwerkliche Art des Unterrichtens gut finde. Sie kennen Methoden und Werkzeuge, dies zeugt von Qualität.
c. Die Rechtschreibreform darf und kann nicht auf dem Schülerrücken ( auch nicht auf dem Berufschülerrücken) ausgetragen werden, sie ist eine Sache der Kommission, der Vordenker, der Wissenschaftler, der Vereine und der Opposition. Engagieren Sie sich halt auch ein wenig, wenn wir einen gemeinsamen Brief verfassen wollen oder kämpfen Sie nur darum, dass die Rechtschreibreform 2005 zurückgenommen wird?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 02.06.2003 um 08.17
Da haben Sie recht, Frau Menges, das sagt wirklich nichts aus.
Aber warum haben Sie es dann eigentlich erwähnt? Weil diese Buchgesellschaft (besonders) wissenschaftlich ist? Oder doch nicht etwa, um einer Beantwortung meiner Fragen auszuweichen?
Welcher Duden ist denn nun konkret für Sie der gültige? Und was zeichnet diesen gegenüber anderen Wörterbüchern aus?
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.05.2003 um 18.20
Ich habe bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt "Neue Rechtschreibung" in das Suchprogramm eingegeben. Es kamen 11 Vorschläge, davon 9 von Duden und kein Bertelsmann und kein Wahrig. Das sagt aber nichts aus!Es fand sich aber auch kein Theodor Ickler! Sagt dies etwas aus?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 29.05.2003 um 21.11
Zum Vorschlag von Frau Menges:
Üblicherweise geht man heute nach dem gültigen Duden vor, denn sonst haben wir nichts.
Wer ist hier „man“, die Jugendlichen? Und wer ist „wir“, daß er nicht mehr hat? Und wieso geht „man“ „üblicherweise nach dem gültigen Duden“ vor, warum nicht z.B. nach Bertelsmann oder dem ganz neuen Wahrig? Und nach welchem der gültigen Duden, dem von 1996 oder dem von 2000?
Bei "du" und "Sie" muss man differenzieren.
Stimmt. Bei „Sie“ muß man differenzieren: Als Anrede und im Satzanfang schreibt man es groß, sonst klein. Und bei „du“ muß man ebenfalls differenzieren: In der persönlichen Anrede in Briefen und im Satzanfang schreibt man es groß, sonst klein. Oder meinten Sie, daß man zwischen (dem Gebrauch von) „Sie“ und „du“ differenzieren muß? Ich glaube, das braucht man Jugendlichen nicht zu erzählen.
Ansonsten gilt das, was der Chef sagt im jeweiligen Betrieb.
Es gilt aber nur dann, wenn es nicht im Widerspruch steht zu etwas Höherwertigem (beispielsweise Anordnungen vom Chef des Chefs oder staatlichen oder logischen Gesetzen). Und es gilt auch zunächst nur in dem jeweiligen Bereich, dessen jeweiliger Chef jeweils etwas gesagt hat.
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.05.2003 um 09.20
Was würden Sie vorschlagen?
Üblicherweise geht man heute nach dem gültigen Duden vor, denn sonst haben wir nichts. Bei "du" und "Sie" muss man differenzieren. Ansonsten gilt das, was der Chef sagt im jeweiligen Betrieb. Das ist die Kernaussage für diese Jugendlichen!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 29.05.2003 um 09.17
Die neue von 1996, die neue von heute, die der Süddeutschen Zeitung, die bisherige der F.A.Z. oder welche sonst? Das müßte jeder Bewerber vorher die Bewerbungsempfänger fragen, um nicht gleich aussortiert zu werden. Schließlich sollen die Leser sich nicht ärgern und wird von den Bewerbern Anpassungsfähigkeit und -bereitschaft erwartet. Ein qualifizierter Bewerber muß alle arbeitgeberüblichen Rechtschreibungsvarianten beherrschen und auseinanderhalten. Das gehört ins Bewerbungstraining. Geringe Chancen hat, wer nur eine einzige Rechtschreibung gelernt hat und beherrscht. Jetzt haben wir den Salat, und zwar gemischten, Insalata mista.
– geändert durch Henning Upmeyer am 29.05.2003, 15.32 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.05.2003 um 08.56
"Das BGJ ist eine schulische Form der Berufsvorbereitung und wird überwiegend an Berufsschulen angeboten. Ziel ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Grundqualifikationen mehrerer verwandter Berufe zu vermitteln und so einen Einblick in ein bestimmtes Berufsfeld zu geben. Das BGJ dauert ein Jahr und wird in bestimmten Berufsfeldern absolviert, zum Beispiel:
Wirtschaft und Verwaltung
Metalltechnik
Elektrotechnik
Bautechnik, Holztechnik
Textil und Bekleidung
Chemie, Physik, Biologie
Drucktechnik
Farbtechnik und Raumgestaltung
Gesundheit, Körperpflege
Ernährung und Hauswirtschaft
Agrarwirtschaft
Das BGJ ist durch Schulgesetze und Lehrpläne der Länder geregelt; deshalb kann es in der Ausgestaltung oder auch in den Bezeichnungen Unterschiede geben (Informationen erteilen die Schullaufbahnberatung, die Berufsberatung oder die örtlichen Schulbehörden). Das BGJ kann - je nach Land - im dualen System (d. h. in Betrieb und Berufsschule) oder in rein schulischer Form absolviert werden (dann wird es oft auch Berufsgrundschuljahr genannt). In einigen Ländern ist das BGJ für bestimmte Berufsfelder das obligatorische erste Jahr der betrieblichen Berufsausbildung."
"Das BVJ ist eine schulische Form der Berufsvorbereitung und wird überwiegend an Berufsschulen angeboten. Zielgruppen sind vor allem Schüler und Schülerinnen ohne Hauptschulabschluß oder Abgänger der Förderschulen/Schulen für Lernbehinderte. "
Meine Aussagen/unsere Diskussion betrifft das BGJ:
Sagen Sie mir mal, warum gerade im BGJ das Rechtschreiben, z.B. in Wirtschaft und Verwaltung nicht wichtig ist? Ich glaube, dass es in diesem Zweig sogar wichtiger denn je ist. Im Beruf gilt es dieses umzusetzen. Viele Betriebe verlangen geradezu die gültige Rechtschreibung. Natürlich wird hier nicht mehr reflektiert. Hier geht es tatsächlich um die Umsetzung.
Abkürzungen sind ein Teil unseres Lebens. Letzthin fragte ich einmal halb verzweifelt, was denn ein Gf sei? Muss sich ein Geschäftsführer jetzt Gf nennen?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 28.05.2003 um 21.14
Ich meine natürlich das BVJ (diese vielen Abkürzungen!)
eingetragen von margel am 28.05.2003 um 21.10
Liebe Frau Dr. Menges,
vielleicht erklären Sie einmal den übrigen
Teilnehmern, worum es sich beim BGJ eigentlich
handelt. Ich selbst muß gestehen, daß ich in meiner
aktiven Zeit außerordentlich privilegiert war,
was meine Arbeit(sehr selbständig) und meine
Schüler(innen)schaft anging. Wir arbeiteten auf einer Insel der Seligen. So konnte ich nur mit
Hochachtung mitansehen, wie Kollegen im BGJ ihr
Letztes gaben an Standfestigkeit und Nervenkraft.
Ich selbst hätte es nicht gekonnt, war allerdings von meinem
Werdegang her auch ganz anders orientiert.
Rechtschreibung war wohl nicht das Hauptproblem in
diesen Klassen...
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.05.2003 um 13.46
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Aber Sie sind mir immer eine Antwort wert. Also: Das BGJ(Berufsgrundbildungsjahr, statt 1.Lehrjahr) wurde in Niedersachsen geboren, von der Wirtschaft nie akzeptiert und stirbt auch in Niedersachsen. Mir scheint, verzeihen Sie bitte, daß Sie vom berufsbildenden Schulwesen doch nur von ferne etwas wissen.
Eine besondere Schülerschaft verlangt eine besondere Individualisierung und Differenzierung. In unseren Schulen haben viele auch eine Berufsschule dabei.
Mit Ihrer guten visuell-differenzierten Wahrnehmung müssten Sie auch den Blick für diese einmalige Schülerschaft, für die das BGJ eine Besonderheit darstellt, erkennen. Im Sinne dieser Schülerschaft muss ich/müssen wir sowohl die berufsbildenden Klassen als auch die Rechtschreibung ansehen und immer auf dem Laufenden bleiben. Das dürfen Sie mir glauben!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 28.05.2003 um 09.21
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Der 4. Bericht der Rechtschreibkommission - wie wird dieser wohl ausfallen?
Wahrscheinlich ähnlich ausgefallen wie die ersten drei (falls er nicht überhaupt ganz ausfallen wird).
eingetragen von margel am 27.05.2003 um 19.36
Liebe Frau Dr. Menges,
nachdem ich in der Vergangenheit vielleicht ein bißchen zu
häufig gequakt habe,
lege ich mir zunehmend Zurückhaltung auf, was das Pläuderle
im Forum angeht. Schließlich habe ich auch noch anderes zu tun(schöne Mädchen fotografieren, z.B.), und das Leben ist kurz.
Aber Sie sind mir immer eine Antwort wert. Also: Das BGJ
(Berufsgrundbildungsjahr, statt 1.Lehrjahr) wurde in Niedersachsen geboren, von der Wirtschaft nie akzeptiert und stirbt auch in Niedersachsen. Genau wie die Orientierungsstufe. Mir scheint, verzeihen Sie bitte, daß Sie vom berufsbildenden Schulwesen doch nur von ferne
etwas wissen.
Wenn Sie eines Tages den Margel(Margelsattel)suchen wollen,
so gehen Sie lieber nicht nach Locarno(dort könnten Sie mich übrigens im Oktober antreffen), sondern fahren nach Thun, von dort nach Heiligenschwendi, und dann sind Sie bald da, eine bequeme Fußwanderung.
So, das war aber jetzt arg privat - mal sehen, wer uns da zur Ordnung ruft...
eingetragen von Norbert Schäbler am 27.05.2003 um 18.15
Wie Sie wissen, liebe Frau Menges, fische ich im tiefen Wasser des Paradoxen, denn dort halten sich die dicksten Brocken auf.
Aussagen wie: „Man mußte erst eine Rechtschreibreform ins Leben rufen, um die Rechtschreibung wertschätzen zu können.“
Oder: „Man mußte erst das Lesen geringschätzen, um das Lesen als Attraktion zu empfinden“, faszinieren mich.
Das erinnert mich so unmittelbar an den Bibelspruch: „Denn wenn das Samenkorn erstirbt, dann trägt es reiche Frucht.“
Ob unser Zehetmair mit seiner katholischen Hausmacht an die Bibel gedacht hat, als er die Rechtschreibreform befürwortete?
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2003 um 16.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Gar garstig sind die Mißverständnisse.
Ich hatte doch nichts schlechtgeredet und auch nicht schlecht geredet, sondern lediglich auf Gefahren hingewiesen, die durch die urplötzliche Innovationssucht der Kultusbehörde herannahen könnten.
Diese Innovationssucht entspringt jetzt auch dem Bedürfniss PISA zu entkommen. Ein Deutscher erfindet PISA (Dr. Schneider), er wird mit dem Theodor-Heuss-Preis ausgezeichnet, obwohl wir oder gerade weil wir so schlecht abschnitten haben. Die Begründung für den Preis: Jetzt wird wieder mehr über das Lesen geredet, geschrieben und gelernt.
Das ist Tatsache- alles redet und schreibt nur noch über das Lesen: Projekte zum Lesen sind gefordert. Gut, ich mache da auch einiges, weil es richtig ist. Lesestücke in neuer und alter Rechtschreibung werden gelesen - es ist egal. Auch da kann man verschiedene Regeln der Rechtschreibung aufklären. Aber auch die Rechtschreibreform hat uns auf die Rechtschreibung gebracht! Es wird wieder 'mehr' und 'über' sie geredet und geschrieben. Sie ist in das Bewusstsein gerückt und in Verwahrung genommen worden.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2003 um 16.24
Wenn ich in einer Tagung in Locarno dabei bin, werde ich anschließend den Margel suchen. Ist das nun ein Berg oder nur der Lehm oder das Gestein?
Interessanterweise sind hier ja die verschiedensten Schulen zusammen. Aber über Berufschulen weiß ich auch Bescheid. Die bestehende Diskussion in unserem Schulsystem fußt derzeit auf Einführung des BGJ und um weitere Details der beruflichen Themen... ich sagte es ja, dass man mir da nichts mehr vormachen könnte.
Der 4. Bericht der Rechtschreibkommission - wie wird dieser wohl ausfallen?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 26.05.2003 um 21.51
Liebe Frau Dr. Menges,
ob ich Ihnen wirklich nichts Neues mehr über Schulen erzählen könnte, sei dahingestellt. Wieviel wissen Sie
vom berufsbildenden Schulwesen, und zwar nicht nur vom
Hörensagen? Es ist wahrscheinlich der unbekannteste
Schulzweig, wenig bekannt besonders auch bei den Lehrern anderer
Schulformen. Allein in seiner Vielfalt, vom Berufsvorbereitungsjahr bis zum Fachgymnasium, umfaßt es
ein Spektrum wie keine andere Schule. Ebenso ist auch die
Lehrerschaft sehr vielfältig zusammengesetzt.
An Lebens- und Praxisnähe wird die berufsbildende Schule von keiner anderen erreicht oder gar übertroffen. Allerdings haben es die Lehrer hier auch oft besonders schwer.
Was meinen Sie übrigens damit, daß Sie sich "meine" Schule
vorstellen könnten ? Da bin ich aber neugierig.
eingetragen von Norbert Schäbler am 26.05.2003 um 19.06
Liebe Frau Menges!
Gar garstig sind die Mißverständnisse.
Ich hatte doch nichts schlechtgeredet und auch nicht schlecht geredet, sondern lediglich auf Gefahren hingewiesen, die durch die urplötzliche Innovationssucht der Kultusbehörde herannahen könnten.
Sie wissen doch selbst, daß das Engagement für die Kinder – in Ihrem Falle ist es die liebevolle Zuwendung zu behinderten Kindern – sämtliche physische, psychische und auch die ideellen Energien eines Pädagogen aufsaugt, daß da absolut kein Platz mehr ist für Nebenschauplätze.
(Daß sich bei pädagogischen Erfolgen das Energiepotential sofort wieder auffüllt, ist ohnehin paradox. Hier verwirklicht sich das Sprichwort: „Geben ist seliger denn nehmen“. Aber das steht auf einem anderen Blatt).
Gleichwohl wundert mich, daß der Staat neuerdings zusätzliche Potentiale abruft, und ich frage mich, wie potent die Lehrerschaft tatsächlich ist; konnte sie sich doch nicht einmal der Beschädigung ihres Handwerkszeuges - der Sprache – erwehren.
Was gegenwärtig gefordert wird, ist ein wenig artfremd, hat mit still wirkender Pädagogik herzlich wenig zu tun, sondern artet aus in Profilierungssucht und letztlich in eine Profilneurose.
Ich meine: Wer sein Profil aufpolieren muß, der hat momentan keines – zumindest kein ansehnliches. Der will vielleicht sogar etwas vertuschen, verbergen und retouchieren.
Der will sich möglicherweise aufgrund seines Image-, Prestige- und Profilgewinns in der Öffentlichkeit Sympathien erschleichen.
Darum geht es aber doch gar nicht.
Im Lernprozeß ist es
doch einzig wichtig,
die Sympathie des Zöglings zu gewinnen!
Gut, gut! Die Eltern haben Macht. Sie können den Segen verweigern, den jeweiligen Lehrer schlechtmachen. Sie können jeden menschlichen Fehler der Lehrkraft protokollieren, können juristisch gegen die Schule vorgehen, selbst dann, wenn sie ihre Kinder mit den größten Erziehungsdefiziten in die Aufbewahrungsanstalt Schule entsandt haben.
Parole "Angst" geht um im Schulwesen!
Ich behaupte, daß jenes Profil, das der Staat seinen Lehrern zudenkt, ein Fehlprofil, eine „pädagogische Fratze“ ist.
Darüber ein anderes Mal.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.05.2003 um 15.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Henning Upmeyer
ist das Tätigkeits- oder Zeitwort oder Verb. So lernen es jedenfalls die Grundschüler in der 3. Klasse.
Bedeutungstragende Wörter:
Sagen Sie einem Schüler aus der 3. Klasse Grundschule:
"Bleistift"
wird er wissen, was es damit auf sich hat.
Sagen Sie aber das Verb
"holen"
wird er sich verständnislos umschauen.
Die Verbzweitstellung hat in unserer Sprache selbstverständlich die wichtigste Bedeutung neben dem Substantiv.
Lieber margel,
über Schulen können Sie mir nichts Neues mehr erzählen. Ich kann mir Ihre Schule selbstverständlich sehr gut vorstellen. Aber es gibt heute viele neue Modelle, die nicht nur schlecht sind, so wie es Herr Schäbler meint.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.05.2003 um 15.30
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Henning Upmeyer
Wenn über Kosten geredet wird, erhebt sich die Frage, wem die Bücher in den Schulbibliotheken gehört haben, mit wessen Geld sie gekauft worden waren, wer ihre Vernichtung wegen der bisherigen Rechtschreibung angeordnet hat und wer die Neukäufe bezahlt.
Lieber Herr Upmeyer,
es spielt sich so in der Schule ab:
Wer die Bücher aussortieren lässt, wird sie auch wieder bezahlen, sprich der Staat. Leider werden sehr viele Aufgaben in diesem Bereich auf die Städte und Gemeinden übertragen, die dann für Schulbücher aufkommen. Bücher, die die Eltern bezahlen müssen sind selbstverständlich in neuer Rechtschreibung, weil die Eltern dies auch dringend fordern!
Zitat:
Wurde auch Literatur vernichtet, die es gar nicht in neuer Rechtschreibung gibt? Das wäre Zensur in den Schulbibliotheken.
Nein, Bücher, die nicht ersetzt werden können werden auch nicht hinausgeworfen. Sie werden weiterhin gelesen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.05.2003 um 15.23
Variante zur Schreibreform?
Es geht um den "Kompromißvorschlag" der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
...
Interview mit Dr. Klaus Heller, dem Geschäftsführer der Kommission:
"Frage: Die Rechtschreibkommission arbeitet an ihrem 4. Bericht. Wird er weitere Klarstellungen der Reform enthalten?
Heller: Der Bericht wird Ende des Jahres vorliegen. Über Einzelheiten will ich noch nichts sagen, zumal wir in Gesprächen sind mit dem Beirat, dem allein 16 Organisatoren angehören, auch mit Wörterbuch-Experten. Nur so viel: Nach der alten Schreibung heißt es "leid tun", nach der neuen "Leid tun". Ich könnte mir künftig durchaus "leidtun" vorstellen, analog zu "wehtun"."
Meine Meinung:
Es wird wieder zu ein paar leichten Veränderungen kommen, die niemand bemerken wird.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 26.05.2003 um 09.39
Wenn über Kosten geredet wird, erhebt sich die Frage, wem die Bücher in den Schulbibliotheken gehört haben, mit wessen Geld sie gekauft worden waren, wer ihre Vernichtung wegen der bisherigen Rechtschreibung angeordnet hat und wer die Neukäufe bezahlt. Wurde vor der Vernichtung sichergestellt, daß das Geld für die Neukäufe da ist? Mit Eltern kann man anscheinend alles machen, wenn man ihnen erzählt, daß ihre Kinder dann leichter zu besseren Noten kämen. Je nach Einkommen der Elternschaft hat danach die eine Schulbibliothek mehr oder weniger Bücher als die andere. Chancengleichheit für alle Kinder ist das nicht.
Wurde auch Literatur vernichtet, die es gar nicht in neuer Rechtschreibung gibt? Das wäre Zensur in den Schulbibliotheken.
eingetragen von Henning Upmeyer am 25.05.2003 um 21.20
Manche Wörter bedeuten in verschiedenen Fachgebieten Verschiedenes. Die Wortbedeutungen sind jeweils anders codiert. Man muß daher vorher absprechen, in welcher Fachsprache man sich unterhalten will, sich also auf einen gemeinsamen Entschlüsselungscode für die Wortbedeutungen einigen. Z.B. können Techniker und Naturwissenschaftler sich nur schwer mit Soziologen verständigen, ohne aneinander vorbeizureden.
eingetragen von Henning Upmeyer am 25.05.2003 um 21.09
ist das Tätigkeits- oder Zeitwort oder Verb. So lernen es jedenfalls die Grundschüler in der 3. Klasse.
eingetragen von margel am 25.05.2003 um 21.02
Liebe Frau Dr. Menges,
Sie sind doch eine intelligente Frau. Glauben Sie bitte nicht den Schalmeienklängen von der zunehmend selbstbestimmten Schule mit jeweils eigenem "Profil" - was immer das sein soll.
Der Staat, die Mächtigen geben freiwillig niemals auch nur ein Zipfelchen ihrer Macht her.
Gewährt man der Schule (scheinbar) mehr Autonomie, so meldet sich alsbald die Obrigkeit in Form von "Evaluation", und wie die schönen Begriffe sonst noch lauten mögen. Immer geht es um Kontrolle und ist auch anders gar nicht denkbar.
Ein Hauptantrieb dafür, daß die Zügel z.Zt. scheinbar gelockert werden, ist die Finanzmisere der öffentlichen Hand. Da gibt es dann schuleigene Budgets. "Seht zu, wie Ihr zurechtkommt," heißt das auf gut deutsch. Es wird von Jahr zu Jahr schlechter. Ich konnte es an meiner Schulform beobachten. Vor 25 Jahren ca. 15000,- DM, jetzt etwa 5000,-
bei stark gestiegenen Preisen. Hätten wir keine Schülerbeiträge, so könnten wir den Laden dichtmachen.
So sieht die Wirklichkeit aus, jenseits allen Schmuses aus
den MK.
eingetragen von Norbert Schäbler am 25.05.2003 um 18.09
![]()
Liebe Frau Dr. Menges!
Es hat durchaus seine guten Seiten, wenn Staat und Lehrer die Zügel straff anziehen. Dann laufen nämlich die Pferdchen zielstrebig in die vorgegebene Richtung.
Und um den Sinn und die Notwendigkeit einer straffen Führung zu unterstreichen, habe ich oft genug darauf hingewiesen, daß sich z.B. ein Wirtschaftsunternehmen keine Querulanten und Quertreiber erlauben kann, weil dies den Produktionserfolg gefährden würde (Gleiches gilt wohl auch für Staatsunternehmen).
Andererseits ist es die Pflicht der Ingenieure und Rationalisierungsfachleute, frühzeitig auf Fehleinschätzungen und Fehlentwicklungen hinzuweisen, denn hier gilt die alte Weisheit: „Der Anfangsschaden (die Verluste zu Beginn eines zum Scheitern verurteilten Projektes) ist immer noch der kleinste.“
Auch darauf habe ich mehrfach hingewiesen.
Ich denke, daß man für unternehmerische Effektivität zweierlei benötigt:
1. Loyalität
2. Kritikfähigkeit
Die zweite der genannten "Tugenden" müssen insbesondere diejenigen praktizieren, die (im übertragenen Sinne) auf dem Kutschbock sitzen. Jene müssen unbedingt immer wieder das Ziel überprüfen – oder wie man neuhochdeutsch sagen würde – sie müssen verifizieren und falsifizieren. Ansonsten nämlich laufen die Pferdchen zwar zielstrebig; sie kommen aber an einem falschen Orte an.
In Sachen Rechtschreibreform wurde zu keinem Zeitpunkt eine Überprüfung in oben genanntem Sinne vorgenommen. Nicht einmal ein Probelauf war gestattet. Man zurrte lediglich das Zaumwerk fest!
Sie wissen, Frau Dr. Menges, was ich von derartigen Kutschern halte. Das sind diejenigen, die den Karren vollends in den Dreck fahren.
Ich muß zugeben, daß ich aufgrund meiner Erfahrung in Sachen Rechtschreiberlaß hellhörig und möglicherweise ungerecht geworden bin. Es sei mir aber gerade aufgrund meiner Erfahrung gestattet, die Warnsignale, die ich aufgrund meiner kritischen Einstellung empfinde, zu äußern.
Unabhängig von Rechtschreibangelegenheiten will ich einige Projekte, Methoden und pädagogische Strömungen der Vergangenheit benennen, die landesweit in allen Schulen Bayerns Einzug hielten.
„Freiarbeit“, „Schulleben“, „Lehrplangestaltung als Feinabstimmung sämtlicher Lehrkräfte einer Klassen- und Jahrgangsgemeinschaft“, „6stufige Realschule“, „Innendifferenzierung der Hauptschulklassen“, „Institutionalisierung pädagogischer Konferenzen mit vorbereitenden Arbeiten in Neigungsgruppen“ …
Ich sehe – insbesondere auch in der Anhäufung dieser Innovationen und dem damit verbundenen Aufgabenzuwachs – große Gefahren.
In der Überschrift habe ich sie benannt.
Daß die stetigen Neuerungen zusätzlich von einer verheerenden Fehlentscheidung des Jahres 1996 ablenken sollen, will ich als ureigene Erklärung nachreichen.
__________________
nos
eingetragen von margel am 25.05.2003 um 17.46
Übersetzen wir "reformieren" einmal mit "rückbilden",
so kennt die Medizin zwei Arten von Rückbildung:
1. Remission
Das ist die - spontane oder medikamentös ausgelöste -
Rückbildung einer krankhaften Entwicklung, z.B. einer Geschwulst.
2. Atrophie
Das ist die Rückbildung eines Organs oder eines Gewebes im Sinne eines Schwundes, eines Abbaus.
Z.B. gibt es eine Leberatrophie bei einer Knollenblätterpilzvergiftung. Oder ein Muskel wird atrophisch bei Nichtgebrauch.
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.05.2003 um 17.32
Interessanterweise braucht man auch die Bibel zur Wortklärung:
verzeihen - jmd. etwas zeihen ( alter Begriff aus der Bibel)
vergeben - jemanden nichts mehr geben müssen
versöhnen - kommt vom Wort Sühne, sühnen
Im Hebräischen sind die Verben, nicht die Nomen der wichtige Teil des Satzes. Das "Sein" als der Bestandteil des menschlichen Daseins.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.05.2003 um 17.04
§ 71
Gleichrangige Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter trennt man mit Komma voneinander ab.
§ 72 ... Wörter mit und, oder, bzw., wie, entweder, oder, sowohl als auch, weder...noch verbunden, so setzt man kein Komma.
§ 73
Sind gleichrangige Teilsätze, die durch, oder usw. verbunden sind, kann man ein Komma setzen, um die Gliederung des Gleichsatzes deutlich machen.
§ 74
Nebensätze grenzt man mit Kommas ab; sind sie eingeschlossen, so grenzt man sie mit dem paarigen Komma ab.
§ 75
Bei formelhaften Nebensätzen kann man das Komma weglassen.
§ 76 Bei Infinitiv-, Partizip- und Adjektivformen ... kann man das Komma weglassen ...
§ 77
Zusätze oder Nachsätze grenzt man durch Kommas ab ...
§ 78
Oft liegt es im Ermessen des Schreibenden, ob er etwas mit Komma als Zusatz oder Nachtrag kennzeichnen will oder nicht.
§ 79
Anreden, Ausrufe oder Ausdrücke einer Stellungsnahme, die besonders hervorgerufen werden sollen, grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit einem paarigen Komma ab.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.05.2003 um 16.50
(NOS)... Gesetzes- und dem Erlaßverfahren.
Das Amtsblatt (KWMBl, KMBl) und diverse Schreiben (KMS) sind unsere Vorschriften. Es gibt keine weiteren Erlassverfahren.
(NOS)... der 90er Jahre sämtliche Schreiben, die die Schule verließen, vom Rektor redigiert und zensiert wurden.
Nach wie vor gibt es diese Schulen, aber die Schullandschaft hat sich verändert. Jede Schule bestimmt ihr Profil mehr und mehr selbst. Es ist eine spannende Angelegenheit, was sich hier landes- und bundesweit entwickelt.
(Nos)... Thema Rechtschreibreform auf Schulebene niemand mehr interessieren würde.
Vor einem Jahr ! konnte ich nach diversen Tagungen dies vermelden. Heute ist es genauso. Ich zeige nur den derzeitigen Status auf.
(Nos)... „Schweigespirale“.
Davon merken wir nichts. Ich würde die heutige Schule als Diskussionsschule mit konstruktivistischen Anteilen bezeichnen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 25.05.2003 um 14.38
Laut Duden-Herkunftswörterbuch ist "reformieren" aus lateinisch "re-" = "zurück, wieder" und "formare" = "ordnen einrichten, gestalten" entstanden. Im klassischen Latein bedeutete es also "zurückformen".
Ich glaube, das meinte Luther eigentlich mit "Reformation", weil er ursprünglich keine neue Kirche gründen, sondern die vorhandene auf ihren Kern, die Bibel, "zurückformen" wollte.
Aber schon im Vulgär- oder Bürgerlatein muß sich die Bedeutung erst zu "umgestalten" und dann noch weiter zu "verbessern" geändert haben, weil sich diese Bedeutung in allen romanischen Sprachen findet und so vielleicht aus dem Französischen zu uns kam. Diese Bedeutung steht aber auch im "Mittellateinischen Glossar" unter "reformare".
Die "Rechtschreibreform" ist aber vom Inhalt her tatsächlich wieder eine "Rechtschreibzurückform", nämlich auf die Getrenntschreibungen vor 1902 und vor die Erfindung des "ß". Am liebsten würden die "Rechtschreibzurückformer" die Substantivschreibung sogar auf die alt- und mittelhochdeutsche Substantivkleinschreibung "zurückformen". Sie bezeichnen die Weiterentwicklungstendenz der letzten hundert Jahre zu mehr Zusammenschreibungen ausdrücklich als Fehlentwicklung, die zurückgeformt werden soll.
"Rechtschreibreformgegner" bedeutet folglich "Rechtschreibzurückformungsgegner" und Befürworter der bisherigen natürlichen Weiterentwicklung der Sprache.
eingetragen von margel am 25.05.2003 um 11.20
Wenn man sich speziell für Wortbildung interessiert, so wird
man im Schweizerdeutschen ein reiches Feld origineller
Wortbildungen vorfinden. "Originell" für uns, man muß sich erst einmal von dem Vorurteil freimachen, Schwyzerdütsch sei irgendwie putzig mit seinen -le und -li, also quasi eine Art Karikatur des Hochdeutschen.
Hier mal drei Beispiele: "kommissiönle" - Kommissionen, also
Besorgungen machen. "fötele" - fotografieren. "werweis(s)le"
rätseln, sich Gedanken machen über etwas. In anderen Dialekten gibt es sicher auch viele Muster.
eingetragen von Henning Upmeyer am 25.05.2003 um 10.50
Sätze bilden müssen hasse ich seit der Schule; mein Hobby ist die Wortklauberei, wissenschaftlich Wortbildungslehre. Als Hobby, weil ich Amateur bin, denn ich habe es nicht studiert. Ich betrachte die deutsche Sprache mehr von außen, als eine indogermanische Sprache unter anderen.
Leider habe ich noch kein englisches etymologisches Wörterbuch, um nachzusehen, woher "Miss" abgeleitet ist oder ob es ein isoliertes (dissoziiertes) Wort ist.
Laut Duden-Herkunftswörterbuch hat sich das deutsche Präfix "miß-" im Althochdeutschen vom gleichwertigen englischen und altnordischen "mis-" getrennt (das englische "mistake" = Fehler, wörtlich Mißgriff, ist altnordisch und isländisch aus "mis-" und "take"). Daher kann im Englischen zwischen "Miss" und "mis-" unterschieden werden.
Die indogermanische Wurzel des heutigen Präfixes ist "*meit(h)-" = wechseln, es ist ein Partizip Perfekt "vertauscht", daraus das gotische Adverb "misso" = wechselseitig und das altindische Adverb "mithah" = abwechselnd.
Die deutsche Sprache erlaubt großzügige Substantivkompositionen ohne Rücksicht auf die satzgliedmäßigen (syntaktischen) Zusammenhänge zwischen den Gliedsubstantiven, d. h. ohne Rücksicht darauf, in welchem Fall das Bestimmungswort eigentlich steht, wenn die Komposition Wörter einspart. (In den romanischen Sprachen muß man sich genauer ausdrücken , ob zwischen die beiden Substantive ein "de" = von oder "per" = für gehört.)
Weil auch fremdsprachige Wörter beliebig mit deutschen komponiert werden dürfen, eignet sich das englische Wort "Miss" zu Wortverkürzungen, wobei "Miss" oft Genitiv oder Akkusativ und Einzahl oder Mehrzahl sein kann:
Miss-Achtung = Achtung gegenüber Fräuleins oder Achtung eines Fräuleins (oder Achtung vor Fräuleins),
Miss-Bildung = Erziehung von Fräuleins oder Allgemeinbildung für Fräuleins,
Miss-Geburt = Geburt eines Mädchens (oder durch ein Fräulein),
Miss-Gunst = Gunst eines Fräuleins oder für ein Fräulein,
Miss-Heirat = Heirat eines Fräuleins (Miss als Genitiv oder Akkusativ),
Miss-Management = Leitung durch ein Fräulein oder von Fräuleins,
Miss-Mut = mutige Tat eines Fräuleins,
Miss-Stand = Familienstand eines Fräuleins,
Miss-Vergnügen = Vergnügung von oder für Fräuleins,
Miss-Verhältnis = Verhältnis zu einem Fräulein oder eines Fräuleins,
Miss-Verständnis = Verständnis für Fräuleins oder von Fräuleins,
Miss-Wirtschaft = Leitung durch ein Fräulein oder Gasthaus für Fräuleins.
Fazit: 1.) Deutsche Substantivkompositionen sind oft mehrdeutig.
2.) Die englische Miss kann das ganze ß-durch-ss-Ersetzen (hier bräuchte man doch ein Großbuchstaben-ß) zum Einsturz bringen, denn das deutsche Präfix "Miß" bedeutet etwas ganz anderes. Ein Hoch auf die englischen Fräuleins!
eingetragen von Norbert Schäbler am 25.05.2003 um 09.40
Liebe Frau Dr. Menges!
Was im Amtsblatt steht, steht nicht weiter zur Diskussion. Es ist Verfügung; amtliche und hoheitliche Verlautbarung.
Aufregen könnte man sich über so manche gesetzesähnliche Vorschrift, aber meist bringt es nichts, so daß die Lehrerschaft ihren Frust im passiven Widerstand auslebt.
Ich denke, Sie kennen den Unterschied zwischen dem Gesetzes- und dem Erlaßverfahren.
Ist bei ersterer noch der lebendige Hauch von Demokratie zu spüren, so gleitet die zweite Form zur Demokratur ab. Staatsgetragene Schule war nie etwas anderes!
In meinem Beitrag „Neue Hackordnung“ machte ich mich lustig über jene staatliche Restriktion. Ich berichtete, daß Ende der 90er Jahre sämtliche Schreiben, die die Schule verließen, vom Rektor redigiert und zensiert wurden. Insbesondere wurde dabei die strikte Einhaltung der neuen Rechtschreibung überwacht. Das sind Tatsachen.
Sollte sich daran etwas gelockert haben, dann ist das durchaus zu begrüßen.
Ein letztes: Wenn Sie von „moderner Schule“ sprechen, rollen sich bei mir die Fußnägel auf. Immer wieder berichten Sie davon, daß das Thema Rechtschreibreform auf Schulebene niemand mehr interessieren würde.
Das heißt doch nichts anderes, als daß die da oben aufatmen können, denn: „Es ist vollbracht!“
Ihre „moderne Schule“ ist ein Rückfall in Zeiten, die längst überwunden schienen. Ihre „moderne Schule“ entbehrt jeder Form von Mündigkeit. Ihre „moderne Schule“ ist eine „Schweigespirale“.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.05.2003 um 05.04
Komischerweise diskutiert hier niemand, was im Amtsblatt steht. Das ist wie in der Schule, wenn wir aus dem Amtsblatt zitieren. Ein bekanntes Bild- es ist hier so, wie im wirklichen Leben.
Lieber Norbert Schäbler,
oft sehe ich, wenn Sie schreiben, übrigens auch bei Herrn Grunden, dass Sie Ihr Handwerk wirklich verstehen. Schule halten ist handwerkliches Werkzeug zu kennen im Umgang mit den Schülern. Oft sprechen Sie mir oft aus der Seele, wenn Sie etwas aus der Schule berichten.
Allerdings haben Sie keinerlei Kenntnisse einer modern gestalteten Schule. Erstkommunionbriefe/Elternbriefe müssen keinesfalls den Schreibtisch der Schulleitung zum Korrigieren kreuzen. Es immer noch so, dass der/diejenigen, die unterschreiben für den Inhalt zuständig sind.
Anders bei den Zeugnissen, die ja doppelt unterschrieben werden. Die müssen in der gültigen Rechtschrift herausgegeben werden, denn da stehen ja zwei Unterschriften!
Schullandschaften sind äußerst unterschiedlich und hängen von vielerlei Faktoren ab. Gott sei Dank sind wir hier ein gutes Stück vorwärts gekommen. Übrigens ist gerade die Zeit der Klassenbildung, der Lehrerzuweisungen, die Ausrichtung auf das nächste Schuljahr und ... von der Rechtschreibung spricht auf unseren Tagungen keiner mehr, weder landes- noch bundesweit.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.05.2003 um 10.49
Lieber Herr Schubert!
Sie haben ja so „Recht“.
Habe ich doch soeben im Duden Band 9, auf Seite 281, unter dem Stichwort „-gemäß/-mäßig“ nachgeschaut. Da steht: „Die Präposition `gemäß` verlangt den Dativ (nicht den Genitiv) und steht meist nach, seltener vor dem Substantiv …“
Selbstverständlich leiste ich Abbitte und gelobe Besserung. Den Satz: „Man soll dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Mund reden (bzw. schreiben)“, will ich etwas ernster nehmen.
Günstling der regierenden Klasse will ich allerdings auch nicht werden. Ich weigere mich hartnäckig, deren Regulierungsstumpfsinn umsetzen zu helfen. Margels Gunst dagegen erfreut mich.
Die Frage, warum „eßbar“ leichter lesbar sein soll als das Wort „essbar“, könnten Sie eigentlich selbst beantworten.
1. „eßbar“ hat einen Buchstaben weniger. Das heißt: es genügt eine geringere Blickspanne.
(können Sie das mathematisch nachvollziehen?)
2. „eßbar“ hat eine Oberlänge mehr als „essbar“. Damit ist das Wort augenfälliger.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.05.2003 um 10.00
Lieber Margel!
Als langjähriger Ministrant muß ich ein leichtes Veto einlegen. Ihr Geschichtchen ist eindeutig zweideutig.
… aber dezent!
Die Sache mit dem „Strich“ ist nur angedeutet.
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 24.05.2003 um 09.47
Glückwunsch, Herr Schäbler, zu Margels Gunst. Aber es bleibt eine Frage: Wieso ist "eßbar" leichter lesbar als "essbar"? Weil man es schon immer so gesehen hat und leichter wiedererkennt?
Und noch eine Frage zu Ihrem Beitrag "Neue Hackordnung" von gestern, 19 Uhr: Konnte an Ihrer Schule ein Schriftstück den Tisch des Rektors passieren und die Schule verlassen, in dem es "gemäß des Rechtschreibedikts" (mit Genitiv!) hieß?
__________________
Peter Schubert
eingetragen von margel am 24.05.2003 um 09.40
Danke, Herr Schäbler, wir verstehen und - wie meistens -
prächtig.
Ich denke mir ein Geschichtchen aus. (Ich hab´s mit den Geschichtchen.)
Ich lerne eine junge Dame kennen. Ich fasse mir ein Herz und frage sie: "Wollen Sie mir Ihre Missgunst schenken ?"
Darauf sie: "Gern, ich bin heute gerade in Missstimmung."
Na, wenn das mal gutgeht!
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.05.2003 um 09.15
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Bindestriche sind überall dort sinnvoll, wo sie das Lesen erleichtern. Das kann bei ungewöhnlich langen Wörtern der Fall sein, aber auch bei kurzen Wörtern wie See-Aal. Zur Entschärfung von Dreifachkonsonanten sind sie nicht nötig. Um bei Ihren Beispielen zu bleiben: Wenn, wie Herr Dörner mitteilt, früher die Schreibung von Miß und Miss freigestellt war, brauchte man auch keinen Bindestrich, um die erfreuliche Missgunst von der unerfreulichen Mißgunst zu unterscheiden ...
Das ß (Regeln siehe Adelung) ist überall dort sinnvoll, wo es das Lesen erleichtert. Das kann bei ungewöhnlich langen Wörtern der Fall sein („Flußschiffahrtskapitän“), aber auch bei kurzen Wörtern (z.B. „eßbar“). Bei Verwendung der „Ligatur“ ß kommt es wesentlich seltener zu einer Anhäufung von drei Konsonanten in einem Wort.
…
Ein Beispielsatz für Margel: „Herr Schubert, dessen Missgunst in den vergangenen Tagen offenkundig wurde, wird trotz seines wohl wollenden Verhaltens mit übelster Mißgunst abgestraft.“
Noch 'ne bescheidene Frage:
Wie heißt eigentlich dieses englische Präfix, das dem deutschen "miß-" (neuerdings "miss-") entspricht?
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 24.05.2003 um 08.28
Herr Upmeyer, Margels Frage ist an Sie gerichtet. Mir fallen nur krampfhaft konstruierte Sätze ein: Schade, dass ich wegen der Missgunst so viel Mißgunst erlebe.
eingetragen von margel am 24.05.2003 um 07.58
Ihr gelehrten Herren,
wer erklärt mir inhaltlich die Begriffe oder bildet mal einen Beispielsatz, in dem "Miss-Stimmung", "Miss-Gunst" - meinetwegen auch "Mißgunst", Mißstimmung" - alle als von engl. "miss" abgeleitet- in normaler Sprache (also nicht krampfhaft konstruiert) vorkommen. Bitte auch kein "Spiegel-Deutsch", also irgendwelche Journalisten-Faxen.
Mit anderen Worten:Brauchbar für einen Eintrag im Wörterbuch.
eingetragen von Peter Schubert am 24.05.2003 um 06.28
Bindestriche sind überall dort sinnvoll, wo sie das Lesen erleichtern. Das kann bei ungewöhnlich langen Wörtern der Fall sein, aber auch bei kurzen Wörtern wie See-Aal. Zur Entschärfung von Dreifachkonsonanten sind sie nicht nötig. Um bei Ihren Beispielen zu bleiben: Wenn, wie Herr Dörner mitteilt, früher die Schreibung von Miß und Miss freigestellt war, brauchte man auch keinen Bindestrich, um die erfreuliche Missgunst von der unerfreulichen Mißgunst zu unterscheiden ...
__________________
Peter Schubert
eingetragen von Henning Upmeyer am 23.05.2003 um 17.03
,wie es Reformbefürworter vorschlagen, führt bei "Miss-" erst richtig zu Mißverständnissen. Das hatte ich zu erwähnen vergessen. Bindestriche sind nur wirklich notwendig, wo sie Mißdeutungen verhindern, und nicht zur Verschönerung häßlicher Schriftbilder mit Dreifach-s. Das gehört zur Kritik an der Rechtschreibreform.
eingetragen von Norbert Schäbler am 23.05.2003 um 17.00
Herrn Grundens Fundstück – ein Elternrundbrief anläßlich der Erstkommunion – wurde offensichtlich nicht probegelesen.
Was läßt sich daraus schließen?
Immerhin war es Ende der 90er Jahre und auch im Jahre 2001 noch üblich, daß jedes Schriftstück, das die Schule verließ, über den Schreibtisch des Rektors wandern mußte. Dort wurde es gemäß des Rechtschreibediktes verhackstückt.
Wenn ich allerdings den von Herrn Grunden zitierten Elternrundbrief so analysiere, dann komme ich zu der Erkenntnis, daß neuerdings ganz offensichtlich wieder jeder Lehrer bzw. jede Lehrerin frei darauf loshacken darf, und daß die Obrigkeit die Zügel lockert.
Ist das nicht schön?
__________________
nos
eingetragen von Christian Dörner am 23.05.2003 um 14.31
Zitat:Bei der englischen Miß bzw. Miss war die Schreibung bisher freigestellt.
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Upmeyer, die SZ-Überschrift ist gelungen, auch Ihre Beispiele sind gelungen. Aber das hat nichts mit der RSR zu tun. Nach alter Rechtschreibung musste eben überall, auch bei der englischen Miß, ein ß stehen. Dann hätte man genau so sorgfältig zwischen Mißstimmung und Miß-Stimmung unterscheiden müssen.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Peter Schubert am 23.05.2003 um 13.22
Herr Upmeyer, die SZ-Überschrift ist gelungen, auch Ihre Beispiele sind gelungen. Aber das hat nichts mit der RSR zu tun. Nach alter Rechtschreibung musste eben überall, auch bei der englischen Miß, ein ß stehen. Dann hätte man genau so sorgfältig zwischen Mißstimmung und Miß-Stimmung unterscheiden müssen.
eingetragen von Henning Upmeyer am 23.05.2003 um 12.58
Die Süddeutsche Zeitung hat es begriffen:
S.Z. v.23.5.03, Seite 1: "Gestern Abend in den Kammerspielen: Lessings Miss Sara Sampson: Kein Missverständnis, sondern ein Miss-Verständnis"
Gemischt deutsch-englische Wörter sind durch Bindestrich zu trennen, wenn sonst Mißverständnisse entstünden.
Hier noch weitere gleichartige Vorschläge (in Reformschreibung):
Missachtung - Miss-Achtung, Missbehagen - Miss-Behagen, Missbeschaffenheit - Miss-Beschaffenheit, Missbildung - Miss-Bildung, Missbrauch - Miss-Brauch, Misserfolg - Miss-Erfolg, Missfallen - Miss-Fallen, Missgeburt - Miss-Geburt, Missgeschick - Miss-Geschick, Missgestalt - Miss-Gestalt, Missgunst - Miss-Gunst, Misshandlung - Miss-Handlung, Missheirat - Miss-Heirat, Missjahr - Miss-Jahr, Misskredit - Miss-Kredit, Missklang - Miss-Klang, Missmanagement - Miss-Management, Missmut - Miss-Mut, Missstand - Miss-Stand, Missstimmung - Miss-Stimmung, Misston - Miss-Ton, Misstrauen - Miss-Trauen, Missurteil - Miss-Urteil, Missvergnügen - Miss-Vergnügen, Missverhältnis - Miss-Verhältnis, Missverstand - Miss-Verstand, Misswirtschaft - Miss-Wirtschaft.
Wir kommen da nur wieder heraus, wenn wir "miss-" = "un-" in Zukunft mit nur einem "s" als "mis-" schreiben.
eingetragen von Theo Grunden am 23.05.2003 um 07.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Deutsch – oder auch die deutsche Sprache in Wort und Schrift – ist sozusagen Unterrichtsmedium, ist Träger der Gedanken.
Zu meiner Seminarzeit erklärte man „Deutsch“ zum Unterrichtsprinzip, was nichts anderes heißt, als daß man der deutschen Sprache (in Wort und Schrift) eine gewisse Wertschätzung verlieh. Lehrer wurden angehalten, ihre Tafelanschriften und Arbeitsblätter korrekt ... zu gestalten, ...
Dieser Satz kam mir sofort wieder in den Sinn, als ich gestern den Zettel las, den mein Sohn aus der Grundschule mitbrachte – und dessen Text so endete:
Es wünscht den Katholiken von Ihnen erst einmal ein wunderschönes Erstkommunionwochenende und auch an alle anderen freundliche Grüße
die Klassenlehrerinnen
(Name), (Name)
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2003 um 17.19
Das folgende amtliche Regelwerk, mit einem Regelteil und einem Wörterverzeichnis, regelt die Rechtschreibung innerhalb derjenigen Institutionen (Schule, Verwaltung), für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung hat. Darüber hinaus hat es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung Vorbildcharakter für alle, die sich an einer allgemein gültigen Rechtschreibung orientieren möchten ( das heißt Firmen, speziell Druckereien, Verlage , Redaktionen - aber auch Privatpersonen). Diese Regelung ersetzt jene von 1902 und alle anschließenden Ergänzungsverordnungen.
Die neue Regelung ist folgenden Grundsätzen verpflichtet:
* Sie bemüht sich um eine behutsame inhaltliche Vereinfachung der Rechtschreibung mit dem Ziel, eine Reihe von Ausnahmen und Besonderheiten abzuschaffen, so dass der Geltungsbereich der Grundregeln ausgedehnt wird.
* Sie verfolgt eine Neuformulierung der Regeln nach einem einheitlichen Konzept.
Grundlagen der Schreibung:
---
Die Schreibung der deutschen Sprache wird durch folgende ... grundlegende Beziehung geprägt:
* die Beziehung zwischen Schreiben und Lautung
* die Beziehung zwischen Schreiben und Bedeutung
...
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 21.05.2003 um 21.36
Das "irreführen", das von "in die Irre führen" kommt, muß zusammengeschrieben werden, 1.) weil dann Wörter eingespart werden und 2.) weil es bei Getrenntschreibung mit der Kombination des Adjektiv-Adverbs "irre" = "toll" (Ugs) mit "führen" zu "irre führen" = "toll führen" kollidieren würde und "irre führen" daher schon mit anderer Bedeutung besetzt ist.
eingetragen von Norbert Schäbler am 21.05.2003 um 18.33
Es würde momentan ein wenig zu weit führen, über Reversibilität und Irreversibilität zu sprechen – Frau Menges hat dieses Thema in ihrem Beitrag angedeutet – doch möchte ich den Gedanken zumindest ein wenig (wenn auch polemisch) weiterspinnen, weil er wesentlich ist, besonders mit dem Blick auf das Rechtschreibedikt.
Das vorliegende Rechtschreibedikt ist etwas Irreversibles. Weil es ins Leben gerufen wurde, muß es bleiben, obwohl die sog. Rechtschreibreform nur von einer verschwindend kleinen Menschengruppe gemacht wurde, die weder Respekt vor dem Gewachsenen hatte, noch Ängste empfand, Tabus zu brechen.
Seltsam dabei ist nur, daß diese Menschen (jene schmähliche Minderheit von Reformern nebst ihrer politischen Schirmherren) mit den selbstangemaßten Mitteln der Tabuisierung, Einschüchterung und Machtüberhöhung arbeiten, um die Macht des ehemals Faktischen (d.h. des aus der Mitte der Sprachgemeinschaft heraus Gewachsenen!) zu zerstören. Ich nenne das Regulierungswahn der egozentrischen Inkompetenz.
Zum Thema, liebe Frau Menges!
Nicht jeder Fachbereich hat die gleiche Wertigkeit, und vor allen Dingen ist nicht zu vergessen, daß hierzulande die Unterrichtung in der hiesigen Sprache abläuft. Deutsch – oder auch die deutsche Sprache in Wort und Schrift – ist sozusagen Unterrichtsmedium, ist Träger der Gedanken.
Zu meiner Seminarzeit erklärte man „Deutsch“ zum Unterrichtsprinzip, was nichts anderes heißt, als daß man der deutschen Sprache (in Wort und Schrift) eine gewisse Wertschätzung verlieh. Lehrer wurden angehalten, ihre Tafelanschriften und Arbeitsblätter korrekt (nicht zu verwechseln mit political …) zu gestalten, Wort- und Satzruinen der Schüler zu korrigieren und schließlich auf möglichst charmante Art im Bereich des Schülerschriftwesens Korrekturen zu erstellen.
Heute ist das anders! Das Kultusministerium maßt sich an, den Lehrern vorzuschreiben:
- daß diese ihre gesamte Kommunikationsroutine aus dem Gedächtnis streichen,
- und daß sie sich einem Umerziehungsprozeß beugen, der darauf hinausläuft, sämtliche Werte auf den Kopf zu stellen (z.B. : Schule bestimmt fortan das gesellschaftliche Leben!)
- daß …
Ich bleibe bei meiner These: Deutsch als Unterrichtfach verlangt Selbstdisziplin. Heute mehr denn je!
Und übrigens: Danke, Herr Grunden. Ich weiß Ihren Beitrag zu schätzen.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 21.05.2003 um 16.24
Sie fragen, ob wir eine Angleichung finden werden bei welcher Sache bzw. welchem Thema? Und welches ist das ursprüngliche Diskussionsthema, das ist nicht vergessen soll? Ich scheine gerade ein wenig den Faden bzw. mehrere der vielen Fäden zu verlieren, die wir hier gedanklich spinnen...
Aber daß ich vorschnell aufgeben würde, ist mir nicht bewußt; Sie kennen doch meine Geduld und Zähigkeit, nicht wahr?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2003 um 16.11
Bitte vergessen Sie nicht die ursprüngliche Diskussion, Herr Wagner und geben Sie doch nicht so vorschnell auf, sonst muss ich an Ihrer Wurzel des Schreibens zweifeln.
Wurzeln des Schreibens können durchaus vielfältig sein. Lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken:
Ihre Frage intendiert die einfache Antwort: Das Schreiben hat ihre Wurzeln darin, dass möglichst viele Leser die Schrift lesen.
Das ist aber nur ein Faktor. Die wissenschaftliche Schrift will ihre Erkenntnisse preisgeben, Erkenntnisse aus der Forschung oder dem Nachdenken über Worte und Sätze, Schreiben kann Klarheit verschaffen über philosophische Themen, Schreiben hat vielerlei Wirkungen, unter anderem den therapeutischen Effekt, das Üben des Schreibens, Schreiben im Sinne von Malen, Mitteilungsbedürfnis, sich selbst klar werden über verschiedene Wege ... Hier schreibe ich nur einen winzigen Teil aus dem Gebiet der Schrift.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2003 um 15.56
B Getrennt- und Zusammenschreibung
0 Vorbemerkungen
...
(2) Bei der Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung wird davon ausgegangen, dass die getrennte Schreibung der Wörter der Normalfall und daher die Zusammenschreibung regelungsbedürftig ist.
...
Gliederung nach der Wortart der Zusammensetzung:
Verb
Adjektiv und Partizip
Substantiv
Andere Wortarten
Ich frage mich bloß, warum man bei der Regel B 0 (2) soviele Seiten der Ausnahmen der Getrenntschreibung beschreiben muss und soviele Beispiele in jedem Fall gelten: Dank sagen und danksagen, gewährleisten und Gewähr leisten
Partikel und Verb werden zusammengeschrieben .. verblasstes Substantiv und Verb... heimbringen, irreführen ... etc. etc.
Ich frage mich nur, wozu der Satz (2) überhaupt da ist.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 21.05.2003 um 15.44
Zitat:Liebe Frau Menges, mir ist leider völlig unklar, was Sie hier meinen. Können Sie es nochmal mit anderen Worten erklären? Bitte! Danke!
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Was eindeutig doppelbödig im Amtsblatt beschrieben ist, kann auch eindeutig gestrichen werden. Darauf wird dann gar nicht eingegangen, sondern nur per Erlass geschrieben. Wenn das so ist (wäre) wird ein neuer Duden gedruckt. Fertig. Man sollte eben doch öfters in der Bibel lesen!
Ach, und noch etwas (um auf das vordisziplinarische Diskussionsthema zurückzukommen): Wie angekündigt, will ich wiederholt etwas zu Ihrer These nachfragen:R. Menges:Ja, das stimmt jedoch: Worin liegt die Wurzel des Schreibens?
Die These stimmt:
Die Schrift hat ihre Wurzeln im Schreiben.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2003 um 15.38
Das Unterrichten verlangt höchste Selbstdisziplin.
Damit ist klar, dass alle Fächer höchste Selbstdisziplin verlangen. Das Unterrichten tritt hier in den Vordergrund. Wie stelle ich etwas vor, wie mache ich etwas daraus. Die Kausalität und die Unverwechselbarkeit einer Person sind hier durchaus gefragt. Warum sollte es nur das Fach Deutsch sein und damit verbunden die Frage nach der Rechtschreibung? Und die Frage nach der Rechtschreibung beschäftigt uns in jedem Fach. Wer Disziplin fordert braucht selbst höchste Disziplin! Wer seine Schüler schweigen lässt, muss selber schweigen können. Wer seine Schüler diskutieren lässt, muss selbst diskutieren können.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 21.05.2003 um 08.05
Natürlich ist der von Platon beschriebene und benutzte Weg nicht der einzige, sinnvoll mit Thesen umzugehen, sondern nur ein möglicher. Wenn eine These eine Aussage beinhaltet, bei der mittels logischer Kriterien über „wahr“ oder „falsch“ entschieden werden kann – die auffallend oft falsche Verwendung des vielzitierten ‚Umkehrschlusses’ liefert die besten Beispiele dafür – , oder bei welcher der Wahrheitsgehalt sich durch Beobachtungen oder andere geeignete Maßnahmen leicht feststellen läßt, erübrigt sich selbstverständlich das Aufstellen einer Antithese, und damit auch das Bemühen um eine Synthese.
Leider sind diese o.g. Voraussetzungen aber nicht immer gegeben, so daß man dann doch besser „platonisch verfährt“. Wenn man dann aber nach Veröffentlichung einer These und trotz deutlicher Aufforderung zum Aufstellen (wenigstens) einer Antithese keine solche bekommt, kann das zwei Gründe haben:
a) Die These ist so abwegig, so banal, so trivial, so evident, so ... , daß niemand auf den Gedanken käme, auch nur einen solchen für das Formulieren einer Antithese zu verschwenden.
b) Die These „hat was an sich“, man beschäftigt sich mit ihr, vielleicht sogar intensiv, man findet aber einfach keine Antithese, die der These ernsthaft das Wasser reichen könnte. Damit würde die These allmählich zur Synthese und dürfte somit auch als (einigermaßen) gesicherte Erkenntnis verbreitet werden.
(Soviel zu dem durchaus möglichen Fall, lieber Herr Schäbler, daß ihnen niemand eine Antithese zu „Deutsch als Unterrichtsfach verlangt Selbstdisziplin!“ reicht.)
eingetragen von Henning Upmeyer am 20.05.2003 um 19.41
Wenn man wirklich das Scheiben erleichtern will, ohne daß die Verständlichkeit leidet, könnte man alle "ai" in französischen Fremdwörtern einheitlich schreiben, entweder alle mit "ai" oder alle mit "ä". Jeder weiß, wie man es aussprechen muß.
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.05.2003 um 17.15
Was eindeutig doppelbödig im Amtsblatt beschrieben ist, kann auch eindeutig gestrichen werden. Darauf wird dann gar nicht eingegangen, sondern nur per Erlass geschrieben. Wenn das so ist (wäre) wird ein neuer Duden gedruckt. Fertig. Man sollte eben doch öfters in der Bibel lesen!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.05.2003 um 16.38
Besonderheiten bei (s):
§ 25
Für das scharfe (stimmlose) (s) nach langem Vokal oder Diphtong schreibt man ß, wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt.
Maß, Straße,...
Ausnahme: aus
Diskussionsbedarf?
§ 26
Folgt auf das s, ss, ß, x oder z eines Verb- und Adjektivstammes die Endung auf -st der 2.Person Singular bzw. die Endung -st des Superlativs, so lässt man das -s der Endung weg.
du reist, du hasst, du reißt, ...
Probleme?
S. 31:
Doppelschreibungen:
Es sind Doppelschreibungen erlaubt:
Joghurt- Jogurt
-photo- foto
Delphin-Delfin
phantastisch-fantastisch
Spaghetti-Spagetti
Drainage-Dränage
Beides ist eindeutig erlaubt! Ich werde mich weiter durch das Amtsblatt lesen! Wusste bislang noch gar nicht, dass mich dies so brennend interessieren würde.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 20.05.2003 um 12.41
Getrenntschreibung als der neue Normalfall,
leichter schreibbar aber schwerer verständlich:
"Selbst ernannte Profis ließen sich Veruntreuungen zu Schulden kommen."
Komponiert aus Artikeln der Südd. Zeitg v. 20.5.03
Mein Kommentar: "selbst" kann auch "sogar" bedeuten, und Veruntreuungen führen zunächst zu Guthaben für den Veruntreuer.
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.05.2003 um 17.44
Polemik haftet mir am Leib, und ich wäre froh, wenn Antithesen zu meinen Behauptungen entworfen würden, damit man zu Synthesen käme.
Ich stellte die These auf, daß „Deutsch als Unterrichtsfach“ Disziplin verlange – welche Art von Disziplin hatte ich nicht gesagt, meinte aber die Selbstdisziplin.
Ein Exkurs:
Die Rechtschreibreform empfinde ich als Disziplinierung von außen. Sie strotzt vor Formalismen und Beliebigkeiten – wurde sie doch gefertigt von einer zwölfköpfigen Kommission, die in sich selbst zerstritten war und deren Mitglieder (laut Äußerungen des verstorbenen Dudenchefs) sich geistig und charakterlich entblätterten …
Eine Staatsmacht, die derartiges deckt, verdient nicht das Prädikat „demokratisch“!
Eine Staatsmacht allerdings kann disziplinieren. Das ist typisch „deutsch“!
Selbstdisziplin ist auch etwas Deutsches. Sie kann bis zur Selbstzerfleischung gehen.
Die Disziplin, die ich meine, entspringt allerdings der eigenen Begeisterung, dem Wissen, dem beständigen Lernwillen und der Faszination für alles Wahre, Gute und Schöne (so ähnlich steht es in der Bayerischen Verfassung).
Ich habe die falschen Propheten so dicke satt, die sich stetig als progressiv und veränderungswillig ausgeben – die den Konservatismus verhohnebibbeln, aber selbst nicht den Hauch von Selbstdisziplin haben, der sie ermächtigen würde, einer falschen Weltanschauung zu widersagen.
Auch das mußte gesagt werden.
Meine These: „Deutsch als Unterrichtsfach verlangt Selbstdisziplin!“
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 19.05.2003 um 16.28
Meine ultimative Meinung zur Rechtschreibreform:
"Der Zahn der Zeit, der schon viele Tränen trocknete, wird auch diese Wunde heilen."
Zitat nach Uli Dost, Pressechef von Bayer Leverkusen, aus der Süddeutschen Zeitung vom 19.5.03, Sport.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.05.2003 um 10.42
Der Genauigkeit halber: Gelesen habe ich schon eine Menge Etruskisches, denn es wurde in einem dem westgriechischen ähnlichen Alphabet niedergeschrieben. Leider konnten nur wenige Wörter bisher erraten werden, denn es handelt sich um eine nichtindogermanische Sprache ohne bekannte nähere Verwandte.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Henning Upmeyer am 19.05.2003 um 09.59
Für Nichtgriechischkundige: "These" kommt von "Thesis" und das kommt vom Perfekt von "tithämi" = stellen, legen und bedeutet "aufgestellte Behauptung". Laut Platon oder anderen wird erst aus dem Dialog von These und Antithese eine Synthese als gesicherte Erkenntnis (obwohl Sokrates immer behauptet hat, er wisse nur, daß er nichts wisse). Erst gesicherte Erkenntnisse sollte man ausführen.
Es gibt einige bedeutende Schriften, die man bis heute nicht verstehen kann: Z.B. das kretische Linear-A und die etruskische Schrift. Vielleicht sollte die nicht jeder verstehen können, weil damit der Reichtum des Königs verzeichnet wurde, der das Volk nichts anging und Feinde nicht begehrlich machen sollte. Deshalb waren diese Schriften absichtlich äußerst kompliziert.
– geändert durch Henning Upmeyer am 19.05.2003, 20.57 –
eingetragen von Theo Grunden am 19.05.2003 um 09.24
... und zu ihnen sei ein wenig Logik gestattet. Mit ihrer Einschätzung, die These "Die Schrift ist zum Lesen da" stimme nur teilweise, irrt Frau Menges.
Da die These ja nicht sagt, die Schrift sei ausschließlich zum Lesen da, stimmt sie sehr wohl, und zwar ohne Einschränkung! Die Gültigkeit der These „Schwimmen ist gesund“ ist ja auch nicht dadurch eingeschränkt, daß z.B. auch Laufen gesund ist. Und wenn jemand sagt, Wasser sei zum Waschen da, hat er recht; die Tatsache, daß man Wasser auch trinken kann, ändert daran nichts, auch nicht teilweise!
Und mit ihrer Behauptung „Würde niemand schreiben könnte die These Nr. 1 nicht durchgeführt werden“ bringt sie einen vollkommen neuen Aspekt ins Spiel: den der Durchführbarkeit von Thesen. Ich vermute, für Beamte gibt es sicherlich auch dafür Durchführungsbestimmungen (so wie die zur RSR-Umsetzung an Schulen, die einem unbestätigten Gerücht zufolge damals so begann: „Die Neuregelung zur Rechtschreibung ist an den Schulen sofort in Kraft zu treten“).
;-)
eingetragen von Henning Upmeyer am 19.05.2003 um 08.03
Im Gegensatz zu Naturwissenschaft und Technik, wo es lehrermeinungsunabhängige Formeln gibt, deren Kenntnis und Einhaltung die Note bestimmt, ist die Sprachennote in den höheren Klassen, wo es nicht mehr um Grammatik, sondern um Literaturinterpretation geht, voll von der Meinung des Lehrers abhängig und besteht die Kunst der Schüler darin, diese herauszufinden und wiederzukäuen. Sogar für den "richtigen" Schreibstil gilt das. Anscheinend ist das vom Ministerium vorgegeben, denn mit tieferer Kenntnis der Wortbildungslehre und der historischen Abstammung der Wortwurzeln könnte man einen hochinteressanten Unterricht veranstalten und würde eine viel tiefere Einsicht in die Sprache und Kulturgeschichte vermitteln. Welcher Englischlehrer ist schon in der Lage, ein Wort nach seiner Abstammung als altsächsisch, altnordisch, festlandskandinavisch, frankonormannisch, neufranzösisch oder lateinische Neubildung einzuordnen? Deutsch könnte ein hochinteressantes Fach sein ohne die schrecklichen Gedichtinterpretationen. Das mußte mal gesagt werden.
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.05.2003 um 06.33
These: Es ist nicht möglich, Rechtschreibung in Form eines Ediktes zu lehren und zu lernen.
Denn es ist bekannt, daß Rechtschreibung:
- auf gesellschaftlicher Akzeptanz beruht,
- keine Regulierung von außen her benötigt, weil sie sich automatisch an die Bedürfnisse der Zeit anpaßt,
- aus sich selbst heraus zu höchst sensiblen, äußerst präzisen und rationellen Ergebnissen kommt,
- …
Das heißt: Jede didaktische Rechtschreibanalyse, die sich nicht an der Entwicklung orientiert und sich statt dessen dem aufgepfropften Neuen verschreibt, muß scheitern.
Tatsache aber ist, daß derartig unvollständige Sachanalysen gang und gäbe sind:
- weil die Lehrer keinen Ärger mit dem Dienstherren bekommen wollen,
- weil die Schüler die leichteren Formen des Lernens bevorzugen,
- weil Schule das gesellschaftliche Leben und Streben widerspiegelt,
...
These 2: Deutsch als Unterrichtsfach ist eine Sache der Disziplin.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.05.2003 um 21.15
Zitat:Liebe Frau Menges, Sie irren sich, denn mit der Bibel bringen Sie ja eines der besten Beispiele dafür, worum es beim Schreiben eigentlich geht! Und das ist fast noch besser, als wenn Sie sich die Mühe gemacht und meine Fragen beantwortet hätten. Eine will ich allerdings wiederholen, und ich fürchte, ich werde dies oft tun müssen.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Bibel scheint Sie doch ein wenig umgeworfen zu haben in Ihrer Argumentation!
R. Menges:Ja, diese These stimmt. Aber ist sie der Weisheit letzter Schluß? Wohl kaum! Ist es illusorisch, hier zu tieferen Erkenntnissen vorzustoßen? Das kommt auf den Vesuch an, ob sich die Kette des wozu? weiterspinnen läßt:
Die These stimmt:
Die Schrift hat ihre Wurzeln im Schreiben.
J.-M. Wagner:Also konkret: Warum wurde die Bibel aufgeschrieben? Sie geben die Antwort doch schon selbst, liebe Frau Menges:
Hm, und worin liegt die Wurzel des Schreibens?
R. Menges:Was ist das Ziel der ganzen Aktion, angefangen bei den Evangelisten:
Ein gutes Beispiel ist die Bibel. Diese Schrift ist nicht zum Schreiben da! Richtig!
Aber die Evangelisten haben diese Schriften aufgeschrieben. Vorher wurde geschrieben und bis heute wird gelesen. Die Bibel wurde und wird vielfach übersetzt, die jeweilige Rechtschreibung ist nicht das Wichtigste dabei, sondern die Übersetzungen für möglichst viele Leser.
R. Menges:Das ist richtig, aber wozu das alles? Was gehört noch zum Bereich des gedanklichen Konstruktes außer dem Text selbst? Was ist die Absicht der Schreibenden?
Das gedankliche Konstrukt muss stehen, dann erst kommt die Schrift und zum Schluss die Lesenden.
R. Menges:Fazit: Es kommt auf das Erreichen der Leser an, und zwar möglichst vieler! Worin also hat das Schreiben (der Bibel/ganz allgemein) seine Wurzeln?
[...] möglichst viele Leser.
Sehen Sie, Frau Menges? Ihr Beispiel mit der Bibel bestätigt ganz hervorragend, daß das Schreiben nicht der Kern der Sache ist. Das Schreiben ist zwar in der Praxis unumgänglich notwendig, damit sich das Lesen anschließen kann, aber genauso notwendig geht dem Schreiben etwas voraus und letzteres ist der Kern, um den es geht!
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Lachenmann am 18.05.2003 um 19.46
Robert Braithwaite Martineau (1826-1869)
Kit tut sich deutlich schwer, und RenateMaria sieht es mit Sorge. Vielleicht sollte man sich in Fragen der Rechtschreibung lieber nicht nach der Meinung von Jungerwachsenen richten.
Das Blasen auf dem Kamm ist auch leichter und macht zunächst einmal mehr Spaß als das mühsame Erlernen von Klarinettespielen, bei dem man viel üben muß. Es geht beim Schreibenlernen um den Erwerb einer kulturellen Fertigkeit, und dies sollte in den Schulen wie vor der Reform von Beginn an in einem System stattfinden, das jeder für die Ansprüche des Alltags erlernen kann, das sich aber auch zu höchsten wissenschaftlichen und literarischen Leistungen verfeinern läßt. Diese Verfeinerung ist mit den neuen Regeln nicht in dem Maße möglich, wie es mit der herkömmlichen Orthographie der Fall war. Da muß man nicht Kinder nach ihrer Meinung fragen, denn woher sollen die das wissen? Außerdem sagen Kinder immer das, was die Lehrerin gerne hören will. Und man kann natürlich auch Mozarts »Kleine Nachtmusik« auf die Simplizität einer Warteschleife von Anrufbeantwortern reduzieren. Die Melodie ist schon noch erkennbar, aber wie klingt das? So geht es auch mit Sprache, wenn man sie vereinfachen will, und wie armselig da vieles wird, können wir täglich in den Zeitungen, aber auch in den neuen Schul- und Jugendbüchern lesen.
– geändert durch Walter Lachenmann am 19.05.2003, 15.38 –
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Henning Upmeyer am 18.05.2003 um 19.46
2.) Einfachere oder genauere Wortwahl und Schreibweise?
Zu 1.): Wer nicht schon während des Schreibens bei jeder Wortwahl und Schreibweise prüft, ob andere es genau so verstehen, wie es gemeint ist, kommt nie zu einem guten und verständlichen Schreibstil.
Zu 2.): Es geht nicht um die möglichst einfache, sondern um die möglichst genaue Wortwahl. Das sollten auch Grund- und Hauptschüler lernen. Untereinander können sie sich mit Wischiwaschi-Ausdrücken verständigen, aber z.B. sobald sie in der Lehrzeit eine Tätigkeit beschreiben sollen, ist es damit aus und wird Genauigkeit im Ausdruck verlangt. Sich genau auszudrücken hat unser Mathelehrer unermüdlich angemahnt, und das gilt nicht nur für die Mathematik, sondern auch für Geschäftsbriefe, Angebote, Verträge usw. usw. Wer das nicht beherrscht, kann auch die Fallen eines Angebotes oder Vertrages nicht entdecken. Wir wollen keine "Unterschichtsprache fürs einfache Volk", sondern Bildung für alle. Das ist nicht an Hochdeutsch gebunden. Wir sind nicht in England mit seinen lateinischen Hardwords für die Upperclass-Sprache. Wir haben genügend gute deutsche Wörter und sollten sie uns nicht verbieten lassen, schon gar nicht von den Lehrern. Freiheit für die Wörter!
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.05.2003 um 18.39
Lieber Herr Schäbler,
heute ist es Sonntag - da gibt es auch bei uns in Bayern keine Schule. Da können Sie erfahren, dass solche Themen auch außerhalb der Arbeit Spaß machen können! Von Spaßschule kann da keine Rede sein.
Die Bibel scheint Sie doch ein wenig umgeworfen zu haben in Ihrer Argumentation!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Norbert Schäbler am 18.05.2003 um 18.28
Zitat Dr. Menges: "Es freut mich schon, wenn Sie sich überhaupt auf solch eine trockene Materie einlassen."
Welch ein Armutszeugnis. Das ist doch Spaßschule pur!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.05.2003 um 18.15
"Die Schrift ist nicht zum Schreiben da"!
Ein gutes Beispiel ist die Bibel. Diese Schrift ist nicht zum Schreiben da! Richtig!
Aber die Evangelisten haben diese Schriften aufgeschrieben. Vorher wurde geschrieben und bis heute wird gelesen. Die Bibel wurde und wird vielfach übersetzt, die jeweilige Rechtschreibung ist nicht das Wichtigste dabei, sondern die Übersetzungen für möglichst viele Leser.
Die These stimmt:
Die Schrift hat ihre Wurzeln im Schreiben.
Das gedankliche Konstrukt muss stehen, dann erst kommt die Schrift und zum Schluss die Lesenden.
So ist es gerechtfertigt diese Gesetzmäßigkeit durchzudenken.
Was kommt beim Kinde zuerst? Lesen oder Schreiben? Ich kenne 3-jährige, die bereits Ortsschilder buchstabieren, also Lesen. Ich kenne 5-jährige, die Buchstaben schreiben und dadurch auch das Lesen lernen. In der 1. Grundschulklasse beginnt der Lehrer die Schüler im Schreiben und Lesen zu unterrichten, wobei das Lesen das Schreiben und umgekehrt unterstützt. Diese Lehre gelingt sowohl bei Hochbegabten als auch bei Entwicklungsverzögerten.
Heute habe ich mit Jungerwachsenen unterhalten über ss-ß-s. Sie schauen mich immer etwas versonnen an, wenn ich mit so einem Thema komme, aber sie sind durchaus daran interessiert. Selbst diese Jugendlichen finden doch "Grüse" etwas sonderbar und erfreuen sich am ß. Allerdings sind alle, die ich befrage, für die neue Rechtschreibung. Sie sei etwas leichter: Besorgnis erregend sei für ihren Geschmack einfacher. Es freut mich schon, wenn Sie sich überhaupt auf solch eine trockene Materie einlassen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.05.2003 um 14.02
Zitat:Zur ersten These hat Herr Schäbler angemerkt, daß sie hier falsch zitiert sei. Daran bin ich schuld, denn ich hatte in meinem Beitrag die Frage aufgeworfen, wozu die Schrift da sei und dabei auf das Lesen hingewiesen. Kommen wir aber sofort zur inhaltlichen Kernfrage:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
1. Die These: "Die Schrift ist zum Lesen da", stimmt nur teilweise.
2. Es muss ebenfalls genannt werden, dass "Rechtschreiben eine Sache des
Schreibens" ist.
R. Menges:Hm, und worin liegt die Wurzel des Schreibens? Darum soll es hier noch einmal gehen.
Die Wurzel der Schrift liegt im Schreiben.R. Menges:Das läßt sich m. E. so zusammenfassen: Es muß geschrieben werden, damit gelesen werden kann. Was an dieser Aussage gibt die technische Voraussetzung, was den inhaltlichen Zweck an? Hier wird bereits deutlich, daß das Eigentliche das Lesen ist denn wozu sollte ich etwas aufschreiben, wenn ich schon weiß, daß es keiner lesen wird, nicht einmal ich selber?
Würde niemand schreiben könnte die These Nr. 1 nicht durchgeführt werden.
Zuerst wird geschrieben, damit hernach gelesen werden kann ( vgl. Höhlenschriften).
Schreibt niemand, kann es niemand lesen.
Darum wundert mich die These 1. Es muss jemanden geben, der diese Schrift erzeugt,
seine Gedanken also in abstrakte Formen einer Buchstabenabfolge bringt. Es muss jedenfalls
jemanden geben, der dieses abstrakte Gebilde lesen kann.
R. Menges:Welche Bedeutungen kann zu etwas da sein alles haben? Stimmen in Ihrem Satz, liebe Frau Menges, auf das Schreiben und das Lesen bezogen, die jeweiligen Bedeutungen überein? Nein, sage ich: Das eine zu etwas da sein betrifft den praktischen Anwendungszweck der Rechtschreibung: Beim Scheiben hat man eine Anleitung, wie man richtig schreibt. Das andere zu etwas da sein ist der tiefere Sinn des Verwendens dieser Anleitung, die Begründung dafür, warum das als richtig gilt, was in der Anleitung steht: Ich mache es so, weil ich möchte, daß das, was ich mitteilen oder ausdrücken will, von möglichst vielen Menschen möglichst genau so verstanden wird, wie ich es meine.
Also ist die Rechtschreibung zum Schreiben und zum Lesen da.
R. Menges:Was genau bedeutet hier »ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben«? Natürlich ist die Rechtschreibung nicht einfach so vom Himmel gefallen, sondern sie ist von Menschenhand geschaffen worden aber wie? Ist für die Entstehungsgeschichte der Rechtschreibung die Beschreibung von Menschen ausgedacht wirklich passend und treffend? Ich bezweifle es, denn letztlich ist es völlig unspezifisch es läßt sich von allem sagen, was die Menschheit im Laufe ihrer Existenz an Werken, Verfahren, Konzepten, Ideen, Theorien etc. hervorgebracht hat.
Der Schreiber benutzt ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben, Kinder und Erwachsene lernen und umsetzen, Schriftsteller und Schriftsetzer für viele zugänglich machen, also Lesestoff erzeugen.
R. Menges:Wer ist wir? Warum bringen Sie in dieser Diskussion zum x-zigsten Male diese Behauptung an? Worum geht es in dieser Diskussion eigentlich?
Es ist sicher, dass man heute nicht mehr so wie die Großmutter schreiben möchte, denn Sprache ist lebendig und damit hat sich sowohl Inhaltliches als auch Systematisches geändert. Eine Änderung sollte durch ein natürliches Verhältnis zur Schrift verändert werden oder durch Probeläufe evaluiert, wie es hier wiederholt geschrieben wurde.
Warum es bei uns so weit gekommen ist, dass man die Evaluierung einfach in den Wind schlug, weiß ich schon, richtig war es allenfalls nicht. Tatsache ist aber, dass wir heute diese derzeit gültige Schrift umsetzen.
R. Menges:Das letztere freut mich mehr als des erstere!
Früher oder später frägt keiner mehr nach der nachfolgenden Diskussion zur Rechtschreibumsetzung, es wird vielmehr eine weitere Lockerung der Schriftsprache geben. Trotzdem werden wir uns weiterhin um eine Analyse der "ss, s, ß" bemühen, Herr Wagner.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 18.05.2003 um 10.00
Liebe Frau Dr. Menges,
ich war erst verblüfft ob der Logik Ihres Arguments:
Schreibt niemand, so hat auch niemand was zu lesen.
Das stimmt.
In der Diskussion geht es aber zuallererst ums
Schreibenlernen. Das Kind lernt erst lesen und dann schreiben - oder haben Sie da andere Erfahrungen ?
Und wenn man schreibt, kontrolliert man lesend das Geschriebene. Umgekehrt ist es ab er nicht so.
Es bleibt dabei: Schrift und damit Rechtschreibung ist Mittel zum Zweck, Werkzeug - von Kalligraphie einmal abgesehen.
Hätte man unmittelbaren Zugang zu den Gedanken, Absichten usw. des (abwesenden) Mitmenschen, so brauchte man keine schriflichen Mitteilungen. Es gibt natürlich auch die nonverbale
Kommunikation, das ist ein anderes Feld.
eingetragen von Henning Upmeyer am 18.05.2003 um 09.56
Man muß genauer zwei ganz verschiedene Arten von Schreibern unterscheiden: Die einen schreiben nur für sich selbst und das so einfach wie möglich, weil andere es nicht lesen können brauchen. Das sind z.B. die Stenographen und Schnell-Stenographen. Das Rotwelsch von Gaunern für Gauner gehörte auch dazu, heute auch das Computerfachchinesisch nur für Eingeweihte.
Die anderen schreiben, weil sie anderen etwas mitteilen wollen, das diese leicht, schnell und eindeutig verstehen können sollen.
Es ist hier schon früher einmal ausgeführt worden (ich weiß nicht mehr von wem), daß in der Schule eben nicht für außenstehende Dritte geschrieben wird, sondern für den Lehrer. (Das gilt ganz allgemein und durchgehend von der Grundschule bis zum Uni-Abschluß.) Der Lehrer oder Professor benotet nicht, ob Außenstehende den Text verstehen können. Folglich kann eine schulinterne Spezialschreibweise verabredet werden. Das haben die Reformer gemacht.
Ganz anders, wenn jemand einen Artikel oder ein Buch veröffentlichen möchte, das auch von Außenstehenden verstanden werden soll. Dann muß er die Schreibweise verwenden, die die Leser kennen und problemlos leicht und gerne lesen. Die Schreibweise ist neben dem Ausdrucksstil die beste Werbung für ein Buch. Wenn sich der Leser über merkwürdige Rechtschreibung ärgert, die ihm aufgezwungen werden soll, wird er Bücher in diesem Stil nicht wieder kaufen. Das haben die Reformer ignoriert. Sie glaubten, über die Verlage den Buchhandel manipulieren zu können, der in Wirklichkeit ein Käufermarkt der Leser ist. Daher wird gute Literatur für außerhalb der Schule weiter in guter Rechtschreibung gedruckt, wenn sie sich gut verkaufen soll. Das gilt ebenso für Werbung und Produktbeschreibungen und Bedienungsanleitungen, wo die Produkthersteller mehr und mehr unterscheiden lernen, ob Schüler oder Erwachsene ihr Käuferpublikum sind.
Das ist wirklich nichts Neues, aber anscheinend manchen Lehrern unbekannt, für die es außerhalb der Schule nichts gibt. Die Schulrechtschreibung läßt sich nur mit einer von George Orwell in "1984" beschriebenen Regierung für das ganze Volk durchsetzen. Es ist jetzt ein Test, was geht.
eingetragen von meckes am 18.05.2003 um 09.46
Ich fühle mich an eine alte Vermutung erinnert, wonach viele Lehrer (und möglicherweise so manche Deutsch-Lehrer) die Reform begrüßt haben, weil sie hofften, dadurch ihre eigenen Rechtschreibleistungen nicht mehr der berechtigten Kritik ausgesetzt sehen zu müssen.
Marc Eckes
eingetragen von Norbert Schäbler am 18.05.2003 um 09.39
Frau Menges hat die These fehlerhaft zitiert. Sie heißt im Wortlaut: "Die Schrift ist nicht zum Schreiben da"!
Die genaue Formulierung ist sehr wichtig, denn nur dann macht die folgende Begründung und Schlußfolgerung Sinn:
Die Erfindung beliebiger Schriftzeichen setzte voraus, daß ein beliebiger Leser, dieses Zeichen auch definieren und im Gedächtnis speichern konnte.
Mit anderen Worten: Schrift ist kein Selbstzweck.
Wohl aber ist die Erfindung unserer heutigen Buchstabenschrift eine Kultur- und Gemeinschaftsleistung allererster Güte.
Nachsatz: Wenn man die Erfindung der Schrift als Wechselwirkungsprozeß versteht, drängt sich unwillkürlich die Frage der Akzeptanz auf!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.05.2003 um 08.34
1. Die These: "Die Schrift ist zum Lesen da", stimmt nur teilweise.
2. Es muss ebenfalls genannt werden, dass "Rechtschreiben eine Sache des
Schreibens" ist.
Würde niemand schreiben könnte die These Nr. 1 nicht durchgeführt werden.
Zuerst wird geschrieben, damit hernach gelesen werden kann ( vgl. Höhlenschriften).
Schreibt niemand, kann es niemand lesen.
Darum wundert mich die These 1. Es muss jemanden geben, der diese Schrift erzeugt,
seine Gedanken also in abstrakte Formen einer Buchstabenabfolge bringt. Es muss jedenfalls
jemanden geben, der dieses abstrakte Gebilde lesen kann.
Also ist die Rechtschreibung zum Schreiben und zum Lesen da.
Der Schreiber benutzt ein System, welches sich Menschen ausgedacht haben, Kinder und Erwachsene lernen und umsetzen, Schriftsteller und Schriftsetzer für viele zugänglich machen, also Lesestoff erzeugen.
Die Wurzel der Schrift liegt im Schreiben.
Es ist sicher, dass man heute nicht mehr so wie die Großmutter schreiben möchte, denn Sprache ist lebendig und damit hat sich sowohl Inhaltliches als auch Systematisches geändert. Eine Änderung sollte durch ein natürliches Verhältnis zur Schrift verändert werden oder durch Probeläufe evaluiert, wie es hier wiederholt geschrieben wurde.
Warum es bei uns so weit gekommen ist, dass man die Evaluierung einfach in den Wind schlug, weiß ich schon, richtig war es allenfalls nicht. Tatsache ist aber, dass wir heute diese derzeit gültige Schrift umsetzen. Früher oder später frägt keiner mehr nach der nachfolgenden Diskussion zur Rechtschreibumsetzung, es wird vielmehr eine weitere Lockerung der Schriftsprache geben. Trotzdem werden wir uns weiterhin um eine Analyse der "ss, s, ß" bemühen, Herr Wagner.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.05.2003 um 10.36
Im Anschluß an die Beispiele von Herrn Grunden möchte ich auf folgende unbeantwortete Fragen zurückkommen, deren Beantwortung auch sofort zu unserem aktuellen Thema (Regelverständnis) paßt. Also nochmal:
R. Menges:Ist nicht die Schrift dazu da, gelesen zu werden, und muß nicht also die Rechtschreibung sich in erster Linie (aber nicht ausschließlich) daran orientieren, was dem Leser dient? Warum also soll hierbei der Aspekt des Schreibens und nicht der des Lesens entscheidend sein, und warum ist das eindeutig so? Diese Eindeutigkeit sehe ich nicht.
Zu Herrn Wagner und seinen Erfahrungen:
Es stimmt schon, am dassdaß kann man die ss-ß Klärung vollziehen. Es ist hier eindeutig eine Frage des Schreibens und nicht des Lesens. Das Schöne bei "dass und daß" zu suchen finde ich weit über die Sache hinausgelehnt. "Dass" schreibt sich leichter und ist verständlich in der Anwendung.
Und überhaupt, wollen wir nicht zuerst einmal alle Kriterien zulassen, die bei dem Vergleich (da)ss vs. (da)ß relevant sein können, und dann die jeweils gewonnenen Erkenntnisse (in den von Ihnen benannten Kategorien Regelkonzeption, -verständnis und -anwendung [im Rechtschreiblehrgang und im Leseverständnis] wobei der Lesevorgang ja ohne die Schreibregel auskommt und daher in meiner Einteilung eine eigene Kategorie bildet!) gegeneinander abwägen?
Sie beziehen sich in Ihrem Beitrag augenscheinlich auf das Schreiben (und also müssen wir uns noch über das Lesen unterhalten, Frau Menges! Akademische Präzision!), und Sie bringen folgende Argumente: 1.) "Dass" schreibt sich leichter; 2.) "Dass" ist verständlich in der Anwendung. Habe ich Sie darin richtig verstanden?
Meine Fragen dazu: 1.) Was genau meinen Sie mit schreibt sich leichter leichter als was? Und dies speziell handschriftlich oder allgemein? Ich frage hier deshalb so kleinteilig nach, weil ich nachvollziehen möchte, wie Sie zu Ihrem Urteil kommen. Ich bezweifle zwar nicht, daß sich dass leicht schreiben ließe aber darum geht es doch nicht! Es geht doch vielmehr um die nähere Begründung, und ohne eine solche kann ich nichts sagen, was für unsere Diskussion (da)ss vs. (da)ß fruchtbar ist.
(Falls Sie meinen, ich hätte Ihnen nun zugestimmt und nichts gegen das dass einzuwenden, dann haben Sie mich falsch verstanden! Ich sage das lieber vorher, damit ich nicht hinterher ewig mit dem Ausräumen von Mißverständnissen beschäftigt bin.)
Zu 2.) Verständlich in der Anwendung haben Sie ja bereits erläutert, worauf Sie damit hinauswollen. Ja, auch hier bestreite ich nicht, daß zwar grundsätzlich (und das meine ich hier einschränkend, d. h. es soll einen Vorbehalt andeuten) die Anwendung von dass als Konjunktion verständlich ist, daß das aber nicht der einzige für die Anwendung relevante Aspekt ist. Die Frage ist nämlich, wie sicher die Anwendung in der Praxis gelingt, auch wenn man verstanden hat, wie die Regel gemeint ist. Sie haben ja selber zwei verschiedene Kategorien vorgeschlagen: Regelverständnis und Regelanwendung, und also kann es dazwischen Differenzen geben! Ich bleibe außerdem bei meiner Frage, ob man denn nicht auch die Schreibung daß leicht verstehen und anwenden kann?
Letztlich kommt es doch darauf an, bevor man etwas schreibt, jeweils zu erkennen, ob der Laut /daß/ für die Konjunktion steht oder für ein Relativpronomen bzw. einen Artikel. Kurz gesagt, es kommt auf die vorausgehende gedankliche Unterscheidung zu das an, und das darf nicht davon beeinträchtigt werden, wie man die Konjunktion schreibt. (Letzteres dürfte für die Diskussion relevant werden, deshalb erwähne ich es bereits.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 16.05.2003 um 08.16
Liebe Renate Menges,
für so manche wichtige Sache im Leben muß man „früh aufstehen“. Habe das heute mal gemacht, um Ihnen zu antworten. Zunächst zu Ihrem Satz „Kollegen missionieren sollten Sie dagegen tunlichst unterlassen, denn das bekommt Ihnen schlecht, denn wer mag schon Missionare?“ Ich bin mir nicht sicher, ob Sie diesen Rat präventiv gemeint haben oder ihn auf einen konkreten zurückliegenden Fall beziehen.
Der Begriff „missionieren“ mag für viele negativ besetzt sein (etwa wie der Begriff „pädagogisieren“), weil es leider immer wieder „Missionare“ („Pädagogen“) gab und gibt, die ihre Tätigkeit – jetzt versuche ich es mal ganz vorsichtig auszudrücken – doch nicht so ganz zum Wohle ihrer Mitmenschen auszuüben willens bzw. imstande waren/sind. Für mich ist er zunächst einmal wertfrei. In dem Sinne, daß ich Kollegen (sowohl im engeren Sinne als auch im weiteren) eine bestimmte Meinung, Lebens- oder Verhaltensweise aufdrücken wollte, habe ich jedenfalls nie „missioniert“, und ich habe dies auch überhaupt nicht vor. Ist stelle jedoch gerne Fragen und weise gerne auf Widersprüche hin. Ersteres mag eine Spätfolge meiner Kindheits- und Jugendbegegnungen mit guten Pädagogen sein („Wenn ihr was nicht verstanden habt, dann fragt ruhig!“), letzteres eine Folge meines mathematisch-logischen („Von zwei sich widersprechenden Aussagen kann höchstens eine richtig sein.“) als auch politischen, ja sogar sprachlichen Interesses. Und ich ermuntere ausdrücklich alle, mit denen ich zu tun habe (insbesondere Kollegen, und selbstverständlich auch Sie, Frau Menges), dasselbe mit mir zu tun. Schließlich will ich mich mit ihnen und Ihnen auseinandersetzen und nicht auseinander setzen. Und wie sollte man Argumentationserfahrung sammeln, wenn man nie auf Gegenreden stoßen würde? (Aber wem sage ich das?)
Zur Relativierung meines „Mutes“: Ich bin, wie ich hier schon einmal schrieb, Lehrer an einer Musikschule. Dort kann man man (noch) frei wählen, in welcher Schreibweise man sich ausdrücken möchte. Und man muß die Klass(en)tür nur dann schließen, wenn die momentanen Tonarten in den Nebenklassen sich nicht mit der eigenen vertragen. Das ist allerdings fast immer der Fall. Musikschulen sind übrigens auch allgemein bildende Schulen, wenngleich nicht allgemeinbildende.
Eine interessante Beobachtung in diesem Zusammenhang: Bei der Kontrolle eines bestimmten Lückentextes (___-takt und ___-takt, einzutragen war „Auf“ und „Schluss“ bzw. „Schluß“) habe ich es nun schon in kurzer Zeit fünfmal gesehen, daß Schüler „Schluß“ eingetragen hatten. Alle fünf sind so jung, daß sie in der „richtigen“ Schule diese „falsche“ Schreibweise eigentlich noch nie gesehen haben dürften, zumindest nicht geschrieben. Aber alle gaben an, in ihrer Freizeit viel zu lesen. Es gibt halt noch immer (und hoffentlich noch lange) öffentliche Büchereien und auch private Haushalte, die nicht, um der KuMi-Obrigkeit zu gefallen, oder um angeblich Rechtschreibunsicherheiten vorzubeugen, gleich ihre in bewährter Rechtschreibung verfaßten Kinder- und Jugendbücher „verb(r)annt“ haben. Als „pisapanische“ Folge jagt derzeit eine Leseinitiative die andere; ist ja auch gut so, aber sollte man den Kindern nun mit der Bibelweisheit kommen: „Aus allen Büchern dürft (und sollt) ihr lesen, nur aus denen nicht, die ... !“? Und diesen Kindern soll man ab 2005 Fehler dafür ankreiden, daß sie viel und gerne aus denselben Büchern gelesen haben wie ihre älteren Geschwister, Eltern, Großeltern?
Stellen Sie sich mal vor, liebe Frau Menges, man hätte unter allen Lehrern und Beamten (um die geht es ja angeblich) vor vielen Jahren eine Umfrage gemacht, welche Reformen oder Verbesserungen sie für notwendig und vordringlich hielten, und dazu die ungefähren Kosten dafür genannt. Glauben Sie wirklich, die Umstellung der Rechtschreibung wäre dabei auch nur annähernd unter die „Top Ten“ gekommen? Mich würde mal interessieren, warum sie nach Ihrer Meinung als Thema trotzdem „ganz oben“ gelandet ist. Und warum nach ihrer Durchsetzung dann dem Spruch „es gibt Wichtigeres“ plötzlich wieder Bedeutung geschenkt werden durfte.
Ich stelle mir manchmal vor, man hätte die neuen Regeln einer ein- bis zweijährigen Testphase unterzogen (beispielsweise von 1996 bis 1998, dem Jahr der eigentlichen Einführung). Als Tester hätten alle Lehrer und Beamten (meinetwegen auch noch der Bundeselternrat!) sie in ihren dienstlichen Zusammmenhängen anwenden, sie danach bewerten, und sich schließlich einer Regelverständniskontrolle stellen müssen. Ich glaube, damit wäre das Thema schnell erledigt gewesen. Lesen Sie mal, was ich in den letzten paar Tagen lesen durfte (alles aus Schreiben von Lehrern allgemeinbildender Schulen):
die sich regelmässig trifft
ausserhalb des Internets
ich weiss nur nix davon
viel Spass beim Musizieren !
Wie heisst Du?
Schliesslich sind die großen Komponisten desshalb so berühmt
Den Musik präsentiert sich immer nach aussen
Wenn die Aufführungen nicht nur "nett", sondern mitreissend sind
Nun bin ich im Internet auf das Buch ... gestossen.
was mir aber sehr viel Spass gemacht hat
Herzliche Grüsse
Gruss
Und dabei ist doch – wer sagte es doch noch gleich ? – die Neuregelung bezüglich der ss/ß-Schreibung erstens die bekannteste und zweitens die, welche die klarste und größte Schreibvereinfachung darstellt. Eigentlich seltsam, warum man dann davon nicht mehr Gebrauch macht! Nebenbei bemerkt scheint es so, daß man Diphthongen und Vokallängen (auch in manchen Lehrerkreisen) keine besondere Bedeutung zumißt. Da läge z.B. mal ein Ansatzpunkt für eine Reform des Deutschunterrichts.
Und was den Musikunterricht betrifft, da wird wahrscheinlich auch noch einer Kommission, die sich berufen fühlt (sich berufen läßt oder sich notfalls selbst beruft), bald ein Notationssystem einfallen, das den Schülern endlich mal das Notenlesen und -schreiben erleichtern wird. Auf diese Reform dürfte die ganze Welt gespannt sein, da hätte dann die Zwischenstaatlichkeit ihren Namen aber verdient! Übrigens hat Frau Christa Ludwig zu dem Thema Erstaunliches geschrieben.
Noch Fragen? Ich beantworte sie nach wie vor gerne! So gerne wie ich Antworten von Ihnen bekomme. Und garantiert ohne „Missionierungshintergedanken“.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
(... und selbstverständlich mit den Herren Vorrednern zusammen, daß Sie mal in den Himmel kommen. Am besten mit uns allen zusammen, da hätten wir dann genügend Zeit, um uns den unbeantworteten Fragen zu widmen. Falls es dann noch welche gäbe. Und jeglichem Missionierungsvorhaben wäre die Grundlage entzogen.)
eingetragen von Walter Lachenmann am 15.05.2003 um 20.26
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Es kann natürlich auch sein, dass ich mich irre und die Himmelsleiter ganz anders aussieht ...
Sie weiß genau, wie die Himmelsleiter aussieht, nämlich so:
![]()
Auch wenn unsere liebe RenateMariaMenges noch einen weiten Weg vor sich hat - der Himmel der Orthographie ist ihr bei einem so graziösen und energischen Angang sicher. Sie hat sich über die Postkarte, eine Zeichnung von Olaf Gulbransson, von Herzen gefreut und wieder einmal bewiesen, daß sie einen putzgesunden Humor und ein großes Herz hat. Also in den Himmel kommt sie bestimmt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von margel am 15.05.2003 um 20.26
Liebe Frau Dr. Menges,
so klar, eindeutig und souverän haben Sie sich bisher ja selten
zu Wort gemeldet. Ich habe Sie unterschätzt und leiste Abbitte.
Sie sagen genau das, was auch ich empfohlen habe: Nichts an die große Glocke hängen, das Schlimmste verhüten, Feiräume - seien sie nun offiziell gewährt oder nicht - bis zur äußersten
Grenze nutzen. Auch dazu gehört übrigens Mut. Die "Schere im
Kopf", der innere Zensor ist oft sehr mächtig.
Ich könnte noch einmal H.E.Troje zitieren, der vom an Möglichkeiten so reichen, im Gebrauch derselben aber so
beschränkten Menschen spricht - allerdings in einem ganz anderen, delikateren Zusammenhang.
Ich habe hier ja nur von der offenen Rebellion abgeraten. Motto: Lieber ein lebendiger Hund als ein toter Löwe.(Sprüche Salomonis).
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.05.2003 um 18.27
Lieber Theo Grunden,
Ihnen bin ich auch eine Geschichte schuldig geblieben. Es ist die Geschichte vom "Herrn des Klassenzimmers". Sie haben gefragt, wo die Schule ist in der man zuverlässig die neue und alte Rechtschreibung nebeneinander stellen kann. Das kann jeder Klasslehrer. Nachdem die Türe des Klassenzimmers zu ist, können Sie, und das wissen Sie als alter Hase, Ihren Stoff vermitteln: Überall, in jeder Schule, es gibt keine Ausnahme. Auch Fachlehrer sind Herren Ihres Zimmers. Von dieser Seite gibt es "fast" keinen Beruf, der schöner ist. Natürlich erlebt man Lehrer, die das Zumachen der Klassenzimmer nicht so sehr lieben, denn dann entdecken Sie lauter kleine und große Löwen. Aber zu dieser Sorte gehören Sie ja bekanntlich nicht, sonst würden Sie hier nicht schreiben. Also, es ist Ihnen überlassen, wie Sie Ihren Stoff aufarbeiten. Sie haben dazu noch die Eltern, vielleicht ein Team (eher selten) und Schüler. Kollegen missionieren sollten Sie dagegen tunlichst unterlassen, denn das bekommt Ihnen schlecht, denn wer mag schon Missionare?
(Wagner)Mich interessiert dabei noch, worauf Sie mit dem Punkt „Regelverständnis“ hinauswollen. Das ist etwas, das ich in meinem Schema nicht berücksichtigt hatte, mir aber recht sinnvoll erscheint.
Die Konzeption einer Regel ist also klar, während das Regelverständnis noch der Klärung bedarf?
Es ist ganz einfach: Kann man diese Regel verstehen, ist sie umsetzbar, lehrbar, verständlich? An diesen beiden Punkten kann man die ganze Reform aufhängen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 15.05.2003 um 07.39
Liebe Frau Menges,
Miro mirabilis oder miserabilis, das sei dahingestellt, zumal es ja auch nur als eine kunstvolle Überleit(er)ung gedacht war. Mögen Miros Leitern in den Himmel ragen, aber sie sollten uns keinen Anlaß geben zu der falschen Vorstellung, Leitern seien nur dazu da, um beim Aufsteigen in höhere „Dimensionen“ behilflich zu sein. Nein, man kann sie oft ebensogut benutzen, um von etwas herunterzusteigen. Zum Beispiel von brennenden Etagen. Oder von hohen Rössern.
Leitern sollten aber auf jeden Fall belastbar und zuverlässig sein. Die neue Rechtschreibung gleicht einer Leiter, deren Sprossen teilweise angesägt sind und außerdem noch ungleichmäßige Abstände aufweisen (die zwischenzeitlich sogar manchmal wieder verändert werden). Man muß immer wieder nachschauen, wenn man sie betritt – und rutscht trotzdem aus.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 15.05.2003 um 05.11
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Frau Dr. Renate Maria Menges
Mein armer Einser-Schüler, was wird aus dem begabten Geschichtenerzähler werden?Zitat:Leute, bleibt bei der Wirklichkeit. Laßt den menschlichen Gehirnen in Euren Zukunftsträumen die großen Fähigkeiten, die sie nun einmal haben. Ein Kind ist doch mit 112 Regeln nicht ausgelastet, und mit 212 oder 2000 Regeln ist es noch lange nicht überlastet. Man käme doch auch nicht auf die Idee, fremde Sprachen zu lassen, nur damit das Ideal der Reformschreibung nicht gefährdet würde.
Ursprünglich eingetragen von Martin Dauth
... dafür hat er doch die Rechtschreibkorrektur seiner Textverarbeitung.
Wenn hier im Forum Rechtschreibkorrekturen erwähnt werden, sehe ich zu oft eine Überbewertung. Für Flüchtigkeitsfehler sind sie brauchbar, aber doch nicht für falschen Satzbau oder Kommasetzung. Statt sie dem Anwender und seinem Arbeitsgebiet über die Anwendungen hinweg anzupassen, sind Korrekturprogramme in die voneinander getrennten Anwendungen eingeengt, haben dort regelmäßig abgegrenzte, nichtvernetzte Einzelwörterbücher. Wie schlecht elektronische Korrekturen sind, liest man doch täglich in den Zeitungen.
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von Martin Dauth am 14.05.2003 um 21.33
RMM:
Ich denke an die, die die Schule verlassen, Schriftsteller werden oder einen Preis bekommen wollen.
Nun, wer Schriftsteller werden will, wird schreiben, wie er es für richtig hält. Wer dagegen in erster Linie einen Preis anstrebt, wird selbstverständlich eine den Preisgremien angepaßte Rechtschreibtaktik anwenden, wo ist das Problem? Und wenn es nicht gleich klappt mit einem Preis, kann er sich ja immer noch mit Billy Wilder trösten.
Mein armer Einser - Schüler, was wird aus dem begabten Geschichtenerzähler werden?
Als Einser-Schüler wird er gelernt haben zu erahnen, welche Geschichten die Lehrer hören wollen, genauso wird er erahnen, was seine Leser lesen wollen; also steht einer Schriftstellerkarriere nichts im Wege, und als Schriftsteller wird er sich doch nicht in den Niederungen der Orthographie verheddern, dafür hat er doch die Rechtschreibkorrektur seiner Textverarbeitung.
Ich tendiere dazu, dass so eine Akademie sich in Toleranz und in Demut vor dem Herrn üben sollte. Immerhin werden die Leute auch von den Steuerzahlern bezahlt.
Auch die KultMinis und ihre Spießgesellen werden doch wohl von den Steuerzahlern bezahlt? Damit würde es auch ihnen gut zu Gesicht stehen, sich manchmal in Demut zu üben und nicht auf dem Rücken ihrer Brötchengeber, der Steuerzahler, irgendwelche Reformexperimente auszutragen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.05.2003 um 19.37
Ein kleiner Exkurs auf einen bekannten Reformkritiker
Ich habe die große Miro - Ausstellung besucht und mich ganz eingefügt in die Miro- Kleckserei. Immerhin malt Miro ununterbrochen Leitern, die in den Himmel ragen.
Man sagt, dass sei seine Inspiration, seine Ratio an das Spirituelle. Miro tendiert eben nach oben in eine andere Welt. Kinder verstehen Miro besser wie wir, sie sehen in seinen Farben den Sinn. Wir verstehen den Sinn der Orthographie besser.
Welche Leute auf der Orthographie - Leiter den Weg nach ganz oben gehen werden, bin ich nicht so sicher. Was ist eigentlich auf der Orthographie - Leiter ganz oben?
Das ist hier die große Frage. Die alte Schreibweise besorgniserregend oder Besorgnis erregend? Was wäre das Ende der Leiter? Da kann man sich durchaus streiten. Hauptsache wäre, dass der, der die Himmelsleiter erklettern möge, nicht von diversen kalten Machenschaften von der Leiter geschmissen werde. Ich denke an die, die die Schule verlassen, Schriftsteller werden oder einen Preis bekommen wollen. Es hängt heutzutage von der Rechtschreibung ab. Macht das Sinn? Bekommt ein Neurechtschreiber von der Akademie der Schönen Künste niemals einen Preis? Wahrscheinlich nicht.
Mein armer Einser - Schüler, was wird aus dem begabten Geschichtenerzähler werden? Ich tendiere dazu, dass so eine Akademie sich in Toleranz und in Demut vor dem Herrn üben sollte. Immerhin werden die Leute auch von den Steuerzahlern bezahlt. Es kann natürlich auch sein, dass ich mich irre und die Himmelsleiter ganz anders aussieht ...
Aber ab jetzt geht es um Fakten zu klaren Sachen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.05.2003 um 14.42
Zitat:Ja, gut aber wie ordnet sich das in unser Schema ein: Sind diese Aussagen (Regelwerk ... wird veröffentlicht; Neuregelung tritt ... in Kraft; auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibung) etwas Inhaltliches oder etwas Formales?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Vor mir liegt das Amtsblatt: Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 22.Mai 1996 Nr. III/9 - S4400/4 - 8/77094. Das neue Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (Regeln und Wörterverzeichnis) wird gemäß Anlage veröffentlicht. Diese Neuregelung tritt am 1. August 1998 in Kraft.
I.A. J. Hoderlein, Ministerialdirektor
KWMBl 1/ 1996 So.-Nr.1 S.1
Dazu der Duden 2000: Die deutsche Rechtschreibung. Das umfangreiche Standardwerk auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibung.
(Das Problem bei dieser meiner Frage ist natürlich, daß jede Aussage einen Inhalt halt [auch wenn er manchmal vernachlässigbar gering, d. h. quasi vom Maß null, oder falsch ist]. In meiner Frage verstehe ich wie schon in den vorigen Beiträgen unter etwas Inhaltlichem nur das, was sich inhaltlich unmittelbar auf die Rechtschreibung bezieht. Jede Aussage über derartige Aussagen [d. h. eine Meta-Aussage] ist zwar indirekt auf die Rechtschreibung bezogen, zählt aber nicht mehr zum Inhaltlichen, sondern zum Formalen. Man kann es auch so sagen: Das Formale umfaßt die äußeren Umstände, das Inhaltliche ist der innere Kern der Rechtschreibung.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.05.2003 um 14.25
Zitat:Ganz klar: Ja, das reicht.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Bewertung der Rechtschreibung
1. Regelkonzeption
2. Regelverständnis
3. Regelanwendung
im Rechtschreiblehrgang
im Leseverständnis
Reicht sie im Wesentlichen für den wissenschaftlichen Standard aus?
Mich interessiert dabei noch, worauf Sie mit dem Punkt Regelverständnis hinauswollen. Das ist etwas, das ich in meinem Schema nicht berücksichtigt hatte, mir aber recht sinnvoll erscheint. Vielleicht geben Sie gleich ein Beispiel für die Anwendung dieses Ihres Schemas an, woran klar wird, was Sie unter Punkt 2 einordnen.
(Oder wird das zu umfangreich für dieses Forum und sollte zunächst der snailmail vorbehalten bleiben?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 12.05.2003 um 23.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Henning Upmeyer
"Dem Herrn Strauß seine" bzw. "der Frau Strauß ihre" wäre einfacher. Niederdeutsch ist manchmal einfacher.
Noch einfacher ist manchmal die Blumensprache:
„Dem Herrn seinen und der Frau ihren Strauß.“
(Denn „dieser Strauss läßt kein Missverständnis mehr zu“!)
eingetragen von Henning Upmeyer am 12.05.2003 um 21.55
Jetzt bin ich ins Schleudern gekommen:
Bei dem Vogel sagt man: Die Straußeneier, die Eier des Straußes, Straußes Eier.
Bei dem Mensch sagt man: die Straußkinder, die Kinder des Herrn Strauß bzw. der Familie Strauß, Straußens Kinder. Bezieht sich "Straußens Kinder" auf die Familie Strauß und nicht allein auf Herrn Strauß? Und wie ist es mit den Kindern von Frau Strauß? Herrn (bzw. Frau) Straußes oder Straußens Kinder?
Merkwürdig.
"Dem Herrn Strauß seine" bzw. "der Frau Strauß ihre" wäre einfacher. Niederdeutsch ist manchmal einfacher.
eingetragen von Norbert Schäbler am 12.05.2003 um 19.18
War ja ganz schön aufregend seit Sonntag, das mit der Straußentochter, alias dem Strauß seiner Tochter, bzw. der Hohlmeier’schen …
Habe es selten geschafft, mit Formalem derart den Inhalt zu übertünchen.
Darüber habe ich erst einmal gründlich nachdenken müssen, wie das ist mit der Relation zwischen Inhalt, Form und DIN-A-DINGSDA.
Daß mir allerdings einer an den Karren fährt, der die meisten Änderungen für gut heißt, hätte ich zunächst gar nicht erwartet.
Aber auch darüber habe ich nachgedacht.
War irgendwie logisch, denn:
Diejenigen, die glauben, daß man nach neuer Regelung manches (w.z.B. „auseinandersetzen“) nicht mehr schreiben darf,
diejenigen, die das große Wörtersterben unterstützen,
die glauben auch, daß alles, was nunmehr von dem Neuformatierten
und von der Gleichmacherei abweicht,
falsch ist.
Und das wiederum ist inkonsequent, weil doch diese Typen auf ihr Banner geschrieben haben, daß die Sprache etwas ganz Lebendiges ist und stetig Neues, Individuelles und Kreatives gebiert.
Ob das Strauß(en)s Tochter weiß?
__________________
nos
eingetragen von Christoph Kukulies am 12.05.2003 um 15.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
....
Klar, lieber Herr Upmeyer, das haben früher die Japaner auch gesagt, wenn in deren abenteurlichen Bedienungsanleitungen stand: „Bitte achten Sie darauf, daB auBen kein RiB sein muB“ – lesbar ist das alles.
....
Auch bei Yahoo scheint man inzwischen kein "ß" mehr zu kennen:
http://de.weather.yahoo.com/GMXX/GMXX0154/index_c.html
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.05.2003 um 12.26
Hehe, Herr Schubert,
was heißt hier „Wutausbruch“??!! Dabei behandele ich doch alle Wißbegierigen hier nur so, wie meine Lehrer seinerzeit mich behandelt haben; die waren damals, genau wie ich heute, ziemlich eigensinnig darin, jedes Lernangebot auf den Punkt zu bringen und Halbheiten zu Ganzheiten werden zu lassen.
Walter Lachenmann schrieb:Lieber Herr Lachenmann,
Beim Mac muß man für solche Zeichen mit der Maus so eine Art Griffelkasten anticksen, der aber gut versteckt und nur Eingeweihten bekannt ist, und wenn man Glück hat, findet man das Zeichen, das man sucht, und das muß man dann auch wieder anticksen und zwar ganz schnell, bevor der Griffelkasten wieder verschwunden ist, oder man merkt sich eine Tastenkombination, bei der man sich aber leicht die Finger brechen kann. Für professionellen Satz völlig indiskutabel ...
meine Finger sind noch alle dran, da muß ich wohl ein gutes Exemplar erwischt haben, was auch ohne Griffelkasten auskommt :::-)))))))) (siehe unten)
– Danke ansonsten für Ihre mildtätige Fürsprache.
Henning Upmeyer schrieb:Klar, lieber Herr Upmeyer, das haben früher die Japaner auch gesagt, wenn in deren abenteurlichen Bedienungsanleitungen stand: „Bitte achten Sie darauf, daB auBen kein RiB sein muB“ – lesbar ist das alles.
Beim handschriftlichen Schreiben wird es auch nicht als Schreibfehler angesehen, wenn die Formen nicht ganz eindeutig unterschieden werden. ... Die Hauptsache ist doch, der Leser versteht den Sinn beim ersten Lesen, und Mißverständnisse werden ausgeschlossen.
Ich habe ja auch gar nicht gesagt, daß Apostrophfalschauswähler vors Kriegsgericht kommen oder aus dem Flugzeug fallen werden; es ging, begonnen durch Herrn Schubert, lediglich um die Frage, was denn wohl richtig sei. Und da wird man ja wohl etwas fachsimpeln dürfen?!Die Tastatur des Apfelrechners (die von Steven Wozniak und Steven Jobs in kluger Voraussicht für die graphische Industrie entworfen wurde – schmalspurig, aber zweckdienlich) hat alle Umlaute usw. auf der Tastatur: äöüßÄÖÜ–„“,‘»«, ich kann mich da nicht beklagen.
Statt mit Tricks und der Sache unangemessenem Mehraufwand unterschiedliche Zeichen zu produzieren, soll man lieber öffentlich anprangern, daß es für den kompletten deutschen Zeichenvorrat immer noch keine einfach zu bedienende Tastatur gibt. Oder können andere Betriebssysteme es besser und einfacher?
In früüüühen MSDos-Zeiten haben mein großer Bruder und ich noch DOS-Tastaturtreiber umgebaut, ab Windose schafften wir das nicht mehr.
MacOS hat einen ausgezeichneten Belegungs-Editor, mit welchem ich jedwede Taste auf jedwedes Zeichen zeigen lassen kann. Und schließlich sind auch Kyrillisch, Koreanisch, Chnesisch und Arabisch auf derselben Tastatur tippbar geworden.
M$ hat das auch, bloß ist die Gemeinde der Dosenbesitzer zu unbegeistert, als daß eine handwerklich vertretbare Lösung für deutsche Satzzeichen Allgemeingut geworden wäre.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 12.05.2003 um 08.55
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Und seid lieb zu Renate-Maria, sie muß pfleglich behandelt werden.
Kann ich nur dick unterstreichen! Ich habe sie dort besucht, wo sie ihre sogenannte Kernkompetenz ausübt, und bin außerordentlich beeindruckt. Man denkt zwar öfter mal an Hopfen und Malz bei ihr, aber dann schließlich doch auch immer »Gott erhalt's«.
Aber keine Sorge, lieber margel, sie hat Sportsgeist und Stehvermögen. Wir kommen schon klar. Und das Gerumpel von Detlef Lindenthal galt ja nicht ihr. Außerdem irrt er sich permanent, wenn er über Windows und DOS schreibt, aber das juckt ja keinen, das ist halt eine unter Mac-Donalds weitverbreitete Krankheit. Die Mac-Tastatur bietet nämlich wesentlich weniger Möglichkeiten als die von Windows. Beim Mac muß man für solche Zeichen mit der Maus so eine Art Griffelkasten anticksen, der aber gut versteckt und nur Eingeweihten bekannt ist, und wenn man Glück hat, findet man das Zeichen, das man sucht, und das muß man dann auch wieder anticksen und zwar ganz schnell, bevor der Griffelkasten wieder verschwunden ist, oder man merkt sich eine Tastenkombination, bei der man sich aber leicht die Finger brechen kann. Für professionellen Satz völlig indiskutabel, auch hier kann man allenfalls von einer »zweitbesten Lösung« reden, für manche Freaks aber offenbar »gut genug«. In unserem vorbildlichen Amerika hat sich ja der Begriff »good enough quality« als eigenständiger Wertbegriff eingebürgert. Hoffentlich geht es mit der Rechtschreibung nicht auch so.
Aber auch DL nimmt das Ganze sportlich, das kann ich bezeugen, denn mit ihm verbinden mich dicke Beulen, die wir uns gegenseitig unter mannhaften Tränen der Versöhnung mit Nordseewasser begossen haben. Da oben sind die Leute so, ruppig aber herzensgut.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Henning Upmeyer am 12.05.2003 um 08.30
Beim handschriftlichen Schreiben wird es auch nicht als Schreibfehler angesehen, wenn die Formen nicht ganz eindeutig unterschieden werden. Ich habe Texte auch mit ganz anderen Betriebssystemen schreiben müssen als mit Windows. Die Hauptsache ist doch, der Leser versteht den Sinn beim ersten Lesen, und Mißverständnisse werden ausgeschlossen. Statt mit Tricks und der Sache unangemessenem Mehraufwand unterschiedliche Zeichen zu produzieren, soll man lieber öffentlich anprangern, daß es für den kompletten deutschen Zeichenvorrat immer noch keine einfach zu bedienende Tastatur gibt. Oder können andere Betriebssysteme es besser und einfacher?
eingetragen von margel am 12.05.2003 um 07.56
Liebe Leute, haut doch nicht so drein! Natürlich kann man sich manchmal ärgern oder aufregen und das auch zeigen. Aber hier kommt zunehmend ein Ton in die Debatte, der den meisten bestimmt nicht gefällt. Hättet Ihr, wie margel, den Schmand der frommen Denkungsart genossen, so würdet Ihr alles etwas gelassener nehmen. Placet experiri, wie Settembrini sagen würde. Und seid lieb zu Renate-Maria, sie muß pfleglich
behandelt werden.
eingetragen von Peter Schubert am 12.05.2003 um 07.37
Eigentlich hatte ich nur gefragt, wie man einen Apostroph konstruiert. Dann so ein Wutausbruch am frühen Morgen!
eingetragen von Detlef Lindenthal am 12.05.2003 um 05.58
Zitat:Tja, lieber Herr Schubert, Ihren Tippschein mit 3 und 4 halte ich für ebenso richtig oder falsch, als wenn Sie 1 und 5 oder 8 angekreuzt hätten oder als wenn Sie steif und fest behaupten würden, als nächster Lotto-6er sind 1,2,3,4,5 und 6 richtig. (Im allgemeinen werden auch-maßgebliche Leute meinen, daß solcherart Behauptungen unerheblich sind, weil anderen Instanzen mit erheblicher Berechtigung andere Ansichten darüber haben, was denn Richtigkeit sei. – Soviel zur Frage der Grundlage von Richtigkeit, womit ich mir hier dafür eine recht umständliche ausführliche Herleitung ersparen möchte.)
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Lindenthal, das ist ja interessant. Richtig sind die Schreibweisen Nr. 3 und 4. Schöner ist Nr. 4. Die kriege ich aber auf meiner Maschine nicht hin. Wie macht man das?
Nun noch zur Sache:
Angefangen hatte diese Erörterung damit, daß Sie pädagogisierend fragten:um später zu beharren:
Wie schreibt man Strauß' Tochter? Mit ß und accent grave und s?Das Minutenzeichen ' statt Hochkomma ’ ist genauso richtig (nämlich falsch) wie der von Ihnen genannte accent grave – zumindest nach Ansicht der Leute, die über 550 Jahre den Schriftsatz entwickelt haben.
... ich wusste das alles doch schon und habe das dadurch zu erkennen gegeben, dass ich "Strauß' Tochter" richtig geschrieben habe, im Gegensatz zu dem Deutschlehrer, der "Strauß`s Tochter" geschrieben hatte und es eigentlich besser wissen müsste.
Womit wir auch das Rätsel um M$ lüften wollen: William “Bill” Gates, Rechtsanwaltssohn, reichster Mann der Welt und Raffke Nr. 1, gründete seine Firma Microsoft (von vielen Menschen Microschrott oder M$ genannt), um schlechte Raubkopien zu verkaufen; was ihm bisher noch immer täglich gelingt. Auf den mechanischen Schreibmaschinen seines Vaters hatte Herr Gates nur solche Tütteln: " ... " und ein solches Pseudo-Hochkomma ' kennengelernt; dagegen hat Herr Gates zu Bildung, Büchern, Buchsatz und Handwerk ein eher gestörteres Verhältnis. (Gib Gaids keine Chance.) Auf den von ihm gebauten und verkauften Betriebssystemen sind bis heute die Zeichen für handwerklich richtigen Schriftsatz, etwa An- und Abführungszeichen „ ... “ , Gedankenstrich – und Hochkomma ’ nicht ordentlich zugänglich; die meisten Windosen-Anwender angeln solche Zeichen aus Sonderzeichen-Tabellen heraus.
Das Hochkomma ist aber auch unmittelbar vom Tastenfeld aus zugänglich, und zwar als
<alt-Taste gedrückt halten><0 tippen><1 tippen><4 tippen><6 tippen><alt-Taste wieder loslassen> , und wenn ich das jetzt nicht falsch aufgeschrieben habe, sollte ein Hochkomma ’ Ihren Bildschirm zieren.
Sie können es auch als & # 1 4 6 ; (aber ohne Leerzeichen dazwischen) in Ihren Wortlaut einfügen, und die Stöberer (browser) auf den Rechnern Ihrer Leser werden es zu ’ umsetzen.
Noch eine Anmerkungen:
Durch unzählige von Lehrern geschriebene Internet-Seiten geistert (aufgrund Windoof-Schaden) die Behauptung, ein Apostroph sehe wie ein Minutenzeichen ' aus. Als Handwerker bestreite ich das und behaupte, daß ein Apostroph ein Hochkomma ist, also ein einfaches hochgestelltes Neunerl-Tüttel ’ .
Wenn Lehrer sich in Handwerkssachen einmischen, dann ist das so, als sagten sie: „Ich fliege jetzt am Wochenende als Airbus-Pilot“ oder „Ich arbeite jetzt ein halbes Jahr lang als Herzchirurg.“ Durch solcherart Berufsanmaßung ist die unselige Rechtschreib„reform“ entstanden.
Schauen Sie sich doch Mutter Menges (promovierte Deutschlehrerin) an: Keinen Schimmer von Zeichensetzung, aber will überall mitentscheiden.
Wie der Busfahrer am Plattensee; die sollen mal so weitermachen, die Lehrer.
Zu Ihrem dass, lieber Herr Schubert, finde ich paßt ` als Apostroph-Ersatz recht gut.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.05.2003 um 19.06
Bewertung der Rechtschreibung
1. Regelkonzeption
2. Regelverständnis
3. Regelanwendung
im Rechtschreiblehrgang
im Leseverständnis
Reicht sie im Wesentlichen für den wissenschaftlichen Standard aus?
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Peter Schubert am 11.05.2003 um 15.16
Herr Lindenthal, das ist ja interessant. Richtig sind die Schreibweisen Nr. 3 und 4. Schöner ist Nr. 4. Die kriege ich aber auf meiner Maschine nicht hin. Wie macht man das?
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.05.2003 um 14.36
Da ich nicht weiß, wer margel ist, aber ein "margel" in meinem Arbeitszimmer hängt, bin ich doch heilfroh, dass er wieder mit mir "redet". Welch ein Glück! Es hängt in einem weiteren Arbeitszimmer auch eine kleine Karte von Lachenmann in einem Rahmen und eine handgeschriebene Laudatio in einem Uraltrahmen. So ist das nun mal mit den Altschreibern. Stil haben sie schon!
Straußens Tochter- endlich einer, der dieses Wort in die richtige Grammatik bringt (aussprechbar- vortragbar-sinnvoll).
Vor mir liegt das Amtsblatt: Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 22.Mai 1996 Nr. III/9 - S4400/4 - 8/77094. Das neue Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (Regeln und Wörterverzeichnis) wird gemäß Anlage veröffentlicht. Diese Neuregelung tritt am 1. August 1998 in Kraft.
I.A. J. Hoderlein, Ministerialdirektor
KWMBl 1/ 1996 So.-Nr.1 S.1
Dazu der Duden 2000: Die deutsche Rechtschreibung. Das umfangreiche Standardwerk auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibung.
Mein lieber Herr Wagner,
es kann losgehen. Aber schreiben sie bitte klartextig! Ich muss mir ihre Beiträge immer ausdrucken, damit ich den Hintersinn erfassen kann.
Wir werden das geschriebene Blatt dann schon an den richtigen Stellen einreichen. Aber glauben Sie ja nicht, dass wir etwas erreichen werden !, aber versucht haben wir es.
Evtl. müssen wir wegen der Fülle der Beiträge hier auch per snailmail schreiben, so wie es früher üblich war.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Detlef Lindenthal am 11.05.2003 um 14.29
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Sehr geehrter Herr Lindenthal, ich habe Strauß' Tochter richtig geschrieben
Ja, was machen wir denn da, lieber Herr Schubert? Um die Frage zu klären, wie Frau Monika Hohlmeiers Vaterbezug richtig geschrieben wird, können wir mathematikmäßig eine hinreichend vollständige Fallunterscheidung machen. Dazu meine Frage an Sie: Welche Zeile(n) halten Sie für richtig?
1. Strauß´ Tochter
2. Strauß` Tochter
3. Strauß' Tochter
4. Strauß Tochter
5. Strauß Tochter
6. Strauß" Tochter
7. Strauß° Tochter
8. Strauß* Tochter
Zu meinen bisher falschen Vermutungen noch folgende neugierige Zusatzfrage: Für welches Fach sind Sie denn Lehrer?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Peter Schubert am 11.05.2003 um 13.43
Sehr geehrter Herr Lindenthal, ich habe Strauß' Tochter richtig geschrieben. Zu Ihren Vermutungen:
a) Nein, ich bin kein Deutschlehrer
b) Nein, ich weiß gar nicht, was M$ ist
c) Nein, ich lese gern genau
__________________
Peter Schubert
eingetragen von Detlef Lindenthal am 11.05.2003 um 13.24
Zitat:Nein, lieber Herr Schubert, das haben Sie leider nicht richtig geschrieben.
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Lindenthal, Herr Upmeyer, ich wusste das alles doch schon und habe das dadurch zu erkennen gegeben, dass ich "Strauß' Tochter" richtig geschrieben habe
Darf ich vermuten, daß Sie
a.) selbst Deutschlehrer sind,
b.) mit M$ zu arbeiten versuchen sowie
c.) ungern genau lesen?
Wenn ja, dann habe ich eine gute Nachricht für Sie: Ganz besonders für diesen Fachleutekreis will ich auf http://Deutschlehrer.de eine Trost-und-Rat-Seite aufziehen. Dort können Sie dann immer fragen, wenn Sie nicht genau wissen, ob „Strauß' Tochter“ nun richtig geschrieben ist. – Ich werde mich mal aufraffen und dort jedenfalls ein Gästebuch aufziehen.
In Vorfreude auf Schreibfreunde
Ihr
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Henning Upmeyer am 11.05.2003 um 11.09
Die Kompromißvorschläger wollen die Rechtschreibreform voranbringen oder eigentlich retten, damit sie nicht in homerischem Gelächter und Rechtschreibchaos endet.
Die Reformgegner wollen die Rechtschreibung voranbringen, indem sie entsprechend den Icklerschen Vorschlägen sie an den mehrheitlichen Gebrauch anpassen und die früheren Duden-Macken beseitigen wollen.
Das ist auch nichts Neues.
eingetragen von Peter Schubert am 11.05.2003 um 10.49
Herr Lindenthal, Herr Upmeyer, ich wusste das alles doch schon und habe das dadurch zu erkennen gegeben, dass ich "Strauß' Tochter" richtig geschrieben habe, im Gegensatz zu dem Deutschlehrer, der "Strauß`s Tochter" geschrieben hatte und es eigentlich besser wissen müsste. Trotzdem Dank für die Belehrungen.
eingetragen von Henning Upmeyer am 11.05.2003 um 09.14
Weil man das Apostroph in "Strauß' Tochter" zwar schreiben, aber nicht sprechen kann und weil es beim Hören so wie "Johann Strauß Vater", "Johann Strauß Sohn" klingt, spricht man oft "Straußens Tochter", um sich mündlich genau auszudrücken. Das gilt zwar als Umgangssprache, aber wenn man alte und neue Grammatikbücher vergleicht, ist vieles früher 'umgangssprachliche' heute 'hochsprachlich' geworden.
Bei "Strauß-Tochter" ist die Betonung anders.
Ich würde allgemein statt "geborene Strauß" als Zusatznahmen die isländischen Formen "Straußtochter" (und entsprechend "Straußsohn") für angenehmer halten.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 11.05.2003 um 08.44
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Wie schreibt man Strauß' Tochter? Mit ß und accent grave und s?
Weder noch. Strauß’ Tochter Monika, verehelicht als Hohlmeiersche, verdeutlicht ihre Großfamilienzugehörigkeit mit einem einfachen Neunerl-Hochtüttel (oder Hochbeistrich oder Hochkomma oder Apostroph) sowie verzichtetem s.
Ist denn das derart schwierig? Für Deutschlehrer und Mikroschrott offenbar.
Ansonsten:
http://members.aol.com/apostrophs/
eingetragen von margel am 11.05.2003 um 08.11
Ih ergenbeLiebe Frau Dr. Menges,
was die Ihnen durchaus wohlgesinnten Kritiker in diesem Kreis an Ihnen so stört und manchmal fast zur Verzweiflung treibt, ist
Ihr ständiges Vermischen der Kategorien. Z.B. behaupten Sie allen Ernstes, eine Ministerin stelle kraft Amtes fest, was richtig sei! (Anders als die geschätzte Regina brauche ich nicht gleich zum Friseur zu laufen - mangels Vorrat).
Oder Sie halten sich etwas darauf zugute, daß Sie auch privat
in neuer Orthographie schreiben, wahrscheinlich aus Gründen der Glaubwürdigkeit.
Sie bringen dadurch genau das Bekennerhafte ins Spiel, das der Reform bzw. den Reformanhängern von Anfang an und bis heute
eigen war und ist.
Der damalige bayrische Kultusminister, der ja kein Dummkopf ist, hat es in seiner berühmt gewordenen Prophezeiung von
Glaubenskämpfen richtig vorausgesehen.
Rechtens und richtig, legal und legitim - da machen Sie keinen Unterschied.
Können Sie sich vorstellen, eine Anordnung rein formal streng zu befolgen und gleichzeitig auf kritische Distanz zu ihr zu gehen?
Können sie sich vorstellen, diese Haltung auch Ihren Schülern
(wenigsten den größeren) gegenüber zu vertreten.
Der Familien- und Eherechtler H.E. Troje, dessen tiefgründige Schriften ich übrigens wärmstens empfehle(gibt´s aus dem Internet), spricht von der "emanzipatorischen Variante der
Imperativentheorie des Rechts". Damit meint er, daß der
Rechtsetzende sich mitunter mit eben der rein formalen Befolgung der Norm begnügen muß-was ihm natürlich außerordentlich gegen den Strich geht.-
Frau Dr. Menges, wie Sie sehen, provozieren Sie immer wieder eine Anzahl Fragen, und allein dafür muß man Ihnen schon dankbar sein.
Wie immer freundlichst grüßt Sie Ihr ergebener
eingetragen von Theo Grunden am 11.05.2003 um 08.10
Liebe Frau Menges,
jetzt noch mal ganz langsam:
Sie schrieben: "Vgl. dazu die Rechtschreibung: Ist sie übergeordnet oder sollte sie eine untergeordnete Funktion im System darstellen?" Auf meine Nachfrage, was hier mit ‚System’ gemeint sei, antworteten Sie: "Herr Grunden, das System ist die Rechtschreibung." Damit würde also nun Ihre Frage so lauten (Herr Wagner wies Sie auch schon darauf hin):
"Ist die Rechtschreibung übergeordnet oder sollte sie eine untergeordnete Funktion in sich selbst darstellen?"
Wengleich Sie mir mit der Begriffserklärung ("Sie beinhaltet das Wort Schreibung und ‚Recht= richtig’ schreiben") schon – pädagogisch gutmeinend – ein Stück entgegengekommen sind, so muß ich doch trotz schwerster PISA-Zeiten zugeben, daß meine Fähigkeit, sinnentnehmend zu lesen, hier auf eine harte Probe gestellt wird. Ich habe das Gefühl, daß hier schon jemand vor mir den Sinn entnommen hat, ich finde einfach keinen. Daher bitte ich Sie hiermit um eine Ersatzfrage.
Und wenn Sie mir bei der Gelegenheit gleich ein paar Schulen nennen könnten, an denen es möglich ist, „alte und neue Rechtschreibung gegeneinander zu setzen“, ohne daß Lehrer und Schüler Nachteilen ausgesetzt wären! Sie sagten ja, das sei möglich, und man solle die moderne Schule nicht verkennen. Wie sollte ich „die moderne Schule“ verkennen können, solange ich nicht mal eine kenne?
Apropos „voranbringen/zurückführen“:
Sie schrieben: "Es geht darum die Rechtschreibung voranzubringen, nicht zurückzuführen."
In NRW ging es vor kurzem auch darum, die vor einigen Jahren beschlossene „Sommerferienregelung-Reform“, die beobachtbar nur Nachteile und Chaos brachte, nachzubehandeln. Man hat nun beschlossen, sie auf die alte Regelung zurückzuführen, um die berechtigten Interessen aller Beteiligten wieder voranzubringen. (Was allerdings noch aussteht, ist die Bestätigung durch die KMK.)
eingetragen von Peter Schubert am 11.05.2003 um 07.58
Wie schreibt man Strauß' Tochter? Mit ß und accent grave und s?
eingetragen von Norbert Schäbler am 10.05.2003 um 22.33
Ich wollte und sollte keinen Gebrauch davon machen, doch ist es Zeit, ein Geheimnis zu lüften, darüber zu berichten, wie die Straußen-Tochter tatsächlich denkt.
Aus sicherer Quelle weiß ich, daß sie Herrn Wolfgang Kopke zu seiner Doktorarbeit (Rechtschreibreform und Verfassungsrecht. Mohr, Tübingen 1995) gratuliert hat; mit persönlichem Schreiben (hier im Forum/im „Strang: Schule“ veröffentlicht) teilte sie mir mit, daß sie schon immer für die Rechtschreibreform eingetreten sei.
Strauß`s Tochter lügt!
– geändert durch Norbert Schäbler am 12.05.2003, 12.58 –
__________________
nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 10.05.2003 um 22.09
Liebe Frau Menges,
bei allem Respekt vor Ihren Qualitäten, die sicherlich nicht unbedingt von der Natur sind, daß sie in diesem Forum in ihren vollen Ausmaßen wahrgenommen werden können: Aber Klartext ist von Ihnen eigentlich kaum zu vernehmen. Selbst wenn man darin geübt ist, zwischen den Zeilen zu lesen, tut man sich bei Ihnen immer wieder schwer, herauszufinden, was Sie eigentlich meinen. Deshalb dreht sich die Diskussion mit Ihnen immer wieder im Kreise oder tritt auf der Stelle, und margel ist nicht der einzige, der darin wenig Sinn sieht.
Zu Ihrer Frage: Die deutschen Akademien sind nicht vernetzt, jede spricht für sich selbst, bzw. jedes Mitglied einer Akademie spricht für sich selbst, es gibt keine Bevormundung seitens der Akademien, d.h. es gibt sehr unterschiedliche Meinungen auch innerhalb einer Akademie. Es hat aber noch niemand ein gutes Wort für die Rechtschreibreform gefunden.
Ihr ehemaliger oberster Dienstherr, der damalige bayerische Kultusminister, bereut, wie wir in der Passauer Neuen Presse lesen konnten, seine Zustimmung zur Rechtschreibreform. Das könnte Ihnen und Ihren KollegInnen doch zu denken geben: Sie befolgen ministerielle Anweisungen, auch wenn der verantwortliche Minister sie inzwischen falsch findet, denn was falsch oder richtig ist, wird jetzt durch Frau Hohlmeiers Unterschrift definiert. Es ist schön, diesen Sarkasmus von Ihnen bestätigt zu bekommen. Nicht schön ist es, daß Sie dies wie eine Selbstverständlichkeit, der Sie sich zu unterwerfen willens sind, mitteilen.
Und miserabel ist Ihre Kommasetzung, man muß die Sätze mehrfach lesen, bis man herausfindet, wie sie gemeint sind, bei Ihren unklaren Gedankengängen ist das eine zusätzliche Erschwerung. Kein Wunder, daß margel die Nase voll hat. Er kennt Sie nicht so gut wie ich, deshalb müssen Sie ihm das nachsehen.
Die Münchner Podiumsdiskussion von Dezember 2002 wurde in Dresden in der Sächsischen Akademie mit etwas geänderter Besetzung und großem Beifall wiederholt. Adolf Muschg, Mitglied des Beirates der Forschungsgruppe Deutsche Sprache, ist in diesen Tagen Präsident der Berliner Akademie geworden. Es wird im September auch in Berlin eine solche Veranstaltung geben, weitere sind geplant. Es liegen aufregende Zeiten vor uns, machen Sie sich auf widersprüchliche Unterschriften Ihrer Dienstherren gefaßt.
– geändert durch Walter Lachenmann am 12.05.2003, 05.18 –
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 10.05.2003 um 21.47
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Selig sind, die da nicht sehen und doch glauben.
Gute Nacht, lieber Herr Schäbler.
Aus der "Opel"-Werbung:
"Wir haben verstanden!"
"Nur fliegen ist schöner!"
Dazu das Volkslied: "Maikäfer flieg!"
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.05.2003 um 21.04
Zitat:Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie mich ganz verstanden haben, Frau Menges: Es geht um die Trennung zwischen Inhaltlichem und Formalem, nicht darum, das durcheinanderzubringen bzw. miteinander zu vermischen!
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Da ich sehr gerne Klartext spreche:
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie mich ganz verstanden haben, Herr Wagner:
Es geht darum die Rechtschreibung voranzubringen, nicht zurückzuführen.
Inhalt-Beispiel: Wir diskutieren, ob ss nach kurzem Vokal kommen kann oder das Wort Besorgnis erregend auseinander geschrieben werden könnte.
Jeder schreibt 10 Punkte zusammen, die die derzeit gültige Rechtschreibung verändern könnte.
Falls Sie aber sagen: Ich werde in allen 10 Punkten die alte Rechtschreibung zitieren, dann können wir die inhaltliche Diskussion lassen.
Meine Frage, ob Sie zu so einer Trennung bereit sind, haben Sie nicht beantwortet, sondern Sie wiederholen mal wieder, daß es darum gehe, »die Rechtschreibung voranzubringen, nicht zurückzuführen«, und Sie verbinden dies mit einem Hinweis auf Klartext sprechen in meine Richtung sowie der Haltung, daß wir, falls ich in allen meinen 10 Vorschlägen »die alte Rechtschreibung zitieren« sollte, die inhaltliche Diskussion lassen können. Liebe Frau Menges: Wo ist der Ausweg aus diesem Labyrinth? Das ist doch eine unerfüllbare Forderung, die Sie hier aufstellen!
Aber langsam und der Reihe nach, daß ich Sie nicht schon wieder falsch verstehe: Welche inhaltlichen und formalen Dinge haben Sie im Blick, wenn Sie von die Rechtschreibung voranbringen sprechen? Welche inhaltlichen und formalen Dinge sind es, auf die Sie mit zurückführen Bezug nehmen? Konkret: Warum sollte es kein inhaltlicher Forschritt sein, wenn Fehler korrigiert werden müssen und dies dazu führt, daß an bestimmten Stellen der Zustand vor der Reform wieder eingeführt wird?
Ich habe nämlich den Verdacht, daß Sie hier die von mir vorgeschlagene Spielregel unterlaufen wollen, daß Inhaltliches nur mit Inhaltlichem erwidert wird. Sie wollen nun von vornherein bestimmte Inhalte ausschließen, indem Sie eine formale Regel aufstellen etwa so: Alles, was die Reform abgeschafft hat, darf nicht wiederkommen. Meinen Sie das, oder habe ich Sie falsch verstanden?
Aber weiter:R. Menges:Wen oder was meinen Sie hier mit dem hervorgehobenen sie kann, liebe Frau Menges? Und wie stehen Sie zu Ihrer eigenen Frage, ob die Rechtschreibung übergeordnet ist oder eine untergeordnete Funktion im System darstellen sollte? Aber wenn das System die Rechtschreibung ist wie kann die Rechtschreibung eine untergeordnete Funktion der Rechtschreibung darstellen???
Herr Grunden,
das System ist die Rechtschreibung. Sie ist ein von Menschen geschaffenes System Informationen weiterzuleiten. Sie beinhaltet das Wort Schreibung und "Recht= richtig" schreiben. Wir benützen sie um eine Sache ( oder die Poesie, das Märchen, die verschrifteten Gespräche ...) zum Leser zu bringen. Die Frage zum Nachdenken ist, ob Sie die Rechtschreibung wirklich so beeinflussen kann, wie hier immer wieder geschrieben wird.
(Hervorhebung hinzugefügt)
Und nochmal:R. Menges:Warum soll hierbei der Aspekt des Schreibens und nicht der des Lesens entscheidend sein, und warum ist das eindeutig so? Ist nicht die Schrift dazu da, gelesen zu werden, und muß nicht also die Rechtschreibung sich in erster Linie (aber nicht ausschließlich) daran orientieren, was dem Leser dient? Und überhaupt, wollen wir nicht zuerst einmal alle Kriterien zulassen, die bei dem Vergleich (da)ss vs. (da)ß relevant sein können, und dann die jeweils gewonnenen Erkenntnisse gegeneinander abwägen?
Zu Herrn Wagner und seinen Erfahrungen:
Es stimmt schon, am dassdaß kann man die ss-ß Klärung vollziehen. Es ist hier eindeutig eine Frage des Schreibens und nicht des Lesens. Das Schöne bei "dass und daß" zu suchen finde ich weit über die Sache hinausgelehnt. "Dass" schreibt sich leichter und ist verständlich in der Anwendung.
Nehme ich also Ihren Beitrag als einen zum Aspekt des Schreibens (und also müssen wir uns noch über das Lesen unterhalten, Frau Menges! Akademische Präzision!), dann sind Ihre Argumente: 1.) "Dass" schreibt sich leichter; 2.) "Dass" ist verständlich in der Anwendung. Meine Fragen dazu: 1.) Wie meinen Sie das schreibt sich leichter speziell handschriftlich oder allgemein? 2.) Verständlich in der Anwendung ist mir zu knapp; ich verstehe nicht, worauf Sie dabei hinauswollen. Ist denn nicht die Schreibung daß genauso verständlich weil es letztlich darauf ankommt, zu verstehen, wann der Laut /daß/ für die Konjunktion steht und wann für ein Relativpronomen bzw. einen Artikel? Kurz gesagt, es kommt auf die Unterscheidung zu das an aber das ist doch unabhängig davon, wie ich die Konjunktion schreibe.
(Es kann sehr gut sein, daß ich hier in eine von Ihnen gar nicht beabsichtigte Richtung gedacht habe, aber ich wollte Ihnen das trotzdem mitteilen, um klarzumachen, wie ich Ihre Bemerkung aufgefaßt habe. Bitte nehmen Sie das unter diesem Vorbehalt; ich würde mich freuen, wenn Sie ggfs. das Mißverständnis ausräumen.)
Bitte antworten Sie auch auf die Frage, wen Sie vorschlagen, den/die wir mit unserer Liste von 10 Punkten beglücken wollen. Ich bin mir trotz unserer momentanen Differenzen ziemlich sicher, daß wir so eine Liste zusammenbekommen werden, die wir beide absegnen können was dringend Verbesserungsbedürftiges betrifft, ist die Reform einfach ergiebig ohne Ende...
Also vorweg: Wenn Sie schon fragen, ob »das Wort Besorgnis erregend auseinander geschrieben werden könnte«, dann haben Sie sich doch die Antwort schon selbst gegeben. Denn die Gegenfrage welches Wort? kann man nicht mehr beantworten, stehen doch jetzt zwei Wörter da. Das ist wie bei dem folgenden Nichtlustig-Cartoon:
![]()
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 10.05.2003 um 20.59
Selig sind, die da nicht sehen und doch glauben.
Gute Nacht, lieber Herr Schäbler.
eingetragen von Norbert Schäbler am 10.05.2003 um 20.32
„Wer hören will, der höre. Wer sehen will, der sehe!“
Ich frage mich angesichts der oben zitierten Bibelworte, wieviel Wollende, wieviel Wollen-Könnende und wieviel Willen-Bildende (Lehrer/Pädagogen) es noch gibt.
Gute Nacht!
__________________
nos
eingetragen von margel am 10.05.2003 um 20.31
Liebe Frau Dr. Menges,
eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, zu Ihren Beiträgen nicht mehr Stellung zu nehmen - aus verschiedenen Gründen.
Aber daß Sie meinen, glauben, fordern, irgend jemand müsse die Rechtschreibung "voranbringen", zeigt mir nur allzu deutlich,
wie sehr sie den Reformern und ihren Promotern bedingungslos zu folgen bereit sind. Genau diese Auffassung ist ja das Geburtsübel des ganzen Unternehmens. Und wenn schon - glauben Sie wirklich, ausgerechnet diese "Reform" biete dazu eine Grundlage? Schon daß Sie so oft von "Kompromissen" reden, diskreditiert Sie im Grunde, verzeihen Sie das harte Wort. Mist bleibt Mist, da gibt es keine Kompromisse.
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.05.2003 um 19.54
Da ich sehr gerne Klartext spreche:
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie mich ganz verstanden haben, Herr Wagner:
Es geht darum die Rechtschreibung voranzubringen, nicht zurückzuführen.
Inhalt-Beispiel: Wir diskutieren, ob ss nach kurzem Vokal kommen kann oder das Wort Besorgnis erregend auseinander geschrieben werden könnte.
Jeder schreibt 10 Punkte zusammen, die die derzeit gültige Rechtschreibung verändern könnte.
Falls Sie aber sagen: Ich werde in allen 10 Punkten die alte Rechtschreibung zitieren, dann können wir die inhaltliche Diskussion lassen.
Herr Lachenmann,
eine Spezialfrage an Sie:
Es gibt doch wohl in jedem Land einen Sitz für "Schöne Künste" wie die Akademie der Schönen Künste des bayerischen Staates.
Inwieweit stimmt jede dieser Akademien mit den Zielen der Münchner überein?
Herr Grunden,
das System ist die Rechtschreibung. Sie ist ein von Menschen geschaffenes System Informationen weiterzuleiten. Sie beinhaltet das Wort Schreibung und "Recht= richtig" schreiben. Wir benützen sie um eine Sache ( oder die Poesie, das Märchen, die verschrifteten Gespräche ...) zum Leser zu bringen. Die Frage zum Nachdenken ist, ob Sie die Rechtschreibung wirklich so beeinflussen kann, wie hier immer wieder geschrieben wird.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Martin Dauth am 10.05.2003 um 16.12
Durch Unterschrift wird in diesem Zusammenhang doch nur besiegelt, welche modischen Narreteien gerade an den Schulen gelehrt werden, und nicht was richtig oder auch nur zweckmäßig ist.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.05.2003 um 15.56
[Frau Menges] »Was richtig oder falsch ist wird durch Unterschriften besiegelt: Zur Zeit ist es Frau Hohlmeier, die die neuen Lehrpläne unterzeichnet.«
Es wurde auch schon einmal beschlossen, die Zahl Pi zu reformieren und dabei zu vereinfachen. Dazu fand ich folgende Notiz:
Feb. 5, 2003
PI = 3.2 [Dave Kopel]
On February 8, 1897, the Indiana House of Representatives, by a vote of 67-0, passed a bill declaring the value of pi to be 3.2. The bill did not pass the Indiana Senate. The Senators did not understand that the bill was incorrect, but they did understand that the subject was not appropriate for legislation...
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Theo Grunden am 10.05.2003 um 10.34
Funktion gefällt mir wieder ausgesprochen gut.
Mir gefällt auch so manche Funktion, liebe Frau Menges, in diesem Moment z.B. die meiner Finger, meiner Augen, meines Gehirns, meines Rechners ...
Die mehrdimensionale Deutung eines deutschen Begriffes. Ihrem Wunsch gemäß aus einem medizinischen Wörterbuch.
Meinem Wunsch entsprechend? Da haben Sie mich aber mißverstanden. In einem Ihrer Vorbeiträge erwähnten Sie die Funktion im mathematischen Sinne (Zuordnungsvorschrift), nun die Organfunktion im medizinischen Sinne. Da wäre es im Zusammenhang mit diesem Forum schon angebrachter, den Begriff ‚Funktion’ im Sinne des Funktionierens bzw. Funktionierenmüssens von Lehrern oder Entscheidungs(weiter)trägern zu behandeln. Oder mal die das Lesen unterstützende Funktion von Satzzeichen.
Zum Beispiel:
Funktion (engl.: function) der einem Organ, einer anatomischen Struktur zugeordnete Geschehensablauf, auch als Beitrag zur Leistung eines übergeordneten Systems; s.a. Functio laesa.
Verwandte Themen Functio; functionalis
Roche Lexikon Medizin, 4.Auflage; © Urban & Fischer Verlag, München 1984/1987/1993/1999
Sehr schön zitiert, und eine präzise Quellenangabe! Aber wenn schon die Diskussion in diesem Gästebuch gerade (unter)thematisch entzerrt wird, dann sollte man für die medizinischen Aspekte vielleicht auch einen besonderen Themenstrang eröffnen.
Gerne können wir uns auch wissenschaftlich über den Begriff Argument auseinandersetzen.
Auseinandersetzen (jetzt schreiben Sie das Wort schon wieder zusammen, wollen Sie denn das „Rad der Fortschrittlichkeit und Moderne“ mit aller Gewalt zurückdrehen?) könnten wir uns grundsätzlich über alles. ‚Wissenschaftlich’ könnte dies aber höchtens dann werden, wenn wir nicht gleichzeitig Cross-over mit Definitionen spielten. Außerdem bietet Ihnen Herr Wagner doch reichlich Gelegenheiten zur systematischen Sachdiskussion.
Die Funktion als Beitrag eines übergeordneten Systems. Vgl. dazu die Rechtschreibung: Ist sie übergeordnet oder sollte sie eine untergeordnete Funktion im System darstellen?
Eine kleine Denkaufgabe für Sie ...
Ist sie A oder sollte sie B sein? Verschachtelungsfragen dieser Art sind mit Vorsicht zu behandeln. Aber ich würde mich dieser Denkaufgabe gerne stellen, wenn ich nur wüßte, was Sie mit ‚System’ meinen. (Wenn Sie schon von der hl. Birgitta kommen, wird’s ja schon mal nicht das „System der Dinge“ sein!?)
Übrigens: In einer großen Einrichtung, nennen wir sie Sparkasse, beginnen nach 7 Jahren der Einführung Kurse zur neuen Rechtschreibung. Auch ein Thema zum Nachdenken ...
Habe mal nachgedacht und erkannt: Es muß sich auf jeden Fall um eine extrem schwierige Disziplin handeln, wenn man schon allein für die ihre Einführung 7 (i.W.: sieben) Jahre braucht.
Was richtig oder falsch ist wird durch Unterschriften besiegelt.
Finden Sie es denn richtig, daß auch Falsches durch Unterschriften besiegelt wird? Ich dachte immer, das dürfe niemand – und Beamte erst recht nicht!
Forschung und Wissenschaft kann betrieben werden, aber wenn sie gegenteilig besetzt ist, ist die Durchsetzung schwierig:
Forschung und Wissenschaft waren nach meinen Beobachtungen eigentlich immer „ungegenteilig“ besetzt. Sie müssen auch in der Regel nicht durchgesetzt werden. Das müssen höchstens die Regelungen oder Gesetze, die man aus ihren Erkenntnissen glaubt ableiten zu müssen. Und je wissenschaftlicher die Erkenntnisse sind, und und je mehr übereinstimmend mit den Prinzipien der Wissenschaftlichkeit ihr Zustandekommen ist, desto leichter lassen sich daraus Regelungen ableiten.
Immerhin gibt es eine wissenschaftliche Kommission, die eingesetzt ist und war richtige Rechtschreibregeln zu finden.
Und warum hat die Kommission, die Sie meinen, trotz ihrer Wissenschaftlichkeit sovieles von dem, was sie eigentlich wollte, wieder verworfen, sovieles nur des Änderns wegen geändert, soviele Fehler gemacht? Und wie erklären Sie sich die Tatsache, daß ihre bisherigen Berichte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren?
Es ist auch in den sogenannten Lehrerkreisen bekannt, dass die Rechtschreibreform eine Trugschluss und eine Fehlentscheidung war.
„Sogenannte“ Lehrerkreise sind doch unmodern, wirklich modern nur noch die „so genannten“.
Aber wir haben sie nun mal und damit müssen wir umgehen, wenn Sie auch 1000mal dagegen schreiben.
Wäre nicht das konsequente Eintreten für eine freie, faire, ungehinderte und bedingungslose Auseinandersetzung mit Inhalten und Auswirkungen der Reform – unter Lehren, Schülern, Wissenschaftlern und überhaupt allen, die sich dafür interessieren – auch eine mögliche Form des Umgangs? Oder gilt für Sie einfach Umgang=Umsetzung?
Durchaus ist es möglich alte und neue Rechtschreibung gegeneinander zu setzen und Erkenntnisse gewinnen zu lassen - sie verkennen die moderne Schule!
Bitte nennen Sie mir eine (moderne) Schule, an der es möglich ist, „alte und neue Rechtschreibung gegeneinander zu setzen“, ohne daß Lehrer und Schüler Nachteilen ausgesetzt wären! Damit wäre ja schon ein Anfang gemacht.
Weiterarbeit an der Rechtschreibreform ist die Devise ...
Weiterarbeit mit wem? Mit denselben Leuten, die, wie Sie oben sagen, für eine „Trugschluss- und Fehlentscheidung“ verantwortlich sind? Oder sind inzwischen auch andere von der KMK zugelassen oder auch nur gehört worden?
Sie brauchen mir natürlich nicht zu antworten, denken Sie einfach mal drüber nach. Aber Herr Wagner hätte m.E. doch mal ein paar konkretere Antworten verdient. Die würden mich auch interessieren.
Theo Grunden
P.S.:
Aber es hier zu schwierig eine Forderung gemeinsam zu stellen, denn wir können uns wegen der Hautsache schon nicht einigen ... (ss-ß-s)
Wegen der „Hautsache“ schauen Sie doch mal bitte in den Strang ‚ss vs.ß’ („Übermässige Masslosigkeit“). Da geht’s um beides, um Haut und um die „ss-ß-s-Vertiefung“ ;-)
eingetragen von Henning Upmeyer am 10.05.2003 um 09.48
Bei Post und Bahn wird der Beamtenstatus abgeschafft, bei den Lehrern ist keine Rede davon. Wir wissen jetzt warum.
eingetragen von Walter Lachenmann am 10.05.2003 um 09.26
Frau Menges: P.S.: Wenn die Akademie der Schönen Künste nur das gut findet, was in München gesprochen wurde, dann ist es schade um unsere jungen guten Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die sich hier bestimmt nicht gängeln lassen!
Liebe Frau Menges, dieses Postskriptum ist wohl auf Ihren ausgeprägten Sinn für sarkastischen Humor zurückzuführen. Nein, die Bayerische Akademie der Schönen Künste wird sicherlich niemanden gängeln wollen (und auch gar nicht können), etwas derartiges ist auch in den Beiträgen des Buches nicht zu finden. Und um die jungen Schriftsteller und Schriftstellerinnen müssen Sie, die als Gegängelte wohl reich an eigenen Erfahrungen ist, sich von daher keine Sorgen machen.
Ist es nicht zunächst einmal schade um unsere jungen (und weniger jungen) Lehrer und Lehrerinnen? Diese haben sich in der Frage der Rechtschreibreform, wo man eigentlich eine eigene Kompetenz von ihnen hätte erwarten dürfen, doch zu Tausenden vom Staat, ihrem Dienstherrn, gängeln lassen. Sie werfen ihr ganzes besseres Wissen von heute auf morgen über Bord, willigen völlig kritiklos dazu ein, den ihnen anvertrauten Schülern fehlerhaftes und schlechtes Deutsch zu unterrichten, und übernehmen dafür auch noch den fadenscheinigen und eindeutig unwahren Vorwand, dies sei »fortschrittlich«. Mit einer solchen gefügigen Lehrerschaft kann man der Jugend noch ganz andere Dinge beibringen, der Testlauf war erfolgreich. Das System der Manipulation der Jugend über die dem Staat verpflichteten Lehrer funktioniert offensichtlich nicht nur in totalitären Staaten. Warten wir's ab, was noch auf uns zukommt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.05.2003 um 21.08
(Re: 25339 Aufschläge / Spirituelle Klosterhofserenade)
Liebe Frau Menges!
(Zuvor: Ihren Vorschlag, einen Katalog aufzustellen und jeweils ca. 10 Vorschläge anzusammeln, finde ich eine gute Idee. Sagen Sie mir nur noch dazu, an welche Zielgruppe sich diese Sammlung letztlich richten soll an die Rechtschreibkommission oder an die KMK?)
Ich bin bei dem Thema der s-Laut-Schreibung unter anderem deswegen so hartnäckig geblieben, weil Sie vor ein paar Wochen mit einigen Behauptungen dazu aufwarteten, die unzutreffend sind oder am Kern der Sache vorbeigehen. Allen meinen Versuchen, Sie auf die entscheidenden Punkte hinzuweisen und von Ihnen genau dazu eine Antwort zu bekommen, sind gescheitert, weil Sie es immer wieder geschafft haben, sich der inhaltlichen Diskussion zu entziehen. Nach einer Weile behaupteten Sie dann, wir müßten das Thema fallenlassen (»uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen«), weil wir uns doch nicht einig werden könnten. So bereits geschehen bei der Diskussion um die Nichttrennung von "ck" (dreimal dürfen Sie raten, was der erste Punkt auf meiner Vorschlagsliste sein wird), und so auch jetzt wieder bei der Diskussion um ss vs. ß. Wie soll denn unsere Diskussion jemals zu einem Ergebnis kommen, wenn Sie sie bereits für beendet erklären, wenn über Inhaltliches noch gar nicht richtig gesprochen wurde?
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, daß Sie völlig zu Recht! darauf hinweisen, daß Sie beruflich an der reformierten Schreibung nicht vorbeikommen und sich daraus eine besondere Sichtweise ergibt. Gut, diese Situation ist uns bekannt, und es ist wirklich nicht nötig, dieses Thema zum -zigsten Male durchzugehen. Aber um was für ein Thema handelt es sich dabei genau? Mir scheint, daß es dabei um etwas Formales geht: Per Erlaß sind Sie dazu gezwungen, es so zu machen, wie es in den neuen Regeln steht. Weil das eine formale und keine in der Sache selbst begründete Entscheidung ist, möchte ich daher vorschlagen, daß wir zur Entzerrung der Diskussion zwischen formalen und inhaltlichen Aspekten unterscheiden, und ich möchte diese Aspekte scharf trennen! Spielregel: Es darf bei der Diskussion um einen inhaltlichen Aspekt nicht mit einem formalen Aspekt gekontert werden (und umgekehrt). Das hat zur Folge, daß eine solche Diskussion die Tendenz haben kann, abgehoben zu erscheinen und ohne (unmittelbaren) Bezug zur Realität zu sein wenn in der Diskussion die formalen Kriterien zu kurz (zu) kommen (scheinen); mir ist klar, daß die in der Realität eine wichtige Role spielen. Das ist aber nötig, denn sonst wäre kein Fortschritt möglich!! (Stimmen Sie dem zu?) Ich frage Sie nun, liebe Frau Menges: Sind Sie zu so einer präzisen, quasi akademischen Diskussion bereit?
Lassen Sie mich ein paar Beispiele anführen, wo diese inhaltliche Diskussion steckengeblieben ist bzw. wo sie steckenzubleiben droht:
Beispiel: Sie schrieben heute: »Was richtig oder falsch ist wird durch Unterschriften besiegelt: Zur Zeit ist es Frau Hohlmeier, die die neuen Lehrpläne unterzeichnet.« Da haben Sie bereits inhaltliche und formale Kriterien unzulässigerweise miteinander vermengt. Glauben Sie wirklich an eine inhaltliche Wahrheit per Erlaß? Was wird durch Unterschriften wirklich besiegelt? Doch nur das, was formal als gültig anerkannt ist. Dagegen sind richtig und falsch Begriffe, die sich (m. E.) ausschließlich auf das Inhaltliche beziehen. Deshalb gilt: Was (inhaltlich) richtig oder falsch ist, kann nicht durch Unterschriften besiegelt werden.
Beispiel: Sie behaupteten, die gültige ss-Regelung sei nicht schlecht. Das ist eine inhaltliche Aussage, und sie betrifft allein die reformierte ss-Schreibung auf einer absoluten Skale (»ist nicht schlecht«). Dem widerspreche ich zwar nicht, und ich habe auch begründet, warum die Heysesche s-Schreibung (ich benutze das nur als Bezeichnung, alternativ zu reformierte s-Schreibung; wer welche Schreibweise eingeführt hat, soll damit überhaupt nicht thematisiert werden!) nicht schlecht ist (zumindest von der theoretischen Konzeption her), aber ich habe immer wieder betont, daß das nicht der Punkt ist: Die (präzise akademische) Frage muß doch lauten: Welche s-Schreibung ist besser, die Heysesche oder die Adelung/Gottschedsche?
Zur Beantwortung dieser Frage habe ich die beiden Regeln anhand dreier Kriterien verglichen: theoretische Regelkonzeption, praktische Anwendung und Lesevorgang. Mein Vergleich lieferte einige Punkte, in denen die Adelung/Gottschedsche Regel Vorteile gegenüber der Heyseschen aufweist. Das bedeutet nicht, daß die Heysesche Regel schlecht ist; sie ist in Ordnung, aber die Adelung/Gottschedsche ist deutlich besser (siehe Antiqua versus Fraktur). Sie aber ignorierten anscheinend die beiden Teile meines Vergleichs, in der die Heysesche Regel schlechter abschneidet, denn Sie behaupteten, ich hätte Gleichwertigkeit der beiden Regeln konstatiert; meine Proteste dagegen blieben folgenlos.
Beispiel: Sie schrieben: »Die Schreibung ss nach kurzem Vokal ist didaktisch- methodisch leicht zu erklären. Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler. [...] Diese Regelung macht es den Schülern deutlich leichter richtig zu schreiben.« In meinem soeben erwähnten Beitrag Antiqua versus Fraktur habe ich die Studie von Prof. Marx zitiert, aus der hervorgeht, daß er nicht zu diesem Befund gekommen ist. Die Studie bestätigt das Fazit meines Vergleiches der beiden s-Schreibungsregeln, daß nämlich in der Praxis die Heysesche Regel zu mehr Fehlern führt.
Sie gingen darauf nicht weiter ein, sondern behaupteten, daß die Studie vor allem bestätige, »dass das Rechtschreiben innerhalb drei Jahren schlechter geworden ist. Diese Aussage ist dieser Statistik eindeutig zu entnehmen, denn auch die Werte, die von der Reform nicht betroffen waren, waren deutlich schlechter.« Ich habe dieses Argument ernstgenommen und abgeschätzt, was daraus für ein allgemeiner Trend der Rechtschreibentwicklung folgen würde; er erschien unrealistisch. Und in der Tat findet man im 3. Kommissionsbericht auf Seite 11, daß im Gegenteil keine allgemeine Verschlechterung des Rechtschreibens festgestellt wurde. Ihre Behauptung ist damit widerlegt, und Ihre auf dieser Behauptung beruhende Schlußfolgerung ist hinfällig. Aber auch das scheinen Sie ignoriert zu haben.
Und selbst wenn Sie nun anführen, daß Ihnen die Studie von Prof. Marx zu klein angelegt erscheint, so bleibt doch als Maßstab Ihre Behauptung, daß weniger Fehler passieren würden. Wenn also die Ergebnisse von Prof. Marx nur ein statistischer Ausrutscher wären, was bedeutete dies für das allgemeine Niveau des Rechtschreibens im Bereich der s/ss/ß-Schreibung? Es hätte erheblich zunehmen müssen, damit sich insgesamt eine Verringerung der Fehlerzahl ergibt! Und was meinen Sie: Ist bei ca. 300 Grundschulkindern ein solcher statistischer Ausrutscher möglich? Was ich nicht weiß, ist, wie sich das Prozedere des Veröffentlichens in der Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und pädagogische Psychologie gestaltet, in welcher die Marx-Studie erschienen ist. Wie wahrscheinlich ist es (grob geschätzt), daß man diese Studie hätte veröffentlichen können, wenn sie im Verdacht stehen könnte, auf einem statistischen Ausrutscher zu beruhen?
Aber genug der Beispiele, lassen Sie uns beim aktuellen Stand der Diskussion weitermachen. Sie haben geschrieben:R. Menges:Warum soll hierbei der Aspekt des Schreibens und nicht der des Lesens entscheidend sein, und warum ist das eindeutig so? Ist nicht die Schrift dazu da, gelesen zu werden, und muß nicht also die Rechtschreibung sich in erster Linie (aber nicht ausschließlich) daran orientieren, was dem Leser dient? Und überhaupt, wollen wir nicht zuerst einmal alle Kriterien zulassen, die bei dem Vergleich (da)ss vs. (da)ß relevant sein können, und dann die jeweils gewonnenen Erkenntnisse gegeneinander abwägen?
Zu Herrn Wagner und seinen Erfahrungen:
Es stimmt schon, am dassdaß kann man die ss-ß Klärung vollziehen. Es ist hier eindeutig eine Frage des Schreibens und nicht des Lesens. Das Schöne bei "dass und daß" zu suchen finde ich weit über die Sache hinausgelehnt. "Dass" schreibt sich leichter und ist verständlich in der Anwendung.
Nehme ich also Ihren Beitrag als einen zum Aspekt des Schreibens (und also müssen wir uns noch über das Lesen unterhalten, Frau Menges! Akademische Präzision!), dann sind Ihre Argumente: 1.) "Dass" schreibt sich leichter; 2.) "Dass" ist verständlich in der Anwendung. Meine Fragen dazu: 1.) Wie meinen Sie das schreibt sich leichter speziell handschriftlich oder allgemein? 2.) Verständlich in der Anwendung ist mir zu knapp; ich verstehe nicht, worauf Sie dabei hinauswollen. Ist denn nicht die Schreibung daß genauso verständlich weil es letztlich darauf ankommt, zu verstehen, wann der Laut /daß/ für die Konjunktion steht und wann für ein Relativpronomen bzw. einen Artikel? Kurz gesagt, es kommt auf die Unterscheidung zu das an aber das ist doch unabhängig davon, wie ich die Konjunktion schreibe.
(Es kann sehr gut sein, daß ich hier in eine von Ihnen gar nicht beabsichtigte Richtung gedacht habe, aber ich wollte Ihnen das trotzdem mitteilen, um klarzumachen, wie ich Ihre Bemerkung aufgefaßt habe. Bitte nehmen Sie das unter diesem Vorbehalt; ich würde mich freuen, wenn Sie ggfs. das Mißverständnis ausräumen.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.05.2003 um 17.17
Danke für die Wiedergabe der richtigen Akademie, Herr Lachenmann. Im Übrigen kommt das Buch: Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt bei den Herrschaften meines Bekanntenkreises sehr gut an, sie lesen es sogar mehrmals.
Ich komme gerade aus einer wunderbaren Führung aus dem Birgittenkloster Altomünster. Da glaubt man gerade wieder ein wenig mehr an die Wahrheit: Willekommen si diu wunnekliche Zeit!, spielt die Musik und von der hl. Birgitta und ihren Offenbarungen wird auf großen Schautafeln berichtet. Wann werden Sie von einer Offenbarung in Sachen Rechtschreiben berichten können?
Was richtig oder falsch ist wird durch Unterschriften besiegelt: Zur Zeit ist es Frau Hohlmeier, die die neuen Lehrpläne unterzeichnet. Forschung und Wissenschaft kann betrieben werden, aber wenn sie gegenteilig besetzt ist, ist die Durchsetzung schwierig: Immerhin gibt es eine wissenschaftliche Kommission, die eingesetzt ist und war richtige Rechtschreibregeln zu finden. Anderseits finde ich die Opposition ganz wichtig und sachlich richtig.
Es ist auch in den sogenannten Lehrerkreisen bekannt, dass die Rechtschreibreform eine Trugschluss und eine Fehlentscheidung war. Aber wir haben sie nun mal und damit müssen wir umgehen, wenn Sie auch 1000mal dagegen schreiben. Dieses Thema reizt mich aber nicht mehr, das haben wir -zig mal durch.
Durchaus ist es möglich alte und neue Rechtschreibung gegeneinander zu setzen und Erkenntnisse gewinnen zu lassen - sie verkennen die moderne Schule!
Durch langjährige Erfahrung habe ich gelernt, dass Gewachsenes eine große Wichtigkeit, aber auch Wirkung hat, aber dass man daran ruhig Erneuerungen anfügen kann. Wäre sonst ein Fortschritt möglich?
Weiterarbeit an der Rechtschreibreform ist die Devise... ich würde zu gern eine neue Form der Möglichkeiten aufstellen, wie ich/wir sie uns vorstellen. Aber es hier zu schwierig eine Forderung gemeinsam zu stellen, denn wir können uns wegen der Hautsache schon nicht einigen ... (ss-ß-s)
Herr Wagner,
wie wäre es mit dem Aufstellen eines Kataloges?
So - mit 10 Vorschlägen von ihrer Seite und 10 Vorschlägen von meiner Seite? Sagen sie mir Bescheid, wenn wir eine lose Sammlung aufmachen sollen. Im Übrigen entstehen bei mir immer Ideen, die sich nach und nach verwirklichen lassen.
P.S.: Wenn die Akademie der Schönen Künste nur das gut findet, was in München gesprochen wurde, dann ist es schade um unsere jungen guten Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die sich hier bestimmt nicht gängeln lassen!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Henning Upmeyer am 09.05.2003 um 13.19
finden in den Schulen ganz sicher nicht statt, denn dann müßten die Schüler ja auch die bisherige Rechtschreibung erklärt bekommen, und das soll ja gerade nicht stattfinden. Ich wette, daß es auch als Thema einer Hausarbeit im Leistungskurs Deutsch nicht zugelassen würde. Als Thema einer Haus- oder Magisterarbeit im Germanistikstudium kommt es durchaus vor. Aber das hängt vom Prof ab. Es gibt auch Profs, die jetzt schon Hausarbeiten usw. nur noch in neuer Rechtschreibung zulassen. Weil es die Schulen nicht tun, müssen wir Älteren die Jüngeren über die Vorzüge der bisherigen und die Nachteile der neuen Rechtschreibung aufklären. Nach meiner Lebenserfahrung sind die meisten gewählten Politiker damit zufrieden, daß der Partei- oder Fraktionsvorsitzende ihnen ihre Meinung vorgibt, denn nur der kann sich eine eigene Meinung leisten.
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.05.2003 um 12.27
Frau Menges: Auch die Akademie der Schönen Künste in München wird hier nicht weiter intervenieren: "Die Akademie will sie (die ss-Regelung; Anm. des Verfassers) grundsätzlich als Herzstück der Reform beibehalten ..." Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt, 2003, S. 108.
Liebe Frau Menges, hier haben Sie ungenau gelesen. Gemeint ist die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in ihrem Kompromißvorschlag, nicht die Bayerische Akademie der Schönen Künste. Intervenieren kann weder die eine noch die andere. Während die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen »Kompromißvorschlag« publiziert, den sie selbst zweitklassig findet, und mit dessen Berücksichtigung bei den amtlichen Stellen sie gar nicht rechnet, bleiben die Münchner Bayerische Akademie der Schönen Künste und die dort vertretenen Schriftsteller bei ihrem qualifizierten Protest und tragen ihn durch die Veranstaltung im Dezember 2002 mit Reiner Kunze und durch die Herausgabe des Buches »Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt« an die Öffentlichkeit.
Ihre Hinweise auf die angebliche Akzeptanz der neuen Rechtschreibung bei der jüngeren Generation hat ähnliche Qualität, wie wenn ein Bauer, der seine Rinder im Stall mit Knochenmehl füttert anstatt sie auf die grüne Weide zu führen, feststellt, sein minderwertiges Futter würde von den bedauernswerten Kreaturen, denen er als »moderner« Landwirt sicherlich auch durch Absägen der schönen Hörner die Würde genommen hat (dadurch sehen sie genau so blöde aus, wie ihr Besitzer ist), problemlos akzeptiert. Was soll das arme Vieh denn anderes fressen? Und haben die Jugendlichen denn die Möglichkeit, Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Orthographien zu vergleichen und sich dann freiwillig für diejenige zu entscheiden, die ihnen als die bessere einleuchtet?
Von Akzeptanz kann also keinesfalls die Rede sein. Selbst Sie als erwachsener Mensch haben in Ihrer besonderen Situation gar nicht die Entscheidungsfreiheit. Diese Tatsache allein sollte Sie eigentlich auf die Barrikaden treiben. Denken Sie an die geplanten Lehreruniformen (Funkenmariechen). Werden Sie auch diese mit der von Ihnen erwarteten »Akzeptanz« tragen? Dürfen wir dann bitte lachen?
Nun wird Ihnen sicherlich auch das neueste Zitat von Peter Eisenberg gefallen, der den Kampf der Wissenschaft gegen die Politik für verloren erklärt hat. Nachdem ihn niemand als Obersten Heerführer der Reformkritik erkoren hat, ist dieser nach seinem Kompromißangebot zweiten Kapitulationserklärung von seiner Seite weiter keinerlei Bedeutung beizumessen. Ein besonders tüchtiger Anwalt der besseren Sache war er schließlich sowieso nicht mehr.
Die Schlacht der Wissenschaft gegen die Politik sei verloren. Wie kann man als Wissenschaftler so etwas sagen! Die Schlacht der Wahrheit gegen die Lüge, was dasselbe ist, wird nie ein Ende haben, und langfristig hat die Wahrheit in der Geschichte immer die Oberhand behalten. Aber nur, weil es genügend Menschen gab, die sich, anders als Peter Eisenberg und andere, mit vorläufigen Niederlagen nicht abgefunden haben.
So ist das, liebe Frau Menges.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.05.2003 um 11.03
Dies ist ein sehr interessantes Nutzerverhalten- das Thema: "Die Reize der neuen Rechtschreibung" muss nachhaltig sein. In Schule und Zeitung allerdings ist es kein Thema. Politische Anträge an SPD und Grüne/Bündnis 90 werden abgelehnt.
Das heißt für mich im Klartext: Weiterarbeit, Begründungen suchen, Wörter, die man nicht verwenden kann weglassen, Synonyme suchen. Aber das hat es auch in der alten Rechtschreibung gegeben. Also hat sich nicht viel verändert.
Meine praktische Arbeit besteht auch im Wälzen von mindestens 4 Lehrplänen, die in Bayern Gültigkeit haben, wenn nicht noch weiterführende Themen aus anderen Bereichen herausgearbeitet werden müssen. Zur Information: Bei jedem Lehrplan sind auch Mitglieder aus dem universitären Bereich maßgeblich und bestimmend dabei.
Ich werde den neuen Grundschullehrplan, der nun eingeführt ist, studieren und den Hauptschulplan, was sich dort an Regeln zur derzeit gültigen Rechtschreibung findet.
Dazu gibt es neue Sprachlehrebücher, Lesebücher, Rechtschreibübungshefte, alle in dieser gültigen Rechtschreibung geschrieben und mit kindgerechten Verschen versehen.
Die Frage nach gut oder schlecht erübrigt sich, denn auch die Presse nimmt dieses Thema nicht mehr auf. Privat auch so zu schreiben wie im Dienst, ist für mich eine Selbstverständlichkeit.
Da wir bei Thema ss noch nicht fertig sind, werde ich mich nun diese Regeln nachlesen: Lehrplan, Grundschule Bayern.
Im Bereich: Richtig schreiben beginnt das Rechtschreiben zwar im 1/2. Schuljahr, aber Verbindliches zu unserem Thema im 3. Schuljahr. Her findet man für ss und ß folgende Regeln S.174/175: "Strategien erkennen und anwenden: Wörter mit doppelten Mitlaut, tz, ck" und und bei: "Wörter mit orthographischen Merkmalen erarbeiten, einprägen und anwenden: - Wörter mit ß ..".
Einige wenige Beispiele sind vorgegeben. Analog geht es bereits in der 1/2. Klasse mit dem Stammprinzip an.
Das Wort "neue und alte Rechtschreibung" wird selbstverständlich nicht zitiert, denn es geht hier um die derzeit gültige Rechtschreibung.
Zu Herrn Wagner und seinen Erfahrungen:
Es stimmt schon, am dass-daß kann man die ss-ß Klärung vollziehen. Es ist hier eindeutig eine Frage des Schreibens und nicht des Lesens. Das Schöne bei "dass und daß" zu suchen finde ich weit über die Sache hinausgelehnt. "Dass" schreibt sich leichter und ist verständlich in der Anwendung. Die Studie von Prof. Marx ist mir zu klein- sie könnte ein Student für seine Zulassungsarbeit gemacht haben in 4-5 Klassen pro Jahrgang. Mich interessieren weitere größere, deutschlandweite Untersuchungen, um wirklich feststellen zu können, überregional sozusagen, wie diese Rechtschreibung angenommen wurde und was sie erreicht hat. Meine Meinung gründet sich auf Erfahrung und Anwendung. Hier lassen Sie sich bekanntlich überhaupt nicht auf ein Gespräch ein, weil Sie nicht über diese Erfahrung verfügen. Wer welche ss-ß eingeführt (Adelung/Gottschedsche) hat, ist interessant, aber führt uns hier überhaupt nicht weiter. Auch die Akademie der Schönen Künste in München wird hier nicht weiter intervenieren: "Die Akademie will sie (die ss-Regelung; Anm. des Verfassers) grundsätzlich als Herzstück der Reform beibehalten ..." Deutsch. Eine Sprache wird beschädigt, 2003, S. 108.
Sich privat und nach der dienstlichen Zeit, auch im Sinne der Pension mit der Rechtschreibung auseinander zu setzen ist wichtig. Meine derzeitigen Erkenntnisse sind eindeutig in die Richtung, dass früher oder später an "dieser" Rechtschreibung weitergearbeitet und verändert wird. Darum rentiert sich hier die Diskussion um weit voraus schon Meinung zu bilden und unter die Leute zu bringen, da ja auch die Presse keinerlei Interesse mehr an diesen Dingen hat.
Die Tatsache, dass hier sich hier wenig jüngere Menschen und sehr viele gezählte Jahre hier befinden sagt doch auch über den Zustand des Interesses an der Rechtschreibung etwas aus. Für die alte Rechtschreibung allerdings haben sich sogar noch weniger Menschen interessiert. Die musste man können, damit war die Diskussion beendet.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 07.05.2003 um 17.36
Zitat:Liebe Frau Menges, diese von Ihnen geänderte Fassung Ihres Beitrages finde ich höchst bemerkenswert: Sie haben genau zweimal ein daß stehengelassen, und diese beiden daß befinden sich vor der Stelle, an der Sie schreiben: »Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, [...]«. Erst von da ab haben Sie den Text komplett von der herkömmlichen ß-Schreibung auf die reformierte ss-Schreibung umgestellt inklusive der dass. (OK, in den ersten beiden Absätzen ist Ihnen zwar das muß nicht entgangen, aber damit steht es 2:1 für die Adelung/Gottschedsche s-Schreibung.) Hier zeigt sich Ihr Sinn für das Wahre, Schöne und Gute denn anhand der Frage dass oder daß? läßt sich m. E. bereits die Entscheidung über die s-Schreibung insgesamt fällen! Und da verlangen Sie, daß wir »uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen« sollten?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Als ich heute, nach den Osterferien, an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fand ich dort einen Brief aus der Schweiz vor. Es stellte sich heraus, daß er aus diesem Forum stammte. Neugierig geworden, öffnete ich ihn ( es war ja schon einmal der Fall): Er enthielt zwei wunderschöne Bilder.
Lieber margel, ich muss Ihre Fähigkeit und Fertigkeit wirklich bewundern. Man sagt mir zuweilen nach, daß ich ein ausgesprochenes Gespür für das Schöne hätte. Ich werde also eines der Bilder rahmen und in meinem Zimmer anbringen, so sehr gefällt es mir. Vielen Dank für diese unerwartete Freude!
Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, muss ich sagen, dass mich die neue ss-Regelung weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Regel sogar leichter, das muss ich immer wieder behaupten.
Darum, lieber Herr Wagner, werden wir hier in diesem Bereich zu keinem Konsens kommen. Wir sollten uns noch dazu haben Sie die Qualität der beiden gleichgestellt (trotz Ihrer gegenteiligen Argumente). Gehen wir lieber zur Getrenntschreibung über. Das Beispiel "Besorgnis erregend" finde ich nun doch ein wenig gewagt: Die schriftliche Sprachgestaltung war Besorgnis erregend schlecht.
Trotzdem muss ich sagen, dass die Menschen, die sich hier entsprechend " Ihrer Meinung" einsetzen, schon besondere Leute sind. Das konnte ich durch wiederholte Kontakte immer wieder feststellen. Woran liegt das nun?
Man könnte diese Personen eben auch besonders altmodern, unbeweglich oder stur bezeichnen, aber nein, jeder von Ihnen hat schon etwas Besonderes und in Bezug auf Sprache eben etwas aus der Sicht der "gehobenen Vierhundert".
- geändert durch RenateMariaMenges am 28.04.2003, 20.04 -
Also nochmal: Sie behaupten, die reformierte ss-Regel bewähre sich, und es gäbe keinen Unterschied. Das steht zum einen (was das Schreiben betrifft) im direkten Widerspruch zu den Ergebnissen der Studie von Prof. Marx, auf die ich bereits hinwies. Zum anderen (was das Lesen betrifft) ignoriert Ihre Behauptung meine Argumente bezüglich Antiqua versus Fraktur sowie die entsprechenden Passagen aus Kritik auf zwei Ebenen; darin zeige ich, daß es sehr wohl Unterschiede gibt.
Sie haben sich bislang darauf beschränkt, meine Argumente als nichtig zu bezeichnen, aber vielleicht können Sie noch begründen, liebe Frau Menges, wie Sie zu dieser Einschätzung kommen sagten Sie doch an anderer Stelle, meine Beiträge bezüglich der ss/ß-Schreibung seien es wert, daß Sie sich die Zeit genommen haben, sie genau zu studieren.
Wie Sie Ihre Meinung begründen, worauf Sie sich bei Ihren Aussagen und Behauptungen stützen, womit Sie gegenteilige Aussagen und Behauptungen entkräften, das ist immer noch unklar.
(Haben Sie eigentlich inzwischen mal in meine lange Antwort an Herrn Schubert [Re: Herrn Wagners liebgewonnene Schreibweisen] geschaut, die ich in einem Parallelstrang eingestellt habe?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.05.2003 um 13.36
Lieber Herr Schäbler, hier geht's weiter.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.05.2003 um 10.00
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Schäbler, wir haben verschiedene Textausgaben. In meiner lautet Phil.2, 9 vollständig so: Daher hat ihn auch Gott über die Maßen [mit ß] erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über jeden Namen ist.
Ich halte fest: Das "ß" ist in einigen Fällen der Differenzierungsschreibung unerläßlich.
Dieser Buchstabe hat aber noch weitere Funktionen, die deutlich herausgestellt werden müßten.
Ein Wechsel in einen anderen Strang wäre angebracht, denn im hiesigen überlangen "Leitfaden" geht eine Argumentensammlung völlig verloren.
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 06.05.2003 um 09.56
Je weniger Buchstaben, desto leichter das Schreiben, z.B. im Diktat. Probleme haben dann die Leser, Sprecher und Hörer, den Sinn zu erkennen wegen Mehrdeutigkeiten und die richtige Aussprache zu finden.
Für die Aussprache rein deutscher Wörter gibt es einige Konventionen:
Die Konsonantenverdoppelung zeigt die Kürze eines vorhergehenden Einzelvokals an, außer im Auslaut, weil dort das s immer stimmlos wird (Auslautverhärtung der stimmhaften Konsonanten).
Einfach-s am Silbenanfang wird stimmhaft gesprochen.
Diese Aussagen sind umkehrbar:
Ein gewollt stimmloses s zwischen langem Vokal und folgendem Vokal kann nicht durch Einfach- oder Doppel-s ausgedrückt werden.
Für diese Fälle wurde das ß erfunden, weil es benötigt wird.
Der Ersatz des Doppel-s vor Konsonant und am Silbenende durch ß zwecks leichterer Lesbarkeit ist ein ganz anderer Fall.
eingetragen von Peter Schubert am 06.05.2003 um 09.33
Herr Schäbler, wir haben verschiedene Textausgaben. In meiner lautet Phil.2, 9 vollständig so: Daher hat ihn auch Gott über die Maßen [mit ß] erhöht und ihm den Namen geschenkt, der über jeden Namen ist.
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.05.2003 um 09.12
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Wer aber einmal Phil. 2, 9 aufschlägt, sieht, dass hier der Drucker doch zum ß greifen musste.
Diesen Hinweis verstehe ich nicht:
Phil. 2.9: "... einen Namen verliehen, der g r ö ß e r ist als alle Namen."
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 06.05.2003 um 08.16
Herr Schäbler erwägt in seinem Beitrag von heute, 0.38 Uhr, nach Schweizer Vorbild das ß ganz wegfallen zu lassen und fragt: Was spricht dagegen?
Diese Frage sollte, wenn Interesse besteht, besser nicht von mir, sondern von einem der Reformkritiker beantwortet werden. Von mir nur ein ganz kleiner Beitrag: In der Schweiz ist natürlich auch die Zürcher Bibel ohne ß gedruckt (meine Ausgabe ist von 1962). Wer aber einmal Phil. 2, 9 aufschlägt, sieht, dass hier der Drucker doch zum ß greifen musste.
eingetragen von margel am 06.05.2003 um 05.30
Zu dem Thema "Die richtige Schreibung aus dem gesprochenen Wort erschließen" fällt mir die wunderbare Nummer "Der Telegrafenbeamte" von Emil Steinberger ein. Das versucht er, kreuzworträtsellösend, herauszufinden ob in "Pfingsten" ein g vorkommt. Nach unendlich mühsamen Intonationsversuchen kommt er dann zu dem umwerfenden Schluß: "Seb chönnt es g ha..."
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.05.2003 um 22.38
Lieber – sehr geehrter – Herr Schubert!
Ich gehe vom Standpunkt des Lehrenden aus, und ich verlasse mich auf diejenigen, die sich mit Forschung und Lehre beschäftigen. Sie sind für mich Spezialisten, Vordenker!
Aber: Wissenschaft muß handlungsfähig und cliquenfrei sein!
Für mich als Lehrender ist zudem wichtig, daß die Definitionen stimmen, und daß sie nachvollziehbar sind, ohne daß ich mich selbst belügen muß. Ich darf mich nicht wider bessere individuelle Einsicht zwingen müssen zu Nachahmung und ideologischem Treiben.
Das Beispiel „stimmhaft“ vs. „stimmlos“ ist ein offenkundiger Fall deutschtümelnder Regelungsmentalität. Ich denke, daß es auch jenseits meiner eigenen Unzulänglichkeiten in diesem Sachzusammenhang Mangelerscheinungen gibt.
Vom mathematischen Standpunkt aus stufe ich das Schweizer Schreibmodell als bestmögliche Regelung ein. Durch den Wegfall des „ß“ als dritten möglichen S-Laut könnte man eine mindestens 33-prozentige Schreiberleichterung für das Problem der S-Laute schaffen.
Was spricht dagegen?
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 05.05.2003 um 22.05
Lieber Herr Wagner, in meinem Nachsatz waren Sie nicht gemeint; der Gemeinte wird seine Worte wiedererkennen, die ich benutzt habe. Ich werde ihn nicht namentlich vorführen.
Ich werde mir angewöhnen, meine Behauptungen vorher in Fachbüchern nachzuprüfen.
Inzwischen habe ich im Englisch-Wörterbuch geprüft, daß es keine englischen Wörter mit Anfangs-'s' plus Vokal gibt, das nicht als ß gesprochen wird, und keine mit Anfangs-'z' plus Vokal, das nicht als stimmhaftes s gesprochen wird. Im Englischen ist es sauber aufgeteilt.
Zu Konsonanten habe ich im Tschechisch-Lehrbuch von Bohumil Jiri Frei, Tschechisch gründlich und systematisch, Band I, folgendes gefunden:
"Ob wir stimmhaft oder stimmlos aussprechen, stellen wir am besten fest, indem wir beim Sprechen eines Lautes mit den Handflächen unsere Ohren zuhalten: Erklingt ein Dröhnen, ist die Aussprache stimmhaft, erklingt keines, ist sie stimmlos. Andere Methoden (Ertasten der Schwingungen, entweder mit den Fingern am Adamsapfel /= Hülle der Stimmbänder/, oder aber mit der Handfläche am Kopfscheitel, der als Resonanzplatte dient) sind weniger zuverlässig."
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.05.2003 um 21.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
(Ich frage da jetzt so haarklein nach, weil mir Ihre Aussage ein Rätsel ist; ich stimme Herrn Schubert zu, der anderenorts geschrieben hat, daß bei hochdeutscher Lautung ein ß immer stimmlos ist.)
Ich frage zurück, ob es zwischen der Schreibweise "Grüsse" (Schreibmodell: Schweiz) und der Schreibweise "Grüße" einen Unterschied in der Aussprache gibt?
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 05.05.2003 um 20.35
Zitat:Wohl nicht, vgl. aber z. B. demise, disguise, recognisable usw.
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Gibt es irgend ein englisches Wort, das mit "s"(+Vokal) beginnt, bei dem das "s" nicht scharf ausgesprochen wird?
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.05.2003 um 14.29
Zitat:Fall sich dies auch auf meinen Beitrag Re: Fremdworte mit scharfem Anfangs-s bezieht, bitte ich um Entschuldigung für die naive Art, in der meine dortige, ernst gemeinte Frage formuliert ist. Ich meinte sie (Gibt es irgend ein englisches Wort, das mit "s"[+Vokal] beginnt, bei dem das "s" nicht scharf ausgesprochen wird?) keineswegs als (übertrieben formuliert) bissig-ironische Retourkutsche, sondern als rein sachliche Frage, ob es irgend so ein Wort gibt denn ich hatte mich über Ihre Zurückhaltung gewundert, lieber Herr Upmeyer, daß Sie lediglich von einigen englischen Wörtern sprachen, die einen harten s-Anlaut haben. Mir fiel ad hoc kein Gegenbeispiel ein, dachte dann, ich hätte es einfach übersehen, und habe dann einfach direkt nachgefragt. Nichts für ungut!
Ursprünglich eingetragen von Henning Upmeyer
Nachsatz:
Ich wünsche mir Fehlerberichtigungen ohne persönliche Angriffe vor versammelter Mannschaft. Solche sind möglicherweise von Lehrer zu Schülern üblich, aber nicht unter sachlich diskutierenden Erwachsenen. Für sachliche Berichtigungen bin ich immer dankbar, weil ich daraus lerne oder zu genauerem Nachforschen angeregt werde. Meine Ausführungen können fehlerhaft sein, sollen aber nicht absichtlich Verwirrung stiften. (Näheres siehe Sokrates.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.05.2003 um 14.16
Zitat:Ihre Beschreibung des stimmhaften s als Summton, der auf Kehlkopfvibrationen beruht, finde ich einfach Spitze! Aber sind Sie sich mit dem stimmhaft ausgesprochenen ß im Inlaut wirklich sicher? Bei den genannten Beispielen (Grüße, außen) ist es m. E. stimmlos; Kehlkopfvibrationen sind auf die Vokale beschränkt, und der zum ß gehörende Laut wird ganz vorn zwischen Zungenspitze und Zahnreihe gebildet. Gegenprobe: Ist das ß bei Grieß stimmlos? Und wie ist es, wenn Sie Grüße auf dem ß gedehnt sprechen, quasi Grüßßß- (wie bei Grieß) -ße?
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Bewußt habe ich nämlich einen Teil meines Wissens zurückgehalten, den nämlich, daß auch das ?ß? im Inlaut (in ?Grüße?, ?außen? ?) stimmhaft sein kann.
Ich hatte ihm eigentlich den Speck ausgelegt und es fehlte nur noch, daß ?
(Ich frage da jetzt so haarklein nach, weil mir Ihre Aussage ein Rätsel ist; ich stimme Herrn Schubert zu, der anderenorts geschrieben hat, daß bei hochdeutscher Lautung ein ß immer stimmlos ist.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 05.05.2003 um 14.06
Aus meiner Deutschen Schulgrammatik, Ernst Klett Verlag 1952:
"Konsonanten im Auslaut - Auslautverhärtung
Im Auslaut werden die stimmhaften Laute b, d, g und ebenso s verhärtet, d. h. scharf und hart gesprochen wie p, t, k und ß. Geschrieben werden sie jedoch nicht entsprechend der Aussprache; vielmehr sind Aussprache und Schreibung der verlängerten Formen auch für die Schreibung der Grundform maßgebend.
Die Aussprache der Nachsilbe -ig
Im Gegensatz zur Auslautregel wird die Endung -ig nicht wie -ik gesprochen, sondern der weiche Auslaut bleibt. Sprich also das g mehr zum ch hin.
Reines g wird in der Nachsilbe -ig gesprochen, wenn eine Endung folgt oder wenn eine Silbe folgt, die auf -ch ausgeht."
Meine Schlußfolgerung daraus:
Was verhärtet wird, ist dann hart. Das Gegenteil von hart ist weich.
Es gibt einen harten und einen weichen konsonantischen Auslaut. Es gibt hart und weich gesprochene Konsonanten, aber anscheinend keine harten und weichen Konsonanten. Mit dieser "Logik" muß man wohl leben.
Nachsatz:
Ich wünsche mir Fehlerberichtigungen ohne persönliche Angriffe vor versammelter Mannschaft. Solche sind möglicherweise von Lehrer zu Schülern üblich, aber nicht unter sachlich diskutierenden Erwachsenen. Für sachliche Berichtigungen bin ich immer dankbar, weil ich daraus lerne oder zu genauerem Nachforschen angeregt werde. Meine Ausführungen können fehlerhaft sein, sollen aber nicht absichtlich Verwirrung stiften. (Näheres siehe Sokrates.)
eingetragen von margel am 05.05.2003 um 12.30
Genau so,lieber Herr Grunden,haben "wir" es auch gehalten. Anders könnte man doch seiner Arbeit gar nicht vernünftig nachgehen. Ich vermute, man weiß das auch höherenorts.Jedenfalls ist zu meiner aktiven Zeit nie nachgefragt worden, wie es nun mit der neuen Rechtschreibung stehe:Umsetzung, Benotung usw.
Das zeigt, daß man oben die ganze Sache auch nicht so sehr ernst nahm. Die Lehrer sind nicht so ohnmächtig, wie sie sich gern selbst einreden. Liegenlassen, Tieferhängen hilft oft weiter. Dies umso mehr, als man ganz sicher sein kann, daß sowieso bald eine neue
Masche gestrickt werden wird, und dann kräht kein Huhn und Hahn mehr nach den Weisheiten von gestern.
In diesem Sinne
eingetragen von Theo Grunden am 05.05.2003 um 11.57
Nachtrag zur margelschen Vermutung vom 2.5.03 (... wenn dem "normalen" Lehrer etwas von oben vorgesetzt wird, so wird er zunächst immer annehmen, daß ein Sinn darin steckt. Er wird vielleicht murren, spotten, sich an den Kopf fassen- aber er wird (...) versuchen, das Verordnete mit mehr oder weniger großem Einsatz umzusetzen.):
Da gibt es mit Sicherheit auch eine andere – nach meiner Beobachtung sich langsam vergrößernde – Gruppe von Lehrern:
Diese haben in ihren ersten Berufsjahren vielleicht genau das gemacht, nämlich in allem, was ihnen Vorgesetzte vorgesetzt hatten, einen (der Vereinfachung dienenden, die Praxis erleichternden, Vorteile bringenden oder einfach irgend einen ... ) Sinn vermutet. Sie haben dann aber in immer mehr Fällen die Erfahrung machen müssen, daß ihnen ein solcher Sinn trotz redlicher Suchbemühungen verborgen blieb. Meist schon deshalb, weil er einfach nicht existierte. Oder sie konnten gar Belege für die Unsinnigkeit sammeln und anführen – mußten allerdings feststellen, daß dies nichts bewirkte. Sie haben daraus gelernt, indem sie nun beim Eintreffen von neuen Verordnungen zunächst von deren Sinnlosigkeit ausgehen, um auf diese Weise weniger oft enttäuscht zu werden. Und sie haben im Laufe der Jahre ein Gespür dafür entwickelt, wo und wann die Suche nach einem Sinn sinnlos ist. Oder zumindest so nebensächlich, daß die „entsprechende Akte“ in dem nach Dringlichkeit geordneten Stapel des Behandelns- oder Erwähnenswerten nie eine Chance hätte, aus dem unteren Drittel herauszukommen. Und genau da liegt sie nun bei vielen, die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Wenn sie sich überhaupt noch in dem Stapel befindet. Und genau das war wohl „im Sinne der Erfinder“ (und ist es noch).
Wie „normal“ sind nun solche Lehrer?
eingetragen von margel am 05.05.2003 um 10.13
Danke, Herr Schäbler, für Ihre direkte Antwort. Ich denke, wir liegen oft auf einer Linie, obwohl Sie natürlich aus einer ganz anderen Praxis kommen und mir manches an Erfahrung voraushaben.
Ab und zu reizt es mich einfach, die Dinge,oft stark vereinfacht, wieder auf die Erde zurückzuholen, jenseits aller Gelehrsamkeit.
Meine Anmerkungen verdanken natürlich dem "Kritischen Kommentar" von Prof.Ickler einiges und erheben keinen Anspruch auf Originalität. Ich selbst habe mit fünf Jahren lesen gelernt
und davon gezehrt. Aus dieser Erfahrung speist sich auch meine
Ansicht.
Mit freundlichen Grüßen
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.05.2003 um 09.47
Lieber Margel!
Ich hätte mir so gerne noch eine Entgegnung von Herrn Schubert gewünscht, der mir in bekannt wissenschaftlicher Art vorgehalten hätte, daß ich das mit dem stimmhaften S immer noch nicht verstanden habe. Bewußt habe ich nämlich einen Teil meines Wissens zurückgehalten, den nämlich, daß auch das „ß“ im Inlaut (in „Grüße“, „außen“ …) stimmhaft sein kann.
Ich hatte ihm eigentlich den Speck ausgelegt und es fehlte nur noch, daß …
Ihre Betrachtungen über das Lesen unterstütze ich weitestgehend, doch weise ich darauf hin, daß in der Schule neben dem Leselernprozeß auch ein Schreiblernprozeß stattfindet.
Ähnlich wie beim Lesen ist dieser zweigeteilt. Hier geht es um technische Komponenten (Motorik etc.) und um inhaltliche Komponenten.
Darüber zu diskutieren, welche Wertigkeit und welche Relation das Schreiben und Lesen zueinander haben, würde auf den alten psychologischen Streitfall hinauslaufen, ob denn nun der Vererbung oder der Erziehung und Nachahmung der größere Rang einzuräumen sei.
Ich jedenfalls bekenne mich dazu, daß das Lesen eine Vorreiterstellung einnimmt, eine mindestens 70prozentige Wertigkeit.
Damit zu Herrn Schubert, der die Verhältnisse allzu gerne umdrehen würde, weil er in höchstem Grade von seinen Studien begeistert ist.
Lieber Herr Schubert!
Ich habe Sie gereizt – mit dem Worte „wissenschaftliche Kakophonie“ – doch jetzt ist der Moment sachlich zu werden.
Zunächst widerrufe ich meine Aussage, daß die Phonologie nichts einbringt.
Sie ist nämlich durchaus ein analytisches Element.
Sie sagt mir in Bezug auf die S-Laute:
1. Im Anlaut steht im Regelfalle ausschließlich das stimmhafte S (bestimmte Buchstabenverbindungen und Fremdwörter zunächst einmal ausgeschlossen).
2. Im Inlaut stehen
a) entweder das stimmhafte s
b) oder das stimmhafte ß
c) oder das stimmlose ss
3. Im Auslaut stehen ausschließlich
stimmlose S-Laute.
Von dieser Betrachtung aus werde ich in meinem nächsten Beitrag den Nachweis erbringen, daß die Rechtschreibreformer vollkommen desorientiert waren, daß sie das falsche „ß“ getilgt haben. Und darüber bitte ich Sie, vorab ein wenig nachzudenken.
Lassen Sie ruhig ein wenig Mathematik in Ihre Erkenntnisse einfließen.
__________________
nos
eingetragen von margel am 05.05.2003 um 07.28
Es gibt , anders als in der Mathematik, einen Königsweg zur Beherrschung der Orthographie, und der heißt Lesen. Wer von kleinauf viel gelesen hat( natürlich in korrekter Schreibung, was ja heute schon nicht mehr so einfach wäre), der hat später so gut wie keine Probleme mit der Rechtschreibung. Er braucht auch keine Regeln, keine mühsames, immer problematisches Lauschen auf die eigene Artikulation, sondern allenfalls noch ein Wörterverzeichnis für ihm neu begegnende Wörter.
Der Übergang vom Sprechen und Hören, also von einem Kontinuum, zum Schreiben mit diskreten Einheiten bleibt den meisten verwehrt. Wir sehen es beispielhaft an der sich nun schon so lange hinziehenden Diskussion, ja dem Streit über "stimmhaft" und "stimmlos". Alles höchst interessant, aber letztlich unfruchtbar.
Das rechte Schreiben lernt man, wie übrigens auch andere soziale Tätigkeiten, durch Nachahmung.
Die Regeln bringen allenfalls noch etwas Rationalität in das intuitiv Praktizierte. Es ist wie mit dem guten Benehmen...
Den Reformern war gerade dies ein Ärgernis, darum haben sie ja auch so sehr an den Regeln herumgedoktert. Das Wörterverzeichnis kam hinterher als Erfüllung eiener lästigen Pflicht, sozusagen. Und so sah es dann ja auch aus.
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.05.2003 um 18.28
Lieber Herr Wagner!
Ich muß jetzt ein bißchen weiter ausholen, Dinge erklären, die scheinbar gar nicht hierher gehören, die aber in der Summe meine Persönlichkeit, meine Einstellung zu dem Oktroi Rechtschreibreform und auch meine oft ironischen und abwertenden Bemerkungen erklären.
Daß ich am tiefen Wasser der Emotionalität gebaut habe, ist kein Geheimnis,
daß ich mit den meisten Adressaten, mit denen ich zu tun habe, Dialekt spreche, hat schon mehr Neuigkeitscharakter,
daß ich mich schließlich auch adressatengerecht – sowohl mündlich als auch schriftlich –
ausdrücken kann, ist in hiesigen Kreisen schon eher zweifelhaft, weil ich zu oft den „agent provocateur“ spiele. Da wird dann einiges polemisch …
Versichern darf ich aber:
daß ich heimlich übe, und daß ich mich auch mit Wissenschaft und Didaktik beschäftige,
daß ich mich bei meinen didaktischen Analysen (z.B. von Rechtschreibsequenzen) – zu denen war ich beim Basteln von Schulstunden staatlicherseits angehalten – ausführlich beschäftigt habe mit An-, In- und Auslauten,
daß ich manches beispielhafte Unterrichtsmedium erstellte mit sprichwörtlich demostenes’schem Übungsfleiß - allerdings ohne Kieselsteine.
Auch wenn ich tiefstapele, weiß ich, was ein stimmhaftes S ist (Sahne, sanft, sauber/Wortbeispiele für den Anlaut; Reise, leise, Faser/Wortbeispiele für den Inlaut).
Meinen Schülern habe ich es als summendes S verkauft, weil man den Summton (die Vibration) spüren kann, wenn man die Fingerspitzen an den Kehlkopf hält, während der Kehlkopf beim stimmlosen „s“, „ß“ und „ss“ eher spitz, scharf, kantig und vibrationslos wird.
Nur, diese Fühlprobe bringt nichts, weil das stimmlose S sowohl ein Auslaut-S, als auch ein scharfes S (ß) wie auch ein Doppel-S sein kann.
Niemals also hätte ich folgenden Merksatz in ein Schülerheft diktiert: „Rückt der stimmhafte S-Laut vom Innern eines Wortes an das Wortende (Auslaut), dann wird er stimmlos. Geschrieben wird jedoch ein einfaches s.
Und ebenso hätte ich niemals geschrieben: Das stimmlose S, kann als „s“, „ß“ oder „ss“ geschrieben werden.
Warum? Weil das wissenschaftliche Kakologie ist, die nichts und abernichts zur Unterscheidungshilfe beiträgt, und darum alleine geht es.
Und nun lieber Herr Schubert,
klären Sie mich mal über meine Unwissenheit auf.
Gibt es denn einen Unterschied in der Stimmhaftig- oder der Stimmlosigkeit, in der Zischlautigkeit oder Kehlkopfspitzheit zwischen „ss“ und „ß“.
Wenn ja – dann müßte man doch sämtliche Rechtschreibumlerner einem Aussprachekursus oder dem örtlichen Gesangsverein zuführen.
Das ist doch einfach lächerlich, mit phonetischen Prinzipien zu argumentieren bei einem Sprachfall, der mit ganz anderen Rechtschreibmethoden gelöst werden muß.
Und die allerschönste Kapriole der Rechtschreibreformer ist wohl die, daß sie die Konjunktion „daß“ mit dem Relativpronomen bzw. dem Artikel „das“ gleichsetzen wollten. Einheitlich sollte das Wort „das“ geschrieben werden.
Nee, nee, lieber Herr Schubert, da hat die Verarschung der Phonologen ein Ende, denn den Unterschied zwischen Artikel und Konjunktion (siehe auch „denn“ und „den“) habe ich so deutlich gemacht, daß meinen Schülern beim Diktieren der Konjunktion fast die Heftblätter weggeflogen sind.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.05.2003 um 16.38
Zitat:Der Unterschied zwischen Stimmhaftigkeit und Stimmlosigkeit bereitet der Ihnen nur beim s-Laut Probleme, oder generell? Wie ist es mit der jeweils ersten Silbe von Charge und Jargon?
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Für mich als Lehrperson war es immer im doppelten Sinne schwierig ?Stimmhaftigkeit? von ?Stimmlosigkeit? zu unterscheiden.
Das ist eine Sache, die sich in punkto Lehren quadriert!
A) Eigene Unzulänglichkeiten (Unzulänglichkeiten des Lehrenden)
1. Zunächst lebe ich in einer Region, in der in der Tat eine gewisse Nachlässigkeit bzgl. des S-Lautes herrscht. U.a. sprechen wir ?Schtein?.
2. Die Unterscheidung nach ?stimmlos? und ?stimmhaft? ist sehr oberflächlich. Sie trifft nicht den Sachverhalt, der beim Sprechen und beim Gebrauch der Sprechwerkzeuge sowie beim Reflektieren durch die Hörwerkzeuge geschieht. Diese althergebrachte Definition und Differenzierung taugt nichts. Nie habe ich sie richtig verstanden. Ich fände das Wort ?Zischlaut? allemal besser, obwohl es den Sachverhalt ebensowenig trifft.
Daß das Wort Stein als /schtein/ ausgesprochen wird, ist keine Unzulänglichkeit oder Nachlässigkeit, sondern die normale hochdeutsche Aussprache (siehe z. B. § 27).
Hören Sie sich einmal das Wort Zabaione in italienischer Aussprache an wo ist da ein Zischlaut?
(Zuletzt noch ein Wink: Wenn Sie jemals Probleme mit einem Sprachcomputer [zur automatischen Spracherkennung] bekommen, der ein Wort, das mit "S" bzw. "s" beginnt, nicht richtig erkennt, kann es daran ligen, daß es mit einem stimmhaften s gesprochen werden muß...)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.05.2003 um 16.23
Zitat:Gibt es irgend ein englisches Wort, das mit "s"(+Vokal) beginnt, bei dem das "s" nicht scharf ausgesprochen wird?
Ursprünglich eingetragen von Henning Upmeyer
Aber einige englische Wörter, z.B. "Sir" u.a. werden mit scharfem Anfangs-s gesprochen. Weil wir keinen Großbuchstaben für "ß" haben, können wir sie nicht phonetisch richtig eindeutschen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.05.2003 um 16.17
Zitat:Etwa nicht auch für Sie? Was denken Sie dazu: Wo ordnet sich die Rechtschreibung wie ein, und warum? Zum Thema "'ss' vs. 'ß'" habe ich genügend Aspekte zum Diskutieren aufgetischt, jetzt sind mal zuerst dran, etwas Inhaltliches beizutragen.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Funktion als Beitrag eines übergeordneten Systems. Vgl. dazu die Rechtschreibung: Ist sie übergeordnet oder sollte sie eine untergeordnete Funktion im System darstellen?
Eine kleine Denkaufgabe für Sie ...
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.05.2003 um 16.10
Zitat:Du liebe Güte, Frau Menges! Sie haben natürlich recht (nicht "Recht", liebe Frau Menges *"Recht haben" fällt in die Kategorie *"Leid tun", und da sind wir uns doch einig, daß es Unfug ist, nicht wahr?), daß die von Ihnen zitierte Worterklärung unmittelbar auf meine Arbeit (computational physics) paßt aber reden wir hier über die Lösung quantenmechanischer Probleme mittels Großrechnern oder über die deutsche Sprache vor und nach der Rechtschreibreform?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Von Argumenten, Behauptungen und Erfahrungen zu schreiben bedeutet sich Definitionen genauer anschauen.
Das Argument passt auf Herrn Wagner wie die Faust auf das Auge (Physik).
R. Menges:Davon, daß Sie Ihre Meinung hier nur wiederholen, kommen wir wirklich kein Stück weiter, denn Ihre Meinung ist in der Tat sehr gut bekannt. Aber wie Sie Ihre Meinung begründen, worauf Sie sich bei Ihren Aussagen und Behauptungen stützen, das ist immer noch unklar. Bitte schauen Sie mal in meine lange Antwort an Herrn Schubert (Re: Herrn Wagners liebgewonnene Schreibweisen), die ich in einem Parallelstrang eingestellt habe, um die Diskussion hier etwas zu entzerrren; dort finden Sie eine persönliche Anmerkung.
Ich dachte aber, dass ich kompromissbereite Mitstreiter finden könnte, aber das war ein Trugschluss. Herr Wagner, auch Sie bewegen sich nicht einen Fingerbreit hin zu einem Kompromissvorschlag. Bei der -ss- Regelung gilt es m. E. die Richtung beizubehalten oder ein Rad rückwärts zu schlagen. Meine Meinung ist hier hinlänglich bekannt.
Aber keine Angst, daß wir nicht doch noch zu einem Kompromiß kommen, was eine gemeinsame Aktion in puncto einer Anfrage bei der Rechtschreibkommission oder bei der KMK betrifft dafür gibt es genügend Material, und die von Ihnen bereits genannten Beispiele zur Getrenntschreibung gehören dazu!
R. Menges:Konsens, liebe Frau Menges: Hier haben Sie eine besonders faule Stelle der Reformschreibung am Wickel und zwar nicht nur, wie Ihr Beispiel zeigt, weil es damit syntaktisch nicht aufgeht, sondern auch, weil hier die als Rettungsversuch von Rechtschreibkommission aufgestellte (und an sich bereits fragwürdige) Behauptung, aus der Steigerung folge, daß auch die Zusammenschreibung in Betracht käme, in diesem Fall nicht durch die Regeln begründet ist.
Das Beispiel "Besorgnis erregend" finde ich nun doch ein wenig gewagt: Die schriftliche Sprachgestaltung war Besorgnis erregend schlecht.
Nehmen wir hierfür ein anderes Beispiel, das ebenfalls auf erregend basiert: Schwindel erregend Schwindel erregender am Schwindel erregendsten. Eine Zusammenschreibung nach Paragraph 36 ist hier nicht möglich, weil es alle Wörter einzeln gibt wie es auch kürzlich Herr Upmeyer für liebreizend gezeigt hat.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.05.2003 um 12.18
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Upmeyer, Sie als Kenner der Slawistik sollten Ihren Wissensvorsprung nicht dazu benutzen, um in diesem Forum, in dem Fachleute, Amateure und Unkundige bunt und nett durcheinander diskutieren, geplant Verwirrung zu stiften. Ganz genau wissen Sie doch, dass ein russisches weiches p, t, k ein jotiertes p, t, k ist und nichts zu tun hat mit dem, was deutschsprachige Amateure mit einem "weichen p, t, k", also einem b, d, g verstehen. Und genau wissen Sie doch, dass ein hartes russisches p, t, k ein nicht jotierter Laut ist, der nicht viel mit dem deutschen aspirierten p, t, k zu tun hat.
Zu dem Beitrag "Haptisches" kein Kommentar. Hier fehlen ja Grundkenntnisse.
...
Das war hart und „hertzlich“!
Ergebenst,
mit Knicks und Diener
Ihr persönlicher Liebhaber (Amateur)
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 04.05.2003 um 11.34
Herr Upmeyer, Sie als Kenner der Slawistik sollten Ihren Wissensvorsprung nicht dazu benutzen, um in diesem Forum, in dem Fachleute, Amateure und Unkundige bunt und nett durcheinander diskutieren, geplant Verwirrung zu stiften. Ganz genau wissen Sie doch, dass ein russisches weiches p, t, k ein jotiertes p, t, k ist und nichts zu tun hat mit dem, was deutschsprachige Amateure mit einem "weichen p, t, k", also einem b, d, g verstehen. Und genau wissen Sie doch, dass ein hartes russisches p, t, k ein nicht jotierter Laut ist, der nicht viel mit dem deutschen aspirierten p, t, k zu tun hat.
Zu dem Beitrag "Haptisches" kein Kommentar. Hier fehlen ja Grundkenntnisse. Zu Herrn Salzburg: Natürlich ist der Buchstabe ß aus einer Ligatur entstanden (Aus welcher, ist streitig; alle, die schon mal ein Druckwerk aus dem 16. Jahrhundert in der Hand gehabt haben, meinen: aus langem s + z; alle anderen meinen: aus langem s + rundem s). Jetzt wird er aber als eigener Buchstabe empfunden. Manchmal hat er sogar als Großbuchstabe oder Anfangsbuchstabe einen Sinn: HERR GROSSMANN UND HERR GROßMANN; In der Staatsoper singen die Chorsänger, in den Fischer-Chören ßingen ßie.
Im Übrigen: Der vorletzte Absatz Ihres Beitrags "Genmanipuliert" ist ein Aufruf zur restlosen Abschaffung des ß. Wo denn sonst denn als Sonderzeichen für "scharfes s" hinter langen Vokalen soll dieses Schriftzeichen einen Sinn haben?
– geändert durch Peter Schubert am 06.05.2003, 18.28 –
eingetragen von Peter Schubert am 04.05.2003 um 11.32
eingetragen von Henning Upmeyer am 04.05.2003 um 10.51
Diese Bezeichnung widerspricht dem unmittelbarem Empfinden:
Die "stimmlosen" Konsonanten 'p, t, k, q, f, ß, ch' hört man viel eindrücklicher als die "stimmhaften" Konsonanten 'b, d, g, w, s, j'. Hören Sie mal einen Tiroler oder Deutsch-Schweizer sprechen, bei denen bekanntlich die hochdeutsche Lautverschiebung als besonders stark ausgeprägt gilt. Wenn man eine romanische oder slawische Fremdsprache lernt, wird man als erstes darauf hingewiesen, daß nur im Deutschen die "stimmlosen" Konsonanten 'p, t, k' mit "h"-Zusatz gesprochen werden.
Im Deutschen wäre die Bezeichnung "hart" und "weich" unmittelbarer verständlich, besonders für Nicht-Sprachwissenschaftler.
In der Slawistik ist diese Bezeichnung allgemein üblich.
Allerdings müssen deutsche Russisch-Lerner sich umgewöhnen, weil dort "harte" Konsonanten durch das Weichheitszeichen erweicht und "weiche" Konsonanten durch das Erhärtungszeichen erhärtet werden können.
In einigen indogermanischen Sprachen können 'l' und 'r' hart oder weich sein.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.05.2003 um 09.38
[Peter Schubert] Kein Wort habe ich gegen das ß gesagt, ich bin sogar ein Freund dieses Buchstabens, aber nur da, wo er hingehört
Schon falsch! Das ß ist kein Buchstabe, sondern eine Ligatur – die es deswegen auch nicht als Großbuchstaben gibt. Eine Ligatur gehört an den Ort, für den sie geschaffen ist – an den Schluß oder Halbschluß, wie die Schlußkadenz in der Musik. Aber wovon rede ich – anscheinend steht Ihnen auch die Musik zur Entwicklung eines ästhetischen Empfindens nicht zur Verfügung.
Was Sie meinen, ist offensichtlich nicht die Ligatur ß, sondern der ganz gleich aussehende Buchstabenklon ß, der nach einer alten Alchemistenidee von den Schreibideologen durch gentechnische Manipulation geschaffen wurde – im Sinne der 68er „Umfunktionierung", um traditionelle Einrichtungen zweckentfremdet anderen Zielen dienstbar zu machen. Neben dem Kurzvokal-ss (gerade mußte ich meiner Neunjährigen ein „desswegen" korrigieren) bildet nun dieses skurrile Sonderzeichen für scharfe „s" hinter manchen langen Vokalen ein noch unzulänglicheres Gegenstück, das immer noch kein vollwertiger Buchstabe ist. Deswegen wird auch unter der Hand versucht, es in die Reihe der Großbuchstaben zu mogeln, weil ihm Unentbehrlichkeit angezüchtet wurde.
Bei Menschen mit Geschmack und Stilgefühl kommt dieser neue Genfraß nicht auf den Tisch.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.05.2003 um 08.33
"Weich" und "hart" sind in der Schule durchaus gebräuchliche "Leihbegriffe".
Das weiche "D" ("B","G") grenzt sich vom harten "T" ("P","K") sehr deutlich ab.
Schülern kann man den Unterschied mit haptischen Erlebnissen nahebringen, indem man sie anhält:
a) die Handfläche vor den Mund zu halten und den jeweiligen Laut deutlich zu sprechen. Sie spüren dann einen starken oder schwachen Lufthauch.
b) die Lippenarbeit (geöffnet, zusammengepreßt ...) zu beschreiben,
c) die Zungen- und Zahnreihenstellung zu analysieren
d) die Ausbreitung des Lautes im gesamten Mund- und Rachenraum nachzuvollziehen.
Bei der Konsonantengruppe der "F- und X-Laute" versagt die Fühlprobe. Im Falle des "harten F" spricht man daher in der Schule vom "Vogel-V". Das heißt, man flüchtet in den visuellen Bereich.
Bei den X-Lauten muß man gar die Logik, die Gedächtnisfunktion (oft durch Analogien gefestigt) und die Fähigkeit des Ableitens bemühen.
Und das ist genau das, was ich meine. Nicht alles gehorcht dem phonetischen Prinzip!
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 04.05.2003 um 08.11
Ob ein Laut stimmhaft oder stimmlos ist, das lässt sich ja definieren und erklären. Aber wie erklärt man den Unterschied zwischen einem weichen f und einem harten f?
eingetragen von Norbert Schäbler am 03.05.2003 um 21.55
Immer mehr komme ich zu der Überzeugung, daß etwas mit der Definition "stimmhaft-stimmlos" nicht stimmt.
Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben, die Nordeutschen zu verstehen.
Herr Gott, Herrgott, was hast Du mich so lange irrlaufen lassen.
Ist etwas spätphilosophisch und blasphemisch.
"Scharf" oder "weich" (als Definition) ist übrigens auch nicht schlecht.
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 03.05.2003 um 21.47
Weil rein deutsche Wörter nicht mit scharfem, sondern mit weichem Anfangs-s gesprochen werden, brauchen wir für diese keinen Großbuchstaben für "ß".
Aber einige englische Wörter, z.B. "Sir" u.a. werden mit scharfem Anfangs-s gesprochen. Weil wir keinen Großbuchstaben für "ß" haben, können wir sie nicht phonetisch richtig eindeutschen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 03.05.2003 um 20.29
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Schäbler, wo gehört das ß denn hin? Genau an die Stellen, in denen Sie im letzten Absatz Ihrer Zuschrift ein s ausreichen lassen wollen, also Grüse, Klöse und ausen. Ein s zwischen zwei Vokalen wird von Norddeutschen und von Hochdeutsch Sprechenden stimmhaft ausgesprochen. In einigen süddeutschen Dialekten, anscheinend auch in Ihrem, gibt es kein stimmhaftes s. Damit man sieht, dass in Grüße, Klöße und außen das s stimmlos ist, muss hier ein ß hin.
So, jetzt wollte ich etwas im Fernsehen ansehen. Wenn noch Fragen sind, nächste Tage.
...
„So, jetzt wollte ich etwas im Fernsehen ansehen. Wenn noch Fragen sind, nächste Tage.“
Danke für Ihre Zuschrift, lieber Herr Schubert!
Ich bin froh über Ihr Entgegenkommen und Ihre Festlegung.
Wollen wir diskutieren?
Für mich als Lehrperson war es immer im doppelten Sinne schwierig „Stimmhaftigkeit“ von „Stimmlosigkeit“ zu unterscheiden.
Das ist eine Sache, die sich in punkto Lehren quadriert!
A) Eigene Unzulänglichkeiten (Unzulänglichkeiten des Lehrenden)
1. Zunächst lebe ich in einer Region, in der in der Tat eine gewisse Nachlässigkeit bzgl. des S-Lautes herrscht. U.a. sprechen wir „Schtein“.
2. Die Unterscheidung nach „stimmlos“ und „stimmhaft“ ist sehr oberflächlich. Sie trifft nicht den Sachverhalt, der beim Sprechen und beim Gebrauch der Sprechwerkzeuge sowie beim Reflektieren durch die Hörwerkzeuge geschieht. Diese althergebrachte Definition und Differenzierung taugt nichts. Nie habe ich sie richtig verstanden. Ich fände das Wort „Zischlaut“ allemal besser, obwohl es den Sachverhalt ebensowenig trifft.
B) Fremde Unzulänglichkeiten (Unzulänglichkeiten des Lernenden)
3. Selbst bei der Anpassung an die Vorgabe, selbst bei demostenes`schem Übungsfleiß des Lehrenden entsteht beim Lernenden ein anders geartetes akustisches- und haptisches Erlebnis,
- weil ein Großteil den Fleiß nicht aufbringt,
- weil er in derselben (den Laut vernachlässigenden Region) lebt,
- weil er die mühsam errungene angebliche Definitionsklarheit nicht nachvollziehen kann …
4. Er versteht die Differenzierung nicht!!!
- denn er ist visuell gesteuert, nimmt jede beliebige Schreibung für bare Münze und hat den Hang, sie beherrschen zu wollen – selbst der Legastheniker, der seine Mängel vorwiegend aus seiner Lautierungsschwäche bezieht, orientiert sich vorwiegend visuell.
Lieber Herr Schubert!
Von allem Anfang an habe ich Sie als einen Menschen eingeschätzt, der sich an der Phonetik orientiert.
Als Praktiker im Schuldienst, sozusagen als Vollstrecker universitärer Erkenntnisse behaupte ich, daß Ihre Erkenntnisse – seien sie in sich noch so vollkommen – für den Schuldienst unbrauchbar sind. Schule und Wissenschaft sind zwei Paar Stiefel.
Noch einmal: Der Schüler hat einen visuellen Leitsein. „Hören“ tut er schon gar nicht mehr, und seine Sprache entspricht dem Zappingverhalten.
Apropos „Fernsehen“.
Glücklicherweise kann ich den Schüler bewegen, Analogien und Ableitungen zu bilden. Deshalb schreibt er „Fernseh“ mit Dehnungs-h (er könnte es ja auch mit Doppel-e schreiben).
Ich selbst aber höre aufgrund meines wirklich intensiven Sprachtrainings oftmals die Schreibung „Fernßee“.
Wird natürlich kein Schüler so schreiben, weil ihm gewisse Ausschlußschreibungen doktriniert wurden. Möglich aber wär’s, denn manche sprechen das Wort so stimmlos aus, obwohl es für sie der Mittelpunkt des Lebens ist: das „Fernßeen.“
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 03.05.2003 um 19.19
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Ich würde gern die Linie "Englische" Wörter aus deutscher Produktion noch ein wenig weiterverfolgt sehen. Gab es so etwas schon einmal, gibt es das in anderen Sprachen? Es geht ja nicht um Fremd- oder Lehnwörter. Interessant, daß dann wieder "deutsch" dekliniert wird. Z.B. schreibt gmx dann den Dativ
"den channeln".
Ich will mal anfangen mit dem Weiterverfolgen – so wie es „Margel“ vorschlägt, denn ich „marg“ den Typ, weil er freie Assoziationen abruft, und ich hoffe, daß mein Beitrag nicht das Ende der Beitragskette sein wird.
Margel macht darauf aufmerksam, daß unser Sprachenreservoir, oder auch unser Wörterpool offensichtlich nicht gesättigt ist. Da können romanische, indogermanische, angloamerikanische und wie auch immer geartete Begriffe einfliesen.
Das heißt: Irgendwie haben wir Deutsche unser Schwimmbecken ein bißchen zu groß gebaut.
Allerdings haben wir auch vorzügliche Bademeister, wobei das neuerdings ganz scharfe Aufpassertypen sind. Die lassen nur die schwimmen, die vorher geduscht haben.
Und damit wären wir bei dem seltsamen Anpassungsmechanismus:
Die Lautkomposition muß stimmen:
(„f“ statt „ph“,
lieber „k“ als „c“,
„ee“ statt ein apostrophiertes e …).
Hinzukommen die Anforderungen an Deklination und Konjugation …
Sauber muß es halt zugehen, weil …
Zur Überschrift von Margels „Mimikry“ fällt mir als Querdenker auch was ein.
Sie ist zu deutsch. Ich meine: Es muß Mimmicry heißen. („c“ statt „k“, Doppel-M statt „Einfach-M“).
Nur dann ist das Unverständliche steiger-, beug- und fallsetzbar.
Mimmi cries (Mimmi grient), Mimmicrys (Mimmischreie) …
Nix für ungut: Bademeister müssen aufpassen, daß keiner im eigenen Teich ersäuft.
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 03.05.2003 um 18.34
Herr Schäbler, wo gehört das ß denn hin? Genau an die Stellen, in denen Sie im letzten Absatz Ihrer Zuschrift ein s ausreichen lassen wollen, also Grüse, Klöse und ausen. Ein s zwischen zwei Vokalen wird von Norddeutschen und von Hochdeutsch Sprechenden stimmhaft ausgesprochen. In einigen süddeutschen Dialekten, anscheinend auch in Ihrem, gibt es kein stimmhaftes s. Damit man sieht, dass in Grüße, Klöße und außen das s stimmlos ist, muss hier ein ß hin.
So, jetzt wollte ich etwas im Fernsehen ansehen. Wenn noch Fragen sind, nächste Tage.
eingetragen von Norbert Schäbler am 03.05.2003 um 18.17
[QUOTE
Zu Sigmar Salzburgs komischem Beitrag kein Kommentar, das war zu viel. Nur eins: Kein Wort habe ich gegen das ß gesagt, ich bin sogar ein Freund dieses Buchstabens, aber nur da, wo er hingehört.
...
Ist ja eine ganz schön dicke Backe, auch wenn es dezent formuliert ist– fast hätte ich statt „dezent“ „Dozent“ geschrieben, Herr Schubert!
Sachliche Frage: Wo gehört denn das „ß“ hin? –
Und gleich noch eines drauf! Meiner Meinung nach wurde das falsche „ß“ abgeschafft; das nach dem kurzen Vokal – das leicht erlernbare („ss am Schluß bringt Verdruß“).
Schließlich ging es ja um Schreiberleichterung.
Meinetwegen hätte man künftighin den „Kloß“ und den „Gruß“, ja selbst das Wort „außen“ künftighin mit einem einfachen „S“ schreiben können, und hätte lediglich bei Differenzierungsschreibungen das Lang-S (ß) aus dem Kasten geholt („weiß“ …).
Bin auf Ihre Erklärung echt gespannt. Sie verstehen ja was von der Materie. Das merke sogar ich.
__________________
nos
eingetragen von margel am 03.05.2003 um 17.09
Ich würde gern die Linie "Englische" Wörter aus deutscher Produktion noch ein wenig weiterverfolgt sehen. Gab es so etwas schon einmal, gibt es das in anderen Sprachen? Es geht ja nicht um Fremd- oder Lehnwörter. Interessant, daß dann wieder "deutsch" dekliniert wird. Z.B. schreibt gmx dann den Dativ
"den channeln".
eingetragen von Peter Schubert am 03.05.2003 um 12.26
Glückwunsch, Herr Upmeyer, Ihr Späßchen mit der Fräuleinverwaltung ist gelungen. Allerdings gehört das Management seit einiger Zeit zum deutschen Sprachschatz; wenn es schlecht ist, kann man die englische Vorsilbe mis- oder die ziemlich gleichbedeutende deutsche Vorsilbe miß- (Neuschrieb miss-) davorsetzen. Der Reformduden (22. Aufl.) tut Letzteres.
Ihre (rhetorische?) Frage, ob mies und miß- etymologisch verwandt ist, wird sich nicht klar beantworten lassen. Nach meinem etym. Wörterbuch kommt mies von einem aramäischen Wort, das über das Jiddische und Berlinische ins Hochdeutsche gekommen sei. "Miss-" und "missen" sei schon im 9. Jh. belegt. Dann ist die Ähnlichkeit zum lat. miser usw. wohl zufällig, und zum jidd. Wort ebenfalls.
Zu Sigmar Salzburgs komischem Beitrag kein Kommentar, das war zu viel. Nur eins: Kein Wort habe ich gegen das ß gesagt, ich bin sogar ein Freund dieses Buchstabens, aber nur da, wo er hingehört.
eingetragen von Henning Upmeyer am 03.05.2003 um 07.46
"Missmanagement" ist ein deutsches Englischwort und bedeutet entweder "Fräuleinverwaltung", wobei "Fräulein Subjekt oder Objekt sein kann, oder "Verlustverwaltung". Das englische Englischwort heißt "mismanagement" und bedeutet "schlechte Verwaltung". "miß-" und "miss-" sind etwas ganz Verschiedenes, wobei "miss" "Fräulein" oder "Verlust" bedeuten kann. Ein typischer Fall für die Bedeutungsverwischungen und Unschärfeproduktionen der Reformschreibung.
Ob "mies" und "miß" etymologisch verwandt sind?
– geändert durch Henning Upmeyer am 04.05.2003, 13.03 –
eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.05.2003 um 06.45
[Peter Schubert] ...ich hatte erwartet, dass meine überlange Aufzählung solcher Fremdwörter eine gewisse Komik dieser Schreibweise erkennen lässt. [Fitneß, Fairneß, Miß Germany, Mißmanagement ...]
Noch zur Zeit meiner Großeltern schrieb man deutsch in „deutscher" Schrift und benutzte für Fremdwörter die „lateinische" Schrift. Das entsprach einer mehrhundertjährigen Tradition – heute noch bisweilen in den Kommentarüberschriften der FAZ erkennbar. Selbstverständlich ist es immer richtig, Fremdwörter in ihrer Originalschreibung darzustellen. Komischerweise passen sich die Reformfreunde klaglos den übrigen nicht minder „komischen" Gewohnheiten deutscher Fremdwortschreibung an, etwa der k-Konvertierung („Doppelkonsonanten"), oder, weil sie „neu" ist, der ph-Konvertierung („typografische") – auf daß alle geadelt würden: Typografen, Geografen, Pornografen. Es wundert zudem, daß sich auch andere Sprachen seit dem 15. Jahrhundert der Komik des „ß" bedienten, obwohl es dort nicht solche Vorteile wie im Deutschen bot.
Thomas Mace „Musick’s Monument" 1676; Schrift: Antiqua, lang-s, rundes s, als ß in gerader Schrift nur eng zusammengeschoben (wie noch nach 1800 das deutsche Antiqua-ß), in kursiver Schreibweise in einem Linienzug:
p.134 ... inform you in most Neceßary Piece of Mastership ... such New Leßons ... Incompleteneß ... Quaintneß ... do not cause a Ceßation of Play, ... Busineß.
Auch in italienischen Handschriften und Drucken um 1500 findet man anstelle der sonst üblichen langen Doppel-s das eng aneinandergerückte lang-s mit folgendem runden s – allerdings selten konsequent. Im Inhaltsverzeichnis des handschriftlichen Tabulaturbuches eines Vicenzo Capirola stehen zwei belissimo/a gegen zwei belißimo/a, ohne daß Platzgründe dafür erkennbar wären. Wir finden häufig eßer, coßa, aber grosse, grosso.
Im Deutschen könnte das ß auch als Erweiterung des mittelhochdeutschen z mit einem vorgestellten langen s entstanden sein. Solange das lange „s" der Spätantike im Gebrauch war, auch noch mit Aufkommen des ß, waren Antiqua und Fraktur jedenfalls bis ins 19. Jahrhundert hinein vollkommen kompatibel. Erst die durchgängige Anwendung des runden s ließ das Antiqua-ß der deutschen Texte als Anleihe aus der Fraktur erscheinen. Es ist also nicht wahr, daß das deutsche „ß" „Fraktur in meiner Buchstabensuppe" sei ( FAZ v. 6.11.2002).
Seit 600 Jahren schreiben die Deutschen problemlos „es hieß, daß es muß". Seit 6 Jahren werden sie zur „Scheiß-Stussschreibung" gepreßt, weil das einigen armen Pennäler- und Pennerseelen ein paar rote Striche im Schulheft ersparen soll – ein Fall höchster Komik, wären die Folgen nicht so traurig.
Der Volksbetrug Rechtschreibreform – ein „nationales Unglück" (Reich-Ranicki) – hat eine ganze Nation in Schreibstümper verwandelt (auch Angela Merkel) und unsere besten Literaten als „Altschreiber" aus den Schulbüchern verbannt. Die laufende verbissen-verbiesterte ss-Übermalung der klassischen Literatur für Schul- und andere Verdummungszwecke erinnert in ihrer Lächerlichkeit an die Verschandelung der sixtinischen Fresken Michelangelos durch den päpstlichen Hosenlatzmaler „Il Brachettone" (Daniele da Volterra).
Dabei ist die „neue" Umfunktionierung des „ß", ein Philologeneinfall von 1829, alles andere als logisch: Die lesefreundliche Ligatur wird zum einmaligen Sonderbuchstaben für scharfe „s" hinter manchen langen Vokalen. Wenn die Erinnerung an den richtigen Gebrauch des ß getilgt ist, können ältere Literatur und Eigennamen nicht mehr richtig gelesen und die Frakturschrift, ein schützenswertes Kulturgut, nicht mehr regelrecht geschrieben werden. Ihrer von Hitler verfügten Ausbürgerung als „Judenlettern" verleihen die Kultusminister damit den amtlichen Stempel der Endgültigkeit.
Wie wir gerade lesen konnten, sagt heute der ehemalige Kultusminister Bayerns, Hans Zehetmair: „Wir hätten die Rechtschreibreform nicht machen sollen. Ich sage: Politik Hände weg von einer Rechtschreibreform!" (Passauer Neue Presse v. 30.4.2003) Als damals Verantwortlicher höhnte er noch über die protestierenden Schriftsteller, die doch ohnehin schreiben könnten, wie sie wollten.
Die Büchse der Pandora ist geöffnet, und die deutsche Sprache leidet unter dem sich verbreitenden Unheil ebenso wie unter der zunehmenden Korrumpierung der nur so genannten Volksvertreter. Die schleswig-holsteinischen Landtagsabgeordneten, die vor vier Jahren das Ergebnis des Volksentscheids gegen die Rechtschreibreform zu ihren Gunsten „korrigierten", haben sich gerade in Anerkennung ihrer schweren Aufgabe eine Diätenerhöhung um 45 Prozent (!) genehmigt, wieder gegen wütende Proteste der Bevölkerung und wollen – oder wollten (Kieler Nachrichten v. 30.4.2003) – dies auch noch durch eine Erhöhung der Landesschulden finanzieren. Damit sich „die Fresssäcke trotz aller Missstände in Esssälen und Imbissstuben ohne Essstörungen ihrer Genusssucht" hingeben können. – Wer war es noch, der sich oben einer „gewissen Komik" in der traditionellen Rechtschreibung schämte?
eingetragen von Henning Upmeyer am 02.05.2003 um 17.56
Laut reformiertem Duden wird es. Wenden wir das reformierte Regelwerk an:
§36: Substantive, Adjektive, Verbstämme, Adverbien oder Pronomen können mit Adjektiven oder Partizipien Zusammensetzungen bilden. Man schreibt sie zusammen. Dies betrifft
(1) Zusammensetzungen, bei denen der erste Bestandteil für eine Wortgruppe steht: Paßt hier nicht, "lieb" ist Adverb zu "reizend".
(2) Zusammensetzungen, bei denen der erste oder der zweite Bestandteil in dieser Form nicht selbständig vorkommt: Paßt hier nicht, "lieb" und "reizend" kommen selbständig vor.
(3) Zusammensetzungen, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb entsprechend §33 bzw. §34 mit dem ersten Bestandteil zusammengeschrieben wird: Paßt hier nicht, es gibt kein Verb "liebreizen".
E1: In den Fällen, die nicht durch §36 (1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt. Dies betrifft
(1) Fälle, bei denen das dem Partizip zugrunde liegende Verb vom ersten Bestandteil getrennt geschrieben wird, und zwar
hell strahlend, laut redend: Paßt hier, es gibt "lieb reizen".
(4) Fälle, bei denen der erste Bestandteil erweitert oder gesteigert ist bzw. werden kann: Paßt hier, "lieb" kann gesteigert werden: "lieb", "sehr lieb", "lieber", "viel lieber", "liebst", "allerliebst".
Folgerung: "liebreizend" müßte getrennt geschrieben werden, weil "lieb" erweitert oder gesteigert werden 'kann'. Das 'kann' ist der Knackpunkt der reformierten Rechtschreibung.
Natürlich bedeutet "lieb reizend" etwas völlig anderes als "liebreizend", aber unterschiedliche Bedeutung und Betonung sind ja in der reformierten Rechtschreibung ausdrücklich nicht maßgebend für die Schreibweise.
– geändert durch Henning Upmeyer am 03.05.2003, 23.13 –
eingetragen von Norbert Schäbler am 02.05.2003 um 10.29
Da war also mein Schluß wieder einmal daneben?
Wahrscheinlich war er zu bissig, verlangte noch ein wenig zusätzliche Nachdenklichkeit bzw. ein Echo.
Danke für selbiges, Frau Menges.
Mir gefällt übrigens das Bild, das „Margel“ gezeichnet hat: das mit den Lehrern, die alle möglichen Verrenkungen machen, um den verordneten Stumpfsinn an den Zögling zu bringen und nach außen hin zu verteidigen.
Meine Assoziation dazu landet unwillkürlich bei einer Turnerriege, die anläßlich einer Faschingsveranstaltung Bewegungskomik zelebriert.
Veralbernd ist das nicht gemeint, denn diese Form der Zelebration verlangt höchste Körperbeherrschung.
Über die Ironie jedoch darf man getrost nachdenken. Bei Schlüssen gebe ich mir nämlich immer besondere Mühe.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.05.2003 um 09.46
(Theo Grunden)Und es bedeutet (sich?) noch etwas, nämlich darauf zu achten, daß man dabei nicht vor lauter Wissenschaftlichkeit ins falsche Buch schaut. Im Falle ‚Argument’ ist Ihnen, liebe Frau Menges, das wohl passiert. Das ist in etwa so, als würde man im Zusammenhang mit einer geplanten zahnärztlichen Wurzelbehandlung die Definition von ‚Wurzel’ aus einem Mathematikbuch zitieren.
Das Argument passt auf Herrn Wagner wie die Faust auf das Auge (Physik). Diese Definition gefällt mir ausgesprochen gut. Außerdem gilt das was hier steht, vgl. den Comupter. Gerne können wir uns auch wissenschaftlich über den Begriff Argument auseinandersetzen.
(Theo Grunden) Oder wollten Sie mit dieser Definition eine Reihe „Teekesselchenwörter für Fortgeschrittene“ eröffnen?
Sie haben mich wieder mal auf Ideen gebracht.
(Theo Grunden)Dann könnten wir gleich mit dem von Ihnen auch genannten Begriff ‚Funktion’ fortfahren.
Funktion gefällt mir wieder ausgesprochen gut. Die mehrdimensionale Deutung eines deutschen Begriffes. Ihrem Wunsch gemäß aus einem medizinischen Wörterbuch:
Zum Beispiel:
Funktion (engl.: function) der einem Organ, einer anatomischen Struktur zugeordnete Geschehensablauf, auch als Beitrag zur Leistung eines übergeordneten Systems; s.a. Functio laesa.
Verwandte Themen Functio; functionalis
Roche Lexikon Medizin, 4.Auflage; © Urban & Fischer Verlag, München 1984/1987/1993/1999
Die Funktion als Beitrag eines übergeordneten Systems. Vgl. dazu die Rechtschreibung: Ist sie übergeordnet oder sollte sie eine untergeordnete Funktion im System darstellen?
Eine kleine Denkaufgabe für Sie ...
Übrigens: In einer großen Einrichtung, nennen wir sie Sparkasse, beginnen nach 7 Jahren der Einführung Kurse zur neuen Rechtschreibung. Auch ein Thema zum Nachdenken ...
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.05.2003 um 09.17
Lieblich
ist der Vergleich mit dem Französischen aus dem Bäckerladen
(W.L. 30.04.03)
Altmodisch
ist es von ausgerupften Schwanzfedern zu schreiben
(S.S. 30.04.03)
Witzig
ist, wenn ich mich an die Vorschriften der gültigen Rechtschreibung halte, dann schreibe ich unter meinem Stand (Vermerk: das franz. Wort wurde ausgelassen/ siehe Diskussion 02.05.03), wenn ich mich nicht daran halte werde ich von euch darauf aufmerksam gemacht ( siehe das Wort Untergeschoss)
Süß
sind die bildhaften Vergleiche, die er mir/uns immer aufgibt
(W.L. 02.05.03)
Pfeif drauf,
was man über die Lehrerinnen und Lehrer sagt
(m 02.05.03)
Nachdenklich
wird man über die Fleißaufgaben mancher Diskutanten
(T.G. 29.04.05)
Frappierend
ist, dass dem Lehrer Wirklichkeitssinn abgesprochen wird. Gut, dass ich weiblich bin, das betrifft mich das ja nicht!
(m 02.05.03)
Wissen
sollte man, dass ich/wir Pragmatikerin bin/sind? Lehrerinnen sind meist Pragmatikerinnen 1.Güte!
(m 02.05.03)
Nachdenklich
muss die Lobrede eines Lehrers auf seine Kollegen mit dem religiös-toleranten Gedanken machen. Der Schluss ist aber wieder daneben
(N.S. 02.05.02)
Gott sei Dank
ist der Gedanke an die totale Gängelung des Lehrers Unsinn, trifft vor allem auf unseren Bereich so wenig zu wie eine Maus im Klassenzimmer
Interessant
wird es, wenn man endlich auf das "Argument" und auf die " Erfahrung" eingehen würde
(rmm 01.05.03)
Traditionell altmodern
ist es, dass sich hier keiner für einen Kompromissvorschlag einfindet
(01/02/03.05.05)
Liebreizend
kann sie (unsere neue Schriftsprache) doch auch sein oder nicht? Vergleiche den wunderschönen Ausdruck unserer Sprache (lieb und reizend im doppelten Wortsinn)
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von margel am 01.05.2003 um 19.09
Als Nachtrag und Maxime, sozusagen für alle Lebenslagen:
"Was auch immer geschieht,
nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht,
auch noch zu trinken!"
E.Kästner(aus dem Gedächtnis zitiert)
eingetragen von margel am 01.05.2003 um 18.55
Herr Schäbler, auf keinen Fall wollte ich "die Lehrer" herabsetzen. Sie leisten oft Übermenschliches und haben sich auch in der Mehrzahl ihren Idealismus und den Glauben an eine Berufung bewahrt. Hut ab ! Aber wahr ist auch, daß sie immer mehr im Stich gelassen werden, von Vorgesetzten, der "Gesellschaft", der Politik. Das kann auf die Dauer nicht ohne Folgen für Selbstverständnis und Haltung bleiben.
Und so werden sie zur Verfügungsmasse, lassen sich gängeln, unwürdig behandeln,als "faule Säcke" beschimpfen( das soll
dem großen Staatsmann nie vergessen werden!).
Wer hat nach der Rechtschreibreform gerufen? Wo war das dringende Bedürfnis ? Und nun plagen sie sich damit herum,
versuchen das Positive zu finden und müssen die tollsten Verrenkungen anstellen. Diese Forum-Seiten liefern nur allzu beredte Beispiele dafür. Es ist einfach ein Trauerspiel.- Ein persönliches Erlebnis am Rande: Als noch die Lernziel-Euphorie blühte, kam ich an einer Fortbildung
mit so lernzielgeilen Typen zusammen. Ich war noch neu im Geschäft(als Seiteneinsteiger); aber eines war mir sofort klaras tust Du Dir nicht noch einmal an! Ich bin dann
nur noch zu fachspezifischen Kongressen gegangen, wo es Brot statt Steine gab.
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.05.2003 um 17.09
Irgendwie schmerzt es mich, wenn vom „normalen“ Lehrer gesprochen wird, jenem Typ von Menschenführern, die ihren "Job" nicht verleugnen können, jenem Typ, der nicht durch Wärme und Zuneigung auffällt, sondern durch Gestik, Halbakademikergehabe und Fehlprofil.
Es schmerzt mich, weil Lehrer etikettiert werden, weil man über sie in alle Zukunft einen Bann verhängt, und zwar deshalb, weil weder die Eltern-, noch die Kultusminister- und letztlich die Gesell-schaften jemals mit dem Lehrer- oder Pädagogenprofil einverstanden sein werden. Sie sind nämlich verseucht mit dem olympischen Virus („citius, altius, fortius“), stehen da mit der Stoppuhr, messen Dimensionen und zählen „Erbsen“.
Zur Verteidigung: Ausnahmslos haben meine ehemaligen Berufskollegen Unzählbares geleistet, fruchtbare pädagogische Momente gesetzt, Lebenswege gebahnt oder blockiert; sie haben die „Fügung“ als göttliches Werkzeug intuitiv beschleunigen helfen.
Darüber zu sprechen, ist in unserer „religionslosen" Gesellschaft verpönt. Mir geht es aber nicht um Religion – um den sicheren Hafen der Taufgemeinschaft, um den Pferch der elitären weißen Schafe. Vielmehr geht es mir um Religiosität – eine Art von innerer Schwingung, einer unbedingten Betroffenheit, die in gewissem Maße Immunität darstellt gegen profanes Geplänkel wie das der lächerlichen Zunft der Kultusminister.
Unsere normalen Lehrer sind ausgehöhlt, gekerbt und verunsichert von allen Seiten.
Nur im unbeobachteten Raum – tagtäglich in der Schulstube – beweisen sie ihre Qualitäten, die kein Elternteil, kein Schulrat und kein Kultusminister jemals loben werden, weil sie sie nicht sehen, oder besser: nicht sehen wollen.
Denn Mündigkeit und Religiosität (u.a. im Sinne von Verteidigungsbereitschaft für Lebensprinzipien und Weltanschauung) sind gefährlich, für jeden Machtpopanz, der seine Autorität aus Einschüchterungstaktiken und Abhängigkeiten beleiht.
Und das alleine kann man den Lehrern zum Vorwurf machen, daß sie sich einschüchtern und gängeln lassen.
Letztendlich erkennt man heute den „normalen“ Lehrer an der Radfahrerhaltung!
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 01.05.2003 um 16.40
Können Zahnärzte auch einer Zahl von Hand die Wurzel ziehen? Mit der Rechenmethode "zu Fuß", richtiger "zu Hand".
eingetragen von margel am 01.05.2003 um 09.28
Lieber Herr Lachenmann, wenn dem "normalen" Lehrer etwas von oben vorgesetzt wird, so wird er zunächst immer annehmen, daß ein Sinn darin steckt.Er wird vielleicht murren, spotten,
sich an den Kopf fassen- aber er wird,wie leider auch die liebe, gescheite, gebildete Frau Dr. Menges, versuchen, das Verordnete mit mehr oder weniger großem Einsatz umzusetzen.
Das ist sein Lebensberuf. Der "normale" Lehrer kommt aus der Schule in die Schule. Wenn ich durch die Straßen gehe, erkenne ich den typischen Lehrer oft auf den ersten Blick.
Es gibt auch Lehrer, die nicht immer Lehrer waren und die
Realität außerhalb der Schule aus eigener beruflicher
Erfahrung kennen. Sie sind etwas besser gegen die Schäden
versichert, die eine langwährende Unterrichtstätigkeit sonst
anzurichten vermag. Besonders im berufsbildenden Schulwesen
trifft man insgesamt auf mehr Wirklichkeitssinn und Pragmatismus.-
Eines muß man den Lehrern allerdings zugute halten.
Wenn sie nicht vieles von dem Blödsinn, den die Obrigkeit in schöner Regelmäßigkeit ausheckt, einfach unterliefen, wäre
ein gedeihlicher Unterricht gar nicht möglich. Noch steht ja nicht neben jedem Pädagogen ein Aufpasser.
eingetragen von Theo Grunden am 01.05.2003 um 09.22
Zitat R.M.Menges: Von Argumenten, Behauptungen und Erfahrungen zu schreiben bedeutet sich Definitionen genauer anschauen.
Und es bedeutet (sich?) noch etwas, nämlich darauf zu achten, daß man dabei nicht vor lauter Wissenschaftlichkeit ins falsche Buch schaut. Im Falle ‚Argument’ ist Ihnen, liebe Frau Menges, das wohl passiert. Das ist in etwa so, als würde man im Zusammenhang mit einer geplanten zahnärztlichen Wurzelbehandlung die Definition von ‚Wurzel’ aus einem Mathematikbuch zitieren.
Oder wollten Sie mit dieser Definition eine Reihe „Teekesselchenwörter für Fortgeschrittene“ eröffnen? Dann könnten wir gleich mit dem von Ihnen auch genannten Begriff ‚Funktion’ fortfahren.
Aber zurück zur eigentlichen und allgemeinen Auseinandersetzung (und mal abgesehen von Ihrer ganz persönlichen mit der Auseinander- oder auch Nichtauseinander’setzung’ von ‚auseinander’ und ‚setzen’). Sie schreiben: Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wobei sich die meisten Diskutanten hier auseinander setzen können, wir aber müssen.
Wird nicht von Lehrpersonen eher erwartet, daß sie sich eben möglichst nicht mit der RSR auseinandersetzen? Denn je mehr von ihnen es tun, und je intensiver sie es tun, desto größer ist doch die „Gefahr“ für bestimmte Kultusminister und weitere Politiker, Fehler zugeben zu müssen. Oder, was für viele von ihnen noch schlimmer wäre, argumentieren zu müssen. Nein, die Lehrer sollen für eine Umsetzung sorgen und einer Auseinandersetzung möglichst aus dem Wege gehen. Und genau das letztere tun doch die meisten. Oder sehen Sie das anders?
eingetragen von Walter Lachenmann am 01.05.2003 um 07.11
Liebe Frau Menges, ganz im Ernst:
Was empfinden Sie, wenn Sie - wie in Ihrem letzten Beitrag - mehrfach hintereinander »auseinander setzen« schreiben, wo Sie selbstverständlich »auseinandersetzen« meinen und ohne Dienstverpflichtung dies auch so geschrieben hätten? Das sind bekanntlich zwei ziemlich verschiedene Bedeutungen, und gerade dieser Fall ist ein besonders anschauliches Beispiel für die grundsätzliche Unsinnigkeit, Willkür und Verantwortungslosigkeit, von der die ganze Reform vom Kern her gekennzeichnet ist. Und genau diese Eigenschaften der Reform sind es, die das Nachdenken über so etwas wie einen Kompromiß völlig ausschließen. Warum sollte man sich von einer grundsätzlich schlechten Sache wenigstens die bei wohlwollender und oberflächlicher Betrachtung vielleicht doch nicht ganz so schlecht aussehenden Teile andrehen lassen?
Nicht nur dieses Paradebeispiel »auseinander setzen«, wie etwa in dem Zitat aus der SZ von gestern, führt ja auch unweigerlich nicht nur zu schwierigerem Verständnis des Gemeinten, sondern zu unfreiwilliger Komik. Es ist erstaunlich, daß Sie auch solche Vorschriften befolgen, mit denen Sie sich eigentlich unter Ihr intellektuelles Niveau begeben und auch in die Gefahr, sich ein bißchen lächerlich zu machen.
Man könnte ja noch verstehen, wenn Sie die »Regeln«, die bei oberflächlicher Betrachtung einen Hauch von Plausibilität haben und die Aussage nicht beeinträchtigen, befolgen, weil es in Ihrer Lage tatsächlich kaum anders geht, zumindest in Ausübung Ihrer Berufstätigkeit. Aber wie Sie nach dieser Diskussion es immer noch fertigbringen, bei dieser kulturhistorisch einmaligen Fehlleistung der »Rechtschreibreform« nach den guten Stellen zu suchen, ist wirklich völlig schleierhaft und nur auf Ihr gutherziges Naturell zurückzuführen, weil Sie sich Ihrer Aufgabe und Ihrer Dienstverpflichtung mit positiver Einstellung zuwenden wollen. Und diesen Aspekt finde ich auch wirklich sehr respektabel und er ist in der Tat problematisch.
Aber was würden Sie tun, wenn Ihre oberste Dienstbehörde beschließen würde, Sie und Ihre Kollegen müßten jetzt innerhalb und außerhalb der Schule in einer Berufskleidung herumlaufen, die in etwa der eines Hotelportiers oder gar eines Funkenmariechens entspräche? Didaktisch und kinderpsychologisch sei das unheimlich toll usw., dafür würden selbst mir die plausibelsten Begründungen einfallen. Begründen kann man, wenn man die Macht hat, alles (vgl. Massenvernichtungsmittel: Es waren zwar keine da, aber es hätte ja sein können). Wo beginnt der Unsinn, den Sie nicht mehr mitmachen? Irgendwo beginnt nämlich die Verpflichtung der Staatsdiener, sich gegen Fehler und Übergriffe ihrer Vorgesetzten zu wehren - und sei es ein passiver Widerstand.
Vielleicht denken Sie mal ein bißchen in diese Richtung.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Henning Upmeyer am 30.04.2003 um 21.50
ist nicht nur für Lesenlerner, sondern auch für Schnelleser äußerst wichtig und nützlich. (Auch die Substantiv-Großschreibung gehört dazu.)
Diese Tatsache hat die Rechtschreibreform bewußt ignoriert, weil sie ausdrücklich nur das Schreiben erleichtern will. Es genügt aber auch in der Schule nicht, sich nur möglichst leicht schriftlich ausdrücken zu können, man muß auch komplizierte Sätze leseverstehen können. Das fängt schon in der 3. Grundschulklasse bei Textaufgaben in Mathematik an und setzt sich beim Spaß oder Nichtspaß am Bücherlesen und bei Nacherzählungen fort. Die leichte Wortbilderfassung hängt nicht davon ab, welche Rechtschreibung man als erste gelernt hat, sondern welche wirklich das Lesen erleichtert.
Wenn ich zwei Texte nebeneinanderlege, einer in Fraktur und der andere in Antiqua gedruckt, bietet mir der Frakturdruck die schnellere Wortbilderfassung, während der Antiquadruck eintöniger wirkt. Das kann nicht daran liegen, daß ich in der Grundschule und den ersten Gymnasialjahren Frakturdruck-Bücher lesen mußte, denn das ist zu lange her.
– geändert durch Henning Upmeyer am 02.05.2003, 08.47 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.04.2003 um 21.47
Von Argumenten, Behauptungen und Erfahrungen zu schreiben bedeutet sich Definitionen genauer anschauen.
"Argument, ein Wert, der an eine Funktion oder eine Prozedur übergeben wird. Das Argument kann eine Konstante, eine Variable oder oder ein Ausdruck sein. Es können einzelne oder mehrere Werte übergeben werden. Anzahl und Typ sind durch die Funktion, die das Argument verarbeitet, genau festgelegt. Ein Beispiel ist die Funktion Länge("Computer"), die die Länge des Texts in der Klammer feststellt. Das Wort »Computer« ist hier das Argument. (Als Ergebnis liefert diese Funktion die Zahl 8.)"
Quelle: Der Brockhaus Computer und Informationstechnologie. Mannheim: F.A. Brockhaus 2002.
"Behauptung, Aussage, deren Wahrheit vorausgesetzt wird, aber nicht bewiesen ist."
Brockhaus Enzyklopädie
"Erfahrung w, E experience, in der Ethologie Sammelbezeichnung für alle Umweltwirkungen (im Gegensatz zu Wirkungen des Erbguts), die eine Veränderung der Verhaltenssteuerung durch Lernen hervorrufen. epigenetische Faktoren, Umwelt."
Quelle: Lexikon der Neurowissenschaft, Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag 2000/01.
Ein breites Spektrum nimmt auch die Erfahrung ein. Hier sind Werte eingebunden, die eben durch Lernen und Lehren gespeichert werden. Dies ist ein uralter Konflikt, der auch zwischen der universitären Lehre und der Praxis immer wieder und vor allem in der Praxis gefunden wird.
Selbstverständlich hat Herr Lachenmann Recht, wenn er sagt, dass wir uns nicht mit der Rechtschreibreform auseinander setzen würden, wenn die RSR in der Schule nicht eingeführt worden wäre. Dies sollte aber nicht negativ besetzt sein. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, wobei sich die meisten Diskutanten hier auseinander setzen können, wir aber müssen.
Ich dachte aber, dass ich kompromissbereite Mitstreiter finden könnte, aber das war ein Trugschluss. Herr Wagner, auch Sie bewegen sich nicht einen Fingerbreit hin zu einem Kompromissvorschlag. Bei der -ss- Regelung gilt es m. E. die Richtung beizubehalten oder ein Rad rückwärts zu schlagen. Meine Meinung ist hier hinlänglich bekannt.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Jörg Metes am 30.04.2003 um 19.13
In den Bertelsmann-Wahrig 2002 wiederum ist die »Mass (alt:Maß)« dann doch noch aufgenommen worden, nämlich als »bair., österr., schweiz.: Flüssigkeitsmaß, 1 Liter; eine halbe Mass, zwei Mass Bier«.
So wie ich das verstehe, ist es nach Auffassung der Bertelsmann-Wahrig-Redaktion 2002 jetzt also sogar falsch, "zwei Maß Bier" zu schreiben, und zwar nicht nur in Bayern, Österreich und der Schweiz, sondern überall.
__________________
Jörg Metes
eingetragen von Elke Philburn am 30.04.2003 um 17.56
Zitat:
Die bayerische Mass (Bier) mit kurzem a und daher mit Doppel-s wird im Reform-Duden ausdrücklich aufgeführt. Jetzt kann man beim Schreiben das Maß und die Mass problemlos unterscheiden.
Die 21. Auflage hat die Schreibung Mass nicht aufgeführt, ebenso wenig der Bertelsmann 2000. Habe aber gerade bei Ickler nachgelesen, daß die Mass im Duden 2000 nachgetragen wurde. Damit ist noch immer nicht das Problem gelöst, wie diese Schreibung im Schulgebrauch zu handhaben ist. Der Duden ist nicht mehr maßgeblich, also braucht sich kein Lehrer mehr an ihn zu halten und kann Mass guten Gewissens als falsch anstreichen - egal ob in Bayern oder anderswo. Sollte ein Lehrer sich dennoch an einem neueren Duden orientieren, der Mass als Variante aufführt, so stellt sich die Frage, ob die Dialektschreibung außerhalb Bayerns akzeptiert werden muß bzw. die standardsprachliche Schreibung in Bayern. Dies sind alles Probleme, die durch eine scheinbare Vereinfachung neu entstanden sind.
Zitat:
Die Vereinfachung liegt bei der Anpassung der Schreibweise an die Ausssprache.
Dies setzt aber voraus, daß alle Sprachnutzer dieselbe Aussprache haben.
Zitat:
Es gibt keine Orientierung an dialektalen Varianten;
Aber freilich. Warum sonst der Zusatz südd., schweiz., österr. oder bayr. ? Nur ist die Auswahl der betreffenden Wörter, wie die Reform überhaupt, unregelhaft und willkürlich.
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Norbert Schäbler am 30.04.2003 um 16.42
Lieber Herr Schubert!
Vielleicht ist es ja nur eine randsburg`sche Hemmung oder irgendein anderes psychologisches Phänomen, daß Sie das Wort „Aussprache“ mit einem dreifach „S“ (Ausssprache) schrieben.
Allerdings ist es relativ bezeichnend, daß die Parallelität von Gedanken dazu führt, daß Schreibindividualität entsteht. Dagegen habe ich nichts einzuwenden.
Im Gegenteil: Dabei empfinde ich die Kostbar- und Köstlichkeit des Augenblicks.
Sehr verwaschen jedoch finde ich Ihre Betrachtungen bzgl. der Dialekte und der regionalen Besonderheiten, zumal Sie sich offensichtlich nicht über das Ausmaß der erforderlichen Differenzierungsmaßnahmen im klaren sind. Jedenfalls bleibt Ihre Liberalität nicht bei der Zulassung von „Geschoss“ und „Mass“ hängen.
Was würden Sie eigentlich davon halten, wenn ich als "Nichtniedersachse" verlangen würde, daß man künftighin alle Wörter mit „St“ (z.B. „Stein“) oder „Sp“ (z.B. „Sport“) künftighin mit „Sch“ (Schtein, Schport) schreiben sollte?
Ein solcher Antrag müßte doch eigentlich genau auf Ihrer phonetischen Linie liegen!
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 30.04.2003 um 16.08
Frau Philburn, wenn Bayern und Schwaben ihren Dialekt schreiben, können Sie es so tun, wie es ihrer Aussprache entspricht. Wenn sie sich hochdeutsch ausdrücken wollen, werden sie sich an das Regelwerk halten müssen. Das gilt auch für alle anderen Dialektsprecher.
Die bayerische Mass (Bier) mit kurzem a und daher mit Doppel-s wird im Reform-Duden ausdrücklich aufgeführt. Jetzt kann man beim Schreiben das Maß und die Mass problemlos unterscheiden.
Zu Ihren Fragen im letzten Absatz Ihres Beitrags von 16.16 Uhr: Die Vereinfachung liegt bei der Anpassung der Schreibweise an die Aussprache. Es gibt keine Orientierung an dialektalen Varianten; die Reform hat nur als zufällige kleine Begleit-Erscheinung bei der s-Schreibung eine einfachere Darstellung von Dialektvarianten ermöglicht. Neu entstandene Probleme erkenne ich bei der neuen s-Schreibung nicht.
– geändert durch Peter Schubert am 02.05.2003, 08.51 –
eingetragen von Norbert Schäbler am 30.04.2003 um 15.27
1. Ich möchte ins Gedächtnis rufen, daß die Schrift nicht zum Schreiben da ist, sondern daß Wortbilder (die „Schriftbilder“ von Worten) Signale aussenden.
Meine Behauptung: Typische (d.h. stets wiederkehrende und normierte Wortbilder) führen zu einem weniger zeitaufwendigen Wort- und Textverständnis.
2. Wortbilderfassung ist in starkem Maße abhängig von der Buchstabenkomposition:
Wörter, in denen lediglich „normallängige“ Buchstaben (a, c, e, m, n, o, r, s, u, v, w, x, z) vorkommen, sind weniger auffällig und signifikant als solche, in denen eine Mischung
mit „unterlängigen“ Buchstaben (g, j, p, qu, y),
oberlängigen Buchstaben (b, h, k, l, t, - und i)
oder überlängigen Buchstaben (f und ß)
erfolgt.
Auch Umlaute (ä, ö, ü) und Majuskeln (sämtliche Großbuchstaben) erhöhen die Signifikanz sowie
die sprachgemeinschaftliche Besonderheit und letztlich die leichtere Erfaßbarkeit von Wörtern.
Besonders signifikant sind Wörter, mit überlängigen Buchstaben.
Sowohl im Schreiblernprozeß als auch im Leselernprozeß wurden – was sich im Laufe meiner Lehrtätigkeit hinreichend bestätigte – Wörter mit Überlängen (ß und f) zunehmend besser beherrscht als „unauffällige“ Wortbilder.
3. Im Laufe der Sprachentwicklung übernahm das „ß“ ähnlich dem „H“ (Gewichtungs-h, Dehnungs-h, Lautierungs-h) eine Mehrfachfunktion.
Es ist eine Frage, ob es sinnvoll und erstrebenswert ist, den Gewichtungsbuchstaben „ß“ aus der deutschen Sprache komplett zu streichen. Formal gesehen ist das „ß“ noch bedeutungsvoller und signifikanter als das „H“. Es übernimmt unter anderem die Funktion der Silbengelenkdarstellung (z.B. „Schlußspurt“) und der Differenzierungsschreibung (z.B. „weiße“ contra „weise“).
4. Hochsprache hat die Aufgabe der Vereinheitlichung. Wer immer sich mit Dialektschreibung beschäftigt, erfährt die Begrenztheit des Buchstaben- und Lautkodierungssystems.
Umgedreht erkennt jeder Dialektschreiber das unermeßliche Korrelat der Hochsprache. Er muß es anerkennen! Die Hochsprache ist ein Wunder an Kompromißfähig- und Einheitlichkeit inmitten von regionalen Eigenarten!!
Der Gedanke, den Prozeß umzukehren, das Optimale zu deoptimieren, disqualifiziert sich selbst.
Nachwort: Ich weiß, daß es auf dieser Welt genügend nützliche Idioten gibt, und ich weiß, daß die Idioten auf dieser Welt niemals aussterben.
Gedanken werde ich mir machen über meinen Nutzen und über das Ausmaß meiner Idiotie. Gegen die kombinierte Etikettierung "nützlicher Idiot" werde ich zeitlebens ankämpfen.
Schönen 1. Mai.
__________________
nos
eingetragen von Elke Philburn am 30.04.2003 um 14.16
Zitat:
Untergeschoss. Schwaben, Baiern und Österreicher sprechen in dem Wort "Geschoss" ein langes o, egal ob ein Stockwerk oder ein Projektil gemeint ist. Der neue Duden lässt daher die Schreibweise sowohl mit ss als auch mit ß zu.
Das Regelwerk erlaubt aber die Schreibung mit ß nur für Österreich. Bayern und Schwaben werden weiterhin ss schreiben müssen, ob es ihrer Aussprache entspricht oder nicht.
Zitat:
Insofern ist die neue Rechtschreibung auch ganz praktisch, man kann ausdrücken, in welcher Gegend die Leute "Spaß" und in welcher Gegend sie "Spass" sagen.
Hier sieht das Regelwerk nur die bisherige Schreibung mit ß vor, auch wenn Bertelsmann für Österreich die Variante Spass erlaubt. Bei der Maß dagegen läßt man gar nicht mit sich reden, sondern drückt diesem bayrischen Wort eine Schreibung nach norddeutscher Lautung auf.
Können Sie mir sagen, Herr Schubert, wo hier die Vereinfachung liegt? Wem nützt diese scheinbar praktische Orientierung an dialektalen Varianten, wenn sie nur neue Ausnahmen und damit Fehlerquellen hervorbringt? Merken Sie nicht, daß diese 'Vereinfachung' ein Trugbild ist und daß die neu entstandenen Probleme jene, die man meinte lösen zu müssen, längst überwiegen?
– geändert durch Elke Philburn am 01.05.2003, 19.49 –
__________________
http://www.vrs-ev.de/
eingetragen von Peter Schubert am 30.04.2003 um 08.35
Herrn Wagners Beitrag von gestern Abend - meinetwegen auch gestern abend - enthält einige Fragen, die einer Beantwortung würdig sind.
Innerlich und äußerlich. Bei der ersten Silbe dieser Wörter ist ein Quantitätsunterschied hörbar, "innen" kurz, "außen" lang. Der Unterschied wird ja auch in der Schreibung zum Ausdruck gebracht.
Untergeschoss. Schwaben, Baiern und Österreicher sprechen in dem Wort "Geschoss" ein langes o, egal ob ein Stockwerk oder ein Projektil gemeint ist. Der neue Duden lässt daher die Schreibweise sowohl mit ss als auch mit ß zu. Insofern ist die neue Rechtschreibung auch ganz praktisch, man kann ausdrücken, in welcher Gegend die Leute "Spaß" und in welcher Gegend sie "Spass" sagen. Im Übrigen: Wer nur Dialekt und nicht die Hochsprache spricht, macht beim Schreiben einige Fehler mehr; das ist unvermeidbar und gilt nicht nur für Deutsche.
Faß - eine Silbe - ein Buchstabe; Fässer - zwei Silben - zwei Buchstaben. Wo ist das Problem? Ein Problem ist da nicht, aber eine unnötige Komplikation. Es gibt ja eine Unzahl von einsilbigen Wörtern, deren Auslaut nach kurzem Vokal durch Doppelkonsonanten geschrieben wird: Fall, Fälle; Kamm, Kämme; Bann, bannen; Stopp, stoppen; Spott, spotten. Da gilt überall: Eine Silbe, zwei Buchstaben. Nur beim s soll es anders sein?
Fremdwörter mit ß (Progreß). Wo ist das Problem? Ein Problem ist auch hier nicht, aber ich hatte erwartet, dass meine überlange Aufzählung solcher Fremdwörter eine gewisse Komik dieser Schreibweise erkennen lässt. Diese Wirkung ist anscheinend jedenfalls bei Herrn Wagner nicht eingetreten.
Interessant ist Herrn Wagner Begründung: "Das ß tritt hier als Doppel-s-Ligatur auf". Was er "Doppel-s-Ligatur" nennt, nennt Prof. Ickler eine typografische - meinetwegen auch typographische - Variante des Doppel-s. Ich habe es an anderer Stelle "das unechte Eszett" genannt. Alle drei Bezeichnungen geben eines zum Ausdruck: Dieses ß sieht zwar genau so aus wie ein ß, in Wirklichkeit ist es aber gar kein ß, sondern ein Doppel-s. Also bitte, kann man dann nicht auch ein Doppel-s schreiben?
eingetragen von Christian Dörner am 29.04.2003 um 21.02
In der 1. Auflage des Dudens (1880) findet man nur die Schreibungen -nis, -nisse usw.
Sie waren also bereits vor 1901 üblich.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Henning Upmeyer am 29.04.2003 um 19.59
Laut Aussage von Herrn Schubert "war vor 1901 die Schreibweise mit '-niß' allgemein üblich".
Angeblich wurde 1901 nur die Rechtschreibung vereinheitlicht. Interessant wäre, welches vorher die von der Mehrheit verwendete Schreibweise war. War es eine Änderung gegen die Mehrheit der Schreiber oder nicht?
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.04.2003 um 17.49
Zitat:Zustimmung, was die generelle Relevanz des Stammprinzips für die s-Schreibung betrifft, denn durch die Reform gab es bis auf die Ausnahme des As(s) keine Änderung der Zugehörigkeit eines Wort zu der einen oder der anderen Fallgruppe (Schreibung mit 's' oder mit 'ss'/'ß').
Ursprünglich eingetragen von Peter Schubert
Herr Grunden, Ihr Beispieltext mit den auszufüllenden s, ss, sss, ß und ßs zeigt offenkundig, dass die Schwierigkeit in der Abgrenzung von s einerseits und ss/ß andrerseits besteht; dafür muss der Lernende eben das Stammprinzip begreifen; das war und ist vor und nach der Rechtschreibreform völlig gleich.
Was sich aber verändert hat, ist der Umfang der Notwendigkeit der Abgrenzung der Fallgruppe 's': Vor der Reform stellte sich diese Notwendigkeit nur in Form der Alternative 's' oder 'ß', weil der Fall des 'ss' eineindeutig (d. h. umkehrbar eindeutig) aus der Silbenzerlegung hervorging. Man kann damit sagen, daß vor der Reform die richtige Verwendung von 'ss' auch ohne Kenntnis des Stammprinzips möglich war, und insofern ist die Situation vor und nach der Reform keineswegs völlig gleich.
P. Schubert:Das ist genau richtig, und zudem schlägt dieser Merksatz mehrere Fliegen mit einer Klappe: Er gibt das relevante Kriterium (Kürze) an, er verzichtet (vermutlich mit Recht) auf die Bedingung der Betontheit (wie sie im Regelwerk in Paragraph 2 verankert ist) und vermeidet damit die Berücksichtigung einiger Ausnahmefälle, und mit der Beschränkung auf Vokale sind auch die Diphthonge quasi automatisch richtig mit verarztet.
Für die Unterscheidung zwischen ss und ß nach der Reform genügt dann der Merksatz "Nach kurzem Vokal ss".
Es genügt und funktioniert also nur, wenn man zum einen weiß, daß auch kurze Diphthonge nicht als kurze Vokale gelten. Beispiel: Gibt es einen Unterschied in der Quantität der ersten Silbe bei innerlich und äußerlich? Zum anderen darf man sich nicht von regionalen Aussprachvarianten ins Bockshorn jagen lassen; obwohl das keine neuer Gedanke ist, bringe ich ihn hier wegen folgender Bemerkung von Frau Menges noch einmal an:Untergeschoß- eindeutig im bayerischen Dialekt mit "ß" geschrieben, kein Bayer spricht vom preußischen Untergeschoss.Mit Verlaub, das bedeutet doch, daß bei Fortbestehen der jetzigen Regel alle Baiern dieses Wort tendenziell falsch schreiben werden quasi als Pendant zum Spass in anderen Regionen.
P. Schubert:Das mußte man sich noch nie, denn man hat den Unterschied deutlich gehört: Faß, muß eine Silbe ein Buchstabe; Fässer, müssen zwei Silben zwei Buchstaben. Wo ist das Problem?
Der Schreiber braucht sich dann keine Gedanken mehr zu machen, warum das Faß mit ß, aber die Fässer mit ss, warum "muß" mit ß, aber "müssen" mit ss geschrieben werden soll.
P. Schubert:Natürlich, denn das 'ß' tritt hier als Doppel-s-Ligatur auf. Wo ist das Problem?
Hier war auch die Rede von "Respekt vor der Herkunftsprache". Auf Grund des Respekts soll "Spaghetti" und "Joghurt" weiterhin mit gh geschrieben werden. Bei Spaghetti einverstanden; bei Joghurt enthält die Schreibung in der Herkunftsprache allerdings kein h. Gilt der Respekt vor der Herkunftsprache auch bei Fitneß, Fairneß, Miß Germany, Mißmanagement, Progreß, Prozeß, Regreß, Stewardeß, Narzißmus und narzißtisch?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 29.04.2003 um 09.11
Gibt es denn ein zutreffendes und eindeutiges deutsches Wort dafür?
Isolierung und isolieren läßt mich immer an Schutz vor Stromschlägen denken. Das Wort ist zu allgemein.
Die französischen Wörter in der deutschen Sprache sind noch nicht tot, und es entstehen weiter neue.
Es sollten Preise für die besten Lehnübersetzungen ausgeschrieben werden. Auch für englische Wörter, z.B. für 'Scanner' und ähnliche.
Sehr lustig finde ich das tschechische Wort 'hranolky' = kleine Prismen (von 'hranol' = Prisma) für Pommes frites.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 29.04.2003 um 07.00
[Frau Menges] Das "ß" ist vielleicht für Sie schöner weil altmodischer, aber das "ss" anstelle von "ß" ist sachlicher. Da bin dann lieber sachlicher- ich würde das "ß" ganz streichen.
Seit Jahrzehnten schon erscheint ein Bildband „Schönes Niedersachsen". Auf dem Schutzumschlag sah man lange Zeit, aus geschicktem Blickwinkel aufgenommen, die kunstvollen Fachwerkgiebel dreier Niedersachsenhäuser aus dem Alten Land. Jahre später stieß ich auf einen Zeitungsartikel mit einem Foto vom gleichen Standpunkt aus, das zeigte, wie das schöne Niedersachsen heute aussieht: Nur ein einziges Haus war liebevoll erhalten. Das zweite dagegen war arg vernachlässigt, und beim dritten war der Giebel verkleidet und ein querliegendes Großflächenfenster außermittig hineingesetzt worden. Die Eigentümer, dazu befragt, sagten: „Wir wollten auch mal im Komfort leben!"
Daran muß ich immer denken, wenn ich das Argument von der „Sachlichkeit" oder gar von der „Schönheit" der neuen Sachlichkeit höre, die die „neue" ss-Regelung mit sich gebracht habe. Mir kamen die ersten „muss" und „dass" in den Schulbüchern meiner Kinder immer wie Pfauen vor, denen man die Schwanzfedern ausgerupft hat.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.04.2003 um 22.42
Aber liebe Frau Menges, mit Ihnen ist es immer dasselbe und ich werde mir das jetzt merken: Kaum streichelt man Sie ganz lieb, schon kriegt man eine gegen das Schienbein, und Sie distanzieren von all den vernünftigen Sachen, die Sie ganz spontan und von Herzen kommend geäußert haben, und ziehen sich in eine Art von Zwecklogik zurück, auf deren Gedankenkonstruktionen Sie - wenn Ihre Behörde Ihnen nicht angeschafft hätte, dieses theoretisch überhaupt nicht faßbare »moderne« Lehrwerk mitzutragen - von alleine niemals gekommen wären bei Ihrem Sinn für das Schöne, und deren abwegigsten Ihnen immerhin allmählich zum Bewußtsein kommen. Das einzige, was Sie entschuldigt: Sie wollen Ihrer beruflichen Aufgabe und zugleich Ihrer Treue gegenüber Ihrem Dienstherrn nachkommen, sich aber auch mit der Kritik auseinandersetzen. Da sind Sie natürlich in einer schwierigen Position.
Ihr Sinn für das Schöne, was meint er beim Vergleich von
Flußschleife
zu
Flussschleife
Letzteres kann einen poetischen Menschen wie Sie, der auch noch bis drei zählen kann, doch nur in Verzückung versetzen, nichtwahr? Das hat außerdem nichts mit altmodisch zu tun, denn Flussschleife ist, das hätten auch Sie inzwischen hier lernen können, erst recht altmodisch (19. Jh.).
Und nun versuchen Sie einmal bei Ihrem Bäcker oder Konditor auf »deutsch« ohne mit dem Finger auf das Backwerk zu deuten, das zu kaufen, was »hier zu Lande« Baguette, Canapé, Praline, Baiser, Bisquit heißt, oder - noch viel schöner - fragen Sie nach einem »Hörnchen« (oder meinetwegen auch »Hörnderl«). Der Bäcker wird Ihnen den Vogel zeigen und sagen, »aba wos soi nacha dös sei? Moanen'S leicht a Crossoar (je nach Bäckerei auch Krossoo oder was auch immer). Und sagen Sie, Sie wollten das »Hörnchen« Ihrem Vetter mitbringen, dann werden Sie belehrt: »Dös is oiso fer Eahna Kusahr.«
Niemand will doch Wörter wie Enttäuschung, Ratschlag, Zufall und derlei durch französische Wörter ersetzen! Aber es gibt so schöne Wörter aus anderen Sprachen, die bei uns heimisch geworden sind.
Sie bekommen jetzt eine Hausaufgabe, und zwar sollen Sie einen Besinnungsaufsatz schreiben zu dem Thema:
»Jemand behauptet: Kaum eine Sprache vermag solche zweideutigen und schönen Wörter hervorzubringen (wie die deutsche). Darum ist der, der mit franz. Wörtern spricht nicht der absolute Freund der deutschen Wörter.«
a) Was halten Sie von dieser Behauptung? Läßt sie darauf schließen, daß ihr Urheber andere Sprachen als die deutsche - und auch die deutsche mehr als in ihrer alltäglichen Verwendung oder aus dem Unterrichtsbetrieb - überhaupt kennt, etwa Latein?
b) Welche Vorzüge könnte ein »absoluter Freund der deutschen Wörter« aufweisen, wie könnte man sich ihn vorstellen, sympathisch, weltoffen, musisch?
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.04.2003 um 19.58
Zitat:Sie können behaupten, was und soviel Sie wollen, liebe Frau Menges solange Sie es nicht durch Fakten, Argumente etc. untermauern, ist es (leider!) wertlos.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, muss ich sagen, dass mich die neue ss-Regelung weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Regel sogar leichter, das muss ich immer wieder behaupten.
Beispiel: Ich muß sagen, daß mich die Hypothese, die Erde sei eine Scheibe, weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Hypothese sogar leichter, das muß ich immer wieder behaupten.
R. Menges:Ja, und zwar, wie mein Beispiel gezeigt hat, genau aus dem folgenden Grund: Weil Sie nicht mit Argumenten, sonden mit Behauptungen arbeiten und sich weigern, diese zu hinterfragen.
Darum, lieber Herr Wagner, werden wir hier in diesem Bereich zu keinem Konsens kommen.
R. Menges:Das habe ich nicht, und das wissen Sie genau. Meine Argumente widersprechen dem nicht, und auch das sollten Sie wissen denn es geht, ganz einfach gesagt, um den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
Wir sollten uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen, noch dazu haben Sie die Qualität der beiden gleichgestellt (trotz Ihrer gegenteiligen Argumente).
Zitat:Daß wir in der Sache nur schwerlich zu einem Konsens kommen werden, ist mir schon klar; zudem bringt ja Herr Schubert die Argumente für die reformierte s-Schreibung gekonnt auf den Punkt. Trotzdem gibt es ein paar Aspekte, die Sie bislang ignoriert haben und über die wir zumindest im Detail diskutieren können, wie sie zu interpretieren bzw. einzuordnen sind, ohne daß wir von vornherein auf einen Kompromiß aus sind.
R. Menges:
(Wagner)denn es kommt bei der Bewertung der Regeln außerdem darauf an, ob sie sich in der Praxis bewähren.
Und diese ss- Regeln bewähren sich ja- es gibt keinen Unterschied. Darum kommen wir nicht zusammen, Herr Wagner. Ich habe nichts an der Sache in der Umsetzung auszusetzen.
Wo soll nun ein Kompromiss herauskommen?
Also: Sie behaupten, die reformierte ss-Regel bewähre sich, und es gäbe keinen Unterschied. Das steht zum einen (was das Schreiben betrifft) im direkten Widerspruch zu den Ergebnissen der Studie von Prof. Marx, auf die ich bereits hinwies. Zum anderen (was das Lesen betrifft) ignoriert Ihre Behauptung meine Argumente bezüglich Antiqua versus Fraktur sowie die entsprechenden Passagen aus Kritik auf zwei Ebenen; darin zeige ich, daß es sehr wohl Unterschiede gibt.
Sie haben sich bislang darauf beschränkt, meine Argumente als nichtig zu bezeichnen, aber vielleicht können Sie noch begründen, liebe Frau Menges, wie Sie zu dieser Einschätzung kommen sagten Sie doch an anderer Stelle, meine Beiträge bezüglich der ss/ß-Schreibung seien es wert, daß Sie sich die Zeit genommen haben, sie genau zu studieren.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.04.2003 um 19.39
Der Gebrauch von französischen Wörtern ist absolut überholt. Es kommt mir vor wie aus vergangen Zeiten, wenn jemand vom Kanapee und vom Trottoir - Worte aus meiner Kindheit- spricht. Diese Worte gebraucht man heute nicht mehr. Wie gut sind dagegen unsere deutschen Wörter:
Wenn wir von Enttäuschung sprechen - spüren wir die Täuschung auf, der wir uns hingegeben haben. Ein Zufall ist ein Fall, der uns zukommt. Der Ratschlag erschlägt den, der um Rat sucht. Kaum eine Sprache vermag solche zweideutigen und schönen Wörter hervorzubringen. Darum ist der, der mit franz. Wörtern spricht nicht der absolute Freund der deutschen Wörter. Schlägt man den Duden auf, so gibt es auf einer einzigen Seite den Paravent, das Parfüm, das Parasol und das Parfait par excellence.
Für unsere Kinder sind das Fremdwörter und keine Begriffe.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.04.2003 um 17.24
(Wagner)denn es kommt bei der Bewertung der Regeln außerdem darauf an, ob sie sich in der Praxis bewähren
Und diese ss- Regeln bewähren sich ja- es gibt keinen Unterschied. Darum kommen wir nicht zusammen, Herr Wagner. Ich habe nichts an der Sache in der Umsetzung auszusetzen.
Mit einer(?!?) Ausnahme:
Untergeschoß- eindeutig im bayerischen Dialekt mit "ß" geschrieben, kein Bayer spricht vom preußischen Untergeschoss. Aber - das ist zu lernen!
Wo soll nun ein Kompromiss herauskommen?
Ich würde die Regel nicht akzeptieren wäre die Unvermittelbarkeit gegeben. Sie können noch so viel Kasuistik betreiben, aber ich möchte eine neuere anerkannte Untersuchung verfolgen und die müsste erst gegen meine Erkenntnisse sprechen. Es ist sind m.E. Wörter wie "Besorgnis erregend", die schwer zu vermitteln sind.
Außerdem warte ich auf das neue Buch, um die Argumente zu lesen, die mich immer noch nicht überzeugt haben. Das "ß" ist vielleicht für Sie schöner weil altmodischer, aber das "ss" anstelle von "ß" ist sachlicher. Da bin dann lieber sachlicher- ich würde das "ß" ganz streichen.
Zeitzeugin wollen Sie mich nennen? Auch nicht schlecht- aber Sie sind auch Zeitzeugen, meine Herren!
Auf die Frage in welcher Rechtschreibung er seine Promotion in Theologie abgeben werde, schaute mich der junge Pfarrer fragend an. Das sei keine Frage, denn sie sei selbstverständlich in der jetzt gültigen Rechtschreibung geschrieben. Der Klerus zieht nach: Zeitzeugnisse der Rechtschreibung.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Peter Schubert am 28.04.2003 um 15.51
Die Schreibweise "Ergebniss" mit ss hat mit der "neuen ss-Regel" nichts zu tun. "Das Ergebniß" und "die Ergebnisse" waren vor 1901 allgemein üblich. Dass die Nachsilbe -nis nur mit s geschrieben wird, musste man nach 1901 und nach 1996 eben lernen. Die Rechtschreibreform hat auch daran nichts geändert.
eingetragen von Christoph Kukulies am 28.04.2003 um 15.19
Ich bekam eine E-Mail eines Unbekannten aus Chile, der mich ob einer Nachricht, die ich in irgendeinem englischen Nachrichtenforum vor einiger Zeit hinterlassen hatte, auf deutsch anschrieb und dies nicht einmal in schlechtem Deutsch, woraufhin ich ihn auch ansprach, woher er die Sprache so gut beherrsche und er antwortete, daß er es seinem Deutschlehrer zu verdanken habe.
Er schrieb "Ergebniss", was ich ihm nicht ankreidete, wie ich ohnehin E-Mail-Partner nur sehr selten auf Rechtschreibfehler - einfach auch aus Höflichkeit - anspreche. Ausnahmen sind da vielleicht beflissene 'Aufwändigschreiber'.
Aber da zeigt sich, wie wenig Deutschlernende mit der "neuen ss-Regel" anfangen können.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Peter Schubert am 28.04.2003 um 13.40
Herr Grunden, Ihr Beispieltext mit den auszufüllenden s, ss, sss, ß und ßs zeigt offenkundig, dass die Schwierigkeit in der Abgrenzung von s einerseits und ss/ß andrerseits besteht; dafür muss der Lernende eben das Stammprinzip begreifen; das war und ist vor und nach der Rechtschreibreform völlig gleich. Für die Unterscheidung zwischen ss und ß nach der Reform genügt dann der Merksatz "Nach kurzem Vokal ss". Der Schreiber braucht sich dann keine Gedanken mehr zu machen, warum das Faß mit ß, aber die Fässer mit ss, warum "muß" mit ß, aber "müssen" mit ss geschrieben werden soll.
Hier war auch die Rede von "Respekt vor der Herkunftsprache". Auf Grund des Respekts soll "Spaghetti" und "Joghurt" weiterhin mit gh geschrieben werden. Bei Spaghetti einverstanden; bei Joghurt enthält die Schreibung in der Herkunftsprache allerdings kein h. Gilt der Respekt vor der Herkunftsprache auch bei Fitneß, Fairneß, Miß Germany, Mißmanagement, Progreß, Prozeß, Regreß, Stewardeß, Narzißmus und narzißtisch?
eingetragen von Peter Schubert am 28.04.2003 um 13.39
Gestrichen
eingetragen von Theo Grunden am 28.04.2003 um 09.21
Nur welche ist die jeweils liebste: ß, ßs, sss, ss oder s?
(Zur "Wiederholung und Vertiefung" nach den Ferien)
Wu*ten Sie eigentlich schon, da*
... viele Leute in den Vorosterwochen den Entschlu* fa*ten zu fa*ten?
... ich noch nie irgendwelchen Mi*t vermi*te, aber schon oft an der Kü*te kü*te und in einen Kürbi* bi*?
... mein Bo* noch nie in Bo*nien war, aber schon mal am Bo*poru* und in Ru*land? Und da* er eher einen Bo*kop in die Hand nimmt als eine Bo*el?
... jemand, der die De*- und die A*-Dur-Tonleiter spielen kann, de*wegen in der Musikwelt noch nicht al* A* gilt?
... jemand, der nach China rei*t, dort nicht einfach Rei*äcke zerrei*t?
... man, um einen Kompromi* zu erzielen, oft ein Bündni* eingehen mu*, aber zur Einhaltung von Fairne*regeln nie eine besondere Erlaubni* braucht?
... Frau Rita Sü*muth und Herr Heiner Gei*ler derselben Partei angehören?
... es in der Stadt Neu* kein Preu*enmuseum gibt, aber reichlich Litfa*äulen?
... Jörg Ro*kopf einer der be*ten deutschen Tischtenni*pieler i*t, Uli Hoene* hingegen ein bekannter Fu*ball-Manager?
... Krei*krankenhäuser in der Regel einen Krei*aal haben?
... ich Berichte von der Züchtung einer konu*förmigen Haselnu* für ausgesprochenen Hoku*poku* halte?
... mir jemand wei*machen wollte, da* jeder, der eine Bank frisch gewei*t hat, mit einem entsprechenden Hinwei*child darauf hinwei*t?
... Souterrains und Basements in Deutschland nur noch Untergescho* hei*en sollen, während man in Österreich noch beim Untergescho* bleibt?
Eigentlich alles ganz einfach, wenn man Frau Menges glaubt, die am 01. April (!) schrieb:
“Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler. Nach dem Diphthong schreibt man ß (oder s), dies leuchtet ebenso ein wie ß nach langem Vokal. Diese Regelung macht es den Schülern deutlich leichter richtig zu schreiben. Die Regeln müssen natürlich gemerkt und angewandt werden.“
... und nicht zu vergessen: die zahlreichen Ausnahmen!
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.04.2003 um 09.03
Frau Menges: »Man sagt mir zuweilen nach, daß ich ein ausgesprochenes Gespür für das Schöne hätte.«
Das ist ganz sicher richtig. Man merkt es daran, daß Frau Menges, wenn sie spontan ihren Gedanken freien Lauf läßt, ohne es selbst zu merken in die schöne herkömmliche Orthographie verfällt und dabei viel weniger Fehler macht, auch ihre Gedanken klarer zum Ausdruck bringt, als wenn sie sich bemüht, der neuen Rechtschreibung das Wort zu reden.
Insofern ist Frau Menges unser bestes Stück - und zwar unfreiwilligerweise auch Beweis-Stück.
Mit dem Untergeschoß allerdings bin ich nicht einverstanden. Wenn ich als Kind Holz heraufholen sollte zum Heizen, hat man mir gesagt: »Gang nonder en Sutrai on holl Holz ruff«. Da hätte »Untergeschoß« gar nicht gepaßt. Souterrain ist ein deutsches Wort für mich, genauso wie Trottoir oder Chauffeur oder Schottersoß (von chaude-eau, schmeckt lecker).
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.04.2003 um 08.36
Zitat:Ich betone es gern immer wieder, liebe Frau Menges: Hierin (d. h. in der theoretischen Konzeption) nehmen sich Heyses und Adelungs (bzw. Gottscheds) Regel nichts und nur hierin! Das ist noch lange nicht das entscheidende Fazit, denn es kommt bei der Bewertung der Regeln außerdem darauf an, ob sie sich in der Praxis bewähren. Das habe ich hier mehrmals ganz klar gesagt, und ich verstehe nicht, warum Sie das permanent ignorieren.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Wagner) Zur Theorie: Beide Regeln sind klar, lassen sich relativ kompakt darstellen und sind so konzipiert, daß sie immer ein eindeutiges Ergebnis liefern. Sie verfolgen verschiedene Strategien, die beide als Optimierungsziele einer sinnvollen Rechtschreibung anerkennenswert sind. Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen.
Herr Wagner,
wenn jemand diese Sätze liest, dann gibt es nichts, woraus erkennbar sein sollte, dass man die derzeit gültigen Regeln umwerfen sollte. Diesen Satz haben sie auch für Reformbefürworter geschrieben. Es kann ihn jeder unterschreiben.
Zitat:Wie man es am Sonnenschein gesehen hat, wird andersherum1) ein Schuh daraus und nicht nur dort, schlugen Sie doch in Ihrem Beitrag Eine Lanze für das deutsche Wort (dessen Anliegen ich unterstütze) als Entsprechung für Souterrain bzw. Basement die Bezeichnung Untergeschoß vor!
Herr Wagner,
wenn Sie weitermachen haben wir uns bald angenähert, ohne dass Sie es merken.
______
1) Letztlich ist das aber kein Wunder, denn wenn es eine echte Annäherung ist, muß sie von beiden Seiten ausgehen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Martin Dauth am 27.04.2003 um 20.41
Ach so, dann haben Sie, verführt durch die heitere Nachosterferienstimmung, unbeabsichtigt Ihre Liebe zum "ss" vergessen und so geschrieben, wie Sie es früher einmal gelernt haben.
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.04.2003 um 18.22
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Martin Dauth
RenateMariaMenges:
Als ich heute, nach den Osterferien, an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fand ich dort einen Brief aus der Schweiz vor. Es stellte sich heraus, dass er aus diesem Forum stammte. Neugierig geworden, öffnete ich ihn ( es war ja schon einmal der Fall): Er enthielt zwei wunderschöne Bilder.
Lieber margel, ich muss Ihre Fähigkeit und Fertigkeit wirklich bewundern. Man sagt mir zuweilen nach, dass ich ein ausgesprochenes Gespür für das Schöne hätte. Ich werde also eines der Bilder rahmen und in meinem Zimmer anbringen, so sehr gefällt es mir. Vielen Dank für diese unerwartete Freude!
Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, muss ich sagen, dass mich die neue ss-Regelung weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Regel sogar leichter, das muss ich immer wieder behaupten.
Darum, lieber Herr Wagner, werden wir hier in diesem Bereich zu keinem Konsens kommen. Wir sollten uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen, noch dazu haben Sie die Qualität der beiden gleichgestellt (trotz Ihrer gegenteiligen Argumente). Gehen wir lieber zur Getrenntschreibung über. Das Beispiel "Besorgnis erregend" finde ich nun doch ein wenig gewagt: Die schriftliche Sprachgestaltung war Besorgnis erregend schlecht.
Trotzdem muss ich sagen, dass die Menschen, die sich hier entsprechend " Ihrer Meinung" einsetzen, schon besondere Leute sind. Das konnte ich durch wiederholte Kontakte immer wieder feststellen. Woran liegt das nun?Man könnte diese Personen eben auch besonders altmodern, unbeweglich oder stur bezeichnen, aber nein, jeder von Ihnen hat schon etwas Besonderes und in Bezug auf Sprache eben etwas aus der Sicht der "gehobenen Vierhundert".
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Martin Dauth am 27.04.2003 um 15.58
RenateMariaMenges:
Als ich heute, nach den Osterferien, an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fand ich dort einen Brief aus der Schweiz vor. Es stellte sich heraus, daß er aus diesem Forum stammte. Neugierig geworden, öffnete ich ihn ( es war ja schon einmal der Fall): Er enthielt zwei wunderschöne Bilder.
Lieber margel, ich muß Ihre Fähigkeit und Fertigkeit wirklich bewundern. Man sagt mir zuweilen nach, daß ich ein ausgesprochenes Gespür für das Schöne hätte. Ich werde also eines der Bilder rahmen und in meinem Zimmer anbringen, so sehr gefällt es mir. Vielen Dank für diese unerwartete Freude!
Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, muß ich sagen, daß mich die neue ss-Regelung weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Regel sogar leichter, das muß ich immer wieder behaupten.
Darum, lieber Herr Wagner, werden wir hier in diesem Bereich zu keinem Konsens kommen. Wir sollten uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen, noch dazu haben Sie die Qualität der beiden gleichgestellt (trotz Ihrer gegenteiligen Argumente). Gehen wir lieber zur Getrenntschreibung über. Das Beispiel "Besorgnis erregend" finde ich nun doch ein wenig gewagt: Die schriftliche Sprachgestaltung war Besorgnis erregend schlecht.
Trotzdem muß ich sagen, daß die Menschen, die sich hier entsprechend " Ihrer Meinung" einsetzen, schon besondere Leute sind. Das konnte ich durch wiederholte Kontakte immer wieder feststellen. Woran liegt das nun?Man könnte diese Personen eben auch besonders altmodern, unbeweglich oder stur bezeichnen, aber nein, jeder von Ihnen hat schon etwas Besonderes und in Bezug auf Sprache eben etwas aus der Sicht der "gehobenen Vierhundert".
Persönlich scheinen Sie aber doch nicht ganz von der "ss-ß-s-Regelung" überzeugt zu sein, Frau Menges.
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.04.2003 um 14.22
Als ich heute, nach den Osterferien, an meinen Arbeitsplatz zurückkehrte, fand ich dort einen Brief aus der Schweiz vor. Es stellte sich heraus, daß er aus diesem Forum stammte. Neugierig geworden, öffnete ich ihn ( es war ja schon einmal der Fall): Er enthielt zwei wunderschöne Bilder.
Lieber margel, ich muss Ihre Fähigkeit und Fertigkeit wirklich bewundern. Man sagt mir zuweilen nach, daß ich ein ausgesprochenes Gespür für das Schöne hätte. Ich werde also eines der Bilder rahmen und in meinem Zimmer anbringen, so sehr gefällt es mir. Vielen Dank für diese unerwartete Freude!
Um zur Rechtschreibung zurückzukehren, muss ich sagen, dass mich die neue ss-Regelung weder didaktisch noch methodisch noch ästhetisch negativ anspricht. Ich finde diese Regel sogar leichter, das muss ich immer wieder behaupten.
Darum, lieber Herr Wagner, werden wir hier in diesem Bereich zu keinem Konsens kommen. Wir sollten uns aus der "ss-ß-s-Vertiefung" herausbewegen, noch dazu haben Sie die Qualität der beiden gleichgestellt (trotz Ihrer gegenteiligen Argumente). Gehen wir lieber zur Getrenntschreibung über. Das Beispiel "Besorgnis erregend" finde ich nun doch ein wenig gewagt: Die schriftliche Sprachgestaltung war Besorgnis erregend schlecht.
Trotzdem muss ich sagen, dass die Menschen, die sich hier entsprechend " Ihrer Meinung" einsetzen, schon besondere Leute sind. Das konnte ich durch wiederholte Kontakte immer wieder feststellen. Woran liegt das nun?
Man könnte diese Personen eben auch besonders altmodern, unbeweglich oder stur bezeichnen, aber nein, jeder von Ihnen hat schon etwas Besonderes und in Bezug auf Sprache eben etwas aus der Sicht der "gehobenen Vierhundert".
– geändert durch RenateMariaMenges am 28.04.2003, 20.04 –
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 11.04.2003 um 20.23
Zunächst: Danke für die Blumen und die freundlichen Hinweise, liebe Frau Menges! Aber auch Ihre Ausdauer ist nicht ohne! Wie schön, daß Sie hier einen Verweis auf Ihre neue, schmucke Webseite eingetragen haben; sie wäre mir sonst entgangen (ich war nicht in der Lage, sie zu finden).
Logik und Intelligenz ein weites Feld! Vor allem fehlt mir dabei die Intuition, denn für meine Begriffe beschränkt sich die Intelligenz (welche ich ebenfalls zu den »Möglichkeiten, wie [man] geschickt [...] durch das Leben kommt« zählen würde was für eine schöne Umschreibung!) nicht auf die Rationalität, die sich u. a. in der Logik ausdrückt (z. B. in der mathematischen Aussagenlogik; die ist durchaus meßbar etwa indem man prüft, ob auf die Prinzipien logischen Schlußfolgerns Rücksicht genommen wird oder nicht), sondern umfaßt auch die Möglichkeit, in komplexen Situationen Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu fällen, wo man sonst erst viele Parameter und Einflußgrößen betrachten und gegeneinander abwägen müßte, wollte man die Entscheidung völlig rational begründet treffen. Über eine in diesem Sinne intuitive Intelligenz verfügt jemand, bei dem sich im Nachhinein in den allermeisten Fällen herausstellt, daß die intuitiv getroffene Entscheidung auch eine rational sinnvolle war.
(Wobei noch anzumerken wäre, daß manche Menschen einen intuitiven Umgang mit der Sprache pflegen, was sich u. a. daran bemerkbar macht, daß Wörter völlig losgelöst von ihrer eigentlichen Bedeutung verwendet werden, man den Sinn des Gesagten aber trotzdem erfassen kann.)
Zurück zum Thema: Obwohl ich in vielem mit dem übereinstimme, was Heinz Kohl in seinem Gästebucheintrag geschrieben hat, möchte ich trotz der Offensichtlichkeit dieser Feststellung noch einmal darauf hinweisen, daß es mir persönlich nicht egal ist, ob die herkömmliche oder die reformierte s/ss/ß-Schreibung besser ist. (Was H. K. im SpOn geschrieben hat, weiß ich nicht; bitte nenen Sie mir doch die Nummer eines seiner Beiträge, den Sie für besonders lesenswert halten, damit ich mich nicht totsuche.) Dazu noch einmal zu Ihrem Beitrag:»Die gültige ss- Regelung ist nicht schlecht«.Als Aussage allein über die theoretische Regeldefinition hat dies niemand bestritten. Aber mit den folgenden Behauptungen ...»Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler ... Diese Regelung macht es den Schülern deutlich leichter richtig zu schreiben.«... weisen ja selber (implizit) darauf hin, daß es bei der Bewertung einer Regel (vor allem) darauf ankommt, ob sie sich in der Praxis bewährt. Darüber muß noch diskutiert werden; die Gleichsetzung der ss/ß-Schreibung vor und nach der Reform ist lediglich mit der Aussage zur theoretischen Regeldefinition begründet.
Es gibt für die Bewährung in der Praxis zwei Aspekte: Das Schreiben und das Lesen. Ich frage Sie nun: Wie fällt der Vergleich der herkömmlichen und der reformierten s/ss/ß-Schreibung bezüglich des Schreibens und des Lesens aus? Was es dabei für Argumente gibt, die für die herkömmliche und gegen die reformierte Schreibung sprechen, habe ich ausführlich gezeigt.1) Was sind Ihre Gegenargumente? Was ist nun mit der Marx-Studie? Was ist mit den anderen Fragen meines vorhergehenden Beitages (Re: meine heutige Kritik)?
_________
1) Siehe Antiqua versus Fraktur hier im Forum sowie Kritik auf zwei Ebenen in der Sammlung: Probleme der ss/ß-Schreibung.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.04.2003 um 07.43
Danke, Herr Wagner, dass Sie hier den Beitrag von Heinz Kohl bringen.
Lieber Heinz,
ich begrüße dich recht herzlich auf diesem Forum, welches dir am meisten entspricht. Langjährig (?!? stimmt das?) haben wir das Thema schon diskutiert. Hier findest du schon beim ersten Beitrag Zustimmung.
Aber - was wäre eine Diskussion ohne Gegenpol? Deine Argumente kenne ich allerdings schon- in sich stimmig, aber nicht mehr zeitgemäß. Auch in der Überschrift steckt schon viel Zündstoff, den wir hier aber nicht abgleichen werden.
Muss Heinz Kohl freigeschalten werden? Seine Beiträge sind auf Spiegel nachzulesen- er ist ein Verfechter der alten Rechtschreibung und er hat immerhin Stil, den ich hier ja manchmal vermisse.
Ist Logik eigentlich messbar oder ist Logik übersetzbar mit
Möglichkeiten, wie geschickt man durch das Leben kommt?
Intelligenz ist messbar, aber Logik?
Seien Sie ein wenig vorsichtiger, Herr Wagner.
Die Logistik des Lebens verlangt das manchmal!
Aber eines muss man Ihnen lassen, zäh sind sie. Diese Ausdauer muss ich immer wieder bewundern!
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.04.2003 um 21.50
Zitat:Ja, und? Was haben Sie an meiner Aussage auszusetzen, denn ich habe doch betont, daß ich die neue Regel nur für diejenigen als Erschwernis beurteile, die mit der herkömmlichen Rechtschreibung vertraut sind. Stimmt das etwa nicht?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Wagner)Für mit der herkömmlichen Rechtschre[i]bung Vertraute ist die neue Regel - zumindest in dieser vereinfachten Formulierung - eine Erschwernis und keine Erleichterung.
Die Rechtschreibung ist für künftige Generationen, die die Schule verlassen, und nicht nur für die, die mit der herkömmlichen Rechtschreibung das Schreiben gelernt haben.
Und wenn Sie meinen, daß ich damit nicht die ganze Wirklichkeit abdecke ja, natürlich! Das Problem ist aber, daß ich bislang noch keine Formulierung der neuen s-Schreibung gesehen habe, die gleichzeitig einfach ist und nicht zu Übergeneralisierung verleitet, ohne auf der herkömmlichen Schreibung aufzubauen. Wenn Sie eine kennen, her damit!
Natürlich können Sie betonen, liebe Frau Menges, daß es bei der neuen Regel nur um die Unterscheidung zwischen "ss" und "ß" ginge. Eine praktische Anwendung setzt aber voraus, daß man die Fälle, in denen nur "s" steht, so sicher beherrscht, daß man sich von dieser lautorientierten ss/ß-Regel nicht dazu verleiten läßt, "ss" oder "ß" zu schreiben, wo nur "s" hingehört. Doch genau diese Fehler sind jetzt zu beobachten. Wie erklären Sie sie?
Außerdem ist nicht a priori klar, ob der Teil der Marx-Studie, welcher die Wörter mit "ß" oder "s" untersucht, die nicht von der Reform betroffen sind, unmittelbar das allgemein gesunkene Niveau der Rechtschreibleistung der Zweit- bis Viertkläßler widerspiegelt. Ein solcher Wert muß aus umfassenderen Tests ermittelt werden, denn nur dann repräsentiert er das allgemeine Rechtschreibniveau nicht wahr? (Übrigens enthält die Marx-Studie auch eine Aussage, aus der sich ein derartiger allgemeiner Wert entnehmen läßt; vgl. das im folgenden Absatz angegebene Zitat aus dem 3. Kommissionsbericht.)
Und: Wäre denn der aus jenem Teil der Marx-Studie folgende Wert realistisch? Bilden wir die Quotienten, so daß die Veränderung in Prozent ausgedrückt werden kann: 2,02 / 2,12 = 95,3%; 2,79 / 3,28 = 85,1%; 3,66 / 3,99= 91,7%. Nimmt man den Mittelwert, sind es rund 91%. Diese Zahl bezieht sich auf den Vergleichszeitraum der Marx-Studie. Jener ist im 3. Kommissionsbericht auf Seite 11 näher angegeben: Die Untersuchungen fanden Anfang 1996 und Anfang 1998 statt, er beträgt also nur zwei Jahre. Wenn man annimmt, daß sich das Niveau der Rechtschreibleistung in gleicher Weise weiterverschlechtert wie in jenen zwei Jahren, dann bedeutete dies, daß in 3 × 2 = 6 Jahren das Niveau nur noch (0,91)3 = 75% beträgt (und in 10 Jahren nur noch (0,91)5 = 62% des jetzigen; auf volle Prozent gerundet). Es ist zwar sinnvoll, von einem allgemeinen Rückgang der Rechtschreibleistung auszugehen, aber es würde mich wundern, wenn der so drastisch wäre. Wundert Sie das nicht? Warum?
Also: Wie wäre jener Teil der Marx-Studie zu beurteilen, welcher die Wörter mit "ß" oder "s" untersucht, die nicht von der Reform betroffen sind, falls das allgemeine Niveau der Rechtschreibung weniger stark zurückgegangen ist? Was bedeutet es, daß der Anteil richtig geschriebener Wörter, deren Schreibung sich durch die Reform von "ß" zu "ss" verändert hat, wesentlich stärker zurückgegangen ist?
Zitat:Was meinen Sie, welchen Eindruck ich von der Diskussion mit Ihnen bezüglich dessen habe, wie Sie auf meine Argumente und Fragen eingehen? Ach, liebe Frau Menges, Sie haben es doch wirklich nicht nötig, meine Beiträge schlechtzureden. Außerdem werden Ihre eigenen davon nicht logischer.
Je länger ich mit Ihnen darüber diskutiere, desto nichtiger kommen mir Ihre Argumente vor.
Bedenken Sie dabei bitte noch einen anderen Aspekt: Vieles an der Rechtschreibreform hat ja nur mengenmäßig eine umfangreiche Veränderung gebracht, fällt aber, als Einzelfall betrachtet, rein schreibtechnisch gesehen kaum ins Gewicht wie z. B. die Heysesche ss/ß-Schreibung: "ss" statt "ß" zu schreiben, ist eine eher subtile Änderung. Das bedeutet allerdings, daß man auf entsprechend subtile Unterschiede achten muß, wenn man die jeweiligen Regeln vergleicht und man zu einem brauchbaren Urteil kommen will!
Wenn man jedoch die Sache wie Herr H. Kohl in seinem Gästebuchbeitrag sieht (»Es ist völlig egal, ob die bisherige oder die neue s/ss/ß-Schreibung besser ist. Neue und alte Rechtschreibung sind diesbezüglich und auch insgesamt ziemlich gleich schlecht, und einander auch sonst sehr ähnlich.«), dann erübrigt sich natürlich jede Diskussion über subtile Unterschiede bzw. Nichtigkeiten.
Zitat:Kann es sein, daß im letzten Teil ein nur fehlt? Ansonsten verstehe ich diese Aussage nicht: Was ist eine Realität, die »aber in meinen kinderlosen Augen normal ist« wieso aber?
Je intensiver wir irgendein Thema ansprechen, desto klarer wird mir, wie sehr Sie gegen die Realität kämpfen, die aber in ihren "kinderlosen" Augen normal ist.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2003 um 16.53
(Wagner)Für mit der herkömmlichen Rechtschrebung Vertraute ist die neue Regel – zumindest in dieser vereinfachten Formulierung – eine Erschwernis und keine Erleichterung.
Die Rechtschreibung ist für künftige Generationen, die die Schule verlassen, und nicht nur für die, die mit der herkömmlichen Rechtschreibung das Schreiben gelernt haben.
Je länger ich mit Ihnen darüber diskutiere, desto nichtiger kommen mir Ihre Argumente vor.
Je intensiver wir irgendein Thema ansprechen, desto klarer wird mir, wie sehr Sie gegen die Realität kämpfen, die aber in ihren "kinderlosen" Augen normal ist.
eingetragen von J.-M. Wagner am 09.04.2003 um 14.35
J.-M. Wagner:
Vergleichen wir also die s-Schreibungsregeln nach Adelung/Gottsched und Heyse, und zwar bezüglich (theoretischer) Regeldefinition, praktischer Anwendung und Lesevorgang.
Zur Theorie: ... Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen. (Mit anderen Worten: Die gültige ss-Regelung ist nicht schlecht. Ja, Frau Menges, bloß ist das nicht alles, worauf es ankommt.)
(Hervorhebung hinzugefügt)
(Liebe Frau Dr. Menges, haben Sie das wirklich genau gelesen? Ich bezweifle es. Ich habe zur Bewertung der s-Schreibungsregeln drei Kriterien aufgestellt, und nur bezüglich eines davon stelle ich keinen Qualitätsunterschied fest. Dagegen schneidet die derzeit gültige Regel bei den beiden anderen Kriterien praktische Anwendung, Lesevorgang deutlich schlechter ab als die herkömmliche. Bitte lesen Sie diese Passagen aus meinem Beitrag Antiqua versus Fraktur noch einmal nach, dann erkennen Sie, daß es hinreichende Gründe gibt, die derzeit gültige Regel umzuwerfen.
Auch Herr Ickler hat nie bestritten, daß die Heysesche Regel von ihrer theoretischen Konzeption her in Ordnung sei [vgl. etwa hier], insofern denke ich, daß auch er meine von Ihnen zitierte Aussage unterschreiben würde. Aber ist er Ihnen als Reformbefürworter bekannt oder auch nur als einer, der für die Heysesche Regel eintritt? Achten Sie auf die Logik Ihrer Aussagen, liebe Frau Dr. Menges!
Im übrigen bleibt es dabei, daß die Marx-Studie Ihrer Behauptung widerspricht, daß mit der neuen Regel weniger Fehler passieren. Des weiteren zielt Ihre Aussage, »zur Unterscheidung von -s und -ss haben früher die gleichen Regeln gegolten wie heute auch«, zwar vermutlich auf etwas Richtiges, aber ohne nähere Erläuterung bleibt sie falsch, weil diese Unterscheidung nie erforderlich war.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2003 um 13.35
(Wagner) Zur Theorie: Beide Regeln sind klar, lassen sich relativ kompakt darstellen und sind so konzipiert, daß sie immer ein eindeutiges Ergebnis liefern. Sie verfolgen verschiedene Strategien, die beide als Optimierungsziele einer sinnvollen Rechtschreibung anerkennenswert sind. Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen.
Herr Wagner,
wenn jemand diese Sätze liest, dann gibt es nichts, woraus erkennbar sein sollte, dass man die derzeit gültigen Regeln umwerfen sollte. Diesen Satz haben sie auch für Reformbefürworter geschrieben. Es kann ihn jeder unterschreiben.
Herr Wagner,
wenn Sie weitermachen haben wir uns bald angenähert, ohne dass Sie es merken.
eingetragen von Henning Upmeyer am 09.04.2003 um 06.11
Weiter gibt es das Knie - die Knie(e),
reisen - du reis(s)t,
schließen - du schließ(s)t,
und andere.
Es fallen also auch bei der Beugung (österreichisch Biegung) Buchstaben weg, um Verdopplungen zu vermeiden.
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.04.2003 um 22.26
R. Menges: »Die Studie von Harald Marx bestätigt vor allem, dass das Rechtschreiben innerhalb drei Jahren schlechter geworden ist. Diese Aussage ist dieser Statistik eindeutig zu entnehmen, denn auch die Werte, die von der Reform nicht betroffen waren, waren deutlich schlechter. Das heißt, wir müssen wieder mehr für unseren Rechtschreibunterricht tun.«Konsens, was den letzten Punkt betrifft, liebe Frau Menges, aber mit dem Rest Ihrer Einschätzung haben Sie eine Ihrer früheren Aussagen ad absurdum geführt. Sie sagten:»Die gültige ss- Regelung ist nicht schlecht ... Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler ... Diese Regelung macht es den Schülern deutlich leichter richtig zu schreiben.«Wenn Sie den ca. 90%igen Rückgang der im Schnitt richtig geschriebenen Wörter, welche nicht von der Reform betroffen waren, als Normalwert dafür ansetzen, um wieviel das Rechtschreiben allgemein schlechter geworden ist (was aber nur eine Annahme ist und also hinterfragt werden muß), dann bedeutet das, daß durch eine mit der Rechtschrebreform verbundene Regeländerung genau dann eine Fehlerreduzierung bewirkt wurde, wenn in diesem Bereich die Fehler weniger stark zugenommen haben als im allgemeinen Trend. Die Marx-Studie zeigt aber, daß im Bereich der ss/ß-Schreibung wesentlich mehr Fehler gemacht worden sind: Der Rückgang richtig geschriebener Wörter, die von der Reform betroffen sind, fällt stärker aus, als es dem (angenommenen) allgemeinen Trend entspricht.
Sie sehen, Ihre verschiedenen Aussagen entbehren des logischen Zusammenhalts. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wie Sie zu dem folgenden Fazit kommen:»Nach ihrem Beitrag, Herr Wagner, muss ich sagen, dass die ss- ß Schreibung vor und nach der Reform in etwa gleichzusetzen ist.«Warum ist das so? Und was genau meinen Sie mit gleichsetzen? Aber weiter:R. Menges: »Die Argumentation, dass man zuerst wissen muss, wo ein ß hingehört ist nicht richtig. Sie ist vom Erwachsenen aus gedacht. Kindern und Schülern, die sich noch nicht mit dem ß-Laut auseinandergesetzt haben, lernen dies neu.«Letzteres ist richtig, ersteres bezieht sich auf die Art und Weise, wie die neue Regel Umlernern erklärt wird, die also (im Prinzip) schon wissen, wo bislang ein "ß" steht. Nur unter dieser Voraussetzung läßt sich die Regel so einfach ausdrücken, nur dann scheint sie so einfach zu sein und das täuscht darüber hinweg, daß es in dem Fall das allereinfachste wäre, gar nichts zu ändern:
Wenn ich schon weiß, wo ein "ß" steht, warum sollte ich dann nochmal darüber nachdenken müssen, ob ich stattdessen nun "ss" schreiben muß oder nicht? Fazit: Für mit der herkömmlichen Rechtschrebung Vertraute ist die neue Regel zumindest in dieser vereinfachten Formulierung eine Erschwernis und keine Erleichterung.
Aber Sie betonten zu Recht, daß das bei den Kindern, die das Schreiben erst erlernen, irrelevant ist. Gut, schauen wir uns also an, wie man die Regel formulieren muß, wenn man kein Vorwissen über die herkömmliche ss/ß-Schreibung hat. An anderer Stelle betonten Sie:R. Menges: »Mist und ißt klingen also gleich, ebenso Mist und isst.Das verstehe ich nicht, denn früher gab es keine Notwendigkeit, zwischen "s" und "ss" zu unterscheiden: Am Schluß eines Wortes steht in der herkömmlichen ss/ß-Schreibung niemals "ss", sondern entweder "s" oder "ß", und sonst steht "ss" nur genau dort, wo das Wort eine Trennstelle (Silbenfuge) besitzt genau so, wie Sie es mit den Beispielen Gruß und Küsse zeigen. Welche Regeln sollen also früher gegolten haben wie heute auch? Wovon genau reden Sie? Vielleicht ist es dies:
Sie wissen, dass man diese Wörter lernen und üben muss. Zur Unterscheidung von -s und -ss haben früher die gleichen Regeln gegolten wie heute auch. Da hat sich nichts geändert, nur dass wir heute ss statt ß schreiben. Bei Gruß ist ein langer Vokal, bei Küsse ein kurzer zu hören ...«
»Einfache S-Laute waren auch früher einfache S- Laute.«Ich wage zu behaupten, daß alle scharfen s-Laute von einfachen (d. h. nicht zusammengesetzten) Wörtern immer einfache s-Laute (Laute!) sind es gibt ja, wie Sie selber sagten, keinen Klangunterschied zwischen Mist und ißt bzw. Mist und isst. Auch bei Küsse ist es ein Laut, weil zwischen den beiden Silben nicht abgesetzt wird, wie etwa bei Einkaufscenter oder Spiel-und-Spaß-Center.
»Bedenken Sie Ihre Grundschulzeit. Die Wörter Haus, Maus etc. gehören in die Grundschulzeit. Man lernt die Unterscheidung zu schwierigeren Wörtern.«Gut, nehmen wir einmal an, die Schüler haben gelernt, daß diese Wörter mit "s" geschrieben werden. Was ich dabei nicht verstanden habe, ist, wie man »die Unterscheidung zu schwierigeren Wörtern« lernt was sind schwierigere Wörter, und wie erkenne ich sie, bevor ich sie hingeschrieben habe?
– geändert durch J.-M. Wagner am 10.04.2003, 16.37 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 08.04.2003 um 21.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Konsonantenverdopplung
Ebenso ist es leichter alle Konsonanten zu schreiben. Warum sollte man einen der Konsonanten weglassen? Die Lautschrift gibt nun vor wie geschrieben wird.
Die Verdopplung von ll bei Still- ist klar, dann erfolgt -legung: Stilllegung. Dies ist einfacher zu schreiben. Daraus erfolgt kein Stilbruch oder gar eine grammatikalische Verfehlung.
Wenn es sich für Konsonanten so verhält, liebe Frau Menges, dann müßte doch für Vokale gleiches Recht gelten, oder? Etwa so:
Vokalverdopplung
Ebenso ist es leichter, alle Vokale zu schreiben. Warum sollte man einen der Vokale weglassen? Die Lautschrift gibt nun vor wie geschrieben wird.
Die Verdopplung (...) ee bei Bergsee ist klar, dann erfolgt -en: Bergseeen. Dies ist einfacher zu schreiben. Daraus erfolgt kein Stilbruch oder gar eine grammatikalische Verfehlung.
Trotzdem soll es immer noch Leute geben, die weiterhin (von) Bergseen schreiben, wie z.B. in „Fragmente einer Liebe“ (R. M. Menges):
Strömend wie Wellen windgekräuselter Bergseen nach dem Orkantief ...
eingetragen von margel am 08.04.2003 um 08.28
Nachtrag:
Für die Interessierten, die es noch nicht wissen:
Originalstudie(auch für die anderen Fächer) unter
http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/IGLU/home
Nüüt z´danke
eingetragen von margel am 08.04.2003 um 07.20
Auch ich muß leider ein wenig Wasser in den Wein der Begeisterung gießen, liebe Frau Dr. Menges. Wie schon in diesem Forum bemerkt, hat die reformierte Schreibung mit dem Lesenkönnen der Grundschüler gar nichts zu tun. Das sollte sie ja auch gar nicht, den Reformern und Ihren Handlangern geht es doch ausdrücklich und allein um die Erleichterung des Schreibenlernens, das wollen wir doch mal nicht vergessen.
Wenn sie sich mal die zusammenfassende Würdigung der deutschen
Ergebnisse ansehen, dann steht da auch, daß mehr als ein Drittel der Schüler nicht über die Kompetenzstufe II hinauskommt! Und die Letzten im ersten Drittel zu sein, kann ich so "hervorragend" auch nicht finden...
Was die Kultusminister dazu sagen, wollen wir lieber nicht so ernst nehmen. "Im Auslegen seid frisch und munter, legt Ihr´s nicht aus, so legt was unter..." wie der Dichter sagt.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.04.2003 um 06.28
Gestern abend fragte mich meine neunjährige Tochter ( 4. Klasse, 2½ Jahre Neuschreib) entsetzt, was das denn hieße und ob das überhaupt richtig geschrieben sei: „Esssaal". Natürlich lernen und lesen Kinder mühelos „Schiffahrt" mit drei f. Sie würden es auch mit fünf f „problemlos" lernen. Hier zeigt sich auch der Fluch der bösen Tat: Man kann wegen der „neuen" Scheiß-Stuss-Regel gar nicht auf die „neue" vorsintflutliche Dreifachschreibung verzichten, sonst hieße es „Essaal".
Im übrigen haben die 32 zusätzlichen ss auf Grundschulniveau natürlich keinen meßbaren Einfluß auf die Lesekompetenz. Das besagt aber überhaupt nichts über die Verständnisschwierigkeiten, die bei anspruchsvolleren Texten durch die Trennschreibe und minderwertige Kommasetzung auftreten können. Meine Kinder lesen alte und „neue" Rechtschreibung durcheinander und nehmen den Unterschied kaum noch wahr. Über die Unschärfen der neuen Schreibe lesen sie schnell hinweg. Bleiben wird ein unbewußter Verständnismangel, der dazu erzieht, überhaupt auf letztes Verständnis des Textes zu verzichten.
Gerade gab mir meine größere Tochter (OIII) ihre abgelegte Schullektüre aus der Reihe „EINFACH DEUTSCH" (Schöningh1999), Gottfried Keller „Romeo und Julia auf dem Dorfe". Ich schlage willkürlich die Seiten 8 und 9 auf und lese: „Ich habe mich aber bedankt das verwilderte Wesen für einen andern herzustellen ... allein wir würden uns hüten dieselbe zu hoch hinaufzutreiben ..." „Da könnte man eine schöne Geschichte anrichten!", antwortete Manz, „wir haben so genug zu tun diesem Geiger das Heimatrecht in unserer Gemeinde abzustreiten, ..."
Ist es auch Unsinn, so hat es doch Methode.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Elke Philburn am 08.04.2003 um 05.17
Sie haben es ja schon an anderer Stelle erwähnt - wenn es darum geht, einem Schulbuch das Prädikat 'umgestellt' zu vergeben, werden die Kommas getilgt.
Geht es dagegen um die konkrete Lesefähigkeit, wobei jeder Testsatz für das Ergebnis bedeutend sein kann, hält man sich an das Bessere und Bewährte.
Eine verdrehte Logik - ?
eingetragen von Jörg Metes am 07.04.2003 um 21.52
Die Passage, die Sie zitieren, liebe Frau Menges, folgt der "alten" Zeichensetzung. Wenn es eine repräsentative Textpassage ist, dann bedeutet das, daß den Schülern im IGLU-Test wissentlich Texte in einer "veralteten" Zeichensetzung vorgelegt wurden, die in ihren Schulbüchern so nicht mehr praktiziert wird. In reformierten Schulbüchern hätte diese Passage zwei Kommas weniger:
»„Bitte, werter Herr“, sagte der Hase schüchtern, „ich saß gerade ganz ruhig zu Hause, da hörte ich plötzlich ein lautes Krachen und die Erde erzitterte. Da wusste ich, dass es ein Erdbeben sein musste, werter Herr, also bin ich gerannt, so schnell ich nur konnte um alle anderen zu warnen, damit sie ihr Leben retten.“«
Für den Fall, daß diese Passage repräsentativ ist: hätten Sie dann eine Vermutung, warum in diesem Test den Schülern Texte in einer "veralteten" Zeichensetzung vorgelegt wurden? In einer Zeichensetzung also, die die Schüler in ihren Büchern gerade nicht mehr vorfinden? Fänden Sie es von den Autoren des Tests redlich, so etwas zu tun? Wer würde Ihrer Meinung nach von einer solchen Manipulation eher profitieren? Die Kinder oder die Reformer?
(zur Erinnerung: die deutschen Presseagenturen haben zur reformierten Zeichensetzung seinerzeit erklärt: "die Agenturen bleiben bei der alten Form der Zeichensetzung, um die Lesbarkeit ihrer Nachrichten ... zu gewährleisten")
__________________
Jörg Metes
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.04.2003 um 18.35
Trotz der reformierten Rechtschreibung ist die Lesekompetenz der deutschen Grundschüler nach Iglu, der neuen Leseuntersuchung, hervorragend.
Beispiel:
"Bitte, werter Herr", sagte der Hase schüchtern, "ich saß gerade ganz ruhig zu Hause, da hörte ich plötzlich ein lautes Krachen, und die Erde erzitterte. Da wusste ich, dass es ein Erdbeben sein musste, werter Herr, also bin ich gerannt, so schnell ich nur konnte, um alle anderen zu warnen, damit sie ihr Leben retten."
(aus: Iglu, IEA 2001, Internationale Grundschul- Lese- Untersuchung)
"Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland am Ende der vierten Jahrgangsstufe nicht nur über vergleichsweise hohe Kompetenzen im Leseverständnis verfügen, sondern im internationalen Vergleich auch eine in ihren Leistungen sehr homogene Schülerschaft darstellen. Die Grundschule ist im Rahmen der Gesamtarchitektur des deutschen Schulwesens von herausragender Bedeutung."(Schreiben aus dem KuMi Bayern, Rundbrief- Sonderausgabe, 08.04.03)
"Das gute Abschneiden deutscher Grundschüler im internationalen Vergleich ist erfreulich, der Abstand mit 22 Punkten zu der Spitzengruppe Schweden, Niederlande und England gering. "Wenn deutsche Grundschüler im Lesen international im oberen Leistungsdrittel liegen, die 15-Jährigen aus einigen Ländern jedoch wie bei PISA abfallen, ist es offensichtlich, dass dort in der Sekundarstufe die Schülerinnen und Schüler zu wenig gefördert und gefordert werden und das Leistungsniveau eindeutig zu niedrig ist", sagte Kultusministerin Monika Hohlmeier nach der Veröffentlichung der IGLU-Studie am Dienstag." (Pressemitteilung Nr. 111 vom 8. April 2003)
Die reformierte Rechtschreibung kann der Lesekompetenz nichts anhaben.
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.04.2003 um 18.34
Trotz der reformierten Rechtschreibung ist die Lesekompetenz der deutschen Grundschüler nach Iglu, der neuen Leseuntersuchung, hervorragend.
Beispiel:
"Bitte, werter Herr", sagte der Hase schüchtern, "ich saß gerade ganz ruhig zu Hause, da hörte ich plötzlich ein lautes Krachen, und die Erde erzitterte. Da wusste ich, dass es ein Erdbeben sein musste, werter Herr, also bin ich gerannt, so schnell ich nur konnte, um alle anderen zu warnen, damit sie ihr Leben retten."
(aus: Iglu, IEA 2001, Internationale Grundschul- Lese- Untersuchung)
"Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland am Ende der vierten Jahrgangsstufe nicht nur über vergleichsweise hohe Kompetenzen im Leseverständnis verfügen, sondern im internationalen Vergleich auch eine in ihren Leistungen sehr homogene Schülerschaft darstellen. Die Grundschule ist im Rahmen der Gesamtarchitektur des deutschen Schulwesens von herausragender Bedeutung."(Schreiben aus dem KuMi Bayern, Rundbrief- Sonderausgabe, 08.04.03)
"Das gute Abschneiden deutscher Grundschüler im internationalen Vergleich ist erfreulich, der Abstand mit 22 Punkten zu der Spitzengruppe Schweden, Niederlande und England gering. "Wenn deutsche Grundschüler im Lesen international im oberen Leistungsdrittel liegen, die 15-Jährigen aus einigen Ländern jedoch wie bei PISA abfallen, ist es offensichtlich, dass dort in der Sekundarstufe die Schülerinnen und Schüler zu wenig gefördert und gefordert werden und das Leistungsniveau eindeutig zu niedrig ist", sagte Kultusministerin Monika Hohlmeier nach der Veröffentlichung der IGLU-Studie am Dienstag." (Pressemitteilung Nr. 111 vom 8. April 2003)
Die reformierte Rechtschreibung kann der Lesekompetenz nichts anhaben.
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.04.2003 um 19.19
Die Studie von Harald Marx bestätigt vor allem, dass das Rechtschreiben innerhalb drei Jahren schlechter geworden ist. Diese Aussage ist dieser Statistik eindeutig zu entnehmen, denn auch die Werte, die von der Reform nicht betroffen waren, waren deutlich schlechter. Das heißt, wir müssen wieder mehr für unseren Rechtschreibunterricht tun. Welche Tatsachen auch immer 1999 diese Untersuchung begleiteten sind hier nicht geschildert. Mich würden auch diese 5 ss-Wörter interessieren, ob sie auch tatsächlich im Grundwortschatz der zweiten Klasse enthalten sind. Aber da jede Statistik ihren Zweck erfüllen muss, müsste ich eben diese Hintergründe zuerst studieren.
Die Argumentation, dass man zuerst wissen muss, wo ein ß hingehört ist nicht richtig. Sie ist vom Erwachsenen aus gedacht. Kindern und Schülern, die sich noch nicht mit dem ß-Laut auseinandergesetzt haben, lernen dies neu.
Nach ihrem Beitrag, Herr Wagner, muss ich sagen, dass die ss- ß Schreibung vor und nach der Reform in etwa gleichzusetzen ist. D.h. an dieser Schreibweise wird sicherlich in den nächsten Jahren nicht gerüttelt werden.
Zur Frage der Substantivierung von folgenden Beispielen:
Im Voraus, im Wesentlichen, ...
ist meines Erachtens tatsächlich interessanter.
Nun Herr Wagner:
Ihre Recherche ist nicht ganz richtig.
Auf meiner neuen blauen HP ist mein Hobby verzeichnet.
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.04.2003 um 15.02
(Re: Die gültige ss- Regelung ist nicht schlecht)
R. Menges: Wenn es ein Zurück zur alten Rechtschreibung geben würde und es nach den Vorbildern auf diesen Seiten eine Weiterverfolgung dieser Ziele gäbe, dann müssten auch alle Schulbücher neu geschrieben werden. Ebenso bei einer umfangreichen Neureform. Bei kleineren Renovierungen allerdings würde es Jahrzehnte dauern bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde.Darauf hoffen Sie also, liebe Frau Menges, daß einige kleine Korrekturen ausreichen, um die Probleme zu beseitigen? Daß diese Korrekturen so gering wie möglich sind, so daß »es Jahrzehnte dauern [würde] bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde«? Daß eine neue Kostenlawine vermieden werden kann? Und deshalb tischen Sie jetzt das Thema der s-Laut-Schreibung auf in der Hoffnung, daß, wenn diese bleibt, wie sie ist, die übrigen Änderungen kaum ins Gewicht fallen? Es ist ja klar, daß das Thema ss vs. ß das Wichtigste ist, um die Geringfügigkeit einer Reform der Reform zu gewährleisten. Es ist ja in der Tat eine wichtige und spannende Frage: Soll man die Reform an dieser Stelle korrigieren oder nicht? Wie werden sich die Kultusminister (etc.) entscheiden, was wird die Zwischenstaatliche Kommission ihnen raten?
Ich weiß es nicht. Ich habe meine Meinung an anderer Stelle ausführlich begründet. Sie haben meine Beiträge zu den Problemen der ss/ß-Schreibung ja wohl gelesen, denn Sie sagten von ihnen, sie seien es wert, sich die Zeit zu nehmen, um sie genau zu studieren (vgl. hier). Ich versuche, sie hier aus gegebenem Anlaß zusammenzufassen und sie unter einen neuen Leitgedanken zu stellen. Vergleichen wir also die s-Schreibungsregeln nach Adelung/Gottsched und Heyse, und zwar bezüglich (theoretischer) Regeldefinition, praktischer Anwendung und Lesevorgang.
Zur Theorie: Beide Regeln sind klar, lassen sich relativ kompakt darstellen und sind so konzipiert, daß sie immer ein eindeutiges Ergebnis liefern. Sie verfolgen verschiedene Strategien, die beide als Optimierungsziele einer sinnvollen Rechtschreibung anerkennenswert sind. Hierin nehmen sie sich also nichts, von der Qualität her gesehen. (Mit anderen Worten: Die gültige ss-Regelung ist nicht schlecht. Ja, Frau Menges, bloß ist das nicht alles, worauf es ankommt.)
In der praktischen Anwendung zeigt sich zum einen bei beiden Regeln ein Schwachpunkt, wenn ein Wechsel zwischen "ss" und "ß" eintritt (Heyse: gießen er goss [nicht: goß vgl. groß]; Adelung/Gottsched: Fluß Flüsse [nicht Flüße vgl. Füße]). Hierin nehmen sich die beiden Regeln ebenfalls nichts, denn der Fehler ist in beiden Fällen auf die gleiche Art von mangelndem Verständnis bzw. möglicher Unklarheit zurückzuführen: daß die Verwendung des "ß" auf bestimmte, für die jeweilige Regel charakteristische Fälle beschränkt ist und daß sie mit der gewöhnlichen Konsonantenverdopplung (und bei Heyse auch mit der Stammschreibung) in Konkurrenz steht.
Zum anderen aber macht sich hier das Konzept hinter den Regeln bemerkbar: Im einen Fall (Heyse) hängt der Unterschied zwischen "ss" und "ß" von dem vorausgehenden Selbstlaut (Vokal oder Diphthong) ab, im anderen (Adelung/Gottsched) von der Stellung des s-Lautes innerhalb des Wortes. Ersteres setzt die Beherrschung der der hochsprachlichen Aussprache voraus, letzteres die der Silbentrennung. Eine größere Sicherheit in der Anwendung steht bei letzterem zu vermuten die Zerlegung nach Sprechsilben ist elementarer als die hochsprachliche Aussprache.
Zum dritten ist die Möglichkeit der der Übergeneralisierung zu betrachten, d. h. die Verwechslung mit "s". Weil die Orientierung an der Aussprache diesbezüglich eine scharfe Trennung zwischen dem »Fall "ss" bzw. "s"« und dem »Fall "ß" bzw. "s"« erlaubt, die Orientierung an der Silbenzerlegung dagegen zwischen dem »Fall "ss"« und dem »Fall "ß" bzw. "s"«, ist auch hier letzteres von Vorteil.
Zuletzt zum Lesevorgang: Lesen ist Mustererkennung. In Fraktur geschrieben, ergibt sich wegen des Lang-s kaum ein Unterschied in der Lesbarkeit eines Schriftbildes, das der Adelung-/Gottschedschen Regel folgt, im Vergleich zu einem, das der Heyseschen folgt (insbesondere, wenn eine spezielle Lang-s-Rund-s-Ligatur, die kein "ß" ist, verwendet wird; zu sehen etwa bei Poschenrieder in Eroms/Munske, S. 177). In Antiqua sieht es jedoch anders aus im wörtlichen Sinne: Weil die Verwendung des Lang-s nicht mehr üblich ist, ist die logische Zuordnung von mehreren "s" nicht per se klar, sondern bleibt dem Leser überlassen. Dies gilt prinzipiell bei der Verwendung von Antiqua ohne Lang-s und hat noch nichts mit der s-Schreibungsregel zu tun. Es erklärt aber unmittelbar, warum die Heysesche Regel beim Lesen von Antiquatexten einige Schwierigkeiten verursacht: Die vermehrte Verwendung von "s"-Buchstaben gibt Anlaß zu mehr Uneindeutigkeiten bei Zusammensetzungen (-ssch-, -sst-, -ssp- sowie bei -ss+Vokal), weniger Kontrast (dass ist das ähnlicher als daß) und Dreifach-"s" (Bsp.: Flussseeschwalbe, Ausschusssitzung; in Fraktur hätte man [mit "f" als Notbehelf für Lang-s] Flufsfeefchwalbe, Ausfchufsfitzung).
Welche Schwierigkeiten verursacht dagegen die Adelung-/Gottschedsche Regel? Wegen der Verwendung des "ß" in den beiden Funktionen des Scharf-s-Zeichens nach Langvokal/Diphthong sowie als Doppel-s-Ligatur an Stellen, an denen in Fraktur (wieder mit Ersatzschreibung) "fs" bzw. "ff" geschrieben würde, bleibt die charakteristische Oberlänge des Lang-s erhalten, welche die logische Zuordnung erleichtert (vgl. die Funktion von Großbuchstaben am Wort- oder Satzanfang: Markierung von logisch/konzeptionell herausstechenden Teilen), und erlaubt ein rasches Erfassen der Struktur des Wortes auch in Zusammensetzungen. Dies hilft, die sich aus der bei der Adelung-/Gottschedschen Schreibweise fehlenden Längenmarkierung ergebende Schwierigkeit bei der Worterkennung zu kompensieren: Wenn man die logische Struktur eines Wortes leichter erfassen kann, kann man es auch schneller/besser erkennen. Wenn man das Wort solches kennt, ist man auf die Längenmarkierung des Vorvokals nicht angewiesen; ein Diphthong bedarf keiner speziellen Markierung, sein Länge ist zudem nicht immer klar (vgl. Lamm Leim lahm; Anne Aue Ähre). Wer ein Wort (noch) nicht kennt, profitiert (bei der Heyseschen Schreibweise) von der Längenmarkierung durch das "ß" insofern, daß er es richtig aussprechen kann, weiß aber trotzdem nicht, was es bedeutet; das eigentliche Problem des Nichterkennens liegt damit woanders. In Antiqua ohne Lang-s wiegen also die Nachteile der Adelung-/Gotschedschen Regel weniger schwer als die der Heyseschen.Fazit: Die Heysesche ist eine gute Regel sie funktioniert bloß in Antiqua nicht so gut wie die Adelung-/Gottschedsche. In Fraktur dagegen geht die Heysesche Regel in Ordnung wegen des Lang-s! Da wir in der Antiqua das Lang-s aber nicht mehr verwenden, bringt die Heysesche Regel mehr Nachteile als Vorteile mit sich. (Ich würde gern wissen, was Herr Schneider aus Marburg dazu zu sagen hat.)Aber was meinen Sie, Frau Menges, wie realistisch Ihre Erwartungshaltung ist, daß es 2005 bei einer kleinen Korrektur bleibt und daß keine »umfangreiche Neureform« erforderlich ist? Als was schätzen Sie denn diesbezüglich den Kompromißvorschlag der DASD ein von dem Prof. Eisenberg selbst gesagt hat, daß er nur 2. Wahl ist und also das eigentlich Richtige, weil Bessere, noch darüber hinausgeht? Gerade bei der ss/ß-Regel windet sich Eisenberg zu offensichtlich mit einer Notargumentation heraus, die durchblicken läßt, daß er genau weiß, was eigentlich dazu zu sagen wäre. Und das mit Recht, denn das, was Sie anführen eine Fehlerverminderung in der s-Laut-Schreibung scheint Illusion zu sein. Schauen Sie noch einmal auf die Ergebnisse der Studie von Prof. Marx:
![]()
Sehen Sie, Frau Menges: Die reformierte s-Schreibung ist schlechter als die herkömmliche, weil die Erwartungen nicht erfüllt werden.
Aber selbst wenn die s-Laut-Schreibung nicht korrigiert wird, bleibt genug zu ändern, so daß eine Kleine Lösung nicht in Betracht kommt. Seien Sie realistisch und geben Sie die Hoffnung darauf sofern vorhanden auf.
Re: P.S.: Verraten Sie uns die Adresse Ihrer neuen HP, liebe Frau Menges? Diese hier ist es nicht, oder?
– geändert durch J.-M. Wagner am 05.04.2003, 22.26 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 02.04.2003 um 11.57
In deutschen Sätzen und Satzgefügen darf das Verb des Hauptsatzes ganz hinten als letztes stehen. Die Großschreibung von Subjekt, Objekt und durch Präpositionen gekennzeichneten Substantiv-Ergänzungen ermöglichte es bisher trotzdem, die Satzstruktur schnell zu erfassen. Die vermehrte Getrenntschreibung und Großschreibung von allem, was des substantivischen Gebrauchs verdächtigt werden kann, führt jetzt zu "Pseudo-Objekten", die in Wirklichkeit Satzergänzungen sind, bei denen die Präposition weggelassen wurde. Wenn die Großschreibung nicht mehr hilft, den Satz schneller zu erfassen, kann sie als nächster Schritt als überflüssig bezeichnet werden. Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt.
eingetragen von Henning Upmeyer am 02.04.2003 um 10.21
Diese Faustregel gilt nur da, wo bisher ein ß stand.
Folglich muß man wissen, daß da bisher ein ß stand.
Folglich muß man zuerst lernen, daß da bisher ein ß stand, welches nun durch ss ersetzt wird.
Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 02.04.2003 um 09.45
Die Schreibung ss nach kurzem Vokal ist didaktisch- methodisch leicht zu erklären. Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler.
Ich stehe hier auf dem Parkplatz neben Rockern mit ihren heißen Öfen.
Sie rasten im Gelände und rasten auf dem Rastplatz.
Einer will das seiner Tussie auf einer Postkarte schreiben und fragt „ss nun wo?"
Ob uns wohl der leichthändige, didaktisch-methodische Beistand der Frau Menges helfen kann?
Es eilt, denn bald soll es weitergehen!
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.04.2003 um 18.28
Lieber Herr Schubert!
Das war ein sehr menschlicher Dialog, und mich rührt dabei, daß wir Kleingläubigen relativ leicht verunsicherbar und von Publikum abhängig sind.
Verschwinden wir einfach! Schöner Gedanke!
Denn schließlich gibt es bessere als uns.
Eines zum Schluß:
Wir sollten die Macher immer unter Kontrolle halten, weil manchmal die falschen Leute am Megaphon sitzen.
Zwei Wochen Sendepause - o.k.?
Wir können ja zwischenzeitlich hinter den Kulissen chatten.
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 18.10
Herr Schäbler, unser heutiger hiesiger Dialog könnte Kopfschütteln erzeugen:
Ich behauptete, in einer Reihe von Wörtern sei der Vokal lang. Ihre Antwort: Ich solle in die Schule gehen, um Brötchen zu verteilen. Meine Rückfrage, was das damit zu tun habe. Ihre Antwort, ich sei irgendjemandem hörig, verbunden mit einer sofortigen Entschuldigung. Meine Empfehlung, Sätze, für die man sich entschuldigen müsse, gleich wegzulassen. Ihre Antwort: Ihre bisherigen Äußerungen seien ein provokativer Impuls gewesen, meine Äußerungen seien halbseiden; Sie wüssten jetzt, was Sie von mir zu halten haben.
Herr Schäbler, ich weiß nicht, was ich von Ihnen zu halten habe. Ich weiß aber jetzt, was für ein Lehrer Sie waren. Ich glaube, es ist besser, einer von uns beiden zieht sich mal mindestens für eine Zeitlang von hier zurück, am besten wir alle beide.
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 18.09
Herr Schäbler, unser heutiger hiesiger Dialog könnte Kopfschütteln erzeugen:
Ich behauptete, in einer Reihe von Wörtern sei der Vokal lang. Ihre Antwort: Ich solle in die Schule gehen, um Brötchen zu verteilen. Meine Rückfrage, was das damit zu tun habe. Ihre Antwort, ich sei irgendjemandem hörig, verbunden mit einer sofortigen Entschuldigung. Meine Empfehlung, Sätze, für die man sich entschuldigen müsse, gleich wegzulassen. Ihre Antwort: Ihre bisherigen Äußerungen seien ein provokativer Impuls gewesen, meine Äußerungen seien halbseiden; Sie wüssten jetzt, was Sie von mir zu halten haben.
Herr Schäbler, ich weiß nicht, was ich von Ihnen zu halten habe. Ich weiß aber jetzt, was für ein Lehrer Sie waren. Ich glaube, es ist besser, einer von uns beiden, am besten alle beide, zieht sich mal mindestens für eine Zeitlang von hier zurück.
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.04.2003 um 17.43
Früher gab es die Regel: „SS am Schluß bringt Verdruß“.
Bitte sacken lassen!
Diese Regel war u.a. statthaft bei Wortzusammensetzungen: „Schlußspurt, Baßsänger …“
Diese Regel war erweiterbar: „SS hat vor Konsonanten nichts zu suchen“ (fasse, aber er faßt; messen, aber er mißt; Schüsse, aber Schüßchen …)
Diese Regel war dem Schüler mit Hilfe von Farbkreide visuell zu veranschaulichen und wie folgt explizit zu formulieren:
a) Geht dem S-Laut ein kurzer Selbstlaut voraus (der kurze Selbstlaut ist z.B. mit blauer Farbkreide zu unterstreichen), und folgt dem S-Laut ein weiterer Selbstlaut (der folgende Selbstlaut ist z.B. mit grüner Farbkreide zu unterstreichen), dann wird ein doppeltes S geschrieben. Man lasse einfach die angedachte Graphik wirken: (blau – ss – grün).
b) Geht dem S-Laut ein kurzer Selbstlaut voraus (der kurze Selbstlaut wird wiederum mit blauer Farbkreide unterstrichen), und folgt dem S-Laut ein Mitlaut (der folgende Mitlaut ist z.B. mit roter Farbkreide zu unterstreichen), dann wird der S-Laut als „ß“ geschrieben.
Man lasse einfach die angedachte Graphik wirken (blau – ß – rot).
Ausnahmen, siehe den heutigen Kommentar von Herrn Upmeyer (st/ßt), bestätigen die Regel.
b 1) Ebenso – also mit gleicher Farbkreidetechnik – wird verfahren, wenn dem S-Laut kein Buchstabe folgt. Dann wird der Leerraum hinter dem Wort einfach rot markiert (blau - ß - rot).
Diese Verfahrensweise entspricht einer langjährigen Unterrichtspraxis in Grund- und Hauptschule, und ich verwahre mich entschieden gegen eine Unterstellung von Frau Dr. Menges, daß ich diesen Sachverhalt als Lehrer nicht didaktisch, art- und schülergerecht analysiert, bzw. nicht einaml unterrichtet hätte.
Statt dessen richte ich den Vorwurf gegen Frau Dr. selbst. Offensichtlich hat sie nie verstanden, daß die mathematische Fehlerwahrscheinlichkeit nun wesentlich größer ist, einen falschen S-Laut am Wortende oder vor Mitlaut zu schreiben.
Während es nämlich früher ausgeschlossen war, ein doppeltes S am Wortende oder vor einem Konsonanten zu schreiben, ist dies nun nach der Rechtschreibreform erlaubt.
Rechnen Sie, sehr verehrte Frau Menges, die mutmaßliche Fehlerzunahme selbst nach und beenden sie bitte Ihre Bluffserie.
Wir sitzen nicht am Pokertisch!
Zu Herrn Schubert:
Immerhin wissen Sie nun, was ich von Ihnen halte. Inwieweit das den Tatsachen entspricht, können Sie "richtig stellen". Ihre Antwort auf meinen "provokativen Impuls" war recht "halb seiden" - nicht Fisch nicht Fleisch.
Leben Sie noch? Will sagen: Sind Sie tatsächlich offen für Freud und Leid?
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 16.56
Herr Schäbler, wenn Sie sich hier für Ihre Sätze entschuldigen müssen - lassen Sie die Sätze doch gleich weg.
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.04.2003 um 16.52
Lieber Herr Schubert!
Ich unterstelle, daß Sie dem phonetischen Prinzip zugetan sind.
Hören (und/oder hörig sein) ist Ihre Devise. (Entschuldigung!)
Sie können sich ja erklären.
Meine Unterweisung in Sachen Rechtschreibung bestand – so lange ich Lehrer war – darin, daß ich versuchte, möglichst viele Sinne bei der Wort- und Lautbildspeicherung einzusetzen (ich berichtete darüber auf diesen Internetseiten).
Eine Verkürzung auf das Akustische – so wie das die Rechtschreibreform intendiert – und eine Verknappung auf die Stammschreibung bei weitgehender Vernachlässigung der Differenzierungsschreibung halte ich für fatal.
Sie selbst halte ich für einen falschen Propheten – zumindest für einen Anhänger dieser Clique.
Ich harre Ihrer Entgegnung.
Sie müssen sich aber nicht unbedingt mit mir schreiben. Ich auch nicht mit Ihnen.
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 16.27
Das, Herr Schäbler, müssen Sie mir erklären, was ich mit halb backenen oder halbbackenen Brötchen zu tun habe.
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.04.2003 um 16.26
(Schäbler)Und es ist absoluter „Mist“ von der S-Verdopplung nach kurzem Vokal zu reden, weil auch beispielsweise das „I“ in „Mist“ ein kurzer Vokal ist – ebenso wie das „I“ in „ist“ resp. „ißt“
Woher soll nun der Schüler wissen, dass er früher ein i-ßt schreiben musste?
Diese Argumentation ist sich selbst auf den Leim gegangen. Mist und ißt klingen also gleich, ebenso Mist und isst.
Sie wissen, dass man diese Wörter lernen und üben muss. Zur Unterscheidung von -s und -ss haben früher die gleichen Regeln gegolten wie heute auch. Da hat sich nichts geändert, nur dass wir heute ss statt ß schreiben.
Bei Gruß ist ein langer Vokal, bei Küsse ein kurzer zu hören ...
Einfache S-Laute waren auch früher einfache S- Laute.
Bedenken Sie Ihre Grundschulzeit. Die Wörter Haus, Maus etc. gehören in die Grundschulzeit. Man lernt die Unterscheidung zu schwierigeren Wörtern.
Wer sagt, dass die heutige s- Schreibung schwieriger sei, hat noch nie diesen Bestandteil der Rechtschreibung unterrichtet.
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.04.2003 um 16.17
Herrn Upmeyer sei Dank für den Hinweis bzgl. der Verbformen, die relativ häufig mit „ß“ geschrieben werden („er mißt“, aber „der Mist“, „er faßt“ aber „fast“/beinahe), während bei Substantivformen und Partikeln wirklich nur das „st“ vorzuherrschen scheint – übrigens ein herrliches Unterscheidungskriterium, das die Sprachgemeinschaft intuitiv erfand.
Ich will aber einen Gedanken weiterspinnen, den Frau Salber-Buchmüller einbrachte. Ihr ging es nämlich lediglich um das Diktieren von Wörtern mit „st“ im In- oder Auslaut.
Ich behaupte, daß bei derartigen Wörtern künftighin mehr „Fehlschreibungen“ auftauchen werden, und ich begründe meinen Verdacht damit, daß in unseren „allgemein bildenden“ Massenanstalten nur noch sehr selten grammatische Analysen durchgeführt werden, da die Grammatik in unseren Schulen seit langem verpönt ist. Nicht zuletzt die Rechtschreibreformer selbst haben mit ihren massiven Eingriffen (in die Syntax und die Semantik) Sorge dafür getragen, daß die Grammatik als Instrument der Feindifferenzierung noch weiter an Wert verlor.
Wer jemals unterrichtet hat, weiß, daß z.B. Stunden, in denen ein Lehrer von den Schülern abverlangt, daß sie Wortarten oder Satzglieder bestimmen sollen, zu den unattraktivsten und langweiligsten Unterrichtsgegenständen zählen, über die in Schüler- und Lehrerkreisen ausschließlich negativ berichtet wird.
Wer jemals Sprachlehreproben schrieb, weiß, daß diese Gattung der Lernzielkontrolle, häufig durch den Rektor der Schule abgesegnet werden muß, weil sich der Notendurchschnitt der Grammatiktests stets im Bereich von 4,3 bis 5,3 einpendelt, und weil der Test bei Überschreiten der Obergrenze (4,5) laut Schulordnung wiederholt werden muß, falls keine triftigen Gründe und kein Nachweis für die ordnungsgemäße Durchführung der Lehrsequenz vorliegen.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Sehr weit!
Auch das muß einmal gesagt werden.
Und Sie, lieber Herr Schubert, gehen bitte einmal in die Schule, um Ihre „halb backenen“ Brötchen zu verteilen. Die bekommen Sie nicht einmal los!
__________________
nos
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 15.26
Anscheinend gilt die Regel noch. Ob sie sehr hilfreich ist, ist eine andere Frage.
eingetragen von Henning Upmeyer am 01.04.2003 um 14.21
Gilt noch, was in meiner "Deutschen Schulgrammatik", Klett-Verlag, 1952, Kap. Lautlehre, steht?:
"ßt - st
In Wörtern, die nicht Verbalformen sind, wird immer 'st' geschrieben:
Ast, Attest, beste, Fest, gestern, Herbst, Kasten, Kiste, Kristall, Leiste, List, Lust, Mast (2), die meisten, Obst, Ost, Pest, Post, Rast, Rest, West."
eingetragen von Peter Schubert am 01.04.2003 um 13.16
Verehrte Frau Salber-Buchmüller, das sind alles kurze Vokale. Hat sich da irgendetwas geändert?
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 01.04.2003 um 12.05
Verehrte Frau Dr. Menges,
diktieren Sie mal
Ihren Schülern
die Wörter:
fast, Rest, Nest, Mast, Hast, hastet, Brust, brüsten,
fest, Fest, fasten, Rist, usw.
Sind das nicht alles "kurze Vokale"?
Welch ein Frust bei diesem Mist!
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Norbert Schäbler am 31.03.2003 um 19.30
Es ist seltsam, daß die „Kultushörigen“ seit knapp sieben Jahren stets die Macht des Faktischen beschwören, aber nicht davor zurückschreckten, eine nahezu hundertjährige Tradition zu brechen.
Es ist seltsam, daß genau diese Schildkappenträger stetig die Konsonantenverdreifachung favorisieren, wo es doch so eindeutig, ökonomisch und vernünftig war, einen Konsonanten wegzulassen, mit Hilfe jener Regel, daß es – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen R 204 – keine drei Konsonanten in Abfolge gibt.
Und es ist absoluter „Mist“ von der S-Verdopplung nach kurzem Vokal zu reden, weil auch beispielsweise das „I“ in „Mist“ ein kurzer Vokal ist – ebenso wie das „I“ in „ist“ resp. „ißt“.
Man braucht die Unterscheidungsschreibung genauso wie die Stammschreibung.
Zwischendurch muß man auch denken.
Hören und hörig sein, reichen nicht aus.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.03.2003 um 18.51
Die ss-Schreibung
Die Schreibung ss nach kurzem Vokal ist didaktisch- methodisch leicht zu erklären. Die Regel ist verständlich und es passieren weniger Fehler. Nach dem Diphthong schreibt man ß (oder s), dies leuchtet ebenso ein wie ß nach langem Vokal. Diese Regelung macht es den Schülern deutlich leichter richtig zu schreiben. Die Regeln müssen natürlich gemerkt und angewandt werden.
Konsonantenverdopplung
Ebenso ist es leichter alle Konsonanten zu schreiben. Warum sollte man einen der Konsonanten weglassen? Die Lautschrift gibt nun vor wie geschrieben wird.
Die Verdopplung von ll bei Still- ist klar, dann erfolgt -legung: Stilllegung. Dies ist einfacher zu schreiben. Daraus erfolgt kein Stilbruch oder gar eine grammatikalische Verfehlung.
Ist es eigentlich klar?
Wenn es ein Zurück zur alten Rechtschreibung geben würde und es nach den Vorbildern auf diesen Seiten eine Weiterverfolgung dieser Ziele gäbe, dann müssten auch alle Schulbücher neu geschrieben werden. Ebenso bei einer umfangreichen Neureform. Bei kleineren Renovierungen allerdings würde es Jahrzehnte dauern bis dies wirklich in den Schulbüchern erscheinen würde.
P.S.: Auf meiner neuen HP werden diese Seiten auch ordentlich angezeigt, immerhin gehört die Thematik außer zu meinen dienstlichen Pflichten auch zu meinen Hobbies.
– geändert durch RenateMariaMenges am 02.04.2003, 06.31 –
eingetragen von margel am 31.03.2003 um 09.00
Wenn das Leben nicht so kurz wäre, könnte man ein interessantes Experiment veranstalten: Die reformierte Rechtschreibung wird ohne die geringste Änderung verwirklicht, und dann schaut man, wohin die Sprachgemeinschaft sie entwickelt. Ob dabei mehr oder weniger die "alte" herauskäme? Müßige Gedankenspiele...
Frau Dr. Menges, was ich an Ihnen so nett finde, ist, daß Sie sich immer wieder bemühen, an der Reform etwas Gutes zu entdecken. Darauf verwenden Sie viel Mühe und Gehirnschmalz.
Ut desint vires...
Ich aber bin nach wie vor der Ansicht: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Ende ohne Schrecken! (Abwandlung eines bekannten Sprichwortes, die ich einer jungen Dame verdanke, der man ihre Kündigung in Aussicht stellte.)
eingetragen von Henning Upmeyer am 30.03.2003 um 20.15
Ich weiß nicht, ob ich das folgende hier schon einmal ausgebreitet habe. Wenn ja, bitte ich um Entschuldigung (mich selber entschuldigen kann ich ja wohl nicht).
Bevor man die Kleinschreibung der Substantive fordert, muß man prüfen, welche Nebenwirkungen es hätte.
Die Dänen waren die letzten, die das eingeführt haben als Angleichung an die übrigen festlandskandinavischen Sprachen. Für Dänisch, Schwedisch, Norwegisch und Isländisch gilt aber, daß bei zusammengesetzten Verbformen der finite und der infinite Teil bzw. Hilfs- und Hauptverb höchstens durch ein Adverb getrennt werden können und daß Haupt- und Nebensatz dieselbe Wortfolge haben. Es wäre interessant, ob die dänische Wortfolge in Haupt- und Nebensatz vorher freizügiger war.
Eine ähnlich freizügige Wortstellung im Satz und die Wortfolge in Haupt- und Nebensatz wie das Deutsche hat nur das Niederländische (und Flämische). Also müßte man das als Vergleich heranziehen, z.B. ob es auch dort verwechselbare, weil gleichgeschriebene Wörter gibt, die bei uns durch Groß- und Kleinschreibung unterschieden werden können, und wie die Niederländer (und Flamen) das lösen. Man müßte zweisprachige Literaturfachleute dazu befragen. (Mein Interessengebiet ist die Grammatik und Wortbildung, nicht die Literatur, die haben mir die Deutschlehrer verekelt.)
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.03.2003 um 20.04
Liebe Frau Menges,
der Aspekt der Teamarbeit ist mir auch schon durch den Kopf gegangen und daß Sie es als problematisch ansehen könnten, sich mit jemandem zusammenzutun, der andere Ziele verfolgt als Sie. Aber tue ich das wirklich? Bei Lichte betrachtet, sind unsere Standpunkte keineswegs widersprüchlich zumindest was die Ausrichtung betrifft: Es geht (im Idealfall) um eine verbesserte Rechtschreibung, die weder die Probleme der von vor 1996 noch die Fehler (etc.) der reformierten aufweist. Sind wir uns darin einig? Welche Rolle spielt dann der jeweilige Ausgangspunkt?
Ja, Sie müssen auf jeden Fall von der reformierten Rechtschreibung ausgehen ganz egal, wie eindeutig die momentan definiert ist und wie konsequent sie (selbst in der Schule) wirklich angewandt wird. Bleiben Sie standhaft in Ihrer Lehrbereitschaft, das ist derzeit keine leichte Aufgabe (um diese wird Sie mit Sicherheit niemand hier beneiden). Aber verschließen Sie dort, wo Sie es können (nämlich hier im Forum), nicht die Augen vor den massiven Problemen in einer amtlichen Funktion stehen Sie nur den Schülern und den Kultusbehörden gegenüber, und da ist eben gelegentlich Schweigen, denn der Spielraum ist sehr eng. (Können Sie evtl. das Unterrichten von Grammatikfehlern vermeiden, indem Sie sich an den von der Kommission in ihren Berichten diskutierten Problempunkten, sagen wir, progressiv verhalten und punktuell die Neuregelung, sagen wir, dahingehend präzisieren, daß diese Problempunkte keine mehr sind?) Warum aber sollten Sie hier im Forum schweigen?
Denn überlegen Sie mal: Wollen Sie auch in Zukunft den Schülern wider besseren Wissens Falsches oder Unbrauchbares beibringen müssen? Ich weiß, daß das eine ziemlich knallharte Frage ist, aber ich denke, Sie verstehen sie (d. h. ich nehme an, daß Sie wissen, worauf ich anspiele), und ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, daß ich Sie so direkt danach frage. Ich erwarte nicht, daß Sie Ihre Karten hier völlig offen auf den Tisch legen werden. Ich bin mir aber sicher, daß Sie letztlich um diese Frage auch in Ihrem stillen Kämmerlein nicht herumkommen werden.
Deshalb weiter: Oben fragte ich danach, welche Rolle der jeweilige Ausgangspunkt spiele. Das ist keineswegs eine rhetorische Frage, denn ich denke, daß genau darin ein Schlüssel für die gemeinsame Arbeit liegen kann. Schließlich muß auch ich, der ich am liebsten von der nicht reformierten Rechtschreibung von vor 1996 ausgehen möchte, mich mit der Neuregelung auseinandersetzen, sie prüfen und fair urteilen. Wenn wir wollen, daß sich 2005 etwas zum Besseren entwickelt, dann können wir trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte etwas dazu beitragen, wenn wir jeweils genau prüfen und fair urteilen, was von den jeweiligen Vorschlägen zu halten ist unabhängig davon, ob sie mit der Aufschrift reformiert oder herkömmlich daherkommen.
Sie hatten das Pech, liebe Frau Menges, daß die bislang hier diskutierten Aspekte der Reformschreibung sehr massive und berechtigte Einwände gefunden haben. Nun, vielleicht finden sich noch Bereiche, in denen das anders aussieht. Wenn Sie aber das Gefühl haben, daß Sie damit nicht weiterkommen, dann drehen Sie doch den Spieß um und monieren Sie, was es an der herkömmlichen Rechtschreibung auszusetzen gibt und was Sie auf keinen Fall ab 2005 wiederhaben wollen. Zeigen Sie auf, warum die reformierte Schreibung in diesen speziellen Punkten besser ist, oder machen Sie einen ganz anderen Vorschlag. Aber reden Sie nicht vom beständigen Mahlen der Gebetsmühlen das können Sie auch sehr gut!
Wir müssen uns ja nicht in allen Puntken einig werden. Was Sie nicht monieren wollen, müssen Sie auch nicht monieren. Ich bin mir aber sicher, daß es einige Punkte gibt, in denen wir uns einig sind bzw. es werden können. Dafür sollten wir uns auch gemeinsam einsetzen. Denn die allerschlechteste Variante wäre doch, daß 2005 garnichts korrigiert wird (oder nur so wenig, daß es weniger ist, als worin wir uns einig sind, daß es so nicht bleiben kann). Wenn ich Pech habe, gibt es nur einen Kompromiß, etwa à la DASD. Wenn es aber nicht dabei bleibt, d. h. wenn wirklich ein Großreinemachen stattfindet was würde Ihnen das dagegen ausmachen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 30.03.2003 um 18.42
Liebe Frau Dr.Menges,
ich glaube, Sie mißverstehen mich. Ich will ja gerade nicht an der Orthographie herumfummeln, sondern plädiere für den Respekt vor dem Gewachsenen. Prof. Ickler hat in der Einleitung zu seinem "Kritischen Kommentar" schon alles gesagt.
Mut kann sich auch im Unterlassen zeigen...
Daß gerade die Orthographie zum Opfer dilettantischer Eingriffe werden konnte, hat auch damit zu tun, daß viele Erwachsene
die Rechtschreibung in ihrer Schulzeit als von außen aufgezwungen und fremd erlebt haben. Bei manchen kommt dann später die Erleuchtung, daß es sich nämlich um ein hochdifferenziertes und leistungsfähiges Werkzeug handelt, dessen Gebrauch mit zunehmender Beherrschung etwas mit Reiferwerden in Denken und Ausdrucksmöglichkeit zu tun hat.
Aber das alles ist ja auch schon gesagt worden!
Schöne Grüße aus der Prärie
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.03.2003 um 17.29
Gestern rief mich ein Bekannter an, den ich hier schon einmal zitierte und fragte mich, ob wir nicht zusammen für die kleinschreibung streiten wollen. ich glaube aber kaum, dass es in unserem etwas konservativen deutschland zur kleinschreibung kommen wird, habe ich geantwortet. schon weniger gravierende einwirkungen auf unsere schriftsprache würden intensive streitgespräche hervorrufen.
Herr Wagner,
ich frage nur deshalb nach ihrer Meinung, weil wir sonst nichts zusammen formulieren könnten: Eine Teamarbeit erfordert auch einen gewissen Konsens.
Lieber Reinhard ...,
beteiligen Sie sich doch an einer gemeinsamen Grundlage.
Mut brauchen Sie allemal dazu. In jedem erdenklichen Fall!
Gedanklich bleiben nur die stehen, Herr Wagner, die dazu auch in der Lage sind. Ich bin es nicht, denn ich muss in ständiger Lehrbereitschaft sein. Bisher hatte ich den Eindruck, dass niemand auf diesen Seiten zu einem wirklich weiterführenden Gedankengang bereit wäre. Es ist und bleibt ein beständiges Mahlen der Gebetsmühlen, im vorliegenden Fall ist es die nicht reformierte Rechtschreibung vor 1996 und deren daran anschließende Weiterbearbeitung.
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.03.2003 um 13.17
Zitat:Zuerst zu c): Ich habe mich bislang im wesentlichen mit den Problemen und Fehlern der Reform befaßt, eine gründliche Auseinandersetzung mit ihren positiven Seiten steht noch aus. Es ist mir aber bisher fast nichts untergekommen, das mir bewahrenswert erscheint, mit Ausnahme dessen, was Herr Ickler in dieser Hinsicht erwähnt hat: stattdessen als ein Wort (analog zu infolgedessen), und auch der Schreibung nochmal kann ich etwas abgewinnen (wobei ich mir aber nicht sicher bin, ob sie in allen Fällen, in denen bislang noch mal geschrieben wurde, passend ist). Aber wie gesagt, hier habe ich mich lediglich der Meinung von Herrn Ickler angeschlossen, meine eigene Meinung muß noch reifen.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Herr Wagner,
in welche Kategorie gehören Sie wirklich?
a.) Reform der Reform
b.) Zurück zur alten Rechtschreibung
und
c.) Gibt es für Sie auch etwas Gutes an der derzeit gültigen Rechtschreibung?
Was schlagen Sie denn vor, liebe Frau Menges, das wirklich eine Verbesserung ist, ohne daß es semantisch/syntaktisch/grammatisch falsch wäre, ohne daß das Lesen erschwert wird und ohne daß unterschiedliche Bedeutungen durch identische Schreibungen ausgedrückt werden müssen, wo es bislang unterschiedliche Schreibungen gab? Es gibt sicherlich Dinge, die vorteilhaft erscheinen, wie etwa die Trennbarkeit von st, aber zum einen war die bisherige Regel (als solche) geradezu trivial (wenn auch ihre Begründung unklar blieb), zum anderen bewahrte sie einen vor wirklichen Fehlern. Man muß alle Folgen betrachten und darf nicht gedanklich bei dem stehenbleiben, was man gern hätte! Zu Risiken und Nebenwirkungen muß ausführlich Stellung genommen werden, und dies betrifft alle drei Bereiche: (theoretische) Regelkonzeption, praktische Anwendung (Schreiben) und Lesevorgang.
Nun zur Kategorie: Weder a) noch b), liebe Frau Menges! Warum? Nehmen wir einmal an, man könne die Rechtschreibreform quasi eindimensional betrachten bzw. bewerten, d. h. lediglich genau eine Skala einführen und auf dieser abmessen, ob die Reform, insgesamt gesehen, eher zu einer Verbesserung (positiver Skalenbereich), einer Verschlechterung (negativer Skalenbereich) oder keiner wesentlichen Änderung (Skalenwert null) geführt hat. Mein Urteil über die Reform ist, daß sie mehr schadet als nützt und also im negativen Bereich bewertet werden muß. Wenn wir sagen, sie steht bei 1, dann wäre eine Reform der Reform nach Kategorie a) ein Kompromiß zwischen der herkömmlichen und der reformierten Schreibung und müßte mit einem Wert irgendwo zwischen 1 und 0 beurteilt werden. (Der DASD-Vorschlag ist wegen der Beibehaltung der Heyseschen s-Schreibung maximal mit ca. 0,6 zu bewerten, d. h. er bleibt etwa auf der halben Strecke stehen.) Fazit: Ergebnis negativ, inakzeptabel. Kategorie b), Zurück zur alten Rechtschreibung liefert als Ergebnis null. Ich will aber etwas Positives, und das ist in Ihrem Schema nicht vorgesehen.
Eigentlich sollte Sie diese Antwort nicht überraschen, liebe Frau Menges; was dahintersteckt, hat Ihnen zuletzt Herr Dörner am 18. März erklärt.
Zitat:Nein, das sagt nur etwas über die Ignoranz des SPIEGELs diesem Thema gegenüber.
Im Spiegel wurde die Diskussion mittlerweilen archiviert. Sagt das nicht alles aus über den Stand der derzeitigen Diskussion?
Zitat:Das befürchte ich.
Deutschlehrer würden gerne die Reform reformieren. Wenn etwas kommt, dann diese Variante.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von margel am 30.03.2003 um 11.12
Sehr geehrte Frau Dr. Menges, was heißt hier "derzeit gültige Regelung" ? Nur in der Schule als Unterrichtsgegenstand ist die reformierte Rechtschreibung gültig. Ich war selbst lange Lehrer, niemals hätte ich jedoch ein Schreiben z.B. an meine Dienststelle in reformierter Schreibung verfaßt.
Von den Deutschlehrern dürfte am allerwenigsten ein Aufstand gegen die verordnete Rechtschreibung zu erwarten sein.
Mut vor Fürstenthronen gehört nicht gerade zu den hervorstechenden Eigenschaften von Lehrern- von rühmlichen Ausnahmen abgesehen. Auch ihren nun schon über eine lange Zeit abgebenen Äußerungen merkt man stets das Lavieren zwischen Beamtengehorsam und besserer Einsicht an. Das soll kein Vorwurf
sein. Lehrer können zum größten Teil auf Grund ihrer spezifischen Sozialisation gar nicht anders. "Wes´Brot ich eß, des´Lied ich sing´". Wie ein weiser Seelenkundler sagte: "Es gibt keine Probleme, nur Unentschlossenheit." Oder auch:
"Mut führt zu allen Tugenden- was aber führt zum Mute?"
(Lichtenberg)
Mit freudlichen Grüßen Ihr (auch nicht besonders mutiger)
margel
eingetragen von Theo Grunden am 30.03.2003 um 08.34
Hand aufs Herz, liebe Frau Menges, in welche Kategorie gehört die Schreibweise „Hand auf’s Herz“?
a) in die „alte“ Rechtschreibung
b) in die „reformierte“ Rechtschreibung
c) in die (hier schon vorweggenommene) „reformiert-reformierte“ Rechtschreibung
d) in die Falschschreibung
Betrachtungen zu „Reform der Reform“:
Eine Reform kann man nicht reformieren! Das können nicht einmal Deutschlehrer, und gerade Deutschlehrer können dies nicht wollen. Man kann auch eine Beschleunigung nicht beschleunigen (wohl die nach der Beschleunigung erreichte Geschwindigkeit weiter erhöhen oder wieder erniedrigen), eine Bewässerung nicht bewässern (wohl ihre Art und ihren Umfang ändern), eine Heilung nicht heilen u.s.w.
Bei uns in NRW gab es vor einigen Jahren eine Reform der Sommerferienordnung, natürlich gut vorbereitet, durchdacht und begründet von einer Expertenkommission, und schließlich politisch abgesegnet. Nachdem nun bis heute kein nennenswerter Vorteil dieser Neuregelung zu erkennen war, dafür aber alle die negativen Folgen geballt eintraten, die Kritiker schon vorausgesagt hatten, macht sich jetzt eine neue Expertenmeinung dafür breit, daß man ab 2005(!) wieder davon abgehen sollte.
Nennen Sie dies meinetwegen eine „Reform der NRW-Sommerferienordnungsreform.“ Die Hauptsache ist, daß man Unsinn als Unsinn erkannt hat, ihn auch so nennen durfte, und daß wir ihn (hoffentlich) bald hinter uns haben. Das schließt übrigens (ebenso hoffentlich) überhaupt nicht aus, daß man weiterhin über wirkliche Verbesserungen nachdenkt und diese anstrebt und ggf. durchsetzt.
Theo Grunden
eingetragen von Norbert Schäbler am 29.03.2003 um 20.41
„Totgesagte leben länger“, so sagt das Sprichwort. Vermutlich leben sie deshalb länger, weil sie sich ruhig verhalten.
(Das, liebe Frau Menges, nur als Anmerkung zu ihrer "Deutschlehrerrevolte").
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.03.2003 um 18.52
Herr Wagner,
in welche Kategorie gehören Sie wirklich?
a.) Reform der Reform
b.) Zurück zur alten Rechtschreibung
und
c.) Gibt es für Sie auch etwas Gutes an der derzeit gültigen Rechtschreibung?
Im Spiegel wurde die Diskussion mittlerweilen archiviert. Sagt das nicht alles aus über den Stand der derzeitigen Diskussion?
Deutschlehrer würden gerne die Reform reformieren. Wenn etwas kommt, dann diese Variante.
eingetragen von J.-M. Wagner am 27.03.2003 um 19.58
J.-M. Wagner: »Erinnern Sie sich beispielsweise an meine Frage nach dem Wort Trekking, liebe Frau Menges? Wie muß dieses nach Sprechsilben getrennt werden?«Gewiß erinnern Sie sich daran, denn Sie haben ja bereits Mitte Januar geantwortet:R. Menges: »Allgemein muss man Trek- king, genauso drek- kig natürlich nach den Sprechsilben sprachlich trennen.«Eigentlich sollte die Sache damit klar sein, nicht wahr? Das ist doch der Konsens, um den wir so lange gerungen haben, und darauf hatte ich mich mit meinem Fazit bezogen, daß die Nichttrennung von "ck" in die Liste dessen gehört, was zu beanstanden ist. Wo sollte die Realität hier »ein anderes Musikstück spielen«?
Ich erinnere mich: Ich hatte mich damals mit Ihrer Antwort nicht zufriedengegeben, weil Sie betonten:»Unsere Betonung bei Bäcker liegt auf der ersten Silbe und da ergibt sich eine andere Trennung. [...] Damit dürfte der kleine Disput um das ck endlich ausgestanden sein. Ich erkenne Ihre Variante an- und es gibt eben auch die andere.«Im Hochdeutschen kann es hier nur genau eine Variante geben, nicht wahr? Und wir reden doch von der allgemeinverbindlichen, hochsprachlichen Rechtschreibung. Aber selbst wenn es diese andere, lokal relevante Aussprachevariante gibt: Auch bei der Aussprache /Bä- ker/ endet die erste Silbe mit einem Verschlußlaut! Vergleichen Sie Bake und Backe, wenn Sie letzteres wie Ihren berühmt-berüchtigten Bäcker aussprechen genauso, wie aus der Backe keine Bake wird, wird aus dem Bäcker kein Bähker! Deshalb trennt man Backe anders als Bake, und eben nicht Ba- cke!
Aber nochmal konkret zur Reform: Gehen wir also strikt von der hochdeutschen Silbenzerlegung aus, der, wie Sie ja sagten, die Teilung Trek- king entspricht was wäre dann von der Schreibweise Trecking zu halten, die ja die Trennung Tre- cking nach sich ziehen würde? Ist das mit dem Grundsatz der Trennung nach Sprechsilben vereinbar?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christoph Kukulies am 25.03.2003 um 14.55
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Lieber Herr Kukulies,
Sie sind im Prinzip schon dicht dran. Hügel oder Erker ist richtig-mit wunderbarer Panoramasicht von 180 Grad. Ich wählte den Namen als Symbol... Aber ich denke, nun ist es genug, es dürfte sowieso keinen sonst in der Runde interessieren. Und ehe ich noch aus dem Forum fliege...warten wir mal, ob sich nicht ein Kundiger auf diese Seiten verirrt.
Nichts für ungut, hat mich gefreut
Freude auch auf meiner Seite darüber, daß es mir gelungen scheint, etwas mehr über Sie, margel, in Erfahrung zu bringen und Sie in Spendelaune zu versetzen. Bleiben Sie bitte.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 25.03.2003 um 14.45
Die Stadt Stuttgart führt Margel auf als "Keuper-Verwitterungsboden" (?) - wenn ich das nicht ganz falsch verstanden habe:
http://www.stuttgart.de/sde/menu/frame/top.php?seite=http%3A//www.stuttgart.de/sde/sect/gen/19238.htm
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von margel am 25.03.2003 um 12.05
Lieber Herr Kukulies,
Sie sind im Prinzip schon dicht dran. Hügel oder Erker ist richtig-mit wunderbarer Panoramasicht von 180 Grad. Ich wählte den Namen als Symbol... Aber ich denke, nun ist es genug, es dürfte sowieso keinen sonst in der Runde interessieren. Und ehe ich noch aus dem Forum fliege...warten wir mal, ob sich nicht ein Kundiger auf diese Seiten verirrt.
Nichts für ungut, hat mich gefreut
eingetragen von Henning Upmeyer am 24.03.2003 um 22.33
Satire:
Vermutlich sind am Untergang des alten Wortes "dauern" im Sinne von "leid tun" die Berliner schuld: Wer "mir" und "mich" nicht auseinanderhalten kann (nach meiner Vermutung ursprünglich eine der Nachwirkungen der untergegangenen Sprache der germanisierten einheimischen slawischen Bevölkerung, des slawischen "Substrats", weil dieser Gebrauch in den slawischen Sprachen gegenüber der deutschen häufig umgekehrt ist, und dann weitervererbt), der kann auch "es dauert mir ..." (zu lange) und "es dauert mich ..." (schon lange) nicht auseinanderhalten. Folglich mußte ein Wort weichen und wurde ersetzt. Bequemerweise regieren "es tut mir leid" und "es dauert mir ..." gleichermaßen den Dativ, sodaß man für deren Unterscheidung keine Grammatikkenntnisse mehr braucht.
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2003 um 19.25
Zitat:Das liegt, mit Verlaub, nur daran, daß Sie es bislang immer wieder geschafft haben, den entscheidenden Fragen auszuweichen bzw. sie einfach zu ignorieren. Daher kann ich diese Erwiderung nicht akzeptieren.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Wagner) Außerdem gehört die Regel der Nichttrennung von "ck" in unsere Sammlung von Korrekturbedürftigem bzw. zu Beanstandendem.
In Ihre Sammlung mag sie ja schon gehören, aber wir hatten doch lange um die Trennung gerungen und sind zu keinem gemeinsamen Konsens gekommen.
Zitat:Hier irren Sie sich, denn es geht mir um genau die Musik, die wirklich gespielt wird, und nicht darum, was die Reform vorgaukelt, wie es zu klingen habe. Erinnern Sie sich beispielsweise an meine Frage nach dem Wort Trekking, liebe Frau Menges? Wie muß dieses nach Sprechsilben getrennt werden?
Der gemeinsame Konsens scheint auch ganz schwierig zu sein, das hängt in erster Linie mit den Gegnern der Reform zusammen, denn sie weichen kaum ein Stück von Ihrem Kurs ab, während die Realität ein anderes Musikstück spielt.
Zur Realität gehört übrigens auch das, worauf Prof. Ickler hingewiesen hat: daß nämlich der Urheber der Nichttrennung von "ck", Prof. Munske, von diesem Vorschlag Abstand genommen hat (vgl. seinen Beitrag "Zu-cker" vom 06.01.2003).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.03.2003 um 18.42
(Wagner) Außerdem gehört die Regel der Nichttrennung von "ck" in unsere Sammlung von Korrekturbedürftigem bzw. zu Beanstandendem.
In Ihre Sammlung mag sie ja schon gehören, aber wir hatten doch lange um die Trennung gerungen und sind zu keinem gemeinsamen Konsens gekommen.
Der gemeinsame Konsens scheint auch ganz schwierig zu sein, das hängt in erster Linie mit den Gegnern der Reform zusammen, denn sie weichen kaum ein Stück von Ihrem Kurs ab, während die Realität ein anderes Musikstück spielt.
Herrn Grundens Einwand muss ich annehmen, obwohl ich tendenziell die Wörter Dienstag Mittag getrennt schreiben möchte, aber Dienstagmittag ist uns nun zu Eigen gemacht.
eingetragen von Christoph Kukulies am 24.03.2003 um 18.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
ich finde es nett, Herr Kukulies, daß Sie auf diese Spiel
eingehen. Eigentlich sind diese Seiten ja für Ernsthafteres da.
Nein-nein, es handelt sich um einen geographischen Begriff.
Ist es eine Quelle, ein Quellgebiet oder Berg in der Schweiz? Da Sie es mit Schluchten und Pässen haben.
(Ich hatte den Brunnenrand auch schnell wieder zurückgezogen, weil er anders geschrieben wird).
(Beitrag geändert von Christoph Kukulies 25.3.2003,19:37:19 )
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von margel am 24.03.2003 um 18.17
ich finde es nett, Herr Kukulies, daß Sie auf diese Spiel
eingehen. Eigentlich sind diese Seiten ja für Ernsthafteres da.
Nein-nein, es handelt sich um einen geographischen Begriff.
eingetragen von margel am 24.03.2003 um 17.53
Ich habe mir mal die Pseudonyme der Nutzer angesehen.
"diavolo" war schon vergeben, sonst hätte ich gern für mich
"Tüüfeli" gewählt. Meine Originalitätssucht verfiel dann auf den bekannten Col. Hätte ich geahnt, daß hier so viel Unruhe
entstehen würde, dann hätte ich mich z.B. "Weltkind" genannt- Sie wissen schon:"Prophete rechts, Prophete links ...."usw.
Ein Col ist übrigens ein Paß, also "Paß für die Armen"-klingt doch ganz gut für einen 85jährigen Hinterwäldler.
Nun müssen Sie noch "Margel" suchen. Ich spende den Rechtschreibseiten 1 Euro für die richtige Antwort.
eingetragen von Christoph Kukulies am 24.03.2003 um 16.29
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Ob es sich bei
„Col des pauvres“
um ein „Skiparadies“ handelt
oder, ob das
irgendwas mit einem Armenviertel zu tun hat,
das in Rio, in Nepal oder im Ruhrpott liegt,
oder ob dieser "Col" ein Hügelchen - oder gar ein Berg ist,
ist mir fast wurschtegal.
Daß es sich bei „Margel“ um einen "Armen im Geiste" handeln könnte, möchte ich ausschließen. Warum also ein Zulassungsverfahren?
Bewahre, lieber Herr Schäbler, hier sind schon ganz andere an der Zulassung gescheitert. Nein nein, ich will nicht das förmliche Zulassungsverfahren einleiten, ich war schlicht und einfach neugierig, wer sich hier so mit einem Nimbus der Bildung umgibt und dann letztlich die Katze nicht aus dem Sack läßt.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Henning Upmeyer am 24.03.2003 um 15.48
Sieht man "leid tun" ausschließlich als Synonym für "dauern" oder "bedauern" an, so ist klar, daß "leid" als Modal-Adverb gebraucht und deswegen getrennt geschrieben werden muß.
"Es dauert mich" ist aus der Mode gekommen und wird meist ersetzt durch "es tut mir leid".
Es ist ein Beispiel dafür, wie ursprünglich fremde Wörter gleichklingende einheimische Wörter verdrängen können:
"dauern" im Sinne von "währen" kommt vom lateinischen "durare" und wurde mhd. zu "turen, duren".
"dauern" im Sinne von "leid tun" kommt aus der germanischen Wortfamilie "teuer" und wurde mhd. zu "turen" als "für zu teuer erscheinen".
Gegenüberstellung: "Das dauert mir zu lange" - "Das dauert mich schon lange".
Quelle: Duden, Das Herkunftswörterbuch.
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.03.2003 um 15.45
Ob es sich bei
„Col des pauvres“
um ein „Skiparadies“ handelt
oder, ob das
irgendwas mit einem Armenviertel zu tun hat,
das in Rio, in Nepal oder im Ruhrpott liegt,
oder ob dieser "Col" ein Hügelchen - oder gar ein Berg ist,
ist mir fast wurschtegal.
Daß es sich bei „Margel“ um einen "Armen im Geiste" handeln könnte, möchte ich ausschließen. Warum also ein Zulassungsverfahren?
__________________
nos
eingetragen von Christoph Kukulies am 24.03.2003 um 15.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Lieber Herr Kukulies,
wozu der Lärm? Was steht dem Herrn zu Diensten?
Liebes Margel,
ich war nicht laut. Nichts von dem, was ich schrieb war laut. Es waren zwei ganz neutrale Sätze, aneinandergereiht und leise vorgetragen. Also, was hat es auf sich mit "Col de Pauvres"? Lieben Sie diesen Ort besonders? Reine Neugier.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von margel am 24.03.2003 um 15.07
Lieber Herr Kukulies,
wozu der Lärm? Was steht dem Herrn zu Diensten?
eingetragen von J.-M. Wagner am 24.03.2003 um 10.59
Was für eine Bedeutung ergibt sich für leidtun, wenn man dem üblichen Wortbildungsschema eines inkorporierten Objektes folgt? Ein Vergleich mit kopfstehen, bergsteigen, irreführen, großreinemachen (das müßte es m. E. auch als Verb geben: Mal wieder so richtig Großreinemachen halte ich für falsch), radfahren, eislaufen, staubsaugen etc. legt nahe, daß es das Verursachen von Leid ausdrückt. Das ist aber nicht gemeint: Welche Mutter, die wegen etwas, das ihrem Kind widerfahren ist, selber leidet, würde deshalb sagen, das tut mir leid?
Bei der Interpretation von leidtun als Resultativkonstruktion muß man sich ebenfalls fragen, was genau das Resultat ist. Das zugehörige Adjektiv ist leid bzw. leidig und bezeichnet etwas, dessen man überdrüssig ist oder das einem unangenehm oder unlieb ist (bei kundtun ist es kundig, oder?). Auch das drückt nicht aus, was eigentlich gemeint ist.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christoph Kukulies am 24.03.2003 um 10.42
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von margel
Hallo, Herr Prof.Ickler,
bitte klären Sie auf über leidtun,leid tun, Leid tun...
attributiven und prädikativen Gebrauch usw.
Col des Pauvres
Margel,
klären Sie mich bitte mal auf, was Col des Pauvres anderes ist als ein Skiparadies und was hat es mit Ihrer Unterschrift auf sich? Sie zwingen mich, verursacht durch Ihr anonymes Auftreten, diese Frage hier öffentlich zu erörtern.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Jörg Metes am 24.03.2003 um 08.32
Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch:
»Altertümelnd sagt Simrock die leiden (›verhaßten‹) Männer, oberdeutsch mundartlich gilt leides Wetter, leider Weg u. dgl.«
__________________
Jörg Metes
eingetragen von margel am 24.03.2003 um 08.22
Hallo, Herr Prof.Ickler,
bitte klären Sie auf über leidtun,leid tun, Leid tun...
attributiven und prädikativen Gebrauch usw.
Col des Pauvres
eingetragen von Henning Upmeyer am 23.03.2003 um 19.58
Die grundsätzliche Frage ist, ob "leid" als inkorporiertes inneres Objekt angesehen wird (wie bei kopfstehen usw.), dann wäre Zusammenschreibung richtig; so bei Ludwig Eichinger, Deutsche Wortbildung, S. 136,
oder ob "leid" als Modal-Adverb angesehen wird, d.h. wie etwas getan wird, dann wäre Getrenntschreibung richtig; so im Duden von 1967.
Kann jemand sagen, wie "leid" als Adjektiv dekliniert wird? Bei Adjektiven soll das möglich und üblich sein. Das Adjektiv zu "leid" ist m.E. "leidig".
Falls "leid" doch ein Adjektiv sein sollte, könnte man es als Ergebnis-Zusatz zu "tun" (Resultativkonstruktion) ansehen; dann wäre Zusammenschreibung richtig. Das Ergebnis der Handlung wäre der Zustand "leid". Ist das möglich?
– geändert durch Henning Upmeyer am 25.03.2003, 00.09 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 23.03.2003 um 17.47
Renate Menges:Sie haben völlig recht, liebe Frau Menges: Der Satz muß Es tut mir leid geschrieben werden, weil leid hier ein Adverb ist, genau wie recht bei Du hast nicht recht. (Bei Du hast kein Recht dazu, ... ist es offenbar etwas anderes nämlich ein Substantiv. Siehe auch die jeweilige Verwendung von nicht und kein.)
»Lieber Herr Wagner, wir könnten wieder einmal anfangen zu arbeiten:
Im Duden steht eindeutig:
Es tut mir Leid. Es wird nichts anderes zugestanden.
Wollen wir mal dieses Wort in die Liste aufnehmen?
In die Liste, was zu beanstanden ist?
Wir könnten den dritten Versuch hier starten (zweimal wurde ich ja schon unterbrochen), an die Rechtschreibkommission zu schreiben und unsere Liste, was wir als falsch erachten dorthin zu senden.
Bei dem Satz: "Es tut mir Leid", wäre es meines Erachtens angebracht den Satz: "Es tut mir leid" zu belassen. Dieses "leid" ist für mich ein Eigenschaftswort.
Es wäre aber interessant, wie Sie dieses Wort bestimmen würden.
Ich möchte gerne eine Liste erstellen mit unmöglichen Dingen, die wir wirklich hier gemeinsam auf diesem Strang beschließen, besprechen, im Team sehen....
Wäre das nun mal endlich möglich? Ich könnte es mir vorstellen, denn es ist gerade nicht mehr so hitzig... Und ich würde alle bitten, mitzuarbeiten. Es hilft nichts, wenn irgendwo Listen stehen, nein- es muss eindeutig von uns so gesehen werden. Ob es jemals etwas nützt sei dahingestellt, aber eine weitere Anfrage direkt an die Rechtschreibkommission wäre es wert.«»Wir könnten bei der Groß- Kleinschreibung bleiben: Welche Beispiele empfinden wir noch als unpassend (Leid, leid; Not, not ... ), falsch, destruktiv ?«Bei einer solchen Anfrage an die Rechtschreibkommission müßten wir unter dem Aspekt der Destruktivität auch berücksichtigen, was die Kommission bereits an Vorschlägen zu diesen Problempunkten vorgelegt hat. Es gibt im 3. Bericht der ZKfdR den entsprechenden Abschnitt 1.2 Einzelfälle des Typs Substantiv + Verb (nota bene: Substantiv wie wir wissen, stimmt das nicht!), in welchem etwa zum Fall des *Leid tun u. a. folgendes steht:»Allgemein standardsprachlich ist die Verbindung mit dem Verb sein, zum Beispiel: Ich bin es leid, so etwas machen zu müssen. Bei Auffassung von leid als defektives Adjektiv ergibt sich die Schreibung leidtun; man schreibt dann in Analogie zu kundtun zusammen.Sehen Sie, liebe Frau Menges, wie hier das eigentliche Thema verfehlt wird? Nirgendwo ist hier davon die Rede, daß es sich bei leid um ein Adverb handelt! Nirgendwo wird grundlegend in Frage gestellt, ob in der Verbindung *Leid tun wirklich ein Substantiv auftritt! Nirgendwo wird untersucht, was denn ein Substantiv an dieser Stelle für einen Sinn ergibt, welche Bedeutung diese Formulierung bei Verwendung des Substantivs (das) Leid hat!
Vorschlag A: Man schreibt neu: leidtun (es tut mir leid).
Vorschlag B: Man schreibt neu: leidtun oder Leid tun (es tut mir leid oder es tut mir Leid).
[...]
Pro
Bei Zusammenschreibung muss der Schreibende nicht darüber nachdenken, ob das Substantiv Leid oder das Adjektiv leid vorliegt. Allenfalls ist die Schreibung freizugeben (Vorschlag B): Leid tun (bei substantivischer Auffassung; Standardschreibung für Verbindungen aus Substantiv und Verb) oder leidtun (bei adjektivischer oder substantivischer Auffassung; wie kundtun bzw. wie teilnehmen). Die Freigabe verhindert außerdem, dass Wörterbücher plötzlich »falsche« Einträge enthalten.«
(3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, Seite 69f.)
Wie Herr Ickler bereits erwähnt hat, beabsichtigt die Kommission, alles unter Pro Angeführte für verbindlich erklären zu lassen. Das hätte zur Folge, daß ab 2005 nicht nur die falsche Schreibung Leid tun nicht beseitigt wäre, sondern auch eine neue Falschschreibung leidtun zur Verfügung stünde. (Daß diese Schreibung auch falsch ist, ergibt sich daraus, daß die Begründung, auf der sie beruht, falsch ist, denn dabei wird leid als Adjektiv aufgefaßt.)
Fazit: leidtun ist destruktiv.
Außerdem gehört die Regel der Nichttrennung von "ck" in unsere Sammlung von Korrekturbedürftigem bzw. zu Beanstandendem.
– geändert durch J.-M. Wagner am 25.03.2003, 10.02 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Sigmar Salzburg am 20.03.2003 um 10.26
Merkels Ignoranz: Lange Zeit hatte die Union Recht mit ihrer Kritik an der Bundesregierung. Schröders frühe Festlegung auf ein bedingungsloses Nein zu einem Irak-Krieg in Wahlkampfzeiten hat Deutschland außenpolitisch geschadet... (Kieler Nachrichten 20.3.03)
Unter der Überschrift „Weltweit scharfe Kritik" (Kieler Nachrichten v. 21.3.03, S.6):
Frankreichs Präsident Jacques Chirac sagte, er bedauere die „Aktion ohne Zustimmung der Vereinten Nationen", er befürchte „schwer wiegende Folgen."
Sein russischer Amtskollege Wladimir Putin ... „Wenn wir zulassen, dass der Stärkere immer recht hat und auch Recht auf alles hat und bei der Wahl seiner Mittel zum Zweck durch nichts begrenzt wird, dann wird eines der Grundprinzipien internationalen Rechts, nämlich das Prinzip der Unantastbarkeit der Souveränität von Staaten, in Frage gestellt."
Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon sagte vor Journalisten, die britische Regierung sei im Vorhinein vollständig über die ersten Angriffe informiert worden.
„Der Ausbruch der Feindseligkeiten ist sehr bedauerlich, aber das Nachkriegsszenario wird noch Besorgnis erregender sein", sagte Informationsminister Sheikh Rasheed Ahmed gestern in Islamabad.
– geändert durch Sigmar Salzburg am 21.03.2003, 16.27 –
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Theo Grunden am 20.03.2003 um 10.17
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Aber auf der Bildungsmesse bin ich ... am Freitag Nachmittag.
Noch etwas: heute beim Vorlesewettbewerb werde ich die Bücher anschauen, die die Schüler mitbringen. Mal sehen, inwieweit sie noch die alte Rechtschreibung bringen.
Ich schätze mal, liebe Frau Menges, daß sie auch Schreibungen bringen, die weder „alt“ noch „neu“ sind, sondern die schlicht durch falsches Verstehen oder Überinterpretieren der neuen Regeln noch hinzugekommen sind; denn das ist mittlerweile die neue "Normalität". (Beispiel: „am Freitag Nachmittag“)
Wünsche Ihnen einen erfolgreichen Freitagnachmittag!
Theo Grunden
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.03.2003 um 05.25
Meine Hinweise haben immer mit den Adressaten zu tun und nichts mit mir! Adressatenbezogen- aber mit Herz! Das KuMi ist auch für Nachfragen da. Danke- ich persönlich kenne den Link. Aber - auf der Bildungsmesse bin ich - um evt. Nachfragen vorzubeugen - am Freitag Nachmittag.
Noch etwas: heute beim Vorlesewettbewerb werde ich die Bücher anschauen, die die Schüler mitbringen. Mal sehen, inwieweit sie noch die alte Rechtschreibung bringen.
eingetragen von Dominik Schumacher am 19.03.2003 um 19.33
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
damit Ihr Hinweis einwenig mit dem Thema dieser Seiten zu tun bekommt, nur eine kleine Frage. Wäre es Ihnen vielleicht möglich, unseren Normalfilter mit auf Ihren Messebesuch zu nehmen? Unser Normalfilter war noch nie auf einer Bildungsmesse. Dabei kann er recht deutlich darstellen, was alles an neuer Einheitlichkeit auf uns zukommt. Denn aus dem Filterergebnis kann man in den wieder einheitlichen Text springen und dort seine Wirkung im Zusammenhang erleben. Unser Normalfilter listet auf und stellt klar. Und er kostet nicht die Welt. Bei uns macht den Preis der Kunde selbst, nur geschenkt gibt es ihn nicht.
Sie bitten um einen Verweis auf das Ende vom Lied. In diesem Fall nennen wir es Mithilfe.
__________________
Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.03.2003 um 16.27
Erstmals in Bayern findet in diesem Jahr vom 31. März bis 4. April die Bildungsmesse, die europaweit größte Leistungsschau für alle Bildungsbereiche statt. Über 600 Aussteller präsentieren neue Schulbücher und Unterrichtssoftware wie auch aktuelle Bildungstechnik und pädagogische Dienstleistungen. Mit einem umfangreichen Rahmenprogramm informiert die Messe zudem über neue Unterrichtskonzepte und Ideen. Erwähnenswert sind
vier Foren, z.B. Multimedia und Forum Bildung, sowie zwölf Sonderschauen.
Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat die Bildungsmesse 2003 Nürnberg als eine die staatliche Lehrerfortbildung ergänzende Maßnahme für Lehrkräfte aller Schularten anerkannt.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.03.2003 um 10.40
Zitat:Nun ja, liebe Frau Menges, manchmal ist die Diskussion wirklich vom Kaliber hart, aber herzlich zum Glück aber meistens (trotzdem) konstruktiv. Übrigens sind es hier schon wesentlich mehr als 54 Seiten! Daß die übrigen sieben nicht ausgewiesen werden, ist ein technisches Problem, sie sind aber trotzdem vorhanden; den Anfang der Diskussion finden Sie (derzeit) auf Seite 61. Um die anderen Seiten zu sehen, muß man die entsprechende Seitennummer von Hand in die WWW-Adresse eintragen (bei "pagenumber").
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich bin für eine offene, kritische Rede, sachlich, dynamisch, aber nicht beleidigend, durchaus hart, aber sachorientiert. Das darf ich nach 54 Seiten auch einmal sagen!
Zitat:Eben, ganz genau darauf wollte ich mit meiner Bemerkung hinaus, daß das zusammen bei zusammenschreiben etwas ganz anderes ist als bei zusammen schreiben! Denn daß man sagen kann, man habe einen Text nicht allein, sondern mit jemand anderem zusammen geschrieben, ist doch einleuchtend, und auch, daß man es hier nicht zusammenschreiben darf, nicht wahr?
Es geht weiter...
(Wagner) Aber ist das zusammen bei zusammenschreiben und zusammen schreiben [...]
Ich muss "zusammenschreiben, zusammenlesen" zusammenschreiben. Ich kann es meines Erachtens gar nicht getrennt schreiben.
Zitat:Na gut, betrachten wir die Aussprache als zweitrangig und lediglich dazu geeignet, einen Hinweis zu geben, nicht aber als entscheidend.
(Wagner) Ich würde es mit der grammatischen Funktion in dem Satz begründen, und mit der jeweils anderen Aussprache.
Punkt 1 sehe ich genauso, erfreue mich sozusagen sogar daran, aber Punkt 2. Bitte hier nicht, Herr Wagner.
Wie/was soll denn hier die Aussprache? Ich glaube nicht, dass dies Auswirkungen haben kann, soll.
Zitat:Prüfen Sie, Frau Menges, und/oder schlagen Sie etwas anderes vor! Listen Sie hier Wörter auf, derer Sie in irgend einem Wörterbuch habhaft werden können, die mit zusammen- beginnen, und dann schauen wir mal...
(Wagner) Letztlich ist also die Bedeutung entscheidend, und zwar sowohl für die Wortart als auch für die Schreibung.
Es ist zu überprüfen, ob dieser Satz auch bei weiteren Beispielen gilt. Er scheint mir sehr wage, als Regel nicht brauchbar. Aber hier lasse ich mich gerne eines Bessren belehren!
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 17.03.2003 um 22.40
Man kann es ganz einfach ausdrücken:
Die bisherigen Zusammenschreibungen sind geprägt von der Schreibweise der Griechen und Lateiner, denn dort findet man die Vorbilder für unsere bisher zusammengeschriebenen Wörter.
Deshalb dürfen die bisherigen Zusammenschreibungen "Klassizismen" und darf die bisherige Schreibweise die "klassische Schreibweise" genannt werden. (Name ursprünglich vorgeschlagen von Frau Ludwig)
Die reformierten Getrenntschreibungen sind geprägt von der Schreibweise der Engländer und Amerikaner, denn dort findet man die Vorbilder für unsere reformiert getrennt geschriebenen Wörter.
Deshalb dürfen die reformierten Getrenntschreibungen "Anglizismen" und darf die reformierte Schreibweise die "anglo-amerikanische Schreibweise" genannt werden. (Name jetzt vorgeschlagen von mir)
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2003 um 18.32
Ich habe Viererbillard gespielt, nun muss ich ein weiteres Bild entwerfen. Ich bin mir nicht sicher, ob es bei dieser Differenzierung bleibt.
Es ist richtig: das Pool-Billard ist nicht exakt ausformuliert und die Seiten 1 und 2 müssen erweitert werden.
Die Seiten 3 und 4 allerdings auch, denn es gibt ja noch die Frage nach der Kleinschreibung.
Kommt auch ein Beitrag zur anderen Sache? Oder vielleicht ein Link? Ein kleiner sachlicher Einwand?
Einen schönen Abend zusammen!
eingetragen von Christian Dörner am 17.03.2003 um 17.33
Zitat:Ihre Beiträge über das Rechtschreibwörterbuch von Herrn Prof. Ickler sind mir wohlbekannt. Allerdings ging es nicht darum, ob Sie dieses Buch in der Schule verwenden dürfen, sondern darum, daß Sie behaupten, für uns »Reformgegner« existiere nur der alte Duden und es würde keinerlei Diskussionspunkte geben. Genau das Gegenteil ist der Fall, und nur darauf bezog sich mein Beitrag. Um den Streit, den Sie erwähnen, ging es nie, aber daß Sie bewußt oder aus Unwissenheit (bitte verraten Sie es mir!) in ihren Beiträgen diejenige Gruppe verschweigen, die an der bisherigen Orthographie ansetzen und deren Spitzfindigkeiten beseitigen will (und hier gibt es durchaus Punkte, bei denen wir untereinander heftig diskutiert haben und es auch sicher weiterhin tun werden), ist sachlich nicht in Ordnung.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Lesen Sie nach, was ich über das Wörterbuch von Ickler geschrieben habe.
Es ist für uns derzeit nicht zu verwenden!
Ich muss mich mit der neuen Rechtschreibung, die nicht mehr taufrisch ist, auseinandersetzen.
Ich habe dieses Wörterbuch vor mir, aber es hilft mir/uns nicht weiter.
Ich möchte die neuen Regeln überprüfen und hier ansetzen.
Über diesen uralten Streit schreibe ich nichts mehr.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2003 um 17.14
Lesen Sie nach, was ich über das Wörterbuch von Ickler geschrieben habe.
Es ist für uns derzeit nicht zu verwenden!
Ich muss mich mit der neuen Rechtschreibung, die nicht mehr taufrisch ist, auseinandersetzen.
Ich habe dieses Wörterbuch vor mir, aber es hilft mir/uns nicht weiter.
Ich möchte die neuen Regeln überprüfen und hier ansetzen.
Über diesen uralten Streit schreibe ich nichts mehr.
eingetragen von Christian Dörner am 17.03.2003 um 16.56
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Dörner) "da Sie offenbar, obwohl Sie nun schon relativ lange hier sind, noch immer nicht verstanden haben, worum es uns geht"
Wie würden Sie diesen Satz bezeichnen?
Ich bin für eine offene, kritische Rede, sachlich, dynamisch, aber nicht beleidigend, durchaus hart, aber sachorientiert. Das darf ich nach 54 Seiten auch einmal sagen! Ich finde Ihren Satz hier unpassend. Fertig.
Es geht weiter...
Nun, ich denke, daß es dieser Satz genau getroffen hat, wenn man bedenkt, daß Sie hier seit zwei Jahren mitdiskutieren und nach wie vor behaupten, wir würden die alten Festlegungen des Dudens bedingungslos verteidigen.
Zitat: »Für alle, die nicht nur die strenge Linie der Reformgegner unterstützen, sondern durchaus auch andere Formen anerkennen. Partei 2 gibt sich unter Umständen auch damit zufrieden, dass die Rechtschreibreform Mängel aufweist und man gegen diese Mängel vorgehen sollte. Dies ist bei Partei 1 nicht möglich: Ihr einziges Ziel ist das "Zurück zur alten Rechtschreibung", Diskussionspunkte gibt es nicht.« (Unterstreichung hinzugefügt.)
Damit ist klar gezeigt, daß Sie nicht einmal im Ansatz verstanden haben oder verstehen wollen, was unser Ziel ist. Wir wollen durchaus gewisse Ungereimtheiten der Orthographie, die Sie »alte Rechtschreibung« nennen, auskämmen. Und konkrete Diskussionspunkte gibt es Hunderte, wie Sie hier im Forum jederzeit nachlesen können. Aber auch das haben Sie nicht bemerkt, und das ist keine unsachliche und unpassende Behauptung, sondern bloße Feststellung.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2003 um 16.45
(Dörner) "da Sie offenbar, obwohl Sie nun schon relativ lange hier sind, noch immer nicht verstanden haben, worum es uns geht"
Wie würden Sie diesen Satz bezeichnen?
Ich bin für eine offene, kritische Rede, sachlich, dynamisch, aber nicht beleidigend, durchaus hart, aber sachorientiert. Das darf ich nach 54 Seiten auch einmal sagen! Ich finde Ihren Satz hier unpassend. Fertig.
Es geht weiter...
(Wagner) Aber ist das „zusammen“ bei zusammenschreiben und zusammen schreiben
Ich muss "zusammenschreiben, zusammenlesen" zusammenschreiben. Ich kann es meines Erachtens gar nicht getrennt schreiben.
(Wagner) Ich würde es mit der grammatischen Funktion in dem Satz begründen, und mit der jeweils anderen Aussprache.
Punkt 1 sehe ich genauso, erfreue mich sozusagen sogar daran, aber Punkt 2. Bitte hier nicht, Herr Wagner.
Wie/was soll denn hier die Aussprache? Ich glaube nicht, dass dies Auswirkungen haben kann, soll.
(Wagner) Letztlich ist also die Bedeutung entscheidend, und zwar sowohl für die Wortart als auch für die Schreibung.
Es ist zu überprüfen, ob dieser Satz auch bei weiteren Beispielen gilt. Er scheint mir sehr wage, als Regel nicht brauchbar. Aber hier lasse ich mich gerne eines Bessren belehren!
eingetragen von Christian Dörner am 17.03.2003 um 16.37
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Herr Dörner,
vielleicht könnten wir uns sachlich um die Aufgaben bemühen.
Wir könnten bei der Groß- Kleinschreibung bleiben: Welche Beispiele empfinden wir noch als unpassend (Leid, leid; Not, not ... ), falsch, destruktiv ? Ich verstehe Sie auch ohne Sarkasmus, Zynismus ...
War in meinem Beitrag irgend etwas sarkastisch oder zynisch? Ich kann bei bestem Willen nichts entdecken. Falls etwas unsachlich war, so bitte ich Sie ebenfalls um Aufklärung.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2003 um 16.34
"zusammen"
Wenn jeder das zusammenträgt, was er weiß, wird es doch eine Antwort geben!
Herr Dörner,
vielleicht könnten wir uns sachlich um die Aufgaben bemühen.
Wir könnten bei der Groß- Kleinschreibung bleiben: Welche Beispiele empfinden wir noch als unpassend (Leid, leid; Not, not ... ), falsch, destruktiv ? Ich verstehe Sie auch ohne Sarkasmus, Zynismus ...
eingetragen von Henning Upmeyer am 17.03.2003 um 15.18
Meine Empfehlung: Bitte nachsehen im DUDEN, Das Herkunftswörterbuch, unter den Stichworten zusammen, sammeln, gesamt, samt... Da steht viel mehr als man hier abschreiben könnte. Ergänzenswert: die altgriechische Vorsilbe syn-.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.03.2003 um 11.40
Ich dachte mir schon, liebe Frau Menges, daß Sie auf das Wort zusammen zurückkommen würden; nicht umsonst haben Sie diesbezüglich schon einmal explizit nachgehakt. Also gut! Lassen Sie mich mit einer Gegenfrage beginnen: Gibt es überhaupt das Wort zusammen, wie eindeutig ist es als Wort definiert? Was ist überhaupt ein Wort, etwas Gesprochenes oder etwas Geschriebenes? Und wenn es etwas Gesprochenes ist, ist es dann jeweils ein anderes Wort, wenn es unterschiedlich ausgesprochen wird, wenn es je nach dem Kontext und der beabsichtigten Bedeutung mit einer anderen Wortmelodie ausgesprochen wird?
Als geschriebene Einheit ist es natürlich immer gleich, unabhängig davon, wie es verwendet wird. Aber ist das zusammen bei zusammenschreiben und zusammen schreiben (bzw. bei zusammensein und zusammen sein) wirklich das gleiche Wort, und zwar als gesprochene Einheit? Nein, würde ich sagen. Ich würde es mit der grammatischen Funktion in dem Satz begründen, und mit der jeweils anderen Aussprache.
Auf jeden Fall ist zusammen eine Partikel, weil es in seiner Form nicht veränderbar ist. Die Partikeln umfassen Adverbien, Konjunktionen und Präpositionen, sagt mein Grammatikduden (3. Aufl. von 1973, bearb. v. Paul Grebe u. a.). Insofern war die Auskunft der Duden-Sprachberatung korrekt. Weil sie aber unklar war, haben Sie ihr Geld trotzdem zum Fenster hinausgeworfen. So, und wenn ich jetzt weiterschreibe was ist das dann also wert?![]()
Im Deutschen Wörterbuch von Hermann Paul (9. Aufl. 1992) findet sich folgender Eintrag:zusammen ahd. za-, zisamane, wgerm. Adv. (aengl. tosamne), ↑ sammeln; so schlafen wir darin zusämmchen/mein göldnes zuckerlämchen (Stieler; DWb). In engerer Verbindung mit einem Verb heute mit diesem zusammengeschrieben, ungew. jedoch dieser Abend, der zusammengenäht und zusammengeschlürft .. und zusammengelogen und zusammengeschlafen und zusammengestunken wird (TBernhard, Frost 117). zusammenhängen neben jetzt veralt. zusammenhangen bei Stieler 1691, ›räumlich verbunden sein‹ und abstrakt ›in Beziehung stehen‹, beides häufig im Part.: zusammenhängende Waldfläche; damit zusammenhängende Frage; unzusammenhängend schon 17. Jh. (DWb) nach lat. incohaerens, frz. incohérent ›ohne Zusammenhang, ungeordnet‹. Rückbildung Zusammenhang (Stieler), durch CWolff in die philos. Sprache eingeführt für lat. cohaerentia, nexus (vgl. Piur 83), dazu Kausalz.; aber auch allgemeiner: man lese die stelle im z. (Le.; DWb). Zur Bed.gesch. vgl. weiter ZDW 18,16ff. zusammensetzen (mhd. Seuse; DWb) entwickelt entspr. lat. componere, später frz. composer, bes. ›Einzelnes zu einem Ganzen verbinden‹, refl. zunächst von Personen; entspr. Zusammensetzung (mhd.; Kl.Lexer, Anh.); früh in bezug auf Sprachliches: ordnung und z. der wort (1530 Hedio; DWb); die lehre von der .. z. oder syntax (Gottsched; DWb), speziell (wie lat. compositio) in der Wortbildungslehre als Pendant zu Ableitung (↑ ableiten), allmählich seit Bödiker (Die Doppelung oder Z. (compositio) 1698; ZDW 15,74) fest werdend statt des älteren (Ver-)Doppelung, vgl. Schottel 1663 I,398: Die Doppelung oder Verdoppelung (Compositio) ist ein rechtes Haubtteihl und das aller vornehmste Kunststükk in der Teutschen Sprache (z.B. Donaudampfschiffahrt).Und im Etymologischen Wörterbuch des Deutschen (W. Pfeifer; dtv, 2. Aufl. 1993, 6. Aufl. d. Taschenb.ausg. 2003 [unreformiert!]) findet sich:zusammen Adv. `miteinander, gemeinsam, beieinander, insgesamt', ahd. zisamane (8. Jh.), mhd. zesamen(e), zesamne, asächs. tesamne mnd. tosamen(e), mnl. tsamen(e), tesamen(e), nl. tezamen, aengl. tosamne, tosomne, im Westgerm auftretende verdeutlichende Komposition aus der unter zu (s. d.) behandelten Präposition und dem Adverb ahd. (9. Jh.), asächs. anord. saman, mhd. samen(e), got. samana `zusammen, gemeinschaftlich' (s. sammeln), das zu dem unter samt (s. d.) genannten Pronominalstamm gebildet ist. Nach mnd. Vorbild entstehen schwed. tillsamman, dän. tilsammen.Und? Hilft Ihnen das bei der Getrennt-/Zusammenschreibung, liebe Frau Menges? Mein Fazit ist, daß die Frage nach der Wortart nur bedingt dabei hilft, denn zusammen als solches ist ja nur dann ein Adverb, wenn es allein gebraucht wird und bedeutungsmäßig durch miteinander, gemeinsam, beieinander oder insgesamt ersetzt werden könnte, und dann wird es auf jeden Fall getrennt geschrieben. Umgekehrt gilt zudem, daß es kein Adverb ist und also nicht getrennt geschrieben wird, wenn es nicht durch die genannten Wörter ersetzt werden kann. Letztlich ist also die Bedeutung entscheidend, und zwar sowohl für die Wortart als auch für die Schreibung.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christian Dörner am 17.03.2003 um 10.49
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
nur kurz möchte ich mich zu diesem Thema zu Wort melden, da Sie offenbar, obwohl Sie nun schon relativ lange hier sind, noch immer nicht verstanden haben, worum es uns geht. Wenn Sie die »alte Rechtschreibung« mit dem alten Duden gleichsetzen, so verteidigen wir sie keinesfalls gegen gerechtfertigte Kritik.
Sie selbst reden immer von Vereinfachungen und Fehlerminimierungen. Diese können jedoch nicht auf Basis der Reform verwirklicht werden, da die neuen Regelungen objektiv schwieriger als die alten sind, wie jede Fehleranalyse zeigt.
Will man wirklich Vereinfachungen erreichen und gleichzeitig verhindern, daß sich unser Schriftbild ändert und somit Bücher in »alter« Rechtschreibung nicht mehr an Schulen gelesen werden, so liegt der einzige Ausweg in der Zulassung der allgemein üblichen Orthographie, d. h. Auskämmung des alten Dudens unter Beibehaltung der Grundregeln unserer Rechtschreibung. Das »Rechtschreibwörterbuch« von Herrn Prof. Ickler folgt diesem Ansatz. Würde dieses von den Verlagen akzeptiert, so hätten wir eine sowohl leicht zu erlernende als auch weiterhin angenehme Orthographie, die dem Ziel der Fehlerreduzierung im Gegensatz zur Neuregelung auch wirklich gerecht wird.
Zu der Gruppe, die diesem Gedanken folgt, gehören wohl die meisten, die hier diskutieren. Keiner will ein Zurück zum alten Dudenprivileg. Wenn Sie es allerdings so sehen, daß wir den alten Zustand der jetzigen Situation vorziehen, so haben Sie natürlich recht: Der alte Duden war mit seinen ganzen Haarspaltereien und teilweise willkürlichen Festlegungen noch immer um Größenordnungen besser und einfacher als das Reformwerk.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2003 um 09.35
Für alle, die nicht nur die strenge Linie der Reformgegner unterstützen, sondern durchaus auch andere Formen anerkennen.
Partei 2 gibt sich unter Umständen auch damit zufrieden, dass die Rechtschreibreform Mängel aufweist und man gegen diese Mängel vorgehen sollte. Dies ist bei Partei 1 nicht möglich: Ihr einziges Ziel ist das "Zurück zur alten Rechtschreibung", Diskussionspunkte gibt es nicht. Ich will niemanden namentlich hier nennen, aber ich nehme an, es könnte sich jeder hier in eine der 3 Parteien einordnen. Es gelten alle Parteien der Schreibenden von 1 bis 3 gesichert. Pool-Billard Partei 4 gibt es hier als Schreibende nicht!
Ich könnte dies natürlich auch einfacher ausdrücken und in Unterpunkte 1-4 fassen, aber ich denke, jeder weiß, was gemeint ist.
eingetragen von Mädchenfüralles am 17.03.2003 um 07.16
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Herrn Schubert aus Hermsdorf ganzer Beitrag
mit seiner Meinung allein nicht so kleinlich
Sehr geehrter Herr Schubert,
meine Aufgabe hier ist die Verbesserung der Technik hin zu einer strukturierten Informationsseite in Gruppenarbeit. Gute Kenntnis über ein Thema ermöglicht gute Entscheidungen. Und diese Seiten sollen gute Kenntnis über die Rechtschreibreform vermitteln können. Ich weiß als einer unter wenigen um die Brisanz der Finanzierung allgemein im Netz, von Volksentscheiden und auch von diesen Seiten. Ich weiß als einer unter wenigen, wie es geht, die hier in der Zeit und in Leitthemen entstandenen Diskussionsbeiträge in einer redaktionell verdichteten Darstellung aufscheinen zu lassen. Wichtigster Schritt dazu war der Übergang in eine echte Datenbanktechnik. Nächster Schritt ist die Aufklärungsarbeit unter den Besuchern hier. Wenn Sie nun offensichtlich gute Kenntnisse über Kleinschreibung haben, warum wollen Sie dann die von Ihnen ersehnte Reform nach der Reform hier nicht darlegen? Gerade dieser Vorgang, die Karten auf den Tisch zu legen, holt doch eine einfache Diskussion hinauf auf eine sachbezogene Darstellung. Und wenn Sie signalisieren, daß Sie Kleingeld haben und nicht so kleinlich sind, dann paßt das aus meiner Sicht doch alles zusammen. Unser nächstes Technikangebot wird zusätzlich zur hier bekannten Struktur ein neues redaktionelles Zusammenfügen der vorhanden Einzelbeiträge ermöglichen. Dabei können Witzeleien ausgelassen werden. Sprache, das ist ja das Wunder, hält alles zusammen. Warum sollen Sie nicht erleben, daß die Runde hier Ihre Beiträge auf Herz und Nieren prüft, aber dabei Ihrer Arbeit Respekt entgegenbringt?
__________________
Dominik Schumacher
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.03.2003 um 22.07
Zitat:Bevor ich (sehr gern übrigens) auf Ihren Beitrag näher eingehe, liebe Frau Menges, möchte ich Sie fragen, ob Sie die Beschreibung der Partei 2 etwas genauer fassen können; ich muß gestehen, daß ich sie nicht so recht verstehe. Und solange mir dies nicht klar ist, kann ich Sie nicht noch etwas dazu fragen, etwas, das mit Ihrer persönlichen Einordnung zusammenhängt... Für mich kann ich nämlich durchaus sagen, daß ich nicht streng zu Partei 1 gehöre, aber das mit dem Buch und dem Herausgeben bei Partei 2 irritiert mich.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Partei 1 am Billard: Für diese zählt: Nur die alte Rechtschreibung wird angewandt, sonst nichts.
Partei 2 sind die, die schon einmal ein Buch in reformierter, wenigstens teilweise reformierter Sache herausgeben haben und die, die auch an der neuen Rechtschreibung irgendetwas Passendes finden können.
Partei 3 sind die Leute, die die neue Rechtschreibung bevorzugen, aber nachdenken oder etwas tun.
Partei 4 sind alle diese Menschen, die die neue Rechtschreibung ohne nachzudenken ausführen.
[...]
Ich gehöre der Billard-Partei 3 an und werde mein möglichstes tun.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.03.2003 um 20.45
Ein Top-Beitrag von Herrn Wagner!
Fehlt nur noch die Bemerkung, daß es immer mehr geistige Fußgänger gibt, was ziemlich sicher auch mit der Obrigkeit zu tun hat (…), denn wer das Gewaltmonopol hat, kann die Fahrlizenzen jederzeit (und ohne ersichtlichen Grund) einziehen.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.03.2003 um 19.57
Zitat:Warum sollte es Unsinn sein? Es ist an manchen Stellen etwas überzogen bzw. überzeichnet es die Situation, aber im wesentlichen ist es doch völlig zutreffend. Sie stellen damit der Rechtschreibkommission, den Kultusministern und den sonstigen für die Reform Verantwortlichen ein denkbar schlechtes, aber treffendes Zeugnis aus: Jene haben ihre Legitimation verwirkt. Und dennoch plädieren Sie, Herr "schubert.hermsdorf", für »die Wiederherstellung der orthografischen Einheit [...] auf dem Weg über die neue Rechtschreibung«? Was rechtfertigt es, das Regelwerk von Leuten, denen Sie die Legitimation für Entscheidungen über die Rechtschreibung absprechen, als Grundlage zur Entwicklung einer einheitlichen Rechtschreibung zu verwenden? Diese Frage ist keineswegs rhetorisch gemeint, sondern höchstens ironisch, und vor allem soll sie Sie auf den Haken aufmerksam machen, den ich in dem von Ihnen als realistisch angesehenen Weg sehe.
Ursprünglich eingetragen von schubert.hermsdorf
Regeln sind falsch, wenn sie falsch sind. Falsches ist nicht richtig. Niemand ist legitimiert, falsche Regeln aufzustellen. Wenn dennoch jemand falsche Regeln aufstellt, ist seine Legitimation falsch. Mit Hilfe einer falschen Legitimation können nur falsche, niemals jedoch richtige Regeln aufgestellt werden, wer trotzdem fälschlich mit falscher Legitimation falsche Regeln als richtig darstellt, obwohl sie falsch sind, handelt, eben ganz einfach - falsch.
Herr Wagner, Sie haben es schon gemerkt: Das ist Unsinn.
Ganz im Ernst: Was spricht in Ihren Augen für diesen Weg, warum sollte die Wiederherstellung der orthographischen Einheit nur auf dem Weg über die neue Rechtschreibung realistisch sein?
Zitat:Warum sollte Linguistik keine Naturwissenschaft sein? Sie wird zwar zu den Geisteswissenschaften gezählt, aber wie scharf ist die Trennung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften; anhand welcher Kriterien sollte man beurteilen, in welchen Bereich eine Wissenschaft fällt? Legt nicht eine strikt deskriptive Linguistik ein bemerkenswert naturwissenschaftliches Verständnis des eigenen Tuns an den Tag? Außerdem gibt es ja das folgende philosophische Problem: Die Grundlage aller Naturwissenschaften ist die Mathematik, und das ist eine Geisteswissenschaft. Sind nicht somit alle Naturwissenschaften letztlich geisteswissenschaftliche Spezialdisziplinen?
Linguistik ist keine Naturwissenschaft. Wenn sie versucht, den Gegensatz zwischen falsch und richtig als Naturgesetz und nicht als Konvention darzustellen, kommt sie ins Rutschen; dort wo sie etwas Reales aussagen will, versucht sie, Normen zu setzen.
Aber selbst wenn die Linguistik keine Naturwissenschaft ist sollte das bedeuten, daß in der Linguistik wahr und falsch eine andere Bedeutung haben? Wollen Sie andeuten, daß in den Geisteswissenschaften nicht die normale Logik gilt? (Das wäre doch absurd, denn was wäre dann noch wissenschaftlich an den Geisteswissenschaften?) Nein, das wollen Sie bestimmt nicht aber was wollen Sie stattdessen damit sagen?
Auch ein Naturgesetz gilt nicht absolut, sondern beruht auf Erfahrungen, systematischen Beobachtungen und theoretischen Überlegungen die manchmal geradezu abwegig erscheinen. Einstein kam zu dem Schluß, daß der Wert der (Vakuum-) Lichtgeschwindikgkeit absolut gilt und eine Konstante ist, die nicht vom Beobachter abhängt. (Das ist bereits das entscheidende Gegenargument zu der oft gehörten lapidaren Bemerkung, alles sei relativ das stimmt nicht, denn die Lichtgeschwindigkeit ist nicht relativ, sondern absolut. Außerdem und darauf hat Bertrand Russel hingewiesen kann es schon deshalb nicht stimmen, weil, wenn alles relativ wäre, es nichts mehr gäbe, zu dem es relativ sein könnte.) Dieses Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit widerspricht der alltäglichen Erfahrung: Wenn ein Fußgänger im Korridor eines Eisenbahnwagens entlanggeht und der Korridor frei ist, bewegt er sich (auf den fahrenden Zug bezogen) in etwa mit der gleichen Geschwindigkeit wie ein Fußgänger, der auf einem Weg neben dem Bahndamm in die gleiche Richtung spaziert einfach weil sich Fußgänger unabhängig davon, wo sie sich befinden, mit der gleichen Geschwindigkeit (auf den jeweiligen Fußboden bezogen) gehen. Insgesamt, d. h. auf den den Erdboden bezogen, ist die Geschwindigkeit des Fußgängers im Eisenbahnwagen natürlich viel größer als die desjenigen neben dem Bahndamm auf den Erdboden bezogen, profitiert der Fußgänger im Zug von der Geschwindigkeit, mit der der Zug die Schienen entlangfährt. (Das ist der Grund, warum wir u. a. mit dem Zug fahren oder mit dem Flugzeug fliegen: Wir bleiben zwar im Prinzip immer Fußgänger, kommen aber ganz schnell voran.) Ersetzt man die Fußgänger im und neben dem Zug durch Lichtblitze, die sich im und neben dem Zug ausbreiten, und mißt ihre Geschwindigkeit jeweils entsprechend im und neben dem Zug, bekommt man natürlich wie bei den Fußgängern jeweils die gleiche Geschwindigkeit. Was ist nun mit dem Lichtblitz im Zug, wenn man ihn vom Bahndamm aus betrachtet (wie zuvor den Fußgänger im Zug)? Profitiert der auch von der Geschwindigkeit des Zuges und ist schneller als der Lichtblitz neben dem Bahndamm? Einstein hat erkannt, daß es sinnvoll ist zu sagen, daß das nicht der Fall ist: Vom Bahndamm aus gesehen ist der Lichtblitz im Zug nicht schneller als der neben dem Bahndamm (und umgekehrt ist der neben dem Bahndamm, vom Zug aus gesehen, nicht langsamer als der im Zug)! Das ist das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, daß die Lichtblitze sich immer gleich schnell bewegen, egal, ob man vom Zug oder vom Bahndamm aus schaut; das bedeutet es, daß die Lichtgeschwindigkeit nicht vom Beobachter abhängt.
[Des Rätsels Lösung ist nach der speziellen Relativitätstheorie, daß die beiden Beobachter quasi mit zweierlei Maß messen, und zwar jeder mit seinem eigenen. Längen und Zeitdauern des jeweils anderen Beobachters stimmen nicht mit den eigenen überein, sie scheinen kürzer (bewegter Längenmaßstab) bzw. länger (bewegte Uhr) zu sein. Das führt dazu, daß man Geschwindigkeiten, die mit den verschiedenen, nicht identischen Maßen der beiden relativ zueinander bewegten Beobachter gemessen wurden, nicht einfach addieren (bzw. subtrahieren) darf, sondern man muß die Umrechnung zwischen den jeweiligen Längen- und Zeitmaßen berücksichtigen. Bei der resultierenden sogenannten Einsteinschen Geschwindigkeitsaddition kommt für den jeweils anderen Beobachter ebenfalls Lichtgeschwindigkeit heraus, wenn einer von beiden schon gemessen hat, daß sich etwas mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Weil die spezielle Relativitätstheorie insofern dem gesunden Menschenverstand widerspricht, gibt es Leute, die sie rundweg ablehnen. Einstein soll dazu gemeint haben (sinngemäß nach meinem Physiklehrer zitiert): Der gesunde Menschenverstand das ist die Summe aller bis zum 18. Lebensjahr erworbenen Vorurteile.]
Dieses Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit hat immer wieder zu sinnvollen Interpretationen von Experimenten geführt, und in diesem Sinn ist es richtig und ein Naturgesetz; es ist eines der Axiome der (speziellen) Relativitätstheorie. Sollte es eines Tages ein Experiment geben, das zeigt, daß dieses Prinzip nicht aufrechtzuerhalten ist, dann haben die Physiker ein erhebliches Problem, weil eine ihrer wichtigsten Theorien zusammenbricht. Eine andere Möglichkeit, dieses Naturgesetz zu Fall zu bringen, wäre, die Experimente anders zu interpretieren als über die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit (und es also als solches garnicht erst aufzustellen). Das ist von Leuten versucht worden, die die Relativitätstheorie ablehnen insgesamt bislang ohne Erfolg, soweit ich weiß, aber so genau kenne ich mich da nicht aus. Interessanter ist dagegen, daß eine Konsequenz des Prinzips der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist, daß kein ruhender materieller Gegenstand auf exakt Lichtgeschwindigkeit (oder darüber) gebracht werden kann, und daß es auch keine Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit gibt. Letzteres wird intensiv experimentell untersucht, und es wurde festgestellt, daß es beim sogenannten Tunneln eine Wellenausbreitung mit Überlichtgeschwindigkeit gibt. Diese kann jedoch im Rahmen der klassischen Theorie erklärt werden und stellt keinen Widerspruch zur Relativitätstheorie oder dem Kausalitätsprinzip (erst die Ursache, dann die Wirkung) dar. (Eine empfehlenswerte, weil mir recht verständlich erscheinende Einführung in dieses Thema mit ausführlichen Literaturhinweisen findet sich hier. Ansonsten gebe man "Nimtz" und "Lichtgeschwindigkeit" in eine Suchmaschine ein, um sich ein Bild davon zu machen, was rund um dieses Thema alles diskutiert [und z. T. an Schwachsinn verbreitet] wird.)
Und was will ich damit letztlich sagen? Folgendes: Auch ein Naturgesetz ist letztlich nur eine Konvention es ist eine grundlegende Aussage, die sich bewährt hat und die als richtig gilt, solange sie mit dem Experiment und den anderen Naturgesetzen vereinbar ist. Naturgesetze können nur bestätigt oder widerlegt werden, aber nie bewiesen. Auch die Naturwissenschaft geriete auf eine schiefe Bahn, versuchte sie etwas Absolutes auszusagen.
Zitat:Das ist ein Beispiel dafür, was richtig und falsch in einem ganz bestimmten Kontext bedeuten und nur in diesem. Der Kontext ist in diesem Beispiel die Grammatik, nicht die Rechtschreibung. Meine Frage bezog sich auf einen anderen Kontext, und dort kann es durchaus sehr scharf um richtig oder falsch gehen zumindest im Sinne von widerspruchsfrei oder widersprüchlich:
Ein konkretes Beispiel: Der 2. Konjunktiv von "brauchen" heißt bei mir und in allen Grammatiken und Wörterbüchern "brauchte". Man kann das auch begründen. Trotzdem sagt und schreibt eine Mehrheit, auch in Norddeutschland, auch im Rundfunk und Fernsehen und nicht korrekturgelesenen Zeitungen (jetzt bitte keine Google-Proben) "Wenn ich Geld bräuchte, würde ich ...". Die Linguistik kann nun sagen, das sei falsch. Viel wert ist diese Aussage aber nicht. Sie sagt nichts Reales, sondern nur Gewolltes aus. Die Tatsache, dass ein beträchtlicher Teil "bräuchte" sagt, muss man doch zur Kenntnis nehmen.
Die reformierte Rechtschreibung enthält widersprüchliche Regeln, diese sind daher falsch das ist eine rein logische Aussage.
Ein Beispiel für einen solchen Widerspruch ist, daß man einerseits Substantive groß schreibt und Adverbien (außer am Satzanfang) klein, andererseits das Adverb (das ist die gesuchte Wortart, Frau Menges!) leid in der Verwendung leid tun groß schreiben soll. Daß dieser Widerspruch allein dadurch sinnvoll bereinigt werden kann, indem letztere Vorschrift als falsch angesehen wird (und zwar genauso falsch wie "2+2=5"), habe ich bereits anderweitig begründet.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.03.2003 um 14.51
Es ist sicher, dass hier die Positionen geklärt sind.
Partei 1 am Billard: Für diese zählt: Nur die alte Rechtschreibung wird angewandt, sonst nichts.
Partei 2 sind die, die schon einmal ein Buch in reformierter, wenigstens teilweise reformierter Sache herausgeben haben und die, die auch an der neuen Rechtschreibung irgendetwas Passendes finden können.
Partei 3 sind die Leute, die die neue Rechtschreibung bevorzugen, aber nachdenken oder etwas tun.
Partei 4 sind alle diese Menschen, die die neue Rechtschreibung ohne nachzudenken ausführen.
Größenmäßig ist eine Tendenz von unten nach oben deutlich zu erkennen. Die meisten sind in der Partei 4.
Es ist eindeutig, Herr Hermsdorf, wer für die Rechtschreibung zuständig ist und das ist die Rechtschreibkommission. Die anderen Stellen haben sie eingeführt, aber für den Inhalt ist eindeutig die Rechtschreibkommission mit deren Mitglieder, insbesondere die Professoren verantwortlich. Für die Einführung der Rechtschreibung sind die Kultusministerien sowie alle Parteien zuständig, die der Rechtschreibung zugestimmt haben.
Ich gehöre der Billard-Partei 3 an und werde mein möglichstes tun.
Bevor ich weiterschreibe, denke ich an meine Frage. Es hat noch niemand auf die Wortbestimmung "zusammen" geantwortet. Weiß das niemand ?
Lieber Herr Wagner, wir könnten wieder einmal anfangen zu arbeiten:
Im Duden steht eindeutig:
Es tut mir Leid. Es wird nichts anderes zugestanden.
Wollen wir mal dieses Wort in die Liste aufnehmen?
In die Liste, was zu beanstanden ist?
Wir könnten den dritten Versuch hier starten (zweimal wurde ich ja schon unterbrochen), an die Rechtschreibkommission zu schreiben und unsere Liste, was wir als falsch erachten dorthin zu senden.
Bei dem Satz: "Es tut mir Leid", wäre es meines Erachtens angebracht den Satz: "Es tut mir leid" zu belassen. Dieses "leid" ist für mich ein Eigenschaftswort.
Es wäre aber interessant, wie Sie dieses Wort bestimmen würden.
Ich möchte gerne eine Liste erstellen mit unmöglichen Dingen, die wir wirklich hier gemeinsam auf diesem Strang beschließen, besprechen, im Team sehen....
Wäre das nun mal endlich möglich? Ich könnte es mir vorstellen, denn es ist gerade nicht mehr so hitzig... Und ich würde alle bitten, mitzuarbeiten. Es hilft nichts, wenn irgendwo Listen stehen, nein- es muss eindeutig von uns so gesehen werden. Ob es jemals etwas nützt sei dahingestellt, aber eine weitere Anfrage direkt an die Rechtschreibkommission wäre es wert.
eingetragen von Peter Schubert am 16.03.2003 um 14.11
Regeln sind falsch, wenn sie falsch sind. Falsches ist nicht richtig. Niemand ist legitimiert, falsche Regeln aufzustellen. Wenn dennoch jemand falsche Regeln aufstellt, ist seine Legitimation falsch. Mit Hilfe einer falschen Legitimation können nur falsche, niemals jedoch richtige Regeln aufgestellt werden, wer trotzdem fälschlich mit falscher Legitimation falsche Regeln als richtig darstellt, obwohl sie falsch sind, handelt, eben ganz einfach - falsch.
Herr Wagner, Sie haben es schon gemerkt: Das ist Unsinn. Linguistik ist keine Naturwissenschaft. Wenn sie versucht, den Gegensatz zwischen falsch und richtig als Naturgesetz und nicht als Konvention darzustellen, kommt sie ins Rutschen; dort wo sie etwas Reales aussagen will, versucht sie, Normen zu setzen.
Ein konkretes Beispiel: Der 2. Konjunktiv von "brauchen" heißt bei mir und in allen Grammatiken und Wörterbüchern "brauchte". Man kann das auch begründen. Trotzdem sagt und schreibt eine Mehrheit, auch in Norddeutschland, auch im Rundfunk und Fernsehen und nicht korrekturgelesenen Zeitungen (jetzt bitte keine Google-Proben) "Wenn ich Geld bräuchte, würde ich ...". Die Linguistik kann nun sagen, das sei falsch. Viel wert ist diese Aussage aber nicht. Sie sagt nichts Reales, sondern nur Gewolltes aus. Die Tatsache, dass ein beträchtlicher Teil "bräuchte" sagt, muss man doch zur Kenntnis nehmen.
__________________
Peter Schubert
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.03.2003 um 12.27
Zitat:Ja, wie ist es denn damit, wenn man es einmal von der inhaltlichen Seite betrachtet? Was bedeuten diese beiden Formulierungen, wenn man zum einen das Substantiv Leid verwendet, zum anderen aber das Adverb leid? Was bedeutet prinzipiell Leid tun im Unterschied zu leid tun?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges (Rechtschreibguru, 03.02.2003):
Was ist nun Faktum?
Es tut mir Leid?
oder
Es tut mir leid?
Das erste bedeutet nach den Prinzipien der deutschen Grammatik, daß ein Leid verursacht wird; man vergleiche ([s]eine) Arbeit tun, (einen) Gefallen tun, Böses/Gutes tun, Buße tun etc.
Das zweite bedeutet, daß ein Gefühl hervorgerufen wird; man vergleiche weh tun, gut tun. Andere Verbindungen von Adverben mit tun können noch andere Bedeutungen haben; man schlage etwa die signifikanten Nachbarn im Leipziger Wortschatz-Lexikon nach.
Wenn Ihnen ein Leid geschieht, liebe Frau Menges, und ein ES dieses Leid hervorruft, dann heißt es ES tut mir Leid. (Vgl. auch: Erlkönig hat mir ein Leids getan.) Wenn Sie aber ausdrücken wollen, daß Sie etwas auf mitfühlende Weise bedauern, dann heißt es Es tut mir leid. Die letztere Formulierung wurde aber durch die Rechtschreibreform abgeschafft und durch eine mit einer anderen Bedeutung ersetzt.
Damit ergibt sich eine ergänzende Antwort auf die Frage, wann Regeln falsch sind: Regeln sind falsch, wenn sie inhaltlich Falsches produzieren. Offenbar enthält die neue Rechtschreibung (in diesem Sinne) falsche Regeln. Damit also zurück zu meiner Ausgangsfrage:Was legitimiert sachlich Falsches sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die Rechtschreibreform bezogen; was legitimiert die Aufstellung falscher Regeln?Wie beantworten Sie diese Fragen, lieber Herr "schubert.hermsdorf"? Und Sie, liebe Frau Menges? Um diese Fragen geht es und nicht um Liebhaberei!
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 15.03.2003 um 10.02
Sehr geehrter Herr Schumacher,
Ihre Angebote sind sicher sehr freundlich gemeint, aber ich möchte davon keinen Gebrauch machen. Dass technisch die Kapazität vorhanden ist, ein ganz neues Thema hier zu diskutieren, bezweifle ich nicht. Aber das nicht aktuelle Thema Kleinschreibung würde die Diskussion intellektuell zu weit ausufern lassen. Ich fände es auch nicht gut, wenn ein Thema von jemand moderiert wird, der - jedenfalls in diesem Kreis - mit seiner Meinung allein steht; es würde mich zur Unfairness (Altschrieb: Unfairneß!) verleiten.
Dass Sie gerade mich, der die Wiederherstellung der orthografischen Einheit nur auf dem Weg über die neue Rechtschreibung als realistisch ansieht und deshalb kein Interesse daran haben kann, dass diese Diskussion endlos weitergeht, gezielt um eine Spende angehen, finde ich überraschend. Ich bin zwar nicht ganz arm und sonst auch nicht so kleinlich, aber für diesen Zweck zu spenden, das fände ich unlogisch.
Mit freundlichen Grüßen
– geändert durch schubert.hermsdorf am 17.03.2003, 15.28 –
__________________
Peter Schubert
eingetragen von Dominik Schumacher am 15.03.2003 um 08.09
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Herrn Schubert aus Hermsdorf ... in einer ehrenhaften Absicht völlig einig ...: einheitliche deutsche Rechtschreibung. ... die permanent gegen die einheitliche deutsche Rechtschreibung arbeitet.
Sehr geehrter Herr Schubert,
ich persönlich möchte noch mehr, ich möchte das Bewußtsein und das Bewußtsein für Sprache und die Wertschätzung für Sprache und Sprecher wecken helfen. Erinnerungsvermögen und Selbständigkeit schulen möchte ich auch noch. Ich hatte das Glück (und Schneid) am Volksentscheid mitmachen zu können. Wenn Sie nun Kleinschreibung als Lösung sehen, dann stünde mir ja noch eine Reform ins Haus. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie die Gelegenheit hier erkennen und mal Ihre Vision darlegen. Die Technik bietet hier die Möglichkeit für ein eigenes, sogar ein von Ihnen moderiertes Forum. Und damit alles zusammen hier am Leben bleibt, wäre es schon eine Hilfe, wenn Sie einen kleinen monatlichen Beitrag leisten könnten. Es geht ja auch mit kleinen Briefmarken. Sie wären der 27. Freiwillige.
__________________
Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von Martin Reimers am 14.03.2003 um 21.50
Um Himmels Willen, Herr Schubert, wo haben Sie denn das her, daß "73 Prozent aller deutschen Bücher" in reformierter Rechtschreibung erschienen? Wann haben Sie denn zuletzt einen Buchladen besucht? Die "Erhebung" der ZK war ja nun eine plumpe Fälschung, "Statistik à la carte", wie Herr Lachenmann das einmal sehr schön formuliert hat.
Und was soll hier überhaupt eine Statistik? Wird dann etwa jedes Kochbuch oder jeder Abreißkalender gleichermaßen gewichtet wie ein neuer Grass? Außerdem sind Ihre wieviel Prozent auch immer keineswegs in einer einheitlichen Rechtschreibung geschrieben, die gibt es nur dort, wo die Neuregelungen konsequent ignoriert werden. Überall sonst herrscht das Chaos - oder zumindest eine unübersehbare Zahl hauseigener Notorthographien.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.03.2003 um 20.19
Lieber Herr Schumacher,
Geldfragen bitte immer mit Link versehen: Für alle Fälle und Eventualitäten sowie für Kleingeld.
eingetragen von Peter Schubert am 14.03.2003 um 19.45
Sehr geehrter Herr Schumacher,
in Ihrem Forum betätigen sich Leute, die sich in einer ehrenhaften Absicht völlig einig sind: Sie wünschen sich eine einheitliche deutsche Rechtschreibung. Dabei gibt es zwei Fraktionen. Die eine meint, es werde irgendwann irgendjemand geben, der alle Schreiber veranlasst, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Das ist die überwältigende Mehrheit. Die andere Fraktion meint, die Einheit sei nur auf der Basis der Rechtschreibung erreichbar, in der jetzt fast alle Zeitungen und 73 Prozent aller deutschen Bücher geschrieben werden. Diese andere Fraktion ist im Forum eine Minderheit, nur ich und ganz wenige andere gehören dazu. Dann glaube ich, dass die Einheitlichkeit nicht dadurch erreicht werden kann, dass ausgerechnet ich Geld für eine Einrichtung spende, die permanent gegen die einheitliche deutsche Rechtschreibung arbeitet.
eingetragen von Dominik Schumacher am 14.03.2003 um 15.21
Sehr geehrter Herr Schubert,
rechtschreibreform.com und rechtschreibreform.de ist ein weltweit zugänglicher öffentlicher kostenloser Informationsdienst zum Thema Rechtschreibung und Rechtschreibreform. Hier wird viel klein geschrieben. Und da wir groß rauskommen möchten, erlaube ich mir am Wochenende an Sie eine wichtige Frage: Können Sie sich einwenig an den Unkosten beteiligen? Vielleicht mit Kleingeld?
__________________
Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von Peter Schubert am 14.03.2003 um 14.58
ok
eingetragen von Christian Dörner am 14.03.2003 um 14.08
In sehr leid tun oder überaus leid tun usw. bezieht sich die Steigerung auf leid und nicht auf das Verb, genauso wie in sehr recht haben, sehr gern haben usw. Allerdings muß man irgendwann zur Kenntnis nehmen, daß eine Diskussion fruchtlos ist, und deshalb werde ich mich zu diesem Thema vorerst nicht mehr äußern.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Peter Schubert am 14.03.2003 um 14.01
Herr Dörner, ich habe ja auch nicht behauptet, dass in dem zitierten Satz das Wort "leid" ein Substantiv sei, sondern gerade das Gegenteil. Aber wenn Sie konstruieren "überaus tut mir es leid", ist damit auch noch nichts bewiesen; der gleich bedeutende Satz "überaus bedaure ich das" enthält auch kein Substantiv; das Steigerungswort "überaus" bezieht sich möglicherweise beidemal auf das Verb.
Herr J.-M. Wagner, danke für Ihren recht philosophischen Beitrag. Aber mit Ihrer Frage, wie ich stehe zum Prinzip der Substantivgroßschreibung, sollte dieses Forum besser nicht belastet werden. Das thema ist nicht aktuell. Wird es angestoßen, gehen sofort die emotionen hoch. Sie sehen doch, wie Ihr mitstreiter Lindenthal auf den baum geht; wenn das thema auch nur benannt wird, fallen sofort kraftausdrücke ("Blödsinn ...").
eingetragen von Christian Dörner am 14.03.2003 um 00.11
Herr Hermsdorf hat neben seinem Irrtum, daß man willkürlich festlegen kann, was ein Substantiv ist und was nicht, außerdem nicht bemerkt, daß auch nach der Neuregelung leid und recht klein geschrieben vorkommen, nämlich in etwas leid sein sowie in recht sein, recht tun (aber wiederum Leid tun, wehtun!) und unrecht tun (aber Unrecht haben). Keinesfalls sind diese Wörter nun „immer Substantive“. Selbst wenn man die Grammatik vorübergehend außer acht läßt, muß man sich doch fragen, welchen Sinn solche Veruneinheitlichungen mit sich bringen. Die Steigerungen sehr recht haben, überaus leid tun, wie recht du doch hast oder so leid es mir tut zeigen im übrigen, daß es sich hier in der Tat um keine Substantive handeln kann. Von Herrn Prof. Ickler ist hierzu bereits des öfteren ein Zitat von Konrad Duden eingebracht worden, das ich der Vollständigkeit halber nochmals einstellen will:
„Bei Ausdrücken wie leid tun, not tun, weh tun, schuld sein, gram sein; mir ist angst, wol, wehe, not ist von selbst klar, daß das zum einfachen Verbum hinzugetretene Element nicht als Substantivum fungiert; (man erkennt) die nicht substantivische Natur jenes Zusatzes am besten durch Hinzufügung einer nähern Bestimmung. Man sagt er (...) hat ganz recht, hat vollständig unrecht u. dgl. Die Anwendung von Adverbien, nicht von Adjektiven, zeigt, daß man einen verbalen Ausdruck, nicht ein Verb mit einem substantivischen Objekt vor sich hat.“ (Konrad Duden: Die Zukunftsorthographie (usw.). Leipzig 1876, S. 70)
Es gibt tatsächlich Grenzbereiche, wo man sich streiten kann, ob es sich um ein Hauptwort handelt oder nicht. Die genannten Fügungen gehören jedoch nicht dazu. Des weiteren werden hier noch nicht einmal die Kriterien erfüllt, die die Neuregelung an ein Substantiv stellt, aber das ist eine andere Sache.
Konrad Duden war zudem viel fortschrittlicher, als man im allgemeinen annehmen möchte. Im ersten Duden von 1880 (22 Jahre vor einer angeblichen Rechtschreibreform in den Jahren 1901/1902) findet man bis auf die vermehrte Fremdwortschreibung mit c (citieren usw., aber auch in solchen Fällen war fast durchgängig daneben auch die heutige Schreibung zulässig) schon die jetzige Orthographie. Dinge wie Theil nehmen sind 1880 bereits Vergangenheit. Der Duden kennt nur teilnehmen, und selbst Theil war als „verwerfliche Schreibung“ gekennzeichnet.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Henning Upmeyer am 13.03.2003 um 23.04
Das hatten wir auch schon mal: In meinem Griechisch-deutschen Wörterbuch von 1884 steht in der Vorrrede zur dritten Auflage 1876: "... konnte schwerer Krankheit wegen nicht mehr Theil nehmen." Nostalgie soll man nicht übertreiben. Die Verschmelzung des Akkusativ-Objekts mit dem Verb wird "Inkorporierung" genannt; sie ist bei häufig gebrauchten Ausdrücken sehr üblich und war bisher zugelassen. Ich denke, daß sich die deutsche Sprache wie damals die lateinische in eine offizielle und eine inoffizielle Sprache spalten wird. Damals ist die offizielle gestorben und hat die inoffizielle überlebt. Ich denke, daß es wieder so kommt.
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.03.2003 um 22.51
Man kann die Frage Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln? durchaus an und für sich beantworten, wenn man dabei immer an den Vorbehalt denkt, daß diese Frage und damit auch die Antwort nur dann Sinn hat, wenn wirklich falsche Regeln aufgestellt wurden. Daß die Regel, Leid, Recht, Not immer groß zu schreiben, weil es immer Substantive seien, falsch ist, ist einfach dadurch klar, daß es eben keineswegs immer Substantive sind und dann auch nicht groß geschrieben werden dürfen (mehr dazu weiter unten).
Die von mir in meinem vorigen Beitrag zitierte Begründung dafür, daß es sich nicht um Substantive handelt, zeigt auf, was allgemein unter einer (sachlich) falschen Regel zu verstehen ist: Es muß geprüft werden, ob die Regel mit anderen, ebenfall anwendbaren Kriterien vereinbar ist oder zu Widersprüchen führt. Im Rahmen dieser Kriterien ist diese Regel dann falsch (oder auch nicht). Das meinte ich mit dem hinzugefügten sachlich, daß eben auch andere Aspekte in der jeweiligen Sache maßgeblich sind.
Hier ist das Prinzip der Substantivgroßschreibung zu berücksichtigen. Über dessen Richtigkeit kann natürlich so lange keine Aussage gemacht werden, wie nicht klar ist, was der Bezugsrahmen dafür ist. Das ist aber bei der Entscheidung über die Richtigkeit der Großschreibungsverordnung von Leid, Recht, Not insofern belanglos, als daß dazu das Prinzip der Substantivgroßschreibung lediglich allgemein anerkannt zu sein braucht und es also gewissermaßen ein Axiom (im mathematischen Sinn) darstellt. In meiner Beurteilung bin ich davon ausgegangen, daß dem so ist nicht nur, weil es vor der Reform galt und weil eine Änderung dieses Prinzips (genauer: die Einführung der gemäßigten Kleinschreibung) von den staatlichen Behörden abgelehnt wurde, sondern auch, weil ich es für sinnvoll halte. (Wie stehen Sie zum Prinzip der Substantivgroßschreibung, Herr "schubert.hermsdorf"?)
Man könnte zwar einwenden, dieses Axiom sei genauso eine Ad-hoc-Vorschrift wie die, Leid, Recht, Not immer groß zu schreiben. Aber das stimmt nicht ganz: Es gibt zwar für beides keinen absolut zu setzenden Grund, aber es handelt sich nach wie vor um Elemente innerhalb eines bestimmten Gesamtsystems der deutschen Schriftsprache , und also ist zumindest zu schauen, was innerhalb dieses Gesamtsystems sinnvoll ist und wie sich diese beiden Vorschriften darin einordnen. Dabei fällt auf, daß die eine am sprichwörtlichen grünen Tisch als Einzelfallregelung entstanden ist, die andere dagegen sich über viele Jahrzehnte (mehrere Jahrhunderte) herausgebildet hat bzw. schrittweise zu dem gemacht wurde, was sie heute ist. Mag man von diesen Entwicklungsschritten halten, was man will, letztlich hat sich dieses Prinzip als für die schriftliche Kommunikation günstig erwiesen (siehe dazu etwa die Aspekte aus der Textlinguistik, der Geschichte der GKS und [auszugsweise] die Diskussion zum Thema Orthographie und Grammatik). Insofern nimmt bei dem Widerspruch zwischen dem Substantivgroßschreibungsaxiom und der amtlich reformierten Einzelfallregelung für Leid, Recht, Not ersteres eine übergeordnete, letzteres dagegen eine untergeordnete Position ein und zwar in einer Ordnung danach, was für das Gesamtsystem wichtiger ist. Diese Abwägung führt letztlich dazu, das Substantivgroßschreibungsaxiom als maßgeblich bzw. verbindlich anzusehen, und innerhalb des von ihm gesteckten Rahmens ist die amtlich reformierte Einzelfallregelung für Leid, Recht, Not falsch.
Also: Regeln sind (sachlich) falsch, wenn sie im Widerspruch zu allgemeinverbindlichen Rahmenbedingungen stehen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.03.2003 um 20.54
Dann müssen aber auch Trotz und Weh groß geschrieben werden (das tut Weh):
„Ich komme Trotz Nacht und Sturmesflug,
ich, der Edinburgher Zug.“
Sieht doch gleich viel kerniger aus. ('tschuldigung, Herr Fontane!)
Übriges, Herr/Frau/Fräulein "schubert.hermsdof":
> "Es wird weitere Reformen geben, vielleicht in zehn, vielleicht in hundert Jahren. Meine Voraussage: Dann werden Substantive nicht mehr großgeschrieben, dann heißt es leid,
recht und not, und alle probleme von heute werden klein." <
Fangen Sie schon wieder mit dem Blödsinn an, mit der 7stufigen Rechtschreibreform?
Dann können Sie auch gleich alles mit Nullen und Einsen ausdrücken; ich weise Sie aber darauf hin, daß das für alle(!) schwerer zu lesen ist.
Mal eine Frage in die Runde:
Glaubt etwa irgend jemand noch, daß die Menschheit lernfähig wäre?
Gruß,
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Peter Schubert am 13.03.2003 um 20.41
Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln?
Sorry, Herr Wagner, ich habe schon wieder Gegenfragen: Wann sind Regeln falsch? Wann sind sie "sachlich falsch"?
Anmerkung zu "(r)" und "Herr/Frau": Ich bin ein männliches Wesen, aber ich glaube, es tut hier nichts zur Sache.
eingetragen von Theo Grunden am 13.03.2003 um 20.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von schubert.hermsdorf
Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv. Wenn es aber jemand gibt, der zu Regelaufstellungen befugt ist, dann kann er festlegen: 1. Alle Substantive werden großgeschrieben. 2. Die Wörter Leid, Recht und Not sind immer Substantive. Dann sind diese Schreibweisen eben nicht falsch.
Nun ist doch beispielsweise „Teil“ unbestritten immer ein Substantiv. Demnach müßte ja auch jetzt schon „Ich nehme an dem Ausflug Teil“ nicht falsch sein. Oder habe ich da was übersehen oder falsch verstanden?
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.03.2003 um 20.28
Liebe(r) "schubert.hermsdorf", Sie haben mit Ihren konkreten Beispielen den Punkt doch schon fast voll erfaßt:
»Um es an Beispielen auszudrücken: Auch ich finde die Schreibweisen:Und das völlig zu Recht, denn es handelt sich nicht um Substantive. (Die Begründung dazu habe ich kürzlich bereits zitiert; ich will aber noch nicht sagen, von wem dieses Zitat stammt, damit man unbefangen prüfen kann, was von dem Argument zu halten ist.) Daß die reformierten Regeln hier Großschreibung verlangen, obwohl es sich nicht um Substantive handelt, das ist das sachlich Falsche, um das es mir geht. Es geht um die Fehler, die beim Aufstellen der Regeln gemacht worden sind!
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv.«
Ich deute mal ein paar drastische Schlußfolgerungen aus diesen konkreten Beispielen an: Wenn sich irgend jemand hinstellt und behauptet, es seien doch Substantive, weil sie es immer seien was sagt das über dessen Denkvermögen aus? Was sagt das über die Glaubwürdigkeit derer aus, die das Regelwerk aufgestellt haben? Was sagt das darüber aus, wie sinnvoll es ist, sich an die Regeln zu halten?
Meine Frage ist also u. a. folgendermaßen zu verstehen: Was legitimiert die Aufstellung sachlich falscher Regeln?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 13.03.2003 um 20.27
Frau Dr. Menges, bevor Sie auf die Fragen von Herrn Wagner antworten: Lassen Sie sich nicht von Herrn/Frau schubert.hermsdorf provozieren. Wenn er/sie in seiner/ihrer Warnung „vorweg genommen“ schreibt, dann hat er/sie nicht etwa eine weitere Reform vorweggenommen (Sie schrieben ja vorausblickend: „Und in dieser Zukunft wird es die Rechtschreibung geben, die wir heute haben und eine Reform darüber.“), sondern nur dem Wort „vorweggenommen“ den ersten Teil vorn weggenommen.
Was meinen Sie übrigens mit „eine Reform darüber“? Eine Reform über die Reform? Oder einfach weiterhin Reformen über Reformen?
Und noch eine Bemerkung zu Ihrem „Da schlechteste Möglichkeit wäre das Zurück zur alten Rechtschreibung, weil die Zeit vorangeschritten ist.“ Bedenken Sie doch mal, was mit diesem trivialen Nebensatz nicht schon alles begründet wurde!
Mit (trotz dieser nicht geringen Enttäuschung)
freundlichen Grüßen
Th. Grunden
eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.03.2003 um 20.12
Bayrischer Rundfunk alpha-Forum
Sendetag: 19.02.1999, 20.15 Uhr
Herbert Rosendorfer
Schriftsteller und Richter
im Gespräch mit Dr. Dieter Lehner
Sendetag: 19.02.1999, 20.15 Uhr
Herr Lehner: Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer, willkommen bei Alpha-Forum. Zu Gast ist heute Herbert Rosendorfer, Dichter und inzwischen pensionierter Richter. Er ist darüber hinaus auch Professor für bayerische Literaturgeschichte an der Universität München. Grüß Gott, Herr Rosendorfer.
[ ... ]
Herr Lehner: Sie schreiben es immer wieder, es klingt in verschiedenen Epochen Ihrer Schriften immer wieder an, daß Sie sich nördlich des Alpenhauptkammes, also in erster Linie in München, hauptsächlich aus klimatischen Gründen nie so ganz wohl gefühlt haben. Sie schreiben von den "Tundren", Sie schreiben von der "kalten Erde": Man hat so das Gefühl, als würde man sich hier am Polarkreis und nicht in München bewegen. War das wirklich so schlimm für Sie?
Prof. Rosendorfer: Jein. Ich muß sagen, ganz heimisch gefühlt habe ich mich in den fast 50 Jahren in München nicht. Obwohl das undankbar ist, denn München hat mich nie schlecht behandelt, und ich könnte mich mit gutem Gewissen auch einigermaßen als einen Münchner bezeichnen. Ich spreche Münchnerisch und habe auch Stücke in bayerischem Dialekt geschrieben. Die Dialoge meiner "Tatorte" waren ebenfalls in bayerisch gehalten usw. Aber ganz heimisch geworden bin ich in München nicht. Das ist vielleicht auch auf meine Mutter zurückzuführen, die hier nie im mindesten heimisch geworden ist. Für sie war Südtirol ihre Heimat, und sie ist von dort nur ganz ungern weggegangen. Sie hat sich wirklich danach zurückgesehnt. Ihr Schwur, den sie leider nicht erfüllen konnte, war: Wenn sie nach Hause zurück darf, dann geht sie zu Fuß von München nach Bozen. Das hätte sie auch gemacht. So ist das vielleicht auch eine gewisse ererbte Mentalität. Aber ich bin oft gefragt worden, was ich denn nun sei: "Sie sind in Bozen geboren und leben in München, was sind Sie also?" Darauf habe ich immer geantwortet: "Ich weiß es nicht." Ich habe mich eigentlich nie als etwas gefühlt. Ich bin deutscher Staatsbürger, ich war deutscher Richter, ich schreibe deutsch und Deutsch ist meine Muttersprache. Obwohl ich nun nach der Rechtschreibreform überlege, ob ich nicht doch anfangen sollte, italienisch zu schreiben, um dieser entsetzlichen Rechtschreibung zu entkommen. [ ... ]
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Peter Schubert am 13.03.2003 um 19.47
Lieber Herr Wagner, zu Ihrer Frage "Was legitimiert sachlich Falsches" habe ich eine Gegenfrage: Was ist "falsch"? Mein eigener Versuch einer Antwort: Falsch ist, was gegen die Regeln verstößt. Daraus ergibt sich die nächste Frage: Was sind die Regeln? Antwortversuch: Das, was der Regelaufsteller festgesetzt hat. Nächste Frage: Wer ist der Regelaufsteller?
Regelaufsteller ist nicht der Duden; seine Autorität ist aufgehoben worden. Ist es die Kultusministerkonferenz? Sie stellt keine Rechtschreibregeln auf. Die Zwischenstaatliche Kommission? Auch nicht. Die Bundesregierung? Sie hat keine Zuständigkeit für verbindliche Rechtschreibregeln. Ickler? Auch nicht. Die Sprachgemeinschaft? Dazu gehören auch Reformschreiber und Regelverstoßer.
Es ist also gar nicht so einfach, festzustellen, was falsch und was richtig ist. Um es an Beispielen auszudrücken: Auch ich finde die Schreibweisen:
Es tut mir Leid, Er gibt ihm Recht, Es tut Not
bescheuert; ich erkenne da kein Substantiv. Wenn es aber jemand gibt, der zu Regelaufstellungen befugt ist, dann kann er festlegen: 1. Alle Substantive werden großgeschrieben. 2. Die Wörter Leid, Recht und Not sind immer Substantive. Dann sind diese Schreibweisen eben nicht falsch.
Die Reform von 1996 war ja nicht das Ende der deutschen Sprache. Es wird weitere Reformen geben, vielleicht in zehn, vielleicht in hundert Jahren. Meine Voraussage: Dann werden Substantive nicht mehr großgeschrieben, dann heißt es leid, recht und not, und alle probleme von heute werden klein.
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.03.2003 um 19.11
Liebe(r) "schubert.hermsdorf", Sie sind recht schnell mit einem gut gemeinten Rat bei der Hand. Aber woher wollen Sie wissen, ob sich Frau Dr. Menges durch meine Fragen provoziert fühlt bzw. sich schon einmal provoziert gefühlt hat? Außerdem ist meine Frage keineswegs falsch gestellt, denn daß die reformierten Rechtschreibregeln von Fehlern durchzogen sind, ist ja hinreichend erwiesen. Frau Menges kam zu dem Fazit, daß das reformierte Regelwerk »ein wahrhaft fehlerhaftes« ist, bei dem man »sich auf nichts verlassen [kann]«.
Selbst den Mitgliedern der Rechtschreibkommission ist das nicht verborgen geblieben, wie man ihren Berichten an die KMK entnehmen kann: »... machen nach Ansicht der Kommission die Notwendigkeit eines Eingriffs in den Regeltext dieser beiden Paragraphen unumgänglich.« (Entwurfsfassung des 1. Kommissionberichtes) Prof. Eisenberg und Prof. Munske sind u. a. wegen der Untersagung dieser Änderungen von ihren Kommissionsaufgaben zurückgetreten, und letzterer hat das Fazit gezogen:»Da die Hauptmängel der neuen Rechtschreibung unverändert erhalten blieben, bietet der neue Duden keinen Ausweg. Immerhin kann man ihn jetzt, dank der Wiederaufnahme der bisherigen Schreibung, auch gegen den Strich benutzen. Nach dem Motto: alles Rotgedruckte ist falsch! Man vermeide die roten Giftpilze im Duden!«Ansonsten hat Prof. Ickler in seinem Kritischen Kommentar (sehr zu empfehlen) ausführlich dargelegt, wo die reformierten Regeln Schwachstellen besitzen bzw. wissenschaftlich durchfallen; ein Auszug findet sich hier.
Daher geht die Frage auch an Sie: Was legitimiert sachlich Falsches sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die Rechtschreibreform bezogen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Peter Schubert am 13.03.2003 um 17.20
Frau Dr. Menges, bevor Sie auf die Fragen von Herrn Wagner antworten: Lassen Sie sich nicht wieder provozieren. Antworten Sie nicht auf falsch gestellte Fragen. Wenn jemand fragt "Was legitimiert sachlich Falsches?", dann hat er ja schon vorweg genommen, dass etweas sachlich falsch ist, aber ob es wirklich falsch ist, wäre ja erst zu klären.
__________________
Peter Schubert
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.03.2003 um 16.42
Liebe Frau Menges, Sie sehen mich ob Ihrer Antwort allerhöchsterstaunt die Augenbraue(n) hochziehen (vgl. Mr. Spock) denn diese Antwort hätte ich nicht von Ihnen erwartet! Sie sind also allen Ernstes der Meinung, der Staat solle den Kindern in der Schule weiterhin Falsches, Widersprüchliches und Unbrauchbares beibringen? Derartige Unbilden mögen Sie? Lassen Sie mich also auf meine Neujahrsfrage zurückkommen:
Was legitimiert sachlich Falsches sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die Rechtschreibreform bezogen?Wie beantworten Sie diese Frage, liebe Frau Menges? Um diese Frage geht es und nicht um Liebhaberei!
____________
Auch ich habe Ihren letzten Beitrag ganz genau wahrgenommen. Bitte bedenken Sie eines: Dadurch, daß Probleme totgeschwiegen werden, verschwinden sie nicht. Im Gegenteil, dies birgt die Gefahr, daß man sich daran gewöhnt oder denkt, es sei doch gar nicht so schlimm. Fallen Sie nicht dieser Versuchung anheim, liebe Frau Menges! Das Fehlen von Argumenten gegen etwas (ein Konzept, eine Sache etc.) liefert niemals eine Begründung für dessen Befürwortung! Das Fehlen von Ablehnungsargumenten hat nichts damit zu tun, worauf es eigentlich ankommt: klar zu sagen, was dieses Konzept bzw. diese Sache inhaltlich konkret ausmacht und warum man genau das will.
Daraus folgt: Auch wenn in den Lehrgängen nicht mehr über die Rechtschreibung diskutiert wird, bedeutet das nicht, daß sie angenommen worden ist! Ich habe in letzter Zeit viel mit Bekannten und Freunden über die Rechtschreibreform diskutiert, und obwohl die meisten eine tendenziell neutrale bis befürwortende Haltung hatten, kannten sie die Reform nicht wirklich; beispielsweise konnte niemand die neue ss/ß-Regel richtig wiedergeben! Die meisten waren recht erstaunt, als ich ihnen aufzeigte, was für Absonderlichkeiten die reformierten Regeln vorschreiben.
Nur wer die reformierte Rechtschreibung (auch ich spreche nicht von der neuen Rechtschreibung) wirklich kennt und sich der mit ihr verbundenen massiven Probleme bewußt ist, kann auch wirklich über Annahme oder Ablehnung entscheiden. Lassen Sie sich doch in Ihrem persönlich Urteil nicht von der Unwissenheit Ihrer Umgebung beeindrucken bzw. beeinflussen, liebe Frau Menges! Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Schemel, seien Sie Salz für die Erde, verlieren Sie Ihre Kraft nicht und lassen Sie sich nicht breittreten. Haben Sie denn alles vergessen, was wir hier diskutiert haben?
____________
Sie sagen, die »schlechteste Möglichkeit wäre das Zurück zur alten Rechtschreibung, weil die Zeit vorangeschritten ist. Wir leben nun im 7. Jahr nach der Einführung.« Das ist keine inhaltliche Begründung, liebe Frau Menges! Leider vergaß ich, explizit dazuzusagen, daß es genau darauf ankommt; bitte tragen Sie Ihre inhaltlichen Argumente doch einfach noch nach. Denn Ihre jetzige Antwort ignoriert das eine, was ich explizit dazugesagt habe: Es geht nicht um die uneingeschränkte Zustimmung zu der einen oder anderen Möglichkeit, und also spielt die Frage nach der praktischen Umsetzung zunächst keine Rolle. Die vorangeschrittene Zeit können Sie hier nicht geltend machen.
Aber selbst wenn Sie darauf bestehen, daß berücksichtigt werden muß, daß wir im 7. Jahr nach der Einführung der Reformschreibung leben was sagt das schon? Sind diese sieben Jahre nun eine lange oder eine kurze Zeit? Welche Zeiträume sind bei der Entwickung der Rechtschreibung relevant, womit soll ich diese sieben Jahre vergleichen? Mir scheint, diese sieben Jahre sind eine vernachlässigbar kurze Zeit auf der Skale der Entwicklung der Rechtschreibung. Sie sind keinesfalls ein Hinderungsgrund, die Reform zu reformieren selbst wenn das bedeutet, daß sie weitestgehend zurückgenommen werden muß.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.03.2003 um 15.16
Wie Sie nun wissen, gilt folgendes Zitat für mich:
"Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben."
Einstein, Albert
Und in dieser Zukunft wird es die Rechtschreibung geben, die wir heute haben und eine Reform darüber.
Ich habe mir gerade die Zeitschrift über den "Bund": "Die deutsche Sprache" schicken lassen.
Ich erkenne sowohl diesen Bund als auch die Vereine für die alte Rechtschreibung an. Ich habe sogar, trotz meiner Moderne eine starke Affinität zu diesen alten Schreibtypen und zur alten Rechtschreibung, obwohl ich beides nicht mehr anwenden würde (nur zu gegebenen Anlässen) trotzdem es schon die Computerschriften gibt und mein erster Gedanke: "Das ist ja wunderbar." war.
Mein Sohn lernt zur Zeit in der 8. Klasse die deutsche Schrift kennen und er sollte sie auch lesen können. Ich erkläre mich mit diesem Lernziel konform und finde es schön, dass sich sein Lehrer dies als Ziel setzt.
Es gibt ein Zitat von Goethe und dieses finde ich einfach sehr stark:
"Man ist glücklich, wenn man eine Liebhaberei hat, die ohne große Kosten zu befriedigen ist und auf ein tiefes Studium hinweist. In schlimmen Zeiten, sie mögen nun von außen oder von innen kommen, findet man sich damit getröstet und gestärkt." Johann Wolfgang von Goethe
So sehe ich die hier ansässigen Vereine. Sie sind für die Bewahrung der alten Rechtschreibung als ein Teil unserer Geschichte zuständig. "Niemand zwingt uns," sagt Rosendorfer, "die neue Rechtschreibung anzuwenden" (aus dem Vortrag in München), außer uns Lehrern, Schülern und andere berufliche Umfelder. Also kann jeder, der das will auch in der alten Rechtschreibung schreiben und ist genauso anerkannt wie umgekehrt. Geht es aber um Beruf und Status sehe ich es als nicht richtig an, mein Hobby, in diesem Fall die alte Rechtschreibung durchzusetzen.
Nun zu ihrem Beitrag, Herr Wagner:
Wegen Ihrer Nachhaltigkeit eben auch mal eine genaue Diskussion.
>(Wagner)Wenn man mal von dem Voraus nach § 1932 BGB absieht, so klingt das nach zweierlei: zum einen nach einer „Flucht nach vorn“, die Frau Menges nun antritt, zum anderen danach, daß nicht ganz klar ist, wo denn nun genau vorn ist – kehrt doch die Rechtschreibspirale nach ihren Worten »immer wieder an den Ort des Beginns, jedesmal in einer neuer Form zurück.«
Sie haben meine Einstellung in den letzten Beiträgen ganz genau wahrgenommen.
Ich war mal wieder auf einem Lehrgang und da gewann ich die Erkenntnis, dass es nun nicht mal mehr eine Diskussion gibt. Die neue Rechtschreibreform ist sozusagen angenommen und wird in jedem Fall durchgezogen.
>(Wagner)Wir hatten das zwar schon einmal besprochen, aber ich denke, es schadet nichts, es nochmal unter einem anderen Blickwinkel zu diskutieren. Liebe Frau Menges, nehmen wir einmal an, der jetzige Prozeß der „Reform der Reform“ würde auf die Alternative hinauslaufen, entweder die Reformschreibung in ihrer Fassung von 1996 offiziell unverändert weitergelten zu lassen (wofür sich die KMK nach der Mannheimer Anhörung entschieden hat), oder wieder die herkömmlichen Schreibungen (aber nicht die Dudenregeln) zu verwenden. Wie gesagt, nur mal angenommen, es gäbe nur diese beiden Möglichkeiten – was wäre Ihrer Meinung nach die schlechtere von beiden?
Ich sehe den Tatsachen in das Auge und bin bei meiner Eingangsstellung wieder angelangt. Ich mag die neue Rechtschreibung mit ihren Unbilden und ich bin dafür, dass sie weiter verwendet und angewandt wird. Es wäre schön, wenn es zu einer weiteren Reform käme, die uns ein wenig mehr befriedigen würde, aber ich denke, dass das nicht so schnell möglich ist. Tatsache aber ist, dass es Leute gibt, die die Bewahrung der alten Rechtschreibung für die Nachwelt erhalten wollen und ich akzeptiere dies und sehe darin keinen Stilbruch in unserer vielschichtigen Umwelt.
>((Wagner) Ich frage nicht danach, mit welcher dieser Alternativen Sie eventuell einverstanden wären, sondern nur, was in Ihren Augen der schlechtestmögliche Fall wäre. Das bedeutet dann nicht die uneingeschränkte Zustimmung zu der anderen Möglichkeit.)
Da schlechteste Möglichkeit wäre das Zurück zur alten Rechtschreibung, weil die Zeit vorangeschritten ist. Wir leben nun im 7. Jahr nach der Einführung. In der Didaktik unserer Schule wäre dies schon eine Möglichkeit wieder umzukehren, aber nicht in diesem Umfeld, in dem wir uns hier bewegen: Industrie, Verlage.. und vor allem die beiden anderen deutschsprachigen Länder. In meinem Urlaub habe ich in Österreich nicht ein Wort darüber gehört, dass sie nicht damit zufrieden wären, wohl aber darüber, dass sie mit dem EURO nicht zurechtkämen.
>(Wagner)Bedenken Sie dabei, was Sie bereits an eigenen Erkenntnissen gewonnen haben: daß die herkömmlichen Schreibungen auf einer langen, weitgehend selbständig verlaufenen Entwicklung beruhen, wohingegen die Änderungen durch die Reform willkürlich und der Sprachentwicklung zuwider vorgenommen wurden; daß das reformierte Regelwerk »ein wahrhaft fehlerhaftes« ist, bei dem man »sich auf nichts verlassen [kann]«; daß es »sowohl in der alten wie in der neuen Rechtschreibung sehr viele Ausnahmen gibt.«
Meine Meinung steht mit der Zusage zur Rechtschreibung, von der neuen Rechtschreibung brauche ich eigentlich nicht mehr zu reden, denn so neu ist sie nicht mehr. - Wir müssen sinngemäß eigentlich nun von der derzeitigen Rechtschreibung sprechen.
Ich verstehe, dass es Leute gibt, die in ihrem Leben nicht mehr von der alten Rechtschreibung ablassen werden. Aber selbst meine Mutter ( die Oma sozusagen ) hat nicht mehr in der alten deutschen Schrift geschrieben, sondern es waren die Großeltern oder die Urgroßeltern.
Wenn Herr Schäbler meint, diese Rechtschreibung sei ihm so wichtig wie die Erinnerung an den Ball in seiner Kindheit, dann setzte ich dagegen, dass sich die Welt in jedem Fall weiterentwickelt hat und verweise auf meine beiden Zitate zu Beginn dieses Beitrages.
Ich denke, dass alle vergangenen Änderungen eben auch durch äußere Funktionen reguliert wurden ( vgl. Duden-Reform). Vergleiche die Änderung der Schrift (ministerieller Erlass) und Veränderungen durch Weglassen des deutschen "h" bei t.
Die alte Rechtschreibung ist eine Liebhaberei für die Zukunft geworden. Unter diesen Aspekt akzeptiere ich jeden, der es so haben will.
– geändert durch RenateMariaMenges am 15.03.2003, 09.02 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.03.2003 um 10.55
Liebe Frau Menges, lassen Sie uns doch gelegentlich die auf der Ebene der Entwicklungstheorie gewonnenen Erkenntnisse auf die konkrete Rechtschreibproblematik anwenden. Dazu möchte ich mit dem folgenden Auszug aus meinem Beitrag Wohin geht die Reise? (vom 7. März '03; Ergänzendes dort) erneut anregen.
Nehmen wir einmal an, der jetzige Prozeß der Reform der Reform würde auf die Alternative hinauslaufen, entweder die Reformschreibung in ihrer Fassung von 1996 offiziell unverändert weitergelten zu lassen (wofür sich die KMK nach der Mannheimer Anhörung entschieden hat), oder wieder die herkömmlichen Schreibungen (aber nicht die Dudenregeln) zu verwenden. Wie gesagt, nur mal angenommen, es gäbe nur diese beiden Möglichkeiten was wäre Ihrer Meinung nach die schlechtere von beiden?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.03.2003 um 18.42
Heureka! Die archimedische Kurve gefällt mir mehr und mehr, wenn ich den Beitrag über die Hethiter lese. Eine Spirale die zweidimensional auseinandergeht mit einer variablen Geschwindigkeit v und einer unterschiedlichen Annäherung.
Vergleicht man den Schriftspracherwerb des Kindes, so geschieht dies nicht rund, sondern spiralförmig. Das Kind lernt zur vereinfachten Regel immer mehr dazu. Es gibt keinen besseren Vergleich wie spiralförmiges Lernen. Dies trifft übrigens auf jeden Menschen und jedes Fach zu. Immer wieder kommt der Lernende zu ähnlichen Punkten, die aber niemals gleich sind, sondern sich entwickeln.
Ich bin froh, dass Herr Upmeyer Beispiele aus der Zeit der Hethiter eingetragen hat, somit kann man sich auch die zweite Spirale als dynamische Entwicklung vorstellen.
Hat die Frakturschrift mit der alten Rechtschreibung zu tun?
Ich lese interessiert, dass man mit ähnlichen Vereinen in eine Richtung denkt. Es geht also um die Bewahrung der alten Rechtschreibung für die Nachwelt. Liege ich da mit meiner "futuristischen" Sichtweise einigermaßen richtig: Wenigstens auf die Bewahrung der alten Rechtschreibung hinarbeiten, wenn schon die neue Schreibweise eingeführt wurde?
eingetragen von Henning Upmeyer am 06.03.2003 um 23.16
Statische Berechnungen braucht man bei der Rechtschreibung tatsächlich nicht. Die Rechtschreibung soll jeder können. Die Statik braucht nicht jeder können. Dafür gibt es Statiker.
Umgekehrt ist es richtig: Bei der Statik braucht man auch die Rechtschreibung. Also: Rechtschreibung in der Statik.
eingetragen von Henning Upmeyer am 06.03.2003 um 22.57
Laut Bronstein-Semendjajew, Taschenbuch der Mathematik, gibt es folgende Spiralen:
Die Archimedische Spirale entsteht durch Bewegung eines Punktes, der mit konstanter Geschwindigkeit v längs eines mit konstanter Winkelgeschwindigkeit omega den Koordinatenursprung umkreisenden Strahles gleitet. Die Kurve besteht zwei Zweigen, die symmetrisch zur y-Achse liegen. - Alles klar?
Die hyperbolische Spirale besteht aus zwei Zweigen, die symmetrisch zur y-Achse liegen. Für jeden Zweig ist die Gerade y = a Asymptote und der Koordinatenursprung 0 asymptotischer Punkt. - Alles klar?
Die logarithmische Spirale ist die Kurve, die alle vom Koordinatenursprung 0 ausgehenden Strahlen unter dem gleichen Winkel alpha schneidet. - Alles klar?
Für die Gleichungen braucht es griechische Buchstaben.
Das Gegenteil einer Spirale ist ein singulärer asymptotischer Punkt, um den sich die Kurve unendlich herumwindet und dem sie sich beliebig nähert.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 06.03.2003 um 19.22
Zitat:
Aus meinen Reisen habe ich das philosophische Wissen um die Spirale mitgebracht. Ich habe Stowasser, später Friedrich Hundertwasser genannt, studiert.
Die Pro-Domo-Philosophie der Künstler ist nur die Fortsetzung der Kunst mit anderen Mitteln – also meist etwas außerhalb ernsthafter Philosophie.
Zitat:
Die alte und neue Rechtschreibung ist nur ein Teil der Spirale dessen, was man Sprache nennt.
Mir fällt dazu nur die Schweigespirale von Elisabeth Noelle-Neumann ein, die erklären würde, warum die große Mehrheit der Bevölkerung und der Experten fast schweigend zusieht, wie gegen ihr sicheres Gefühl oder Wissen, daß niemand diesen Reformunfug ernsthaft braucht, eine kleine Gruppe von Aktivisten eine bewährte Tradition kaputtmacht.
Zitat:
Wer Statik in der Rechtschreibung will, kann nicht ernst genommen werden.
Noch weniger kann ernstgenommen werden, wer das Re-Design im Rhythmus der Frühjahrsmode will, wobei hundert Jahre in der Rechtschreibung schon hektisch sind. Das Geheimnis aller Kommunikation ist die Stabilität der Kodierung über lange Zeiträume. Deswegen sind die Engländer und Isländer auch in der glücklichen Lage, Jahrhunderte zurückliegende Texte ohne Schwierigkeiten lesen zu können.
Zitat:
Heute schreibt niemand mehr Thätigkeit, constantiert und Ur ( Uhr) ( aus Schule 1874, Kgl. Bezirksamt Friedberg, Brief an die Lokalschulinspektion), diese Wörter wurden vielmehr zu vereinfachten und einheitlichen Rechtschreibung umgewandelt.
Die Schreibung „Thätigkeit" war ja nicht verkehrt, sondern gab das aspirierte „t" (im Gegensatz zum sächsischen „t") nur äußerst gewissenhaft wieder. Die Umwandlung „constantirt" zu „konstantiert" erweist sich heute im internationalen Wortschatz als deutsche Eigenbrötelei. „Ur" zu „Uhr" ist überhaupt keine Vereinfachung, sondern eine sinnvolle Unterscheidungsschreibung, wie sie gerade in anderen Bereichen von der laufenden „Reform" plattgemacht wird.
Zitat:Natürlich. Meinte ich auch. Ich war wohl etwas durcheinander.
Alles was hier diskutiert wird, gilt bereits als Vorausansicht für die später zu erwartende und stets wiederkehrende Rechtschreibreform.
Das erinnert an die „permanente Revolution", die den obersten Revolutionären dauerhaft Macht und Einfluß sichern sollte.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.03.2003 um 18.10
Zitat:Wenn man mal von dem Voraus nach § 1932 BGB absieht, so klingt das nach zweierlei: zum einen nach einer Flucht nach vorn, die Frau Menges nun antritt, zum anderen danach, daß nicht ganz klar ist, wo denn nun genau vorn ist kehrt doch die Rechtschreibspirale nach ihren Worten »immer wieder an den Ort des Beginns, jedesmal in einer neuer Form zurück.«
Ursprünglich eingetragen von Renate Menges
Tatsächlich gehe ich davon aus, dass wir an der heutigen Rechtschreibung weiterarbeiten werden. Nach der langen Diskussion denke ich sozusagen im Voraus an die Zukunft und entlehne dort Teile, die ich brauchen kann. Die Arbeit an der neuen Rechtschreibreform hat sozusagen schon begonnen. Alles was hier diskutiert wird, gilt bereits als Vorausansicht für die später zu erwartende und stets wiederkehrende Rechtschreibreform.
Wir hatten das zwar schon einmal besprochen, aber ich denke, es schadet nichts, es nochmal unter einem anderen Blickwinkel zu diskutieren. Liebe Frau Menges, nehmen wir einmal an, der jetzige Prozeß der Reform der Reform würde auf die Alternative hinauslaufen, entweder die Reformschreibung in ihrer Fassung von 1996 offiziell unverändert weitergelten zu lassen (wofür sich die KMK nach der Mannheimer Anhörung entschieden hat), oder wieder die herkömmlichen Schreibungen (aber nicht die Dudenregeln) zu verwenden. Wie gesagt, nur mal angenommen, es gäbe nur diese beiden Möglichkeiten was wäre Ihrer Meinung nach die schlechtere von beiden?
(Ich frage nicht danach, mit welcher dieser Alternativen Sie eventuell einverstanden wären, sondern nur, was in Ihren Augen der schlechtestmögliche Fall wäre. Das bedeutet dann nicht die uneingeschränkte Zustimmung zu der anderen Möglichkeit.)
Bedenken Sie dabei, was Sie bereits an eigenen Erkenntnissen gewonnen haben: daß die herkömmlichen Schreibungen auf einer langen, weitgehend selbständig verlaufenen Entwicklung beruhen, wohingegen die Änderungen durch die Reform willkürlich und der Sprqachentwicklung zuwider vorgenommen wurden; daß das reformierte Regelwerk »ein wahrhaft fehlerhaftes« ist, bei dem man »sich auf nichts verlassen [kann]«; daß es »sowohl in der alten wie in der neuen Rechtschreibung sehr viele Ausnahmen gibt.«
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 06.03.2003 um 17.44
Ich kann es auch nicht begreifen.
In der Medizin erlebt man es leider
tausendfach, daß kein Antibiotikum mehr
hilft.
Das Bakterium ist schlichtweg resistent.
Dr. R. Menges will nicht akzeptieren und
begreifen, daß mit dieser RSR nicht der Schreib-Usus
- wie es bislang der Fall war - nachvollzogen wurde.
Die Getrennt- und Zusammenschreibung z.B. wuchert
und wuchert unkontrolliert weiter.
Ich bin mir sicher, daß die Wortschöpfungen, die man
in allen Zeitungen jeden Tag findet, so nicht alle im neuen DUDEN
stehen. Die Schreiber gehen davon aus, daß eben ALLES auseinander-
geschrieben werden soll. Sie rückversichern sich nicht mehr im Wörterbuch.
So auch heute in DER WELT: "Die Länder müssten für die Qualität
eigen verantwortlich sein".
Heute in der WAZ : "fest zu halten" (an einer Meinung)
In der WAZ: "Das Haus ist wohl bestellt", etc.
Frau Dr. R. Menges hat nicht einmal sich zu der Tatsache geäußert,
daß mithin eine unübersehbare Anzahl von Wörtern aus unserer Sprache eliminiert
worden ist, und das, wo doch gerade die Fähigkeit zu immer
neuen Wortverschmelzungen den einmaligen Reichtum unserer Sprache ausmacht.
Das hat nichts mehr mit dem "Alles fließt" zu tun. oder eben mit der "Lebendigkeit" der Sprache.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Martin Reimers am 06.03.2003 um 16.28
Frau Menges schrieb:
"Wer Statik in der Rechtschreibung will, kann nicht ernst genommen werden."
Meine Güte, Frau Menges, jetzt sind Sie schon so lange in diesem Forum und haben immer noch die verstaubten Klischees von den Reformkritikern im Kopf, die angeblich keinen Wandel in der Sprache ertragen können. Haben Sie dennn immer noch nicht gemerkt, daß die Reform eben deshalb so wenig Zustimmung findet, weil sie der modernen Sprachentwicklung vollkommen zuwiderläuft?
"Die Arbeit an der neuen Rechtschreibreform hat sozusagen schon begonnen."
Das wird hier gewiß niemand bestreiten. Alle zwei Jahre völlig veränderte Wörterbücher - das ist nicht nur eine neue Rechtschreibreform, sondern gleich zwei oder drei. Nur wird diese Arbeit mit weniger Pathos betrieben, als dies bei Ihnen anklingt. Theodor Ickler sagte ja schon sinngemäß: "Es gibt keine Rechtschreibreform, sondern nur eine riesige Baustelle gleichen Namens." ... auf äußerst sandigem Grund, möchte man ergänzen.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.03.2003 um 15.47
Aus meinen Reisen habe ich das philosophische Wissen um die Spirale mitgebracht. Ich habe Stowasser, später Friedrich Hundertwasser genannt, studiert. Hundertwasser hat unter vielen anderen Gedanken die Spiralen in seinen Gemälden, Häusern und Gedanken neu überliefert.
Die Spirale kann mehr als ein Kreis aussagen, denn sie kehrt immer wieder an den Ort des Beginns, jedesmal in einer neuer Form zurück. Der unreale Punkt der Berührung ist nur als Weiterführung und Aufbau auf das Alte gedacht. Ich denke daran, dass Rechtschreiben nicht nur als Status gesehen werden darf, sondern unbedingt auch in Bewegung bleiben muss. Die alte und neue Rechtschreibung ist nur ein Teil der Spirale dessen, was man Sprache nennt.
"Die Spirale ist ein vergeistigter Kreis. Für mich ist die Spirale Symbol des Lebens. Ich glaube die Spirale ist dort, wo die Materie aufhört zu sein und beginnt, etwas Lebendiges zu werden." Friedrich Hundertwasser.
Vergleicht man Lehrpläne, dann sieht man, dass diese auch spiralförmig aufgebaut sind.
Wer Statik in der Rechtschreibung will, kann nicht ernst genommen werden.
Meine weiteren Gedanken beschäftigen sich in der unterrichtsfreien Zeit mit alten Schriften:
Heute schreibt niemand mehr Thätigkeit, constantiert und Ur ( Uhr) ( aus Schule 1874, Kgl. Bezirksamt Friedberg, Brief an die Lokalschulinspektion), diese Wörter wurden vielmehr zu vereinfachten und einheitlichen Rechtschreibung umgewandelt.
Im Wesentlichen möchten Lehrer, dass man nach Regeln unterrichten kann. Gleichzeitig weiß ich, dass es sowohl in der alten wie in der neuen Rechtschreibung sehr viele Ausnahmen gibt. Tatsächlich gehe ich davon aus, dass wir an der heutigen Rechtschreibung weiterarbeiten werden. Nach der langen Diskussion denke ich sozusagen im Voraus an die Zukunft und entlehne dort Teile, die ich brauchen kann. Die Arbeit an der neuen Rechtschreibreform hat sozusagen schon begonnen. Alles was hier diskutiert wird, gilt bereits als Vorausansicht für die später zu erwartende und stets wiederkehrende Rechtschreibreform.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 04.03.2003 um 17.54
Rheinischer Merkur 27.02.03
"Ihren Karneval lassen sich die
Narren nicht mehr mies machen"
Nach ungezählten Malen auch heute wieder meine
Frage: "Wie gehen Ausländer damit um?"
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Sigmar Salzburg am 04.03.2003 um 15.37
Aus meinem Schüler-Lateinlexikon
"Der kleine Stowasser"
(G. Freytag Verlag, München 1956 – In Bayern vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Rahmen der Lernmittelfreiheit durch ME. vom 13.5.1954, No. VIII 20148, zugelassen...):
Zitat:Nicht nur für’s Latein, sondern auch für die deutsche Sprache lernten die Schüler so die Wortbildung. Wird heute nun in irgendeinem Neuschreib-Schulbuch gelehrt: 1. „bewusst máchen" ... etwas überlegt machen. 2. „bewússt machen" ... (sich) etwas klarmachen? Wird nun geübt, wie man aus dem Zusammenhang eines gelesenen Textes den gemeinten Sinn erkennen kann, wo er nicht mehr aus der Schreibung zu entnehmen ist? Sicher nicht! Und wenn doch, ist dann nicht der Verzicht auf die „erleichternde" Lücke im zweiten Fall weitaus einfacher als die notwendig folgende langatmige und sicher immer unzureichende Erklärung? Wird da nicht weiter an PISA gebaut?
3. Kapitel. Von der Wortbildung.
1. Zusammensetzung.
§ 65. Zwei oder mehr Worte, die häufiger zusammen gebraucht werden, können für das Sprachempfinden schließlich zu einem einheitlichen Wort werden. Diese Einheitlichkeit prägt sich dann oft durch lautliche Erscheinungen oder durch die Bedeutung aus. So hat z.B. verisímilis nur einen Akzent, während das getrennte véri símilis zwei gehabt haben muß; manumittere heißt nicht mehr allgemein ‘etwas aus der Hand lassen’, sondern wird von dem Herrn gesagt, der den Sklaven aus seiner Gewalt entläßt usw.
N.B.: Jetzt, wo ich das Buch wieder zur Hand nehme, sehe ich zum ersten Mal, daß es noch in Fraktur gedruckt ist. In meiner Schulzeit habe ich das nie wahrgenommen. Heute würde es schon deswegen gar nicht mehr zugelassen werden.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.03.2003 um 17.24
Zitat:Liebe Frau Menges, bitte beachten Sie, wie herum hier "ein Schuh draus wird"! Was Sie als Leitprinzipien genannt haben, sind keine solchen, sondern konkrete Zielstellungen: Sie hätten gern bestimmte praktische Veränderungen und eine "unterbrechungsfreie" Getrenntschreibung (was auch immer das ist). Dagegen sind Leitprinzipen die Grundsätze, nach denen Sie sich ausrichten, wenn Sie diese konkreten Änderungen festlegen. Was wollen Sie beispielsweise als Maßstab benutzen, um zu beurteilen, was das Fehlerhafte bzw. Unpraktische ist, das Sie eliminieren wollen? Wodurch sollen Ihre Getrenntschreibungsregeln motiviert sein? Diese Regeländerungen sind dann Konsequenzen Ihrer Leitprinzipien.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Meine Leitprinzipien sind
- Fehlerhaftes und Unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen.
(aus: "Renaissance")
Die Konsequenzen, Herr Lindenthal und Herr Wagner, habe ich doch schon oft aufgeschrieben: Es wird und muss eine Weiterentwicklung der Sprache geben, den Sprache lebt und entwickelt sich. Es wird und muss immer Wissenschaftler geben, die diese Weiterentwicklungen aufschreiben und notieren werden.
(aus: "Sprache")
Im Gegensatz dazu stellen Ihre "Konsequenzen" in Wirklichkeit Leitprinzipien dar: Zum einen betonen Sie, daß die Sprache sich entwickelt was im wesentlichen im Gegensatz zur Rechtschreibreform steht, bei der die Schriftsprache ihrem eigenständigen Entwicklungstrend zuwider willkürlich verändert wurde. Zum anderen verlangen Sie, daß die Wissenschaftler »diese Weiterentwicklungen aufschreiben und notieren« sollen (Hervorhebung hinzugefügt), d. h. es geht Ihnen darum, daß sich die Sprache frei entwickelt und daß diese Entwicklung von den Wissenschaftlern nur zur Kenntnis genommen und dokumentiert wird. Auch damit stehen Sie, aus dem gleichen Grund wie zuvor, im scharfen Gegensatz zur Rechtschreibreform.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.03.2003 um 08.43
Frau Dr. Menges schrieb:
>> Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht. <<
Da muß ich aber zurückfragen: Fragen, die Sie selbst an andere gestellt haben, vergessen Sie nicht? Oder: Fragen, die andere an Sie gestellt haben, vergessen Sie nicht? Oder besser noch: Beiderlei Fragen vergessen Sie nicht?
Zu Ihren Gunsten will ich letzteres annehmen und schlußfolgern, daß Sie über die bisher gestellten schwergewichtigen Fragen* noch schwer brüten. (*z.B. 1.), ungefähr 9 Beiträge weiter unten:Sie schreiben:Und z.B. 2.) vor etlichen Wochen meine Frage, ob Sie die angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ schon durchgelesen haben und welche Regel-Grundlage denn der Zeichensetzungsunterricht denn wohl noch hat; dabei sind auch noch Wettschulden offen.)
> Meine Leitprinzipien dabei sind
- fehlerhaftes und unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen. <
Dazu möchte ich Sie fragen:
– 1. Was meinen Sie mit „[F]ehlerhaftes ... aus der ... alten Rechtschreibung“? Enthält die „alte“ Rechtschreibung wirklich Fehler?
– Sie sprechen sich für eine „klare Getrenntschreibung nach festen Regeln“ aus; solche festen Getrenntschreibregeln bedeuten dann ja, daß bisher vorhandene Wörter in ihre Bestandteile zerlegt werden und daß die Wörter nicht mehr verwendet werden. Sie als Lehrerin müßten dann also „nach festen Regeln“ dafür sorgen, daß Ihre Schüler die betroffenen Wörter nicht mehr benutzen (denn sonst haben die Regeln ja keine „Festigkeit“, wenn für ihre Einhaltung nicht seitens der Fachkräfte (Deutschlehrer usw.) gesorgt wird).
Für welche Wörter möchten Sie denn künftig die Nichtverwendung erreichen?
Was schlagen Sie als Strafe vor, wenn jemand die Wörter dennoch verwendet?
Hat es sowas schon mal in der Weltgeschichte gegeben, daß Sprachlehrer die Verwendung von Wörtern verbieten,
oder ist das eine Welturaufführung?
Wie würden Sie antworten und vorgehen, wenn Schüler Ihnen sagen, daß Sie in keiner Weise ein Recht haben, für
lebendige, der gesamten Sprachgemeinschaft gehörende Wörter die Nichtbenutzung durchzusetzen?
Für Ihre Antwort auf diese Fragen dankt im voraus
Ihr
Detlef Lindenthal
Wenn Sie bei diesen Fragen zu einer Antwort gelangt sind, bin ich auf Ihre Antwort natürlich sehr gespannt.
>>„Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand.“<<
Liebe Frau Dr. Menges,
das ist ein bemerkenswertes Eingeständnis einer Deutschlehrerin über die Leistung des Berufsstandes der Deutschlehrer.
Dazu möchte ich Sie etwas fragen:
Was halten Sie davon, wenn ich Ihre sämtlichen Beiträge in diesem Forum, liebevoll rot ausgebessert, auf „Deutschlehrer.de“ veröffentliche?
>>Die Faustregel, man schreibt heute alles auseinander, stimmt eben nicht.<<
Kursiert eine solche „Faustregel“ unter Deutschlehrern? Oder unter Schülern?
Fragen über Fragen. Frau Dr. Menges, ich setze auf Sie, denn Sie sagten:
„Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht.“
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 01.03.2003 um 11.04
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
Sie schreiben:
"Wenn selbst Hildebrandt in neuer
Rechtschreibung veröffentlicht,
ist alles gesagt."
Ich wundere mich über diese Ober-
flächlichkeit der Schlußfolgerung.
Nehmen sie mir meinen Vergleich
nicht übel:
Es kommt mir so vor, als wenn
jemand in der Hitlerzeit gesagt
hätte: " Wenn selbst die Frau Bank-
direktor von nebenan in der Villa
für Hitler ist und der Herr Bank-
direktor in der Partei ist, muß
ja alles seine Ordnung haben".
Ich weiß, ich weiß,....
ich räume ja auch ein, daß der
Vergleich sich nur auf die ART
DER REAKTION bezieht. Ich stelle ja nicht
die Fürchterlichkeiten aus der genannten Zeit
den Problemen der Rechtschreibreform gegenüber!
Aber so dürften Sie nicht reagieren!
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Elke Philburn am 01.03.2003 um 01.08
Zitat:
Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand.
Tja. Und die Schüler hat man auf diese Weise ein kleines bißchen unfähiger und unwissender gemacht.
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.02.2003 um 13.43
Liebe Frau Dr. Menges!
Ich will Ihnen noch einen Ball zuspielen – einen Plastikball!
Als ich noch ein Pimpf war – in der Mitte der 50er Jahre – da hatte so ziemlich jeder Junge einen Ball, und darauf war er stolz – mächtig stolz.
Damals war der Straßenfußball noch modern, und auf jedem nicht allzu frequentierten Orts-, Kleinstadt- oder Großstadtplätzchen jagten Kinder und Jugendliche einer Pille hinterher und schrieen sich die Kehle heißer: „Fritz Walter paßt! Rahn schießt! Toooooor!“
Bei solchen Feld-, Wiesen-, Dorfanger- und Straßenveranstaltungen erlebte mein eigener Ball ein elendigliches Dasein, denn manchmal diente er nur als Markierung für den Torpfosten, oder – und das war meistens der Fall – er befand sich hinter der Torauslinie inmitten eines Rudels … allerdings in gnadenloser Verachtung seiner ledernen Artgenossen.
Schämen tat ich mich nicht für meinen Ball, obwohl ich mich mit ihm identifizierte.
Er tat mir lediglich leid, und ich versuchte, meinem Ball anderweitige Ehren zukommen zu lassen, ihn zumindest für seine Demütigungen zu entschädigen, bzw. ihm weitere Demütigung zu ersparen.
Mein Ball wurde „Hinterhofball“, sogar ein „Star“ in der Arena unseres vierstöckigen Mietblocks (von gerade mal 17 auf 7 Metern). Dort spielte ich mit den Mädchen des Anwesens (u.a. meiner älteren Schwester), und mein Ball erwies sich dabei als einzigartig. Er war sozusagen präventives Organ. Er machte den Einsatz von Sanitätern unnötig, denn wenn ich meine „Mitspieler I n n e n“ anschoß, dann fielen die wenigstens nicht gleich um, wie das bei einem Lederball geschehen wäre …
Und damals hatte ich rechte Freude an meiner Plastikpille, obwohl ich auch eingestehen muß, daß ich äußerst froh war, als sich mein Liebling kurz vor Weihnachten an einem vorstehenden Nagel der Holzhallen des Hinterhofs aufspießte …
Liebe Frau Dr. Menges!
Sie können jetzt meinetwegen tiefenpsychologische Studien ansetzen, mir alle möglichen Unfähigkeiten und patriarchalische Gesinnung an den Leib dichten, doch ebenso könnten Sie das Gleichnis entwirren.
Der Ball, von dem ich sprach, ist gleichzusetzen mit dem Arbeitsmedium Sprache.
Sprache ist nicht einfach nur so ein Spielgerät!
Vielmehr erfordert Sprachkompetenz härtestes Training und knallharte Selbstdisziplin.
Alles andere ist lächerlich, juvenile Träumerei von einer Fußballbundesliga-, Tennisprofi- oder Golfspielerkarriere.
Nur die tatsächliche Leistung zählt!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.02.2003 um 12.51
Es wird das Wort "zusammen" diskutiert:
- zusammenlesen
- zusammenschreiben
- zusammensein, heute: zusammen sein
- zusammengewesen, heute: zusammen gewesen
Es taucht folgende Problemstellung auf:
Zusammenschreiben, zusammenlesen .. wird nicht getrennt.
Es wurde diskutiert, welche Wortart nun "zusammen" sei.
Laut meiner Anfrage beim KM müssen wir bei Unklarheiten die Duden-Sprachberatung anrufen. Dies erledigte ich gestern:
Nach meiner Frage nach der Wortbestimmung "zusammen" fing mein Gegenüber zu stottern an. Ich sagte, "zusammen" könne ein Adverb sein. Dem stimmte man halbwegs zu, aber gleichzeitig wurde mir erklärt, dass es auch ein Partikel sein könnte und überhaupt könne die Redaktion dies nicht klären, weil es auch die Sprachwissenschaftler kontrovers diskutieren würden. Also hatte ich das Telefongeld zum Fenster hinausgeworfen. Die Duden-Sprachberatung konnte es nicht klären.
Ich stelle hier das Wort "zusammen" zur Diskussion.
Von welcher Wortart sprechen wir? Ich hatte die Frage in abgewandelter Form schon einmal gestellt, aber sie wurde hier nicht beantwortet. Aber da bin ich wie der "kleine Prinz". Eine einmal gestellte Frage vergesse ich nicht.
Übrigens:
Frisch gestärkt von Dieter Hildebrandt live: "Vater unser - kurz nach der Werbung", der sein neues Buch in neuer Rechtschreibung herausgegeben hat, wage ich es doch, nach einer endlichen Geschichte zu sinnen. Wenn selbst Hildebrandt in neuer Rechtschreibung veröffentlicht, meine ich, ist alles gesagt.
Übrigens, Herr Stiene: Ich lese ja auch alles, was mir in die "Augen fällt". Rechtschreiben kann heute kaum noch jemand. Die Getrennt- und Zusammenschreibung bringt selbst fitte Sekretärinnen zum Schwitzen. Ich meine, hier wäre die Regel klarer zu stellen oder wieder wegzunehmen. Die Faustregel, man schreibt heute alles auseinander, stimmt eben nicht.
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 27.02.2003 um 15.56
Frau Salber Buchmüller: "Nach meinen Beobachtungen ist das Auseinanderschreiben zum Selbstläufer geworden, dem nicht mehr entgegengesteuert werden kann."
Diesen Eindruck habe auch ich gewonnen, und ich verfolge das dilettantische Treiben mit nicht geringer Sorge. Vor einigen Tagen fand ich in einem großen Supermarkt Tafeln über den Regalen, die den Kunden den Weg zur gesuchten Ware weisen sollten. "Rühr Schüssel" stand dort zu lesen und vieles andere in ähnlicher Darbietung. Der Supermarkt steht im Rheinland, weswegen eine Tafel verkündete: "Dä Original Kölsche Karnevals Mix". Alaaf!
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 27.02.2003 um 15.22
Immer wieder kopfschüttelnd
(Kopf schüttelnd) habe ich den
Dialog - als Unendliche Geschichte -
mit Frau R.M. Menges verfolgt.
Es beschäftigt mich hierbei eine ganz
simple Frage:
Meint Frau Dr. Menges mit der "Klarheit
der Getrenntschreibung" das generelle
Auseinanderreißen der zusammengesetzten Wörter
(zusammen gesetzten Wörter?).
Akzeptiert sie, daß aus dem Wort "vorlesen"
"vor lesen" und aus dem Wort "zubeißen" (des Hundes
z.B.) "zu beißen" wird?
Dieses und hundertfältig andere Unsäglichkeiten
sind überall zu lesen!!
Nach meinen Beobachtungen ist das Auseinanderschreiben
zum Selbstläufer geworden, dem nicht mehr entgegen-
gesteuert werden kann. Man, oder Frau Dr. Menges
persönlich mag sich noch so sehr darum bemühen.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Norbert Schäbler am 27.02.2003 um 09.33
Liebe Frau Doktor Menges!
Wir sprechen doch immer wieder aneinander vorbei!
Deshalb ein kleiner Exkurs:
Stellen Sie sich vor, Sie wollten das Fußballspielen erlernen (einer emanzipierten Frau darf man ja mit derartigem Vergleich hoffentlich kommen), und Sie hätten ggf. sogar den Wunsch eine großartige, aufsehenerregende Auswahlspielerin zu werden (was übrigens im Damenfußball wesentlich leichter scheint in Ermangelung der üppigen Konkurrenz), und werden Sie drittens – nach dieser doch etwas schelmenhaften Einführung – einfach ernst.
Zuerst werden Sie sich mit dem Spiel- oder Arbeitsgerät befassen. Das ist eine runde Kugel, gefüllt mit Luft, mit definiertem Umfang, definiertem Gewicht, allerdings variabel im Material und Aussehen. Ihren Lieblingsball werden Sie später selbst finden (Adidas, Nike, Puma …).
Mit diesem Gerät werden Sie üben, üben, üben, und falls Sie Auswahlspielerin werden wollen, werden Sie noch eine weitere Übungseinheit dranhängen.
Sie werden üben: die Stopptechnik, die Schußtechnik, die Technik des Dribbelns und die des Flankenschlagens, die des Köpfens und die des Beförderns mit allen beliebigen Körperteilen (mit Ausnahme der Hand, bzw. des Unterarms). Sie werden das runde Ding verfluchen und irgendwann wieder zu lieben anfangen, wenn Sie am Ziel Ihrer Träume angelangt sind.
Bis zu diesem Zeitpunkt allerdings gibt es kein Murren und kein Mogeln über das Arbeitsgerät, denn der Ball ist und bleibt rund, und weder der DFB noch die FIFA wird daran etwas ändern, weil die Fußballorganisationen erkannt haben, daß sich eine runde Pille am geschmeidigsten weiterbewegt, was z.B. unser Altbundestrainer Sepp Herberger wie folgt beschrieb: „Der Ball hat die beste Kondition.“
(Die Doppeldeutigkeit dieses Zitates werden Sie beim Üben nachvollziehen können.)
Irgendwann, liebe Frau Menges, wenn Sie durch das Programm durch sind, wenn Sie den Ball beherrschen wie keine Zweite, dann können Sie sich neue Aufgaben stellen. Dann können Sie den eckigen Ball erfinden und damit im Zirkus auftreten.
Ich schlage vor, bei dieser Nummer Seehunde als Mitspieler auszuwählen, weil diese Tierchen ein außerordentliches Ball- und Balancegefühl entwickeln.
Denen ist es völlig egal, was die auf die Nase kriegen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.02.2003 um 05.27
Die Hethiter sind sehr interessantes Feld der Kulturgeschichte. Also müssen wir noch viel weiter zurückgehen, um alle Aspekte zu erforschen. Wir hatten ja hervorragende vorausgehende Kulturen und die Geschichte fing aber immer wieder von Neuem an. Herr Upmeyer schreiben Sie doch mal Beispiele, von dem, was Sie berichten, hier ein. Die sprachlichen Komponenten der Hethiter sind ja sehr umfangreich.
99 Luftballons werden nacheinander in der Luft zerplatzen. Es ist einfach spannend, wann das sein wird.
Die Sprache ist ein Arbeitsmedium. Das stimmt - aber es ist mir zu nüchtern ausgedrückt. Mit Sprache kann man nicht nur philosophieren, sondern auch Spaß machen, Poesie betreiben oder nur spielen. Ist Sprache wirklich nur ein nüchternes Arbeitsmedium, vergleichbar mit dem Computer? Da drückt das Wort Arbeit auf Sprache so sehr, dass ich von diesem Vergleich weggehen müsste. Sprache ist eigentlich unser Leben, Sprache ist ein umfassender Teil des Menschen und sie ist ein großer Teil unserer Kommunikation ...
Die Konsequenzen, Herr Lindenthal und Herr Wagner, habe ich doch schon oft aufgeschrieben: Es wird und muss eine Weiterentwicklung der Sprache geben, den Sprache lebt und entwickelt sich. Es wird und muss immer Wissenschaftler geben, die diese Weiterentwicklungen aufschreiben und notieren werden.
eingetragen von Henning Upmeyer am 26.02.2003 um 11.57
Laut Johannes Friedrich, Hethitisches Elementarbuch, Seite 75:
"Wie in den anderen indogermanischen Sprachen wird auch im Hethitischen die Bedeutung des einfachen Verbalstammes durch Präverbien modifiziert. Das Hethitische nimmt insofern einen altertümlichen Standpunkt ein, als die Präverbien stets als selbständige Wörter geschrieben werden und kleine Wörtchen zwischen Präverb und Verbum treten können."
Im Gegensatz dazu haben die Sanskritschreiber und die alten Griechen die wunderbarsten Wortkompositionen geschaffen und sie zusammengeschrieben. Die der Griechen kann man in Homers Gesängen bewundern, aber vielleicht bald nur noch im altgriechischen Original, falls die deutschen Übersetzungen durch die Reformschreibung verunstaltet werden. Die deutsche Klassik wurde stark von den griechischen Wortschöpfungen beeinflußt und hat viele als wörtliche Übersetzungen und in den originalen Zusammenschreibungen übernommen.
Ich habe schon einmal vorgeschlagen, die neue deutsche Getrenntschreibung als "die hethitische Getrenntschreibung" zu benennen. Man könnte sie auch "Rinascimento Hethitico", "Die Wiedergeburt der hethitischen Getrenntschreibung" nennen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 26.02.2003 um 00.28
Liebe Frau Dr. Menges!
Mit Ihrem Beitrag „Renaissance“ tragen Sie reichlich zur Verwirrung bei. Wollen Sie denn tatsächlich das Rad der Sprachentwicklung so weit zurückdrehen und sich eventuell im nächsten Ansatz gar bei den Minnesängern (Walther von der Vogelweide, geb. 1170) einhaken. Lassen Sie’s gut sein mit Ihren romantischen und weltverbessernden Ideen, denn Sprache ist ein Arbeitsmedium. Sie will in der Jetztzeit verstanden und angewendet sein - ohne Formalismus und kultusministerielles Pipapo.
Wenn Sie schon in die Vergangenheit enteilen, dann verweilen Sie doch kurz im Zeitalter der Klassik und werfen Sie einen Blick in die Feudalgesellschaft, in der nicht einmal unser verehrter Amtsrat Goethe vollkommene Verfügungsrechte hatte. Gar manchem Fürsten und Verlagsherren mußte er sich beugen, weil es zu allen Zeiten Besserwisser und Besserverdiener gab, die dem großen Genius u.a. seine Reisen und Liebeleien bezahlten.
Vergessen Sie Ihre Renaissance – den lilablaßblauen Ausflug in die bessere Welt – und sorgen Sie dafür, daß in unserer aufgeklärten Republik weniger Machtmißbrauch und Diktatur stattfindet, denn das sollten wir gelernt haben: Freiheit ist das höchste Gut.
Was Ihren Kampf für die Getrennt- und Zusammenschreibung angeht, möchte ich Sie auf den genialen Lösungsansatz von T. Ickler (die Bögelchen) verweisen.
Sollten Sie in der Klassik oder aber gar in der Renaissance Bestärkung suchen für Ihre unhaltbare Theorie (daß Getrenntschreibung der Normalfall sei), so sei Ihnen verraten, daß es in Klassikertexten zwar Tendenzen gibt, die der neuen Rechtschreibung entgegenkommen, doch findet man in der gesamten Klassik keinen einzigen Autor, der die Getrenntschreibung wirklich normativ standardsetzend oder auch nur konsequent eingesetzt hätte.
Sprachentwicklung und Sprachusus sind Dinge, die man nicht rückwärts auflösen kann. Sie sind vielmehr eine Zustandsform – ein nahezu perfektes Ist – das mit sehr viel Energie und Gemeinschaftswillen erworben wurde.
Um ins Schwärmen zu kommen, benötigt man keine Renaissance!
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.02.2003 um 19.16
Liebe Frau Dr. Menges,
Sie schreiben:Dazu möchte ich Sie fragen:
Meine Leitprinzipien dabei sind
- fehlerhaftes und unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen.
– 1. Was meinen Sie mit „[F]ehlerhaftes ... aus der ... alten Rechtschreibung“? Enthält die „alte“ Rechtschreibung wirklich Fehler?
– Sie sprechen sich für eine „klare Getrenntschreibung nach festen Regeln“ aus; solche festen Getrenntschreibregeln bedeuten dann ja, daß bisher vorhandene Wörter in ihre Bestandteile zerlegt werden und daß die Wörter nicht mehr verwendet werden. Sie als Lehrerin müßten dann also „nach festen Regeln“ dafür sorgen, daß Ihre Schüler die betroffenen Wörter nicht mehr benutzen (denn sonst haben die Regeln ja keine „Festigkeit“, wenn für ihre Einhaltung nicht seitens der Fachkräfte (Deutschlehrer usw.) gesorgt wird).
Für welche Wörter möchten Sie denn künftig die Nichtverwendung erreichen?
Was schlagen Sie als Strafe vor, wenn jemand die Wörter dennoch verwendet?
Hat es sowas schon mal in der Weltgeschichte gegeben, daß Sprachlehrer die Verwendung von Wörtern verbieten, oder ist das eine Welturaufführung?
Wie würden Sie antworten und vorgehen, wenn Schüler Ihnen sagen, daß Sie in keiner Weise ein Recht haben, für lebendige, der gesamten Sprachgemeinschaft gehörende Wörter die Nichtbenutzung durchzusetzen?
Für Ihre Antwort auf diese Fragen dankt im voraus
Ihr
Detlef Lindenthal
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.02.2003 um 17.58
Welch ein schöner Begriff! Die Renaissancegedanken beinhalten das bewusste Anknüpfen an ältere Bildungs- und Kunsttraditionen und an die Weiterentwicklung dieser (Brockhaus, 1996, Band 18, S. 292). Renaissance wird daher nicht nur als ein kontinuierlicher Fortgang der Tradition, sondern auch als eine neue Phase der Entwicklung aufgefasst (ebenda). Es bedeutete, dass die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts "festzustellende Ausbildung von neuen an die Antike angelehnten Kulturinhalten" (ebenda) erfolgte. Selbst die Gesellschaftsstruktur wurde umstrukturiert.
Überträgt man dieses Bild auf das "Haus Rechtschreiben" kann ich die oben genannten Sätze voll unterschreiben. Es wird ein "Rechtschreibhaus", mit an der Antike angelehnten Inhalten" neu bearbeitet. Dieses Bild bewegt meine idealen Vorstellungen. Es entspricht meinem Traditionsbewusstsein, angelehnt an das Moderne und beinhaltet humanistisches Gedankengut.
Meine Leitprinzipien sind
- Fehlerhaftes und Unpraktisches aus der neuen und alten Rechtschreibung zu entfernen und
- eine klare Getrenntschreibung nach festen Regeln, die nicht unterbrochen werden, aufzustellen.
– geändert durch RenateMariaMenges am 27.02.2003, 13.22 –
eingetragen von Christian Melsa am 16.02.2003 um 18.35
In diesem Zitat scheint mir der Kern der Haltung zu liegen, aus der Frau Menges all ihre Ablehnung gegen ein konsequentes Verwerfen des mißlungenen Reformversuchs ableitet (denn daß die Reform irgendwie von ziemlichem Mist durchsetzt ist, hat sie doch schließlich erkannt):
Das Rad rückwärts zu drehen hat es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, also müssen wir nach vorne schauen.
Mir fällt dazu nur ein, daß man es wohl als äußerst bedauerlich bezeichnen müßte, wäre uns die moderne Aufklärung entgangen, weil mit derselben Begründung die Bewegung der Renaissance für rückschrittlich gehalten worden wäre. Die Behauptung, eine konstruktive Rückbesinnung auf bessere Zustände bzw. Ideen habe es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, dürfte also etwas vorschnell sein.
Ganz davon abgesehen, daß sich niemand progressiv schimpfen sollte, der meint, etwas, was es (vermeintlich) noch nie zuvor gegeben habe, müsse deswegen zwangsläufig ein untaugliches Mittel für die Zukunft sein. Frau Menges' Argumentation ist in sich nicht stimmig.
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.02.2003 um 18.02
Liebe Frau Menges!
Ich bin perplex; haben Sie das wirklich geschrieben? War Ihnen eventuell nicht klar, was ich jeweils gemeint habe? Kennen Sie den Hintergrund meiner Argumentation? Ich bin mir nicht sicher, wie ich Ihre Antworten verstehen kann stimmen Sie mir zu oder wollen Sie mir widersprechen? Teilen Sie die Kritik an der Reform oder nicht?
Ich versuche mal, unsere Positionen unter einen Hut zu bringen, und fange damit von hinten an:Ein Physiker macht ein Gedankenexperiment, wenn er auf diese Art und Weise etwas aus der Zukunft lernen will. Ich stimme Ihnen nachdrücklich zu, daß solches Denken, Experimentieren und Konstruieren auch beim Lesen und Schreiben relevant sind was mir erst durch Ihre klare Formulierung so richtig bewußt geworden ist, liebe Frau Menges!
R. Menges: Wir lernen nicht nur aus der Vergangenheit, sondern auch aus der Zukunft! Lesen und Schreiben sind keineswegs nur "instrumentelle Fertigkeiten," sondern beinhalten Fähigkeiten wie das Denken, Experimentieren und Konstruieren.
Auch ich widerspreche der Auffassung, daß Lesen und Schreiben lediglich instrumentelle Fertigkeiten zur Wahrnehmung von Bildungsinhalten seien wo bliebe da die Poesie? Aber diese Auffassung, die das Denken, Experimentieren, Konstruieren und die Poesie ignoriert, wird vom Vorsitzenden der Rechtschreibkommission, Prof. G. Augst, als Tatsache hingestellt! Er benutzt diese Tatsache als Argument, um die Diskussion über die deutsche Rechtschreibung zu versachlichen. Ich zitiere noch einmal aus seiner Pressemitteilung vom 31. Juli 1997:Sie sehen, liebe Frau Menges, woher diese Auffassung stammt, der Sie mit Recht widersprochen haben, und zu welchem Zweck sie benutzt wird: Es soll damit die Kritik an der Reform zurückgewiesen werden! Gleichzeitig aber und das darf man dabei nicht übersehen sagt doch die Anwendung dieses falschen Argumentes etwas über den geistigen Horizont desjenigen aus, der es vertritt. Weil das in diesem Fall der Kommissionsvorsitzende und ehemalige Chefreformer, Professor (!) Augst ist, sagt dieses falsche Argument auch etwas über den intellektuellen Hintergrund der gesamten Reform aus daß man offenbar bei der Ausarbeitung der Reform von falschen Voraussetzungen ausgegangen ist.
Rechtschreibreform: Kommissionsvorsitzender Augst fordert sachliche Diskussion
Der Vorsitzende der zwischenstaatlichen Kommission für die deutsche Rechtschreibung, Professor Dr. Gerhard Augst (Universität-GH Siegen), fordert ein größeres Maß an Gelassenheit und Sachlichkeit in der Diskussion über die deutsche Rechtschreibung. "Populistische Meinungsäußerungen dürfen", so Prof. Augst, "Fakten nicht verdrängen." [...] Tatsachen seien vielmehr:[...]
- Die neuen Rechtschreibregeln bedeuten keinen Kulturbruch. Lesen und Schreiben sind instrumentelle Fertigkeiten, die benötigt werden, um Bildungsinhalte wahrnehmen zu können. Änderungen in der Rechtschreibung haben keinen Einfluss auf den Wortschatz.
[...]
Liebe Frau Menges, indem Sie dieses Argument von Herrn Augst zurückweisen, weisen Sie implizit die gesamte Reform zurück!
____________
Nach vorne schauen: Für meine Begriffe ist es ja genau das, was Herr Ickler macht! Die Ausgangslage für die Zukunft ist die jetzige Situation, in der wir »ein wahrhaft fehlerhaftes Unterrichtswerk« haben, bei dem man »sich auf nichts verlassen« kann. Was ist da nun zu tun?
R. Menges: Das Rad rückwärts zu drehen hat es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, also müssen wir nach vorne schauen. Daher kann es nicht eine Sachlage geben, in der wir wieder bei der Ausgangslage 1996, wie Herr Kunze und Herr Ickler meinen, anfangen.
Es kann nicht darum gehen, zu der überreglementierten Dudenorthographie zurückzukehren, sondern es kommt darauf an, einen Schritt vorwärts zu machen, der gleichzeitig zwei Probleme auf einmal löst: Es müssen die Fehler der jetzigen Regeln beseitigt werden, ohne dabei die Spitzfindigkeiten der alten Dudenregeln wiederherzustellen. Denn das eigentliche Problem mit der herkömmlichen Orthographie war ja im wesentlichen nicht die Orthographie an sich die war sehr gut! Das eigentliche Problem waren die Regeln, in die sie gekleidet war.
____________
Was genau meinen Sie mit weiterentwicklen, liebe Frau Menges? Was soll(en) das/die Leitprinzip(ien) für diese Weiterentwicklung sein? Welches Leitprinzip vermuten Sie hinter Todenhöfers Entscheidung, möglichst viele Kommas zu setzen?
R. Menges: (Wagner)"Die Frage ist nur, wo vorn ist."
Wir haben eine Rechtschreibreform, die es nicht gebraucht hätte. Ich sehe aber nur darin einen Sinn, diese Orthografie weiterzuentwickeln und nicht das Rad zurückzudrehen. Todenhöfer schreibt in seinem neuen Buch zum Beispiel die neue Rechtschreibung, aber er wendet diese mit ganz vielen Kommas an.
____________
Ganz meine Meinung, Frau Menges! Und bitte teilen Sie diese Ihre Ansicht den Reformern bzw. der Rechtschreibkommission mit! Deren Ziel war es nämlich, die Anwendung von Regeln (die im Bereich der GZS weitestgehend auf formalen Kriterien beruhen, nicht auf inhaltlichen) zum Standard zu machen, weil das als Fortschritt angesehen wurde. Der vorreformatorische Zustand wird nämlich so beschrieben: »Außerdem ist vieles an der Rechtschreibung ungeregelt und damit extrem lernfeindlich.« (Augst: Thesen) Für die reformierten Rechtschreibung gilt dagegen:
R. Menges: (Wagner)"durch die Erfindung einer stark regelbezogenen Rechtschreibung das Schreiben erleichtern"
Hier helfe ich gerade weniger Begabten keineswegs, denn diese Schüler haben Schwierigkeiten Regeln selbstständig anzuwenden und auf Neues zu übertragen.
Gerade die Anwendung von Regeln gelingt ihnen nicht.
Es ist aber keineswegs so, daß allein eine stärkere Regelbezogenheit zu mehr Rechtschreibsicherheit führt. Im Gegenteil, im 3. Kommissionsbericht wird betont, wie wichtig der vom Sprachgefühl her gesteuerte Umgang mit der Rechtschreibung ist:
[Es ist die] Grundintention der Neuregelung, außerhalb bestimmter Teile der Wortschreibung im engen Sinn (Laut-Buchstaben-Beziehungen; Teil A des amtlichen Regelwerks) keine Regelung über das Wörterverzeichnis vorzunehmen. Das heißt, der Schreibende sollte sich in den Bereichen B bis F des amtlichen Regelwerks darauf verlassen können, dass die Schreibung allein auf Basis des Regelteils sicher hergeleitet werden kann, also ohne Konsultation des amtlichen Wörterverzeichnisses. Dies ist umso wichtiger, als das amtliche Wörterverzeichnis nicht jede aus den Regeln ableitbare Schreibung zeigen kann; insbesondere wird die Anwendung fakultativer Regeln (etwa im Bereich der Schreibung mit Bindestrich) gewöhnlich nicht vorgeführt. Streng logisch gesehen, hat das amtliche Wörterverzeichnis in Bezug auf die Teile B bis F des Regelteils nur illustrierenden, nicht normsetzenden Charakter.
(3. Bericht der ZKfdR, Seite 64)
Daran sehen Sie, liebe Frau Menges, daß auch Ihre zweite fundamentale Kritik an der Reform sehr berechtigt ist!
Bei der Besprechung der Änderungen stellt sich zur Verblüffung vieler Kursleiterinnen und -leiter heraus, dass die Kenntnis der alten Rechtschreibung im Großen und Ganzen nicht auf einer Kenntnis der Regeln beruht. Die allermeisten beherrschen die [alte] Rechtschreibung gut, können die einzelnen Schreibungen aber nicht begründen. Das Sprachgefühl steuert die Kommasetzung, die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Groß- und Kleinschreibung und auch die Laut-Buchstaben-Zuordnung.
(3. Kommissionsbericht, S. 57)
____________
Volle Zustimmung zu Ihrem zweiten und dritten Punkt, liebe Frau Menges! Das Problem liegt aber in dem ersten Punkt: Es war das erklärte Ziel der Reform, das Schreiben zu vereinfachen und die Fehleranzahl zu reduzieren. Dazu noch einmal der Vorsitzende der Rechtschreibkommission, Prof. Augst:
R. Menges: (Wagner) "durch die Veränderung der Schulorthographie die Rechtschreibung insgesamt ändern und ihr Niveau dem der Schüler anpassen"
Dieses Thema wurde hier bereits kontrovers diskutiert:
1. Eine Rechtschreibung, die wir dem Niveau des Schülers anpassen, wird es niemals geben!
2. Eine Rechtschreibung muss für alle verbindlich sein, für den hochbegabten Wissenschaftler, den Germanisten, den Journalisten und für den Schüler.
3. Ein Herunterziehen der Regeln, Normen und Werte auf Schülerniveau wäre in jedem Fall unangebracht. Schüler benötigen Vorbilder, Ziele und Werte, an denen sie sich orientieren können.
Wie Sie wissen, hat man nicht versucht, die angestrebte Vereinfachung dadurch zu erreichen, daß die Regeln von Ballast befreit und klarer gefaßt wurden im Gegenteil, die amtlichen Regeln sind wesentlich schwerer zu verstehen als die bisherigen Dudenregeln. Nein, man hat es anders gemacht und der letzte Satz dieses Zitates weist bereits den Weg: Wenn man keine Chance mehr sieht, das Bestehende besser zu vermitteln, dann muß es auf ein leichter vermittelbares Maß reduziert werden. Dabei wird übersehen, daß es auch anders gehen könnte, und das ist umso überraschender, da die andere Möglichkeit (Durchkämmen der Regeln) viel näher liegt und viel weniger Unheil anrichtet.
Auch nimmt die Zahl der Berufe zu, in denen geschrieben wird. Aber viele Menschen können nicht r i c h t i g schreiben. Man schätzt ihre Zahl im deutschen Sprachraum auf ca. 60 % der Bevölkerung. Sie vermeiden das Schreiben, um sich nicht zu blamieren; denn eine gute Rechtschreibung gilt vielen sogar als Ausweis von Intelligenz. Man könnte mehr üben, aber die Möglichkeiten der Schule sind ausgereizt.
(Augst: Thesen)
Liebe Frau Menges, genau das, was Sie ablehnen, ist bereits passiert: Das Niveau der Rechtschreibung hat erheblich gelitten, denn es ist zu dem der Schüler hin verschoben worden! Das sehen Sie an vielen Dingen:(Wer nennt weitere Aspekte?)
- Angenommen, die durchschnittliche Intelligenz der Schüler habe sich nicht geändert. Wenn trotzdem weniger Fehler gemacht würden, kann das nur bedeuten, daß die Kriterien, die festlegen, was falsch ist und was richtig, dahingehend geändert worden sind, daß bisherige Fehler nicht mehr als solche zählen. Das bedeutet aber eine Anpassung an das Niveau der Schüler! Beispiele für diese Art der Vereinfachung:
- Warum darf man jetzt so viele Kommas weglassen?
- Warum gibt es jetzt offiziell grammatische Falschschreibungen? (Deshalb.)
- Warum soll man jetzt "ck" falsch trennen?
- Warum haben die Zeitungen ihre Hausorthographien? Warum ist von dpa von vornherein ein großer Teil der neuen Regeln abgelehnt worden?
- Warum stößt die Reform auf Ablehnung bei den Schriftstellern, bei der FAZ, bei weiteren Zeitungs- und Zeitschriftenredaktionen, beim Hochschulverband, bei manchen Altphilologen etc.?
- Durch den Wegfall von eigenständigen Wörtern (insbesondere zusammengesetzten Adjektiven) ist der Umfang des schriftsprachlichen Wortschatzes reduziert worden, und es sind damit Ausdrucksdifferenzierungsmöglichkeiten beschnitten worden. Ganz egal, wie gering der Umfang dieser Änderung sein mag darin liegt die Tendenz, daß die Schriftsprache primitiver wird.
____________
Zusammenfassung der Argumente von Frau Menges:Sehr gut, Frau Menges: Damit haben Sie die grundlegende Mißkonzeption der Reform erfaßt und die Probleme kurz und bündig beschrieben. Weiter so! Und: Was ist die Konsequenz?
- Ein Herunterziehen der Regeln, Normen und Werte auf Schülerniveau wäre in jedem Fall unangebracht. Schüler benötigen Vorbilder, Ziele und Werte, an denen sie sich orientieren können.
- Rechtschreiben sagt nichts über die Grundintelligenz des Menschen aus. Sie kann ein kleiner Teil davon sein [...]
- [Weniger Begabte] haben Schwierigkeiten Regeln selbstständig anzuwenden und auf Neues zu übertragen. Gerade die Anwendung von Regeln gelingt ihnen nicht.
- Wir haben eine Rechtschreibreform, die es nicht gebraucht hätte.
- Lesen und Schreiben sind keineswegs nur "instrumentelle Fertigkeiten," sondern beinhalten Fähigkeiten wie das Denken, Experimentieren und Konstruieren.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.02.2003 um 15.58
(Schäbler)Welcher Wissenschaftler hat eigentlich je den Beweis geführt, daß Rechtschreibung nichts mit Intelligenz zu tun habe?
Den Beweis hat keiner geführt, denn die Frage ist schon falsch. Niemand hat gesagt, dass Rechtschreiben nichts mit Intelligenz zu tun hat: Es geht hier um Teilbereiche oder Teilstörungen der Intelligenz. Also kann kein Wissenschaftler oben genannte These stützen oder verwerfen.
Aktuelles aus der bayerischen Hauptstadt:
Frau Kultusministerin fährt nach Kanada und will dort Reformanstöße für das Schulsystem erfahren (Augsburger Zeitung von heute).
Eine Frage, die niemand beantworten kann:
Wie kommt ein solches Gremium für die Rechtschreibung, wie wir es kennen lernen mussten eigentlich darauf, die Rechtschreibung für mindestens 3 deutschsprachige Länder ohne Probedurchläufe zu ändern, ohne konstruktive Kritiken im Vorfeld einzuholen, ohne Expertisen?
Es war also ein "kritikloses Dahinarbeiten und Durchwurschteln" möglich. Das kann niemand v e r s t e h e n!
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.02.2003 um 13.40
Welcher Wissenschaftler hat eigentlich je den Beweis geführt, daß Rechtschreibung nichts mit Intelligenz zu tun habe?
Hypothesen sollten normalerweise bewiesen oder verworfen werden!
__________________
nos
eingetragen von Henning Upmeyer am 15.02.2003 um 18.23
Wenn Rechtschreiben nichts über die Grundintelligenz eines Menschen aussagt, wieso ist es in der Grundschule gleichwertiger Teil der Deutschnote und damit der Übertrittsberechtigung ins Gymnasium?
Kinder, die in der Grundschule die Klarheit und Logik der Mathematik entdecken und hier wirklich gute Leistungen bringen und dann meinen, sie könnten diese Denkweise auch auf die Rechtschreibung anwenden, bekommen Probleme mit deren Unlogik und Widersprüchlichkeit, welche die Enwicklung des logischen Denkens geradezu verhindern. Ihnen bleibt oft nur der Weg über die Fach- oder Berufsoberschule zum Hochschulstudium und dadurch werden sie ab dem 10. Lebensjahr von der viel breiter angelegten humanistischen gymnasialen Bildung ausgeschlossen. Ich finde dieses Ausgrenzungssystem Sch...
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.02.2003 um 17.47
· ( Wagner) "durch die Veränderung der Schulorthographie die Rechtschreibung insgesamt ändern und ihr Niveau dem der Schüler anpassen"
Dieses Thema wurde hier bereits kontrovers diskutiert:
1. Eine Rechtschreibung, die wir dem Niveau des Schülers anpassen, wird es niemals geben!
2. Eine Rechtschreibung muss für alle verbindlich sein, für den hochbegabten Wissenschaftler, den Germanisten, den Journalisten und für den Schüler.
3. Ein Herunterziehen der Regeln, Normen und Werte auf Schülerniveau wäre in jedem Fall unangebracht. Schüler benötigen Vorbilder, Ziele und Werte, an denen sie sich orientieren können.
Rechtschreiben sagt nichts über die Grundintelligenz des Menschen aus. Sie kann ein kleiner Teil davon sein; wir diskutierten dies bereits umgangreich.
· (Wagner)"durch die Erfindung einer stark regelbezogenen Rechtschreibung das Schreiben erleichtern"
Hier helfe ich gerade weniger Begabten keineswegs, denn diese Schüler haben Schwierigkeiten Regeln selbstständig anzuwenden und auf Neues zu übertragen.
Gerade die Anwendung von Regeln gelingt ihnen nicht.
(Wagner)"Die Frage ist nur, wo vorn ist."
Wir haben eine Rechtschreibreform, die es nicht gebraucht hätte. Ich sehe aber nur darin einen Sinn, diese Orthografie weiterzuentwickeln und nicht das Rad zurückzudrehen. Todenhöfer schreibt in seinem neuen Buch zum Beispiel die neue Rechtschreibung, aber er wendet diese mit ganz vielen Kommas an.
Mein "ja" bezog sich auf die Frage nach dem Vorwärts und darauf, dass etwas nur dann ein Gesetz werden kann, wenn eine eindeutige Handlung und Haltung dahinter steht.
Das Rad rückwärts zu drehen hat es in unserer Geschichte noch nicht gegeben, also müssen wir nach vorne schauen. Daher kann es nicht eine Sachlage geben, in der wir wieder bei der Ausgangslage 1996, wie Herr Kunze und Herr Ickler meinen, anfangen.
Wir lernen nicht nur aus der Vergangenheit, sondern auch aus der Zukunft! Lesen und Schreiben sind keineswegs nur "instrumentelle Fertigkeiten," sondern beinhalten Fähigkeiten wie das Denken, Experimentieren und Konstruieren.
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.02.2003 um 17.34
(Lachenmann) "Der Gedanke, es sei letztendlich egal, welche Rechtschreibfähigkeiten die Arbeitskräfte in der Wirtschaft künftig haben, ist so unter jeglicher Würde eines für Bildung verantwortlichen Menschen, daß ich ihn selbst bei Frau Menges nicht vermutet hätte. Also gibt es doch den Morbus gleichen Namens, wobei er sicherlich noch viele andere Namen hat."
Ich schreibe hier über nicht über die Rechtschreibfähigkeiten eines Menschen oder eines Arbeitsnehmers. Eine Bewertung des Könnens bleibt aus.
Ich spüre eine starke depressive Haltung in dem Schreiben von Herrn Lachenmann.
Natürlich sollte jeder Schüler bestmöglichst schreiben, rechnen und lesen können. "Der so gebildete Schüler ( selbstständiges Lernen, experimentelles Lernen, konstruktives Lernen) findet sich in jeder Rechtschreibung zurecht. " Hier ist gemeint, dass der Schüler, der das Prinzip einer Rechtschreibung erfasst hat, selbstverständlich leicht in eine ähnliche Struktur wechseln kann.
Über die Würde des Menschen nachzudenken ist meine/ unsere tägliche Arbeit. Wenn die Würde des Menschen mit Rechtschreibung in Verbindung gebracht wird, dann muss ich sagen, dass von verschiedenen Voraussetzungen ausgegangen wird. Die Würde eines Menschen kann niemals von Kulturtechniken abhängen.-
Eine humanistische Allgemeinbildung bildet keine Wissensmonopolisten aus, sondern vermittelt Grundwissen, Normen und Werte und hat auch sicherlich mit der Würde des Menschen zu tun. Darum muss man geradezu eine humanistische Grundbildung vertreten.
(Lachenmann) "Die Wirtschaft sucht inzwischen nicht mehr den Angepaßten, der alles genauso vorprogrammiert macht, wie er es in den verschiedenen Stationen seiner Zurichtung auf Wirtschaftsbelange hin gelernt hat, sondern das querdenkerische, introvertierte Genie," welches Smalltalk kennt, Rechtschreiben, sinnerfassendes Lesen und Schreiben am Computer kann und gute Manieren hat. Es werden also menschliche, nette Allrounders gesucht, die alles können und einen perfekten Schulabschluss vorweisen können.
Sie sehen wie sehr dieses Bild eines Genies am normalen Menschen und an der Würde des Menschen vorbeigeht. Alleskönner und Alleswisser gibt es nicht, heute ist der am besten dran, der weiß, wo er Wissen erwerben kann und das gilt auch für das Erwerben der Kenntnisse der neuen und alten Rechtschreibung.
Der neue Grundschullehrplan und das Durham Board haben im Übrigen die gleiche Ausgangslage und die gleiche Intension des Lernens. Der Grundgedanke ist, dass sich die Welt unserer Kinder verändert hat und Unterricht und Erziehung sich grundlegend ändern müssen. Konstruktivistische Denkweisen werden bevorzugt angegangen. Probleme sind unsere Freunde und Fehler sind für das Lernen da sind Schlagwörter unserer Zeit.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.02.2003 um 13.57
Kieler Nachrichten v. 7.12.02: „der Erstplat-zierte"
– aber früher auch einmal „Yangt-ze-Fluss".
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Schäbler am 14.02.2003 um 09.55
Neulich habe ich (ein ehemals freier Mitarbeiter einer Sportredaktion) mich wieder über das Wort „platzieren“ geärgert,
denn seinerzeit hat man uns eingehämmert, daß dieses Wort entweder „placieren“ oder „plazieren“ zu schreiben sei.
Dies, so die damalige Unterweisung, sei einfach nachzuvollziehen bei langsamem Sprechen. Dann zerfalle das Wort in die Silben „pla-zie-ren“ bzw. „pla-cie-ren“.
Die Prägung sitzt tief! Deshalb nehme ich an, daß man das Wort „platzieren“ künftighin „pla-tzieren“ trennt.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.02.2003 um 20.24
Zitat:Also lehnt Ihr Sprachgefühl intuitiv die Trennung Tre- kking ab, und also würde dies auch für die Variante Tre- cking gelten, richtig? Was halten Sie nach Ihrem Sprachempfinden von dieser Schreibweise und Trennung, liebe Frau Menges: Tre- cking?
R. Menges, "Weiter in den 10 Geboten":
Es kommt auf die Betonung der ersten Silbe an, dann kann ich auch dre- ckig trennen. Bei Tre- kking fällt mir die Betonung der ersten Silbe aber auch wirklich schwer.
____________
Als Berliner bitte ich hiermit um Aufklärung über bairische Betonungsgepflogenheiten: Gibt es eigentlich diese "andere Variante" (dre- ckig) auch bei anderen Konsonanten als K; beispielsweise bei G? Wie würden Sie Kogge (oder Jogging, falls Ihnen das näher liegt) trennen, wenn Sie dieses Wort (diese Wörter) mit der entsprechenden Erstsilbenbetonung aussprechen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.02.2003 um 11.27
Liebe Frau Menges, bitte helfen Sie mir etwas nach: Welchen meiner Beiträge überdenken Sie gerade, in dem ich solches gemeint habe? Ich möchte nicht mißverstanden werden; ich will der herkömmlichen Rechtschreibung keineswegs einen Freibrief ausstellen, sondern ich will vergleichen.
Stellen Sie sich vor, die herkömmliche und die reformierte Rechtschreibung würden von der "Stiftung Warentest" untersuchen werden; das wäre dann ein vergleichender Warentest. Ich behaupte, daß dabei bezüglich der logischen Stimmigkeit die herkömmliche Rechtschreibung besser abschneiden würde als die reformierte.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.02.2003 um 06.30
In Zukunft soll nach Frau Kultusministerin Hohlmeier die Rechtschreibfähigkeit wieder einzeln bewertet werden, außerdem Grammatik und Textverständnis. Zudem sollen soziales Engagement, Teamfähigkeit und Einsatzfreude mit in das Zeugnis einfließen ( Augsburger Zeitung von heute). Dies soll noch vor dem nächsten Schuljahr durchgesetzt werden.
– geändert durch RenateMariaMenges am 15.02.2003, 09.14 –
eingetragen von Norbert Schäbler am 12.02.2003 um 23.30
Unter Schlüsselqualifikationen versteht man:
- Mobilität
- Flexibilität
- und neuerdings: Debilität
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 12.02.2003 um 23.11
Liebe Frau Menges!
Als ehemaliger Hauptschullehrer, der mindestens sieben Schülerjahrgänge direkt (d.h. von der 9. Jahrgangsstufe aus) in die Wirtschaft hineingeschleust hat, der jeden seiner Schüler bei seinen "zig" Bewerbungen begleitete, der das in Bayern aufgewertete Fach "Arbeitslehre" nach bestem Wissen und Gewissen unterrichtete, selbst zwei Praktika (zum einen in einem Dienstleistungs- zum anderen in einem Handwerksbetrieb) ableistete und im Verlauf der zahlreichen Schülerpraktika mit etlichen Betrieben seines Heimatraumes Kontakt aufnehmen durfte, kann ich über derartige Polemik nur lächeln.
Sie werden doch nicht glauben, daß die Schule oder die bornierten Kultusminister künftig die "Schlüsselqualifikationen" diktieren!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.02.2003 um 16.57
**** W a l t e r Lachenmann - der Schulspezialist.
Ich bin so gespannt auf eine Schule, wie sie sich Walter Lachenmann vorstellt.
Während ich hier die Beiträge überdenke, besonders den von Herrn Wagner, in dem er meint, dass die alte Rechtschreibung zwingend logisch war, warte ich auf eine Antwort von Herrn Lachenmann - ich hatte ihn bereits einmal eingeladen! Wenn er einmal eine moderne Schule anschauen will, dann kann er gerne kommen. Dabei können wir auch den Film anschauen. Wir werden noch über Ihren Beitrag diskutieren müssen!
Irgendwie denke ich auch, wenn die Herren hier täglich (!) vor der Klasse stünden, wie sie dann reagieren würden. Ich stelle mir auch Stiene, Scheuermann und Ickler vor der Klasse vor und ihre Reaktion. Aber das sind nur Gedankenausflüge! Große Beachtung und Achtung verdient Herr Ickler mit seinem Werk allemal, auch wenn er dauernd Kritik einstecken muss. Soviel sei gesagt, es ist Gott sei Dank so, dass wir von der Wissenschaft "leben" und nicht von der Industrie. Die Wissenschaft wird dann aber sehr schnell konkret und pragmatisch.
– geändert durch RenateMariaMenges am 17.02.2003, 21.26 –
eingetragen von Martin Reimers am 12.02.2003 um 09.13
Liebe Frau Menges,
Sie haben natürlich recht - es handelt sich um einen Bertelsmann-Film, nicht um ein Bertelsmann-Buch. Ob das an der Sache viel ändert, sei dahingestellt.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Martin Reimers am 12.02.2003 um 09.11
Liebe Frau Menges,
Sie haben natürlich recht - es handelt sich um einen Bertelsmann-Film, nicht um ein Bertelsmann-Buch. Ob das an der Sache viel ändert, sei dahingestellt.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.02.2003 um 05.30
Herr Reimers!
(Reimers) Die Bertelsmann-Bücher bekommen den Bertelsmann-Preis . . .
Ich muss schon sagen, dass Sie diese Berichte nicht genau erfassen. Es war die Rede von einem Film, der derzeit in vielen Lehrerfortbildungen in Bayern gezeigt wird. Es ist sozusagen ein Anstoßprogramm. Hat es jemals für ein Buch einen solchen Preis gegeben? Das Geld haben Schulen in Ontario erhalten. Keine deutschen Schulen! Die Kritik, die hier geäußert wird, hat sicherlich viel konstruktives an sich, aber da muss schon wissen, um was es geht. Ich verstehe die Kritik und Ihre Belange, aber Sie verstehen gar nicht, warum es hier geht: Es geht um die Zukunft in unseren Schulen und dafür spreche ich hier. Kontroverses kann ich aushalten, aber nicht Unverständnis.
Die weitere Kritik muss ich erst in Ruhe lesen! Ich weiß, dass das Thema schwierig ist und eine Verständigung fast nicht möglich, trotzdem muss ich darüber nachdenken. Ich glaube aber, dass die Leute, die sich hier Gedanken machen immer noch die besseren, die konstruktiveren, die netteren sind, auch wenn die Sprache zuweilen sehr "männlich" ist.
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.02.2003 um 00.37
R. Menges: »Letztendlich ist es nicht so wichtig, welche Rechtschreibung verbindlich ist.«Liebe Frau Menges, nach allem, was wir hier diskutiert haben, haben Sie die Stirn, uns diesen fundamentalen Irrtum aufzutischen?
Gewiß ist die Orthographie nur ein Element unter anderen, aus denen sich die Bildung zusammensetzt, und es mag sein, daß sie keine Schlüsselfunktion hat, keine zentrale Rolle spielt -- nichtsdestoweniger muß sie korrekt sein, d. h. sich konsistent in das Gefüge der anderen Elemente eingliedern, die die Bildung ausmachen. Dieser Irrtum liegt in gewisser Weise auch der 1996er Reform zugrunde: Die untergeordnete Rolle der Orthographie eröffnet nicht prinzipiell die Möglichkeit, sie willkürlich zu ändern!
(Natürlich gibt es Bereiche der Orthographie, die ohne größeren Schaden verändert werden können, aber zum einen sind dafür andere Kriterien maßgeblich als die Untergeordnetheit, und zum anderen erübrigt sich dabei keineswegs eine Abwägung zwischen Risiken und Nutzen.)
Liebe Frau Menges, ich komme nicht umhin, Ihnen wiederum die entscheidende Frage zu stellen:
Was legitimiert sachlich Falsches?
"Untergeordnete Rolle" bedeutet nämlich auch, daß es übergeordnete Kriterien gibt, nach denen sich die Rechtschreibung richten muß und mit denen sie kompatibel sein muß -- sowohl konkret von der (Schrift-) Sprache her als auch vom allgemeinen Standpunkt der Logik und der Wissenschaft.
Es darf nicht sein, daß die Rechtschreibung die Grammatik und die Syntax der Sprache ignoriert, es darf nicht sein, daß die Rechtschreibung semantische Klarheit und Differenzierungen verhindert, es darf nicht sein, daß der Rechtschreibregelung der Vorzug gegeben wird, die die größere Kluft zwischen geschriebener und gesprochener Sprache mit sich bringt als eine andere Variante.
Es darf nicht sein, daß die Rechtschreibregeln in sich widersprüchlich sind oder fehlerhaft. Dies sind Kriterien, die genauso auch für andere Wissensbereiche gelten, Bereiche, die wichtig sind und eine zentrale Rolle bei der Bildung spielen. Ja, man kann sogar sagen, daß diese Kriterien Schlüsselfunktion haben -- und also ist es letztendlich sehr wichtig, daß nur eine solche Rechtschreibung verbindlich ist, die diesen Kriterien genügt.
Die jetzige amtliche Regelung tut dies nicht. Einen möglichen Weg aus dieser Misere hat Herr Ickler gewiesen. Und was schlagen Sie konkret vor, liebe Frau Menges?
____________
Worauf bezog sich eigentlich die Überschrift "Ja" Ihres vorvorigen Beitrages?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Martin Reimers am 11.02.2003 um 22.54
Frau Menges schreibt:
"Die stille Revolution. Das Durham Board of Education, Ontario, Kanada. Verlag Bertelsmann Stiftung 1996. Das Durham Board hat den Carl Bertelsmann Preis 1996, dotiert mit 300 000 DM, bekommen."
Die Bertelsmann-Filme bekommen den Bertelsmann-Preis . . .
Mich erinnert das ganz fatal an die realsozalistischen Ordensverleihungen. Die haben sich auch ständig gegenseitig mit Orden behängt - bis die Berater den unvergeßlichen Leonid Iljitsch schon auf die kursierenden Witze über dessen bevorstehende Brustvergrößerung aufmerksam machen mußten.
Der Generalsekretär nahm's übrigens gelassen: "Wenn das Volk über mich lacht, dan liebt es mich." Auch diese Unerschütterlichkeit erinnert irgendwie an die Kommissionsmitglieder.
Die Rechtschreibreform als Fortsetzung der Planwirtschaft mit anderen Mitteln . . .
– geändert durch Martin Reimers am 13.02.2003, 10.03 –
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.02.2003 um 22.31
Frau Menges ist eindeutig nicht auf dem neuesten Stand der Entwicklung. Die Wirtschaft sucht inzwischen nicht mehr den Angepaßten, der alles genauso vorprogrammiert macht, wie er es in den verschiedenen Stationen seiner Zurichtung auf Wirtschaftsbelange hin gelernt hat, sondern das querdenkerische, introvertierte Genie, das von all dem modischen Gewäsch nichts wissen will, sich in eine selbstgewählte Interessenwelt vergrübelt und dort in aller individuellen Unabhängigkeit auf Ideen kommt, die im Abhängigkeitsgeflecht der Wirtschaftsunternehmen auch nicht ansatzweise entstehen könnten, die sich die Wirtschaftsstrategen mangels eigener Kreativität aber zunutze machen wollen.
Inzwischen hat man in den Etagen, wo die Entscheider der Wirtschaft zu definieren versuchen, was ein moderner Mensch an Wissen und Fähigkeiten vorzuweisen, also in der Schule zu erlernen hat, damit er der Wirtschaft nützt – denn dies, nicht wahr, ist doch der Sinn eines jeden Menschenlebens – längst erkannt, daß alles, was bisher in diesem Zusammenhang von Bildungsstrategen erörtert wurde, total unnütz gewesen ist. Denn die Geschichte der Wirtschaft hat ja erwiesen, daß die bisherigen Rezepte und Entwürfe des modernen wirtschaftskompatiblen Menschen uns nicht vor unserer heutigen Situation bewahrt haben: Die Wirtschaft steckt weltweit in ihrer dicksten Krise, wir haben eine mehrheitlich phantasielose, politisch unreife, geistig unselbständige und ungebildete Bevölkerung, die ihr Seelenheil in minderwertigen, wenn nicht obszönen Medien und Vergnügungen vergeblich aber umso beharrlicher sucht, wir haben Firmenpleiten und Arbeitslose in nie dagewesener Menge. Wir haben geistig-seelische Hilflosigkeit bei gleichzeitiger existentieller Verunsicherung. Und das trotz gesellschaftspolitischer Theorien in Durham-Qualität seit mindestens 40 Jahren.
Also haben die bisherigen Rezepte - und diese Durham-Theorie führt sie ja offensichtlich nur mit ähnlichen Allgemeinplätzen, die in diesen Kreisen für Wissenschaft gehalten werden, weiter - überhaupt nichts gebracht. Die Wahrheit ist, daß in wirtschaftlich guten Zeiten selbst ausgemachte Idioten erfolgreich sein können. Umgekehrt werden in schlechten Zeiten auch Menschen mit noch so wirtschaftsorientierter Schulung, wie sie Frau Menges als zukunftsweisend postuliert und dabei offensichtlich den diesem Ausbildungs- und Menschenideal innewohnenden Horror gar nicht sieht, demselben Schicksal des Scheiterns anheimfallen, wie alles um sie herum.
Die Schulen müßten begreifen, daß sie die Aufgabe haben, den Kindern in erster Linie eine zunächst von jeglichem Berufsziel völlig unabhängige humane Bildungsgrundlage zu vermitteln, die es ihnen ermöglicht, sich später für ein nach eigenen Ideen gestaltetes Leben zu entscheiden. Dazu gehören selbstverständlich Schreiben, Lesen, Rechnen, Grundwissen in verschiedenen Bereichen der Allgemeinbildung und Musisches. Mit einer solchen Grundlage, bei der die in diesem Durham-Elaborat aufgeführten „Fähigkeiten“ als schon im Kindergarten und im Alltag vermittelt sozusagen bereits abgehakt sind, werden die jungen Menschen in jedem Beruf, für den sie sich entscheiden, leicht das hinzulernen, was dort gebraucht wird. Schon in den Grundschulklassen darauf hinarbeiten zu wollen, welchen Menschentypus „die Wirtschaft“ braucht, ist nicht allein unmenschlich, sondern auch dumm und überdies völlig vergeblich.
Der Gedanke, es sei letztendlich egal, welche Rechtschreibfähigkeiten die Arbeitskräfte in der Wirtschaft künftig haben, ist so unter jeglicher Würde eines für Bildung verantwortlichen Menschen, daß ich ihn selbst bei Frau Menges nicht vermutet hätte. Also gibt es doch den Morbus gleichen Namens, wobei er sicherlich noch viele andere Namen hat.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von meckes am 11.02.2003 um 22.20
RMMenges: "Letztendlich ist es nicht so wichtig, welche Rechtschreibung verbindlich ist. Es ist wichtig, oben genannte Fähigkeiten und Fertigkeiten zu können. Der so gebildete Schüler findet sich mit jeder Rechtschreibung zurecht."
Das halte ich für sehr problematisch. Betrachtet man die Rechtschreibung als einen Teil des Sprachvermögens, sich über die Schriftsprache (z. B. durch das Lesen wie durch das Verfassen von Texten) eine differenzierte Weltsicht zu erarbeiten, ist es doch wohl von Bedeutung, ob eine Rechtschreibung bevorzugt wird, die die Vielschichtigkeit durch differenziertere Darstellungsmöglichkeiten erfaßt bzw. zum Ausdruck bringt, oder eine Reformortografie angewandt wird, die, wie hier oft überzeugend nachgewiesen, diese Differenzierungsmöglichkeiten tendenziell eher erschwert. Die Bildung des Schülers hängt auch mit der Qualität der Rechtschreibung zusammen, die er lernen muß: Eine durch Schule vermittelte schlechte Rechtschreibung bedeutet auch eine schlechtere Bildung.
RMMenges: "Unser Ziel muss es sein, Schüler auf ihren beruflichen Weg vorzubereiten. Deshalb ist es für sie wichtig, das modernere System zu lernen, denn dies wird später von ihnen verlangt."
Wird das Schulsystem so nicht zu einer bloßen verlängerten Werkbank der Wirtschaft, wenn Bildung mit Ausbildung verwechselt wird? Die Bundeselternrat-Chefin Hendricks wird heute mit einer Aussage in der FR zitiert, die mir recht vernünftig erscheint: „Schule bildet nicht für die Wirtschaft aus, sondern dafür, dass Schüler ihr Leben in die Hand nehmen können.“ In diesem Sinne hat die Schule eher die Aufgabe, dazu zu befähigen, daß Schüler nicht kritiklos etwas lernen, was einige vielleicht als "modern" euphemisieren, was in Wahrheit aber schlechter als das Alte ist.
RMMenges: "Nun müssen die Schüler weitere Fähigkeiten können:
- diskutieren
- argumentieren
- Lösungen finden."
Was heißt denn "nun"? Diese Fähigkeiten müssen sie den einschlägigen didaktischen Überlegungen und schulischen Bestimmungen zufolge doch seit mindestens 25 Jahren schon erwerben - aber zum Glück nicht nur das.
Das was Bertelsmann in diesem Lande als heimliches Bildungsministerium ("Mohn-Sekte") initiiert und betreibt, verdient wie bei der von diesem Unternehmen forcierten Rechtschreibreform eine sehr skeptisch-kritische Würdigung.
Marc Eckes
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.02.2003 um 19.35
Die stille Revolution. Das Durham Board of Education, Ontario, Kanada. Verlag Bertelsmann Stiftung 1996. Das Durham Board hat den Carl Bertelsmann Preis 1996, dotiert mit 300 000 DM, bekommen.
Dieser Film bewegt zumindest die Lehrer, die der Schulentwicklung positiv gegenüber stehen.
Ein kritischer Punkt (u.a.) betrifft die amerikanischen Verhältnisse der Industriepartner. Schulen aus Ontario, aus dem Durham Board, werden zu 50 % aus der Community und zu 50 % durch die Businesspartner bezahlt. Dennoch:
Die alte Schule der Industriegesellschaft kann nicht mehr die Schule der Zukunft sein. Früher wurden die Schüler für Fabriken ausgebildet, heute verlangt die Schule neue Fähigkeiten:
- Academics
- Teamwork
- Personal Mangagement.
Unter Academics werden die Kulturtechniken (u.a. Rechtschreiben) und das Grundwissen verstanden.
Schulen waren ein Spiegel der Industrie. Nun müssen die Schüler weitere Fähigkeiten können:
- diskutieren
- argumentieren
- Lösungen finden.
Es werden also Fähigkeiten und Fertigkeiten der Academics und Schlüsselfertigkeiten verlangt.
Was hat dies mit unserer Schule und mit dem Rechtschreibproblem zu tun?
Letztendlich ist es nicht so wichtig, welche Rechtschreibung verbindlich ist. Es ist wichtig, oben genannte Fähigkeiten und Fertigkeiten zu können. Der so gebildete Schüler findet sich mit jeder Rechtschreibung zurecht.
Die Schule, die zum Labor wird, verändert ihre Ziele.
Inwieweit stimmt das Modell dieser Schulen auch für Deutschland?
Inwieweit redet die Industrie auch in unsere Schulen hinein?
Inwieweit lässt sich der Bildungspakt Bayern hier verstehen?
Was verlangt die Wirtschaft im Bereich Rechtschreiben von uns?
Hier kann man den Herder Verlag im Breisgau vergleichen: Es wird in neuer Rechtschreibung veröffentlicht ( Todenhöfer, Jürgen: Wer weint schon um Abdul und Tamaya? 2003).
Fazit: Wir sind keine Wissensmonopolisten, sondern Lehrende und Lernende zugleich.
Unser Ziel muss es sein, Schüler auf ihren beruflichen Weg vorzubereiten. Deshalb ist es für sie wichtig, das modernere System zu lernen, denn dies wird später von ihnen verlangt.
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.02.2003 um 19.53
Ich bereite gerade das "Durham Board of Education" für einen weiteren Beitrag auf. Die Zusammenfassung bedarf aber der Überlegung und der Abstimmung auf das Thema Rechtschreiben, in Amerika unter "Academics" bekannt. Lassen Sie mich zuerst noch darüber schreiben. Es ist ein faszinierendes Thema und verlangt gleichzeitig nach einer kritischen Analyse. Es geht dabei um "Buisnesspartner" und um die "Community" sowie um die Vergleichbarkeit mit deutschen Verhältnissen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.02.2003 um 18.55
R. Menges: Meine Sicherheit, dass es kein Zurück mehr geben kann, sondern nur ein Vorwärts kommt übrigens auch aus gesellschaftsrelevanten Faktoren.Liebe Frau Menges, ich denke, es wird Zeit einmal ganz klar zu sagen, daß es eigentlich gar nicht um die Alternative geht, ob es ein "Zurück" oder ein "Vorwärts" geben wird -- es soll auf jeden Fall ein "Vorwärts" werden!
Die Frage ist nur, wo vorn ist.
Das Festhalten an einer unkorrigierten Version der reformierten Rechtschreibung, d. h. an ihrer 1996er Fassung, kann es nicht sein -- selbst mit den besten "Präzisierungen" ist dieses fehlerhafte und in sich widersprüchliche Regelwerk nicht zu retten; "es gibt nichts zu löten an der Holzkiste". Darin stimmen wir doch überein, nicht wahr?
Es muß also eine Veränderung geben, und dabei kommt es darauf an, daß die erkannten Fehler beseitigt werden. Da aber unter anderem auch erkannt wurde, daß der Ansatz der Reform verfehlt ist,zu wollen, und weil Lesen und Schreiben eben keineswegs nur "instrumentelle Fertigkeiten" sind, "die benötigt werden, um Bildungsinhalte wahrzunehmen" (so G. Augst), steht letztlich -- wenn man ehrlich ist und wissenschaftlich sowie gesellschaftlich verantwortlich handeln will -- die gesamte Reform zur Debatte.
- durch die Erfindung einer stark regelbezogenen Rechtschreibung das Schreiben erleichtern,
- durch eine vereinfachte Schreibung (und durch Zulassung von Varianten etc.) die soziale Benachteiligung von weniger Begabten abbauen sowie
- durch die Veränderung der Schulorthographie die Rechtschreibung insgesamt ändern und ihr Niveau dem der Schüler anpassen
Wenn Sie mit dieser Meinung nicht übereinstimmen, liebe Frau Menges: Was ist in Ihren Augen an Grundsätzlichem, d. h. vom Ansatz der konkret vorliegenden Reform bewahrenswert? Welches Prinzip, das hinter den konkreten Regeln steckt, kann als Leitgedanke für eine echte Verbesserung dienen -- und zwar im Sinne von Kants "Maxime einer Handlungsweise, die zum Gesetz erhoben werden könnte"?
(Es geht dabei wohlgemerkt nicht um die [rein theoretischen] Absichten, die ursprünglich hinter der Reform standen -- wenn man etwas von der Reform retten will, muß man ehrlich hinschauen und erkennen, was sie in ihrer konkreten Gestalt letztlich wirklich bewirkt hat!)
Einen möglichen Weg aus der Reformmisere hat Herr Ickler gewiesen: Wiederherstellung der "alten" Rechtschreibung, nicht aber der Dudenregeln. Das macht den Weg frei für wirklich brauchbare, weil überschaubare und verständliche Regeln bei gleichzeitig sinnvoller, weil grammatisch und sytaktisch richtiger und gut lesbarer Schreibweise. Etwas Besseres kann ich mir kaum vorstellen.
Und Sie, liebe Frau Menges? Welche allgemeinen Kriterien würden Sie bei der zukünftigen Orthographie verwirklicht sehen wollen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Lindenthal am 10.02.2003 um 06.49
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Frau Dr. Renate Maria Menges
Aber zuerst muss ich mir den Film, der derzeit die Lehrerfortbildung überschäumt KOMMA nochmals auf diesen Zusammenhang hin anschauen.
Meine Sicherheit, dass es kein Zurück mehr geben kann, sondern nur ein Vorwärts KOMMA kommt übrigens auch aus gesellschaftsrelevanten Faktoren.
Das wär doch mal etwas! Frau Menges lernt noch vor ihrem Schulabschluß, nicht nur vor, sondern auch hinter eingeschobenen Nebensätzen ein Komma zu setzen. Immerhin bekennt sie sich zur Rechtschreibreform, und die will nun mal da Kommas. Das läßt sich nämlich gut lesen. Und das war auch vor dem Chaos so. Wissen das Ihre Schüler, Frau Dr. Menges?
Der süße
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.02.2003 um 19.45
Meine Spontaneität hat mich scheinbar in die alte Schreibweise zurückgeworfen! Das muss sich schnellstens wieder ändern !
Und das Zeugnis von Herrn Lachenmann ist nicht gut. Das Vorrücken ist gefährdet. "Morbus Menges" gibt es auch im übertragenen Sinn nicht, denn es sind gesellschaftsrelevante Statuten und die haben mit einem Menges- Syndrom wirklich nichts zu tun.
Mich fasziniert der Zusammenhang Industrie, Schule, Gesellschaft und Rechtschreibung. Ich werde darüber berichten. Aber zuerst muss ich mir den Film, der derzeit die Lehrerfortbildung überschäumt nochmals auf diesen Zusammenhang hin anschauen. Seit ich über diese Thematik geschrieben habe, muss ich darüber nachdenken.
Meine Sicherheit, dass es kein Zurück mehr geben kann, sondern nur ein Vorwärts kommt übrigens auch aus gesellschaftsrelevanten Faktoren.
eingetragen von Theo Grunden am 08.02.2003 um 19.28
Muß (gleich viermal), daß, steckenlassen, ruhenlassen!
Sind Sie das wirklich, Frau Menges? Wenn Sie so weitermachen, bekommen Sie von mir mal ein mindestens so gutes Zeugnis wie das, das Sie Herrn Lachenmann ausgestellt haben.
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.02.2003 um 18.43
Nun muß ich den schon geschriebenen Beitrag nochmals steckenlassen.
Ich habe im Auto schon einen Beitrag in Gedanken geschrieben, dann habe ich einen Beitrag über die Emotionalität geschrieben. Nun muß ich beide zuerst mal ruhenlassen.
Herr Lachenmann bekommt aber ein kleines Zeugnis:
Betragen: 1
Mitarbeit: 1
Musik: 1 ( ist ganz wichtig!)
Rechtschreiben: 1
Zynismus: 1
Medizin: 6
Er muß allerdings noch lernen, genauer über Schulbehörden und Verbände nachzudenken. Es gibt zum Beispiel keine „Wir-Behörde“. Auch sollte er sich über Syndrome und Morbuserkrankungen doch mal ein wenig genauer informieren.
Allerdings diskutiert er bemerkenswert sachlich, was ihm wiederum in der Kollegstufe eine sehr gute Punktezahl einbringen kann.
Ich sage nun, daß sich die Diskussion um die eine oder andere Sache doch lohnt. Wie wäre es mit dem § 34 und dem Wort "zusammen"?
P.S.:
Der Beitrag über die Diskussion der Gegner der Reform und der Reformbefürworter muß aber eines Tages schon noch erfolgen. Ich habe aus der Diskussion nämlich ganz viel gelernt – und die andere Seite? Nur wer nicht mehr miteinander redet, versäumt die Quintessenz.
eingetragen von Walter Lachenmann am 05.02.2003 um 18.04
Ich stelle mir einen Turnlehrer vor, dem von seiner Schulbehörde eines Tages vorgeschrieben wird, das Unterrichtsprogramm anders zu gestalten. Einige der neuen Übungen oder Spiele sind ganz lustig und leuchten vordergründig irgendwie ein, besonders weil die unsportlichen und faulen Kinder nicht mehr so auffallen und sich weniger anstrengen müssen. Bei anderen begreift keiner, wozu sie gut sein sollen, auch der Turnlehrer nicht. Selbst kann er sie nur unvollkommen ausführen, denn sie gehen einfach nicht in seinen Kopf und widerstreben jedem natürlichen Bewegungsablauf. Aber weil er den Auftrag seiner Schulbehörde ordentlich umsetzen will und weil seine Kollegen das auch tun und weil er denkt, die Turnreform hätten sich kluge Leute ausgedacht, die schon gewußt haben würden, was sie da beschlossen haben, macht er mit den Kindern fleißig die Neuen Turnübungen. Sehr bald empören sich dagegen sehr viele Leute, insbesondere erfahrene Sportler und wissenschaftlich hochkarätige Orthopäden. Diese weisen nach, daß es sich nicht nur um sinnlose, sondern auch gesundheitsschädliche Übungen handelt, die lebenslange Haltungsfehler, Gleichgewichtsstörungen und dergleichen zur Folge haben, auch wenn man das nicht gleich merkt und man denken könnte, das seien vorübergehende Erscheinungen. Der Turnlehrer mag gar nicht glauben, daß diese Warnungen berechtigt sind, denn nach seinem Verständnis würde die Schulbehörde niemals im Leben etwas Fehlerhaftes oder gar Schädliches für den Unterricht vorschreiben. Nach längerer Diskussion mit den Kritikern erkennt aber auch unser Turnlehrer:
Wir sind uns alle einig, dass es ein wahrhaft fehlerhaftes Unterrichtswerk ist. Man kann sich auf nichts verlassen.
Welche Konsequenz zieht er daraus?
Wir haben uns in der Schule an die Regeln zu halten
Denjenigen, die dafür plädieren, das schädliche und schlechte Unterrichtswerk wieder abzuschaffen, hält er vor, dies sei völlig aussichtslos und von den Schulbehörden unerwünscht. Die Kinder hätten sich an die schiefe Haltung, die Senkfüße, den Morbus Menges, die Sprachstörungen, Atembeschwerden und Schwindelerscheinungen jetzt schon gewöhnt, ein Zurück zum gesunden Leben würde sie nur verunsichern. Außerdem lacht er die Kritiker aus, weil sie, wie er meint, auf verlorenem Posten stünden, und diejenigen, die ihm besonders geduldig und hingebungsvoll ganz persönlich die Triftigkeit ihrer Kritik an einzelnen Beispielen beweisen wollen, findet er wegen der Vergeblichkeit dieser verlorenen Liebesmühe „süß“. Er hält es mit denen, von denen er meint, sie hätten zwar nicht recht, aber die bessere Position und man sollte es sich mit ihnen nicht verderben. So jemanden nennt man normalerweise einen Zyniker.
Nun kennen wir Frau Dr. Menges schon eine ganze Weile, und „Zyniker(In)“ trifft wohl nicht so ganz ihr herzensgutes Wesen. Es kommt aber zum einen auf dasselbe hinaus und zum andern nicht darauf an. Was hat dann die ganze Diskussion mit ihr für einen Sinn? Das kann man sich zu Recht fragen. Andererseits lernen alle Beteiligten vielleicht mehr dabei, als es zunächst den Anschein hat. Frau Menges, das muß man ihr zugute halten, hat viel Ausdauer bewiesen, und Lernerfolge sind unübersehbar. Wenn eines Tages die Reform wieder abgeblasen wird, wie schon so manche mißlungene Steuerreform, wird Frau Menges stolz sagen können, sie sei schon immer auf unserer Seite gewesen. Stimmt doch auch irgendwie. Ein schlaues Mädchen ist das!
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 05.02.2003 um 10.00
Sehr verehrte Frau Dr. Menges! Ursprünglich hatte ich vor, Ihnen auf Ihren gestrigen Einspruch zu antworten. Darauf etwa, daß Sie sich fortlaufend in Widersprüche verstricken, die Sie hier fröhlich auftischen. Diese Aufgabe hat Herr Wagner mir dankenswerterweise abgenommen. Sonst hätte ich daran erinnert, daß Sie vorgestern noch darauf gepocht haben, Sie hätten Ihre Einstellung zur Rechtschreibung in den vergangenen beiden Jahren überdacht – wovon im gestrigen Eintrag schon keine Rede mehr war. Vielleicht hätte ich noch einmal vorgebracht, daß Sie im Forum scheinbar ernsthafte Fragen zur Orthographie stellen, dann aber, wenn Ihnen eine überzeugende Antwort vorgelegt worden ist, ärgerlich zurückschießen. Anstatt sich von solch vertrauenswürdigen Schutzengeln wie den Herren Ickler, Lachenmann und Wagner sanft auf den duftigen Pfad der orthographischen Tugend geleiten zu lassen, ziehen Sie Ihre Fühler gekränkt unter die Käseglocke des Duden zurück. Was wäre mir zu Ihrer Bemerkung eingefallen, Sie verzichteten in diesem Forum auf eine gepflegte Rechtschreibung, weil Sie sich nicht verstellen wollten? Hatten Sie nicht Ihre veränderte Einstellung betont – aber da sind wir schon wieder bei den Widersprüchen. Tja, und die Schüler, die nun schon die Reformschreibung gelernt haben? Eventuell wären mir bei dieser Gelegenheit jene Schüler in den Sinn gekommen, welche die "alte" Rechtschreibung gelernt und verinnerlicht hatten und ihr überall begegneten, dann aber mit einer neuen überfallen wurden und nun mit der nachgewachsenen Generation auf einem gewaltigen Trümmerhaufen sitzen, deutsche Rechtschreibung genannt. Ach, mir wäre sicherlich noch vieles eingefallen, was ich Ihnen hätte entgegnen können, aber ich habe einfach beschlossen, auf Ihre gekränkten Vorwürfe nicht mehr einzugehen, und an diesen Vorsatz werde ich mich auch künftig halten. Leben Sie wohl!
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.02.2003 um 22.05
Zitat:Liebe Frau Menges, Ihre Äußerungen dazu, was zum Zwecke des Fortschritts in der Orthographie zu unternehmen ist, sind genauso widersprüchlich wie Ihre Aussagen zu den Vorzügen der Reformschreibung -- mit Ihrer ersten hier zitierten Äußerung haben Sie ja quasi alle Ihre bisherigen Bemühungen, den neuen Regeln etwas Positives abzugewinnen, komplett ad absurdum geführt. Nichts anderes bedeutet doch Ihre Aussage:
R. Menges, "introvertierte Meinung":
Wir sind uns alle einig, dass es ein wahrhaft fehlerhaftes Rechtschreibwerk ist. Man kann sich auf nichts verlassen.
Wir haben uns in der Schule an die Regeln zu halten. Ich würde auch gegen meine Kollegen votieren, wenn ich zusammen mit Ihnen hier nun auf die alte Rechtschreibung drängen würde.
Solange Sie nichts bewegen [...] solange muss ich mich und viele andere mit dem herumärgern, was wir haben und nicht mit irgendwelchen fiktiven Übergedanken.
R. Menges, "Wo?":
Sich wehren - sie haben keine Ahnung. Kein pädagogischer und philologischer Verband tritt gegen die Reform ein. Keiner!
Einzelne können und sollen sich nicht wehren! Es hat auch keinerlei Sinn!»Wir sind uns alle einig, dass es ein wahrhaft fehlerhaftes Rechtschreibwerk ist. Man kann sich auf nichts verlassen.«Sie haben sich einen Extraapplaus verdient, wenn Sie wirklich zu dieser Meinung stehen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen -- aber dabei hapert es bei Ihnen offensichtlich.
Lassen Sie mich Ihre Äußerungen zusammenfassen: Zunächst wären Sie bereit, gegen die Reform zu stimmen; dann verlangen Sie, daß andere die Initiative ergreifen; darauf aber stellen Sie fest, daß das in Pädagogen- und Philologenkreisen nicht geschieht; zuletzt bestreiten Sie, daß Aktivitäten von Einzelpersonen überhaupt einen Sinn haben.
Wissen Sie was, mit dieser Haltung ("Was kann ich als einzelner denn schon machen?") wäre die Menschheit nicht weit gekommen! Ganz konkret: Hätten alle DDR-Bürger so gedacht und gehandelt, hätten wir kein wiedervereinigtes Land!
Und genausowenig wird es eine Veränderung in der deutschen Rechtschreibung geben, wenn jeder seine eigene Verantwortung weiterhin dahinter versteckt, daß man sich für systemgebunden und andere für zuständig erklärt.
Auch in den Verbänden und Organisationen muß jedwede Initiative von einem einzelnen ausgehen; letztlich kommt es immer auf die Aktivitäten von Einzelpersonen an! Auch auf Sie, liebe Frau Menges! Meinen Sie, daß es ein sinnvoller Beitrag ist, eine Verbesserung zu erreichen, wenn Sie für das bestehende Schlechte eintreten bzw. (krampfhaft) versuchen, etwas Gutes daran ausfindig zu machen?
Alle Ihre Vorschläge und Argumente sind doch bislang entkräftet worden. Was meinen Sie, woran das liegt, daß Sie mit Ihrem Votum für die Neuschreibung systematisch auflaufen? Wenn Sie wirklich brauchbaren Neuschrieb finden wollen, müssen Sie quasi den "Kritischen Kommentar" von Herrn Ickler als Meßlatte anlegen. Was den darin enthalteten Argumenten nicht standhält, brauchen Sie gar nicht erst vorzuschlagen; die Forumsteilnehmer werden Ihnen früher oder später klarmachen, daß es nichts taugt.
(Einschub: Sie finden es "süß", daß ich mich mit Hingabe um Worte [besser: Wörter], Sätze und Dialekt bemühe. Was meinen Sie wohl, warum ich das mache?)
Was aber ist das Fazit, zu dem Herr Ickler in seinem "Kritischen Kommentar" kommt? Wie hat er sich in diesem Forum gelegentlich über das Reformwerk geäußert? Als "Bruchbude" hat er es bezeichnet, und sie abzubrechen ist die angemessene Konsequenz.
Meine Reaktion auf Ihre Bemerkung ...»Wir sind uns alle einig, dass es ein wahrhaft fehlerhaftes Rechtschreibwerk ist. Man kann sich auf nichts verlassen.«... lautet so:
Hic Rhodus, hic saltus! (Hegel bzw. Aesop)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Lachenmann am 04.02.2003 um 20.41
Detlef Lindenthal bekommt das Fleißbildchen, weil er nicht allein den Autor des Zitats gewußt, sondern gleich noch weitere passende Sprüchlein beigesteuert hat. Und weil er auch die Fortsetzung des Goethe-Zitates angeführt hat, die sehr gut hierherpaßt.
RenateMaria muß vor die Klasse treten und diesen Zusatz laut vorsagen. Dann muß sie einen klar gegliederten Besinnungsaufsatz ohne Rechtschreibfehler schreiben, der dieses Zitat zum Thema hat. Weil sie wieder einmal ein Paradebeispiel dafür geliefert hat, wie richtig dieser Zusatz ist:
Überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.
Ich habe noch ein Sprüchlein für Frau Menges' "Wir"-Behörde, die nicht will, daß man sich wehrt (welches Ämtlein auch immer das sein mag):
"Dummheit macht sicher".
Vom wem das ist, weiß ich selber nicht.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 04.02.2003 um 20.37
Lehrer lehren nicht die neue Rechtschreibung, sondern der eine dies, der andere das. Neben solchem Durcheinander kennen alle Schüler die bewährte Rechtschreibung, die sie in allen möglichen Büchern usw. täglich sehen. Auch in angeblich umgestellten Texten sieht man die "alte" Rechtschreibung immer wieder durchdringen. Die Befriedigung, mit der Frau Menges die angeblich vollendeten Tatsachen registriert, ist also sachlich nicht begründet.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.02.2003 um 20.09
(Lachenmann)Und machen Sie sich keine Sorgen, es bewegt sich inzwischen gar nicht so wenig.
Wer soll das glauben?
Wir würden dies sofort erfahren.
Und es betrifft im Wesentlichen nie die Schulbehörden. Niemals.
Sich wehren - sie haben keine Ahnung. Kein pädagogischer und philologischer Verband tritt gegen die Reform ein. Keiner!
Einzelne können und sollen sich nicht wehren! Es hat auch keinerlei Sinn!
Und Herr Stiene,
wer was und wie privat schreibt, spielt keine Rolle. Also würde ich Ihnen hier etwas vorspielen. Nein- sie verstehen die Sachlage einfach nicht. Nun wachsen schon Schülergenerationen heran, die nur die neue Rechtschreibung gelernt haben. Keine Ahnung haben Sie!
Lindenthal und Wagner finde ich süß. Mit einer Hingabe können sich die beiden um Worte, Sätze und Dialekt bemühen.
Lehrer lehren die neue Rechtschreibung- Eltern haben dies schon längst akzeptiert- die Verbindung ist geschlossen (für Physiker- der Stromkreis ist geschlossen).
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 04.02.2003 um 10.05
Verehrte Frau Dr. Menges! Herr Lachenmann hat Ihnen einen Brief zugesteckt, in welchem er charmant und verständnisvoll auf Ihre schwierige Lage eingeht. Zugleich versäumt er es aber auch nicht, den Finger in die Wunde zu legen, mit männlich zarter Kraft und behutsamer, als mein Temperament es mir erlaubte.
Ihr Dilemma erkenne ich durchaus. Allerdings tragen Sie auch selbst ein wenig dazu bei. Etwa indem Sie sich über bereits bündig beantwortete Fragen immer aufs neue den Kopf zerbrechen, wie Leid tun / leid tun oder Hand voll / Handvoll. Da hilft auch nicht mehr der Blick in den Duden, denn der wiederholt (augenblicklich) nur den von ihm in die Welt gesetzten Unsinn. Helfen kann da allein das höchsteigene Nachdenken: Wer verläßt sich schon auf Däniken, wenn er sich für Ur- und Frühgeschichte begeistert? Schwer machen Sie es sich auch mit Behauptungen wie jener, "Bäcker" werde im Norddeutschen anders als im Süddeutschen betont. Das ist nicht nachvollziehbar und reizt natürlich zu kopfschüttelndem Widerspruch (ich spreche nicht von den zahllosen dialektalen Schattierungen, denen auch der "Bäcker" ausgesetzt ist). Und wenn sich, wie Sie betonen und Herr Lachenmann es Ihnen bestätigt, Ihre Haltung gegenüber der Reformschreibung in den vergangenen beiden Jahren differenziert hat, warum lassen Sie dann die gewandelte Einstellung nicht auch mehr in die äußere Form Ihrer Beiträge in diesem Forum einfließen? Warum verwenden Sie nicht wenigstens hier eine lesefreundliche Interpunktion? Herr Lindenthal hat Ihnen an einem anschaulichen Beispiel demonstriert, wie so etwas möglich wäre. Ihre Frau Kultusminister mag von Ihnen eine McDonald’s-Orthographie erwarten. In diesem Forum würde vermutlich niemand Ihnen eine gepflegte Rechtschreibung übelnehmen. Verehrte Frau Menges, Ihre schwierige Lage ist erkannt, und Ratschläge mögen bisweilen gar zu wohlfeil erscheinen. Aber sie kommen nicht aus dem Elfenbeinturm.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.02.2003 um 10.04
„Man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse, in Zeitungen und Enzyklopädien, auf Schulen und Universitäten. Überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“
Goethe zu Eckermann
„Jeder Mensch stolpert im Laufe seines Lebens irgendwann über die Wahrheit,
doch die meisten stehen auf, klopfen sich den Staub ab und gehen weiter.“
Winston Churchill
„Man kann alle Leute einige Zeit und einige Leute alle Zeit,
aber nicht alle Leute alle Zeit zum Narren halten“
Abraham Lincoln
„Keyn Unglück ewigk.“
(überliefert)
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Norbert Lindenthal am 03.02.2003 um 22.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Frau Dr. Menges
Darum wird auch niemand aus der Sparte, aus der ich komme hier diskutieren.
…
Nennen Sie doch konstruktive Beiträge, damit wir alle zusammen wieder zufrieden sein können!
Wie wärs denn, wenn schon mal das, was auch die Reformer nicht chaotisiert haben, beibehalten würde? Meine Regel, die ich mal für mich selbst formulierte, nachdem ich die Schule verlassen hatte, lautet so: Das Wichtigste in einem Satz ist das Tätigkeitswort. Sind mehrere Tätigkeitswörter vorhanden, handelt es sich um mehrere Sätze oder Nebensätze. Sie werden voneinander durch Komma getrennt.
Beispiel:
Niemand aus der Sparte, aus der ich komme, wird diskutieren.
Wird diskutieren ist die Beugungsform und die Zeitangabe zum Tätigkeitsgrundwort diskutieren. Komme die Beugungsform zu kommen. Aus der ich komme ist ein eingeschobener Nebensatz, der durch Komma vorne und durch Komma hinten vom Hauptsatz getrennt wird. Denn so ist er schneller zu lesen.
Wenn Sie nach konstruktiven Beiträgen fragen, Frau Menges, vielleicht ist ja für meinen Vorschlag diesmal Ihr Ohr offen?
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 03.02.2003 um 21.56
Liebe Frau Menges,
natürlich haben Sie und Ihre Kollegen es besonders schwer, sich der Rechtschreibreform gegenüber kritisch oder gar ablehnend zu äußern bzw. sie für Ihren Tätigkeitsbereich rundweg abzulehnen, letzteres können Sie wahrscheinlich gar nicht. Wer Ihre Beiträge hier von Anfang an verfolgt hat, konnte, da haben Sie recht, deutlich erkennen, wie Ihnen nach einer ursprünglich fast begeisterten Befürwortung des »Neuen« an dieser Reform deren Fehlerhaftigkeit immer klarer geworden ist. Kritiker »reden sich« sehr leicht, aber sie reden wenigstens. Aber nicht deswegen diskutiert niemand aus Ihrer Sparte hier mit, sondern weil Ihre Kollegen, im Gegensatz zu Ihnen, offenbar kein Interesse daran haben, sich in dieser Thematik kompetent und kundig zu machen. Vermutlich wissen sie - und wollen nicht permanent mit dieser Tatsache konfrontiert werden -, daß sie sich in einer völlig verfahrenen und bei klarem Nachdenken ganz und gar unerträglichen Situation befinden:
Daß sie dazu vergattert sind, den Kindern, die sie doch aufs Leben vorbereiten sollen, als Grundlage des Verständnisses der Wirklichkeit ein Lesen und Schreiben beizubringen, wie es sie nie gegeben hat und niemals so geben wird. Hinzu kommt, daß nicht nur die Lehrer selbst diese Rechtschreibung, die sie unterrichten sollen, überhaupt nicht beherrschen können, sondern auch diejenigen, die sie sich ausgedacht haben, und dasselbe gilt für alle, die sie jetzt anzuwenden versuchen. Überall wimmeln die Fehler, die Widersprüche und die absurden Schreibweisen, und es nicht abzusehen, daß sich das jemals in irgendeiner praktikablen und in sich plausiblen Schreibpraxis einpendelt. Klar ist also nur, daß diese »Neue Rechtschreibung« eine völlige Fehlkonstruktion ist, daß sie eine gut funktionierende und von jedem normalbegabten Menschen ziemlich problemlos beherrschte Schreib- und Lesekultur nachhaltig beschädigt hat, daß niemand mit ihr zurechtkommt und daß sie in Zukunft keinen Bestand haben kann.
Für das Berufsethos eines ernsthaften Lehrers, der die Kinder aufs Leben vorbereiten, ihnen die Wirklichkeit des Lebens vermitteln und sich darin zurechtzufinden beibringen soll, ist ein solcher Zustand doch gar nicht hinzunehmen! Ihre Schulbehörden verlangen das aber von Ihnen. Wenn Sie »sich« ehrlich sind, dann werden Sie mir zustimmen, daß genau darin das Problem liegt. Sie hätten doch mit demselben beruflichen Engagement auch die bisherige Rechtschreibung Ihren Kindern beigebracht, dabei aber diese unlösbaren Probleme nicht gehabt. Und Sie hätten ihnen dann etwas beigebracht, was die Kinder in ihrer außerschulischen Umgebung vorfanden, es hätte übereingestimmt mit den geschriebenen und gedruckten Dingen, den Büchern und Zeitungen zuhause, der Werbung in der Öffentlichkeit und allem Geschriebenen wo auch immer. Jetzt unterrichten Sie eine Rechtschreibung, die Ihre Kinder NIRGENDS so vorfinden, wie Sie sie lehren, nirgends SO. Und niemand weiß mehr, was falsch ist und was nicht. Das war vorher anders.
Solange Sie nichts bewegen (Sie alle zusammen!!!! Ihre Vereine, Ihre Bayr. Akademie der Künste, Ihre Aktivitäten) solange muss ich mich und viele andere mit dem herumärgern, was wir haben und nicht mit irgendwelchen fiktiven Übergedanken.
Eben. Sie alle müssen sich damit herumärgern. Ist es dann nicht besser, sich für das Richtige auch in schwieriger Lage zu engagieren, als gar nichts oder gar das Falsche zu tun oder es zu rechtfertigen? Es geht nicht um »fiktive Übergedanken«, sondern um das permanente Verweigern von Falschem und als schlecht Erkanntem. Dafür haben doch auch Sie Ihre humanistische Bildung genossen; ein gebildeter und verantwortlich denkender Mensch muß sich dem Falschen und Schlechten verweigern, das ist humanistisches Ethos seit biblischen Zeiten! Diskutieren Sie also mit Ihren Kollegen über diese Dinge, versuchen Sie nicht vergeblich, sich auf all die Widersprüche einen behördenfreundlichen Reim zu machen, verweisen Sie Ihre Kollegen auf diese Diskussionen der kompetenten Reformkritik, wo die Fehler sachkundig benannt werden, ermutigen Sie sie, sich daran zu beteiligen und sich dann mit fundierten Argumenten bei den Schulbehörden über diese Zumutungen zu beschweren.
Also schlagen wir den Duden auf. Was sonst?
Wie wäre es mit dem besseren Wissen und dem eigenen Verstand?
Man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird. Sie lieben Zitate, von wem ist dieses? Fleißbildchen zu gewinnen!
Und machen Sie sich keine Sorgen, es bewegt sich inzwischen gar nicht so wenig.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 03.02.2003 um 17.15
Herr Stiene,
sie reden sich tatsächlich sehr leicht. Darum wird auch niemand aus der Sparte, aus der ich komme hier diskutieren.
Wir sind uns alle einig, dass es ein wahrhaft fehlerhaftes Rechtschreibwerk ist. Man kann sich auf nichts verlassen. Beispiel: Das Wort "zusammen" bleibt zusammen und es wurde hier im Duden nichts reformiert. Hier greift die Getrenntschreibung nicht.
*Leicht haben es die Kollegen, die hier großspurig reden, wenn sie nicht mehr im Dienst sind.
*Leicht haben es die Kollegen, die sich in wissenschaftlichen Freiräumen bewegen.
*Leicht haben es die Kollegen, die schriftstellerisch frei tätig sind.
Wir haben uns in der Schule an die Regeln zu halten. Ich würde auch gegen meine Kollegen votieren, wenn ich zusammen mit Ihnen hier nun auf die alte Rechtschreibung drängen würde.
Wir sind dabei uns gerade jetzt zu den Zeugniszeiten durch den Duden zu lesen, vieles ist einfach immer noch unklar.
Ich lese auch Beiwerk, Herr Ickler, vielleicht steht eine nette Regel darinnen, die wir brauchen können.
Solange Sie nichts bewegen ( Sie alle zusammen!!!!Ihre Vereine, Ihre Bayr. Akademie der Künste, Ihre Aktivitäten) solange muss ich mich und viele andere mit dem herumärgern, was wir haben und nicht mit irgendwelchen fiktiven Übergedanken.
Also schlagen wir den Duden auf. Was sonst?
Hauptsächlich schaut man in der Praxis dann gleich auf das Wort, z.B. zusammen und sucht sich die entsprechenden Passagen heraus.
Wenn Sie die Diskussion verfolgt hätten, Herr Stiene, wüssten Sie, wie sehr sich meine Meinung innerhalb von 2 Jahren gewandelt hat, auch und gerade dann, wenn ich mich gerade inhaltlich mit diesem Werk beschäftigen muss.
Her Ickler, auch von Ihnen wird gesprochen, dass Sie eine marginale Erscheinung ( nur in Bezug auf das Rechtschreibgeschehen :-) sind. Das habe ich auch nur aufgeschnappt, also verzeihen Sie es mir.
Immer wieder Prospekte zu liefern, ein Buch, einen Flugzettel ... bringt uns überhaupt nicht weiter und eine großangelegte Befragung will niemand bezahlen.
Eine Untersuchung über frühere Rechtschreibgewohnheiten bringt auch nichts.
Nennen Sie doch konstruktive Beiträge, damit wir alle zusammen wieder zufrieden sein können!
Wenn es so einfach wäre, wie Sie es sagen, dann wäre es auch einfach. Aber so schaut die Realität eben nicht aus.
Hanc veniam petimusque damusque vicissim. Horaz (Ars poetica)( Wir bitten um diese Nachsicht und gewähren sie unsererseits.)
– geändert durch RenateMariaMenges am 04.02.2003, 21.46 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.02.2003 um 09.36
Zitat:Also lehnt Ihr Sprachgefühl intuitiv die Trennung Tre- kking ab, und also würde dies auch für die Variante Tre- cking gelten, richtig? Was halten Sie nach Ihrem Sprachempfinden von dieser Schreibweise und Trennung, liebe Frau Menges: Tre- cking?
R. Menges, "Weiter in den 10 Geboten":
Es kommt auf die Betonung der ersten Silbe an, dann kann ich auch dre- ckig trennen. Bei Tre- kking fällt mir die Betonung der ersten Silbe aber auch wirklich schwer.
____________
Als Berliner bitte ich hiermit um Aufklärung über bairische Betonungsgepflogenheiten: Gibt es eigentlich diese "andere Variante" (dre- ckig) auch bei anderen Konsonanten als K; beispielsweise bei G? Wie würden Sie Kogge (oder Jogging, falls Ihnen das näher liegt) trennen, wenn Sie dieses Wort (diese Wörter) mit der entsprechenden Erstsilbenbetonung aussprechen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 03.02.2003 um 09.31
"Was ist denn nun Faktum? Es tut mir Leid? Es tut mir leid? Wenn es die Fachleute schon nicht wissen!"
Verehrte Frau Menges, ich kann mich nicht genug wundern, daß Sie diese Frage noch immer ernsthaft stellen, nach allem, was in diesem Forum und andernorts dazu vorgebracht worden ist. Selbst wenn man diese Argumente nicht zur Kenntnis genommen hätte, sollte ein Wimpernschlag des eigenen Nachdenkens ausreichen, die Großschreibung einer adverbiellen Fügung als blanken, aus dem Nichts herbeibemühten Unfug zu entlarven. Basta! Gestern abend noch las ich: "Es tut mir schrecklich leid." Eine Großschreibung wäre in geradezu absurder Weise falsch. Es geht eben nicht um das Substantiv, und "ein schreckliches Leid" ist etwas gänzlich anderes.
Aber ich habe aus Ihren Einlassungen in diesem Forum ohnehin den Eindruck gewonnen, daß Ihnen die Rechtschreibung eigentlich völlig wurscht ist. Sie erfreuen sich an der schlichten Tatsache, daß ein Reformclub irgendetwas Neues ausgeheckt hat, das die Kultusminister zur Übernahme in den Schulen befohlen haben und Sie nun umsetzen und anwenden dürfen. Wäre die jetzige Reformschreibung die traditionelle gewesen und hätten sich die Reformer die bewährte Orthographie als Neuschreibung ausgedacht, dann wären Sie, Hand aufs Herz, von deren bloßem Vorhandensein nicht weniger angetan. Der schwere Schaden, den die Sprache durch diese Machenschaften erlitten hat, die logisch falschen Neuregelungen, die gewachsenen Unsicherheiten und Hilflosigkeiten, der Wildwuchs der Übergeneralisierungen, das Auseinanderbrechen in zwei orthographische Normen, also alles das, was in diesem Forum fortlaufend dokumentiert und diskutiert worden ist, interessiert Sie, noch mal Hand aufs Herz, nicht im geringsten. Zweifel an der Kompetenz der Reformer kommen auch nicht auf. Wie anders könnten Sie irgendwelche Professoren als Autoritäten anführen, als Gurus gar? Herr Wagner hat Ihnen dazu schon Kluges nahegelegt. Ich möchte Ihnen abschließend eine kleine Szene vorspielen. Sie endet mit einer Frage.
Angenommen, Sie seien Ärztin. Ärztin einer beliebigen Ausrichtung oder Spezialisierung, durchaus fachkundig und hinreichend vertraut mit den medizinischen Erkenntnissen unserer Tage. Nehmen wir weiter an, die Umstände erforderten es, daß Sie sich in stationäre Behandlung begeben und einer Operation unterziehen müßten. Sie würden in den Operationssaal geschoben - - da lächelte Sie auf einmal Hella von Sinnen mit dem Holzhammer in der Hand als Anästhesistin an, dahinter träte Karl Dall mit einem abgestandenen Kalauer als Assistenzarzt an Ihr Bett, während sich Didi Hallervorden blödelnd am OP-Besteck zu schaffen machte. Und aus einer Ecke winkte Ihnen, in den Kittel einer Krankenschwester gehüllt, Stefan Raab höchstselbst feixend zu. Blieben Sie dann gelassen liegen: "Na, dann operiert mal schön"?
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Theodor Ickler am 03.02.2003 um 04.26
Der Germanist Dittmann mag anderweitige Verdienste haben, in der Rechtschreibszene ist er eine weitgehend unbekannte Randerscheinung.
Die unterschiedslose Anerkennung der amtlichen Neuregelung und irgendwelcher Kommentarwerke und Anwendungen ist bezeichnend für den dilettantischen Umgang mit der Rechtschreibreform. Auf dieser Grundlage ist eine ernsthafte Diskussion nicht möglich.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.02.2003 um 21.35
Zitat:Liebe Frau Dr. Menges,
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
> Teil I: Zwischen gleichrangigen Teilsätzen, die mit ... setzt man nur ein Komma, wenn man die Gliederung des Ganzsatzes verdeutlichen will.< [Auslassung nicht von mir, DL]
> Immerhin sind bei dieser Kommaregelung I schon die Paragraphen 71 - 73 eingeschlossen. <
die genannten §§ 71–73 haben Sie sich nicht durchgelesen; diese Paragraphen sind in der von Ihnen genannten Kommaregelung I (auch genannt Teil I) nicht enthalten.
Mit Wettschulden, da verstehen wir aber recht wenig Spaß.
Noch weniger Spaß verstehen wir, wenn Sie und Ihre Kollegen rechtschaffene Handwerker zum Narren halten wollen.
Ich denke, wir sollten eine Regelung erreichen, daß Deutschlehrer, die selbst keine Kommasetzung können und sich auch nicht darum bemühen und zusätzlich noch die Kommasetzung sabotieren und unsere Jugend zu Unfug und Leistungsverweigerung verleiten, ihre Rente erst bekommen, wenn sie den angerichteten Schaden wiedergutgemacht haben. Ja, dann macht das Leben wieder deutlich mehr Spaß, wenn Sie den angerichteten Schaden ausgeglichen haben.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.02.2003 um 20.04
Zitat:Liebe Frau Menges, es ging zwar auch um das Unterrichten der Kommaregeln -- aber die Frage war nicht, in welcher Form oder Kurzfassung, sondern die Frage ist, auf welcher amtlichen Grundlage die Kommasetzung unterrichtet werden kann.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Immerhin sind bei dieser Kommaregelung I schon die Paragraphen 71 - 73 eingeschlossen.
Wettschulden?
Da muss ich immer lachen, aber bitte:
Sie sehen Ihre Paragraphen liegen vor mir und es geht doch auch um die Unterrichtung solcher Regeln ( evt. mit Eselsbrücken) oder nicht?
(Nota bene: kann, nicht soll! Zumindest habe ich die Frage so verstanden: was geht, und was geht [ganz grundsätzlich, d. h. von der sprachlichen bzw. logischen Seite her gesehen] nicht? -- Haben Sie es so gemeint, Herr Lindenthal?)
Zitat:Ach, liebe Frau Menges, lassen Sie doch die Fachleute aus dem Spiel! Sie wissen doch, »auch ein blinder Mann findet mal ein Huhn« (aus Anatevka) und »Kinder und Narren sprechen die Wahrheit«! Was letztlich zählen muß, sind doch die Argumente, und dabei ist es relativ egal, von wem sie kommen. (Zumindest sollte es in der Wissenschaft so sein.)
Was ist nun Faktum?
Es tut mir Leid?
oder
Es tut mir leid?
Wenn es die Fachleute schon nicht wissen!
Und überhaupt -- wie ist es denn, wenn die Fachleute etwas nicht zu wissen scheinen, oder wenn sie sich nicht entscheiden können? Gibt es da irgend etwas, das einem verbietet, den eigenen Verstand zu benutzen?
Ich bin von Haus aus Physiker und somit ein wenig auf logisches Denken trainiert -- ohne daß das bislang nennenswert im linguistischen Bereich passierte. Da sollten Sie mir doch ein wenig voraus sein, oder?
Hier bringe ich nun ein Zitat an, ohne zunächst den Autor anzugeben (und damit Sie mir diesbezüglich nicht zu schnell auf die Schliche kommen, verwende ich nicht die Originalorthographie):»Bei Ausdrücken wie leid tun, not tun, weh tun, schuld sein, gram sein; mir ist angst, wohl, wehe, not ist von selbst klar, daß das zum einfachen Verbum hinzugetretene Element nicht als Substantivum fungiert; [man erkennt] die nicht substantivische Natur jenes Zusatzes am besten durch Hinzufügung einer näheren Bestimmung. Man sagt er [...] hat ganz recht, hat vollständig unrecht u. dgl. Die Anwendung von Adverbien, nicht von Adjektiven, zeigt, daß man einen verbalen Ausdruck, nicht ein Verb mit einem substantivischen Objekt vor sich hat.«Was halten Sie von diesem Argument, liebe Frau Menges -- ganz unabhängig davon, von wem es stammt? Mein Hausverstand sagt mir, daß es stimmt -- aber wenn ich mich irren sollte, würden Sie mir erklären, wo?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.02.2003 um 17.29
Immerhin sind bei dieser Kommaregelung I schon die Paragraphen 71 - 73 eingeschlossen.
Wettschulden?
Da muss ich immer lachen, aber bitte:
Sie sehen Ihre Paragraphen liegen vor mir und es geht doch auch um die Unterrichtung solcher Regeln ( evt. mit Eselsbrücken) oder nicht?
Ich finde die Auslegung des Herrn Dittmanns schon sehr interessant. Er hat nur zwei Kommaregeln aufgestelt, gilt aber als der Rechtschreibguru für Seminare der neuen Rechtschreibung.
Was ist nun Faktum?
Es tut mir Leid?
oder
Es tut mir leid?
Wenn es die Fachleute schon nicht wissen!
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.02.2003 um 17.22
Liebe Frau Dr. Menges,
war das jetzt schon Ihre Antwort auf meine Mahnung wegen der Wettschulden?
Oder Ihr Stichwortzettel für eine Lehrprobe?
Für Aufklärung dankt im voraus
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.02.2003 um 16.43
Es kommt auf die Betonung der ersten Silbe an, dann kann ich auch dre- ckig trennen. Bei Tre- kking fällt mir die Betonung der ersten Silbe aber auch wirklich schwer.
Zu den Kommaregeln:
Bei den 10 Geboten stehen nur zwei Kommaregeln, die man beachten muss:
Teil I: Zwischen gleichrangigen Teilsätzen, die mit ... setzt man nur ein Komma, wenn man die Gliederung des Ganzsatzes verdeutlichen will.
Teil II: Vor einer Infinitiv- oder Partizipgruppe muss kein Komma stehen.
Groß und Kleinschreibung:
... substantivisch gebrauchte Wörter werden großgeschrieben:
Z.B.: Groß geschrieben wird nur, was an = an dem steht.
Ich gratuliere aufs Herzlichste.
Kleinschreibung:
Ergibt sich aus der Verbindung mit Präposition und Substantiv ein neuer Begriff, wird klein und zusammengeschrieben.
Hier noch:
In Verbindung mit den Verben sein, bleiben und werden werden einige Substantive wie Adjektive gebraucht und deshalb klein geschrieben.
Dittmann schreibt also angst, schuld, pleite und leid klein.
S. 37: Er schreibt: Es tut mir leid.
Nach "wie" schreiben wir klein.
Beispiele: Er nahm die Drohung ernst.
aber
Er macht mit seiner Drohung Ernst.
In der Auseinandersetzung hatte er Recht.
Er legt Wert auf sein Äußeres.
Nach "was" schreiben wir groß.
Ich muss noch Verschiedenes erledigen.
Zahlensubstantive:
Eine Million Euro
Zwei Milliarden fünfhunderttausend Menschen.
Alles Übrige können Sie dem Büchlein entnehmen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.02.2003 um 21.21
R. Menges: »Herr Wagner,Worauf soll ich denn warten und warum eigentlich? Es geht doch bei meinem Warten nur darum, daß Sie mir meine Frage beantworten. Ist das zuviel verlangt? »Ist die Trennung Trek- king nach Ihrem persönlichen Sprachempfinden richtig?« Sagen Sie doch einfach ja; was ist denn das Problem dabei? Sehen Sie, ich frage deswegen so geduldig nach, weil Sie bisher gesagt haben:
schreiben Sie einfach die Argumente, die sie sich für "ck-kk" überlegt haben, dann müssen Sie nicht so lange warten.«Allgemein muss man Trek- king, genauso drek- kig natürlich nach den Sprechsilben sprachlich trennen. Unsere Betonung bei Bäcker liegt auf der ersten Silbe und da ergibt sich eine andere Trennung. [...] Ich erkenne Ihre Variante an- und es gibt eben auch die andere.Ich wollte nun mal gern wissen, ob es diese "andere Variante" auch bei dem Wort Trekking gibt.
Worauf es mir aber letztlich ankommt, ist die hochsprachliche Variante, und da haben Sie ja bereits gesagt, daß etwa "dreckig" als drek- kig getrennt werden muß. Meines Erachtens ist aber "dreckig" kein besonderer Einzelfall, sondern entspricht dem Regelfall, wie sprachlich bei der Trennung von einem /k/-Laut verfahren wird, der sich im Inlaut befindet (innerhalb eines Wortes, zwischen Vokalen -- so zumindest habe ich bislang "Inlaut" verstanden), d. h. der sowohl Teil der vorhergehenden als auch an der nachfolgenden Silbe ist. Wohlgemerkt, dies betrifft die rein sprachliche Trennung. Stimmen Sie mit meiner Ansicht überein, liebe Frau Menges?
____________
R. Menges: »Die bayerische Mundart spricht von "in der Früh". Diese steht natürlich nicht im Duden. Das stimmt!«Vielleicht ist das Gesprochene ja eigentlich in der Früh' (d. h. mit Apostroph) und also eigentlich doch das gleiche Wort?
Auf jeden Fall haben die Thüringer (und ich weiß nicht, wer noch; aber ich sage gleich, daß ich keiner bin) die Angewohnheit, dies noch kompakter auszudrücken: "in der Früh'" lautet auf Thüringisch einfach frühs. (Wobei die meisten pikiert reagieren, wenn man sie fragt, warum sie dann nicht auch späts verwenden -- aber diese Frage ist ja schon eine kleine Gemeinheit.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.01.2003 um 17.21
Wenn jetzt früh und abend schon groß geschrieben werden, sollte man dann nicht auch trotz, dank, wert (wie bei t-online.de bereits geschehen) und am besten auch gleich wegen groß schreiben?
Nachtrag, weil es so schön ist:
> Alle nachfolgenden Linux Portierungen ... wurden von weiteren Freiwilligen mit Teils erheblicher Unterstützung der Herstellerfirmen vorgenommen. <
Quelle: linux.de/linux/linus_torvalds.php3
eingetragen von Theodor Ickler am 30.01.2003 um 17.04
Natürlich hatten weder die Reformer noch die Dudenredakteure ursprünglich die närrische Idee, das Adverb früh in morgen früh für ein Substantiv zu halten. Erst als ich ihnen im Sinne einer reductio ad absurdum entgegengehalten hatte, daß die Großschreibung in morgen Abend usw. - also mit einem Substantiv an dieser ungewöhnlichen Position - auch nach der analogen Schreibung morgen Früh rufen würde, haben sie dies in einer Art Salto mortale aufgegriffen und sich darauf besonnen, daß es im Süddeutschen ja tatsächlich ein entsprechendes Substantiv gibt, und "auch" die Großschreibung zugelassen. Das geschah auf Geheiß der Kommission im Bertelsmann 1999 und dann im Duden 2000. Ich bin also gewissermaßen schuld an dieser absurden Entwicklung. Wer kann denn morgen Früh lesen, ohne daß es ihm kalt den Rücken hinunterläuft?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.01.2003 um 16.35
=== DL schrieb (Beitrag 15458) (die Beitragsnummern erscheinen unten, wenn man den Mauszeiger links auf den Schriftzug „Beitrag einzeln“ hält):
Liebe Frau Dr. Menges,
haben Sie sich die genannte angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ durchgelesen? Können Sie Fragen dazu beantworten?
Keine Antwort. (Hohe Wette.)
=== RMM weicht einer Antwort aus (Beitrag 15470):
Wette verloren!
Wie war der Einsatz?
=== DL schrieb (Beitrag 15477):
Liebe Frau Dr. Menges,
vielleicht könnte Herr Kukulies den vermutlich fälligen, von mir aber nicht benötigten Leisten (siehe Abb. von Frau Philburn) an Sie senden? Nein, das war nur ein Scherz.
Als Einsatz schlage ich vor: Hundert Mark, also 51,13 Euro, für Deutsches-Woerterbuch.de (an Herren Dräger & Schumacher). Aber die Wette ist noch lange nicht entschieden!
Ob Sie sich diese „Regeln“ nämlich tatsächlich durchgelesen haben, wissen wir nicht – es genügt sicherlich, wenn Sie sie sich jetzt durchlesen –, aber ich bin gespannt auf Ihre Antwort; mal sehen, ob die Foristen meinen, daß Sie sich die Regeln vorher durchgelesen hatten. Hier nun meine Frage:
Nach welchen „amtlichen“ Regeln kann im Deutschunterricht die Kommasetzung unterrichtet werden?
Für den Fall, daß Sie jetzt hierfür §§ 71–79 heraussuchen, weise ich darauf hin, daß fünf dieser neun „Paragraphen“ nur Kann-Bestimmungen sind (§§ 73, 75, 76, 78); von den verbleibenden vieren sind drei untereinander widersprüchlich (71 und 72 sowie 72 und 74) und einer ganz offensichtlich falsch (79).
Zusatzfrage: Die nicht eben rückgratstarken deutschen Medien und Agenturen haben immerhin beschlossen, daß die Kommasetzung in deren Printmedien so bleiben soll, wie sie bisher war (z.B. nach den 14 Zeilen Kommaregeln des DDR-Dudens). Wo sollen künftige Redakteure die Kommasetzung lernen? Denn in der Schule geht das nicht, weil die verunglückten §§ 71–79 nun wirklich nicht die lesefreundliche bisherige Kommasetzung hergeben.
Zweite Zusatzfrage: Enthält der Duden _21 wirklich 13 Seiten Kommasetzung in 5-Punkt-Minischrift?
Anmerkung: Ickler kommt mit ungefähr einem Zehntel der Textmenge aus.
Der DDR-Duden, Leipzig 1975, S. 671, benötigt in seiner gar nicht schlechten Kurzfassung 14 Zeilen für die Kommasetzung.
Hier noch die genannten „Paragraphen“:
§ 71: Gleichrangige (nebengeordnete) Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter grenzt man mit Komma voneinander ab. § 72: Sind die gleichrangigen Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter durch und, oder, beziehungsweise/bzw., sowie (= und), wie (= und), entweder ... oder, nicht ... noch, sowohl ... als (auch), sowohl ... wie (auch) oder durch weder ... noch verbunden, so setzt man kein Komma. § 73: Bei gleichrangigen Teilsätzen, die durch und, oder usw. verbunden sind, kann man ein Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen. § 74: Nebensätze grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein. § 75: Bei formelhaften Nebensätzen kann man das Komma weglassen. § 76: Bei Infinitiv-, Partizip- oder Adjektivgruppen oder bei entsprechenden Wortgruppen kann man ein (gegebenenfalls paariges) Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen bzw. um Missverständnisse auszuschließen. § 77: Zusätze oder Nachträge grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein. § 78: Oft liegt es im Ermessen des Schreibenden, ob er etwas mit Komma als Zusatz oder Nachtrag kennzeichnen will oder nicht. § 79: Anreden, Ausrufe oder Ausdrücke einer Stellungnahme, die besonders hervorgehoben werden sollen, grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein.
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.01.2003 um 16.20
Herr Wagner,
schreiben Sie einfach die Argumente, die sie sich für "ck-kk" überlegt haben, dann müssen Sie nicht so lange warten.
Herr Lindenthal,
ein Beitrag von Ihnen ging einst verloren. Mich hätte schon interessiert, was Sie da geschrieben haben. Außerdem habe ich Ihre Fragen vergessen. Schreiben Sie einfach, was wir diskutieren sollen und vergessen Sie nicht den neuen Abschnitt der Groß- und Kleinschreibung.
Laut Duden wird " morgen Früh" groß geschrieben - aber allzu früh, von früh auf, früh verstorben ... klein. In der Frühe, in aller Frühe ist die alte Version und steht auf S.395 im neuen Duden.
Die bayerische Mundart spricht von "in der Früh". Diese steht natürlich nicht im Duden. Das stimmt!
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.01.2003 um 16.07
Zitat:Ups, Entschuldigung! Ich vergaß, daß Sie diese Erklärung ja schon geliefert haben:
Was gibt es für inhaltlichliche (nicht formale!) Gründe gibt es für die hier von Ihnen gewählte Großschreibung von "Abend", liebe Frau Menges? Wie erklären Sie sie mir?Zitat:(Auf die Diskussion zu dem "System dahinter" will ich hier nicht zurückkommen, die kann man auf den mittlerweile 53 Seiten dieses "Gästebuches" nachlesen. -- Und bitte keine Eifersüchteleien, lieber Herr Lindenthal! Solange Sie das Fragen nicht aufgeben, gibt es keinen Grund, die Hoffnung aufzugeben.)
R. Menges in "heute Nachmittag", 21.11.2002:
Ich bin keine Sprachwissenschaftlerin, aber wir gehen davon aus, dass wir die Nomen - der Abend, der Morgen, der Nachmittag, in der Nacht und in der Früh - großschreiben.
Gleichermaßen wie Artikel nutzen wir die Zeitbestimmungen - gestern Abend, heute Nacht, morgen Früh und übermorgen Nachmittag.
Es ist ein System dahinter und wir nutzen dieses System aus. "Wir" sind in diesem Falle Leute, die mit Kindern arbeiten. Wir finden, dass dies passend ist und denken, dass wir hier richtig unterrichten.
Eine Bemerkung sofort dazu, liebe Frau Menges: Bei "in der Früh" muß ich Ihnen im Namen des Duden widersprechen, denn dieses Substantiv (Nomen) gibt es nicht -- es heißt "Frühe" (vgl. auch Herrgottsfrühe). Ohne "e" am Ende kenne ich dieses Wort nur als Adjektiv bzw. Temporaladverb.
(Inwiefern ist früher, wenn es nicht als Steigerung von früh [er kommt jedesmal früher als seine Kollegen zur Arbeit] verwendet wird, eigentlich ein eigenständiges Wort [wenn es im Sinne von "in vergangenen Zeiten" verwendet wird: "Früher war alles besser!" -- "Ja, genau, denn früher hatten wir auch noch einen Kaiser."]?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 29.01.2003 um 21.34
Lieber Herr Wagner,
bevor Sie nun allzu hartnäckig von Frau Dr. Menges die Ihnen zustehenden Antworten einfordern, bin, wenn es noch einen Funken Gerechtigkeit auf dieser Welt gibt, ich erst mal dran, von ihr auf etliche offene Fragen Antworten zu erhalten und ihre Wettschulden eingelöst zu bekommen. Vielleicht ist ein Vergleichsverfahren möglich, so daß sie jedem jedenfalls etwas antwortet? Erst wenn die Hoffnung verloren ist, ist alles verloren.
Ihr
Detlef Lindenthal
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2003 um 19.27
R. Menges: »Gestern Abend haben wir begonnen über dieses ernst zu nehmende Thema nachzudenken.«
Was gibt es für inhaltlichliche (nicht formale!) Gründe gibt es für die hier von Ihnen gewählte Großschreibung von "Abend", liebe Frau Menges? Wie erklären Sie sie mir?
(Das Thema "Grammatikfehler bei der Groß- und Kleinschreibung" ist übrigens sehr ernst zu nehmen, und ich bin froh, daß wir es uns vornehmen! Aber können wir trotzdem noch ganz kurz das ck-Thema zu Ende führen?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2003 um 19.04
Ich stelle die Frage trotzdem nochmal:
R. Menges: »... außerdem üben wir noch das Wort Trek- king ein.«
Habe ich Sie da richtig verstanden, daß dies nach Ihrem persönlichen Sprachempfinden so richtig ist? (Richtigstellung erbeten!) Darf ich Sie mit einer entsprechenden Aussage hier in der Diskussion zitieren?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.01.2003 um 18.22
Gestern Abend haben wir begonnen über dieses ernst zu nehmende Thema nachzudenken.
Die Erste Hilfe wird bei mir im Übrigen groß geschrieben. Feststehende Begriffe sollte man, trotz der Moderne wirklich nicht ändern! So wie man Behaviorismus und Konstruktivismus nicht ändern kann, denn dies sind anerkannte Begriffe in der Pädagogik und Psychologie.
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.01.2003 um 16.42
Zitat:Ich denke nicht, daß dieser Aufwand erforderlich ist, denn es geht mir bei der (Nicht-) Trennung von 'ck' hauptsächlich um die hochdeutsche Aussprachevariante -- und dazu hat Frau Philburn bereits einiges Wichtige gesagt. (Was steht eigentlich in Kapitel 4 der "Potsdamer Phonologie" -- was ist das genau für eine Arbeit? An die anderen Kapitel [1 bis 3 sowie 6] kommt man ja sofort heran, einfach durch Ändern der Nummer.) Mein Interesse an den Ausspracheunterschieden beschränkt sich auf die Identifikation von Quellen für Mißverständnisse -- ich habe mich einfach gewundert, warum wir so lange aufeinander ein- und dabei aneinander vorbeigeredet haben, und anscheinend war eben dieser Unterschied dafür verantwortlich.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Um Ihrem Anliegen mit dem ck gerecht zu werden, sollten wir Wortlisten mit ck sammeln und uns mit kurzen und langen Vokalen auseinandersetzen. Dann wäre das Thema erst richtig erschöpft.
Und um dieses Mißverständnis beim letzten, mir noch fehlenden Schritt in der ck-Diskussion zu vermeiden, wollte ich nachfragen, ob es den von Ihnen angeführten Betonungsunterschied -- soweit Sie das beurteilen können -- etwa bei Trekking gibt oder nicht, ob also die Trennung Trek- king auch Ihrem persönlichen Sprachempfinden entspricht. Ist das der Fall, liebe Frau Menges?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.01.2003 um 15.20
Zitat:Das habe ich gemacht, und der resultierende Laut geht tatsächlich in Richtung /k/ -- umso mehr, je breiter der Bereich der Zunge ist, dem ein Kontakt mit der oberen Zahnreihe verwehrt wird. Ich vermute aber, daß man auf diese Weise nur mit viel Geduld zu einem wirklichen K-Laut kommt; wie beim /g/ gibt es ja einen typischen, kehligen Anteil am /k/, der bei /t/ nicht vorkommt.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Herr Wagner, ich finde, dass Sie sich sprachtherapeutisch betätigen könnten. Sie könnten sich zum Beispiel mit dem dritten Artikulationsgebiet, dem Anbahnen des k-Lautes auseinandersetzen. Dazu leiten Sie das Kind, den Schüler, den Erwachsenen an, ein t zu sprechen. Sie legen den Spatel oder den Zeigefinger etc. auf die vordere Spitze der Zunge und lassen ein t sprechen. Es wird dem Schüler dadurch ein Anlegen der Zungenspitze an die Alveolen der oberen Schneidezähne verwehrt. Man hebt dadurch den Zungenrücken und ein k entsteht. Probieren Sie es ruhig aus.
Zitat:Das kann sehr gut sein; nicht zuletzt deshalb mache ich in meiner Gemeinde beim Kindergottesdienst mit, und vielleicht werde ich ja doch noch Physiklehrer -- aber daß ich mich dann der amtlichen Schlechtschreibung unterwerfen müßte, verleidet mir diese Perspektive merklich. Ich will es nicht unterstützen bzw. dem ohnmächtig gegenüberstehen müssen, daß Kindern etwas sachlich Falsches (!!
Wahrscheinlich müssen Sie noch aus der Physik heraus in das "Soziale" wechseln, um an das Gebiet zu kommen, was Ihnen am meisten Spaß macht.) beigebracht wird.
Zitat:Pädagogische Probleme treten m. E. bereits auf, bevor es um die Trennung von 'ck' geht -- man muß doch erklären, wie es überhaupt zustandekommt und warum man nicht einfach 'kk' schreibt! Das liegt ja nahe, insbesondere, wenn man auf andere Konsonanten schaut; um langsames Aussprechen wird gebeten:
aus "Sprache bedeutet Sprechen":
Das ck nicht zu trennen erfordert weniger pädagogisches Geschick, als ck trennen zu lassen. Man muss bei ck = k-k mit pädagogischen Tricks arbeiten.
blub-bern
Pad-del
gaf-fen
Bag-ger
Hül-le
Ham-mer
Tun-nel
Kup-pe
har-ren
Kas-se
bit-ter
Piz-za
Hier fehlt nun (mindestens) ein Wort mit Doppel-"k"; und um dem beliebten Beispiel treu zu bleiben, sei es noch einmal verwendet:
Bak-ke
Auch hier gelingt die langsame, korrekte Aussprache auf Anhieb, denke ich. Das (in meinen Augen) eigentliche Problem tritt hervor, wenn man die ungetrennte Schreibung danebenstellt:
blub-bern blubbern
Pad-del Paddel
gaf-fen gaffen
Bag-ger Bagger
Bak-ke Backe
Hül-le Hülle
Ham-mer Hammer
Tun-nel Tunnel
Kup-pe Kuppe
har-ren harren
Kas-se Kasse
bit-ter bitter
Piz-za Pizza
Für jemanden, der das gerade lernt, ist "k-k" ganz natürlich, denn es ist von der Aussprache her quasi selbstverständlich, und es fügt sich nahtlos in die Liste ein -- also ist "ck" die Ausnahme! Für diese Ausnahme, Wörter, die eigentlich ein doppeltes "k" haben müßten, mit "ck" zu schreiben, gibt es m. E. nur eine Begründung: weil man es so macht -- im positiven Sinn, wörtlich und damit ernst (und nicht arrogant) gemeint, und gerade an dieser Stelle kommt es vermutlich auf das pädagogische Geschick an! Wenn man das jedoch erst einmal vermittelt hat, sollte es kein Problem mehr sein, die Trennung von "ck" als "k-k" zu begründen -- weil das auf dem zuvor Gelernten aufbaut, befindet man sich ja in einer deutlich günstigeren Situation, didaktisch gesehen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Elke Philburn am 17.01.2003 um 22.28
Die Trennung von st innerhalb eines Morphems ("Wes-te") ist zunächst mal eine diskussionswürdige Idee. Werden Morphemgrenzen überschritten, ist diese Trennung allerdings weniger schön ("kürzes-te"). Hier wäre also zu prüfen, ob die leichtere Handhabbarkeit der Regel durch die Anlehnung an das Sprechsilbenprinzip die erschwerte Lesbarkeit rechtfertigt. Wenn die nachteiligen Konsequenzen dieser Silbentrennung eine weitere Differenzierung der Regel erforderlich machen (z. B. Trennung von st nur innerhalb von Morphemgrenzen), so stellt sich die Frage, ob man überhaupt noch eine Verbesserung damit erzielt.
Eines der am häufigsten genannten Argumente zugunsten der Reform ist ja, daß sie logischer sei. Davon abgesehen, daß sich diese Logik angesichts zahreicher Widersprüchlichkeiten als schöner Schein entpuppt, ist doch auch fraglich, ob eine logischere Rechtschreibung gleichzeitig eine bessere ist, wenn sie ein Unmaß an höchst differenzierten Regeln voraussetzt. Letztendlich muß doch die Brauchbarkeit einer neuen Regel auch anhand ihrer praktischen Umsetzbarkeit bewertet werden. Hier drehen sich manche Reformbefürworter im Kreis, wenn sie behaupten, eine vermeintlich bessere und logischere Rechtschreibung sei eben nur auf dem Weg des erhöhten Lernaufwands zu erreichen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 17.01.2003 um 18.09
Zitat:
Zwischenfrage: Gibt es eigentlich irgendetwas, das die Diskutanten an der neuen Rechtschreibung auch als gut empfinden? Würde mich nur mal so interessieren.
Einen „Volltreffer“ der Rechtschreibreform kann ich nicht ausmachen.
Aber, ich finde gut:
- daß diese Reform die Sprachinteressierten dazu anleitete, sich mit der Schriftsprache auseinanderzusetzen,
- daß sie den an Demokratie Interessierten das Bewußtsein vermittelte, daß es mindestens zwei Definitionen von Demokratie gibt,
- daß dieses Erprobungsfeld des totalitären staatlichen Machtanspruchs so herrlich einfach strukturiert und für alle einsichtig ist.
Fatal finde ich:
- daß alle oben skizzierten Vorteile der Rechtschreibreform mit einfachsten Mitteln hinweggefegt werden können, was vom gegenwärtigen Zustand unseres Staatswesens zeugt.
Wir haben eine Bananenrepublik!
In sachlicher Hinsicht liebäugele ich mit zwei Neuerungen: „dem Bindestrich“ und der Liberalisierung der „Satzzeichenregelung“.
Der Bindestrich, eingesetzt als Wortbildgliederung in Zweifelsfällen, ist eine echte Hilfe für den Leser.
Kennt man allerdings die Hintergründe, welche die Herren Reformer dazu bewogen, auf dieses Stilmittel zurückzugreifen, dann kommt man zwangsläufig zu der Erkenntnis, daß der Bindestrich zur Zerfledderung des Wortbildes beiträgt.
Worte wie „Bass-Sänger, Miss-Stand, hell-licht …“, gab es vorher nicht. Sie waren durch die Adelung`sche S-Schreibung oder durch die Dudenregel R 204 hinreichend gegliedert und abgetan.
Vom mathematischen Standpunkt aus gesehen ist es völlig unnötig, hier zusätzliche Zeichen einzuführen, wenn ein Sachverhalt mit weniger Zeichen regelbar ist.
Was die Satzzeichen angeht, muß ich mich hier nicht erhitzen.
Auf diesen Internetseiten gibt es spezifizierte Abhandlungen zu beliebigen Reformansätzen bzgl. der Satzzeichenregelung. Sämtlich endeten sie in einem klaren Urteil, angefangen beim lächerlichen Zusatzzeichen bzgl. der wörtlichen Rede („Kommst du heute?“, fragte sie.), über das liberalisierte Komma vor erweiterten Infinitiven (Er jagte tagelang um das Haus mit Hirschgeweihen schmücken zu können.) bis hin zum Vorgreifer-es, das neuerdings verpflichtend ist.
Diese Rechtschreibreform wurde von Laien, Pedanten – aber zum Leidwesen (für Sprachnutzer und die Sprache) - von Machthabern getätigt.
Es wird Zeit, daß dieses Kasperletheater beendet wird.
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 17.01.2003 um 14.35
Bei vielen unzusammengesetzten Wörtern aus anderen Sprachen, insbesondere aus den alten Sprachen, kann man mit sich reden lassen, weil hier die silbenphonologischen Regeln der Fremdsprache mit denen des Deutschen zusammenstoßen. Immerhin war hier eine gewisse Einheitlichkeit erreicht, besonders bei professionellen Setzern usw., die man nicht einfach aufs Spiel setzen sollte.
Der Kern des Problems sind aber die vielen tausend mit lateinischen oder griechischen Elementen (zum Teil auch noch anderen) gebildeten Zusammensetzungen, bei denen die Reformer unterstellen, sie seien nicht durchsichtig und sollten daher nach "deutscher" Art getrennt werden (dürfen). Gut gemeint, zweifellos, aber mit der nicht bedachten Nebenwirkung, daß sich durch solche Trennungen (Mikros-kop usw.) eine krasse Trennung der Gebildeten von den Ungebildeten zeigt, und das wollte man doch gerade vermeiden.
Bedenkt man, daß die Neubildung von Wörtern aus den antiken Elementen (Lehnwortbildung) ein Grundzug des heutigen Deutsch ist, so muß man doch im Gegenteil die Form und Bedeutung der antiken Elemente möglichst im Bewußtsein halten, also zum Beispiel das Element skop- sowie insbesondere die Präpositionen ana, apo, epi, pros usw., die so vielfach verwendet werden und nun auf einmal in den lächerlichsten Abwandlungen auftreten.
Das hat mit Bildungsdünkel nichts zu tun, sondern entspricht dem Entwicklungsstand unserer Sprache. Am Anfang macht es ein bißchen Mühe, diese Wortbildungselemente zu erkennen, aber später ist es viel einfacher, als das Kauderwelsch der neuen Trennungen, die künstliche Undurchsichtigkeit zu durchschauen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 17.01.2003 um 13.54
Die Phonologie befaßt sich mit den Regeln, die für die Laute unserer Sprache gelten. So wie Wortformen und Satzbau durch eine Grammatik geregelt sind, so sind auch die Sprachlaute durch eine Grammatik geregelt. Verstöße gegen diese Grammatik werden vom Muttersprachler als "falsch" empfunden. So wie die Form "ich gehst" unzulässig ist, so ist auch eine Aussprache gemäß der Trennung "Elekt-ro" falsch. Und das nicht, weil die Phonologen gesagt haben, daß das falsch sei, sondern weil die Phonologie der deutschen Sprache einfach so ist und weil Verstöße als kontraintuitiv empfunden werden.
Nun mag man ja argumentieren, daß die Orthographen ihre Regeln so formulieren könnten, wie es ihnen paßt - bitte sehr. Nur frage ich mich, wozu man sich auf das Trennungsprinzip der "Sprechsilbe" beruft, wenn man gleichzeitig eine Trennregel einführt (letzter Konsonantenbuchstabe wird abgetrennt), der die erstere konterkariert. Kann mir jemand sagen, wie (oder besser: wozu) man einem Schulkind so etwas in sich Widersprüchliches in den Kopf hineinbekommen soll?
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.01.2003 um 13.05
"Stehen in einfachen Wörtern zwischen Vokalbuchstaben zwei und mehr Konsonantenbuchstaben, kommt nur der letzte Konsonantenbuchstabe auf die neue Zeile." Dittmann, S. 89.
" Getrennt wird auch zwischen Vorsilbe und Stamm". ebenda, S. 91
Auch bei Wörtern aus dem Griechischen oder Lateinischen können Sie zwischen der alten Regelng, die sich nach der Wortbildung richtete (Hekt-ar), und der Silbentrennung (Hekt- tar) trennen." ebenda, S. 89
Kontrovers wurden hier auf diesem Strang aktuell die Heysesche Schreibung, sowie die Trennung des ck und auch die Abtrennung des letzen Konsonanten bei - ktr- ( bei Elekt-ro ) diskutiert. Ebenso ist die einzelne Stellung von Vokalen umstritten ( E- sel). Vokallängen und Silben werden zuweilen wegen dialektgefärbter Umgangssprache unterschiedlich lang gesprochen und können von Land zu Land unterschiedlich sein. Dies kann die Trennung und die Heysesche Regel erschweren. Wir haben bisher Punkt 1 ( ss- Schreibung ) und Punkt 2 ( Trennung ) wiederum aufgerollt.
Wir haben angefangen über die Substantivierung auseinander geschriebener Wörter zu diskutieren.
Zwischenfrage: Gibt es eigentlich irgendetwas, das die Diskutanten an der neuen Rechtschreibung auch als gut empfinden? Würde mich nur mal so interessieren.
eingetragen von Elke Philburn am 17.01.2003 um 01.35
Die Einwände von Herrn Upmeyer und Herrn Stiene sind berechtigt. Die Abtrennung von -ro (Elekt-ro) ist sprachwidrig. Entsprechend den Regeln der deutschen Phonologie wird /t/ in den Ansatz der letzten Silbe übernommen (Elek-tro), anstatt an den Schluß der mittleren Silbe angehängt zu werden. (Elekt-ro). Solch eine Trennung (kt-r) wäre nur möglich bei einem zusammengesetzten Wort, dessen erster Teil auf /kt/ endet oder bei zwei einzelnen Wörtern ("Sekt rosé"). Wer die Lautfolge (ktr) in "Sekt rosé" und "Elektro" miteinander vergleicht, wird feststellen, daß vor allem das /r/ unterschiedlich realisiert wird. Dies läßt sich auch anhand von Tonaufnahmen und phonetischer Analyse leicht belegen. Kindern so etwas wie "Elekt-ro" als "Sprechsilben" zu vermitteln, würde bedeuten, daß man ihr intuitives Wissen über das richtige Sprechen untergräbt.
Die von Frau Menges aufgestellten Behauptungen über unterschiedliche regionale Betonungsmuster von "Bäcker" lassen sich nirgendwo nachweisen. Wenn man dieses Wort auf der zweiten Silbe betonen würde, klänge es so ähnlich wie "bekehr". (In diesem Fall könnte man das /k/ tatsächlich von der ersten Silbe abtrennen, nur wissen wir, daß kein Mensch so spricht.)
Weil "Bäcker" auf der ersten Silbe betont wird und es sich um einen kurzen Vokal handelt, wird das /k/ ambisilbisch realisiert, es gehört also zum Ende der ersten wie zum Anfang der zweiten Silbe. Eine Trennung nach Sprechsilben ist demnach Bäk-ker. Die einzige Möglichkeit, das /k/ nur an den Anfang der zweiten Silbe zu setzen, wäre gegeben, wenn die erste Silbe vor dem Hauptton stünde (be-kehren) oder wenn es sich um eine betonte Silbe mit Langvokal handelte (Bau-kasten).
Dafür, daß eine ganze Kommission von Experten viele Jahre damit beschäftigt war, ist es erstaunlich, wie dilettantisch man an der Silbentrennung herumreformiert hat.
(Zur deutschen Phonologie:http://www.ling.uni-potsdam.de/kvv/ws00-01/Kapitel_5.pdf)
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.01.2003 um 16.03
Kleiner Exkurs:
Herr Wagner, ich finde, dass Sie sich sprachtherapeutisch betätigen könnten. Sie könnten sich zum Beispiel mit dem dritten Artikulationsgebiet, dem Anbahnen des k-Lautes auseinandersetzen. Dazu leiten Sie das Kind, den Schüler, den Erwachsenen an, ein t zu sprechen. Sie legen den Spatel oder den Zeigefinger etc. auf die vordere Spitze der Zunge und lassen ein t sprechen. Es wird dem Schüler dadurch ein Anlegen der Zungenspitze an die Alveolen der oberen Schneidezähne verwehrt. Man hebt dadurch den Zungenrücken und ein k entsteht. Probieren Sie es ruhig aus. Wahrscheinlich müssen Sie noch aus der Physik heraus in das "Soziale" wechseln, um an das Gebiet zu kommen, was Ihnen am meisten Spaß macht.
Um Ihrem Anliegen mit dem ck gerecht zu werden, sollten wir Wortlisten mit ck sammeln und uns mit kurzen und langen Vokalen auseinandersetzen. Dann wäre das Thema erst richtig erschöpft.
Es müsste heißen, der Höhepunkt der "Getrenntschreibung
(1998/1996) war durch die Anwendung der Substantivierung
erreicht".
Ich denke nur an Zeugnisbemerkungen und an die Substantivierung. Man hat sich an die Getrenntschreibung und an die Zusammenschreibung bei Substantivierung gewöhnt.
eingetragen von J.-M. Wagner am 16.01.2003 um 13.17
Bevor wir das Thema endgültig als "gegessen" bezeichnen können, bleibt für mich aufgrund Ihres letzten Beitrages noch eine sehr wichtige Nachfrage, liebe Frau Menges:
Zitat:Ich finde es sehr bemerkenswert, daß Sie hier einen Ausspracheunterschied diagnostiziert haben! Meistens sind es ja gerade solche Details, über die man eher zufällig stolpert, und die auch bei der Spracherkennung durch Computer relevant sind. (Nur nebenbei: Mir ist dabei nicht klar, wie sich die unterschiedliche Betonung auf den Veschlußlaut auswirkt.) Meine Frage daher an Sie, Frau Menges, ob ich Sie richtig verstanden habe: Bei Trek- king, drek- kig entspricht diese Trennung Ihrem Sprachrhythmus, da gibt es diesen Betonungsunterschied nicht, oder? (Ich vermute es -- wegen des anderen Vokals --, aber ich wollte lieber nachfragen.)
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Aussprache- und Trennproblem ck:
Sprechsilben: Die Betonung beeinflusst den Sprachrhythmus:
Besonders im norddeutschen Raum trennt man daher Bäcker nach zwei betonten Sprechsilben Bäk- ker. Allgemein muss man Trek- king, genauso drek- kig natürlich nach den Sprechsilben sprachlich trennen. Unsere Betonung bei Bäcker liegt auf der ersten Silbe und da ergibt sich eine andere Trennung.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 16.01.2003 um 12.46
Südd. Zeitg. vom Freitag, 17.1.03, Seite V2/27:
Überschrift "Meister im Möbel kaufen"
§37 (2) Substantivisch gebrauchte Zusammensetzungen, bei denen der letzte Bestandteil kein Substantiv ist, zum Beispiel:
das Autofahren (aber Auto fahren), ...
Vielleicht soll man aber in dem Möbel einen Meister kaufen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.01.2003 um 14.17
Aussprache- und Trennproblem ck:
Sprechsilben: Die Betonung beeinflusst den Sprachrhythmus:
Besonders im norddeutschen Raum trennt man daher Bäcker nach zwei betonten Sprechsilben Bäk- ker. Allgemein muss man Trek- king, genauso drek- kig natürlich nach den Sprechsilben sprachlich trennen. Unsere Betonung bei Bäcker liegt auf der ersten Silbe und da ergibt sich eine andere Trennung. Das ck nicht zu trennen erfordert weniger pädagogisches Geschick, als ck trennen zu lassen. Man muss bei ck = k-k mit pädagogischen Tricks arbeiten. Grundschullehrer können ein Lied darüber singen. Damit dürfte der kleine Disput um das ck endlich ausgestanden sein. Ich erkenne Ihre Variante an- und es gibt eben auch die andere.
Sprechsilben: E- lek- tro
E- lek- tro - in - ge- ni -eur gefällt mir besser wie E- lekt - ro- in - ge- nieur. Es sind aber bei diesen Trennungen sozusagen fast alle Varianten erlaubt. Das Lernziel der Trennung ist bei diesem Beispiel sehr vereinfacht. Sprechrhythmisch ist die erste Variante besser.
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 15.01.2003 um 14.07
Erst durch Herrn Upmeyers Beitrag habe ich von der Trennungsvariante "Elekt-ro" erfahren. Meine Meinung: schwachsinnig, indiskutabel. Jedes weitere Wort wäre Zeitvergeudung.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Henning Upmeyer am 15.01.2003 um 12.36
Worttrennung am Zeilenende: § 108: Stehen mehrere Konsonantenbuchstaben dazwischen, so kommt nur der letzte auf die neue Zeile. § 110: In Fremdwörtern können die Verbindungen aus Buchstaben für einen Konsonanten + l, n oder r entweder entsprechend § 108 getrennt werden, oder sie kommen ungetrennt auf die neue Zeile.
Ist "elektr..." noch ein Fremdwort? Es gibt kein deutsches Wort dafür. Altgriechisch "Älektra" (weibl. Name), "älektron" (Bernstein); 18. Jh. franz. "electricite".
Bertelsmann 1999, Kleiner Wahrig 1997, Großer Wahrig 2000: bisherige Trennung k-tr, mit "auch" neue Trennung kt-r;
Duden 1996: nur neue Trennung kt-r, und so findet man sie in neuen Fachbüchern:
"Elekt-ra,
Elekt-rik, Elekt-riker, elekt-risch, Elekt-rizität, elekt-risieren,
Elekt-rode, Elekt-roingenieur, Elekt-rolyt, Elekt-romagnet, Elekt-romotor, Elekt-ron, Elekt-ronik, Elekt-roniker, elekt-ronisch, Elekt-romonteur, Elekt-rorasierer, Elekt-rosmog, Elakt-rostatik, Elekt-rotechnik, usw."
Mir als Elektroingenieur mit altgriechischer Schulbildung gefällt es nicht, aber weil Herr Prof. Ickler das Beispiel in seinem Kritischen Kommentar nicht erwähnt hat, möchte ich die Nichttechniker ohne altgriechische Schulbildung um ihre Meinung zu der neuen Trennung fragen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 14.01.2003 um 23.00
Liebe Frau Menges, Sie nehmen meine Geduld sehr in Anspruch! Ich dachte, Sie geben mir endlich explizit an, wie Sie einerseits die Aussprache von Trekking, Koppe, Kogge etc. beurteilen und wie Sie andererseits diese Wörter trennen. Aber weil Sie es sind...
Zitat:Nein, Frau Meges! Es stimmt nicht, daß alle Nachfragen ergeben haben, daß unsere Sprechsilben so verlaufen, und das wissen Sie auch! Nur Sie haben haben dies immer wieder betont, aber lesen Sie einmal nach, was Frau Philburn und Herr Ickler dazu gesagt haben; ich habe die Zitate in meiner vorhergehenden Antwort zusammengestellt.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Lieber Herr Wagner,
alle Nachfragen haben ergeben, dass unsere Sprechsilben eben auf Bä- cker verlaufen.
Das Problem bei der Sache ist, daß Ihre Aussage zwar nicht falsch, aber eben auch nicht ganz richtig ist, liebe Frau Menges! Wenn Sie sagen, die Sprechsilben würden /Bä- ker/ ergeben (weil ich mich hier ausschließlich auf den Wortklang beziehe, reicht ein "k"; diesen Bezug auf den Klang markiere ich mit den Schrägstrichen -- ohne auf den fachspezifisch korrekten Gebrauch dieser Notation Rücksicht zu nehmen; die eingefleischten Linguisten mögen es mir verzeihen), fehlt etwas Entscheidendes -- das Sie bereits selber ansprechen:
Zitat:Eines stimmt: Das geschriebene Wort "Butter" wird But- ter getrennt (wenn ich mich ausschließlich [!] auf die Schreibung beziehe, verwende ich Schrägschrift -- gibt es da eigentlich eine fachspezifische Konvention?). Und es stimmt auch, daß Verdopplungen "in der Verdopplung" getrennt werden (diese Formulierung gefällt mir sehr gut). "Trennung von Verdopplungen" ist hier der entscheidende, fehlende Punkt, denn "ck" ist nur die schreibtechnische Wiedergabe von "kk" -- also eine Verdopplung!
Verdopplungen trennen wir natürlich in der Verdopplung, wir sprechen But- ter und trennen natürlich But- ter.
(Denken Sie jetzt bitte nicht, ich würde Sie hier zum Besten halten wollen; im Gegenteil, ich habe mir etwas Ernsthaftes dabei dabei gedacht: Seien Sie doch so freundlich und beantworten mir an dieser Stelle die Frage nach der Trennung von Trekking, liebe Frau Menges! Das ist wirklich wichtig.)
Es stimmt jedoch nicht, daß das gesprochene Wort "Butter" als /But- ter/ erklingt, denn es hat nur einen /t/-Laut und nicht deren zwei! Daß es zwei seien, denkt man zwar im ersten Moment, aber das ist nicht richtig. Ich versuche mal, es zu erklären; wenn Sie mit meiner Erklärung nicht einverstanden sind, fragen Sie z. B. Frau Philburn.
Also: Mit zwei separaten /t/-Lauten wäre "Butter" quasi italienisch ausgesprochen: mit einer stimmlosen Pause zwischen den Silben, in der der Mund ohne Spannung ist; man könnte dann durch den geöffneten Mund ein- und ausatmen, ohne daß man das hört. Bei "deutscher" Aussprache liegt in der Pause zwischen den Silben die Zunge oben am Gaumen an und man hält den Atem an; wenn es dabei keine Geräusche geben soll, kann man dann nur durch die Nase atmen. Insofern ist der Mundraum in diesem Moment akustisch abgetrennt, man spricht von einem Verschlußlaut. Stimmt diese Beschreibung mit Ihrer Selbstbeobachtung überein, liebe Frau Menges, wenn Sie "Butter" aussprechen?
Zitat:Noch dürfen wir es nicht zur Seite legen, denn jetzt erst kommt der entscheidende Punkt: Auch bei der Aussprache von "Bäcker" gibt es einen Verschlußlaut! Beweis: Versuchen Sie mal, in der kurzen, stimmlosen Pause zwischen den Silben von "Bäcker" durch den Mund zu atmen, OHNE dabei die Zunge wegzunehmen! (Sprechen Sie dabei ein kurzes ä -- es ist ja nicht "Bääh-ker"!)
Wir müssen das Beispiel ck- zur Seite legen. Wir können es derzeit nicht ausdiskutieren, denn hier bleibe ich bei meiner Meinung [...]
(Wenn das mit dem Verschlußlaut nicht klar ist, dann achten Sie mal auf den Unterschied zwischen "Bagatelle" und "Bagger", was die erste Silbe betrifft. Diesen Unterschied gibt es auch bei "Egel" und "Egge" sowie bei "Bake" und "Backe"! Nur bei "Egel" und "Bake" ist die erste Silbe am Ende offen.)
Fazit: Bei der Aussprache von "Bäcker", "Butter", "Bagger", "Backe", "Egge" etc. gibt es einen (jeweils spezifischen) Verschlußlaut, der die erste Silbe abschließt; die erste Silbe endet jeweils NICHT auf einem "freien" Konsonanten, wie er etwa am Ende eines Wortes vorkommt (Beispiel: Vergleichen Sie die erste Silbe von "Bäcker" mit dem Nachnamen von Leo Baeck).
Lassen Sie uns in der "Lautschrift" den Verschlußlaut durch einen Apostroph (') kennzeichnen, und die genaue Art des Verschlußlautes soll aus dem unmittelbar dahinterstehenden Konsonanten folgen. Damit kann man hinschreiben, daß die fraglichen Wörter so klingen: /Bä'ker/, /Bu'ter/, /Ba'ger/, /Ba'ke/, /E'ge/. Stimmt's, Frau Menges? Und für die Silbenzerlegung hat man entsprechend /Bä'- ker/, /Bu'- ter/, /Ba'- ger/, /Ba'- ke/, /E'- ge/.
Die Systematik dahinter ist klar: Bei einer Verdopplung geht ein kurzer Vokal voraus, und diese Kürze des Vokals wird durch den Veschluß(laut) bewirkt.
Kommen wir nun von der Aussprache zur Schreibung: Wie Sie ganz richtig bemerkt haben, trennt man Konsonantendoppelungen "in der Verdopplung". Warum macht man das so? Weil man damit angibt, daß ein (und welcher) Verschlußlaut die Silbe abschließt (so daß man den Anfang der nachfolgende Silbe richtig ausspricht).
Also: Obwohl bei But- ter, Bag- ger, Eg- ge jeweils ein "t" bzw. "g" am Ende der ersten Silbe geschrieben wird, weist dieses nur auf den Verschlußlaut hin -- gesprochen wird das "t" oder "g" erst beim ("explosionsartigen") Lösen des Verschlusses! Genauso ist es aber auch mit dem /k/-Laut bei "Bäcker" und "Backe": Erst mit dem Beginn der zweiten Silbe wird hörbar, daß man ein "k" spricht. Es könnte nämlich immer noch ein "g" werden: Die ersten beiden Silben von /Ba'- ger/ und /Ba'- ke/ klingen gleich. Haben Sie das mal ausprobiert, liebe Frau Menges?
Weil nun "ck" eine Ersatzschreibung für "kk" ist und die Aussprache von "kk" den gleichen Prizipien gehorcht wie die von "gg", ist auch die Trennung nach dem gleichen Prinzip vorzunehmen. Sie haben es ja selbst formuliert: »Verdopplungen trennen wir natürlich in der Verdopplung«, und nichts anderes gilt auch für das verdoppelte "k". (Denken Sie jetzt nochmal an die Trennung von Trekking, liebe Frau Menges!)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.01.2003 um 18.32
"Die Einsetzung einer Kommission ist meistens das stillschweigende Eingeständnis, daß ein Problem nicht zu lösen ist".
Debré, Michel Jean-Pierre
Diese Behauptung könnte stimmen!
Lieber Herr Wagner,
alle Nachfragen haben ergeben, dass unsere Sprechsilben eben auf Bä- cker verlaufen. Verdopplungen trennen wir natürlich in der Verdopplung, wir sprechen But- ter und trennen natürlich But- ter. Städ- te ist für mein Sprachgefühl richtig.
Aber hi-nab so zu trennen ist für mich unsinnig. Ich trenne lieber hin - ab, her- auf, hin - über, ungenügend finde ich hi-nein-kom-men, hi- naus-gleiten, hi- nein-gleiten. Schrecklich! Duden S. 469
Wir müssen das Beispiel ck- zur Seite legen. Wir können es derzeit nicht ausdiskutieren, denn hier bleibe ich bei meiner Meinung, aber die hi-nab, und he-rein sind wirklich nicht nach meinem Sprachgefühl.
Sprechsilben wie die frechs-ten und dümms-ten Stör- che ...
sind eben auch nach unserem Geschmack, ohne nach der Reform zu schauen.
So ein Streitgespräch kann man nicht mit so wenigen Leuten lösen, man müsste es eben empirisch angehen. Es sollten viele das Problem aufzuschlüsseln versuchen und dann müsste man nach dem Mehrheitsprinzip gehen. Allerdings sind Lehrer kaum motiviert Fragebögen auszufüllen. Die Fragebögen müssten wirklich eine gute Begründung liefern und auch aus der Uni kommen, denn da höre ich immer: "Die Universität unterstütze ich, sonst fülle ich keine Fragebögen mehr aus." Die Fragebögen müssten außerdem für alle Berufssparten offen sein und auch online zur Verfügung stehen und sachlich, ohne Polemik gestellt werden.
eingetragen von J.-M. Wagner am 13.01.2003 um 22.43
Zitat:Gut, also nehmen wir uns die Trennungen vor, liebe Frau Menges! Die Ihren Zitaten entsprechenden Paragraphen des neuen amtlichen Regelwerkes sind § 107 (Trennung nach Sprechsilben allgemein), § 109 (Nichttrennung von Di- und Trigraphen und von ck) und § 111 E2 (Vermeidung irreführender Trennungen). Kritisch ist hier vor allem die Passage "Dasselbe gilt für ck"!
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Wir sind beim achten Gebot angekommen:
Die Trennung:
"Getrennt wird nach Sprechsilben. Stehen Buchstabenverbindungen wie ch, sch, ph, rh, oder th für einen Konsonantenbuchstaben, so trennt man sie nicht. Dasselbe gilt für ck." S. 91
"Teilweise lustige, aber irreführende Trennungen sollten vermieden werden.
Nicht Altbauer- haltung, sondern Altbau- erhaltung,
nicht Sprecher- ziehung, sondern Sprech- erziehung. S. 91"
Zitat:Was das Verständnis betrifft, war ich mir -- ehrlich gesagt -- nicht ganz sicher, und zwar bezieht sich dies auf die Diskussion um die ck-Trennung. Das möchte ich gern klären, und selbst wenn Sie mit dem Studium der Beiträge noch nicht ganz durch sind, möchte ich bereits jetzt -- als Reaktion auf Ihren letzten Beitrag -- darauf hinweisen, daß es mir nicht nur um die permanent gestellte Frage nach dem sachlich Falschen geht (deren Beantwortung Sie wegen "der 10 Gebote" zurückgestellt haben, was ich akzeptiere), sondern auch um Ihre Bemerkung zu den Sprechsilben bei Wörtern mit "ck". Es scheint so, als ob bei diesem Aspekt immer wieder aneinander vorbeigeredet wurde.
Herr Wagner,
ich halte ganz viel von der Einmalregelung. Ich verstehe Sie auch, wenn sie etwas einmal schreiben.- Ich habe jetzt erst einen Beitrag studiert!
Ihrer folgenden Aussage ist bereits mehrfach widersprochen worden, ohne daß Sie zu erkennen gegeben haben, daß Sie den Kern der Einwände erfaßt haben (so deutlich muß ich es leider sagen):RenateMariaMenges: Zur Trennung von Wörtern mit ck [...] wäre zu sagen, dass dies eine Vereinfachung [...] im Sprachrhythmus ist. Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker [...] Dies ist nicht anzuzweifeln [...]Um welchen Aspekt genau geht es? Ihre Bemerkung läuft ja auf die Behauptung hinaus, daß alle Wörter, die mit "ck" geschrieben werden, prinzipiell so ausgesprochen werden, daß der zum "ck" gehörende K-Laut ausschließlich der direkt darauf folgenden Silbe zuzuordnen ist. Habe ich Sie da richtig verstanden?
("Studium der Beiträge", 05.01.2003)
Um diese Ihre Aussage zur Aussprache geht es, und deshalb hatte ich Sie gebeten, vom Visuellen abzusehen!
Und was waren die Einwände? Sie betonen, daß es wichtig sei, auf den Sprachrhythmus zu achten und also eine Sprechprobe zu machen. Gut, das ist sowohl im Einklang mit den neuen Regeln als auch mit dem alltäglichen Sprachgefühl (was aber nicht garantiert, daß es immer richtig und sinnvoll ist). Die Sprechprobe gilt zudem für alle Trennungen, nicht nur für "ck", nicht wahr?
Um folgende Einwände geht es; ich fasse die wichtigsten Beiträge hier nochmal zusammen:An dieser Stelle sind wir bislang kein Stück weitergekommen: Zum einen sind Sie auf diese Einwände nicht eingegangen (Sie haben sich stattdessen immer wieder auf das Singen von "Backe" und "Bäcker" versteift), zum anderen haben Sie meine Bitten, eine Sprechprobe auch bei anderen Wörtern vorzunehmen, permanent ignoriert, indem Sie stattdessen mit kognitiven und visuellen Aspekten argumentiert haben:
- Herr Lindenthal wies auf die Aussprache und die Trennung anderer Wörter hin:
Kein Mensch spricht But- ter, das Wort lautet vielmehr Bu- tter - machen Sie bitte eine Sprachprobe! Pla-tte, ebenso Pa- ppel. Aber trennt man denn so, liebe Frau Dr. Menges?
("Desinformation?", 05.01.2003)- Als nächstes bat ich Sie, die Sprechprobe auf Bagger und Backe anzuwenden, dabei auf den bei beiden Wörtern vorhandenen Veschlußlaut zu achten und anhand des Wortklanges die Trennung von 'gg' und 'kk' zu vergleichen. Außerdem wies ich auf das neue amtliche Regelwerk hin:
§ 3: Für k und z gilt eine besondere Regelung: (1) Statt kk schreibt man ck. [...]- Als nächstes stellte Frau Philburn fest, daß man keineswegs "Bä- cker" spricht:
Wenn man "Bäcker" als zwei getrennte Silben spricht, steht am Ende der ersten Silbe bereits der Verschluß für das /k/, der im Ansatz der zweiten Silbe gelöst wird. Eine Trennung nach Sprechsilben wäre also "Bäk-ker".
(06.01.2003)- Schließlich merkte Herr Ickler an:
[Die] Trennung Zu-cker [...] verstößt gegen die Grundregel, nach Sprechsilben zu trennen, und ck ist keineswegs vergleichbar mit ch [...] ("Zu-cker", 06.01.2003)
Das Singen ist natürlich für die Frage nach den Sprechsilben ohne Bedeutung.
("Singen und Sprechen", 09.01.2003)Herr Wagner,Hier haben Sie visuell argumentiert ("Buchstabenzusammenhang"), aber im selben Atemzug geht's zum Klanglichen über:
kognitiv-visuell ist Bagger mit zwei gg verbunden. Ich gehe wohl wirklich in die Richtung, dass Bäcker einen Buchstabenzusammenhang hat wie ch. Dies meine ich damit, weil ich Ba- cke, So- cke so trennen will ...... und es auch als richtig empfinde. Evtl. ist der bayerische Sprachgebrauch auch ein anderer und wir unterscheiden differenzierte Längen der Vokale.In meinen Erwiderungen "Re: Singen und Sprechen " (09.01.2003), "Re: Singen in der Badewanne" (12.01.2003) und "Re: Das wird lang" (13.01.2003) versuchte ich, auf den Kernaspekt zurückzukommen, indem ich immer wieder darauf hinwies, daß es mir um den Wortklang geht, nicht um das Visuelle. Das haben Sie ignoriert. Und ich bat mehrmals um den Vergleich der Trennung von 'ck' mit der von 'pp', 'gg' und 'kk'. Auch das haben Sie ignoriert. Ich ließ deutlich erkennen, daß ich daraufhin ungeduldig wurde. Aber selbst das haben Sie ignoriert. Jetzt betonen Sie:
("Das wird lang", 12.01.2003)
Zitat:Bitte, bitte, liebe Frau Menges, bevor mir endgültig der Geduldsfaden reißt: Können wir uns auf einen Aspekt beschränken, und zwar auf Ihre ursprüngliche Aussage zur Aussprache von "Bäcker" im Zusammenhang mit der Trennung von Wörtern mit 'ck'? Ich habe es eingangs zitiert; das, wovon Sie sagten, es sei "nicht anzuzweifeln".
Aber das Visuelle ist ein ganz wichtiger Faktor beim Lesen- ich soll vom Visuellen absehen. Dann kann man doch nicht lesen! Ich werde sogar noch die visuell-motorische Komponente einbringen, nicht nur meine barocken auditiven Klänge, sondern noch mehr von der akustischen Wahrnehmung. Ich sage ja nicht, dass Sie die Wörter olfaktorisch oder gustatorisch wahrnehmen sollen, obwohl - erinnern Sie sich an die Weihnachtsknabberei? Ganz im Ernst - wir müssen erst die 10 Gebote fertig diskutieren, dann werde ich an ihre vielfach gestellte Frage herangehen.
Aber genau darum geht es: Diese Aussage wird angezweifelt -- genauer: Die Schlußfolgerung aus dieser Aussage, wie man sinnvollerweise 'ck' trennt, steht zur Debatte! Nur deshalb habe ich hier diesen gazen Zirkus mit den vielen anderen Beispielwörtern veranstaltet (als da u. a. waren: T r e k k i n g; K o p p e, K o g g e, K o k k e, S o c k e), bei denen ich immer noch auf den sprachlichen Befund (Trennung nach Sprechsilben) von Ihnen warte!
Und, bitte, bitte, liebe Frau Menges, können wir zuerst dieses eine Thema ("Wie funktioniert Silbentrennung -- aussprachetechnisch und schreibtechnisch gesehen?") fertig diskutieren, bevor Sie uns insgesamt zehn Stück auftischen?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 13.01.2003 um 20.06
Interessant wäre eine Untersuchung allemal.
Was Dr. Krimm denkt, kann ich nur seinen Äußerungen entnehmen, die ich in dieses Forum unter dem Stichwort „Schule“ eingebracht habe. Allerdings sind die schon tief im Archiv versackt, und wenn man die ins Leben rufen will, muß man rechts oben auf das Menü „zeigen“ drük-ken und im Durchlaufraster auf die Worte „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ klik-ken. (Dies nur als technischer Hinweis).
Unter der Rubrik „Briefe an das Kultusministerium“ können Sie dort inte-ressante Fakten nachlesen, z.B. auch einen „Rettungsversuch der Sprache“ von Toni Schmid (Pressesprecher des BayKuMi) begutachten, der seinerzeit Goethe zu seinem Starverteidiger gemacht hat. Nur Mut Frau Menges! Lesen Sie mal nach.
Am Ende der Untersuchung werden Sie vermutlich feststellen, daß in Bayern alles anders ist. Dort wedelt nämlich der Schwanz mit dem Hund.
Ich will damit sagen, daß es wahrscheinlich gar nicht die Kultusminister sind, die diesen Schlamm-massel angerichtet haben, sondern die Amt-schefs und Grauen Eminenzen.
Bin übrigens gerne behilflich beim Emp-irischen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.01.2003 um 19.43
Herr Schäbler!
Wieso kommen Sie darauf, dass wir keine empirischen Daten erheben könnten, wollten oder sollten?
Gerade heute hatte ich wieder die Idee, wie schon einmal - empirisches Datenmaterial über die Lehrer einzubringen. Lehrerbefragungen über die Rechtschreibreform
- über die Trennung
- über die Heysesche Schreibung
etc.
Wäre sehr interessant!
Und mit den Puppen tanzen - ich denke, dass das Ministerium anderes zu tun hat. Bedenken Sie die direkte Verbundenheit mit der Politik. Es würde mich interessieren, was Dr. Krimm und Dr. Funk privat denken. Oder, Herr Schäbler?
eingetragen von Norbert Schäbler am 13.01.2003 um 18.47
Adelung und Heyse sind nicht zu vergleichen mit den Modepäpsten Christian Dior und Givenchy.
Die einen versuchten nämlich einen dauerhaften und beständigen Sprachgebrauch ins Leben zu rufen,
die anderen lassen zu jeder Jahreszeit ihre Püppchen tanzen, damit sie ein noch dickeres Geschäft mit sich stets ändernden Klamotten und „wohl Düften“ abwickeln können.
Fällt mir doch gerade noch was Böses ein:
Vor einiger Zeit nannte man die Kultusminister „Sprachpäpste“.
Ich finde das paßt, denn die lassen auch Puppen tanzen.
Gelle, Frau Dr. Menges?
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.01.2003 um 18.30
Sigmar, wie er leibt und lebt: Der zweite Musiker in der Runde.
Gut, dann singe ich halt barock, aber flott, bitte schön !
Es hat ja auch im Barock flotte Gesänge gegeben.
Wir sind beim achten Gebot angekommen:
Die Trennung:
"Getrennt wird nach Sprechsilben. Stehen Buchstabenverbindungen wie ch, sch, ph, rh, oder th für einen Konsonantenbuchstaben, so trennt man sie nicht. Dasselbe gilt für ck." S. 91
"Teilweise lustige, aber irreführende Trennungen sollten vermieden werden.
Nicht Altbauer- haltung, sondern Altbau- erhaltung,
nicht Sprecher- ziehung, sondern Sprech- erziehung. S. 91"
Herr Wagner,
ich halte ganz viel von der Einmalregelung. Ich verstehe Sie auch, wenn sie etwas einmal schreiben. - Ich habe jetzt erst einen Beitrag studiert! Aber das Visuelle ist ein ganz wichtiger Faktor beim Lesen- ich soll vom Visuellen absehen.Dann kann man doch nicht lesen! Ich werde sogar noch die visuell-motorische Komponente einbringen, nicht nur meine barocken auditiven Klänge, sondern noch mehr von der akustischen Wahrnehmung. Ich sage ja nicht, dass Sie die Wörter olfaktorisch oder gustatorisch wahrnehmen sollen, obwohl - erinnern Sie sich an die Weihnachtsknabberei? Ganz im Ernst - wir müssen erst die 10 Gebote fertig diskutieren, dann werde ich an ihre vielfach gestellte Frage herangehen.
Herr Schäbler!
Ich sehe das so: Es hat seit jeher Fürsprecher für Heyse oder Adelung gegeben. Je nach Zeit und Lage der Dinge. Nun ist wieder Heyse dran. Wer weiß, wer und was in einigen Jahren wieder "in" ist.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.01.2003 um 07.28
Frau Dr.Menges meint:
Ich gehe wohl wirklich in die Richtung, dass Bäcker einen Buchstabenzusammenhang hat wie ch. Dies meine ich damit, weil ich Ba- cke, So- cke so trennen will und es auch als richtig empfinde.
Undeutlich empfunden ist etwas Richtiges gemeint:
Digraphen wie „ch" (und Trigraph „sch"), die einen in der Lateinschrift nicht vorhandenen Laut bezeichnen, werden nicht verdoppelt, auch wenn ein kurzer Vokal vorhergeht – aus lesepsychologischen und ästhetischen Gründen. Es ist eindeutig ein Mangel, der aber nur einen Teil der Wörter mit ch-Laut betrifft. Andere Wörter haben lange Vokale, wie die Brache, Bücher, Deiche, Flüche, Tuche, Teiche, Jauche, Lache, Gerüche, Wucher, sie buchen, suchen, fluchen, sie stachen, für die die Trennung nach dem Vokal richtig ist.
Es ist nun ein Taschenspielertrick der „Vereinfachung", die Untrennbarkeit des „ch" auf das „ck" zu übertragen. Dessen vorhergehender Vokal ist immer kurz , so daß der gelegentliche Notbehelf beim „ch" hier zum Normalfall wird – und für den Leser zur ständigen Stolperfalle (außer für Leute, die gewohnheitsmäßig auf dem vorhergehenden Vokal barocken Zierat singen ). Die Trennung c-k wäre trotz der Befremdlichkeit immer noch besser als die Untrennbarkeit.
Die gleichen Stolperfallen treten übrigens auch bei den neuen Trennungen nach angeblichen Sprechsilben auf, „hi-naus", „he-rauf" usw. Nach Reformerlogik müßte nun „hinn", „hin-nauf", und „her", aber „her-rauf" geschrieben werden. Es zeigt sich aber, daß auch die Trennung nach Wortbestandteilen lesefreundlicher ist als die Abteilung nach Gesichtspunkten, die im schnellen oder langsamen Sprechen und auch landschaftlich unterschiedlich sind. Auch die neue „einfache" Abtrennung des letzten Konsonanten einer Gruppe erschwert oft das richtige Lesen. Die „So-cken des Sok-rates" passen den wenigsten.
Während zahllose Wörter nun auf der neuen Krü-cke der Untrennbarkeit des „ck" daherhumpeln, wird die bisherige Untrennbarkeit des „st" dem neuen Dogma von der Trennung nach (angeblichen) Sprechsilben geopfert. Einer großen Zahl von Wörtern werden nun die „st" getrennt, die besser beisammen blieben. Die Endung des Superlativs zum Beispiel: „Die Schüler wurden unruhig. Die frechs-ten grins-ten zu den dümms-ten und am meis-ten flachs-ten die flachs-ten." Hier wird das gerade von den Reformern bis zur Karikatur gesteigerte Prinzip der Stammschreibung zugunsten einer behaupteten Sprechsilbenteilung aufgegeben. Der cerebrale Grammatikgenerator erzeugt jedoch immer noch: „Die frech-sten grins-ten zu den dümm-sten, und am mei-sten flachs-ten die flach-sten." Eine besondere Falle ist das „chs", daß traditionell „ks" gesprochen wird. Auch die Abtrennung des „st" vor Langvokal und Diphthong entspricht natürlichem Empfinden.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Theodor Ickler am 13.01.2003 um 04.13
Hier noch eine Zutat zur Mengesschen Bäckerei: Städ-te - weiterhin so zu trennen. (Spricht man die Reformer auf solche Widersprüche an, so antworten sie: Nun ja, schon richtig, aber vergessen Sie nicht, dass die Neuregelung ein Kompromiss ist ... (so Heller wieder und wieder). Und wir sollen es ausbaden, daß die Herrschaften sich nicht einigen konnten? Wie erklärt denn Frau Menges so etwas ihren Schülern?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 12.01.2003 um 19.37
Zitat:Ich begrüße es sehr, daß Sie sich auf die inhaltliche Diskussion einlassen. Aber eines ist gewiß: Mit dem Abhandeln der "10 Gebote" ist diese Diskussion nicht fertig, denn es fehlt weiterhin die Antwort auf die Frage: Was legitimiert sachlich Falsches?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich habe den ersten Punkt von 10 Geboten angesprochen, weil ich auf die inhaltliche Diskussion eingehen will. Das war eigentlich ein Punkt, den ich bisher vermieden habe. Und ich sehe ein, dass das nicht schnell abzuhandeln ist. Ich hätte es wohl gerne so gehabt. Die 10 Gebote durchsprechen - fertig.
Zitat:Leider verteidigen Sie das Reformwerk sehr wohl, und zwar auch dort -- wie schon Herr Ickler angemerkt hat --, wo sich die Reformer einer Mangelhaftigkeit der Neuregelung durchaus bewußt sind: Die Nichttrennung von 'ck' steht im Widerspruch zur Silbenzerlegung!! Aber das üben wir nochmal an anderer Stelle (und wenn es sein muß, bis zum Erbrechen), siehe unten. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, daß hier sehr viele gute inhaltliche Argumente gegen die reformierte Rechtschreibung -- auch wiederholt -- vorgebracht werden, ohne daß Sie diese wirklich zur Kenntnis nehmen: Sie geben nicht zu erkennen, ob oder inwiefern Sie Ihre Haltung aufgrund dieser Argumente überdenken bzw. revidieren, oder daß Sie sich evtl. einmal geirrt haben (von Mißverständnissen abgesehen).
Aber ich persönlich muss das Regelwerk der Reformer nicht verteidigen. Ich muss es nur praktisch anfassen. Ich vertrete die neue Rechtschreibung aus zwei Gründen, weil ich beruflich damit umgehen muss und weil sie mir gefällt.
Letztlich können Sie ja alle Argumente mit Ihrem "weil sie mir gefällt" beiseitewischen, oder Sie verteidigen die Reform mit dem ewig wiederkehrenden "es kann bzw. wird kein Zurück geben". Eine solche Haltung mag einer Privatperson zustehen, als Lehrerin werden Sie damit aber Ihrer Verantwortung den Schülern gegenüber nicht gerecht: Eben weil Sie mit der reformierten Rechtschreibung beruflich umgehen müssen und Sie diese unterrichten müssen, ist es zwingend geboten, daß Sie sich aus wissenschaftlich-inhaltlicher Perspektive mit dem Reformwerk auseinandersetzen -- denn was wäre, wenn sich darin Fehler eingeschlichen haben uns Sie also Ihren Schülern (in guter Absicht zwar) etwas Falsches beibringen? In genau diesem Zusammenhang muß obige Frage gesehen und diskutiert werden: Was legitimiert sachlich Falsches?Zitat:Da haben Sie einen sehr wunden Punkt erwischt, liebe Frau Menges: In der Tat habe ich eigentlich bereits schon zu viel Zeit damit verbracht, hier Beiträge zu schreiben, und auch jetzt noch nimmt dieses Hobby sehr viel Zeit in Anspruch, aber manche Themen, Ideen und Gedanken interessieren mich über alle Maßen und lassen mir keine Ruhe. Letztlich will ich dazu beitragen, daß meine Kinder (sollte ich -- hoffentlich -- mal welche haben) diesen "Schwachfug" nicht lernen müssen. Welchen "Schwachfug"? Beispiel:
Wenn Herr Wagner die Zeit hat diese 3 vorgestellten Beiträge zu schreiben, brauche ich dreimal so viel Zeit, sie genau zu studieren. Da ich mir die Arbeit mache, müssen es die Beiträge auch wert sein und sie sind es auch. Aber ich weiß nicht, wie es bei Ihnen in der Arbeit aussieht: Ich habe nicht sehr viel übrige Zeit- es ist vielmehr Hobby und Beruf, was mich veranlasst hier zu schreiben.Schreibung von ss und ßFür Neulerner, die nicht wissen, "wo bisher ß stand", ist diese "Regel" komplett unbrauchbar, und der schon weiß, "wo bisher ß stand" -- warum soll es für den komplizierter werden, indem er nun eine Fallunterscheidung treffen muß, ohne die es bislang auch ging (und das sogar mit gutem Ergebnis)? Vorsicht auch mit einer etwaigen Modifikation dieser Faustregel: Beim Weglassen von "wo bisher ß stand" wird sie sofort falsch. -- Ansonsten kommt man dem "Schwachfug" auf die Spur, wenn man sich ernsthaft der Frage stellt: Was legitimiert sachlich Falsches?
Nach kurzem Selbstlaut steht, wo bisher ß stand, jetzt ss, nach langem Selbstlaut oder Doppellaut steht weiterhin ß
Zitat:Nein, das müssen Sie nicht! Aber Sie dürfen sich auch nicht dahinter verstecken!! Natürlich müssen Sie die Reform im Unterricht anwenden, das bezweifelt ja niemand -- aber bedeutet das automatisch, daß Sie die Reform gutheißen müssen? Verbietet Ihnen der Zwang zur Anwendung der Reform, dieselbe kritisch zu durchleuchten und sich ihrer Fehler und der mit ihr verbundenen Verschlechterungen bewußt zu sein? Keineswegs! In diesem Zusammenhang stelle ich "die Frage" mal etwas abgewandelt: Was legitimiert es, die Augen vor sachlich Falschem in seinem eigenen Fachgebiet zu verschließen?
Wenn ich in Zukunft einen Beitrag schreibe, muss ich dann immer voranstellen, dass ich diese Rechtschreibreform ausführen muss und ich mich daher mit ihr beschäftige? ?
Zitat:Frau Menges, könnte es sein, daß die herkömmliche Rechtschreibung ein Teil des Selbst sehr vieler Menschen geworden ist, und daß dies viel mehr Menschen sind als jene, die die reformierte Schreibung erlernt haben? Aber das nur am Rande, der viel wichtigere Aspekt ist doch folgendes: Welche Fähig- und Fertigkeiten machen einen Einser-Schüler aus? Sind es nicht »in erster Linie kommunikative Kompetenz, Fachwissen, die Fähigkeit zum Umgang mit der eigenen Kultur, sprachliche Fähigkeiten wie die Differenzierung des Ausdrucks auf verschiedenen Ebenen der Sprache, die Kenntnis kulturell relevanten Vokabulars sowie der zugehörigen Konnotationen, ganz zuletzt aber erst die Beherrschung der orthographischen Regeln« (H.-Ch. Weißker: Die Rechtschreibreform und einige ihrer Argumente)? Die Differenzierung des schriftlichen Ausdrucks wird durch die Rechtschreibreform reduziert (Stichpunkt GZS), damit steht sie den Förderzielen entgegen. Und sie ist bezüglich der Handhabung grammatischer Aspekte in sich widersprüchlich, was als Fehlerhaftigkeit interpretiert werden kann. Was legitimiert konzeptionell und sachlich Falsches?
Herr Lachenmann,
dass ein Einser- Schüler auch die alte Rechtschreibung lernen kann und diese dann auch richtig anwenden kann ist klar. Aber es könnte sein, dass die neue Rechtschreibung schon ein Teil seines Selbst geworden ist. Gerade habe ich eine Anfrage wegen Autorentätigkeiten gehabt: Voraussetzung ist die neue Rechtschreibung - Lesestücke für schwachbegabte Leser.
Zitat:Liebe Frau Menges, die Frage ist leider falsch gestellt: Warum ist denn aus dem k überhaupt ein c geworden? Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, daß es in deutschen Texten eine ganze Reihe Doppelkonsonanten gibt (natürlich nur von denen, deren Notation als Doppelung sinnvoll ist)? Es gibt Wörter, die mit bb, dd, ff, gg, ll, mm, nn, pp, rr, ss, tt geschrieben werden -- aber nicht mit kk (abgesehen von Fremdwörtern), obwohl dies genauso sinnvoll wäre wie bei den anderen! Woran liegt das? Antwort: § 3 (1) Statt kk schreibt man ck. Wie aber werden die Doppelkonsonanten getrennt? Beispiele (Sprechprobe bitte):
Herr Wagner,
kognitiv-visuell ist Bagger mit zwei gg verbunden. Ich gehe wohl wirklich in die Richtung, dass Bäcker einen Buchstabenzusammenhang hat wie ch. Dies meine ich damit, weil ich Ba- cke, So- cke so trennen will und es auch als richtig empfinde. Evtl. ist der bayerische Sprachgebrauch auch ein anderer und wir unterscheiden differenzierte Längen der Vokale. Warum soll aus einem c nun ein k werden?
Das ist für Kinder nur erlernbar, nicht einsehbar.
K o p p e
K o g g e
K o k k e
Was ist hier jeweils der Sprachrhythmus? Gibt es irgend einen Grund, aus dem (hochdeutschen, nicht bayerischen) Wortklang bzw. Sprachgebrauch (vom Visuellen bitte ich Sie komplett abzusehen!) auf eine unterschiedliche Trennung von 'pp', 'gg' und 'kk' zu schließen?
Zitat:Erst, wenn Sie zugeben, daß Sie sich in bestimmten Dingen geirrt haben!
Lassen Sie mich aber bitte bald zu Gebot II übergehen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Henning Upmeyer am 12.01.2003 um 14.17
Das ist ein sehr interessantes und wichtiges Thema und berührt die PISA-Studie:
Wie können schwachbegabte Leser den Sinn eines Textes leichter erkennen:
Bei doppeldeutigen Getrenntschreibungen erst aus dem Satzzusammenhang, wie es die Rechtschreibreformer wollen, oder aus bedeutungsunterscheidenden Getrennt- und Zusammenschreibungen sofort, wie es die herkömmliche Rechtschreibung anbietet?
Welche Texte lesen sich leichter: die mit Silben-Ende markierenden ß oder mit verschleiernden Dreifach-s?
Welche Kommasetzung ist leseleichter?
Nach meiner Meinung ist ein leseleichter Text in neuer Rechtschreibung ein Widerspruch in sich, außer der Schreiber vermeidet und umgeht absichtlich und mit Mehraufwand alle schwierigen Stellen der Neuregelung.
eingetragen von Matthias Dräger am 12.01.2003 um 07.41
Liebe Frau Dr. Menges,
Sie schreiben in Ihrem jüngsten Beitrag etwas von
"Lesestücken für schwachbegabte Leser" - Sie merken es doch langsam selbst, oder?
Allmählich verstehe ich, warum niemand Interesse daran hat, sich die von mir schon seit Monaten ausgelobten 500,- Euro abzuholen für den Nachweis, daß er allein den läppischen § 34 der "Neuregelung" der Getrennt- und Zusammenschreibng beherrscht. Nur ein einziger Abschnitt!
Warum meldet sich niemand, wenn doch alles "viel einfacher geworden ist"?
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.01.2003 um 20.46
Tiefes Rot ziert meinen Teint, wenn ich daran denke, daß ich einst den einen mit dem anderen verwechselte, daß ich Heyse als den besseren von beiden betrachtete und gar hinzufügte, daß die gegenwärtige Schreibung an die praktizierte Schreibweise in der Schweiz erinnere.
Mit der Überschrift „Noch mehr rot“ hat mich damals Professor Ickler vom „Baum“ geholt und ich verspürte danach den intensiven Wunsch, mich ins kleinste Mauseloch verkriechen zu müssen.
Ich denke, daß ich heute die Leistung von Adelung besser einschätzen kann, denn jener Adelung hat seinerzeit durch seine Sachkenntnis und sein sorgfältiges Abwägen einen wissenschaftlichen Streit (weitestgehend ohne Fremdhilfe) geregelt und entschieden. Er war geschichtlich betrachtet: eine äußerst wichtige Person, ein berufener Mensch, einer "aus der Bodentruppe des lieben Gottes".
Kaltes Grausen erfaßt mich, wenn ich an gegenwärtige Schlichtungen des wissenschaftlichen Streits denke, denn stets hängt sich der Staat hinein.
Politiker (Kultusminister) übernehmen eo ipso die Schirmherrschaft für beliebige Projekte öffentlicher Belange. Sie legen fest – sich verlassen könnend auf Seilschaften – was Usus werden soll, sind sich aber in der Regel aufgrund ihrer Eigenbildung nicht im geringsten klar darüber, was das kleinere Übel ist.
Dreimal hat die Kultusministerkonferenz im zurückliegenden Jahrzehnt völlig idiotische Erlasse gesetzt.
1. Bei der Entscheidung für eine moderne Rechtschreibung, die rückwärtsgerichtet ist
2. Bei der Entscheidung für das norddeutsche Subtraktionsverfahren. Das süddeutsche Verfahren war die bessere Methode.
3. Bei der Einführung der vereinfachten Ausgangsschrift. Die bisher übliche Methode förderte zumindest den Schreibfluß.
Es würde den Rahmen sprengen, für sämtliche Punkte den Beweis anzutreten; zwei der drei kultusministeriellen Fehlentscheidungen gehören ja auch gar nicht hierher.
Was Adelung angeht, werde ich auf jeden Fall noch etwas Sachliches aussagen.
Vorab mag man mit dieser Polemik zufrieden sein.
__________________
nos
eingetragen von Henrik Swaton am 11.01.2003 um 15.24
Heyse
Hier noch einmal die wichtigsten Einwände gegen die Heysesche s-Schreibung:
1. Sie ist besonders fehlerträchtig; das ist empirisch nachgewiesen, historisch belegbar (nicht bewährt im 19. Jahrhundert in Österreich)....
Verehrter Herr Professor Ickler, woraus schließen Sie, dass sich die Heysesche s-Schreibung damals in Österreich nicht bewährt habe? Ausweislich des Protokolls der II. Orthographischen Konferenz haben der Vertreter Österreichs und die anderen Teilnehmer zugestanden, dass die Heysesche s-Schreibung als die bessere angesehen werden müsse, aber "im Interesse der Einheitlichkeit ein Opfer zu bringen" sei.
Übrigens hat sich auch Prof. Munske (in "Orthographie als Sprachkultur") ausdrücklich für die neue s-Schreibung ausgesprochen, da sie einem Grundzug deutscher Orthographie, der graphischen Konstanz des Wortbildes, entspricht. Ähnlich seine Begründung für die neue ck-Trennung. Beide Auffassungen sind m.W. von Prof. Munske nicht öffentlich revidiert worden.
– geändert durch Henrik Swaton am 12.01.2003, 21.20 –
eingetragen von Norbert Schäbler am 11.01.2003 um 12.58
Ich werde mich hüten, von einem Bürokraten zu verlangen, daß er sich mit empirischen Angelegenheiten beschäftigt. Das wäre gegen die Natur.
Und ich habe auch tiefstes Verständnis dafür, wenn Frau Dr. Menges mein Urteil „Das neue Regelwerk verlangt lediglich Hörigkeit und vorauseilenden Gehorsam“ ablehnt, denn das ist eine fast ehrabschneidende Rüge für einen Beamten. (Der/... das Verdienst des Bürokraten liegt ja schließlich darin, zu vollziehen, und es gelingt dem Apparat mittlerweile ja schon seit 1996, voll zu ziehen.)
Hut ab vor solcher Leistung!
Mir kam es aber eh mehr auf den Satz an, der den oben zitierten Worten unmittelbar folgte: „… An solcher Brutstätte kann nichts Wertvolles entstehen.“
Das will ich von der Sache her begründen:
Die natürliche Entwicklung der Schriftsprache (z.B. die Tendenz zur Zusammenschreibung oder die Festlegung auf die Adelung’sche S-Regelung) wurde durch den staatlichen Eingriff ge- und zerstört; und durch die Mittäterschaft der Beamten wurde der „Staatsstreich“ besiegelt.
Werthaltige Errungenschaften fielen der Planung am Reißbrett zum Opfer; und die inzwischen etablierte wertgeminderte Lehre sorgt selbst für die Zukunft (zumindest bis zum Jahre 2005) für einen stetigen „Fortschritt“ in die Vergangenheit.
Auch das haben die Beamten (Lehrer) zu verantworten: „Entwertung statt Wertsteigerung!“
Es wäre wohl ratsam für manchen Beamten, wenn er nachdenken würde über seinen Aufgabenfächer: zum Wohle des Staates, zum Wohle des Bürgers, zum Wohle der Sache.
Dann gäbe es (zwar bei gleichem Gehalt) weniger Vollzug, aber gehaltvollere Arbeit.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.01.2003 um 12.47
Ich habe den ersten Punkt von 10 Geboten angesprochen, weil ich auf die inhaltliche Diskussion eingehen will. Das war eigentlich ein Punkt, den ich bisher vermieden habe. Und
ich sehe ein, dass das nicht schnell abzuhandeln ist. Ich hätte es wohl gerne so gehabt. Die 10 Gebote durchsprechen - fertig. Aber ich persönlich muss das Regelwerk der Reformer nicht verteidigen. Ich muss es nur praktisch anfassen. Ich vertrete die neue Rechtschreibung aus zwei Gründen, weil ich beruflich damit umgehen muss und weil sie mir gefällt. Wenn Herr Wagner die Zeit hat diese 3 vorgestellten Beiträge zu schreiben, brauche ich dreimal so viel Zeit, sie genau zu studieren. Da ich mir die Arbeit mache, müssen es die Beiträge auch wert sein und sie sind es auch. Aber ich weiß nicht, wie es bei Ihnen in der Arbeit aussieht: Ich habe nicht sehr viel übrige Zeit- es ist vielmehr Hobby und Beruf, was mich veranlasst hier zu schreiben. Wenn ich in Zukunft einen Beitrag schreibe, muss ich dann immer voranstellen, dass ich diese Rechtschreibreform ausführen muss und ich mich daher mit ihr beschäftige? ?
Herr Lachenmann,
dass ein Einser- Schüler auch die alte Rechtschreibung lernen kann und diese dann auch richtig anwenden kann ist klar. Aber es könnte sein, dass die neue Rechtschreibung schon ein Teil seines Selbst geworden ist. Gerade habe ich eine Anfrage wegen Autorentätigkeiten gehabt: Voraussetzung ist die neue Rechtschreibung - Lesestücke für schwachbegabte Leser.
Herr Wagner,
kognitiv-visuell ist Bagger mit zwei gg verbunden. Ich gehe wohl wirklich in die Richtung, dass Bäcker einen Buchstabenzusammenhang hat wie ch. Dies meine ich damit, weil ich Ba- cke, So- cke so trennen will und es auch als richtig empfinde. Evtl. ist der bayerische Sprachgebrauch auch ein anderer und wir unterscheiden differenzierte Längen der Vokale. Warum soll aus einem c nun ein k werden?
Das ist für Kinder nur erlernbar, nicht einsehbar.
Normalerweise schreiben die Menschen hier zu viele Wörter, aber bei dem Punkt 5 bei Herrn Ickler waren es scheinbar zu wenig. Ich muss über mich selber lachen, wenn ich Punkt 5 nochmals durchsehe. Ich sehe gleichzeitig den Ernst der Lage ein, aber ich finde es für mich selbst schon witzig - meine Auslegung. Wie wird es da erst Menschen gehen, die ihre weiteren Schriften nicht kennen? Wieso kommen die Schriften der Reformer nicht so an den Mann, wie sie es gerne hätten? Verständigungsschwierigkeiten? Übertriebene Kritikfähigkeit?
Lassen Sie mich aber bitte bald zu Gebot II übergehen. Ihr Standpunkt ist mir klar. Ich bedanke mich außerdem bei Herrn Ickler für den kurzen prägnanten Beitrag: Heyse. Diese Zusammenfassungen sind für mich sehr wichtig.
Einen schönen Sonntag miteinander!
eingetragen von Theodor Ickler am 11.01.2003 um 08.34
Zu Frau Menges: Es geht nicht darum, ob die Schreibung einer einzelnen Wortform schwieriger geworden ist, also zum Beispiel musst, es geht um die Gesamtregelung. Die "neue" (sie stammt bekanntlich aus den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts) ist eindeutig schwieriger, was sich sowohl theoretisch herleiten als auch empirisch beweisen läßt. Ich gehe darauf nicht nochmals ein, weil es schon x-mal gesagt worden ist.
Ich habe natürlich nicht behauptet, daß es jetzt Wörter mit sss am Schluß gebe. Vielmehr bezog ich mich darauf, daß es am Schluß jetzt drei Möglichkeiten gibt: muss, Bus, Fuß.
Die bisherige s-Schreibung war sehr leicht zu lernen: "ss am Schluß bringt Verdruß." Und vor dem Suffix t steht ebenfalls kein ss. Das war's. In den Zeitungen wurde praktisch nie dagegen verstoßen, während man jetzt in JEDER Ausgabe einer Tageszeitung Fehler findet (Aussenminister usw.), auch noch über drei Jahre nach der Umstellung.
Eine "Vereinfachung" von das/daß ist selbstverständlich sehr wohl möglich, und wurde von den Reformern jahrzehntelang angestrebt; das war sogar ein Hauptanliegen der Reform und wurde nur durch die Politiker abgeblockt: Einheitsform das. Zur Verteidigung der geplanten Einheitsschreibung wurde immer angeführt, der Kontext mache die Bedeutung klar. Dasselbe wird heute zur Verteidigung aller Untunlichkeiten der Neuregelung behauptet. Aber allmählich häuft sich das Auflösungsbedürftige, bis eben die Qualität der Gesamtregelung darunter leidet. Nur Außenseiter wie das Ehepaar Leiss meinen, je schwerer ein Text zu entziffern ist, desto besser für den Geist, der dadurch am Erlahmen gehindert wird. Ich glaube allerdings, daß Texte, deren Lektüre sich lohnt, allenfalls durch ihren Inhalt schwer sein dürfen, nicht durch eine möglichst chaotische Schriftform.
Was den Bäcker betrifft: Die Reformer haben selbst nie bestritten, daß die neue Nichttrennung gegen die Silbengliederung verstößt; vgl. auch § 3. Ich weiß nicht, warum Frau Menges hier etwas verteidigt, was die Reformer gar nicht behaupten.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.01.2003 um 23.06
Zitat:Ich hoffe, daß Sie meine Frage endlich beantworten, bevor Sie erneut unvermittelt das Thema wechseln bzw. eine angesprochene Thematik so umbiegen, daß es einem Themenwechsel gleichkommt. Deswegen gehe ich auch nicht weiter auf die Mißverständnisse ein, die Ihrer Antwort an Herrn Ickler bezüglich der Heyseschen S-Laut-Schreibung zugrundeliegen; auf einen wichtigen Punkt hat ja Herr Lachenmann schon hingewiesen. Ich bitte Sie lediglich, meine diesbezüglichen Beiträge "Kritik auf zwei Ebenen", "Nachtrag zu »Kritik auf zwei Ebenen«" und "Nachgefragt (An Herrn Schneider)" noch einmal aufmerksam zu studieren.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich hoffe, dass der versammelte Männerchor endlich ein Lied anstimmt.Zitat:Herr Ickler hat dazu bemerkt:
Folgende Arie habe ich angesungen:
[...]Das Singen ist natürlich für die Frage nach den Sprechsilben ohne Bedeutung.Folgende Frage habe ich Ihnen vorgelegt: Gibt es irgend einen Grund, aus dem Wortklang von "Bagger" und "Backe" auf eine unterschiedliche Trennung von 'gg' und 'kk' ('ck' ist nur eine Ersatzschreibung für 'kk', siehe amtliches Regelwerk, § 3!) zu schließen? Dazu haben Sie bislang geschrieben:Zitat:Es fehlt nach wie vor die Sprechprobe, liebe Frau Menges; und was Sie mit dem "kognitiven Element" bei Bagger meinen, ist mir völlig schleierhaft. Es erscheint mir zudem unwichtig -- es geht ja nur um das Sprechen, nicht das Verständnis.
Die weiblichen bayerischen Lehrerinnen singen auf Ba-, Bä-, und Ku-. Es finden keine halben 'Töne statt und auf k-k singen wir schon gar nicht. Die Gesangsprobe wurde angestimmt.
[...]
Gut Ding w i l l bayerische Ruhe haben, lieber Herr Wagner
und bei Bag- ger überwiegt sowieso das kognitive Element, Herr Wagner. Da brauche ich keine Studien darüber.
- geändert durch RenateMariaMenges am 10.01.2003, 20.08 -
Vor allem aber haben Sie mir nicht erklärt, was den "akustischen Unterschied" zwischen Bagger und Backe ausmacht. Warum soll es /Bag-ger/ sein, aber nicht /Bak-ke/? Das verstehe ich nicht.
Nun denn, falls Sie sich schon zu lange mit Backe und Bagger beschäftigt haben, hier stattdessen gleich ein Trio:
K o g g e
K o k k e
S o c k e
Maßstab der Sprechprobe soll folgende Behauptung Ihrerseits sein:Zitat:Diese Behauptung (die ja für alle mit "ck" geschriebenen Wörter gilt) hatten Sie anhand eines Beispiels illustriert (das eine weitere Behauptung darstellt):
Zur Trennung von Wörtern mit ck [...] wäre zu sagen, dass dies eine Vereinfachung sowohl in der Syntax, in der Optik als auch im Sprachrhythmus ist.Zitat:Ihre beiden Behauptungen lassen sich also wie folgt zusammenfassen: Wörter, die mit "ck" geschrieben werden, werden prinzipiell so ausgesprochen, daß der zum "ck" gehörende K-Laut ausschließlich der direkt darauf folgenden Silbe zuzuordnen ist. Habe ich Sie da richtig verstanden?
Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker [...] Dies ist nicht anzuzweifeln [...]
(Studium der Beiträge, 05.01.2003)
Bitte machen Sie eine Sprachprobe (nicht singen!) mit den zuvor genannten drei Wörtern (obiges Trio); variieren Sie Tempo, Tonfall, Silbendehnung etc. Was ergibt sich daraus bezüglich des jeweiligen Sprachrythmus' (vgl. Ihre 1. Behauptung) bei Wörtern, die mit "gg", "kk" und "ck" geschrieben werden? Welchen Silben sind jeweils die G- und K-Laute zuzuordnen? Worin besteht der Unterschied im Sprachrythmus in diesen drei Fällen?
Als Berliner ist es mit bayerischer Ruhe bei mir schlecht bestellt, liebe Frau Menges; bitte halten Sie mich nicht länger hin.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Lachenmann am 10.01.2003 um 22.46
So bleibt uns nur [...], weiter persönlich "wider den Stachel zu löcken" ...
Dies schrieb der CSU-Spitzenpolitiker Michael Glos. Also haben wir Mercedes-Orthographen doch einen potentiellen Verbündeten mitten im politischen Machtzentrum, das läßt hoffen. Und offenbar ist der Mann gewitzter, als man seinen sonstigen Sprechblasen nach vermuten dürfte.
Poseidon, wenn er denn wirklich ein so ungewöhnlich gescheiter Mensch ist und den Ehrgeiz besitzt, sich unter klugen Menschen schriftlich differenziert zu artikulieren, wird sicher gerne einmal sich einen Mercedes leisten können und sich deshalb auch nicht unverschämt behandelt fühlen durch eine freundliche Hinführung zur hochwertigen Mercedes-Orthographie, die man ihm in der Schule vorenthalten hat. Und er wird sehr bald erkennen, daß jegliche anspruchsvolle Literatur, auch die wissenschaftliche, seit Jahr und Tag in dieser gehalten ist und von gescheiten Leuten weiterhin gehalten wird, und daß sie ihm viel mehr Möglichkeiten zu genauer, differenzierter und auch stilistisch sorgfältiger Ausdrucksweise gibt. Nicht nur Hochbegabte wachsen über den Horizont ihrer einstigen Schullehrer gottseidank hinaus, und manche wundern sich wohl im späteren Leben, wenn sie an ihre Schule zurückdenken, was sie dort für unnützes und halbgares Zeug haben lernen müssen. Ihr Löwenjunges wird seinen Weg schon finden.
Die Frage nach den Wörtern mit drei s am Ende ist fürwahr kritisch. Aber war denn davon überhaupt die Rede? Poseidon kann hoffentlich genauer lesen, genauer denken und, so gut es die ihm beigebrachte Orthographie erlaubt, genau auf die Aussagen reagieren, die zur Diskussion stehen. Hopfen und Malz, Gott erhalt's!
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.01.2003 um 19.16
Zu Herrn Upmeyer:
Ihre Beiträge werden noch mehr ernsthafter sein, wenn Sie bitte Ihre Kennkarte ändern würden und Ihre Unterschrift statt "was ist das" setzen würden oder diese Wörter streichen würden.
Herr Upmeyer, ich muss mich a b e r g e r a d e auf das Brauchbare und Unbrauche für eine Zusammenfassung
konzentrieren; ich nenne das die sachliche Auseinandersetzung, das andere ist polemisch unterwandert.
Zu Herrn Ickler:
zu 1.) Die Regel ist leichter einzuführen und die Anwendung ist leicht. Selbst Ausländer verstehen diese Regel, wenn nicht im Dialekt gesprochen wird. Die reine Hochsprache wird hier vorausgesetzt. Regeleinstieg und Regelerfolg sind erfolgreich umzusetzen.
zu 4.) Die grammatikalische Unterscheidung von dass/das kann m.E. nicht vereinfacht werden. Die Schwierigkeit bleibt.
zu 6.) Leider- oder ist es der Charme der deutschen Sprache - muss man bei uns mit Ausnahmen leben.
zu 5.) Bitte nennen Sie mir ein Wort mit sss am Schluss.
zu 2.) Ist das schwieriger?
"Du musst heute in die Schule!
Du mußt heute in die Schule!"
Ich sehe keine großen Unterschiede.
eingetragen von Henning Upmeyer am 10.01.2003 um 17.59
Wenn bei der Weiterentwicklung der DIN-Normen die gleiche Vorgehensweise wie bei der Reform der Rechtschreibung angewandt würde und worden wäre, wäre "Made in Germany" genau das Warnzeichen für schlechte Qualität, das die Engländer seinerzeit damit erreichen wollten. Jetzt kann man sagen "Made in Germany" bedeutet für technische Produkte: "Klasse" und für Rechtschreibungsprodukte wie Zeitungen: "fabrikneuer Sperrmüll"
eingetragen von Henning Upmeyer am 10.01.2003 um 17.44
Als Ingenieur muß ich Herrn Lachenmann verteidigen:
Wenn man einen Schriftsatz als Produkt ansieht, ist folgender Vergleich mit einem technischen Produkt zulässig:
Die Qualität eines Produktes liegt sowohl in seiner Konstruktion als auch in seiner Herstellung. Auch der perfekteste Facharbeiter kann aus fehlerhaften Konstruktionszeichnungen kein fehlerfreies Produkt schaffen, es sei denn, er verbesserte und korrigierte selber nach eigenen Ideen die Konstruktionsfehler und arbeitete entgegen den Zeichnungen. Bei der Rechtschreibung ist das wohl nicht erlaubt. Jedenfalls muß man einen Facharbeiter bewundern, der trotz und entgegen miserabler Konstruktionszeichnungen ein gutes Produkt herstellt. Aber mit guten Zeichnungen wäre das Produkt eben viel besser.
Oder ein ähnlicher Vergleich: Ein genialer Fachmann kann auch aus einem Haufen miserabler Einzelteile eine funktionierende Maschine zusammenbauen. Aber mit besseren und geeigneteren Einzelteilen könnte er eine ganz hervorragende Maschine bauen.
eingetragen von Theodor Ickler am 10.01.2003 um 16.37
Hier noch einmal die wichtigsten Einwände gegen die Heysesche s-Schreibung:
1. Sie ist besonders fehlerträchtig; das ist empirisch nachgewiesen, historisch belegbar (nicht bewährt im 19. Jahrhundert in Österreich) und sprachpsychologisch erklärbar, weil 1a) die Vokallänge im deutschen Sprachbereich schwankt, 1b) die Länge der Diphthonge vielen Menschen nicht nachvollziehbar ist.
2. Sie führt zu den allermeisten Dreifachbuchstaben, weil solche Fälle ungleich häufiger sind als alle anderen Verdreifachungen zusammen. Wer das "schön" findet - nun ja, in anderen Sprachen hat man das nicht so gern.
3. Sie tilgt den letzten lesefreundlichen Rest von Schlußbuchstabigkeit. Grenzsignale sind aber gerade bei den berüchtigt langen Wörtern des Deutschen willkommen.
4. Sie bringt keine Erleichterung in jenem Fall, auf den es die Reformer ganz überwiegend abgesehen hatten: das/dass statt das/daß. Das ist eine grammatische Unterscheidung.
5. Am Schluß eines Wortes sind jetzt drei s-Schreibungen möglich, vorher nur zwei. Sicher keine Erleichterung.
6. Die Zahl der Ausnahmen ist enorm (auch bei anderen Buchstabenverdoppelungen wie Mopp, aber ss ist eben viel häufiger.)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.01.2003 um 16.21
Ich freue mich, dass Herr Upmeyer den Weg hierher gefunden hat. Welchen Weg wird Herr Upmeyer nach einer längeren Diskussion wohl eingehen? Es ist spannend- sehr spannend.
Über Mercedes - Sterne und das wahre Schöne unterhalte ich mich gerne, aber hier geht es wirklich um die Sachlichkeit der 10 Gebote der neuen Regeln.
Der Satz oder die Regel, die J. Dittman geschrieben hat ist mir dabei gleichgültig. Wir können uns auch über die Duden -Regeln unterhalten oder die amtliche Regeln. Es geht hier einfach um die Tatsache, dass sich die ss-Schreibung geändert hat und ob sie nun passend ist oder nicht.
Außerdem interessieren nun die Inhalte über die Zusammenfassung für Unbrauchbares oder Brauchbares. Also - die Regel über ss- und ß-Schreibung ist für den Schulalltag brauchbar. Sie ist vermittelbar, auch für Ausländer verständlich, dabei muss ich nicht über alt und neu sprechen, kann es aber.
Beispiele aus dem Heft:
K u s s
E n g p a s s
A n l a s s
G r u ß
g e m ä ß
a u ß e n
Herr Norbert Schäbler hat am 7.1.03 geschrieben:
"Das neue Regelwerk verlangt lediglich Hörigkeit und vorauseilenden Gehorsam."
Der vorauseilende Gehorsam dürfte vorbei sein, denn wir Lehrer eilen nicht mehr voraus, sondern unterrichten hinterher schon 4 Jahre und mehr. Da lebt Herr Schäbler etwas zeitversetzt hinter der Wirklichkeit her.
"Das Festhalten an der herkömmlichen Orthographie soll ein Merkmal für höhere Qualität und ein Signal für einen höheren kulturellen Bewußtseinsgrad werden wie ein "Flair", wie ein Mercedes-Stern."
Dies ist eine absolute Unverschämtheit gegenüber dem begabten Schüler. Mein Schüler, nennen wir ihn "Poseidon", ist einer der hochbegabten Schüler in Deutsch. Er hat durchgehend, auch in weiterführenden Schulen eine "Eins" im Fach Deutsch. Seine Aufsätze sind druckreif. Er schreibt mir jedes Jahr aus seiner Schule und ich werde ihn ermuntern Schriftsteller/Journalist oder dergleichen zu werden. Gleichzeitig freue ich mich, dass er gut mit der Rechtschreibung, die er lernen musste, umgehen kann.
Auch "Poseidon" kommt in den nächsten Jahren aus der Schule. Er schreibt dann normalerweise weiter in neuer Rechtschreibung, evt. bekommt er auch ein Stipendium.
Vorsicht, Herr Lachenmann, wenn es um Dinge geht, die meine Schüler oder Schüler überhaupt verletzen werde ich zur LÖWIN!
eingetragen von Henning Upmeyer am 10.01.2003 um 14.17
Zwei merkenswerte Sätze aus Forum-Beiträgen möchte ich gesondert herausstellen:
Herr Norbert Schäbler hat am 7.1.03 geschrieben:
"Das neue Regelwerk verlangt lediglich Hörigkeit und vorauseilenden Gehorsam."
Herr Walter Lachenmann hat am 10.1.03 geschrieben:
"Das Festhalten an der herkömmlichen Orthographie soll ein Merkmal für höhere Qualität und ein Signal für einen höheren kulturellen Bewußtseinsgrad werden wie ein "Flair", wie ein Mercedes-Stern."
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.01.2003 um 22.22
1. Schreibung von ss und ß
Nach kurzem Selbstlaut steht, wo bisher ß stand, jetzt ss, nach langem Selbstlaut oder Doppellaut steht weiterhin ß, S. 22.
Wie lange soll diese Regel taugen? Wie soll in einigen Jahren ein Kind oder ein Ausländer wissen, wo »bisher« ß stand? Diese »Regel« gehört zu den unbrauchbarsten überhaupt, da sie die Beherrschung der »veralteten« Orthographie voraussetzt, absolut gesehen aber nichts hergibt. Wie soll einer mit dieser »Regel« ohne Kenntnis der »alten« Praxis wissen, daß man »Nuss« schreiben soll, aber »Bus«, andererseits »Biss« oder »Abriss« und dann wieder »bis«, »Wirrnis« oder »Kürbis«?
Was sagen Sie zu einem Kind, das »Iris« heißt? Oder zum kleinen »Markus«? Schwere psychische Probleme in der ohnehin strapaziösen Pubertät werden die unausweichliche Folge sein, Identifikationsnöte: Wo ist der Riss bei Iris geblieben, wo der Kuss bei Markus? Hat man diesen Kindern durch Weglassung des sonst regelbedingten zweiten s frühe Konflikte mit durch den Namen vorgeprägten Schicksalhaftigkeiten ersparen wollen, Persönlichkeitsspaltung bei Iris(s), erotische Zwanghaftigkeit bei Markus(s)? Wie erklären Sie all dies in einigen Jahren Ihren Kindern? Jedes einigermaßen aufgeweckte Kind könnte Sie spielend in Erklärungsnöte stürzen und den ganzen Unsinn »offen legen«, gute Frau Menges! Dann stehen Sie aber da mit Ihren Liedchen!
Nachdem die Minderwertigkeit der Rechtschreibreform für jeden urteilsfähigen Schreibkundigen völlig offensichtlich ist und auch von denen, die ihr folgen, achselzuckend eingeräumt wird, geht es doch um andere, interessantere Überlegungen, die sich mit der Perspektive einer Reformkritik in der bestehenden Faktenlage verbinden.
Darüber zu sinnieren, ob es ein »Zurück« gibt oder nicht, ist da eher müßig. Es geht natürlich immer »vorwärts«, und dabei geht es, wenn das Manöver tatsächlich nicht einfach abgeblasen werden sollte, darum, auf die Gestaltung dieses »Vorwärts« Einfluß zu nehmen als aktiver Teil der Sprachgemeinschaft. Wichtig wäre also, sich dafür einzusetzen, daß die sprachbewußten und gebildeten, auch demokratisch sensiblen Menschen sich nicht eine solche hanebüchene Bevormundung gefallen lassen, die u.a. auch eine schmerzliche Entwertung unseres sprachlichen und literarischen Kulturerbes bedeutet, indem sie zum einen das schöne Schriftbild der deutschen Sprache beeinträchtigt durch irrwitzige Buchstabenhäufungen und Wortzertrümmerungen, und zum anderen die erlesensten und durchdachtesten schriftlichen Darstellungsformen unserer »Dichter und Denker«, auf die wir doch sonst so stolz sind, als »veraltet« disqualifiziert und sich erdreistet, diese in dümmlichster Weise zu »bereinigen«, d.h. nach jeweils neuestem Interpretationsstand der gerade gültigen Orthographielegislatur »aufzubereiten« bzw. »upzudaten«. Gleichzeitig soll den Zeitgenossen und den kommenden Generationen die Ausdrucksvielfalt vorenthalten werden, die durch die subtil gewachsene Schreib- und Orthographiekultur so schön unvollkommen und offen für Gestaltetwerden vorhanden gewesen ist und bei pfleglichem Umgang weiter sich schön hätte entwickeln können. Mir geht es nicht in den Kopf hinein, wie jemand, der an Lesen und Schreiben seine Freude oder dies zu unterrichten gar zu seinem Beruf gemacht hat, sich auf diese Mediokrität einlassen und sie sogar noch vertreten mag, als sei er aus eigener Überzeugung zur Erkenntnis gekommen, dies sei eine gute Sache. Bei Lehrern kann man es sich nur so erklären, daß sie meinen, ihr »Schülermaterial« problemloser durch die Schuljahre zu schleusen, egal welche Bildung die jungen Menschen dann haben, ob PISA oder noch weiter unten, etwa BRINDISI oder PANTELLERIA. »GEQ« sagt man im ja immer dem Fortschritt verpflichteten Amerika dazu: Good Enough Quality. Oder wie Karl Valentin zur billig erworbenen Geige für seinen Sprößling meinte: »Sie hat zwar nur eine Saite, aber zum Üben ist sie gut genug« (zum Üben könnte hier ersetzt werden durch »zum Bedienen einer Tastatur«.)
Es könnte also darum gehen, für das Festhalten an der herkömmlichen Orthographie zu werben in allen Kreisen, denen die Qualität der geschriebenen Sprache etwas bedeutet, also bei Schriftstellern, Journalisten, Wissenschaftlern, Unterrichtenden aber insbesondere auch in Wirtschaft und Werbung, so daß es eine Art Merkmal von höherer Qualität oder ein Signal für einen höheren kulturellen Bewußtseinsgrad würde, wenn jemand weiterhin »daß« und »muß« schreibt usw.: »Wer was auf sich hält, schreibt daß!« Das »daß« (usw.) muß »Flair« bekommen, oder »Anmutung« und wirken wie ein Mercedes-Stern! Dabei mag eine Zweiklassenorthographie herauskommen, also das Gegenteil des angeblich Angestrebten, aber wenigstens bliebe die gute Orthographie erhalten; schließlich haben den Schlamassel diejenigen zu verantworten, die eine Simplifizierung herbeiführen wollten, wo dies überflüssig war und nur zerstörerisch sein konnte.
Ein Loblied auf die »Aura« der neuen Rechtschreibung zu singen, und das nach Beschäftigung mit Reiner Kunzes Schrift »Die Aura der Wörter«, hat schon etwas ziemlich Grausiges. Auch ein Finanzamt hat eine Aura, oder eine Bahnhofstoilette. Aber eine solche Aura kann man schwerlich mögen, wenn man weiß, wie die gute Luft riecht.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.01.2003 um 19.03
Endlich meldet sich mal der Fachmann für Musik zu Wort.
Singen Sie eigentlich intuitiv Bä - cker oder auch Bäk- ker, Herr Grunden (Herr und Frau Grunden ;-))? Das würde mich mal interessieren!
Fangen wir einfach nach der Reihenfolge von J. Dittmann, Die neue Rechtschreibung, STS-Verlag 1999, an nach brauchbaren Regeln zu suchen. Aber bitte mit Struktur:
Es sind also 10 Gebote, nach denen vorgegangen wird. Wer das Büchlein nicht hat, kann unter http://taschenguide.de nachsehen. Es gibt dort auch Downloads, vielleicht ist ja auch das Büchlein dabei.
1. Schreibung von ss und ß
Nach kurzem Selbstlaut steht, wo bisher ß stand, jetzt ss, nach langem Selbstlaut oder Doppellaut steht weiterhin ß, S. 22.
Regel: brauchbar
Umsetzung: gefällig und einprägsam
Sprachgebrauch: gut
Ästhetik: schaut optisch normal schön aus
Menges-Punkte ( von 10 Möglichkeiten): 9
Herr Grunden schauen Sie mal unten bei RMM nach!
Ich bin es ja gewöhnt, dass alle Änderungen unter die Lupe genommen werden!
eingetragen von Theo Grunden am 09.01.2003 um 07.55
Zitat:
Ursprünglich gebakken von Norbert Lindenthal
(...)
Bakke, bakke, Kuchen,
Der Bäkker hat gerufen!
Wer will gute Kuchen bakken,
(...)
Im Normalfall einer Worttrennung sieht man ja die beiden Teile der Zerlegung nicht auf einen Blick, sondern getrennt: den ersten Teil hinten in der einen Reihe, den zweiten dann vorne in der nächsten.
Bei Liedtexten, die unter einer „notierten“ Melodie stehen, ist es aber üblich, fortlaufend alle Silben zu trennen, sofern sie verschiedenen Noten zugeordnet sind. Da sieht man dann eben oft – besonders in einem engen Notenbild – die getrennten Teile direkt nebeneinander. Besonders betroffen ist davon der vielbesungene Kuckuck („Kuk-kuck, Kuk-kuck, ruft’s aus dem Wald“, „Der Kuk-kuck und der E-sel“, „Auf ei-nem Baum ein Kuk-kuck“). Auch Mücken haben sich in der Beziehung als gefährdet erwiesen („Fing mir eine Mük-ke heut’“).
So läßt sich mit Sicherheit auch das Schicksal des Bäckers im Beispiel von Herrn Lindenthal erklären. Am gleichen Internetort findet man übrigens in der ersten Strophe der Liedes „Kuckuck wie alt“ die beiden or(ni)thographischen/-logischen Ausprägungen des Vogels vereint an:
Sage mir, Vogel im grünen Wald,
Kukkuck, Kuckuck, Kuckuck!
Ebenfalls in „Der Sommer kehret wieder“:
Der Sommer kehret wieder,
Der Kuckuck hat geschrien,
Hört, wie dort seine Lieder
Hinaus zum Walde ziehn.
Kukkuck! Kukkuck! Kukkuck!
eingetragen von Norbert Lindenthal am 08.01.2003 um 19.18
Backe, backe, Kuchen!
Melodie – Volkslied – Erk / Böhme
Bakke, bakke, Kuchen,
Der Bäkker hat gerufen!
Wer will gute Kuchen bakken,
Der muß haben sieben Sachen:
Eier und Schmalz,
Butter und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht den Kuchen gel!
Schieb, schieb in Ofen ’nein.
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.01.2003 um 18.33
Zitat:Was Sie an Herrn Kunze geschrieben haben, mag zwar alles richtig sein -- es liefert aber keine Begründung für eine prinzipielle Unmöglichkeit, die Rechtschreibreform zurückzunehmen. Letzteres haben Sie immer wieder behauptet (vgl. etwa hier), aber Sie bleiben die Begründung schuldig.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Lieber Herr Wagner, Herr Schäbler,
warten sie mal einen Tag. Ich habe einen Brief an Herrn Kunze geschrieben und darin steht eine der Begründungen warum es kein "Zurück" mehr geben wird. Ich werde Auszüge aus dem Brief unter "Impressionen" einreihen. Formale Kriterien zählen in unserem System oft mehr als inhaltliche Kriterien, wissen Sie das nicht?
- geändert durch RenateMariaMenges am 06.01.2003, 21.44 -
Andererseits entspricht natürlich das, was Sie an Herrn Kunze geschrieben haben, durchaus dem, was Sie angekündigt hatten (im Beitrag "Singprobe in der Feiertagsstimmung", 06.01.2003):Ich habe einen Brief an Herrn Kunze geschrieben und darin steht eine der Begründungen warum es kein "Zurück" mehr geben wird.Warum es kein "Zurück" mehr geben wird (rein praktisch gesehen, in Anbetracht der technischen Probleme bzw. einer Vielzahl an Meinungen dazu) ist etwas ganz anderes als warum es kein "Zurück" mehr geben kann -- prinzipiell gesehen, unabhängig von technischen Problemen oder diversen Meinungen. Ich hoffe, wir reden in diesem Punkt nicht länger aneinander vorbei!
Denn was Sie im Brief an Herrn Kunze anführen, sind alles Argumente, die gleichermaßen gegen die 1996er Reform sprechen. Trotzdem hat man diese Reform durchgeführt -- warum? Es waren spezielle inhaltliche Gründe (zumindest wird das offiziell behauptet), die mehr zählten als die Finanzen. Umso mehr müßte doch die Beseitigung von eklatanten Fehlern und die Korrektur von Verschlechterungen als inhaltlicher Grund für eine "Reform der Reform" anerkannt werden, oder?
Damit sind wir schon bei der folgenden Bemerkung von Ihnen:Formale Kriterien zählen in unserem System oft mehr als inhaltliche Kriterien, wissen Sie das nicht?Natürlich weiß ich das mit dem besonderen Gewicht der formalen Kriterien; manchmal ist dieses System sehr hilfreich, manchmal zum Kotzen -- speziell wenn damit (subjektiv für äußerst wichtig gehaltene) inhaltliche Kriterien abgewürgt werden. Aber das wird doch bei der Diskussion hier in diesem Forum keine Rolle spielen, oder?
Ich hatte Ihren "Punkt 1" als ein auf formalen Kriterien beruhendes Argument bezeichnet; hier ist es noch einmal ("Studium der Beiträge", 05.01.2003):Zu Punkt 1:Sagt das irgend etwas über die Qualität des Inhalts der Reform aus? Nein! Was wird hier permanent kritisert? Die Qualität des Reforminhalts. Aha!
Ohne Beratungsgremium hätte die KMK niemals die RSR durchgeführt: Die Berater waren und sind Professoren; ohne diese wären Kultusministerium/Wirtschaft/Kultur nicht in der Lage gewesen, die Rechtschreibreform durchzusetzen.
So leid es mir tut, liebe Frau Menges, aber Ihr "Punkt 1" ist bezüglich der hiesigen Diskussion über Falsches und Unbrauchbares bedeutungslos.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.01.2003 um 18.24
Zitat:Also müssen wir wohl beide nochmal ran, Frau Menges: Sprechen, nicht singen! Was ich bei meiner Singprobe geschrieben habe, ist auch das Resultat der Sprechprobe: Es gibt in der Mitte der Wörter einen harten Verschlußlaut, und der kennzeichnet die Silbenfuge (d. h. die Trennstelle).
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Das Singen ist natürlich für die Frage nach den Sprechsilben ohne Bedeutung.
Jetzt sind Sie nochmal dran: Zum einen bin ich mit Ihrer Antwort auf den Unterschied zwischen Bagger und Backe nicht einverstanden, denn Sie sind auf den Verschlußlaut nicht eingegangen. Ich beschreibe es Ihnen nochmal:
Denken Sie an das Wort Bagger, aber sprechen Sie nur die erste Silbe aus ("Bag-") und denken Sie dann sofort an das Wort Backe, von dem Sie dann die zweite Silbe aussprechen ("-ke"). Wie klingt das?
Probieren Sie auch die Umkehrung: Beginnen Sie mit der ersten Silbe von Backe und wechseln Sie beim harten Verschlußlaut auf die zweite Silbe von Bagger. Welches Wort wurde dabei hörbar?
Frage: Gibt es irgend einen Grund, aus dem Wortklang von "Bagger" und "Backe" auf eine unterschiedliche Trennung von 'gg' und 'kk' ('ck' ist nur eine Ersatzschreibung für 'kk', siehe amtliches Regelwerk, § 3!) zu schließen?
Zum anderen möchte ich Ihnen, damit es nicht langweilig wird, folgende Wörter für eine Sprechprobe vorschlagen:
A k k o r d
A k k u s a t i v
A k k l a m a t i o n
B r o k k o l i
K o k k e
M a k k a r o n i
M o k k a
o k k u l t
S a k k o
S t a k k a t o
S u k k a d e
T r e k k i n g
Na, wie werden die nun am besten getrennt?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2003 um 17.56
Das Singen ist natürlich für die Frage nach den Sprechsilben ohne Bedeutung.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.01.2003 um 17.46
Ich hoffe, dass der versammelte Männerchor endlich ein Lied anstimmt.
Folgende Arie habe ich angesungen:
"Ich gab ihm einen Streich auf die B- aa- a- a- a- cke"
Grunden singt dann: Au Bak-ke!
und dann das Kinderlied:
Ba-cke, ba-cke Ku-chen, der Bä- cker hat ge- ru- fen ....
Die weiblichen bayerischen Lehrerinnen singen auf Ba-, Bä-,
und Ku-. Es finden keine halben 'Töne statt und auf k-k singen wir schon gar nicht. Die Gesangsprobe wurde angestimmt.
Und seit Napoeleon im Fernsehen kommt, weiß man ja auch, was Frauen für ihr Land alles tun. Ob das auch für das Rechtschreiben gilt?
Gut Ding w i l l bayerische Ruhe haben, lieber Herr Wagner
und bei Bag- ger überwiegt sowieso das kognitive Element, Herr Wagner. Da brauche ich keine Studien darüber.
– geändert durch RenateMariaMenges am 10.01.2003, 20.08 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 08.01.2003 um 17.25
Zitat:Ich weiß zwar nicht, was Sie uns damit genau sagen wollen (ahne als in Thüringen beheimateter Reformkritiker aber, worauf Sie möglichweise hinauswollen), jedoch ist die Pressemitteilung der KMK vom 05.12.2002 etwas umfangreicher:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Turnusgemäß wechselt zum Jahresbeginn die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz. Nachfolgerin von Dagmar Schipanski aus Thüringen wird die hessische Kultusministerin Karin Wolff.4. Präsidentschaft und Präsidium der Kultusministerkonferenz im Jahr 2003: Hessen übernimmt turnusgemäß den VorsitzSie sehen, Frau Schipanski bleibt weiterhin eine interessante mögliche Ansprechpartnerin. (Was aber genau der Vizepräsidentenposten für Aufgaben beinhaltet, weiß ich allerdings nicht.)
Mit Beginn des Jahres 2003 übernimmt die hessische Kultusministerin Karin Wolff die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz von der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Freistaates Thüringen, Frau Professor Dr. Dagmar Schipanski. Die Kultusministerkonferenz wählte Staatsministerin Wolff auf ihrer 300. Plenarsitzung am 05. Dezember in Bonn.
Weiter wählte die Kultusministerkonferenz Staatsministerin Doris Ahnen (Rheinland-Pfalz) zur 1. Vizepräsidentin, Minister Steffen Reiche (Brandenburg) zum 2. Vizepräsidenten sowie Ministerin Prof. Schipanski zur 3. Vizepräsidentin. Staatsminister Hans Zehetmair (Bayern) und Staatsminister Prof. Dr. Jürgen Zöllner (Rheinland-Pfalz) gehören dem Präsidium der Kultusministerkonferenz im Jahr 2003 als kooptierte Mitglieder an.
Zum offiziellen Präsidentschaftsantritt am 16. Januar 2003 in Berlin wird Ministerin Wolff die Schwerpunkte ihrer Präsidentschaft vorstellen. Zugleich wird ihre Vorgängerin Ministerin Schipanski ein Resümee ihrer Amtszeit ziehen.
____________
Na, liebe Frau Menges, was macht die Gesangsprobe? Wir warten noch auf Ihren Einsatz! Was ergibt der Vergleich von Bagger und Backe? Und wir warten auf ein Beispiel (sowie Ihren Kommentar dazu) für etwas sachlich Falsches.
(Sie wissen ja, mein Wunsch für 2003 war die Stellungnahme zu der Frage "Was legitimiert sachlich Falsches?". Daraufhin wollten Sie erstmal einen Konsens darüber finden, was nun sachlich falsch sei und was nicht; es gibt aber genügend Beispiele, bei denen das unzweifelhaft der Fall ist. Sie sollten sie kennen; es sind solche, in denen sich die Reform über Grammatik, Syntax oder Semantik der deutschen Sprache erhoben hat.)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.01.2003 um 21.24
Turnusgemäß wechselt zum Jahresbeginn die Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz. Nachfolgerin von Dagmar Schipanski aus Thüringen wird die hessische Kultusministerin Karin Wolff.
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.01.2003 um 19.24
Liebe Frau Dr. Menges!
Ich kenne das mit den formalen Kriterien. Die sind wichtig für alle Arten des Spiels.
In einem – insbesondere in Bayern – praktizierten Kartenspiel heißt es: „Ober sticht Unter!“ Rommé heißt das –glaube ich – und mich haben selbst im richtigen Leben schon viele Ober gestochen.
Scherz beiseite: Neben dem Spiel gibt es auch Arbeit. Da gelten andere Regeln.
Ich erwarte zum Beispiel von einem praktizierenden Arzt, daß er mich heilt, wenn nötig auch mit chemischen Mitteln, wobei ich mich wehre, wenn er mir bei einer Grippe ein Herzmittel verschreibt.
Formal hätte er natürlich recht, weil er was für meine Pumpe tut, aber inhaltlich hätte er sich bei der Verordnung wohl ein wenig geirrt.
Und jetzt zu unserem speziellen Spiel, das Sie immer noch als solches auffassen.
Von den Kultusministern erwarte ich, daß sie ihre Arbeit sorgfältig erledigen, daß sie eine richtige Diagnose erstellen über die Krankheit der deutschen Schriftsprache, und daß sie mit Hilfe der auf dem Markt verfügbaren Mittel die richtige Therapie in Gang setzen.
Statt dessen nutzen sie die Kräfte von Scharlatanen und Gaunern.
Sie sind selbst welche!!
Und da hören für mich Spaß und Spiel auf!
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2003 um 18.44
Bei Frau Menges weiß ich nie, ob sie das "Kein Zurück" bedauernd oder triumphierend ausspricht.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 05.01.2003 um 17.53
Ich habe zwar heute keinen Feiertag, bin aber oft in Singelaune. Gut, ich mache also eine Probe -- aber eines sage ich gleich: Das 'st' ist für mich kein Thema, das scheint mir ein Streit um des Kaisers Bart zu sein. Ich beschränke mich also auf 'ck'-Wörter, und wenn ich die singe, ganz egal mit welchem Rhythmus, Tempo etc., klingt es immer
Bä' - ker
Zu' - ker
Ba' - ke
(wobei der Apostroph den Verschlußlaut kennzeichnet). Was folgt daraus für die Trennung? Solange garnichts, wie die Singprobe nicht auch für andere Konsonanten angewandt wurde.
Also, jetzt kommt Ihr Einsatz, Frau Menges! Singen Sie (und damit es nicht suggestiv wirkt, sondern Ihrer Gesangsintuition überlassen bleibt, wo hier die Silbenfuge liegt, lasse ich den Strich weg) folgende Wörter:
B a g g e r
B a t t e r i e
P a d d e l
K ä p p i
R o b b e
Und jetzt die Nagelprobe: Konsonantenmischungen! Es geht ja mit der Gesangsprobe ganz allgemein um die Silbenzerlegung, und wie beim Silbenrätsel kann dieselbe Silbe in verschiedenen Zusammenhängen auftreten. In Klammern sind hier deshalb die Vergleichswörter mit einfachen Konsonanten angegeben:
B a k t e r i e (Backe, Batterie)
B a g d a d (Bagger)
B a t z e n (Batterie)
P a d d l e r (Paddel)
K ä p t e n (Käppi)
r o b b t e (Robbe)
So, und wie lautet jetzt der (bitte wirklich brauchbare) Vorschlag für die Trennung ambisyllabischer Konsonanten ganz allgemein, und was folgt daraus speziell für die Trennung bei -/k/-? Nochmal: Vergleichen Sie insbesondere "Bagger" und "Backe"!
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.01.2003 um 17.28
und Herr Ickler,
wir sind der Meinung, dass es das Wort "richtiger" nicht gibt. Ich stelle etwas "richtiger" haben Sie geschrieben.
Laut Duden gibt es
richtig, das Richtigste, aber
"richtiger" gibt es nicht.
Wenn einer etwas richtig stellt ist es richtig, richtiger muss er es nicht stellen. Was sagen Sie als Sprachwissenschaftler dazu?
Lesezwang:
Ich leide seit dem Kontakt mit den Gegenreformern unter einem Lesezwang (ich muss alles lesen, in die Hand nehmen und feststellen, ob es nun in neuer oder in alter Rechtschreibung geschrieben ist.) Das stelle ich auch bei Herrn Lachenmann fest:
Aus der Bergwelt: »City Hopper« ...
und bei Herrn Schäbler mit seinen Klößen aus dem Supermarkt.
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.01.2003 um 16.18
Dann muss ich Sie bitten, meine Dame und meine Herren, dass Sie heute am Feiertag (Drei - Königs - Tag) singen.
Singen Sie doch einmal:
Bä - cker
Zu - cker
Schus - ter, bleib bei deinen Leis - ten.
Die Bayern singen eben in ihrer originalen Ur - Sprache. Wahrscheinlich ist der bayerische Dialekt sowieso die Ursprache überhaupt-ich meine natürlich den altbayerischen Dialekt (München), keinesfalls zu verwechseln mit dem fränkischen Slang.
Lieber Herr Wagner, Herr Schäbler,
warten sie mal einen Tag. Ich habe einen Brief an Herrn Kunze geschrieben und darin steht eine der Begründungen warum es kein "Zurück" mehr geben wird. Ich werde Auszüge aus dem Brief unter "Impressionen" einreihen. Formale Kriterien zählen in unserem System oft mehr als inhaltliche Kriterien, wissen Sie das nicht?
– geändert durch RenateMariaMenges am 06.01.2003, 21.44 –
eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2003 um 05.06
Zur Trennung Zu-cker möchte ich noch einmal daran erinnern, daß sie auf Horst H. Munskes Vorschlag zurückgeht, der damals darin die am wenigsten schlechte Trennung sah, heute aber bedauert, je so argumentiert zu haben. Sie verstößt gegen die Grundregel, nach Sprechsilben zu trennen, und ck ist keineswegs vergleichbar mit ch, wie Munske damals noch annahm, vgl. auch seinen wiederabgedruckten Beitrag in "Orthographie als Sprachkultur".
(Ich habe gerade den Aufsatz unter die "Aufsätze" gestellt.)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 05.01.2003 um 00.56
Zitat:
Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker, ebenso Fens- ter.
Hier irrt Frau Menges.
Wenn man "Bäcker" als zwei getrennte Silben spricht, steht am Ende der ersten Silbe bereits der Verschluß für das /k/, der im Ansatz der zweiten Silbe gelöst wird. Eine Trennung nach Sprechsilben wäre also "Bäk-ker".
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.01.2003 um 20.21
Renate Menges: Zu Punkt 2:Wie sind Sie zu dieser Einschätzung gekommen, wie begründen Sie diese Ihre Meinung, daß die genannten Punkte nicht als Argumente zur Umkehrung der Reform herangezogen werden können? Ohne eine Begründung ist die Diskussion erheblich erschwert.
Nach aufmerksamen Studien der letzten Beiträge, finde ich, dass sich eine Reform nicht umkehren lässt mit Wörtern wie
- die Lesbarkeit einiger Wörter ist nicht mehr gegeben
- durch die Getrenntschreibung sind einige Wörter unbrauchbar geworden im Sinne einer Sprachnuance
- die Betonung einiger Wörter ist falsch
- die Trennung müsste nach altem Muster beibehalten werden
(Ich habe von Ihnen im übrigen noch nie eine wirklich stichhaltige Begründung gelesen, warum diese Reform unumkehrbar sein soll. Daß das nicht ohne weiteres einfach so möglich ist, ist klar, aber daß es gänzlich ausgeschlossen ist, sehe ich nicht.)
Eine Reform ist eine Veränderung mit dem Ziel einer Verbesserung -- dies sollte es m. E. zumindest sein. OK, im Fremdwörterlexikon findet man: »Reform, die; ... 1. grundlegende Änderung eines Systems, Neuordnung 2. grundlegende Verbesserung eines Bestehenden« -- aber wie heißt es doch so schön: Wer etwas nur anders, aber nicht besser machen will, sollte besser was anderes machen.
Bis auf die Aussage zur Trennung wird doch an den von Ihnen genannten Punkten deutlich, daß die 1996er Rechtschreibreform zu einer Verschlechterung geführt und damit ihr Ziel verfehlt hat. Wegen der Verschlechterung im Vergleich zur herkömmlichen Orthographie habe ich die in meinem Beitrag "Falsches vs. Unbrauchbares" genannten Aspekte als "unbrauchbar" bezeichnet.R. M.: Das einzige Problem ist für mich die Getrenntschreibung einiger Wörter: Dafür müsste man eine Zusammenfassung schreiben und an das Ministerium schicken, denn im Duden sollten keine regelgemäßen Wörtern falsch sein. Dafür würde sich die Arbeit lohnen. Eigentlich müssten dies aber die bezahlten Lektoren des Dudenverlages machen.Was genau meinen Sie bei »im Duden sollten keine regelgemäßen Wörter falsch sein« mit regelgemäß -- auf welche "Regeln" bezieht sich das? Meinen Sie lediglich eine vom amtlichen Regelwerk abweichende Schreibung, wie sie im 1996er Duden zu finden ist, oder meinen Sie Schreibungen, die von dem Schema der Wortbildung abweichen, welches im Deutschen den Regelfall darstellt?
Um ersteres Problem hat sich der Dudenverlag ja bereits gekümmert, letzteres dagegen harrt noch der vollen Umsetzung. Die Probleme in diesem Bereich sind ja bekannt, siehe die diesbezüglichen Buchbesprechungen Herrn Icklers auf diesen Seiten. Hier gilt, was Herr Schäbler folgendermaßen auf den Punkt gebracht hat: Nicht die Kritiker haben einen Erklärungsnotstand, sondern die Reformer.R. M.: Zur Trennung von Wörtern mit ck und st wäre zu sagen, dass dies eine Vereinfachung sowohl in der Syntax, in der Optik als auch im Sprachrhythmus ist.Was ändert die reformierte ck- bzw. st-Trennung an der Syntax, so daß diese vereinfacht wird? Das verstehe ich nicht; bitte erklären Sie's mir.R. M.: Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker, ebenso Fens- ter.Machen Sie bitte folgende Sprechprobe: Denken Sie an das Wort Bagger, aber sprechen Sie nur die erste Silbe aus ("Bag-") und denken Sie dann sofort an Backe, von dem Sie dann die zweite Silbe aussprechen ("-ke"). Probieren Sie auch die Umkehrung: Beginnen Sie mit der ersten Silbe von "Backe" und wechseln Sie beim harten Verschlußlaut auf die zweite Silbe von "Bagger". Welches Wort wurde jeweils hörbar? Gibt es irgend einen Grund, aus dem Wortklang von "Bagger" und "Backe" auf eine unterschiedliche Trennung von 'gg' und 'kk' ('ck' ist nur eine Ersatzschreibung für 'kk', siehe amtliches Regelwerk, § 3!) zu schließen? Gibt es ganz allgemein irgend einen Grund, 'kk' bei der Trennung anders zu behandeln als andere ambisyllabische "Doppel"konsonanten? (Siehe dazu auch die zweite Hälfte meines Beitrags "Re: Grafische Erklärung: warum essZETT?".)
Liebe Frau Menges, meine ursprüngliche Frage lautete "Was legitimiert sachlich Falsches?", und darüber wurde bislang nicht diskutiert. Wenn es aber darum geht, ob die Reform bzw. etwas an der Reform umzukehren ist, dann müssen die Punkte betrachtet werden, wo sich die Reform über Grammatik, Syntax oder Semantik der deutschen Sprache erhoben hat.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 04.01.2003 um 18.24
Renate Menges: Zu Punkt 1:Ich weiß zwar nicht, auf welchen als erstes genannten Punkt sich das beziehen soll (vielleicht liege ich damit auch falsch, und es soll ein solcher Punkt erst konstatiert werden), aber soweit ich es bisher verstanden habe, war es ursprünglich weniger die Idee der Kultusminister, eine derartige Rechtschreibreform durchzuführen. Vielmehr geht die aktuelle Reform im wesentlichen auf die Wissenschaftler zurück, die sie ausgearbeitet haben. Zu diesem Schluß komme ich anhand der Zeittafel "Geschichte der deutschen Orthographie" (von Michael Schneider in Marburg):
Ohne Beratungsgremium hätte die KMK niemals die RSR durchgeführt: ...
1974 Gründung der "Forschungsgruppe Orthographie" der AdW (DDR),
1977 Gründung der "Kommission für Rechtschreibreform" (später: für Rechtschreibfragen) am IdS (BRD),
1980 Gründung des Internationalen Arbeitskreises für Rechtschreibreform (später: für Orthographie),
1985 Veröffentlichung von Neuregelungsvorschlägen der IdS-Kommission,
1986 "1. Wiener Gespräche zu Fragen der Rechtschreibreform" von Vertretern der vier deutschsprachigen Staaten,
1987 Beauftragung des IdS durch die KMK und das BMI mit dem Entwurf einer Neuregelung.
Mein Fazit steht nicht im Widerspruch dazu, daß schon viel früher (1955/56) eine Rechtschreibreform von offizieller Seite her ins Auge gefaßt wurde, und es beruht nicht allein auf formalen Kriterien; es kommt vielmehr auf die personelle Kontinuität an. Dazu: Die 1974 gegründete AdW-Forschungsgruppe wurde von Dieter Nerius geleitet, Klaus Heller und Dieter Herberg waren Gründungsmitglieder dieser Gruppe; Gerhard Augst war 1978-1997 Mitglied der IdS-Kommission (seit 1990 deren Vorsitzender), Horst Sitta gehörte ihr 1981-1993 an.
Aber weiter bei Renate Menges:... Die Berater waren und sind Professoren; ohne diese wären Kultusministerium/Wirtschaft/Kultur nicht in der Lage gewesen, die Rechtschreibreform durchzusetzen.Warum Wirtschaft? Vermutlich ist "Wissenschaft" gemeint -- aber wir wissen ja, was alles für Aspekte mit der Reform verbunden sind, daher scheint mir das auch so gar nicht so verkehrt zu sein.
Was die Durchsetzung betrifft, so denke ich, daß es dafür der Herren Professoren nicht bedarf -- dafür reicht ja der Erlaß, die Reform an den Schulen einzuführen; Presse und Buchverlage ziehen i. w. selbsttätig nach.
Was allerdings hilft, politische Querschüsse zu entschärfen, ist die Strategie, das Beratungsgremium (die "ZKfdR") mehrheitlich mit denselben Leuten -- Professoren etc. -- zu besetzen, die die Reform ausgearbeitet haben und die ein Interesse daran haben, daß ihr Lebenswerk Bestand hat. Die Gutachten, die so ein Gremium abgibt, werden natürlich bestätigen, daß mit der Reform im wesentlichen alles in Ordnung sei und also die Durchsetzung der Reform bestens befördern.
Dazu kommt noch, daß es eben Professoren und ausgewiesene Experten sind, die die Kommissionsberichte (d. h. Gutachten) vorlegen -- welcher Normalsterbliche wollte es wagen, denen zu widersprechen?
Aber mal im Ernst: Wie war das mit der einhelligen Expertenmeinung, daß es keine BSE-Gefahr in Deutschland gäbe -- bis es dann doch soweit war? Wer Experten blindlings galubt, ist selber schuld.
(Natürlich hat man oft kaum eine andere Wahl, aber dann sollte man sich dieses Problems zumindest bewußt sein.)
Ich habe in meinem bisherigen Physikerdasein bereits einige Kollegen erlebt, die Professor geworden sind und die ich schon kannte, als sie noch Postdocs waren. Auch einer, der mit mir angefangen hat zu studieren, ist seit einiger Zeit habilitiert, und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er soweit ist. Auch ich könnte, wenn ich wollte, in einigen Jahren Professor werden -- davon würde aber das, was ich mache, keinen Deut besser (oder schlechter) werden.
Professor ist eine Berufsbezeichnung (Hochschullehrer) und kein Gütesiegel. Folglich kann man in Punkt 1 von Frau Menges den Teilsatz mit dem Hinweis "waren und sind Professoren" streichen, ohne daß sich am wesentlichen Gehalt der Aussage etwas ändert:Ohne Beratungsgremium hätte die KMK niemals die RSR durchgeführt: Ohne diese Berater wären Kultusministerium/Wirtschaft/Kultur nicht in der Lage gewesen, die Rechtschreibreform durchzusetzen.Ja, das stimmt wohl. Aber was soll uns das sagen? Hätte irgend jemand etwas anderes erwartet?
Herr Schäbler bringt ein weiteres Problem auf den Punkt: Das Gremium repräsentiert nur einen Bruchteil der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das sieht man schon an der Besetzung: Kein Soziologe, kein Psycholinguist findet sich unter den Reformern, und ob die waschechten Grammatiker in ausreichender Weise beteiligt waren, darf bezweifelt werden (vgl. "Drosdowski -- der Brief").
Liebe Frau Menges, Ihr Punkt 1 stellt ein Argument dar, das auf formalen Kriterien beruht. Es ist daher nicht geeignet, irgend etwas Inhaltliches zu untermauern (oder zu widerlegen).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.01.2003 um 16.48
Zu Punkt 2:
Nach aufmerksamen Studien der letzten Beiträge, finde ich, dass sich eine Reform nicht umkehren lässt … (Zitat: Frau Doktor Menges)
Fakten:
Die hiesigen Internetseiten sind prall gefüllt mit grundlegenden Argumenten gegen die schriftsprachliche Veränderung, und hier finden sich auch Unmengen von Einzelfallanalysen.
Nicht die Kritiker haben einen Erklärungsnotstand, sondern die Reformer.
Gerade die Reformer sind in der mißlichen Lage, erklären zu müssen, warum es nötig war, das Faktische mit einem Staatsstreich außer Kraft zu setzen.
Die vorgegebenen Erklärungsparolen, die RSR diene der „Vereinfachung“ und der „Vereinheitlichung“, sind verlogen und nicht länger haltbar.
Zynischer Kommentar:
Offensichtlich ist es so, daß die Staatsmacht ihren Untergebenen durch den Bruch mit der Tradition einiges zumutete.
Offensichtlich ist es auch so, daß sich die Staatsmacht auf ihre Diener verlassen kann.
Offensichtlich ist es nämlich so, daß mit der Einführung des Neuen ein Methodenwechsel, ein Verwerfen von Unterrichtsprinzipien und eine Amnesie des Gedächtnisses einhergehen mußte.
Aber:
Ich kann mich erinnern, daß noch vor wenigen Jahren – in einem Anflug von Musik- und Bewegungserziehung und mit dem Ziel der Unterrichtsrhythmisierung – in Schulstuben Hebungen analysiert, schwere und leichte Silben geklatscht und geträllert wurden.
Dazu ein überregionales, vom Kultusministerium Bayern multipliziertes Lehrbeispiel:
„Storch, Storch, Schnibelschnabel,
mit der langen Gabel,
flieg zum Bäckerhaus,
hol drei Wecken raus.“
Wissen Sie noch, Frau Menges, wie wir das Bäckerhaus und den Wecken getrennt haben?
Wissen Sie noch, wie wir – mit feinem, damals noch legitimem Trenntrick – das „Bäkkerhaus“ und den „Wekken“ an die Tafel schrieben?
Für meinen Teil gilt:
Ich kämpfe weiterhin gegen die Amnesie, werde gegebenenfalls noch etliches aus dem Archiv herauszerren, und wenn es denn so weit kommen sollte, daß sich niemand mehr an einstiges Tun erinnern kann, dann schwenke ich um und plädiere für die Herren „Stür“ und „Stee“.
Wie?
Sie wissen nicht, wer „Stür“ und „Stee“ sind?
Ist doch ganz einfach.
Der eine heißt mit Vornamen „Wohnung“, der andere „Frühstück“.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 04.01.2003 um 15.13
Zu Punkt 1:
“Ohne Beratungsgremium hätte die KMK niemals die RSR durchgeführt: Die Berater waren und sind Professoren; ohne diese wären Kultusministerium/Wirtschaft/Kultur nicht in der Lage gewesen, die Rechtschreibreform durchzusetzen.“ (Zitat: Frau Dr. Menges)
Fakten:
Das Beratungsgremium der KMK ist (oder war) eine in sich zerstrittene Institution (Ickler spricht von mafiaähnlichen Zuständen, die noch 1997 in diesem Gremium vorherrschten).
Dieses Gremium verfolgte ursprünglich andere Ziele (u.a. die gemäßigte Kleinschreibung).
Jene ursprünglichen Ziele waren politisch nicht durchführbar und wurden nach der Anhörung in Bad Godesberg ins Gegenteil verkehrt.
Besagtes Gremium war für die Einführung der RSR verantwortlich.
Besagtes Gremium ist auch zuständig als beobachtende Instanz in der Einführungsphase.
Es soll während des Übergangsstadiums (1996 bis 2005) kritisch (!) Stellung nehmen.
Die Hauptkritiker (Peter Eisenberg und Horst-Haider Munske) die man in die Reformkommission hineinwählte, traten unter Protest wieder aus dem Gremium aus.
Das Gremium besteht derzeit aus 12 Mitgliedern (darunter eine Frau).
Das Gremium repräsentiert nur einen Bruchteil der wissenschaftlichen Erkenntnisse.
Sowohl das Gremium als auch die Auftraggeber (die KMK selbst) sind nicht daran interessiert, eine Gewaltenteilung herbeizuführen.
Kommentar:
Die im Zitat von Frau Doktor Menges beinhaltete These, daß die Rechtschreibreform wissenschaftlich fundiert sei, stellt die Wahrheit auf den Kopf.
Das ist ein Scheinargument – eine Alibirechtfertigung.
Wir haben es nämlich im Gegenteil mit einem antidemokratischen Vorgang zu tun, bei dem von allem Anfang an sämtliche Kontrollinstitutionen ausgeblendet worden sind, bei dem die Öffentlichkeit bewußt desinformiert wurde, bei dem man die Beamtenschaft auf ihre Staatspflichten eingeschworen hat; wir haben es zu tun mit einem Unterfangen, das man letztlich damit beendete, daß man die Kinder und Schüler – die schwächsten Glieder der Gesellschaft – in Geiselhaft nahm.
Das sind – in ungeschminkter Form – die tatsächlichen und traurigen Stationen des Umsturzes durch die KMK und ihre nützlichen Wissenschaftsidioten.
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.01.2003 um 11.51
>> „Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker, ebenso Fens- ter.“ <<
Und? Was soll uns das sagen?
Kein Mensch spricht But- ter, das Wort lautet vielmehr Bu- tter – machen Sie bitte eine Sprachprobe! Pla-tte, ebenso Pa- ppel. Aber trennt man denn so, liebe Frau Dr. Menges?
Bei Ham- ster, Fen- ster, Bür- ste, Prop- stei: Von der mitlautformenden Zungenbewegung liegen s und t näher beieinander als z.B. nund s, rund s sowie p und s.
Haustüren und Fäuste haben für meine Ohren nicht die gleiche st-Lautfolge.
Im Duden _21 auf Seite 591 steht die Prost- ration. Könnten Sie einem Schulkind erläutern, wie die Teile dieses Wortes in die abendländische Sprachenlandschaft passen?
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.01.2003 um 10.58
Zu Punkt 1:
Ohne Beratungsgremium hätte die KMK niemals die RSR durchgeführt: Die Berater waren und sind Professoren; ohne diese wären Kultusministerium/Wirtschaft/Kultur nicht in der Lage gewesen, die Rechtschreibreform durchzusetzen.
Zu Punkt 2:
Nach aufmerksamen Studien der letzten Beiträge, finde ich, dass sich eine Reform nicht umkehren lässt mit Wörtern wie
- die Lesbarkeit einiger Wörter ist nicht mehr gegeben
- durch die Getrenntschreibung sind einige Wörter unbrauchbar geworden im Sinne einer Sprachnuance
- die Betonung einiger Wörter ist falsch
- die Trennung müsste nach altem Muster beibehalten werden
Das einzige Problem ist für mich die Getrenntschreibung einiger Wörter: Dafür müsste man eine Zusammenfassung schreiben und an das Ministerium schicken, denn im Duden sollten keine regelgemäßen Wörtern falsch sein. Dafür würde sich die Arbeit lohnen. Eigentlich müssten dies aber die bezahlten Lektoren des Dudenverlages machen.
Zur Trennung von Wörtern mit ck und st wäre zu sagen, dass dies eine Vereinfachung sowohl in der Syntax, in der Optik als auch im Sprachrhythmus ist.
Kein Mensch spricht Bäk-ker, es heißt vielmehr Bä- cker ( Machen Sie bitte eine Sprachprobe!) Zu- cker, ebenso Fens- ter. Dies ist nicht anzuzweifeln, da werden Ihre Belange nicht berücksichtigt. Dies trifft ebenso auf A- bend zu!
Ein weiteres Beispiel zur Getrenntschreibung:
Ebenso das Wort "handvoll": Eine handvoll Steine ist eine kleine Menge, eine Hand voll Kastanien ist ebenfalls eine kleine Menge, es ist dasselbe wie ein halb leeres oder halb volles Glas. Es wird jeweils auf die Mengen Bezug genommen. Und eine Hand voll ist nichts Großes.
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.01.2003 um 17.31
Hier wurde bislang bereits meine zweite Frage diskutiert, die ich noch gar nicht gestellt hatte:
Was legitimiert die massenhafte Verwendung von Unbrauchbarem?
(Welch schöner "Widerspruch in sich": Verwendung von Unbrauchbarem... Die "Rechtschreibreform" macht's möglich! Nein, falsch, nicht "möglich" -- sie erzwingt es! ['tschuldigung für die Polemik, sie lag einfach zu nahe.])
Zur näheren Beschreibung von "unbrauchbar" (vgl. hier): Meiner Ansicht nach fallen darunterAls "sachlich falsch" würde ich anderes bezeichnen -- vgl. meinen zuvor "zitierten" Beitrag. Fällt Ihnen dazu auch ein passendes Beispiel ein, liebe Frau Menges?
- geschlossene Wörterlisten [wie in § 34 (1)] mit mehr als n Einträgen, wobei ich vorschlage, n=10 festzusetzen [vgl. die Anzahl der explizit aufgeführten Präpositionen in § 56 (4)];
- bei wörtlichem Vorlesen zu falschen Betonungen führende Schreibungen (incl. Zeichensetzung);
- im Vergleich zur herkömmlichen Rechtschreibung schlechter lesbare Schreibungen (incl. Zeichensetzung), wie z. B. Heysesche s-Schreibung, einige Komma- und Trennungsregeln (explizit: Nichttrennung von "ck").
In diesem Zusammenhang noch einmal zurück zu einer wichtigen Forderung von Renate Menges:Ich möchte gerne eine wissenschaftlich fundierte Reform sehen und die Wissenschaftler, die heute gegen die Rechtschreibreform zeichnen. Was hilft es, wenn sich 1998 Professoren zusammengetan haben und dagegen protestiert haben? Sie müssten sich heute oder morgen wieder zusammenschließen und gegenzeichnen. Nirgendwo ist dies der Fall, also wie stark ist der Wille der Wissenschaftler die neuen Regeln nicht doch 2005 geltend zu machen?Darauf hatte ich erwidert:Konsens in der wissenschaftlich-inhaltlichen Grundausrichtung, liebe Frau Menges! Aber Einspruch gegen die vertretene politisch-gesellschaftliche Haltung: Warum müssen sich die Professoren wieder zusammenschließen und gegenzeichnen? Haben die eine spezielle Verantwortung, welche diejenige der Kultusminister übersteigt? Natürlich wäre es hilfreich, wenn sich die Professoren heraustrauten und klar ihre Meinung sagten, aber wer hat denn letztlich die Aufsicht an den Schulen und die Macht, dort etwas zu verändern -- und also die Pflicht, dafür zu sorgen, daß den Schülern nichts Falsches oder Unbrauchbares beigebracht wird? Ich denke, diese Ihre Fragen muß die KMK beantworten!!Würden Sie dies unterstützen, liebe Frau Menges?
Und also müssen wir wohl regelmäßig mal bei der/dem jeweiligen Vorsitzenden der KMK nachfragen, wie es denn mit so einer wissenschaftlich fundierten, d. h. von unabhängigen Fachleuten (aller relevanten Disziplinen) erarbeiteten Reform bestellt ist; die jetzige Rechtschreibkommission kann sich ja dazu aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht glaubhaft äußern.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.01.2003 um 17.26
Auch ich bin ungern anderer Meinung; im vorliegenden Fall geht es mir nur darum, vorhandene Wörter meiner eigenen Sprache zu verteidigen:
Nach allem, was ich gelernt habe, sind frei, sprechen und freisprechen drei unterschiedliche Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung; und die Wörterfolge frei sprechen bedeutet etwas anderes als jedes der drei vorgenannten Wörter. Ich bin überzeugt, daß sich dies aus den Sprachbüchern vor 1996 belegen läßt, mindestens aus Duden _20 vv.
Die Zuordnung von Schreibung und Aussprache einerseits zur Wörterbedeutung andererseits erfolgt (bei handwerklich richtigem Sprachgebrauch) nicht „nach Gusto“, sondern nach der jeweiligen Wörterbedeutung; eine Verwechselung von Wörtern gefährdet diese.
Nebenbei: Es gibt weitere Beispiele, wo häufig Wörter miteinander verwechselt werden:
als und wie,
denn und weil,
am gleichen Tag und am selben Tag,
Kalorien und Kilokalorien,
Mikrowelle und Mikrowellengerät,
in Buchhandlungen: Mark und Euro
in Ministerien: mehr Fehler und weniger Fehler,
Angriff und Verteidigung, Frieden und Krieg und so weiter; Sprache ist das allererste Werkzeug für die Gedankenübertragung, Sprachmißbrauch ist weniger mühsam als Handtaschenklau.
eingetragen von Theodor Ickler am 02.01.2003 um 14.20
Herr Dörner hat es wieder mal meisterhaft getroffen.
So ungern ich anderer Meinung bin als Herr Lindenthal: Wir müssen unterscheiden zwischen grammatischen Wörtern und Wortschatzeinheiten, die man ja auch "Lexeme" nenne und die durchaus mehrteilig sein können, unter Umständen also auch auseinander geschrieben werden (so wie ich es hier gerade getan habe). Und dann kommt noch etwas hinzu, die Verbzusatzkonstruktion, die nicht unbedingt schon so fest geworden sein muß, daß sie bereits zum Wortschatz gehört. In allen diesen Fällen ist die Zusammenschreibung nicht zwingend und war sie nie allgemein üblich. So ist zum Beispiel "öffentlich machen" eine ziemlich feste Verbindung mit Ergebniszusatz und eigentlich nicht sehr verschieden von "bekanntmachen"; aber letzteres wurde oft (nicht immer!) und ersteres nur sehr selten zusammengeschrieben.
Mit anderen Worten: Verbzusätze wurden und werden (u.a. zur Unterscheidung von Adverbien) mehr oder weniger mit Verben zusammengeschrieben. Jeder Dogmatismus führt hier ins Ausweglose. Vorsicht, Herr Lindenthal! Sobald Sie über den beobachtbaren Gebrauch hinausgehen und allgemeine Regeln aufstellen, kriegen Sie Gegenbeispiele in Menge vor die Tür gekippt!
(Das schadet aber unserer gemeinsamen Sache nicht im geringsten, denke ich. Wozu haben wir dieses Forum?)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 02.01.2003 um 08.35
Zitat:Ein paar Beispiele sagen mehr als ein Dutzend Regelversuche – das Hinhören auf die betonten (hier: unterstrichenen) Silben hilft uns, die Wörter herauszufinden:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
„Richtigstellen, hochfliegen, freisprechen“, sind Begriffe, die je nach Gusto getrennt- oder zusammenzuschreiben sind. ...
1a.) Du hast die Frage nicht richtig gestellt. Auf mich wirkt diese Filmszene richtig gestellt.
1b.) Diesen Irrtum möchte ich richtigstellen.
3a.) Der Abgeordnete hat frei gesprochen (und nicht abgelesen).
3b.) Der Richter (Vorsitzende des Prüfungsausschusses) hat den Angeklagten (die Lehrlinge) freigesprochen.
Zitat:Nein, nicht nach Gusto, sondern danach, um welches Wort es sich handelt. Wörter gibt es doch noch? Oder ist diese Errungenschaft der Sprachen schon im Wanken?
... je nach Gusto getrennt- oder zusammenzuschreiben ...
Es wird zunehmend so getan, als wenn es Wörter nur in der geschriebenen, nicht jedoch in der gesprochenen Sprache gäbe; und es ist ein sich zunehmend einschleichender Irrglaube, daß Satzmelodie, Wörterpausen und Betonungen nicht zur Sprache gehörten.
Wenn mit solchem Irrglauben Lehrer, Mannheim-Chaoten und Nachrichten-Redakteure unsere Sprache abmontieren (welche das wichtigste allgemeine Werkzeug für unseren Hochtechnologie-Standort ist), dann bin ich dagegen, lieber Herr Schäbler.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Christian Dörner am 01.01.2003 um 22.09
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich würde gerne einen Konsens darüber finden, was nun sachlich falsch ist und was nicht:
Nehmen wir das Wort "richtigstellen, richtig stellen".
Es geht dabei für mich nicht um das Verb "stellen" in Sinne von "machen,tun" und auch im übertragenen Sinne nicht um "korrigieren", sondern um das Adjektiv "richtig".
Warum soll und muss ich es zusammenschreiben?
Habe ich mich einfach nur daran gewöhnt?
Sachlich gesehen drücke ich mit zwei Wörtern doch auch das aus, was ich meine. Es ist mir nicht ganz einsichtig, warum es schwieriger sein sollte. Ich diktiere im Diktat das Wort so, dass es der Schüler einfach richtig schreiben muss. Ich schreibe hier ja auch nicht "richtigschreiben".
Es ist zwar schon oft diskutiert worden, aber ich möchte es noch mal kurz zusammenfassen:
Konstruktionen aus Adverb und Verb wie richtig schreiben, schnell laufen, schön aussehen usw. werden selbstverständlich immer getrennt geschrieben.
Davon zu unterscheiden sind die Wörter mit Verbzusätzen wie z. B. richtigstellen, stillegen, totschlagen usw., hier sind vor allem die sogenannten Resultativzusätze zu erwähnen, die grundsätzlich zusammengeschrieben werden, aber eben nicht immer. Daran hat sich auch durch die Reform nichts geändert. Die Grenze wurde lediglich etwas in Richtung Getrenntschreibung versetzt. Beschwerte man sich in der alten Rechtschreibung über geradebiegen, aber krumm biegen, so muß man jetzt stilllegen (sic!) und lahm legen unterscheiden. Es ist nichts einfacher geworden, ganz im Gegenteil.
Durch Zusammenschreibung kann man die Interpretation als Verbzusatz gegen den adverbialen Gebrauch sicherstellen. Getrenntschreibung ist neutral und läßt sowohl die Deutung als Adverb als auch die als Verbzusatz zu.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Norbert Schäbler am 01.01.2003 um 21.10
„Richtigstellen, hochfliegen, freisprechen“, sind Begriffe, die je nach Gusto getrennt- oder zusammenzuschreiben sind.
Man kann sie auffassen als Wortgruppen oder als Lemmata.
Und wer diktiert, hat sowieso recht!
Das ist wie beim Fußball. "Abseits" ist, wenn der Schiedsrichter pfeift.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.01.2003 um 20.05
Ich würde gerne einen Konsens darüber finden, was nun sachlich falsch ist und was nicht:
Nehmen wir das Wort "richtigstellen, richtig stellen".
Es geht dabei für mich nicht um das Verb "stellen" in Sinne von "machen,tun" und auch im übertragenen Sinne nicht um "korrigieren", sondern um das Adjektiv "richtig".
Warum soll und muss ich es zusammenschreiben?
Habe ich mich einfach nur daran gewöhnt?
Sachlich gesehen drücke ich mit zwei Wörtern doch auch das aus, was ich meine. Es ist mir nicht ganz einsichtig, warum es schwieriger sein sollte. Ich diktiere im Diktat das Wort so, dass es der Schüler einfach richtig schreiben muss. Ich schreibe hier ja auch nicht "richtigschreiben".
Zu gerne würde ich über das sachlich Falsche eine Zusammenfassung schreiben, aber dazu muss, wie oben gesagt ein Konsens hergestellt werden und gerade dieses Kapitel der Sachlichkeit scheint mir aber das schwierigste Merkmal der Diskussion zu sein.
eingetragen von J.-M. Wagner am 01.01.2003 um 16.42
...in puncto "Rechtschreibreform": Daß alle, die in irgend einer Form näher damit zu tun haben (wie von Renate Menges erwähnt: Bildungs- und andere Politiker, Wirtschaftsleute, aber auch die Reformer, Akademien etc.), zu folgender Frage Stellung nehmen:
Was legitimiert sachlich Falsches -- sowohl prinzipiell, als auch speziell auf die "Rechtschreibreform" bezogen?
Wie beantworten Sie diese Frage, liebe Frau Menges?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.01.2003 um 11.31
(Ickler) Man muß mit allem rechnen. Bertelsmann kann umschwenken oder das Interesse verlieren. Die Reformer können teilweise abtreten, neue Reformer auftreten. Die Politik kann sich umbesinnen. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung wird mit ihrer Vorlage herauskommen und könnte die Diskussion neu ankurbeln (bestenfalls).
In der Bildungspolitik ist alles möglich. Wir leben damit, dass nach 10 Jahren das Gegenteil von heute richtig ist.
Nur die Rechtschreibung hängt von mehreren Teilen ab, es ist ja doch nicht nur die Bildungspolitik, sondern es hängen vielerlei, vor allem wirtschaftliche, aber auch politische Fragen daran. Wäre es so oder so eine sichere Sache würde sich jede Diskussion erübrigen und jede Zeile wäre hier unwichtig.
Ein Freund schreibt in eigener Einschätzung zur reformierten Orthografie:
"Mit jedem Jahr, die sie übersteht, wird der Protest leiser."
und
"Und auch die FAZ, so meine Prognose, wird in absehbarer Zeit ohne jedes Aufheben wieder zur "normalen"
Rechtschreibung zurückkehren. Ich bin die neue Schreibe inzwischen so gewohnt, dass ich mich ständig bei der Lektüre der FAZ bei dem Gedanken ertappe: da ist ein Tippfehler." (27.12.02)
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.12.2002 um 14.53
(Reinhard Markner) Das Buch von Bloomfield hatte zu seiner Zeit seine Verdienste, ist aber längst von der Forschung überholt, gerade auch in den zitierten Passagen.
Es ist nicht immer alles überholt, was alt ist (vgl. Nietzsche, Freud). Bitte beweisen Sie Ihre Aussage durch Zitate und Verweise.
Bloomfield ist gleichbleibend aktuell. Es gibt Seiten (Sprachen der Welt), die meines Erachtens überholt sind, aber es ist vieles richtig, was Bloomfield schreibt.
Vor allem habe ich durch die Kurzfassungen, die ich gelesen habe, ein anderes Bild erhalten. - Ich bin eine Praktikerin, erkenne vieles, was ich mir autodidaktisch zulegen musste und ich erkenne die Aktualität, die sich bis heute erhalten hat. Man muss das Buch, sprich Bloomfield studieren, nicht nur lesen, ausprobieren und nicht nur überfliegen.
eingetragen von Klaus Malorny am 28.12.2002 um 19.41
Lieber Herr Lindenthal,
Sie schrieben:
Über welche wirkungsvollen Überzeugungsmittel verfügt Ihr Auftraggeber denn?
Nun, der Kunde meint, unsere Firma hätte den Auftrag bereits angenommen (sehe ich zwar anders, da aber der Kunde schon mit einer Klage bei Nichterfüllung droht, sieht mein Chef das offenbar lieber auch so). Ich müßte hier noch ein bißchen weiter ausholen, will ich aber aus Gründen der Vertraulichkeit nicht machen.
Das Vorhaben selbst halte ich für illegal, denn Sie unternehmen es, Gesetze zu fälschen.
Es handelt sich zwar um juristische Texte, aber nicht um Gesetzestexte. Es werden dort juristische Entscheidungen kommentiert. Das einzige, was hier in Frage kommen könnte, wäre die Verletzung von Urheberrechten der Autoren. Da aber neuere Texte der Autoren inzwischen in einer Form vorliegen, die an die "neue" Rechtschreibung "erinnert", gehe ich davon aus. Nichtsdestotrotz könnte ich ja mir mal eine schriftliche Bestätigung schicken lassen...
Noch mehr Fragen: Wenn Ihr Auftraggeber andere Fragwürdigkeiten unternimmt, marschieren Sie dann auch an seiner Seite? Wo ist bei sowas für Sie die Grenze?
Die Grenze ist eigentlich überschritten. Um meinen Arbeitgeber vor Schaden (s.o.) zu bewahren und weil die Zeit nicht reicht, daß sich ein Kollege in das Projekt einarbeitet (die Konvertierung ist ja nur ein Bestandteil), habe ich aber nachgegeben. Ich habe jedoch meinem Chef gleichzeitig mitgeteilt, daß ich keine weiteren Aufträge dieses Kunden mehr bearbeiten werde.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.12.2002 um 18.31
Lieber Herr Malorny,
auf der Seite Doofdeutsch.de können Sie sehen, wie die Pioniere Ihre Faches eine gleiche Aufgabe gelöst haben.
Wenn Ihr Opus dann fertig ist, dürfen Sie es gerne auf Doofdeutsch.de veröffentlichen.
Eines jedoch will mir nicht so recht in den Kopf; Sie schreiben:
>> „Ich habe leider beruflich den Auftrag bekommen, eine größere Menge juristischer Texte (etliche Megabytes) nach Dummdeutsch zu konvertieren. Alle Versuche, dies zu verhindern, schlugen fehl. “ <<
– Über welche wirkungsvollen Überzeugungsmittel verfügt Ihr Auftraggeber denn? Hungerblockade gegen Ihre Kinder? Daumenschrauben? Herdenzwang?
Das Vorhaben selbst halte ich für illegal, denn Sie unternehmen es, Gesetze zu fälschen. Da die Verfälschung der Gesetze durchaus mit der Sabotage von Strom-, Gas-, Wasserversorgung vergleichbar ist (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, RdNr. 8 zu § 81), halte ich § 81 StGB (Hochverrat) für gegeben. Mindestens bedeutet die teilweise Beseitigung demokratisch zustande gekommener Gesetze die teilweise Beseitigung der FDGO, wogegen nach Art. 20 (4) GG alle Deutschen das Recht zum Widerstand haben, so auch Sie.
Noch mehr Fragen: Wenn Ihr Auftraggeber andere Fragwürdigkeiten unternimmt, marschieren Sie dann auch an seiner Seite? Wo ist bei sowas für Sie die Grenze?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Jörg Metes am 28.12.2002 um 18.15
Zitat:Sie könnten ja zum Beispiel jede Zeichenfolge », um« ersetzen lassen durch » um«. Und ebenso auch jede Zeichenfolge », und« durch » und« (kein Komma mehr vor einem 'und', das Hauptsätze verbindet). Leider sind damit noch längst nicht alle Infinitiv-Kommas erfaßt (wie könnte man das nur mechanisieren?). Was für Sätze herauskommen, wenn man sie wirklich alle streicht, zeigt sich ja z.B. im "Finanz- und Börsenlexikon" von dtv.
Ursprünglich eingetragen von Klaus Malorny
Auch in der Kommasetzung, z.B. bei erweiterten Infinitiven, läßt sich da sicherlich was machen (wird vom Duden-Konverter leider nicht angetastet).
__________________
Jörg Metes
eingetragen von Klaus Malorny am 28.12.2002 um 13.52
Hallo, liebe Mitstreiter,
Ich habe leider beruflich den Auftrag bekommen, eine größere Menge juristischer Texte (etliche Megabytes) nach Dummdeutsch zu konvertieren. Alle Versuche, dies zu verhindern, schlugen fehl. Auch das Argument, daß weder meine Kollegen noch meine Wenigkeit genügend Ahnung von der "reformierten" Rechtschreibung besitzen, um dies qualitativ halbwegs vernünftig zu machen, wurde mit dem Hinweis auf die Existenz von Rechtschreibkonvertern von Duden & Bertelsmann niedergeschlagen. Nun, da es eben sein muß, möchte ich, daß unser Kunde seine größtmögliche "Freude" an dem Endprodukt hat. Daß der Duden-Konvertierer auf "progressiv" in allen Bereichen und Zweifelsfällen gestellt wird, ist selbstverständlich. Ich frage mich aber, was ich noch so durch "Suchen & Ersetzen" anstellen kann, um einerseits die Perversität der Reform zu demonstieren, andererseits das Regelwerk nicht zu verletzen, damit es nicht nachher zu einer Schadenersatzklage kommt. Ich denke z.B. daran, alle "sog." durch "so g." (nicht konform?) oder "so genannt" zu ersetzen oder so Begriffe wie "Großer Senat" durch "großer Senat" (wohl auch nicht konform). Auch in der Kommasetzung, z.B. bei erweiterten Infinitiven, läßt sich da sicherlich was machen (wird vom Duden-Konverter leider nicht angetastet). Für Anregungen aller Art wäre ich dankbar...
mfg.
Klaus Malorny
eingetragen von Reinhard Markner am 26.12.2002 um 12.09
Das Buch von Bloomfield hatte zu seiner Zeit seine Verdienste, ist aber längst von der Forschung überholt, gerade auch in den zitierten Passagen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.12.2002 um 07.55
Herr Ickler hatte vor einiger Zeit von Bloomfield gesprochen.
Es ist sehr interessant L. Bloomfield in voller Länge zu lesen. Es sind immerhin 747 Seiten mit Anhang.
Leonhard Bloomfield. Die Sprache. Deutsche Erstausgabe übersetzt von Peter Ernst und Hans Christian Luschützky unter Mitwirkung von Thomas Herok. Wien 2001. Edition Praesens.
Das Original erschien unter dem Titel "Language" 1933 und der überarbeiteten Fassung von 1935.
Das Buch wurde neu übersetzt und in neuer Rechtschreibung geschrieben.
Er schreibt auf S. 47:
"Schrift ist nicht Sprache, sondern eine Möglichkeit, Sprache durch sichtbare Zeichen festzuhalten."und "Eine Sprache bleibt dieselbe, unabhängig davon, mit welchen Schriftsystemen sie aufgezeichnet wird, ..."
S. 38
"Sprachen verändern sich im Laufe der Zeit..." "Der Einfluss von Schrift auf Form und Entwicklung der - eigentlichen - gesprochenen Sprache ist sehr gering." -
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.12.2002 um 16.23
Mit fröhlicher Gelassenheit knabbere ich an den Weihnachtsplätzchen.
Ickler 2000, S. 264 knabbern
Duden 2000, S. 550 knabbern; ich knabbere; vgl. auch knappern, knuppern
Ich knabbere auch an den Weihnachtsbüchern. Eines ist aus dem Oreos Verlag.Niederflug und Aufflug. Dreimal Texte von Friedhelm Kemp, Friedemann Maurer und August Springer.
Ich beknappere es
- im genüsslichen Sinn
- im kulturellen Sinn
- auf heuristischer Ebene
- auf semantischer Ebene
- und im sensorischen Bereich, denn es ist außergewöhnlich schön. Format, Farbe, Text, Bilder, Papier und Druck sind gelungen. Ich bin zufrieden mit der Knabberei, noch dazu liegt das Buch auf dem aufgeschlagenen Ickler, daneben seltsam vereint der Duden. Die "Macht des Faktischen" hat mich halt wieder einmal.
Außerdem liegen auf dem Plätzchenteller Lebkuchen mit "wie viel" und "wo anders".
Ach so: Es stimmt ja gar nicht, dass Lehrer nur Texte in neuer Rechtschreibung einbringen.
Heute gab es einen Original-Hesse- Text aus:
Hermann Hesse. In Weihnachtszeiten. insel taschenbuchverlag 2418, S. 88: Die beiden Brüder (für Marulla).
Irgendwie erinnert mich die Moral der Geschicht' an diese Querelen.
– geändert durch RenateMariaMenges am 27.12.2002, 08.52 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 15.12.2002 um 05.34
Lieber Herr Ickler,
nun kommt auch noch eine konstruktive Kritik Ihres Wörterbuches- stellen Sie sich lieber darauf ein.
Aber zuerst bin ich unterwegs, wie Sie es auf dem anderen Strang treffend formulierten.
Herr Lachenmann,
alle Achtung- eine gute Kritik haben Sie sich da aus dem Ärmel geschüttelt. Ich nehme diese Beiträge nun mal mit.
Lieber Herr Ickler,
Ihnen muss ich aber dann wirklich in 4 Punkten widersprechen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.12.2002 um 19.59
Lachenmann lässt die alte Variante "eine hochstehende Frau" in seinem Sonderdruck gelten:
Duden S. 474 "hoch"
Getrenntschreibung, wenn "hoch" relativ gebraucht wird, d.h. erweiterbar oder steigerbar ist.
Dieselbe Regel gilt für "schwer erziehbar".
Aber bei "schwerbehindert, schwerstbehindert" (Duden S. 876, 877) gelten plötzlich die alten Regeln.
Unstimmigkeiten, Regelwidrigkeiten ...
Das dürfte doch auch als Antwort gelten.
eingetragen von Martin Reimers am 07.12.2002 um 14.45
Liebe Frau Menges,
von einer "verbindlichen" Schreibweise der Snjegurotschka (ich würde das "j" hier lieber reinnehmen) sollten Sie sich nicht zuviel versprechen.
Daß es so eine große Bandbreite von Schreibweisen russischer Namen gibt, hat sicher nichts mit der Größe des Landes zu tun, sondern eher mit dem Umstand, daß das Russische und das Deutsche nun einmal ein unterschiedliches Alphabet haben. Und es hat durchaus seine Richtigkeit, wenn es hier mehrere Transkription- bzw. Transliterationsmodi gibt: eine wissenschaftliche Transliteration beispielsweise, in der Sie die russischsprachigen Werke von Frau Dr. phil. Snegurocka problemlos in jeder deutschsprachige Bibliographie unterbringen und wiederfinden können. Wenn Frau Snjegurotschka dagegen in der Zeitung interviewt wird, ist eine Schreibweise geeigneter, die mehr auf die Aussprache Rücksicht nimmt. Vielleicht ist es Madame Sniegourochka aber auch lieber, daß ihre Visitenkarte an ihre Vorfahren aus der Pariser Emigration erinnert. Wenn Sie nun einen russischen Text für ein deutsches Liederbuch aufschreiben wollen, käme das etwas gewöhnungsbedürftige Sniguratschka der Aussprache am nächsten, allerdings nur mit entsprechenden phonologischen Warnhinweisen.
Ungewöhnlich ist es für unsere Verhältnisse tatsächlich, daß die Russen praktisch niemanden mit seinem vollen Vornamen anreden (allenfalls dann wieder in der Verbindung mit dem Vatersnamen, was der höflichen Anrede entspricht). Das hat nun aber nichts mit deren "eigener Orthographie" zu tun.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Theodor Ickler am 07.12.2002 um 14.26
Anläßlich von Frau Menges' Orthografie möchte ich noch einmal die Frage aufwerfen, welchen Sinn die mit der Neuregelung verbundene Kennzeichnung von Haupt- und Nebenvarianten eigentlich haben soll, wenn manche Reformfreunde dann doch die Nebenvariante bevorzugen. Das Ganze ist ein Rest der berüchtigten "gezielten Variantenführung", mit der die Reformer jahrzehntelang versuchen wollten, die Eindeutschung eben gerade nicht einfach vorzuschreiben, sondern über Vorzugsvarianten anzubahnen. Der führende Reformer und eigentliche Kopf der Gruppe, Dieter Nerius, hat sich entschieden gegen die hybride Schreibung Orthografie ausgesprochen, nicht nur weil es eben Nebenvariante ist, sondern weil er als gebildeter Mann einen ästhetischen Widerwillen gegen solche halben Sachen hat. Wenn schon, dann Ortografie, aber dazu fehlt unseren staatsfrommen Zeitgenossen der Mut. Sie glauben wohl tatsächlich, mit der einen Hälfte ihren (staatlich definierten) Reformwillen zu zeigen, fürchten sich aber, mit der anderen Hälfte über das Zulässige hinauszugehen, und so kommt es zur Hybridschreibung, die nicht Fisch und nicht Fleisch ist und sich in Texten bildungsbeflissener Lateiner ganz besonders merkwürdig ausnimmt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 07.12.2002 um 13.43
http://selfhtml.teamone.de/html/referenz/zeichen.htm
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.12.2002 um 13.38
Sehr geehrter Herr Lindenthal,
könnten Sie mir heute vielleicht noch mitteilen, wie man diesen ' setzen kann? Russen haben ihre eigene Orthografie:
Sie haben mir das verbindlich so aufgeschrieben, aber da erlebe ich allerdings die wildesten Dinge, was das Schreiben z.B. russischer Namen angeht. Von Wladislaw, Vladislaw bis Wladislav, aber genannt wird das Kind dann aber Slava ( das ist eben russisch!). Damit meine ich das Leben, eben das russische Leben, ich traue auch dem russ. Wörterbuch nur mehr bedingt. Aber die Aussprache mit dem -tsch ist richtig. Ich glaube 5 Dolmetscher sagen 5 mal das Wort anders, aber das Land ist eben groß genug. Ich rede hier gerade mal von Russland.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 07.12.2002 um 13.23
Liebe Frau Dr. Menges,
wäre es nicht eine gute Idee, wenn Sie mit Ihren Schülern üben, wie man Leute anredet, und alsdann sich das Übeergebnis nochmals durchlesen?
Herr Prof. Ickler hat recht: das Schneewittchen heißt laut Wörterbuch Snegurotschka, ausgesprochen dann wohl eher snjegUrotschka.
Der kyrillische Buchstabe, der aussieht wie ein u, an welches rechts unten noch ein Stiel angesetzt wird, heißt tsch.
Der kyrillische Buchstabe, der g ausgesprochen wird, sieht aus wie ein T, dem der linke Ast fehlt.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Elke Philburn am 07.12.2002 um 12.13
Zitat:
und da sich Elke Philburn in mehrere weibliche Personen aufspaltet...
Ich bin einmalig, liebe Frau Menges, da können Sie ganz beruhigt sein.
Aber Sie haben recht: Es gibt in der Tat sehr wenige Frauen, die sich sprachkritisch engagieren - obwohl Frauen oftmals ein größeres Interesse an Sprachen unterstellt wird als Männern.
Woran liegt's?
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.12.2002 um 11.55
Lieber Herr Ickler,
Snegurotschka = Aussprache ( diese harte Aussprache, die wir Bayern gar nicht lieben)
Sneguroschka = Schrift in kyrill. Schrift: CHERYPOUKA, ( diese Schriftzeichen sind notgedrungen bei meiner Tastatur falsch)
Herr Lindenthal oder Co.,
bei Ded Moro's brauche ich den Akzent-Strich? auf dem zweiten o- wie kann ich das hinbringen?
Ded Moro's i Sneguroschka,
ganz genau ist das der Weihnachtsmann in Russland, gefeiert am Neujahrstag.
Ded Moros ist "Väterchen Frost"
i bedeutet "und"
Sneguroschka ist nun mal die "Enkelin mit den dicken blonden Zöpfen".
Sneguroschka geht nur mit ihrem Opa und Ded Moros geht auch nur mit Sneguroschka, um die Leute zu beglückwünschen.
Meiner russischen Lehrer-Praktikantin ( schon eine gestandene Lehrerin mit viel Erfahrung, auch in der Lehrerausbildung tätig) habe ich erstmals den Duden in die Hand gelegt. Sie versteht es kaum, warum wir hier zweisprachig im eigenen Land sind. Sie sieht aber auch das Ickler- Wörterbuch bei mir auf dem Schreibtisch.
Man kann sich also bei mir informieren in jedem Fall. So weit, so gut!
Ich diskutiere hier, weil mir das Thema wirklich gut gefällt und ich im Internet nur deswegen schreibe. Ich habe angefangen nur wegen der RSR zu diskutieren und das in erster Linie so geblieben, außer Lern- und Arbeitsplattformen, die wir benützen müssen oder dürfen.
Leider, wie gesagt diskutieren hier zu wenig Frauen und da sich Elke Philburn in mehrere weibliche Personen aufspaltet , habe ich das Gefühl es sind nur wirklich zwei Frauen unter euch. Auch in München war das so: Das wird ein Kritikpunkt sein: Es diskutierten nur Männer, warum gibt es keine Frauen? und: Es diskutierten nur Insider, wo gibt es dies eigentlich noch in unserer Demokratie?
Herr Grunden,
"Ihre weiteren Fragen erspare ich mir lächelnd“ nehme ich bedauernd (und trotzdem auch etwas lächelnd)" setzt mal einen grundlegenden Konsens voraus. Was braucht es noch mehr? Ich könnte Ihnen Bücher darüber erzählen, Referate halten aber was bringt uns/mir das? Diese Fragen beantworten sich von selbst. Erst gestern hatten wir auf der Schulleitertagung das gleiche Thema mit inhaltlich anderen Schwerpunkten.
eingetragen von Theo Grunden am 05.12.2002 um 11.59
Liebe Frau Menges,
Ihre Ankündigung „Herr Grunden, Ihre weiteren Fragen erspare ich mir lächelnd“ nehme ich bedauernd (und trotzdem auch etwas lächelnd) zur Kenntnis. Darf ich denn wenigstens damit rechnen, daß Sie zu meinen bisherigen Fragen noch etwas schreiben werden? (Zitat: „Die vorausgegangenen Fragen müssen noch ein wenig warten, aber ich werde sie sicher beantworten.“)
„Schmerzende Stellen, Frau Grunden? Diese werden Sie besser kennen als ich.“
Meinen Sie meine Frau? Die liest hier übrigens nicht mit, aber die schmerzenden Stellen kennt Sie trotzdem sehr genau – meine, die der neuen Rechtschreibung und die ihrer „Umsetzung“ in den Schulen. Sie ist nämlich Lehrerin an einer allgemeinbildenden Schule in NRW, also an einer solchen, die es „amtlich“ (gemäß Duden, nach Ihrer Terminologie) gar nicht mehr gibt, aber „ministerlich“ (gemäß kultusministerlichem Sprachgebrauch, zumindest in Bayern, NRW und Thüringen) nun wohl doch wieder.
„Frau Grunden und Frau Grunert, beide sind sicherlich willkommen.“
Schön, aber würden Sie denn ggf. auch auf Fragen meiner Frau antworten?
„Welches Buch kann/muss ich meinen ausländischen Lehrerkollegen empfehlen, die bei uns Fuß fassen wollen? ... Sie brauchen dringend einen Duden, um auch amtlich alles richtig zu machen.“
Wer nach dem (neuesten) Duden schreibt, macht’s vielleicht „beamtlich“ richtig. Aber wer will oder muß das schon, insbesondere von den ausländischen Kollegen?
„Die Überschrift ist für heute passend am Santa Claus Tag.“
Siehe hierzu u.a. „Die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“, § 44. (Der regelt „Verbindlichkeiten“.)
Mit unamtlichen Grüßen
Theo Grunden
eingetragen von Walter Lachenmann am 05.12.2002 um 11.15
Liebe Frau Menges,
vielleicht sollten wir unsere kleine Romanze nicht allzusehr in der Forumsöffentlichkeit ausleben (bei der Veranstaltung in München saß ich unerkannt direkt hinter Ihnen! incognito, ergo sum), aber ich möchte mich doch noch hier bei Ihnen für das wunderschöne Buch »Die schönsten Gedichte der Schweiz« bedanken. Ich konnte nur flüchtig hineinschauen, habe aber sofort eine ganze Reihe sehr namhafter und mir lieber Autoren im Inhaltsverzeichnis erkannt, auch ist das Buch ausgesprochen schön gestaltet und in fabelhafter Orthographie, erschienen 2002 bei Nagel & Kimche im Hanser Verlag. Ich ahnte schon immer, daß Ihr Herz auf unserer Seite schlägt, sonst wären Sie auf unserer Seite hier nicht so häufig anzutreffen.
Der kleine Gruß, mit dem Sie das bla-bla-Gedicht eingemerkt haben, ist zwar bösartig, aber von Ihnen laß ich mir das gerne gefallen, Sie können ja auch gut wegstecken. Nur soviel dazu: Wenn einer sich mit kritischer Skepsis alles Neue gut anschaut, das sich als »modern« ausgibt und damit beansprucht, bewundert zu werden, andernfalls der Skeptiker zum »alten Eisen« verwiesen wird, bedeutet dies noch lange nicht, daß der Skeptiker »bald ein Alter unter den Jungen ist, sowohl im Denken als im Tun«. Jedenfalls mache ich mir insofern vorläufig keine Sorgen.
Und obwohl das blabla-Verslein (leider in orthographisch fehlerhafter Fraktur, das Setzen des langen s scheint kaum noch jemand zu beherrschen) in dem Buch drin ist, halte ich es für nichts weiter als einen kleinen Scherz, der nicht den Anspruch erheben sollte, als Lyrik bezeichnet zu werden. Sonst melde ich meine gesammelten Kalauer und Schüttelreime auch an, die können da allemal mithalten.
Jetzt aber wieder zur Sache, alles andere an der Bushaltestelle.
Ihr WL
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Detlef Lindenthal am 05.12.2002 um 09.55
>>... brauchen dringend einen Duden, um auch amtlich alles richtig zu machen ... <<
Was meinen Sie mit „amtlich alles richtig zu machen“, liebe Frau Dr. Menges?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 05.12.2002 um 08.03
Snegurotschka, liebe Frau Menges! Und was die tückische Frage nach dem Rechtschreibwörterbuch betrifft, so ähnelt sie jener Fangfrage der Vernehmer an den Verdächtigen: Wo haben Sie das Messer versteckt? usw. Nein, damit legen Sie mich nicht herein. Diese Frage müssen Sie den Kultusministern vorlegen, immer wieder!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.12.2002 um 05.37
Noch eine Frage an Herrn Ickler:
Welches Buch kann/muss ich meinen ausländischen Lehrerkollegen empfehlen, die bei uns Fuß fassen wollen?
Zwei Rechtschreibbücher können sie sich nicht leisten.
Da kommt man wahrlich in Konflikte. Sie brauchen dringend einen Duden, um auch amtlich alles richtig zu machen ...Ich bin ebenfalls gespannt auf Ihre Antwort.
Die Überschrift ist für heute passend am Santa Claus Tag.
Liebe Frau Grunert:
Ich hoffe schon lange, dass sich hier ein paar Frauen mehr beteiligen.
Frau Grunden und Frau Grunert, beide sind sicherlich willkommen.
eingetragen von Monika Grunert am 04.12.2002 um 22.17
![]()
Wenn ja, dann schauen Sie doch noch mal auf die Leiste mit den Namen. (Jetzt verstehe ich auch die Einlassung von Herrn Grunden).
Zu den schmerzenden Stellen: klar, dass (oh, ich bedaure, hier gibt es kein "Esszett") ich die ganz gut kenne, und ich kenne auch das Gegenmittel. Plaster helfen da jedenfalls nicht. Sie scheinen hier die einzige Person zu sein, die fuer die Rechtschreibreform auftritt, (die Verantwortlichen, die hier sicher auch fleissig herumsurfen, halten sich aus gutem Grund bedeckt), von Ihnen haette ich also ganz gern erfahren, welcher Art die Arznei gegen die schmerzenden Stellen sein koennte. Oder war das nur so dahergesagt, das mit der Zusammen- und Getrenntschreibung? Was stoert sie eigentlich daran? Ich bin neugierig auf Ihre Antwort.
__________________
m.g.
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.12.2002 um 20.19
Auf die Antwort, Herr Ickler werden auch Sie ein wenig warten müssen, denn diese kann ich nicht aus dem Ärmel schütteln.
Antworten zum Beitrag von Christian Melsa:
Punkt 1: Förderdiagnostik
Die Fragestellung ist falsch gewählt, Herr Melsa.
Eine Diagnose zu erstellen heißt auch die Schüler richtig zu fördern, in anderen Worten Förderdiagnostik zu betreiben. Ich muss wissen, was dem Schüler fehlt, dann kann ich darauf aufbauen. Ich will hier keinen langen Vortrag über Förderdiagnostik halten, aber es ist wichtig den Stand des Könnens und Wissens festzustellen, um echtes Lernen vorantreiben zu können. Habe ich eine rechtschreibschwache Klasse vor mir, dann werden ich einen Gruppentest machen. Aus den Auswertungen erkenne ich genau, was falsch gemacht wird. Dazu genügt oft auch ein informeller, selbst erstellter Test.
Punkt 2: Auswahlkriterium
Selbstverständlich wird ein Test auch als Auswahlkriterium verwendet.
Punkt 3: Immer zu Gunsten des Schülers
Wenn es geht, wird zu Gunsten des Schülers entschieden. Im Test zu helfen, wäre aber Humbug, denn das Ergebnis wäre verfälscht. Um einen "echten" Legastheniker herauszufiltern bedarf es Rechtschreibtests. Durch einen Test kann sich schon die erste Veränderung anbahnen.
Fazit:
Rechtschreibtests dienen in erster Linie der Förderung des Schülers, sie können aber auch selektive Funktionen haben.
– geändert durch RenateMariaMenges am 08.12.2002, 14.14 –
eingetragen von Theodor Ickler am 04.12.2002 um 15.54
verehrte Frau Menges, für Ihre netten Worte. Noch lieber wäre mir ein Wort von Ihnen zu der Frage, was Sie an meiner eigenen Beschreibung der Orthographie auszusetzen haben, außer daß sie nicht amtlich verordnet ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.12.2002 um 15.19
(Lachenmann) "Eben NICHT! Nur merkt es keiner."
Das beschriebene Buch ist relativ gut geschrieben und kann sich in der Schule sehr, sehr gut sehen lassen. Es gibt sogar " kennen lernen" und "mehrere Tausend". Man kann es ohne Probleme wirklich im Unterricht einsetzen. Es zeigt sich die goldene Mitte, die sich auch durchsetzen wird.
Schmerzende Stellen, Frau Grunden? Diese werden Sie besser kennen als ich. Ich meine allerdings vor allem die Getrenntschreibung und die Groß- und Kleinschreibung. Da sich nicht alles in eine Regel fassen lässt, was im Duden steht, ist die Umsetzung schwierig.
Gestern Abend allerdings habe ich von einer gymnasialen Studienrätin für das Fach Deutsch auf die Frage nach der Rechtschreibung wieder gehört: " Es hat sich gar nicht so viel geändert!" Eigentlich müsste sie es ja wissen.
Es hat sich aber tatsächlich, wenn man Rechtschreibtests durchführt relativ wenig geändert. Nach wie vor ist Rechtschreiben für viele Schüler ein Problem. Andere können gut rechtschreiben und da ändert auch die neue und alte Rechtschreibung nichts daran.
Hessen mausert sich übrigens auch: Sie wollen ein führendes Bildungsland werden, so steht heute in der Süddeutschen Zeitung in einer seitengroßen Anzeige. Es ist Tatsache, dass bayerische Junglehrer nach Hessen abgewandert sind und dort problemlos eingestellt wurden. Trotzdem halte ich unserer bayerisches Schulsystem als gut, durchaus kann es aber noch verbessert werden. Das betrifft vor allem die Hochbegabtenförderung, die derzeit nicht zufrieden stellen kann. Da legt ja Hessen ein neues Internatsmodell vor.
Übrigens Herr Ickler,
Sie kamen am Dienstag Abend in den Bayerischen Künsten gut weg. Ihr Name wurde mehrmals genannt und ihre sachliche Auseinandersetzung mit der Materie gilt als zuverlässig und anerkannt. Vor allem kenne ich sie nicht polemisch oder gar kabarettistisch. Dazu kann man Ihnen nur gratulieren, denn ohne Fleiß gibt es ja bekanntlich keinen Preis.
Herr Grunden,
Ihre weiteren Fragen erspare ich mir lächelnd.
eingetragen von Theodor Ickler am 03.12.2002 um 16.38
Es ist nicht abzusehen, wie 2005 Ruhe einkehren sollte. Dann wird ja die Neuschreibung verbindlich, d. h. es wird zu Klagen kommen, weil erst dann die Schüler verpflichtet sind, objektiv (grammatisch) falsch zu schreiben, damit es "richtig" ist! Und die akademisch ausgebildeten Lehrer werden gezwungen sein, wider besseres Wissen das grammatisch Richtige als falsch anzustreichen und umgekehrt. Ich habe mir schon gleich zu Beginn meines Schildbürger-Büchleins diese Situation auszumalen erlaubt.
Und selbst wenn die Neuregelung bis dahin repariert sein sollte (mit allen Folgen, angesichts der Staatspleite!), wird man niemandem erklären können, warum es einer solchen Veränderung überhaupt bedurfte. Es werden weiterhin mehr Fehler gemacht werden als vor der Reform. Aber dann wird keiner der Reformer mehr im Amt sein, und es werden sich vielleicht junge Leute daran machen, die verkorkste deutsche Orthographie zu reformieren ...
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Michael Krutzke am 03.12.2002 um 16.37
Zitat:Bei der Schadensbilanz (siehe FDS) wird die Ruhe wohl noch eine Weile auf sich warten lassen.
... bis 2005. Dann wird doch endlich Ruhe einkehren, oder?
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von Walter Lachenmann am 03.12.2002 um 16.36
Allerdings war es für mich befremdlich im "Lachenmann- Laden", aber wiederum für die Schule richtig, dass die neue Rechtschreibung angewandt wird.
Eben NICHT! Nur merkt es keiner. Das einzige, was wir berücksichtigt haben, ist die ss-Schreibung. Das ist der saure Apfel, in den wir gebissen haben, damit wir das Trojanische Pferd in den Augias-Stall bekommen konnten. Ansonsten findet sich kaum eine den neuen Regeln entsprechende Schreibweise, was auch keiner merkt, weil die ja keiner kennt und das Buch sich wunderbar störungsfrei lesen läßt, das gilt für Kinder wie für Erwachsene. Siehe die frühere Eintragung zu diesem Thema.
Ähnlich könnten ja auch Lehrer versuchen, den Kindern die schlimmsten Entgleisungen im Unterricht zu ersparen, etwa die häßlichen Trennungen. Da habe ich viel Arbeit aufgewendet, diese einfach zu vermeiden (schöns-ten usw.) Aus unserem Buch jedenfalls, da sind wir sicher, lernt kein Kind eine falsche oder verdorbene Orthographie. (So genannt haben wir immer sog. geschrieben, das hat besonderen Spaß gemacht. Sollen die Lehrer doch zusehen, wie sie den Kindern diese nach den neuen Regeln zwar nicht zu beanstandende aber völlig absurde Abkürzung erklären!
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 03.12.2002 um 16.18
Die vorausgegangenen Fragen müssen noch ein wenig warten, aber ich werde sie sicher beantworten:
Gestern kamen mehrere Pakete in der Schule an, eines davon vom Oreos Verlag, Walter Lachenmann. Neugierig öffnete ich den Umschlag und fand obenauf eine Einladung nach München zu Reiner Kunze. Da dieser Einladung eine sehr nette Karte beigelegt war, arbeitete ich ein wenig schneller, sauste dann nach Hause, um mich umzuziehen und nach München abzubrausen. Schon von weitem sah man, dass Leute am Fensterbrett standen, so wie in einem überfüllten Seminarraum. Ich machte meine Begleiterin darauf aufmerksam. Anständig wie ich bin, habe ich mich als Reformbefürworterin in die letzte Reihe gesetzt. Hinter mir war Herr Riebe. Da ich mich im Jargon der Reformkritiker gut auskenne, wirklich alles schon vorher gelesen habe, konnte ich diese Veranstaltung auch kritisch beobachten. Dieses muss ich aber erst noch niederschreiben. Walter Lachenmann war wahrscheinlich mehr als zweimal im Keller, denn getroffen habe ich ihn nicht. Vielen Dank für den beigelegten Vorab- Band. Ich denke das Buch ist wirklich so gut, dass es gedruckt werden muss. Allerdings war es für mich befremdlich im "Lachenmann- Laden", aber wiederum für die Schule richtig, dass die neue Rechtschreibung angewandt wird. Soviel nur mal als kurzes Danke (auch: danke) schön! Die Retourkutsche wird folgen! Der vergangene sonntägliche Beitrag wird nicht ohne Folgen bleiben.
Herr Neumann sprach gestern Abend folgenschweren Satz, der auf mich ja schon lange zutrifft: Selbst aus dem besten Reformbefürworter wird ein kritischer Reformgegner, wenn er sich mit der Materie auseinandersetzt. Nach wie vor unterstütze ich alle Argumente die auf diesem Strang stehen, aber meine Einstellung zur Einführung hat sich gründlichst und nicht erst seit gestern geändert. Auch darüber werde ich zu berichten haben. Geklatscht habe ich nur einmal und das war am Ende! So werdet ihr mich noch eine Weile hier erleben, ich denke bis 2005. Dann wird doch endlich Ruhe einkehren, oder?
eingetragen von Theo Grunden am 02.12.2002 um 08.45
Liebe Frau Menges,
da muß ich doch gleich mal Ihre neueste Äußerung „Aber - Bayern steht real besser da“ aufgreifen. In manchen Punkten stimmt das tatsächlich (wenngleich man in informierten Fußballerkreisen eher Zustimmung für die These „Real steht besser als Bayern da“ findet). Ich habe mich gerade mal auf den Internetseiten Ihres Schulministeriums umgeschaut und dabei das aktuelle Informationsblatt zum Versetzungsverfahren für den Bereich der beruflichen Schulen gefunden. Dieses regelt u.a. amtlich:
Lehrkräfte, die sowohl eine Versetzung innerhalb des Bereiches der beruflichen Schulen als auch an eine allgemeinbildende Schule anstreben, können nach Annahme einer Übernahmezusage für eine berufliche Schule am Versetzungsverfahren an eine allgemeinbildende Schule nicht mehr teilhaben. Das bisherige Verfahren gilt für Lehrkräfte an beruflichen Schulen, die eine Versetzung an eine allgemeinbildende Schule anstreben und umgekehrt.
Also in der umstrittenen Frage der richtigen Schreibung dieses Begriffs steht Bayern schon mal besser da als viele der anderen Bundesländer. Diese haben nämlich im Gegensatz zu Bayern noch nicht ganz verstanden, daß „allgemein bildend“ und „allgemeinbildend“ verschiedene Bedeutungen haben, und unterwerfen sich weiterhin der Schreibvorschrift einer Kommission, die die Zusammenschreibung nach wie vor nicht zuläßt. Unser (NRW-)Schulministerium tut das übrigens nun auch nicht mehr, denn es gibt neuerdings bekannt: Das Ministerium ist zuständig für das allgemeinbildende und berufliche Schulwesen sowie die Lehrerbildung.
Folgen Sie, liebe Frau Menges, in diesem ganz konkreten Fall der von guter Allgemeinbildung und Schreibselbständigkeit zeugenden Schreibweise Ihres bayerischen Ministeriums? Oder der von unkritischer Unterwürfigkeit oder mangelnder Differenzierungsfähigkeit zeugenden Schreibweise der Anhänger der neuen Regelung?
Oder halten Sie es gar für möglich, daß es Kultusministerien gibt, deren Angehörige sich auch sechs Jahre nach der Einführung der neuen Regeln in den Schulen noch nicht in dem Umfang über die Änderungen informiert haben, der Minimalvoraussetzung dafür wäre, in diesem Komplex eine auch nur irgendwie (mit)bestimmende Rolle zu spielen?
Bin übrigens sehr gespannt auf Ihre Antwort auf die Frage von Frau Grunert! (Vorsicht! Sie schreibt sich auch mit r!)
eingetragen von Christian Melsa am 02.12.2002 um 03.41
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
Die Faustregel heißt: Wenn die Schüler jünger sind, muss man neue Rechtschreibtests anwenden, bei älteren Schülern muss man überlegen, was man benützt, denn es gilt ja die Übergangsfrist.
Seltsame Faustregel, allerdings sehr vielsagend. Eigentlich müßte doch vorrangig den älteren Schülern die reformierte Rechtschreibung beigebracht werden, wenn man annimmt, daß sie nach der Übergangsfrist überall erwartet wird. Bei den jüngeren Schülern hat man ja noch mehr Zeit, den Stoff durchzunehmen und noch mehr Möglichkeit, auf Gewohnheitsbildung einzuwirken. Frau Menges vertritt ja offenbar immer noch die Erwartungshaltung, die neue Rechtschreibung werde es schon irgendwie überstehen und am Ende erfolgreich anerkannter Standard sein. Wer aber diese Erwartung an den Tag legt und die erwähnte Faustregel befolgt, nimmt hin, daß die älteren Schüler im Regen stehen gelassen werden.
Mir scheint, der dahinterstehende Gedankengang ist der, daß die jüngeren Schüler noch viel leichter formbar sind. Die älteren haben dann eben Pech gehabt, bei denen ist es zu mühsam (viele sind vielleicht auch schon zu kritisch und selbständig, um sich von einen Zauber vereinnahmen zu lassen, dessen Faulheit allgemein bekannt ist).
Oder sagt man sich, die älteren sind benachteiligt, weil sie mit der alten Rechtschreibung Lesen und Schreiben gelernt haben und deswegen Schwierigkeiten mit der Umgewöhnung? Will man ihnen deswegen keine Tests mit Reforminhalt zumuten? Aber wozu sind denn Tests überhaupt da? Sollte die Schule nicht auf die "Außenwelt" vorbereiten? Manchmal könnte man meinen, viele Schulschaffende begriffen Schule nur als spielerischen Zeitvertreib mit erzieherischem Nebeneffekt für Kinder und Jugendliche, mit dem Zweck, deren Eltern zu entlasten - die Vermittlung von relevanten, nützlichen Wissensinhalten und Fähigkeiten scheint beinahe zum Alibi verkommen zu sein und nicht mehr wirklich im Mittelpunkt zu stehen. (Wobei diese Schulschaffenden das Bild nicht zwangsläufig selbst entworfen haben haben müssen, sondern oftmals wohl aus einer gesellschaftlichen Not eine mehr oder weniger heimliche Tugend zu schnitzen versuchten.)
Oder ein anderer Gedankengang? Frau Menges, erklären Sie das bitte.
Dagegen steht im Rechtschreibtest der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen: " In der nun vorliegenden 3. überarbeiteten und neu normierten Auflage wurde bewußt auf Lückenwörter verzichtet, die von der Rechtschreibreform betroffen sind." von M Kersting und K. Althoff, in Vorbereitung.
Ein Grund hierfür ist wohl, daß die Autoren des Rechtschreibtests die Reform bzw. ihre Überlebenschancen selber als sehr zweifelhaft einschätzen. Und der beruht wahrscheinlich auf dem zweiten Grund, daß die Autoren sehr genau wissen, daß im Personalwesen keinesfalls überall die neue Rechtschreibung favorisiert wird. Also macht man lieber einen Test, bei dem die Reform keine Rolle spielt. Die Firmen testen zur Einstellung lieber das, was offenbar auf jeden Fall Bestand haben wird. Das könnte doch mal zu denken geben: Die Änderungen stören nur. Mit ihnen ist absolut kein Gewinn welcher Art auch immer verbunden.
Letzten Sommer hat mich das Arbeitsamt übrigens zu einer Feststellungsmaßnahme geschickt, bei der auch ein Rechtschreibtest vorkam. Das einzige, was in dem Text nach der Reform einen Unterschied gemacht hätte, war ein Komma, das man gemäß Reformregelwerk auch hätte weglassen können.
eingetragen von Elke Philburn am 01.12.2002 um 21.54
Zitat:
" Die Übergangsfrist bis zur tatsächlichen Umsetzung und Einführung der "Rechtschreibreform" endet im Sommer 2005. Trotz dieser langen Übergangszeit erwarten viele Unternehmer bereits heute beim Berufseinstieg Kenntnisse der neuen Rechtschreibung.", von S. Bulheller und H.O.Häcker, 2001.
Schön ausgedrückt, gell? Früher hat man einfach erwartet, daß ein Arbeitgeber eine gute Rechtschreibung hatte, jetzt geht's um Kenntnisse - auch wenn keiner genau festzulegen vermag, was man darunter versteht.
Solch neuschreibgeile Arbeitgeber würden vermutlich eher ein paar richtig knackige Reformfehler hinnehmen als ein daß - wetten?
eingetragen von Detlef Lindenthal am 01.12.2002 um 21.06
Frau Dr. Menges schrieb:
>> [Pastor-Zitat:] "Die Alten werden aussterben und dann gibt es nur noch die neue Rechtschreibung."
Immer unter der (wie ich meine, unsachlichen) Voraussetzung, daß der jungen Generation nicht ein Licht aufgeht über den Putsch der Deutschlehrer, Pastoren, Verfassungsrichter, Chefredakteure, Ministerminderheit. Diese Grüppchen sind nicht die einzigen Machtinhaber in unserem Gemeinwesen.
eingetragen von Matthias Draeger am 01.12.2002 um 19.03
Und die FAZ, stirbt die auch aus? Das Argument mit dem Aussterben ist uebrigens nicht neu, Augst hat es bereits gebracht auf der Pressekonferenz der Zwischenstaatlichen Kommission fuer deutsche Rechtschreibung im IDS am 12. September 1997.
Augst sagte damals: "Das Problem mit den Altschreibern wird sich von selbst loesen, da diese ja mit der Zeit weniger werden"(sprich: aussterben).
Willkommen in der "schoenen neuen Welt" eines Herrn Augst und Heller. Diese Denkstrukturen hat ein Huxley laengst zutreffend skizziert, die Perfiditaet ist also noch nicht einmal neu.
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Monika Grunert am 01.12.2002 um 19.02
Sie schrieben: "Die Rechtschreibung wird so bleiben, wie sie ist, mit ein paar neuen Umschlägen für die schmerzenden Stellen."
Welche sind, mit Verlaub, die Ihrer Meinung nach schmerzenden Stellen, und wie sollen die Umschläge dafür aussehen?
__________________
m.g.
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.12.2002 um 16.56
Ich entführe Sie wieder in die raue Wirklichkeit (der Alltag hat uns ja wieder):
Die neueren Rechtschreibtests haben unterschiedliche Vermerke:
Im Vorwort zum Rechtschreibtest (RTS) steht:
" Die Übergangsfrist bis zur tatsächlichen Umsetzung und Einführung der "Rechtschreibreform" endet im Sommer 2005. Trotz dieser langen Übergangszeit erwarten viele Unternehmer bereits heute beim Berufseinstieg Kenntnisse der neuen Rechtschreibung.", von S. Bulheller und H.O.Häcker, 2001.
Dagegen steht im Rechtschreibtest der Deutschen Gesellschaft für Personalwesen: " In der nun vorliegenden 3. überarbeiteten und neu normierten Auflage wurde bewußt auf Lückenwörter verzichtet, die von der Rechtschreibreform betroffen sind." von M Kersting und K. Althoff, in Vorbereitung.
Der erste Test misst Grundschüler, der zweite Test ältere Kandidaten und ältere Schüler, die bereits die nach der Rechtschreibreform gelernten Wörter kennen, aber nicht können müssen.
Die Faustregel heißt: Wenn die Schüler jünger sind, muss man neue Rechtschreibtests anwenden, bei älteren Schülern muss man überlegen, was man benützt, denn es gilt ja die Übergangsfrist.
Wie sagte der Pfarrer jüngst auf die Frage, wie er mit der Rechtschreibung umginge: "Ich frage die Kinder und die sagen mir, wie man etwas schreibt" und dann sehr weise:
"Die Alten werden aussterben und dann gibt es nur noch die neue Rechtschreibung."
Fazit: Die Rechtschreibung wird so bleiben wie sie jetzt ist, mit ein paar neuen Umschlägen um die schmerzenden Stellen.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 01.12.2002 um 16.49
>>Wenn man es als Erwachsener wiederliest, erkennt man den Schematismus.<<
Nicht nur als Erwachsener. Auch meine Geschwister und ich waren einmal jung, und die jeweils ersten Blyton-Bücher fanden wir spannend (außer daß die Ausstattung der jeweiligen Verbrecher-Labors nicht dem entsprachen, was wir als Ingenieurskinder in den frühen 60er Jahren an Labors und Werkstätten kannten).
Als dann beim dritten 5-Freunde-Buch (oder ware es die Abenteuer-Serie?) nichts Neues an Handlung kam, habe ich das Erscheinen des vierten nur noch zum Ablabern benutzt.
Als später dann mein zweiter Sohn Stück-für-Stück-für-Stück TKKG gelesen hat, habe ich es mir nicht angetan, eines dieser Opera ganz zu lesen. Die Serienfertigung, die für Socken und für Fachwerkstädtchen zweckdienlich ist, finde ich bei Geschichten enttäuschend: Das ist ja nicht mehr spannend, wenn ich vorher aus Erfahrung schon weiß, wie die Geschichte weitergeht.
Die Schreiber sollen sich doch mal ein Beispiel an Jack London nehmen: jede Geschichte ein neuer, sehr guter Entwurf. Ich habe meinen Kindern Wolfsblut vorgelesen; erst beim Vorlesen kommen die ganzen Seelen-Feinheiten zutage. Und den Seewolf und Die Abenteuer des Schienenstranges. Oder In 300 Jahren vielleicht und Das Lagerkind. Und Schöne neue Welt, das pneumatische Seelenleben von Lllleniinnna!
Und Die Höhlen der großen Jäger und die drei Bände der Höhlenkinder. Und vorher Die Indianergeschichte und Rotschöpfel und die deutschen, englischen und russischen Märchen. Größerenteils habe ich diese Erfahrung gemacht: Was Erwachsene nicht überzeugt, überzeugt Kinder auch nicht; und je besser der angebotene Lesestoff paßt, umso fleißiger sind die jungen Leute im Lesen. Und bleiben dabei. Lesen bildet. PISA wird weiträumig umfahren.
eingetragen von Theodor Ickler am 01.12.2002 um 16.06
Ich wollte die Textüberlieferung nicht in Zweifel ziehen, sondern nur darauf hinweisen, daß die spätere Ersetzung von supra durch ultra verständlich ist.
Was die Jugendbücher betrifft, so ist einiges von Blyton ganz in Ordnung, aber die Massenproduktion fordert natürlich ihren Preis. Wenn man es als Erwachsener wiederliest, erkennt man den Schematismus. Ich habe kürzlich meinen Kindern etwas vorgelesen, was ich selbst vor 50 Jahren gelesen hatte, (die beiden Minnewitt-Bücher von Peter Mattheus) und fand, daß sie die Jahre gut überstanden haben. Nun sehe ich mit Freuden, daß unter http://www.detlef-heinsohn.de/schneider-jungenserien.htm
vieles von meinen Kinderbüchern noch oder wieder zu haben ist. Bin erstaunt, daß der "Elefanten-Boy" nur 64 Seiten hatte!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 01.12.2002 um 10.23
Zum Thema Verflachung der Jugendliteratur: Ja ja, das ist schon irgendwie deprimierend. In der Fangemeinde der drei ??? wurde schon x-mal die Frage durchgekaut, ob uns die alten Folgen nur aus Nostalgie besser gefallen oder die neueren tatsächlich schlechter geworden sind. Oder ob man einer langen Buchreihe nicht auch gewisse Phasen erlauben darf, in der eben unterschiedliche Schwerpunkte durchlaufen werden. Rolf Ulrici jedenfalls habe ich als Kind auch mit großer Begeisterung gelesen, allerdings seine Science-Fiction-Sachen, Raumschiff Monitor und so. Toll war daran, daß sehr durchgedrehte technische Visionen darin vorkamen; dabei auftretende (teilweise erfundene) Fachbegriffe wurden in einem Glossar am Ende des Buches näher erklärt.
Zum Thema Schule: Am Wochenende lief im dritten Programm des NDR eine Solovorstellung des Kabarettisten Horst Schroth, in der er in die Rolle des Deutsch- und Geschichtslehrers Olaf Laux schlüpft. War wirklich sehr gut. Eins der schönsten Worte ging etwa so: "Ja, wenn wir Lehrer nicht mehr gebraucht werden, was dann? Was soll dann aus mir werden? Ich hab doch nichts gelernt, ich hab doch mein ganzes Leben in der Schule zugebracht!"
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 01.12.2002 um 09.40
Herrn Grunden sei gedankt für seine Auskunft zu noch in Rechtschreibung vertriebenen Blyton-Büchern - und das von der Rheinischen Post! Ich werde mich darum kümmern. Auch Herr Ickler hat sich zu meiner Anfrage geäußert und mit Recht darauf hingewiesen, daß Kinderbücher gegenwärtig eigentlich nur noch in Reformschreibung auf den Markt geworfen werden.
Jedoch ließe sich über die gleich mitgelieferte Wertung, die meisten Bücher Enid Blytons taugten nicht viel, munter streiten. Handelt es sich also um "Literatur", definiert nach dem galligen Aperçu Schopenhauers? Immerhin hat mich Blytons Abenteuer-Serie als Neunjährigen dauerhaft ans Lesen gefesselt. Rasch folgten die Geheimnis- und Fünf-Freunde-Bücher. Dieser Frühprägung zum Trotz habe ich in späteren Jahren meine Nase gelegentlich auch einmal in andere Texte gesteckt. Nein, mit solchen Wertungen stürzen wir ab in die jämmerlichen präkambrischen Niederungen des glücklich verblichenen Literarischen Quartetts. Mit Begeisterung habe ich als Kind Rolf Ulricis Geschichten von ‚Käpt'n Konny‘ verschlungen. Vor einigen Jahren las ich dann in einem frischen Nachschlagewerk über Kinderbücher, zwar habe der Autor dafür seinerzeit einen Jugendbuchpreis erhalten, aber letztlich sei das ... und außerdem sehe man heute doch ... Na, Mäkeln und Besserwissen ist nun einmal das Privileg der Nachgeborenen. Also Schwamm drüber! Bei der Zeitung nennt man dieses Geschäft Feuilleton, auf der Universität heißt es Wissenschaft.
Postscriptum: Nach Jahrzehnten der Blyton-Abstinenz wurde mir vor einigen Jahren zum ersten Mal deutlich, daß unter dem Namen dieser Schriftstellerin Bücher erschienen sein müssen, die, auch wenn es sich um Übersetzungen handelte, nicht aus ihrer Feder stammen. Damals nahm ich neugierig einen Band zur Hand, den ich aus meiner Kindheit nicht kannte: ‚Geheimnis um ein blaues Boot‘. Die späte Lektüre verwirrte mich nicht wenig, ließ das Buch doch das gewohnte eigentümliche Kolorit gänzlich vermissen, und die so innig vertrauten Figuren der sechs Spürnasen und ihres Feindes Theophil Grimm blieben (bei aller Schematik!) seltsam fade, fremd und silhouettenhaft. Aber das steht auf einem anderen Blatt.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 01.12.2002 um 09.21
Da wir inzwischen bei textkritischen Fragen und gar dem Grimmschen Wörterbuch angelangt sind, fühle ich mich zu einer knappen Stellungnahme herausgefordert. August Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redenarten der Römer (Leipzig 1890), S. 97-98, zitiert die Apelles-Anekdote bei Plinius ausführlich. Das Bonmot erscheint als: ne supra crepidam sutor (iudicaret). Vergleichbare Stellen bei Valerius Maximus, einem Zeitgenossen des Plinius, und dem spätantiken Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus sprechen ebenfalls von supra (plantam). Auf das beigefügte griechische Sprichwort, welches jedenfalls die lateinische Lesart supra stützt, will ich hier nicht eingehen. Die maßgebliche Plinius-Ausgabe von Jan / Mayhoff verzeichnet im textkritischen Apparat keine Variante ultra. Möglicherweise begegnet ultra crepidam erst in der frühen Neuzeit; vgl. Hans Walther, Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit in alphabetischer Anordnung, hg. v. P.G. Schmidt, Bd. 8 (Göttingen 1983), Nr. 38586 (mit Lit.). Doch zurück zu August Otto: Als deutsche Entsprechung unserer Redensart führt er an: "Schuster, bleib bei deinen [!] Leisten". Dabei beruft er sich auf Ida u. Otto von Düringsfeld, Sprichwörter der germanischen und romanischen Sprachen, Bd. II (1875), Nr. 338. Diesen Hinweis habe ich nicht überprüft. In der bei Heimeran erschienenen zweisprachigen Ausgabe von Plinius' 'Naturalis historia' übersetzt Roderich König (München 1978, S. 67): "soll Apelles ... gesagt haben, der Schuster solle bei seinem Leisten bleiben" (vgl. hierzu die Anmerkung ebd. S. 212). Singularisch bleibt der ominöse Leisten auch bei Franz Freiherr von Lipperheide, Spruchwörterbuch (Berlin 1907), S. 521. Tja, und schließlich habe ich aus meiner frühen Kindheit noch einen Schlager im Ohr, in dem die Sängerin mahnte: "Schuster, bleib bei deine(...) Leisten, schöne Frauen kosten Geld." Wenn ich nur wüßte, ob sie damals den Singular oder Plural gewählt hat! Ich habe das Lied nie wieder gehört. Erst viel später entdeckte ich, daß es sich um die deutsche Fassung von "The Little Shoemaker" des amerikanischen Gesangsquartetts The Gaylords gehandelt hatte, wovon es übrigens auch eine britische Version der blutjungen Petula Clark gab. Wie wahr, das alles führte bedenklichst vom Rechtschreibforum weg, könnte ich nicht bei dieser Gelegenheit Herrn Ickler glaubhaft versichern, daß der englische Texter sich einen Bezug zu "to stick to one's last" leider versagt hat.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 22.41
Lieber Herr Lachenmann,
mit der Zivilcourage ist das so:
Über meiner Haustür hängt das etwas rostige gußeiserne Wappen mit dem Grütztopf (siehe Pidder Lüng, 243 Gugel) und dem Landesspruch: Lewwer duad üs Slaav! (28 G.) Schiller ist da etwas deutlicher: Und setzet ihr nicht das Leben ein, nie wird euch das Leben gewonnen sein ! (50 G.)
So verkehrt ist das nicht. Ein Bekannter hat mal meinen Vater angerufen: Ihr Sohn hat mir das Leben gerettet. Dabei habe ich nur reflexmäßg mit der Verteidigung begonnen; dadurch statt zweitem Toten zweiter Geburtstag, da lebt es sich doppelt gut! Als Bub war ich immer etwas ängstlich, das bin ich inzwischen nicht mehr. Übrigens bin ich kein Preuße, sondern (Wahl-)Nordfriese.
In den heißen Auseinandersetzungen 1968 ff. sagten wir: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. All die Mitläufer von damals ( ... und träumt im Bett vom Attentaat, die hab ich saatt ..., 3 Gugel) haben inzwischen (nicht damals) kaputtgemacht, von dem sie sich damals so kaputtgemacht fühlten, nämlich unseren Staat. (Macht kaputt, was euch kaputt[ ]macht, 1872 Gugel)
Ohne Rechtschreibung, ohne Werkzeug, ohne Denken ist kein Staat zu machen. Und noch zu PISA:
In meinem Garten habe ich eine Hoppsmatte (Bodentrampolin), und wenn die Nachbarkinder an der Haustür fragen, ob sie hoppsen dürfen, gibt (gab) es jedesmal ein Pädagogisiergespräch: 5 Minuten Kopfrechnen! Dadurch weiß ich genau, welche Kinder richtig helle sind, eine gute Handvoll; von der zweiten auf die dritte Klasse konnte ich ihre Fortschritte gut weiterverfolgen – aufregend! Beide Seiten hatten ihren Spaß.
Dann mußte ich die Hoppsmatte abbauen und verlor die Kinder für viele Monate aus den Augen.
Als ich sie dann mal wieder am Wickel hatte, habe ich geschaut, wie denn in der Zwischenzeit der Fortschritt war. Kein Fortschritt, sondern Rückschritt; so als ob sie in der Zwischenzeit nicht zur Schule gegangen wären oder nur Mecker bekommen hätten; und dies ist mein Eindruck von unserer Grundschule.
Dazu und auch aus eigener Erinnerung sage ich: 8 und 9 Jahre ist ein derart großartiges Alter, wo überaus viel geschaltet und entschieden wird: ob Kinder mit dem fleißigen Lesen beginnen, ob sie Spaß am Rechnen und Selberdenken haben; meinen Dank posthum an Kurt Petersen, meinen Lehrer in der 3. und 4. Klasse.
Wenn Lehrer keine Lust haben, ist alles zu spät. Bei meinen Gartenkindern weiß ich, daß es nicht an den Kindern lag, sondern an unseren Spät68er-PISA-Lehrern.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 22.01
>> „Wette verloren!
Wie war der Einsatz?“ <<
Liebe Frau Dr. Menges,
vielleicht könnte Herr Kukulies den vermutlich fälligen, von mir aber nicht benötigten Leisten (siehe Abb. von Frau Philburn) an Sie senden? Nein, das war nur ein Scherz.
Als Einsatz schlage ich vor: Hundert Mark, also 51,13 Euro, für Deutsches-Woerterbuch.de (an Herren Dräger & Schumacher). Aber die Wette ist noch lange nicht entschieden!
Ob Sie sich diese „Regeln“ nämlich tatsächlich durchgelesen haben, wissen wir nicht – es genügt sicherlich, wenn Sie sie sich jetzt durchlesen –, aber ich bin gespannt auf Ihre Antwort; mal sehen, ob die Foristen meinen, daß Sie sich die Regeln vorher durchgelesen hatten. Hier nun meine Frage:
Nach welchen „amtlichen“ Regeln kann im Deutschunterricht die Kommasetzung unterrichtet werden?
Für den Fall, daß Sie jetzt hierfür §§ 71–79 heraussuchen, weise ich darauf hin, daß fünf dieser neun „Paragraphen“ nur Kann-Bestimmungen sind (§§ 73, 75, 76, 78); von den verbleibenden vieren sind drei untereinander widersprüchlich (71 und 72 sowie 72 und 74) und einer ganz offensichtlich falsch (79).
Zusatzfrage: Die nicht eben rückgratstarken deutschen Medien und Agenturen haben immerhin beschlossen, daß die Kommasetzung in deren Printmedien so bleiben soll, wie sie bisher war (z.B. nach den 14 Zeilen Kommaregeln des DDR-Dudens). Wo sollen künftige Redakteure die Kommasetzung lernen? Denn in der Schule geht das nicht, weil die verunglückten §§ 71–79 nun wirklich nicht die lesefreundliche bisherige Kommasetzung hergeben.
Zweite Zusatzfrage: Enthält der Duden _21 wirklich 13 Seiten Kommasetzung in 5-Punkt-Minischrift?
Anmerkung: Ickler kommt mit ungefähr einem Zehntel der Textmenge aus.
Der DDR-Duden, Leipzig 1975, S. 671, benötigt in seiner gar nicht schlechten Kurzfassung 14 Zeilen für die Kommasetzung.
Hier noch die genannten „Paragraphen“:
§ 71: Gleichrangige (nebengeordnete) Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter grenzt man mit Komma voneinander ab. § 72: Sind die gleichrangigen Teilsätze, Wortgruppen oder Wörter durch und, oder, beziehungsweise/bzw., sowie (= und), wie (= und), entweder ... oder, nicht ... noch, sowohl ... als (auch), sowohl ... wie (auch) oder durch weder ... noch verbunden, so setzt man kein Komma. § 73: Bei gleichrangigen Teilsätzen, die durch und, oder usw. verbunden sind, kann man ein Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen. § 74: Nebensätze grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein. § 75: Bei formelhaften Nebensätzen kann man das Komma weglassen. § 76: Bei Infinitiv-, Partizip- oder Adjektivgruppen oder bei entsprechenden Wortgruppen kann man ein (gegebenenfalls paariges) Komma setzen, um die Gliederung des Ganzsatzes deutlich zu machen bzw. um Missverständnisse auszuschließen. § 77: Zusätze oder Nachträge grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein. § 78: Oft liegt es im Ermessen des Schreibenden, ob er etwas mit Komma als Zusatz oder Nachtrag kennzeichnen will oder nicht. § 79: Anreden, Ausrufe oder Ausdrücke einer Stellungnahme, die besonders hervorgehoben werden sollen, grenzt man mit Komma ab; sind sie eingeschoben, so schließt man sie mit paarigem Komma ein.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.11.2002 um 19.40
(Lachenmann)"Sie sieht es nur im eingeengten Gesichtskreis des heutigen, an wirklicher Bildung desinteressierten Schulbetriebs."
Schlechte Laune hilft auch nicht wirklich weiter. Aber - Bayern steht real besser da. Haben Sie die Tests nicht gelesen? Herr Lachenmann, ich lade Sie zur Bücherwoche in die Schule ein, dann müssen Sie nicht von außen an der Bildung herumkritisieren, sondern werden das Wunder schon erleben. Wir haben hochmotivierte Lehrer und hochmotivierte Schüler. Schauen Sie in das "Europäische Gymnasium" in Augsburg und Sie werden erleben, was Schule und auch Lernen wirklich bedeutet: 4 Fremdsprachen zu lernen ist für jeden Schüler mit Bildung verbunden!
Vor mir liegt der Band: Die schönsten Gedichte der Schweiz.
Herausgegeben von Peter Matt und Dirk Vaihinger. Da steht auch das Gedicht von Walter Vogt. Er war immerhin Arzt und Psychiater, also nicht ungebildet.
eingetragen von Walter Lachenmann am 30.11.2002 um 18.58
Detlef Lindenthal: Dies ist mein Hauptsorgenpunkt, daß unsere Lehrerschaft Kadavergehorsam vorlebt statt Zivilcourage. Wenn ich diese von mir selbst verlange (und das tue ich), verlange ich sie umso mehr von den Lehrern unserer Kinder, lieber Herr Lachenmann.
Mein lieber Herr Lindenthal,
um nicht wieder mich mit einem (vermutlich aus Mannesstolz unbedankten) Sühnepäckchen entschuldigen zu müssen, beteuere ich hiermit mit allem Ernst, dessen ich fähig bin, daß ich vor solcher Haltung einen Heidenrespekt habe, auch wenn sich irgendwelche Nachahmungstriebe in mir nicht regen. Es hat vielleicht, darauf könnten wir uns doch verständigen, mit dem Nord-Süd-Gefälle zu tun. Süddeutschland liegt näher am Mittelmeer als an der Ostsee, und die Haltung des Georges Brassens aus Sète, der für seine Ideen eines natürlichen Todes zu sterben vorzieht (mourir pour des idées, d'accord, mais de mort lente), leuchtet unsereins eher ein als norddeutsch-preußische Prinzipientreue bis zur Selbstzerfleischung.
Mir hat einmal ein Schweizer Industrieller großen Respekt eingeflößt. Er hatte ein numismatisches Buch geschrieben und ein Manuskript geliefert, das so tipptopp getippt war, daß man es sofort fotomechanisch direkt danach drucken konnte. Als ich ihn zu seiner großartigen Sekretärin beglückwünschte, sagte er leicht pikiert, das hätte er selbst getippt. Und auf meine Bewunderung, daß er als Firmenchef das überhaupt könne, meinte er, was er von einem seiner Mitarbeiter verlange, müsse er erst recht können und zwar besser. Das waren noch Unternehmer! Gefällt Ihnen diese Geschichte? Mir sehr. Also sind wir uns schon einig, oder?
Mit der Zivilcourage der Lehrer ist es vermutlich so, daß manche diese vielleicht sogar hätten, wenn sie nur erst einmal begreifen würden, daß sie in einer Situation sind, wo diese gefordert sein könnte. Tatsache ist aber doch, daß wir in einem erbarmungswürdigen Bildungsnotstand sind. PISA zeigt doch weniger die Leistungsschwächen der Schüler als den völlig desolaten Bildungsstand der Lehrer in ihrer Mehrheit. So sehen sie in der Rechtschreibung nur ein Fach, das, ungeachtet seines Inhalts, nach Plan unterrichtet werden muß, damit die Kinder durch die Schuljahre kommen, basta. Bildung in einem nicht an Klassenzielen ausgerichteten, universellen und humanistischen Sinne kennen bzw. haben immer weniger Lehrer, und infolgedessen erst recht immer weniger Kinder, und mag Leistungsdruck dafür die Ursache sein, eine Entschuldigung kann dies nur sein für die Ungebildeten unter den Lehrern. Aber machen Sie das mal einem klar!
Auch Frau Menges, bei allen ihren unübersehbaren Vorzügen und gewiß durchaus nicht ungebildet, ist einfach nicht imstande, das hier erörterte Problem in seiner ganzen Dimension zu begreifen. Sie sieht es nur im eingeengten Gesichtskreis des heutigen, an wirklicher Bildung desinteressierten Schulbetriebs. Da liegt der Hund begraben. Wenn jemand: dada, blabla, gaga für Lyrik hält*), ist doch Hopfen und Malz verloren. Sind wir uns auch da einig? Na - dann bin ich erleichtert.
*) oder - wie ich jetzt erst sehe - in Robert Gernhardt, der allenfalls als Kabarettist eine einigermaßen passable Figur macht, einen Dichter zu erkennen meint (dessen abgrundtiefe Humorlosigkeit ist daran zu erkennen, daß er diesem Irrtum selbst aufsitzt) ...
– geändert durch Walter Lachenmann am 01.12.2002, 23.00 –
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.11.2002 um 18.41
(Detlef Lindenthal) "Liebe Frau Dr. Menges,
haben Sie sich die genannte angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ durchgelesen? Können Sie Fragen dazu beantworten?
Keine Antwort. (Hohe Wette.)"
Wette verloren!
Wie war der Einsatz?
Antwort: Ich habe gerade die Regel K 34 durchgelesen. Ich denke hier ist der Paragraph 34 ( Dräger) gemeint.
Ich kann auch Fragen beantworten, selbstverständlich.
Aber ein ganz großes Lob, Herr Lindenthal mit Ihrer Recherche 'm oder n' beim 'Leistenproblem'. Sie sollten einen Ehrentitel bekommen!
Ich lese Ihre Beiträge, nachdem Sie an Form gewonnen haben mit großem Interesse. Es liegt nicht an Ihnen, wenn ich mal keine Antwort gebe, es liegt alleine an meiner Zeit.
Sie haben mir auch durch Ihre Google- Recherche zugespielt, dass auch "n" bei Leisten zig- mal richtig ist. Diese Recherche hat mich schon sehr erfreut, heute folgt das große Lob. Lob ist aber nicht immer erwünscht, weil man da "rot" wird, aber Sie werden es schon aushalten.
P.S.:
Im Duden steht in der Regel K 34:
Robert Gernhardt: Lichte Gedichte
Schnell noch aus dem Schrank in den Beitrag:
Robert Gernhardt: Wörtersee
Seht ihn an, den Dichter.
Trinkt er, wird er schlichter.
Ach, schon fällt ihm gar kein Reim
auf das Reimwort "Reim" mehr eim.
Lieber Herr Grunden,
leider habe ich Sie immer Theo Gunden genannt. Es klang so gut- na ja - ich werde mir wohl Ihren Namen merken müssen.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 16.19
Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, ab 1838/1852:
LEISTEN, m. nebenform zum masc. leist, sp. 720, vorzüglich heute in dessen
bedeutung 4 verwendet.
1) die fuszform des schusters: calopodium leiste, lÍste DIEF. 91b; so ein schuster
sein lebtag nichts anders thet, denn das er seine werkstatt voll schuchleisten
machete, und doch nimer dran dächte, wo er leder neme einen schuch zu
machen. LUTHER 5, 421b; der leisten zu einem stiefel hat einen breiten kamm.
JACOBSSON 2, 599a. in bildern, sprichwörtern und redensarten: die reden
ubereinander werfen, wie der schumacher die läisten. PHILANDER 2 (1643) 181;
es sind auch nicht alle frauenzimmer über einen leisten geschlagen. Avantür. 2, 58;
alles dem leisten scholastischer unfruchtbarer abstractionen anpassen. KANT 4,
326; man treibt ihren körper, wie einen leisten, in ein altpreuszisches kleid.
STURZ 1, 216; weil seine ganze komposizionskunst in einer anzahl melodischer
formen oder leisten bestand, die er allen arten von texten anzupassen wuszte, so
dasz nichts leichter war, als seine melodien zu singen und auswendig zu lernen.
WIELAND 19, 273; redest du .. von dem naturell und genie, oder von der
grammatik und dem leisten der sprache? HERDER z. litt. 1, 50;
niemand will ein schuster sein,
jederman ein dichter,
alle kommen sie gerennt,
möchtens gerne treiben;
doch wer keinen leisten kennt,
wird ein pfuscher bleiben.
GÖTHE 3, 149;
schuster bleib bei deinem leisten. SIMROCK sprichw. s. 336.
2) leisten, im hüttenwerke die form vor dem hohen ofen, worin beim abstechen
die gans oder ganz formirt wird. JACOBSSON 6, 450a.
- - - - - - - -
Lieber Herr Kukulies,
da ich als Netzschuster bei meinem Netzleisten bleiben muß und mir Arbeit mit Leisten, Pattex und Stiften nicht leisten kann, mögen Sie vielleicht die gesparte teure Päckchen-Gebühr Herren Dräger und Schumacher für http://Deutsches-Woerterbuch.de stiften?
Gruß,
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 30.11.2002 um 15.38
Lieber Herr Kukulies, was mich betrifft, so kannte ich von Hause aus nur bei seinem Leisten bleiben und wäre nie auf die Idee gekommen, daß es etwas anderes gibt. Inzwischen ist mir die offenbar auf einem Mißverständnis beruhende neue Pluralbildung auch schon des öfteren untergekommen, und die mutmaßliche Erklärung habe ich unten gegeben. Es gibt ja auch über einen Leisten schlagen, eine drastische Prokrustes-Metapher, die bisher, wie ich gerade bei Google sehe, zwar nur selten, aber imerhin doch auch schon mißverstanden wird (über eine Leiste schlagen).
Daß der Leisten in dieser Redensart historisch älter ist, scheint mir absolut sicher, auch wenn ich im Augenblick die Hilfmittel nicht zur Hand habe, es zu beweisen. Grimm verweist auf Simrock. Es kann noch nicht lange her sein, daß sozusagen jedes Kind wußte, was ein Leisten ist und was man damit macht.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 15.36
Herr Kukulies schrieb:
>> Wer mir nachweist, daß die Urform "... bleib bei deinem Leisten" lautete, bekommt einen Preis (einen original Schusterleisten – siehe Abbildung v. Fr. Philburn). <<
Ja, topp, die Wette gilt;
unter der Regel freilich, daß Druckwerke vor 1996 zu befragen sind.
Hier mein Beitrag:
6bändiger Duden, 1978, S. 1662: Leistenbleibe mit m
Büchmann, Geflügelte Worte, Berlin 1964, S. 591: mit m (im Stichwortverzeichnis allerdings mit n)
Solcher Schusterverbleib wird nicht erwähnt in den Deutschen Wörterbüchern:
Duden, kleinere Ausgaben;
Wahrig, 1980;
Mackensen, 1983 und ca. 1960;
Agricola,, Wörter und Wendungen, Leipzig 1985;
(außer der Konkurrenz:) Augst, Wortfamilienwörterbuch, 1998.
Wer hat denn die einschlägigen Sprichwörtersammlungen?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Theo Grunden am 30.11.2002 um 15.26
für Frau Menges
(Theo Gunden)
(Enate Maia Menges)
Ich glaube schon, das Wörter logisch sind.
Glauben Sie denn, daß das „das“, das Ihren Nebensatz einleitet, auch „logisch“ ist?
Logisch würde ich mit sinnvoll übersetzen.
Das ist aber im Sinne der allgemeinen Verständigung nicht sinnvoll, denn „logisch“ und „sinnvoll“ sind zwei Begriffe, die einfach nicht dasselbe bedeuten.
Jetzt werden wieder Forendiskutanten fragen, ob es sinnlose Wörter gäbe.
Werden sie wohl nicht, weil sie das schon alle wissen.
Ich habe für alle diese Kinder, die das Lesen nicht so einfach lernen können ein Chinesenbuch. Das heißt, diese Schüler lesen 96 Seiten lang sinnlose Silben, zum Beispiel: Lol, lala, mima, alol, allomina und so weiter.
Die ideale Verbindung von Sinologie und Unsinnologie!
Darf man die Sprichwörter auf die heutige Zeit verändern oder anwenden?
Warum nicht – wenn man schon Definitionen ändern darf (s.o.)?
Ähnlich sehe ich den Glauben. Wenn sich die Kirche nicht an die heutige Zeit anpasst, wird es keinerlei Ausweitung oder Erhaltung der kath. Kirche geben.
Mal ganz im Ernst: Darüber könnte ich mit Ihnen lange diskutieren (nicht hier). Sicher ist jedenfalls dieses: Hätte die Kirche eine „Anpassung“ von ähnlicher Qualität im Sinne, wie sie die Rechtschreibung gerade erlebt, dann würde sie nicht viel älter als 2000 Jahre.
Entschuldigen Sie bitte meinen Vergleich, aber ich sehe Verbindungen zwischen Glaubensanwendungen und Rechtschreibanwendungen.
Sie meinen, man sollte weniger irgendwelchen Kommissionen trauen, als dem, was sich in der Glaubensgemeinschaft (Schreibgemeinschaft) im Laufe der Zeit entwickelt und bewährt hat?
Ich finde, dass man in der heutigen Zeit die Rechtschreibung anpassen muss.
Und an wen oder was? An die Mitglieder eines exklusiven Kreises, dessen Mitglieder ihre Vorlieben gerne verwirklicht sähen?
Diese Reform ist mir nach wie vor zu wenig angepasst.
Das müssen Sie so sehen, Frau Menges: Die Lehrer (und damit die Schüler) sollen sich doch anpassen. Nur dann „funktioniert“ die „Reform“ wie geplant.
Ich kritisiere ( so wie die meisten Lehrer übrigens) die Rechtschreibreformer, weil sie das Produkt nicht ausgegoren und der Neuzeit gerecht zurückgegeben haben.
Und warum kritisiert denn niemand (auch Sie nicht) die Kultusminister dafür, daß sie das „Produkt“ nach wie vor einer „unausgegorenen“ Kommission überlassen?
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir hier in der Vergangenheit leben.
Ich auch, denn die Möglichkeit zu demokratischer und freier wissenschaftlicher Auseinandersetzung sollte doch inzwischen eigentlich selbstverständlich sein.
Wenn etwas stattfinden soll, dann muss es jetzt und in der Zukunft sein!
Ein wahrhaft „filosofischer Schlusssatz“. Das würde ja bedeuten, daß in der Vergangenheit ab sofort nichts mehr stattfinden dürfte. Darüber werde ich nachdenken. Jetzt und in der Zukunft.
eingetragen von Matthias Draeger am 30.11.2002 um 14.39
Detlef Lindenthal schreibt:
"Und die uebrige Deutschlehrerschaft entweder ebenso oder konnte nicht logisch denken oder hat Pudding im Ruecken; nach meiner Erfahrung hat kein einziger Deutschlehrer sich die angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ (in unterschiedlichen Ausfuehrungen erschienen, z.B. im Duden _21) auch nur durchgelesen."
Ich hatte hier vor einigen Wochen einmal einen Preis ausgesetzt - nicht etwa fuer die Kenntnis des "amtlichen Regelwerkes", nein, nur fuer die Beherrschung des Paragraphen 34! Die hierfuer ausgelobten 500,- Euro wollte bisher noch niemand haben.
Das ist schon erstaunlich: Da bereiten "hoch dotierte" Experten eine Reform vor, mit der alles einfacher werden soll, man bietet dann oeffentlich einen huebschen Preis fuer jemanden, der nur einen einzigen Paragraphen des schoenen neuen Regelwerkes beherrscht, und niemand meldet sich - n i e m a n d!
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Christoph Kukulies am 30.11.2002 um 14.10
Zitat:Ich finde gerade - mir ging das Sprichwort die letzten Tage durch den Kopf -, daß die Bevorzugung der Singularform etwas augstsches, schulmeisterliches an sich hat. Als wüßte nicht jeder halbwegs gebildete Mensch heutzutage, daß "die Leisten" der Plural von "der Leisten" im Falle dieses Sprichwortes ist. Das Sprichwort lebt doch praktisch von diesem Nebenschauplatz der Zweideutigkeit. Es wird immer wieder dazu benutzt, vermeintlich Bildung hervorzukehren, indem man es benutzt um jemanden zu belehren, es komme von "der Leisten". Hätte das Sprichwort von Anfang an auf "bleib bei deinem Leisten" gelautet, hätte es nie diesem Wissensmangel geben können.
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Die meisten Menschen wissen heute nicht mehr, was ein Leisten ist, und die Kinder sehen nicht mehr, wie ein Schuh gemacht wird. Sie verstehen also das Sprichwort nicht richtig und legen sich dann etwas zurecht, was sie besser kennen, die Leiste nämlich, und die Form Leisten wird dann in wahrhaft Augstscher Manier umgedeutet (wie Zierrat!). Das ist zwar etwas ganz Normales, aber ich bin mit Herrn Lindenthal der Meinung, daß ein gebildeter Mensch da nicht unbedingt gleich mitmachen muß, so, als verstünde auch er nicht, worum es geht. Das ist vielleicht ein gutes Motto auch für die Rechtschreibdiskussion: sich nicht dümmer stellen, als man ist! Oder, für Frau Menges verständlicher: Sapere aude!
Nachtrag: Die crepida war eigentlich kein Leisten, sondern eine Art Sandale (Jesuslatschen, wie bei unseren Hippies). Plinius sagt übrigens supra, aber zitiert wird oft ultra, was mir auf den ersten Blick allerdings ebenfalls näherzuliegen scheint, aber natürlich konnte der Alte besser Latein als ich. (Mein Büchmann muß eigens gegen die Lectio facilior ankämpfen.) Im Englischen hat man ebenfalls "stick to one's last", mit dem Singular, ähnlich die anderen germanischen Sprachen. Die Veränderung könnte auf die klimatischen Verhältnisse zurückzuführen sein, die das Tragen von Sandalen im Norden untunlich erscheinen lassen, andererseits zeugt der Leisten auch von fortgeschrittener Schuhmacherkunst.
Ob es eine Untersuchung über solche Anpassungen von Wandersprichwörtern und -redensarten gibt?
– geändert durch Theodor Ickler am 01.12.2002, 08.41 –
Wer mir nachweist, daß die Urform "bleib bei deinem Leisten" lautete, bekommt einen Preis. (Einen Original Schusterleisten - siehe Abbildung v. Fr. Philburn).
Hier hat letztens ein Schuster die Latschen stehen lassen, vielleicht finde ich seinen Leisten ja noch im Nachlaß.
Bleib bei "deinen Leisten" ist auch viel besser vorstellbar: Des Schusters Blick geht ständig von einem
Leisten zum nächsten. Seine Leisten sind das wichtige Utensil seines Handwerks, um das alle seine Gedanken kreisen.
Die Singularisierung des Sprichwortes kommt mir so vor wie aufwändig mit 'ä' zu schreiben, weil es ja von Aufwand komme. Damit auch der letzte begreift, daß es 'der Leisten' heißt. Abgesehen davon, daß die Eselsbrücke von 'aufwändig' natürlich Unsinn ist.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Elke Philburn am 30.11.2002 um 13.33
Ich kann Ihnen sagen, Herr Lindenthal, daß Dinge wie Grammatikkenntnisse oder Rechtschreibkenntnisse im Lehrerstudium eine ausgesprochen geringe Rolle spielen. Man kann oftmals Grammatikseminare belegen, muß es aber meist nicht.
Stattdessen verbrät man endlose Stunden in Pädagogikseminaren, in denen fernab von jeder Unterrichtspraxis irgendwelche abgehobenen Theorien und Modelle bis ins kleinste auseinandergepflückt werden.
eingetragen von Theodor Ickler am 30.11.2002 um 13.28
Die Rechtschreibung ist durch die Reformer nicht "angepaßt", d. h. modernisiert worden, sondern zurückgedreht. Das läßt sich für alle wesentlichen Punkte nachweisen und ist auch schon nachgewiesen worden, weshalb ich es hier nicht noch einmal tun werde. Frau Menges Einlassung ist unsofern nützlich, als sie dazu herausfordert, diese Tatsache noch einmal ganz deutlich hervorzuheben.
Im übrigen möchte ich noch einmal auf den ebenso tückischen wie plumpen Kurzschluß hinweisen, der da lautet: Sprache hat sich immer verändert, also ist gegen den neuen Eingriff nichts einzuwenden. - Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob die Sprecher selbst ihre Sprache an ihre Bedürfnisse anpassen, oder ob eine sogenannte "Expertengruppe" ihre Wünsche mit einem staatsautoritär unterfütterten und nur darum "erfolgreichen" Eingriff durchsetzt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 12.43
Sehen Sie, lieber Herr Grunden, das meinte ich: Frau Dr. Menges bleibt ihrem Leisten treu – nicht antworten, nicht zurückrudern, nicht stellungnehmen, statt dessen ausweichen, Namen falsch schreiben, Kommata weglassen. Und sie ist kein Einzelfall: Herr Kopiske, Deutschlehrer meines Sohnes, konnte auch keine Kommasetzung. Und die übrige Deutschlehrerschaft entweder ebenso oder konnte nicht logisch denken oder hat Pudding im Rücken; nach meiner Erfahrung hat kein einziger Deutschlehrer sich die angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ (in unterschiedlichen Ausführungen erschienen, z.B. im Duden _21) auch nur durchgelesen.
Liebe Frau Dr. Menges,
haben Sie sich die genannte angeblich „amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung“ durchgelesen? Können Sie Fragen dazu beantworten?
Keine Antwort. (Hohe Wette.)
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Martin Reimers am 30.11.2002 um 12.33
Frau Menges fragt:
"Darf man die Sprichwörter auf die heutige Zeit verändern oder anwenden?"
Was für eine Frage!
Daß Sprichwörter dazu da sind, daß man sie anwendet, daran kann ja nun wirklich kein Zweifel bestehen (wobei man ja in ein und der gleichen Situation immer eine hübsche Auswahl gegensätzlicher Sprichwörter zur Verfügung hat).
Ob man nun Sprichwörter verändern DARF? Fragen wir in Zeiten des staatlichen Wortbildungsmonopols denn nur noch nach dem "Dürfen"? Natürlich darf man Sprichwörter verändern, in den allermeisten Fällen kommt dabei freilich ein mißlungener Witz heraus, manchmal vielleicht aber auch etwas Treffendes, was sich weiterverbreitet. Wie sind den die (nichtliterarischen) Sprichwörter sonst entstanden? Hat sie vielleicht eine zwischenstaatliche Kommission in die Welt gesetzt?
__________________
Martin Reimers
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.11.2002 um 12.13
(Theo Gunden) Können denn Wörter logisch sein?
Ich glaube schon, dass Wörter logisch sind.Logisch würde ich mit sinnvoll übersetzen. Jetzt werden wieder Forendiskutanten fragen, ob es sinnlose Wörter gäbe.
Ich habe für alle diese Kinder, die das Lesen nicht so einfach lernen können ein Chinesenbuch. Das heißt, diese Schüler lesen 96 Seiten lang sinnlose Silben, zum Beispiel: Lol, lala, mima, alol, allomina und so weiter.
Sind diese Wörter logisch? Darüber braucht man sich nicht zu streiten. Es geht aber um sinnvolle Wörter. Diese nehmen Bezug auf etwas, dessen Bedeutung aus Tatbeständen, Umständen und Zuständen hergeleitet werden können. Wörter haben einen Bezug zum Ort, zur Tätigkeit, zur Person oder zur Zeit. Sie sind und werden bedeutsam, wenn sich ein Kontext und/oder eine Ableitung zeigt.
Zur Erklärung: Mit sinnlosen Silben und Wörtern lernt man das Zusammenlesen der Buchstaben. Sinnerfassung und Sinnwiedergabe kommen erst viel später. Hier muss man analytisch denken, um zum Erfolg zu gelangen.
Sapere aude!
Hier könnte noch ein kleiner Disput entstehen- der dann in einen großen Rechtschreibstreit übergehen könnte. Wir hatten schon einmal das Thema:
Darf man die Sprichwörter auf die heutige Zeit verändern oder anwenden?
Herr Ickler hat damals Herrn Stirnemann geholt und einen Beitrag angefordert. Ich bin nach wie vor aber anderer Meinung:
Ich finde, dass man die Wörter und die Sprichwörter heute so anwenden solle, dass sie auf die heutige Zeit passen.
1. Vergleichbar sind Petroleumlampen, die man elektrifiziert. Ich lese alte Wörter, Sprichwörter, Aussagen und verwende sie in der Neuzeit. Ich wende sie aber so an, dass man sie heute verstehen kann.
Es würde mich interessieren, ob es Sprachwissenschaftler gibt, die diese These unterstützen. Meine Literaturrecherche führte mich aber bisher noch nicht an den gesuchten Personenkreis.
2. Ähnlich sehe ich den Glauben. Wenn sich die Kirche nicht an die heutige Zeit anpasst, wird es keinerlei Ausweitung oder Erhaltung der kath. Kirche geben.
Ich bin eine moderne, aufgeklärte katholische Christin, die sich durchaus den Zorn der katholischen Fundamentalisten zuziehen kann, denn ich möchte eine erlebbare, benutzbare Religion und nicht verstaubte Vorhängeschlösser.
Entschuldigen Sie bitte meinen Vergleich, aber ich sehe Verbindungen zwischen Glaubensanwendungen und Rechtschreibanwendungen. Ich finde, dass man in der heutigen Zeit die Rechtschreibung anpassen muss. Diese Reform ist mir nach wie vor zu wenig angepasst. Ich kritisiere ( so wie die meisten Lehrer übrigens) die Rechtschreibreformer, weil sie das Produkt nicht ausgegoren und der Neuzeit gerecht zurückgegeben haben. Das halbfertige Produkt wurde uns zur Umsetzung übergeben. Warum es soweit hat kommen können ist mir und anderen ein Rätsel.
Mich lässt auch ein Gedanke einer meiner Kollegen aus der Universität nicht mehr los: (sinngemäß) In veränderten Lernumgebungen, die es auf alle Fälle geben wird, sind wir die letzte Generation, die sich noch ausführlich um die Rechtschreibung Gedanken machen wird.
Vergangenheit ade!
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir hier in der Vergangenheit leben.
Es ist ja schön, dass sich Prof. Ickler oder Herr Riebe vor Zeiten gegen die RSR eingesetzt haben und ein Herr Schäbler zu seinem General gegangen ist. Es ist wunderbar, dass sich Prof. Jochems eingesetzt hat, aber diese Dinge sind im aktiven Leben VERGANGENHEIT.
Wenn etwas stattfinden soll, dann muss es jetzt und in der Zukunft sein!
– geändert durch RenateMariaMenges am 01.12.2002, 19.17 –
eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.11.2002 um 05.59
Lieber Herr Grunden,
es stellt sich nach wie vor die Frage nach dem Demokratieverständnis und der Wissenschaftsfestigkeit unserer Lehrerschaft.
>>Aber widersprochen habe ich Frau Dr. Menges doch nur in den Punkten, in denen sie sich geirrt hatte, was ist dabei? <<
Hätten Sie ihr widersprochen, wo sie sich nicht geirrt hat, hätten Sie sicherlich eine Antwort erhalten. Ich erlebe es immer wieder, daß Lehrer nicht gerne zurückrudern; aus Sorge um Lehrplan, Disziplin und um die Zacken in ihrer Krone.
>>Ich habe ... sie was gefragt, ihr ergänzende Beobachtungen mitgeteilt. So etwas dürfte man sogar mit echten Majestäten machen.<<
Ja, echte Majestäten sind dankbar für Fragen und ergänzende Beobachtungen.
>>Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung und Zuversicht: Frau Menges wird hier auf alles antworten, zu dem sie was zu sagen weiß.<<
Wollen Sie damit (kraft Aussagenlogik) ausdrücken, daß sie zu allem, zu dem sie nicht antwortet, nichts zu sagen weiß?
>> Denn wir wissen doch alle zu gut, auch Frau Menges, wer die Verantwortung dafür trägt. <<
Für die Handlungen eines Kultusministers trägt dieser KuMi die Verantwortung.
Für die Handlungen einer Lehrkraft trägt diese Lehrkraft die Verantwortung. Ein unsinniger KuMi-Erlaß begründet keinen Befehlsnotstand.
Dies ist mein Hauptsorgenpunkt, daß unsere Lehrerschaft Kadavergehorsam vorlebt statt Zivilcourage. Wenn ich diese von mir selbst verlange (und das tue ich), verlange ich sie umso mehr von den Lehrern unserer Kinder, lieber Herr Lachenmann.
>> Finden Sie nicht auch, Herr Lindenthal, daß dieses Forum noch sehr gut einige Vertreter und Vertreterinnen von Gegenpositionen vertragen könnte?<<
Ja, durchaus, z.B. wenn Frau Dr. Menges Gegenposition bezogen hätte. Aber weil Sachdebatte für sie beleidigend war, zog sie es vor zu schweigen. Für einen zurückgezogen lebenden Bürger ist solches Schweigen in Ordnung; für Forenschreiber ist es unüblich, und für Lehrer, denen wir immerhin unsere Kinder anvertrauen sollen, ist es nicht hinnehmbar. Wenn ich als Vater mühsam eine halbe Stunde am Tag Gelegenheit habe, mit meinen Kindern zu sprechen, komme ich nicht gegen 6 Stunden Gehirnwäsche an, der die Kinder in der Schule ausgesetzt sind. Als ich einst bei meinen Sohn einen Denkfehler beanstandete und vorwurfsvoll fragte: Lernt ihr in der Schule auch mal denken?, antwortete er „Papa, in der Schule lernen wir doch nicht denken; wir lernen, zu erraten, was der Lehrer hören will.“ (Das Wort Zäpfchenform (146 Gugel) kenne ich aus der Schülerschaft.)
Die Lehrerschaft versündigt sich schwer an der nachwachsenden Generation und am Gemeinwesen insgesamt.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Theo Grunden am 29.11.2002 um 14.18
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Lieber Herr Grunden,
wenn Sie der Frau Dr. Menges so arg widersprechen, wird die Frau Doktor das aber gar nicht gerne mögen;
...
Bei Frau Dr. Menges muß man etwas taktvoller schreiben, so wie der Herr Lachenmann es macht. – Also sagen Sie bitte nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.
Lieber Herr Lindenthal,
vermutlich kann ich wohl nie den Grad des Wohlwollens und der Einfühlsamkeit erreichen, den Herr Lachenmann Frau Dr. Menges und ihrem Engagement zuteil werden läßt. Zumindest nicht den Grad der Kunst, dieses so geschickt auszudrücken, daß es ermunternd, bestätigend und verständnisvoll klingt, aber gleichzeitig vor Kritik nur so strotzt.
Aber widersprochen habe ich Frau Dr. Menges doch nur in den Punkten, in denen sie sich geirrt hatte, was ist dabei? Das wird sie schon (und das sollen getrost auch alle anderen) umgekehrt auch so mit mir machen. In welchen Punkten hätte ich taktvoller sein können, sollen? Ich habe sie gelobt (für ihr Zusammensetzen des „auseinandersetzen“), sie was gefragt, ihr ergänzende Beobachtungen mitgeteilt. So etwas dürfte man sogar mit echten Majestäten machen, nicht weniger mit Doktoren und stellvertretenden Schulleitern. Ich bin jedenfalls der festen Überzeugung und Zuversicht: Frau Menges wird hier auf alles antworten, zu dem sie was zu sagen weiß.
Daß sie natürlich beim besten Willen auch nicht wissen oder erklären kann, warum seit einigen Jahren (auch unter Lehrern) so auffallend viele „Grüsse“ ausgetauscht werden (oder wie Herr Upmeyer kürzlich fragte: in welchen deutschen Regionen das „ü“ so kurz ausgesprochen wird, daß dieses Phänomen erklärbar wäre), und warum man so vieles „weiss“ oder auch „nicht weiss“, ja das ist doch „logisch“! Sie dafür verantwortlich zu machen, ja das wäre taktlos. Denn wir wissen doch alle zu gut, auch Frau Menges, wer die Verantwortung dafür trägt. Aber sie nur darauf aufmerksam zu machen?
Mit ihrer Einschätzung „Die Getrenntschreibung, die sowieso niemand beherrscht, wird sich automatisch wieder zusammenziehen“ liegt Frau Menges ja gar nicht mal so falsch, wenngleich mich das „automatisch“ stört, denn es braucht schon Leute, die beim Zusammenziehen zusammen mitziehen. Woran mag das eigentlich liegen, daß „sowieso niemand die Getrenntschreibung beherrscht“? Diese Frage möchte ich Frau Menges auch noch mal stellen, aber zunächst halte ich mich etwas (taktvoll) zurück.
Übrigens: Finden Sie nicht auch, Herr Lindenthal, daß dieses Forum noch sehr gut einige Vertreter und Vertreterinnen von Gegenpositionen vertragen könnte? Auch wenn sie nicht alle so mutig und konsequent wären, wie wir selbst eigentlich alle sein müßten?
eingetragen von Theo Grunden am 29.11.2002 um 13.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Heinz Erich Stiene
Lieber Herr Grunden,
...
Als Vater zweier grundschulpflichtiger Kinder wüßte ich gerne, welche Blyton-Bücher Sie in deutscher Rechtschreibung erstanden haben. Könnten Sie mir weiterhelfen?
Lieber Herr Stiene,
die erwähnten Kinderbücher in bewährter Rechtschreibung heißen „ Geheimnis um einen Wohnwagen“ und „Geheimnis um eine Efeuvilla“. Eine Verlagsangabe in den Büchern wurde – wohl aus gutem Grunde – vermieden (ein weiteres Geheimnis!?), einziger Innenvermerk: © 2001, Genehmigte Sonderausgabe, Printed in Germany. Verkauft werden sie offiziell über die Geschäftsstellen der Rheinischen Post. Zum Verfassen von Texten in der RP hat die bewährte Schreibung längst ausgedient, aber wenn man noch ein kleines Nebenbeigeschäft über Kinderbücher damit machen kann: warum nicht?
eingetragen von Elke Philburn am 29.11.2002 um 11.54
![]()
eingetragen von Theodor Ickler am 29.11.2002 um 11.02
Die meisten Menschen wissen heute nicht mehr, was ein Leisten ist, und die Kinder sehen nicht mehr, wie ein Schuh gemacht wird. Sie verstehen also das Sprichwort nicht richtig und legen sich dann etwas zurecht, was sie besser kennen, die Leiste nämlich, und die Form Leisten wird dann in wahrhaft Augstscher Manier umgedeutet (wie Zierrat!). Das ist zwar etwas ganz Normales, aber ich bin mit Herrn Lindenthal der Meinung, daß ein gebildeter Mensch da nicht unbedingt gleich mitmachen muß, so, als verstünde auch er nicht, worum es geht. Das ist vielleicht ein gutes Motto auch für die Rechtschreibdiskussion: sich nicht dümmer stellen, als man ist! Oder, für Frau Menges verständlicher: Sapere aude!
Nachtrag: Die crepida war eigentlich kein Leisten, sondern eine Art Sandale (Jesuslatschen, wie bei unseren Hippies). Plinius sagt übrigens supra, aber zitiert wird oft ultra, was mir auf den ersten Blick allerdings ebenfalls näherzuliegen scheint, aber natürlich konnte der Alte besser Latein als ich. (Mein Büchmann muß eigens gegen die Lectio facilior ankämpfen.) Im Englischen hat man ebenfalls "stick to one's last", mit dem Singular, ähnlich die anderen germanischen Sprachen. Die Veränderung könnte auf die klimatischen Verhältnisse zurückzuführen sein, die das Tragen von Sandalen im Norden untunlich erscheinen lassen, andererseits zeugt der Leisten auch von fortgeschrittener Schuhmacherkunst.
Ob es eine Untersuchung über solche Anpassungen von Wandersprichwörtern und -redensarten gibt?
– geändert durch Theodor Ickler am 01.12.2002, 08.41 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 29.11.2002 um 08.59
Liebe Frau Dr. Menges,
zwar hat die Wendung „bleib bei deinen Leisten“ 1650 Gugel und ist grammatisch und sprachlich soweit in Ordnung.
Die Wendung „bleib bei deinem Leisten“ ist mit 516 Gugel nur zweiter Sieger;
dagegen ist die Wendung „bleib bei deine Leisten“ mit nur 2 Gugel nicht nur weit abgeschlagen, sondern stellt die Gugel-Schiedsrichterei verdientermaßen etwas ins Zwielicht.
Der Wendung mit m ist, wie mein Deutschlehrer (ein echter) uns zu Recht erklärte, aus zwei Gründen der Vorzug zu geben:
„Der Leisten“ steht typisierend für Arbeitsplatz, Arbeitsfeld; jeder Schuster arbeitet zur selben Zeit nur an einem einzigen Leisten. (Ähnlich: Franz Beckenbauer ist Fußballkaiser, nicht Fußbällekaiser.)
Der zweite Grund kommt aus dem Wunsch nach Deutlichkeit: „Die Leisten“ könnten auch, und dann völlig mißverständlich, als Mehrzahl von „die Leiste“ gebildet sein, und dann gibt der ganze Spruch keinen Sinn.
Sprachnutzung ist auch Sprachpflege, und daher möchte ich mich für eine Bevorzugung der m-Fassung aussprechen. Vielleicht sollte ich umgehend die obengenannten 1650 Gugelstellen anschreiben ;-) .
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.11.2002 um 08.33
Gott sei Dank darf ich wieder einmal lateinisch zitieren:
Der Zornesausruf stammt von Apelles:
Ne supra crepidam sutor!
Der Schuster urteile nicht über seine Sandale hinaus!
oder
Schuster, bleib bei deinem Leisten!
Apelles, der griechische Maler hat seine Gemälde ausgestellt und sich hinter seine Bilder gestellt, um die Meinung der Leute zu hören. Ein Schuster hat die Sandalen wegen einer fehlenden Schlaufe kritisiert. Apelles besserte seinen Fehler aus, aber als der Schuster weiter die Schenkel kritisierte wurde er zornig und rief:
Ne supra crepidam sutor!
aus: Original- Büchmann: Geflügelte Worte. Der klassische Zitatenschatz, unverändert seit 1864.
Ich habe auch noch zwei Schuster getroffen:
Beide versicherten, dass ein Schuster aber nicht mit einem Leisten arbeiten könnte. Er müsse mehrere Leisten haben.
Also muss es heute: 'Schuster, bleib bei deinen Leisten' heißen und in bayerischer Mundart spricht man das so aus:
Schuaster, bleib bei deine Leist'n oder originalgetreu: Schuaster, bleib bei deim Leist'n.
– geändert durch RenateMariaMenges am 30.11.2002, 13.39 –
eingetragen von Martin Reimers am 28.11.2002 um 21.25
Zunächst dachte ich, der mangelnde Durchbruch zur Zustimmung zur Reform durch Frau Menges, den Frau Philburn bemerkt hat, zeige sich auch in der Großschreibung des "Euch". Stimmt aber gar nicht! - Im Bayerischen ist "Ihr" ja nicht nur der Plural von "du", sondern auch von "Sie".
Was sagt nun hierzu die Kommission - darf Frau Menges uns, die wir uns ja im Forum nicht duzen, mit einem groß geschriebenen "Ihr" anreden bzw. -schreiben. Der Verdacht der "unangemessenen Ehrerbietung" dürfte ja wohl ausgeräumt sein.
Wollen Sie nicht, liebe Frau Menges, eine weitere Anfrage an das Ministerium schicken. Vielleicht werden die ja hellhörig, wenn sie die regionale Eigenständigkeit der bayerischen Sprache in Gefahr sehen.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Elke Philburn am 28.11.2002 um 20.31
Man kann nicht von allen Lehrern Zivilcourage hinsichtlich der RSR verlangen. Das wäre sicher eine Menge Extra-Streß. Aber es wäre doch schon viel gewonnen, wenn Lehrer sich einmal darüber klarwürden, was ihnen denn der Reformschrieb nun beschert. Frau Menges schreibt nun schon so lange in diesem Forum, kann Tag für Tag mitverfolgen, welche Konsequenzen die Reform auf die Rechtschreibung hat. Dennoch scheint der entschiedene Durchbruch zur Ablehnung (oder auch Zustimmung) nicht zu kommen. Dabei gibt es doch, wie die von Walter Lachenmann angesprochene "Tarnschreibung" zeigt, durchaus subtile Mittel, bei der Vermittlung der Reformschreibe das Schlimmste zu verhindern. Dazu brauchts kein Kämpfertum, nur die richtige Einsicht.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.11.2002 um 17.14
und ...
auch das Wochenende wirkt positiv auf "Hitzigkeiten".
Ich wünche Euch
ein wirklich erholsames Wochenende!
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.11.2002 um 17.10
Statt hier zu lesen habe ich geforscht. Ich dachte Theo Grunden bringt es mit, aber leider war es nicht so:
Hans Sachs, Schustermeister und Meistersinger. Nürnberg.
Zeit: Mitte des 16. Jahrhunderts:
Schuster bleib bei deinem Leisten.
Jetzt wissen wir auch warum es Walter Lachenmann so in Erinnerung hat.
eingetragen von Michael Krutzke am 28.11.2002 um 17.09
Danke!
Ein wahrhaft Denk-würdiger FAZ-Beitrag. :-)
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2002 um 16.52
Na, das war doch damals in den morgenfrischen Zeiten des Widerstandes, gleich nach der Frankfurter Erklärung ... Kurt Reumann interviewte Friedrich Denk, und in derselben Nummer stand auch mein ganzseitiger Artikel. Also hier, zur Erinnerung
F.A.Z.
Zeitgeschehen
Samstag, 12. 10. 1996, Seite 12
Antreiber der Poeten
"Na, endlich", jubeln die Anhänger der traditionellen Rechtschreibung: Endlich begehren die Schriftsteller gegen die Reform auf. Dagegen spottet der bayerische Kultusminister Zehetmair, der späte Protest wirke, als kämen die Kritiker gerade von einem mehrjährigen Auslandsaufenthalt in das bereits reformierte Vaterland zurück. Aber nicht unsere Dichter waren geistig abwesend, sondern ihr Diener und Antreiber Friedrich Denk ist erst spät, wenn auch vielleicht nicht zu spät, auf den Frevel aufmerksam geworden, den die Reformer gern in "Frefel" umbuchstabiert hätten. Die Schriftsteller mögen gedacht haben, das Reförmchen sei ihrer Aufmerksamkeit nicht wert. Als Sprachschöpfer erneuern sie die Sprache nicht selten gegen die Regeln. Ein Deutschlehrer wie Denk wägt jedoch sorgfältig ab, ob die Neuregelungen die Sprache geschmeidiger und ausdrucksvoller machen oder nicht, ob sie das Verstehen und Schreiben erleichtern oder erschweren. Der Studiendirektor aus dem oberbayerischen Weilheim argwöhnt, die Schreibreform nutze nur Verlegern, die zumal an Lexika und Wörterbüchern viel verdienten.
Die meisten Lehrer sind, anders als Niedersachsens Ministerpräsident Schröder vermutet, keine faulen Säcke. Zumal Denk stellt sich und andere ständig unter Volldampf. Der 53 Jahre alte, im schlesischen Wohlau geborene und auf der Schwäbischen Alb und in Bayern aufgewachsene Germanist und Romanist ist ein Wirbelwind in allen Gassen der Literatur und Pädagogik. Daher war er mit der Organisation von Auftritten seiner Schriftstellerfreunde sowie mit einer Kampagne gegen die Verharmlosung von Drogen beschäftigt, als die Schreibreform beschlossen wurde. Erst zur Buchmesse hat er die neuen Regeln analysiert und jene Autoren zur Unterzeichnung einer "Frankfurter Erklärung" gegen die Reform ermuntert, die er bei den von ihm und seinen Deutschkollegen organisierten Dichterlesungen für Schüler kennengelernt hat.
Kein berühmter Schriftsteller, der nicht in der Weilheimer Turnhalle gelesen hätte. Nirgends werden Schüler so liebevoll und begeisternd auf die Begegnung mit Autoren vorbereitet wie hier. Wer diese Feste der Literatur nacherleben möchte, lese die von Denk redigierten "Weilheimer Hefte zur Literatur" (seit 1980) und seine "Lesebogen" (seit 1989): Vorbilder für den Deutschunterricht. Pädagogischer Elan, Organisationstalent und Stehvermögen sind Voraussetzungen auch für den "Weilheimer Literaturpreis", den einzigen großen Poeten-Preis, in dem nur Schüler als Juroren wirken. Selbstredend gehört Denk zu den Lehrern, die mit ihren Schülern am Projekt "Jugend schreibt" dieser Zeitung teilnehmen: Abenteuer Literatur, Lust am Lesen, Freude am Schreiben. Einer seiner Schüler erhielt den F.A.Z.-Preis "Jugend schreibt".
Sogar die Londoner hat Denk mit Poesie berauscht, als er dort von 1982 bis 1985 als Gastlehrer wirkte: Daran erinnern seine "Londoner Hefte". Ilse Aichinger, Günter Grass und Martin Walser folgten seinem Ruf in die britische Hauptstadt, und sie gehörten auch zu den ersten, welche die "Frankfurter Erklärung" gegen die Schreibreform unterzeichneten. Alle profitieren heimlich von Denks Feuereifer und Unverdrossenheit, die ihnen gleichzeitig unheimlich vorkommen. Der frühere bayerische Kultusminister Maier ermahnte Denk, er solle sich bei seiner Kampagne gegen das "Portmonee" (statt Portemonnaie) nur keinen Herzinfarkt holen. Prompt antwortete der Unermüdliche: Für den Chikoree (statt Schikoree) zu sterben wäre "ein starker Abgang". KURT REUMANN
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Michael Krutzke am 28.11.2002 um 16.33
Zitat:Das versteht sich eigentlich von selbst. So lassen sich nicht zuletzt auch gedankliche Inzucht und Selbstbeweihräucherung wirkungsvoll vermeiden. Wie man aber Diskussions"gegnern" gegenübertritt, hat wohl eher etwas mit dem Sinn für Umgangsformen zu tun. Erfahrungsgemäß ist das aber nicht diskutierbar.
Walter Lachenmann:
... einen freundlichen Umgang mit Frau Menges, die sich als einzige hier einer kontroversen Diskussion stellt.
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.11.2002 um 16.15
Um dies zu begreifen, müßte man die Geschichte vom Schickoree kennen. Es geht, das könnte man bei gutem Willen erkennen und außerdem weiß es jeder, nicht um einen Abgang, ganz im Gegenteil, sondern um das Dämpfen von Übertreibungen und um einen freundlichen Umgang mit Frau Menges, die sich als einzige hier einer kontroversen Diskussion stellt. Ob einer etwas witzig findet, hängt von vielen Sachen ab, auch das weiß jeder. Das muß man nehmen, wie es kommt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Michael Krutzke am 28.11.2002 um 16.15
Zitat:Kann man das irgendwo nachlesen? Ein bißchen witzig wär mal nicht schlecht.
Th. Ickler:
... aber das war wenigstens witzig.
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.11.2002 um 16.11
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Das Ganze erinnert mich allmählich an Friedrich Denks ins Auge gefaßten "starken Abgang" wegen des Schickorees, aber das war wenigstens witzig.
"Abgänge", in welcher Form auch immer, sind nie witzig - meist nur traurig.
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2002 um 16.05
Das Ganze erinnert mich allmählich an Friedrich Denks ins Auge gefaßten "starken Abgang" wegen des Schickorees, aber das war wenigstens witzig.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.11.2002 um 15.59
Wenn jeder schon bei den einfachen Dingen kuscht, haben die Volksverführer bei den großen Vorhaben ein umso leichteres Spiel.
Wohl wahr! Helm ab zum Gebet! So viel entschlossenen Mannesmut hatte ich nicht vermutet.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.11.2002 um 15.59
Damals, als ich beim Führungsgespräch antrat, holte ich mir zunächst Kraft in einer Würzburger Kirche. Danach stellte ich mich dem Weltlichen.
Ich traf auf einen „General“, der – warum auch immer – Menschlichkeit zeigte und manchen Widerspruch nicht sofort abstrafte, ihn – so war mein Gespür – sogar sacken ließ.
Am Ende des Rapports sprach der General zu mir: „Werden Sie kein Eiferer.“
Ich fürchte, ich bin es trotzdem geworden.
(Fragen habe ich keine mehr, und wenn, dann muß ich sie mir selbst stellen!)
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.11.2002 um 15.53
Können wir solche Fragen erstmal ein wenig sammeln? Ich möchte nämlich erst einmal einen Eindruck gewinnen, was das hier psychologisch alles so zu bedeuten hat.
Wir können ja erstmal in die Runde fragen: Wer war alles Pilot oder Pilotin? Frau Dr. Menges vielleicht?
Welche Fragen fallen Ihnen sonst noch ein, lieber Herr Schäbler?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.11.2002 um 15.48
Dies Argument kommt mir bekannt vor: »Es gibt schließlich Wichtigeres als die RS„R“« und so ähnlich; abwiegeln, ablenken, Leute verschaukeln.
Wenn jeder schon bei den einfachen Dingen kuscht, haben die Volksverführer bei den großen Vorhaben ein umso leichteres Spiel.
Erst bleibt die Rechtschreibung auf der Strecke, dann (oder vorher schon) die Wahrheit; jeder darf jeden belügen, so wie hier.
Nein, Herr Lachenmann, Sie haben nicht recht.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.11.2002 um 15.48
Frage an Herrn Lindenthal:
Waren Sie Pilot?
Urteil über Lachenmann:
bien parlé.
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.11.2002 um 15.37
Ja.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.11.2002 um 15.37
Zivilcourage von anderen einfordern erfordert nicht viel Zivilcourage, wenn man nicht selbst in einer Situation ist, wo man beweisen muß, daß man sie hat. Darüber gab es hier schon vor einigen Tagen etwas zu lesen. Da Frau Menges die Rechtschreibreform positiv beurteilt, wäre es von ihr eine seltsame Zivilcourage, die gegenteilige Meinung unter Gefahr der beruflichen Disziplinierung zu vertreten. Das ist wohl doch etwas zu viel verlangt.
Wir wissen doch ganz genau, daß die Lehrer die neue Rechtschreibung unterrichten müssen! Daß das gänzlich unmöglich ist, steht auf einem andern Blatt.
Schade, daß die beiden Kollegen, von denen wir wissen, daß sie als Lehrer in diesem Konflikt Zivilcourage und Rückgrat bewiesen haben, hier nicht einmal davon erzählen, was ihnen dies und vor allem der Verhinderung der neuen Rechtschreibung genützt hat. Ein Idealist tut manchmal gut daran, den Koofmichs über die Schultern zu gucken. Die rechnen Aufwand und Ertrag gegeneinander, und wenn nichts rauskommt, sparen sie ihr Kapital für erfolgversprechendere Projekte.
Mourir pour des idées, d'accord, mais de mort lente ... sang Georges Brassens, und der war weiß Gott ein Unangepaßter mit Zivilcourage, dem wir alle miteinander nicht das Wasser reichen können.
Daß ich, wo ich als Verleger selbst entscheiden kann, die neue Rechtschreibung verweigere, hat nichts mit Zivilcourage zu tun. Wo ich nicht selbst entscheiden kann, richte ich mich nach den Wünschen des Kunden. Dabei lerne ich viel über diesen Schwachsinn. Und schließlich geht es ja nicht um Kopf und Kragen, also lassen wir die Kirche im Dorf und bewahren uns unseren heroischen Todesmut für bessere Gelegenheiten auf.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.11.2002 um 15.28
Lieber Herr Lindenthal!
Waren Sie schon einmal bei einem Führungsgespräch?
(Das ist so etwas ähnliches wie eine Pilotenkanzel – nur mit vertauschten Rollen. Da sitzt der General am Steuerknüppel, und Sie als gelernter Pilot sind – je nach Laune des Gottgleichen – kurz- oder langfristig auf den Rücksitz verbannt.)
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.11.2002 um 15.00
» ... wir Lehrer müssen sie [die „Reform“] unterrichten«? Womit sie [Frau Dr. Menges] ja leider recht hat.
Nein, lieber Herr Lachenmann, weder Sie noch Frau Dr. Menges haben darin recht. Die Expertenmeinung ist bisher unwidersprochen, daß RS„R“ unlernbar und für den Unterricht nicht geeignet ist; niemand „muß“ sie unterrichten. Wollen Sie dafür etwa einen Befehlsnotstand geltend machen??
Wenn per fehlerhaftem Ministererlaß offensichtlicher Unsinn verlangt wird, hat jeder Beamte nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den Erlaß nicht auszuführen.
(Wenn das in unseren Schulen alles derart reibungslos klappt, wundere ich mich nicht mehr, daß DDR und 3.R so reibungslos geklappt haben.)
In Pakistan prallte einst ein Hubschrauber mit einem hohen General gegen einen Berg, niemand überlebte. Die Auswertung des Stimmaufzeichners ergab folgendes:
Der Pilot sagte dem General: Dort können wir nicht längsfliegen, dort ist ein Berg. Der General war ungehalten und duldete keinen Widerspruch. Daraufhin schwieg dann der Pilot und flog weiter.
Irgendwie kann ich mich schwach entsinnen, daß ich Frau Dr. Menges nach Zivilcourage befragt habe und daß sie darauf nicht antwortete.
Wie sollen unsere Kinder verantwortliches Denken und Handeln lernen, wenn sie bei Lehrern und Verlegern soviel Anpassung erleben?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Theodor Ickler am 28.11.2002 um 13.47
Es ist möglich, daß jemand eine Restauflage von solchen Kinderbüchern erworben hat und billig vertreibt. Die Neuauflagen sind alle in Neuschrieb, wenn auch fehlerhaft, versteht sich. Übrigens finde ich, daß die meisten Bände dieser Autorin, die ja auch andere hat schreiben lassen, was wegen der Schematik leicht möglich war, nicht viel taugen, aber wir lassen unsere Neunjährige in den Originalen schmökern, weil das Englisch wirklich sehr einfach ist. Und immerhin muß man ihnen zugute halten, daß sie nicht so ausschließlich um die 3 Modeprobleme unserer Zeit kreisen (geschiedene Eltern, Rauschgift, Ausländerdiskriminierung) wie fast die gesamte deutsche Produktion.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.11.2002 um 13.03
Ich denke, mit solcherlei tut man Frau Menges unrecht. Mit einer bewundernswerten Unverdrossenheit und immer gutgelaunt vertritt sie in diesem nicht immer freundlichen Kreise ihre Position und versucht für etwas geradezustehen, das andere angerichtet haben, die sich in eine solche Diskussion nicht hereintrauen und von denen mit großer Wahrscheinlichkeit einige heimlich verfolgen, wie sich ihr tapferes Schneiderlein schlägt, das - wenn man einige Zwischentöne nicht überhört, kommt man zu dieser Erkenntnis - deutlich an der Sinnhaftigkeit dessen zu zweifeln beginnt, für das es sich engagiert.
Laufen Frau Menges' Argumentationen nicht immer häufiger auf die eher resigniert klingende Feststellung hinaus: »Wir haben aber nun einmal die Reform und wir Lehrer müssen sie unterrichten«? Womit sie ja leider recht hat. Ist es nicht respektabel, wenn jemand bemüht ist, sich mit neuen Herausforderungen und Gegebenheiten, denen er zunächst einmal grundsätzlich unterstellt, sie seien sinnvoll, deren ganze Tragweite er aber nicht gleich erkennt, in optimistischem Sinne auseinanderzusetzen?
Jedenfalls erfahren wir auf diese Weise, wie Lehrer versuchen, sich mit der durch die Reform entstandenen Situation zu arrangieren, und Frau Menges, deren lebhafte Teilnahme auf sympathische Neugier und großen Wissensdurst schließen läßt, und auch darauf, daß sie sich unter Reformkritikern ganz wohl fühlt, lernt vieles darüber, weshalb die Reformkritik richtig und notwendig ist. Was kann man sich von einer Diskussion besseres wünschen?
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 28.11.2002 um 12.14
Lieber Herr Grunden,
Ihre Antworten an Frau Menges treffen den Nagel auf den Kopf. Dennoch sollten Sie Herrn Lindenthals besorgte Mahnung nicht leichtfertig in den Wind schlagen ...
Als Vater zweier grundschulpflichtiger Kinder wüßte ich gerne, welche Blyton-Bücher Sie in deutscher Rechtschreibung erstanden haben. Könnten Sie mir weiterhelfen?
Eines noch, auch wenn es nicht hierhin gehört. Unlängst geriet ich in ein Forum, in dem einige Teilnehmer ihre Erfahrungen mit einer Schwindelfirma austauschten, die angeblich Bargewinne in beträchtlicher Höhe zu verteilen hat. So ehrlich das Anliegen der Betroffenen war - das sprachliche Niveau der Einlassungen war durchweg erschreckend. Das gilt nicht nur für die verlotterte Rechtschreibung, sondern besonders für den verkommenen Ausdruck und den verwahrlosten Stil. Katastrophal. PISA.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.11.2002 um 12.04
Wer – warnt – hier – wen – warum – mit welchen Mitteln – mit welchen Inhalten – mit welcher Absicht – und mit welchen Folgen?
-
"Aufwallendes Blut
…
tut gut!
...
und an
Silikonbusen,
läßt sich's
besonders weich schmusen."
(Das muß hier auch einmal gesagt werden: -) im Kreise der Querdenker.
__________________
nos
eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.11.2002 um 11.13
Lieber Herr Grunden,
wenn Sie der Frau Dr. Menges so arg widersprechen, wird die Frau Doktor das aber gar nicht gerne mögen; sie ist Lehrerin und muß für Disziplin sorgen, da kann sie nicht auf jede einzelne Sachfrage eingehen. Außerdem muß das ja auch alles in Übereinstimmung mit dem Lehrplan sein. Wenn Sie, Herr Grunden, so weitermachen, wird Frau Dr. Menges Ihnen schließlich gar nicht mehr antworten mögen; so wie mir.
Bei Frau Dr. Menges muß man etwas taktvoller schreiben, so wie der Herr Lachenmann es macht. – Also sagen Sie bitte nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 28.11.2002 um 09.13
... hat eine Schul-CD herausgebracht, die einen erstaunlich vielseitigen Einblick in die Schule gestattet (Audio-Aufnahmen des Schulorchesters, Arbeitsschwerpunkte in Arbeitsgemeinschaften - von denen es, wie schon zu meiner Zeit, offenbar eine große Zahl gibt -, kulturelles Umfeld der Schule).
Zu den Glanztaten gehören Einladungen an bekannte Autoren (u.a. Reiner Kunze), zu Lesungen an die Schule zu kommen.
Darüber wird auf der CD ausführlich berichtet. Interessant ist die Rechtschreibung: ein buntes Mischmasch von Orthographie und Kakografie! Es ist ein gewisses Bemühen erkennbar, sich der Kakografie anzunähern, aber dieser Versuch mißlingt - und das, soweit ich sehe, in allen Bereichen der Neuregelung.
Die Schul-CD 2002 des Meranier-Gymnasiums ist ein Dokument des Scheiterns dieser "Reform".
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theo Grunden am 28.11.2002 um 09.10
u.a.: Nun haben sich - ich würde sagen alle- mit der neuen Rechtschreibung auseinandergesetzt. Und: Die Getrenntschreibung, die sowieso niemand beherrscht, wird sich automatisch wieder zusammenziehen.
Schön zu sehen, liebe Frau Menges, wie Sie selbst die Wiedervereinigung von „auseinander“ und „gesetzt“ vormachen. Wir wissen inzwischen, daß Schülern, die heute „auseinandergesetzt“ schreiben, dies als „überholte Schreibweise“ angekreidet werden muß. Wenn man Ihren Gedanken aufgreift, müßte ja bald einem Schüler, der „auseinander gesetzt“ schreibt, dies dann als „jetzt auch überholte Schreibweise“ angestrichen werden. Ich warte gespannt auf den entsprechenden Erlaß.
u.a.: Das kleine Janoschbüchlein (Tigerbikel) ist in neuer Rechtschreibung geschrieben, sowie alle Kinderbücher.
Alle Kinderbücher? Alle? Frau Menges, haben Sie denn wirklich den Überblick über alle Kinderbücher? Ich habe gerade vor ein paar Wochen noch zwei Kinderbücher (E. Blyton) für meinen Sohn gekauft, beide im Jahre 2001 gedruckt, beide in bewährter Rechtschreibung, vertrieben durch eine große deutsche Tageszeitung. Die Kurzbeschreibung auf der Rückseite war allerdings so, wie die Zeitung selbst auch schreibt: in Neuschrieb. Mein Sohn (3. Klasse) darf übrigens alle Schreib- und Rechenhefte selbst auswählen und kaufen; nur das Heft, in welches die benoteten Diktate geschrieben werden, wurde von der Schule angeschafft. Und genau dieses ist auf den Umschlagseiten vollgedruckt mit Texten in bewährter Rechtschreibung. Wahrscheinlich zu Vergleichszwecken?
u.a.: Wir stellten heute fest, dass Wörter wie Stofffetzen logisch sind.
Können denn Wörter logisch sein? In der unsprünglichen griechischen Wortbedeutung vielleicht, da sind ja alle Wörter „logisch“. Oder ist Ihr Satz nur verdreht? Meinen Sie vielleicht, daß Wörter logisch sind wie Stoff(f)etzen? Das stimmt allerdings, denn da Stoff(f)etzen nicht logisch sein können, können es auch Wörter nicht sein. Allerdings ist „logisch“ (besonders) im bayerischen Umgangssprachgebrauch auch einfach ein Synonym für „klar“. Na logisch, das müssen Sie gemeint haben!
u.a.: Die Regel ein "f" zu kürzen ist schwieriger und nicht vorteilhafter.
Wenn man ein „f“ kürzt, sieht es in der Tat nicht schön aus, dann hätten wir ja zwei lange und ein kurzes „f“. Da könnte man doch besser das gekürzte „f“ gleich ganz weglassen. ;-)
u.a.: Heute habe ich es wieder deutlich gehört. Die Lehrer haben sich mit der neuen Rechtschreibung arrangiert.
Einige haben das vielleicht, Frau Menges, jedoch die Mehrheit (noch) längst nicht. Viele von denen, die sie oberflächlich kennengelernt haben, wenden sie an, weil und wie man’s halt jetzt so macht (oder meint, daß man’s jetzt machen soll). Weitaus mehr haben sie noch gar nicht richtig kennengelernt („für so was hab’ ich keine Zeit“, oder: „als wenn wir keine wichtigeren Probleme hätten!“). Und viele bezeichnen sie schlicht als das, was sie ja auch ist: überflüssig, unnötig, unfertig, inkonsequent. Und hinderlich auf dem Weg und ablenkend vom Weg der wirklich notwendigen Reformen. Daß sie sie trotzdem umsetzen, ist oft nur durch Bequemlichkeit („tun wir den Kultusbürokraten doch den kleinen Gefallen, wenn sie uns nur sonst in Ruhe lassen“) oder durch Zwangslagen (Abhängigkeitsverhältnis, Sorge um Arbeitsplatz und -klima) zu erklären. Beide Erklärungen habe ich in vertrauten Gesprächen so schon gehört.
Wie sich „Lehrer mit der neuen Rechtschreibung arrangiert haben“, liebe Frau Menges, das verfolge ich täglich in einer frequentierten Mailingliste für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen. Ein paar Fundstücke der letzten Tage will ich Ihnen nicht vorenthalten:
„Lehrerweissheiten“:
Wer weiss von anderen Beispielen...
Ich weiss nicht, ob ich ...
Soweit ich weiss sucht Bayern händeringend nach ...
Kennt jemand diese Aufnahme, weiss jemand, wo man ...
(Alle Beispiele von verschiedenen Teilnehmern, alle haben auch ein ß auf der Tastatur)
ss, ss, ss und ss:
Mein Gott dass interessiert mich alles nicht.
Könnt ihr den Scheiss nicht persönlich klären?
Nein, bloss nicht das...!
Gruss ... viele Grüsse ... herzliche Grüsse ... liebe Grüsse ...
(solche „ss-Grüsse“ kommen erstaunlich oft vor)
Von kehrenden Notenwerten und artigen Pavillons:
Notenwerte, die immer wieder kehren...
Das ist wohl schulabhängig und nicht Erlass abhängig
So weit ich in Erinnerung habe, gibt es ...
... einen gscheiten, Kurmuschel artigen Pavillon ...
Für meine 6.Klässler möchte ich ...
Wie war das noch? Für wen und zu welchen Zweck wurde die deutsche Rechtschreibung durch die Reformer systematischer gestaltet? Und wie war das mit der Fehlerreduzierung und der leichteren Erlernbarkeit?
Noch einmal, weil’s so „reizend“ ist:
Nun haben sich - ich würde sagen alle- mit der neuen Rechtschreibung auseinandergesetzt.
Die Lehrer haben sich mit der neuen Rechtschreibung arrangiert.
eingetragen von Elke Philburn am 27.11.2002 um 23.09
Zitat:
W i r haben nun diese Rechtschreibung in den Büchern, Heften, an den Türen, im Schrank, und in den Regalen. Viele Lehrer arbeiten nun mit dieser Rechtschreibung, weil viele Schulbücher gedruckt wurden und auch eine Menge Geld und Aufwand gekostet haben und nun bereit stehen.
Liebe Frau Menges,
Sie gehören anscheinend zu den Menschen, die sich in einer Art gedanklichem Knoten befinden, indem sie dem irrationalen Glauben anhängen, was einmal eingeführt sei, könne man nicht wieder rückgängig machen. Lösen Sie sich doch mal von solchen Vorstellungen. Es handelt sich nicht um irgend so etwas Übermächtiges wie ein Rad der Geschichte, das man nicht zurückdrehen könne, sondern um einen störenden Eingriff, der umso mehr Unfug hervorbringt, je länger er betrieben wird.
Wollte man das Experiment beenden, würde es natürlich eine Weile dauern, bevor die alte Stabilität wiederhergestellt wäre. Dies würde vor allen Dingen jene Schülergenerationen betreffen, die seit 1996 mit zwei Rechtschreibungen zurechtkommen müssen. Im Deutschunterricht wird ihnen die Reformschreibe eingeflößt, in anderen Fächern bekommen sie schon wieder Zettel in herkömmlicher Rechtschreibung vorgelegt. In den Schulmappen, wenn Sie sich die einmal kritisch ansehen, herrscht ein Drunter und Drüber. Hier diese, dort jene Rechtschreibung. Einmal Hü und einmal Hott. Kinder, die ohnehin schon Lernschwierigkeiten haben, werden bei einem solchen Durcheinander gleich gar nicht zurechtkommen. Da hilft nur noch das Ausweichen auf eine größere Fehlertoleranz und letztlich eine steigende Gleichgültigkeit von seiten der Lehrer gegenüber einem Chaos, dem sie sich selber nicht mehr gewachsen fühlen.
Das einzige, woran man sich festhält, ist die vermeintlich vereinfachte s-Schreibung.
Hierzu schreibt Manfred Riebe:
Zitat:
Die neue ß/ss-Regelung dient lediglich als Füllmaterial, um überhaupt eine Reform nötig erscheinen zu lassen. Die ß/ss-Regelung ist der Silikonbusen der Rechtschreibreform. Sie täuscht Volumen vor, wo keines vorhanden ist."
Der Vergleich mit einem Silikonbusen, einer Art aufmerksamkeitserregendem Blickfänger, der sich bei genauerer Betrachtung als wirkungslose Attrappe entpuppt, ist sehr zutreffend.
Sie schreiben:
Zitat:
Die Getrenntschreibung, die sowieso niemand beherrscht, wird sich automatisch wieder zusammenziehen. Dies wird die Veränderung der lebenden Sprache bewirken.
Sie meinen aber nicht, daß es sinnvoller wäre, den Nonsens doch lieber gleich bleiben zu lassen? Warum wollen Sie auf eine Art Selbstheilung der Sprache hoffen, anstatt erst einmal die Ursache für die Störungen abzustellen?
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.11.2002 um 17.23
Jeder Bayer würde sich den Mund verfransen, wenn er 'Schuster bleib bei deinem Leisten' aussprechen müsste. Hier sieht man, dass die bayerische Mundart eben ganz modern ist (vgl. Google-Ergebnis). Der Bayer sprich schnell und hörbar: Schuster bleib bei deinen Leisten.
Herr Lachenmann,
ich möchte unbedingt ein Vorabexemplar dieses neuen Buches.
Ich bin gespannt, was die Schüler unbedingt wissen und kennen müssen. Außerdem möchte ich sehen, wie so ein Buch in teilreformierter Ausgabe aussieht.
Denken Sie daran, dass auch Ihre Geschichten für Kinder immer noch ausstehen!
Wer kommt zum Diskussionsabend? Wer ist sonst noch geladen?
Zum Thema Lehrer und Lehrerinnen:
Sie sind oftmals Vordenker und in der Geschichte auch Vorreiter für Entwicklungen!
Lehrer wurden aber bei diesem Vorhaben nicht einbezogen, Schüler gar nicht getestet.
Nun haben sich - ich würde sagen alle- mit der neuen Rechtschreibung auseinandergesetzt.
W i r haben nun diese Rechtschreibung in den Büchern, Heften, an den Türen, im Schrank, und in den Regalen. Viele Lehrer arbeiten nun mit dieser Rechtschreibung, weil viele Schulbücher gedruckt wurden und auch eine Menge Geld und Aufwand gekostet haben und nun bereit stehen. Auch die Tatsache ist für mich sehr interessant, dass sich kaum Wörter aus den Rechtschreibtests geändert haben, das heißt, dass bedeutungstragende Wörter nur aus Gründen der ss- Schreibung geändert wurden. Das heißt auch, dass sich doch fast nichts Grundlegendes geändert hat. Die Getrenntschreibung, die sowieso niemand beherrscht, wird sich automatisch wieder zusammenziehen. Dies wird die Veränderung der lebenden Sprache bewirken.
eingetragen von Elke Philburn am 27.11.2002 um 16.20
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Das Entscheidende an dieser »Antwort eines Lehrers« ist, daß er keine Sorge haben muß, jemals selbst in die Situation zu geraten, wo er ein leuchtendes Beispiel eines solchen »einzelnen Lehrers mit Rückgrat« liefern könnte, denn diese kantige Kritik kann er bequem zurückgelehnt aus der Zuschauertribüne des Ruheständlers in die Arena schleudern.
Das kann man so nicht sagen, lieber Walter.
Herr Riebe war auch als amtierender Lehrer schon ausgesprochen aktiv:
Ich weigerte mich in Lehrerkonferenzen offiziell, die neue Rechtschreibung im Unterricht anzuwenden, damit ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet wird. Leider geschah das nicht, weil die Kultusbürokratie Angst vor öffentlichen Gerichtsverfahren hat. Auch im Unterricht verwendete ich jede Gelegenheit, auf den Unsinn der Rechtschreibreform aufmerksam zu machen. Ich benutzte ungehindert das Schwarze Brett zur Information über die Rechtschreibreform und verteilte Flugblätter in die Fächer aller Lehrer im Berufsbildungszentrum der Stadt Nürnberg.[...]
Anläßlich meiner Pensionierung flocht ich in meine Abschiedsrede vor der Lehrerkonferenz am 28. Juli 1999 folgende Passage ein: "Wie Sie wissen, bin ich Vorsitzender des VRS. Unser Verein rief und ruft zum Boykott der Rechtschreibreform auf. Unser Aufruf wird befolgt. In Lehrerzeitschriften wimmelt es nur so von Rechtschreibfehlern. Auch die Schulleitung ist unserem Aufruf gefolgt. Freudig erregt las ich die Zeugnisbemerkungen. Darin heißt es abwechselnd "mußte, musste, verantwortungsbewußt, pflichtbewusst". Es war mir ein Hochgenuß, die häßlichen "ss" wieder in die wohlgeformten "ß" zurückzuverwandeln. Sogar bei unserer Schulleitung fiel unser Boykottaufruf auf fruchtbaren Boden. Es bereitete mir ein diebisches Vergnügen, das Rundschreiben der Schulleitung zu lesen. Es enthält einen einzigartigen Boykott der neuen Rechtschreibung. Da steht: Schuljahresabschlussfest, Abschlußarbeiten, Abschlußklassen, weiss, Mass, Anfangsstress, Namensfindungsprozess, ausser, aussen, Prozess, Abschlusskonferenz, dass. Es gab allein bei der ß/ss-Schreibung sechs Fehler. Das ist aktiver Widerstand. Diese raffinierte Art des Boykotts, neue mit alten Schreibweisen zu vermischen, ist vorbildlich. Ich werde diese Methode weiterempfehlen."
eingetragen von Detlef Lindenthal am 27.11.2002 um 09.58
Lieber Herr Wrase,
unabhängig von Ihnen habe ich das gleiche herausgefunden.
Lieber Herr Kukulies,
zwar hat die Wendung „bleib bei deinen Leisten“ 1650 Gugel und ist grammatisch und sprachlich soweit in Ordnung.
Die Wendung „bleib bei deinem Leisten“ ist mit 516 Gugel nur zweiter Sieger;
dagegen ist die Wendung „bleib bei deine Leisten“ mit nur 2 Gugel nicht nur weit abgeschlagen, sondern stellt die Gugel-Schiedsrichterei verdientermaßen etwas ins Zwielicht.
Der Wendung mit m ist, wie mein Deutschlehrer (ein echter) uns zu Recht erklärte, aus zwei Gründen der Vorzug zu geben:
„Der Leisten“ steht typisierend für Arbeitsplatz, Arbeitsfeld; jeder Schuster arbeitet zur selben Zeit nur an einem einzigen Leisten. (Ähnlich: Franz Beckenbauer ist Fußballkaiser, nicht Fußbällekaiser.)
Der zweite Grund kommt aus dem Wunsch nach Deutlichkeit: „Die Leisten“ könnten auch, und dann völlig mißverständlich, als Mehrzahl von „die Leiste“ gebildet sein, und dann gibt der ganze Spruch keinen Sinn.
Sprachnutzung ist auch Sprachpflege, und daher möchte ich mich für eine Bevorzugung der m-Fassung aussprechen. Vielleicht sollte ich umgehend die obengenannten 1650 Gugelstellen anschreiben ;-) .
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Wolfgang Wrase am 27.11.2002 um 09.39
Die Funde mit "deinem" machen gut ein Drittel der Funde mit "deinen" aus. Weil "der Leisten" heute vielen gar nicht bekannt ist, "die Leiste(n)" hingegen allgemein bekannt sind und weil man kaum hört, ob jemand "m" oder "n" sagt, würde ich darauf tippen, daß "deinem" die ursprüngliche Fassung ist. Ein Schuster hatte zwar mehrere Leisten, er arbeitete aber jeweils an einem einzelnen Leisten.
Wir können ebenso gut übertragen "Schreiner, bleib bei deiner Säge" wie "Schreiner, bleib bei deinen Sägen".
eingetragen von Walter Lachenmann am 27.11.2002 um 09.33
Das Entscheidende an dieser »Antwort eines Lehrers« ist, daß er keine Sorge haben muß, jemals selbst in die Situation zu geraten, wo er ein leuchtendes Beispiel eines solchen »einzelnen Lehrers mit Rückgrat« liefern könnte, denn diese kantige Kritik kann er bequem zurückgelehnt aus der Zuschauertribüne des Ruheständlers in die Arena schleudern.
Wie es einzelnen Lehrern mit Rückgrat ergangen ist, davon können uns Kollegen wie Stephanus Peil oder Norbert Schäbler viel berichten und davon war auf diesen Seiten hier schon einiges Deprimierende zu lesen. Heldentod ist etwas Schönes für die überlebenden Ideologen, ansonsten weitgehend sinnlos.
Ich denke, man sollte auch respektieren, daß manche Lehrer die Orthographie nur als Teil ihrer Gesamtaufgabe sehen, die ja viel mehr umfaßt als Lesen und Schreiben. Und daß sie dann zu der Ansicht kommen, diese Gesamtaufgabe, nämlich die Kinder erfolgreich durch ihr Schulleben zu führen, nicht wegen eines »störenden Details« in Frage zu stellen. Sie wollen die Kinder nicht verunsichern, sie wollen die Eltern nicht mit einem Konflikt konfrontieren, den diese nicht mittragen würden, sie wollen sich ihren Berufsalltag, der ja kompliziert genug und mit Problemen noch ganz anderer, für die Beteiligten existentiell vordringlicherer Art, reichlich gesegnet ist, nicht zusätzlich belasten, zumal sie von den »90 Prozent der Bevölkerung« nicht den geringsten Rückhalt sondern nur weitere Kritik zu gewärtigen hätten. Soweit kann ich jeden Lehrer verstehen.
Schlimm ist nur, wenn Lehrer überhaupt nicht erkennen oder die Augen davor verschließen, was hier mit ihnen und den Schülern angerichtet wird, und sogar noch so weit gehen, die Reform als Segen für die Kinder zu preisen. Sie müßten die ersten sein, diese Mißstände zu sehen. Der Vorwurf des Versagens sollte aber weniger den einzelnen Lehrer treffen, der tatsächlich außer einer beruflichen Selbstdemontage nichts mit seiner Verweigerung bewirken könnte, als die Organisationen der Lehrerschaften, die eine solidarische Verweigerung nicht zustande gebracht haben.
Herrn Kukulies danke ich für seine Hinweise. Ich habe das Sprichwort in der Einzahl gelernt. Was den medizinischen Hinweis betrifft, so hoffe ich, daß es sich bei ihm um ehrliche Sorge und nicht um Wunschdenken handelt. Andererseits sind schon viele bedeutende Geister an dieser Krankheit gestorben.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Christoph Kukulies am 27.11.2002 um 08.33
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Heißt das nicht, der Schuster solle bei seinem Leisten bleiben? In meinen Leisten spüre ich manchmal Seitenstechen. Oder wo tut das weh? Das nur so nebenbei.
Lieber Herr Lachenmann,
ich gehöre zwar nicht dem Schusterhandwerk an, aber normalerweise hat der Schuster mehrere Leisten, nicht nur einen. Sonst könnte er keine Schuhe verschiedener Größe fertigen. Der Leisten ist das Stück Holz,über das der Schuster das Leder spannt, um es zu formen und zuzuschneiden, damit ein Schuh daraus werden kann. Es heißt "Schuster, bleib bei deinen Leisten".
Und zu den Schmerzen in den Leisten - das seien die ersten Anzeichen der Syphilis, hat uns unser Biologielehrer damals aufgeklärt.
Noch zu Frau Menges: Der Plural des Sprichwortes, sofern man ein Sprichwort überhaupt pluralisieren kann, würde dann lauten:" Schuster, bleibt bei euren Leisten".
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Elke Philburn am 27.11.2002 um 02.13
(Hier eine Antwort von Manfred Riebe an Frau Menges:)
Die Einführung der Rechtschreibreform in die Schulen war ein Fehler.
1. Ein einzelner Lehrer mit Rückgrat kann sich der rückschrittlichen fehlerträchtigen Schulschreibung widersetzen, weil 90 Prozent der Bevölkerung traditionell schreiben, was modern ist.
2. Es handelt sich nicht um Einzelgängertum, wenn ein Lehrer sich der traditionellen und damit modernen Schreibweise bedient, die 90 Prozent der Bevölkerung schreiben und er sich im VRS solidarisiert.
3. Der Sinn liegt im Widerstand gegen einen undemokratisch zwangsweise verordneten sprachlich-grammatischen Unsinn (Unterrichten von Grammatikfehlern, falscher Etymologie, unsinnigen Kommaregeln...). Ziviler Ungehorsam gegen Kadavergehorsam.
4. Schulleiter wie Frau Konrektorin Dr. Menges stehen auf der Arbeitgeberseite, so daß man ihr nach dem Mund redet. Anstatt zu hören, sollten Schulleiter lieber die Lehrerzeitschrift "Schule in Frankfurt" (SchiFF) lesen: http://www.schule-in-frankfurt.de. Dort schreiben mutige Lehrer, was sie wirklich denken. "Im Sinne des Ceterum censeo ... Catos des Älteren wird SchiFF auch nicht müde, darauf hinzuweisen, daß die Einführung der Rechtschreibreform in unsere Schule ein Fehler war."
eingetragen von Walter Lachenmann am 26.11.2002 um 23.44
Leisten:
Ein Sprichwort hat normalerweise eine Form und nicht mehrere, der sprichwörtliche Schuster einen Leisten. Aber egal.
Sie sollten sich erkundigen, weshalb Ihr Beitrag gelöscht ist. Ich habe ihn gut in Erinnerung, es gab überhaupt keinen Anlaß zum Löschen, er enthielt wirklich sehr Nachdenkliches.
Wie kann es einem einzelnen Lehrer gelingen, gegen die Norm zu schwimmen und vor allem, welchen Sinn sollte solches Einzelgängertum haben?
Da haben Sie natürlich völlig recht. Ein einzelner Lehrer oder einzelne Lehrer können nicht abweichend vom Lehrplan sich weigern, die neuen Regeln zu unterrichten. Es ist aber etwas anderes, wenn Lehrer sich vor der Tatsache verschließen, daß diese neuen Regeln der pure Unfug sind, sowohl in sprachlicher als auch kultureller und staatsbürgerlicher Hinsicht. Ich möchte in der Haut kritischer Lehrer, die dieses Bewußtsein nicht verdrängen können, wahrlich nicht stecken, und ich weiß nicht, was ich an ihrer Stelle täte. Viele reden sich einfach ein, das ginge schon auch so, es hätte ja auch dieses und jenes Gute, und sie verschließen allein aus Selbstschutz ihre Ohren vor jeder Kritik, selbst der, die aus dem eigenen Verstande kommt. Psychologisch ist das nachvollziehbar, wer mag in einem solchen Konflikt schon leben. Umso weniger ist es zu rechtfertigen, wenn ausgerechnet Lehrer meinen, sie müßten sich als Befürworter dieser staatlich verordneten Demütigung und Verdummung hervortun.
Ich gebe überhaupt nicht nach. Es handelt sich bei dem erwähnten Fall um ein wunderbares Buch, aus dem die Kinder enorm viel lernen können. Hätte ich hier auf meinen Prinzipien beharrt, hätte ich völlig fruchtlose Diskussionen führen müssen mit dem Ergebnis, daß das Buch nicht hätte gemacht werden können und die Kinder auf dieses Buch hätten verzichten müssen. Erreicht haben wir immerhin soviel, daß zumindest in unserem Buch die Kinder nicht eine einzige grammatikalisch falsche Schreibung finden und auch keine häßlichen Entstellungen. Die von uns in Kauf genommene ss-Schreibung ist nun ohnehin überall anzutreffen und mußte »auch wenn es uns dabei den Magen umdreht« (wie Ihr Kollege, der Autor, in einem Brief schrieb) in Kauf genommen werden. Ähnliche Taktiken gäbe es vielleicht auch für Lehrer. Schadensbegrenzung oder so.
Heute habe ich es wieder deutlich gehört. Die Lehrer haben sich mit der neuen Rechtschreibung arrangiert.
Daß das Thema vielen Ihrer Kollegen gleichgültig ist, oder sie keine Lust haben, darüber irgendwelche problematischen Diskussionen zu führen, daran besteht kein Zweifel. Ich kenne aber eine ganze Reihe sehr engagierter und kundiger Lehrer, die sich damit überhaupt nicht arrangiert haben und heilfroh wären, wenn diese Reform wie ein übler Spuk plötzlich wieder verschwände. Kommen Sie am 3. Dezember um 19 Uhr in die Bayerische Akademie der Schönen Künste und hören Sie, was Ihr Kollege Illauer dazu sagt. Diese Einladung steht wirklich.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Martin Reimers am 26.11.2002 um 20.57
Frau Menges schrieb:
"Heute habe ich es wieder deutlich gehört. Die Lehrer haben sich mit der neuen Rechtschreibung arrangiert."
Liebe Frau Menges,
Es gehört schon ein phänomenales Gehör dazu, zu hören, was DIE Lehrer denken, noch dazu an einem einzigen Tag.
Wie kann sich aber auch nur ein einziger Lehrer mit etwas abfinden, was es gar nicht gibt? Herr Ickler hat es neulich wieder einmal glänzend auf den Punkt gebracht: Es gibt keine neue Rechtschreibung, allenfalls eine riesige Baustelle mit gleichem Namen.
Ein Leher kann sich mit einer oder mehreren Versionen der Neuschreibung abfinden, mit allen gleichzeitig wohl aber kaum - da entsteht schon ein logisches Problem, da diese sich widersprechen. Außerdem kann niemand sämtliche Not-Orthographien überblicken, sobald er eine kapiert hat, kommen drei neue nach, das ist wie mit der siebenköpfigen Hydra.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.11.2002 um 20.37
Heute muss ich die Lehrerin herauskehren:
Es heißt:
Einzahl: Schuster bleib bei deinem Leisten!
Mehrzahl: Schuster bleib bei deinen Leisten!
Wenn Walter Lachenmann schon nachgibt, dann stimmt mein Satz, der gelöscht wurde, ganz sicher:
Wie kann es einem einzelnen Lehrer gelingen, gegen die Norm zu schwimmen und vor allem, welchen Sinn sollte solches Einzelgängertum haben?
Heute habe ich es wieder deutlich gehört. Die Lehrer haben sich mit der neuen Rechtschreibung arrangiert.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.11.2002 um 19.57
Sie haben ein Schulbuch in teilreformierter Rechtschreibung herausgegeben? Sie geben nach? Ich bin sehr überrascht.
Ebenso bin ich überrascht, dass mein Beitrag nicht mehr steht. Es waren natürliche und ernstgemeinte Gedanken darunter.
Versuchen wir es nochmals mit Bloomfield:
Bloomfield beschreibt in seinem Buch der Sprachwissenschaft die Grapheme und Morpheme als die kleinsten Einheiten: Die kleinsten bedeutungsunterscheidenden Merkmale im Sprachlauf heißen Phoneme. Sprachliche Formen sind definiert als Verbindung einer Phonemfolge mit einer meist konstanten Bedeutung. Er unterscheidet damit bedeutungstragende ( = distinktive) und nicht distinktive Eigenschaften.
Er nennt dabei die Phoneme Merkmale und die Wörter Formen, die Sätze grammatische Formen, es folgt der Übergang zu komplexen Formen und Formenklassen.
Eine Form, die kleinste Form ist als also das Wort. Form wird im sprachlichen Bereich definiert als Wort, als Satz, als Konstruktion und als Substitution.
Damit kann ich ihn gut in mein Schema a.) und b.) meines Beitrages einordnen.
Es war nicht die "Rede", die es zu definieren galt, sondern die "Form". Interessant und lesenswert ist das Buch "Language" von Bloomfield auf alle Fälle.
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.11.2002 um 21.59
Heißt das nicht, der Schuster solle bei seinem Leisten bleiben? In meinen Leisten spüre ich manchmal Seitenstechen. Oder wo tut das weh? Das nur so nebenbei.
Zu »den Leisten«, wenn Sie es so wollen, eines Verlegers gehört die Orthographie nicht weniger als zu denen eines Lehrers, wir haben tagtäglich damit zu tun.
Leider nehmen es viele Kollegen damit inzwischen nicht mehr so genau, ähnlich wie die Lehrer, und berufen sich ebenfalls auf geschaffene Tatsachen und Zwänge. Manche bringen es sogar fertig, die neue Rechtschreibung gut zu finden, oder gar nicht so schlecht, oder sie finden, man könne sich dran gewöhnen und dann täte es gar nicht mehr so weh. Man gewöhnt sich ja auch dran, daß die Post immer schlechter funktioniert und die Luft immer schlechter wird und man in keinem Bach mehr unbesorgt baden kann.
Es ist wahr, daß ein von den großen Konzernen unabhängiger Verleger im Gegensatz zu einem Lehrer selbst entscheiden kann, welche Orthographie er wählt. Fast immer. Mit Leistenschmerzen habe ich soeben ein Buch zur Verwendung in Schulen veröffentlicht, in dem wir - mit mir der Autor, ein erfahrener und sehr engagierter Lehrerkollege, der die Reformorthographie verflucht - eine Tarnorthographie gewählt haben: Nur die ss-Fälle wurden »reformiert« gedruckt. Ansonsten alles wie gehabt, die scheußlichen Trennungen wurden vermieden (he- raus, hi- nein usw. man fühlt sich jedesmal angepöbelt: He! Raus! Hi! Nein! - Wem kann nur solches Dummzeug einfallen? Dann aber wieder hin-weg, her-bei, wo ist da das »System«, wie sollen die Kinder das kapieren?)
Kurzum: Wenn man Falsches tun muß, sollte man sich das Bewußtsein dafür erhalten, daß man etwas Falsches tut. Den Schaden so gering halten wie möglich und darauf hoffen und das Seinige dafür tun, daß das Falsche bald wieder aus der Welt verschwindet.
Es wird aber nicht die Zufriedenheit gemessen, sondern die Ruhe. *]
Das haben Sie wunderbar gesagt. Deswegen sorgen wir hier ja auch für Unruhe!
*] Dieses Zitat stammt aus einem gestern abend hier noch vorhandenen Beitrag von Frau Menges, der leider inzwischen verschwunden ist. Er enthielt bemerkenswerte Gedanken, schade.
– geändert durch Walter Lachenmann am 27.11.2002, 09.32 –
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von J.-M. Wagner am 25.11.2002 um 17.30
Zitat:Das System hinter der Reformschreibung scheint mir, grob vereinfacht, so auszusehen: Alles, was sich irgendwie ähnelt, wird in einen Topf geschmissen: Auto fahren, Eis laufen, Eis kaufen, Feuer fangen, Leid tun, Recht haben, ...; am Abend, morgen Abend, morgen Früh, ... Und es gilt die Devise, daß die Anzahl dieser Töpfe zu minimieren ist.
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
RenateMariaMenges: Es ist ein System dahinter [in: "heute Nachmittag", 21.11.2002; BeitragNr=15278]
Und wie ist dieses System, wo ist es definiert? Haben Sie - oder diejenigen, die Sie mit »wir« meinen - es sich selbst so zurechtgelegt? Man muß nicht Sprachwissenschaftler sein, um zu wissen, daß man Sprachlehre so nicht betreiben darf. Was machen Sie mit Ihrem »System«, wenn diese Schreibweisen wieder rückgängig gemacht werden, weil man »höheren Ortes« erkannt hat, daß sie grammatikalisch falsch, also sprachwissenschaftlich unhaltbar sind?
Zwar paßt die geschlossene Liste in § 34 (1) nicht zu dieser Betrachtungsweise, da sie einen überflüssigen und unbrauchbaren Extratopf darstellt, aber das haben die Reformer ja "frühzeitig" erkannt und sie in ihrem ersten Bericht zur offenen Liste erklärt. Aber ich will nicht zu sehr vom Thema ablenken, sondern nach einer weiteren kleinen Nebenbemerkung das Feld wieder Frau Menges überlassen.
(Auf Ihre Antwort auf den Beitrag von Herrn Lachenmann bin ich schon gespannt, liebe Frau Menges, denn darin werden ein paar Dinge angesprochen, nach denen ich bereits gefragt hatte, ohne eine Antwort zu bekommen -- was mich bei der Fülle der Beiträge allerdings nicht wundert oder befremdet).
Zitat:Wer weiß, vielleicht ist das ja Absicht: eine Stelle, an der man mit Sicherheit das findet, von dem man weiß, daß man es genau dort gelesen hat... Es muß sich nur noch weiter herumsprechen, daß diese wertvollen Beiträge hier zu finden sind:
(Interessante Betrachtungen hierzu hat Henning Upmeyer kürzlich im »alten Gästebuch« geäußert, leider scheint er den Weg ins neue Forum oder Gästebuch entweder zu scheuen oder nicht zu finden, sodaß seine wertvollen Beiträge vermutlich kaum noch zur Kenntnis genommen werden).
http://www.rechtschreibreform.com/Perlen/Gaestebuch/Gaestebuch.html
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 25.11.2002 um 15.07
Wer sich dafür interessiert, was Bloomfield meinte, kann unter Bloomfield minimum free form googlen. Ich wollte nicht sagen, daß B. den Stein der Weisen gefunden hätte, aber immerhin war er ein bedeutender Sprachwissenschaftler und hat sich bei seinen Postulaten für die Sprachwissenschaft etwas gedacht, was sich nicht so leicht wegwischen läßt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 25.11.2002 um 14.59
Zitat:Sie sprechen hier zu Recht von der Kommunikationstheorie (bzw. setzen Sie in Ihrem Beitrag berechtigterweise "Rede" mit "Kommunikation" gleich): Ohne eine funktionierende Kommunikationsgrundlage in Form einer "ausgewachsenen" Sprache wäre dieses nette Gedichtchen völlig bedeutungslos und auf die reine Lautmalerei beschränkt.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
b. der Kommunikationstheorie: Auch aus Silben lässt sich durchaus eine Unterhaltung aufbauen. Selbst in der Lyrik wird es verwendet. Ich möchte aus diesem Grund nochmals das geniale Gedicht von Walter Vogt zitieren:
Die drei Lebensalter des Menschen:
da da
bla bla
ga ga
Hier findet die Unterhaltung durch 6 Silben statt[,] und wir wissen genau[,] was gemeint ist. Durchaus nehme ich dieses Gedicht in eine "Rede" auf.
Die ursprüngliche Frage nach den Wörtern aber betraf genau diese Grundlage: die "abstrakte" (genauer: bedeutungstragende, Begriffe vermittelnde) Ebene der Sprache als Medium des Informationsaustausches und der Verständigung ("Kommunikation"!). Das wird zwar in dem kurzen Zitat von Bloomfeld (»die kleinste freie Form innerhalb der menschlichen Rede«) nicht deutlich, jedoch...Zitat:...ist dies kein Grund, den Gegenstand an sich zu verwechseln mit dem Umgang damit und der Handhabung bzw. der Handhabbarkeit durch verschiedene Personengruppen! Das ist ein ganz anderes Thema, nämlich:
Weiterhin sind auch Reste der Sprache eine freie Form der Kommunikation, zum Beispiel die Unterhaltung mit einem Gehörlosen, der noch Reste sprechen kann.
Dies kann auch eine Rede sein.
Zugegeben - dies sind Randbereiche der Gesellschaft.Zitat:Der gleiche gedankliche Fehler liegt ja auch der Rechtschreibreform zugrunde (vgl. "Die Rechtschreibreform und einige ihrer Argumente"): Wenn das eigentliche Problem darin besteht, daß in der Gesellschaft etwas faul ist -- Stichwort Ausgrenzung; ganz egal weswegen, sei es Behinderung oder unvollkommene Rechtschreibung oder ... --, dann muß sich die Einstellung der Gesellschaft zu diesen Dingen und nicht etwas an den Dingen selber ändern!
... grenze ich deutlich Menschen, die in Randbereichen leben[,] aus.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Michael Krutzke am 25.11.2002 um 14.27
Und zum "System" gehört auch etwas, worauf S. Stirnemann * hingewiesen hat:
"Da er [Reiner Kunze] sich der neuen Rechtschreibung verweigert, drucken die Schulverlage seine Texte nicht mehr ab, und er erlebt nach seiner Ächtung in der DDR „die zweite Ausbürgerung aus deutschen Schullesebüchern“. Wie ist so etwas möglich?"
Über Brecht-Texte wurde an anderer Stelle hier im Forum übrigens gleiches berichtet. Was sagen solche Methoden, mit denen offenbar Grundlagen für spätere Erfolgsmeldungen bei der Umsetzung der RSR und ihrer Annahme durch Schüler und Bevölkerung vorbereitet werden sollen, über die Reform selbst, ihre Planer und die ausführenden Organe aus?
* Nachzulesen im Zeitungsarchiv auf der Startseite
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.11.2002 um 13.10
RenateMariaMenges: Es ist ein System dahinter
Und wie ist dieses System, wo ist es definiert? Haben Sie - oder diejenigen, die Sie mit »wir« meinen - es sich selbst so zurechtgelegt? Man muß nicht Sprachwissenschaftler sein, um zu wissen, daß man Sprachlehre so nicht betreiben darf. Was machen Sie mit Ihrem »System«, wenn diese Schreibweisen wieder rückgängig gemacht werden, weil man »höheren Ortes« erkannt hat, daß sie grammatikalisch falsch, also sprachwissenschaftlich unhaltbar sind? (Interessante Betrachtungen hierzu hat Henning Upmeyer kürzlich im »alten Gästebuch« geäußert, leider scheint er den Weg ins neue Forum oder Gästebuch entweder zu scheuen oder nicht zu finden, sodaß seine wertvollen Beiträge vermutlich kaum noch zur Kenntnis genommen werden).
Es ist sicherlich wichtig, Kinder auf eine so portionierte Weise an die Wirklichkeit heranzuführen, daß sie ihnen begreiflich wird und die Kinder ihrem Alter gemäß damit umgehen können. Fatal ist es aber, »den Kindern zuliebe« ihnen etwas Falsches zu vermitteln, und das von Ihnen beschriebene System ist schlichtweg falsch, mag es auch als eine Art Eselsbrücke vordergründig für die jetzt verordnete, falsche Regelung einigermaßen plausibel erscheinen. Sofern Lesen und Schreiben im späteren Leben der von Ihnen unterrichteten Kinder nur eine untergeordnete Rolle spielen, wird diese fehlerhafte Ausbildung möglicherweise keinen größeren Schaden anrichten. Aber diejenigen Ihrer Schüler, die sich später intensiver mit Sprache befassen, werden sehr bald, schon im Gymnasium, mit den Widersprüchen konfrontiert sein, die aus den falsch vermittelten Grundkenntnissen herrühren. Ihr selbstgebasteltes »System« taugt nämlich ab einem gewissen Stadium nicht mehr, kann vielmehr das Verständnis der tatsächlichen sprachlichen Zusammenhänge versperren, weil es erst wieder verlernt werden muß. Das wird bei vielen Schülern zu Resignation und Desinteresse an sprachlichen Zusammenhängen führen, und dazu, daß sie auch später als Erwachsene kein gutes Deutsch schreiben können, selbst im literarischen, journalistischen oder wissenschaftlichen Bereich. Oder daß die deutsche Sprache auf das Niveau hinunter verarmt, das aus einem solchen fahrlässig-dilettantischen Sprachunterricht resultieren wird. Diese Folgen dürften Ihnen als verantwortungsbewußter Lehrerin keinesfalls gleichgültig sein, und wenn Sie als Antwort auf diese kritischen Überlegungen jetzt wieder mit »den Leisten« kommen, bei denen unsereins bleiben soll, dann ist das ein bißchen dürftig.
Ihre Zivilcourage, liebe Frau Menges, steht außer Zweifel, und gerade deshalb könnte ich mir bei Ihrer Begeisterung für den Lehrerberuf denken, daß Sie, wenn die Reform zurückgenommen werden sollte (das ist ja stückchenweise längst im Gange), sich mit gleichem Eifer für die gute herkömmliche Orthographie, über die Sie bei dieser Diskussion ja eine Menge gelernt haben, ins Zeug legen würden, wie jetzt für die »reformierte«, von der Sie offensichtlich, wie der Rest der deutschen Bevölkerung, lediglich die gröbsten äußeren Merkmale weniger begriffen als vielmehr im Groben zur Kenntnis genommen haben. Sie werden Ihre Zivilcourage dann brauchen können, um dazu zu stehen, daß Sie über Jahre hin verteidigt haben, daß Ihren Kindern Falsches beigebracht wird, obgleich Sie es hätten besser wissen müssen. Wenn Sie das um keinen Preis der Welt begreifen können, dann sicherlich nicht deshalb, weil ich nuschele ...
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.11.2002 um 21.25
Zitat: M.Th. Rolland, „Neue deutsche Grammatik“, S. 36ff: Die kleinste und zugleich einzige semantisch ganzheitliche Einheit der Sprache ist das Wort. Semantisch ganzheitlich meint, daß es sich um einen eigenständigen, d.h. in sich geschlossenen Inhalt handelt. Unterhalb des Wortes gibt es nur noch semantische „Teileinheiten“, die Wortbildungselemente, die Morpheme, die lediglich Träger von Bedeutung- oder Inhaltsteilen sind. Damit ist das Wort das tragende Element der Sprache.
Die grundlegende Bedeutung des Wortes im Rahmen der Sprache erfordert eine genauere Untersuchung dessen, was ein Wort seiner Struktur nach ist. An dieser Stelle geht es nicht nur um die Lautstruktur des Wortes, das z. B. wie "du" zusammengesetzt sein kann aus Konsonant und Vokal, sondern um das Wort als Inhaltsträger.
…
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.11.2002 um 21.09
Theodor Ickler vom 25.11.2002
"Bloomfield gelangte so zu der Definition, ein Wort sei die kleinste freie Form innerhalb der menschlichen Rede."
Ob Bloomfield Recht hat wage ich zu bezweifeln.
Ich spreche aus den Bereichen
a. der Sprachtherapie: Hier ist nicht das Wort die kleinste Einheit sondern der Laut. Das Wort Rede kann man hier wahrscheinlich nicht verwenden.
b. der Kommunikationstheorie: Auch aus Silben lässt sich durchaus eine Unterhaltung aufbauen. Selbst in der Lyrik wird es verwendet. Ich möchte aus diesem Grund nochmals das geniale Gedicht von Walter Vogt zitieren:
Die drei Lebensalter des Menschen:
da da
bla bla
ga ga
Hier findet die Unterhaltung durch 6 Silben statt und wir wissen genau was gemeint ist. Durchaus nehme ich dieses Gedicht in eine "Rede" auf.
Weiterhin sind auch Reste der Sprache eine freie Form der Kommunikation, zum Beispiel die Unterhaltung mit einem Gehörlosen, der noch Reste sprechen kann.
Dies kann auch eine Rede sein.
Zugegeben - dies sind Randbereiche der Gesellschaft. Wenn ich aber Bloomfield Recht gebe grenze ich deutlich Menschen, die in Randbereichen leben aus.
".. daß sie viele überkommene Begriffe aus vorwissenschaftlicher Zeit mitschleppen und nicht einfach über Bord werfen können, ohne ganz und gar unverständlich zu werden oder ihren Gegenstand zu verlieren. "
Es würde mich gerade hier interessieren, was Sie hier unter vorwissenschaftlich meinen. Es würden mich diese Wörter interessieren und vor allem die Tatsache, wann Sie genau die vorwissenschaftliche Zeit ansetzen. Etwas unverständlich ist mir, dass gerade Sie das sagen, weil Sie auch alte Wörter gerne einsetzen. Was spricht überhaupt für einen alten Begriff den wir verstehen, weil er mit Inhalt gefüllt ist?
.. ganz und gar unverständlich zu werden..
Ich denke, es wäre genauso unverständlich gerade im psychologischen Bereich, der gespickt ist mit neuen Wörtern die alten auszusortieren. Dies würde gerade die Kommunikation, die Rede ohne Not schwer belasten.
Ich habe die Rede in meinem Beitrag mit Kommunikation gleichgesetzt.
eingetragen von Norbert Schäbler am 20.11.2002 um 17.54
Sämtliche Lehrer unterhalb der Gymnasialgrenze -
(Zitat Frau Menges: „ Aber Gymnasiallehrern fehlt es unendlich an Methodenreichtum.“)
… sind offensichtlich Menschen, die nichts wirklich richtig sind -
(Zitat Frau Menges: „Ich bin keine Sprachwissenschaftlerin, aber …“),
... aufgrund ihrer (falls überhaupt) Berufung alles für ihre Zöglinge erreichen möchten -
(Zitat Frau Menges: "Zeitbestimmungen - gestern Abend, heute Nacht, morgen Früh und übermorgen Nachmittag. Es ist ein System dahinter und wir nutzen dieses System aus. "Wir" sind in diesem Falle Leute, die mit Kindern arbeiten. Wir finden, dass dies passend ist und denken, dass wir hier richtig unterrichten.")
... aber wegen ihrer Ausrichtung nach unten und ihrer Demutshaltung nach oben in den nächsten Jahren absolut nichts erreichen -
(Zitat Frau Menges: „Meinen Sie wirklich, dass sich dieses Dilemma in den nächsten 20 Jahren lösen lässt? Nein- und abermals nein.“)
... und zwar so lange, bis diese „Übermenschen“ gewachsene Autoritäten anerkennen und respektieren und nicht einfach nur vor „Machthanseln“ kuschen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.11.2002 um 16.10
(Stirnemann)Die Behörden müssen verbindlich erklären, wie sich die Schule angesichts der unüberschaubaren Flut divergierender Schreibweisen in Wörter- und Jugendbüchern verhalten soll.
1. Wie soll eine Behörde darauf verbindlich erklären, wie die Schulen zu verfahren haben?
M. E. kann hier kein Amt verbindliche Erklärungen machen und soll es auch nicht. Das kleine Janoschbüchlein
(Tigerbikel) ist in neuer Rechtschreibung geschrieben, sowie alle Kinderbücher. Wir lesen sie und erklären auch die Rechtschrift. Wir haben unsere Wörterbücher und können damit verantwortlich umgehen. Was soll so ein Amt jetzt hier schreiben? Dürfen wir nicht mehr alle Bücher lesen? Müssen wir Bücher in der alten Rechtschreibung hinauswerfen ? Dürfen wir nur Bücher in der genau nach dem Duden 2000 verfassten Wörterbüchern ( siehe Ergebnis meiner Anfrage) lesen?
2. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden, wie man damit umgehen kann. Aber Gymnasiallehrern fehlt es unendlich an Methodenreichtum.
3. Meinen Sie wirklich, dass sich dieses Dilemma in den nächsten 20 Jahren lösen lässt?
Nein- und abermals nein.
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.11.2002 um 15.42
Ich bin keine Sprachwissenschaftlerin, aber wir gehen davon aus, dass wir die Nomen - der Abend, der Morgen, der Nachmittag, in der Nacht und in der Früh - großschreiben.
Gleichermaßen wie Artikel nutzen wir die Zeitbestimmungen - gestern Abend, heute Nacht, morgen Früh und übermorgen Nachmittag.
Es ist ein System dahinter und wir nutzen dieses System aus. "Wir" sind in diesem Falle Leute, die mit Kindern arbeiten. Wir finden, dass dies passend ist und denken, dass wir hier richtig unterrichten.
Wir stellten heute fest, dass Wörter wie Stofffetzen logisch sind. Es ist begreiflicher und es steht ebenfalls ein System dahinter. Die Regel ein "f" zu kürzen ist schwieriger und nicht vorteilhafter.
Apropos Semmeln und Einladung
Wenn ich an die Semmeln denke, denke ich daran, dass Ihre Einladung nicht wirklich steht. Sie haben wohl Angst, dass Ihnen Schüler die Meinung sagen ? - einem Verlagsvorsteher, der alles in alter Rechtschreibung herausbringt. Wie steht es mit dem mittelständischen Unternehmer- kann sich der das überhaupt leisten? Nuscheln Sie eigentlich oder kann man Sie gut verstehen?
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.11.2002 um 05.29
Wie soll ich eine sprachwissenschaftliche Auseinandersetzung führen, wenn ich von früa bis spat in der Arbeit sitze?
Ich hoffe, dass ich Ihnen dieses Mal entsprechend antworten kann, denn die Anfrage war ja sachlich genug.
Zu Reimers habe ich auch soviel zu sagen, er hat einige spitzfindige Bemerkungen gemacht.
Lindenthal - und die 0,01 Prozent! Sie merken - ich habe zu tun.
P.S.: Heute nehme ich auch noch den "Ickler" mit, damit wir wir in der Bibel und auch noch in einem anderen Wörterbuch nachsehen können! Arbeit am Wörterbuch- Reimers hat keine Ahnung! Ob er die Schülerorientierung kennt? Ob er das Lernen für das Leben kennt?
eingetragen von Martin Reimers am 19.11.2002 um 22.32
Ich habe in meiner immerhin 14 Jahre währenden Schulzeit noch kein einziges Mal einen Lehrer mit einem Duden in der Hand gesehen.
Damit sollte doch eigentlich alles gesagt sein.
Ich denke, daß letztlich eines der stärksten Motive für die RSR von ideologisch orientierten Pädagogen stammt, für die die Kinder die natürlichen Verbündeten im Kampf gegen die schlechte Erwachsenenwelt sind. Von diesem Standpunkt aus ist es nur gerecht, wenn die Lehrer endlich einmal merken, wie das ist, wenn man nicht "richtig" schreiben kann - und wenn sie ihre Nase aus dem Duden gar nicht mehr rausbekommen.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.11.2002 um 21.42
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Regel K 69: heute früh, heute Früh in: Duden 2000
.....
Ich habe in jedem Fall genügend Zivilcourage für alles, was ich als richtig erachte!
Aber Frau Menges, jetzt enttäuschen Sie mich. Ein Wörterbuch darf doch nicht das Denken ersetzen! Ich hätte eine sprachlich-didaktisch differenziertere Antwort erwartet. Also: WARUM wird »heute Früh« so geschrieben? Doch nicht, weil es im Wörterbuch steht! Daß es so im Wörterbuch steht, muß doch einen Grund haben. Nun sagen Sie bloß nicht, weil es die Rechtschreibkommission so beschlossen hat. Wo bleibt dann die intellektuelle Zivilcourage, über solche Beschlüsse kritisch nachzudenken?
Wobei mir im Nachhinein in den Sinn kam, daß meine Frage viel zu kompliziert gestellt war. Es geht ja weniger um Grammatik, wenn ich das richtig sehe, als um die Wortart. Was ist hier »Früh«? Ein Substantiv? Warum steht es so isoliert ohne Artikel nach dem Zeitadverb? Ist es eine geschrumpfte Wendung, die ursprünglich lautete: »heute in der Früh«? Ist das jemals so verwendet worden? Und warum steht jetzt hier ein aus seinem unterstellten Zusammenhang gerissenes, also verstümmeltes, Substantiv, wo es über Generationen hinweg ohne jegliche Verstümmelung Teil einer adverbialen Wortgruppe war?
Stimmt diese Theorie überhaupt? Von Grammatik verstehe ich herzlich wenig, deshalb wäre mir die fachliche Argumentation einer überzeugten Reformbefürworterin interessant gewesen.
Also nochmal von vorn, mir zuliebe. Denken Sie an unsere schönen Stunden im Busbahnhof, wo wir in allen Ehren Ihre leckeren kleinen Semmeln vernascht haben.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.11.2002 um 20.45
(Stirnemann) Es ist verantwortungslos, von den Eltern oder Schulgemeinden die regelmässige Anschaffung neuer, „präzisierter“ Lehrmittel zu verlangen.
Es ist so, dass diese Lehr- und Lernmittel bereits angeschafft sind und sicherlich weiter genutzt werden, wie ich schon mehrfach ausgeführt habe. Wird das einfach übersehen?
(Stirnemann) In St. Gallen konstituiert sich ein Arbeitskreis aus Linguisten und Politikern, der sich dieser Probleme annehmen wird. Wer Interesse an der Mitarbeit hat, wende sich an den Verfasser.
Nur so kann man an die Problematik herangehen, wenn man etwas ändern will.
Warum findet sich zum Beispiel kein dt. Verband, der diese Sachlage angeht?
Ist das Desinteresse?
Warum finden sich keine Germanisten, Schriftsteller, Schulentwickler und Politiker in Deutschland zu einer konstituierenden Arbeitsgemeinschaft?
Das sind Fragen, die ich nicht verstehe. Ganz Deutschland spricht von Schulentwicklung, aber wer hat schon die Idee hier auch noch die Rechtschreibung einzubeziehen?
Regel K 69: heute früh, heute Früh in: Duden 2000
Rechtschreibtests:
Ich nehme an, dass hier auf m e i n e F r a g e n niemand juristisch exakt antworten kann.
Noch ein kleiner Witz:
Gestern schaute ich im Duden 2000 ein Wort nach. Der kleine Max meldete sich und fragte nach: Frau M., ist das ihre Bibel? Dies rief lautes Gelächter meines Mitarbeiterstabs hervor.
Sie kennen alle meine Leidenschaft ...
Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich jemanden falsch belehre. Ich habe in jedem Fall genügend Zivilcourage für alles, was ich als richtig erachte!
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.11.2002 um 15.08
"Neue Orthographie: Was ist eigentlich los?" von S. Stirnemann, erschienen in: Gymnasium Helveticum, Zeitschrift für die schweizerische Mittelschule, Nr. 6/02
eingetragen von Theodor Ickler am 19.11.2002 um 14.33
Zu heute Früh kann man gleich auf den auch sonst glänzenden Beitrag von Stefan Stirnemann hinweisen (heute auf der Nachrichtenseite). Herr Stirnemann ist ebenfalls Lehrer und schreibt stets aus tiefem Verantwortungsbewußtsein für die ihm Anvertrauten.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 19.11.2002 um 13.15
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Sachliche Anfragen respektiere ich, sonst nichts.
Damit haben Sie völlig recht; als Lehrerin sind Sie es gewohnt, mit dem gebotenen Respekt als Auskunftsperson und nicht als Forumswatschenfrau behandelt zu werden. Zum Glück sind Sie nicht übelnehmerisch.
Sie schrieben in einem Ihrer letzten Beiträge:
... der täuscht sich heute Früh gewaltig.
Meine sachliche Anfrage lautet:
1. Könnten Sie uns erklären, welche grammatikalische Funktion »heute Früh« in diesem Satzgefüge hat bzw. weshalb Sie »Früh« groß geschrieben haben?
2. Würden Sie auch schreiben: »Wir müssen heute Früh ins Bett gehen, damit wir morgen den Zug nicht verpassen«?
3. Wenn nein, warum dann nicht? Worin liegt der Unterschied? Und ist aus diesem Unterschied die Großschreibung von Früh zu begründen bzw. wie ist die Begründung?
4. Oder ist das in Ihren Klassen noch nicht dran? Irgendwann werden Ihre Kinder aber mit solchen Fragen konfrontiert, wie sollen sie sich dann diese Widersprüche erklären?
Jetzt können Sie einmal zeigen, wie das ist, wenn jemand »bei seinen Leisten« bleibt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Christian Melsa am 19.11.2002 um 09.42
Den Vorwurf, sich ein "Schutzbiotop" zu basteln, finde ich ungerechtfertigt. Für viele Lehrer ist ihr Beruf ein harter Knochenjob, bei dem man sich um alles mögliche kümmern muß und hinterher doch oft als Buhmann dasteht, selten gelobt wird (ähnlich wie Hausfrau).
Betriebsblindheit gibt es nicht nur bei Lehrern, nicht einmal nur bei Beamten. Heilbar ist sie oft nur von außen, aber bestimmt nicht mit Prügel, das verstärkt nur die Isolation.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 19.11.2002 um 09.26
Liebe Frau Menges,
Sie schreiben, Ihre Darstellung dürfe ich „ruhig als kleine Provokation auffassen“, als ein nicht ernstzunehmendes Späßchen. Dazu gibt es hierzulande das Sprichwort: „Wokeen sick utgifft för’n Pannkoken, de ward ok freten as’n Pannkoken.“
Betreffs solcher ,nicht ernstzunehmenden Späßchen‘: Lachenmanns Bahnbushütte war erstklassig, die jedoch in einer Antwort genannte Strafung mit einem Bahnbusstab stieß auf, wie ich meine, berechtigte Kritik. Hier im Forum unterscheiden sich Krottenthal und Rechtschreib-Eltern durchaus in ihrer Späßchentoleranz. Ein Schreiber muß also auch immer einkalkulieren, ob er mit einem Scherz(?) jemand anderen auf der Sachebene angreift, so daß der anfängt, sich auf der Sachebene zu wehren. Eine gute Übung ist, den eigenen Beitrag solange prüfzulesen, bis er keine Rechtschreibfehler mehr enthält; bei mehrmaligem Durchlesen wird man auch die Sinnschwächen noch herausfinden und ausbessern.
Wenn Sie meine Kritik an Ihrer Lehrer-Ethik als beleidigend empfinden, so stützt das meine Meinung, daß viele Deutschlehrer sich recht weit aus der Leistungsgesellschaft verabschiedet haben. Die Schule als Schutzbiotop für Beamte hat ihre Nachteile. Ich finde es betrüblich, wie Deutschlehrer das Wissen der Sprachfacharbeiter (Schriftsetzer, Lektoren, Verfasser) verschmähen und sich und ihren Schulkindern eine eigene, unwirkliche Welt zusammenbasteln. Die Nachwelt wird entscheiden.
-- Für den Fall, daß das Wort wokeen für Nichtniederdeutsche schwer zu erschließen ist: Man übersetze es mit welcheiner oder wer.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von Christian Melsa am 19.11.2002 um 08.56
Es gibt Eltern, hier auf dem Strang, die würden die alte Rechtschreibung bevorzugen, aber das sind nur 0,01 Prozent. Alle anderen 99 Prozent bevorzugen das, was heute erforderlich ist.
So schreibt Frau Menges, und dazu hat sie ja bereits schon von anderen Mitdiskutanten einen hinter die Löffel bekommen, noch bevor ich meine Verwunderung über diese höchst eigenartig wirkende Einschätzung ausdrücken konnte.
Sie ist aber anscheinend von einigen falsch verstanden worden, denn sie meinte sicher nicht, daß auf diesem Strang nur 0,01 % der Eltern die alte Rechtschreibung bevorzugen, sondern daß Eltern, die die alte Rechtschreibung bevorzugen (wie die meisten Leute auf diesem Strang) draußen in deutschen Schulen aber nur den besagten kleinen Anteil ausmachen. Stimmt's?
Aus Allensbach (und nicht nur von dort) wissen wir, daß nur etwa 10 % der Bevölkerung die Rechtschreibreform befürworten. 56 % bezeichnen sich als Gegner, 33 % ist es egal (übrigens fast identisch in Ost und West, siehe http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0207.html). Der Anteil derjenigen, die auf die Frage, wie man mit der Reform jetzt weiter umgehen solle, antworteten, sie solle nun aber beibehalten werden, beträgt jedoch schon 29%! Und 25 % beantworten die Frage positiv, ob sie selber sich schon umstellt hätten, zusätzlich fassen diesen Schritt 13 % für die Zukunft ins Auge. Man kann daran die seltsame Ergebenheit erkennen, mit der sich ein erschreckend hoher Teil der Bevölkerung in ein vermeintlich unabänderliches Schicksal fügt, obwohl bei konsequenter Verweigerung durch die Mehrheit die Entfaltung der Reform sich klar be- bzw. langfristig verhindern ließe. Es scheinen viele gar nicht zu wissen, daß sie als Ablehner der Reform zur großen Mehrheit gehören, andererseits mögen sie auch den Eindruck gewonnen haben, daß Mehrheitsmeinungen in diesem Land ohnehin keinen wirklichen Einfluß auf die Politik haben. Jedenfalls sind also sogar 38 % grundsätzlich bereit, sich zu fügen bzw. haben sich schon gefügt. Aus Angaben des Statistischen Bundesamtes läßt sich errechnen: Etwa 12 % der Bevölkerung geht zur Schule; da eine Mutter aber heute 1,4 Kinder hat, gibt es etwas mehr Eltern von Schülern als Schüler. Sagen wir mal, etwa 17 % der Bevölkerung. Weil von Allensbach nur Personen im Alter von über 16 Jahren befragt wurden, können mögliche Schüler darunter also fast nur Gymnasiasten gewesen sein, und davon auch nur diejenigen der oberen Jahrgangsstufen. Das sind nur noch etwa 1% der Bevölkerung. Gemeinsam mit all den Eltern also 18 %, jedenfalls unter 20 %. Es kann also unter den Schülereltern der Anteil der Befürworter niemals auch nur annähernd 99,9 % betragen, aber so wie Frau Menges es ausgedrückt hat, kommen ja noch andere Meinungsgruppen in Betracht, und zwar sowohl die Gleichgültigen als auch die resignierten Dulder, die für ihre Kinder den Unterricht in neuer Rechtschreibung bevorzugen, in dem Glauben, sie würden sonst nicht angemessen auf eine ja doch unausweichliche Zukunft vorbereitet.
Allerdings ist natürlich auch der ganze Rest der Bevölkerung von der Rechtschreibreform betroffen, insofern ist nicht einzusehen, warum diese Minderheit über die Sache bestimmen sollte. Frau Menges scheint alles hinzunehmen, was es irgendwie bis in die Lehrpläne geschafft hat. Denn ist es erst einmal dort, dann scheint es entgegen aller Vernunft als absolut irreversibel wahrgenommen zu werden, und dann gilt wohl jegliche Hinterfragung der Qualität als sinnlos. Das hört man ja auch allenthalben. Die Reform sei zwar wirklich nicht das Gelbe vom Ei, das mag kaum noch jemand ersthaft bestreiten, aber eine Rücknahme sei ja jetzt nicht mehr machbar. Warum? Weil die Reform doch jetzt da sei. Diese Argumentation könnte nur dann richtig sein, wenn Rücknahmen gleich welcher Art grundsätzlich unmöglich wären. Aber das ist natürlich Unsinn.
Man sieht förmlich die Köpfe derer, die so reden, tief im Sand stecken.
eingetragen von Norbert Schäbler am 19.11.2002 um 07.42
Aus Schulleistungstests darf logischerweise zitiert werden, sind sie doch der Öffentlichkeit nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern geradezu aufgebürdet.
Gleiches gilt für den Verwaltungsakt „Rechtschreibreform“.
Deren besondere Bürde macht den Geist der Verwaltung dumpf und „schwer fällig“, denn die armen Staatsbediensteten müssen sich auch noch schützend vor diesen ausgeheckten Blödsinn stellen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.11.2002 um 06.59
Ja. Ihre Beiträge waren beleidigend. Diese Prozentrechnung mit 0,01 dürfen Sie ruhig als kleine Provokation auffassen.
Natürlich ist diese nicht ernst zu nehmen. Wir haben ja auch über Krottenthal unsere Späßchen gemacht.
Wer weiß jetzt etwas über
a. Urheberrechte
b. Bezugsrechte
c. Zitiermöglichkeit aus geschützem Material?
Eventuell muss ich dazu eine Anfrage an die Testzentrale
machen. Übrigens - falls jemand auf die Idee käme, wir wären am Buß - und Bettag nicht in der Arbeit, der täuscht sich heute Früh gewaltig. Einen schönen Tag!
eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.11.2002 um 22.14
>> Zivilcourage? Über dieses Wort müssen Sie, Herr Lindenthal erst einmal nachdenken und ich erwarete ein angemessenes Verhalten mir gegenüber. Sachliche Anfragen respektiere ich, sonst nichts. <<
Liebe Frau Menges,
was sehen Sie als ein angemessenes Verhalten Ihnen gegenüber an? Was habe ich nach Ihrer Auffassung falsch gemacht?
Und was hat das mit der Frage von Zivilcourage zu tun, wenn ich unverantwortbare Aussagen von Ihnen nicht unwidersprochen stehenlassen will?
Sachliche Anfragen respektieren Sie also, sonst nichts. – Hmm. – Sachlichen Widerspruch demnach nicht?
Wenn Sie Ihre Prozentrechnung (im Beitrag vom 17.11 um 21.11 Uhr) nicht zurücknehmen, ergibt sich daraus, daß Sie von Herrn Prof. Ickler, mir und vermutlich vielen weiteren Schreibern dieses Forums behaupten, wir würden nicht die bewährte („alte“) Rechtschreibung bevorzugen. Gegen solche Falschmeldung wehre ich mich entschieden.
Zum Argumentieren gehört auch die Fähigkeit zurückzurudern. Das habe ich bei Lehrern noch ausgesprochen selten erlebt. Ich finde, das ist ein schwaches Vorbild für die Schuljugend.
Nachsatz: Um den längst überfälligen Rechenschaftsforderungen an unsere Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer eine geeignete Verständigungsplattform zu geben, sollte ich wohl doch mal die Seite „Deutschlehrer.de“ in Gang setzen.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.11.2002 um 20.30
Tests und deren Anwendungen sind aus psychologischen und pädagogischen Gründen geschützt. Ob sich dieser Schutz überhaupt irgendwann einmal auflöst, weiß ich nicht.
Tatsächlich ist es so, dass sich nur sehr wenig bedeutsame Wörter geändert haben. Vergleichen Sie einmal den Grundwortschatz an den Schulen.
Es ist ein unheimlich interessantes Kapitel in diesen Tests nachzuforschen und die deutsche Sprache zu vergleichen.
Selbst in der Hamburger Schreibprobe 1996 finde ich nur ein reformiertes Wort.
Fazit: Es hat sich tatsächlich nicht viel geändert. Mit dem derzeit verfügbaren Testmaterial kann nur überprüft werden, ob der Schüler das Rechtschreiben kann oder nicht. Eine Analyse über die neue und die alte Schreibweise müsste also über das freie Schreiben erfolgen.
Zivilcourage? Über dieses Wort müssen Sie, Herr Lindenthal erst einmal nachdenken und ich erwarete ein angemessenes Verhalten mir gegenüber. Sachliche Anfragen respektiere ich, sonst nichts.
eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.11.2002 um 17.27
Wenn sich derart wenige Wörter geändert haben, drängt sich wieder und wieder die Frage auf, wo dann die „50 Prozent weniger Fehler“ (angeblich dank RS„R“) herkommen.
Liebe Frau Menges,
Sie schreiben: „... ich bin mir nicht sicher, ob ich die Wörter wegen Bezugsrechte[n] und Urheberrechte[n] nach 37 ( bzw. 31 Jahren) zitieren darf.“
Heute stelle ich eine weitere persönliche Frage an Sie: Haben Sie sich schon mal gedanklich mit dem Wort Zivilcourage befaßt? Zusatzfrage: Befürworten Sie Zivilcourage als Erziehungsziel? Wenn ja, wie sollen Ihre Schulkinder solchen Bürgermut von Ihnen lernen, wenn Sie als Lehrerin sich noch nicht mal trauen, Text oder Wörter, die Sie kulturpolitisch für bedeutsam halten und denen unsere Kinder ausgesetzt sind, zu zitieren?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.11.2002 um 16.26
Interessehalber habe ich 2 alte Rechtschreibtests für die 3. und 8. Klassen ( und höher) herausgesucht:
Nur wenige Wörter haben sich verändert. Man könnte die Tests fast noch verwenden!
Deutsche Schultests, Rechtschreibtest RST 8+ für 8. und höhere Klassen von H. Damm, E. Hylla und Kurt Schäfer. Herausgegeben vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Beltz Verlag, Frankfurt am Main, 1965.
Deutsche Schultests, Diagnostischer Rechtschreibtest DRT 3. Herausgegeben von Karlheinz Ingenkamp, Leistungstest für 3. Klassen von Rudolf Müller, Beltz Verlag, Weinheim, 1971.
RST 8 von 1965:
6 Wörter mit ß statt mit ss nach der neuen Rechtschreibung gefunden
1 Wort mit h, heute ohne h
ein Wort wird heute groß geschrieben
= 8 veränderte Wörter in den Testheften nach den Diktattexten A,B,C.
DRT 3 von 1971:
Form A 44 Wörter
Keine Wörter gefunden, die sich in der alten und neuen Rechtschreibung unterscheiden.
Form B 44 Wörter
Keine Wörter gefunden!
Besonderheit: Wort 44: Knicks
Man müsste hier die Altschreiber testen, ob sie wirklich zu den hervorragenden Leistungen tendieren. Ein paar alte Testhefte würde ich dafür schon spendieren, aber nur unter meiner strengen Aufsicht!
Herr Ickler, ich bin mir nicht sicher, ob ich die Wörter wegen Bezugsrechte und Urheberrechte nach 37 ( bzw. 31 Jahren) zitieren darf.
eingetragen von J.-M. Wagner am 17.11.2002 um 19.50
Zitat:Danke! Aber wenn Sie mir teilweise zustimmen, Renate Menges, warum dann wiederum Ihr Hinweis auf die nicht sonderlich überraschenden folgenden Dinge:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Jan Wagner) Jetzt erst? Warum so spät? Welche Formulare wurden denn in den letzten Jahren (seit dem Inkrafttreten der Rechtschreibreform) benutzt?
Jan Wagner war etwas besser in der Beweisführung, er hat sich ausführlichere Gedanken gemacht, die ich unterschreiben kann, besonders was Bert Brecht angeht.Zitat:Mit einem Wort: Ich werde aus Ihnen nicht ganz schlau. Wie sehen Sie es denn jetzt: Eher so, wie ich es beschrieben habe, oder eher so, wie es das normale Verfahren bei derartigen Reformen vorsieht, d. h. so, wie Sie es in Ihren (von mir "auseinandergenommenen") Beiträgen "Rechtschreibtests" und "Papier und Schrift sind geduldig" dargestellt haben?
Die Hamburger Rechtschreibprobe von Peter May wurde bereits 1996 reformiert und nun im Jahr 2001 neu standardisiert. Ein Rechtschreibtest gehört dazu, das Rechtschreibkönnen und die Rechtschreibkategorien der Schüler einzuschätzen und gezielt mit Übungen anzusetzen. Alte Hefte werden zum alten Test gelegt und im Schrank "gelassen". Sie mögen es auch nicht, wenn der Arzt zu Ihnen sagt, wir haben zwar einen neue Testmethode gefunden, aber ich werde Sie mit der alten, überholten Version testen. Vielleicht sind ja dann noch ein paar Röntgenstrahlen zu viel, aber das macht Ihnen ja gar nichts aus. -
Außerdem vergessen Sie unsere Eltern nicht! Wir sind stets auf dem aktuellen Stand ! Übrigens Eltern: Es gibt Eltern, hier auf dem Strang, die würden die alte Rechtschreibung bevorzugen, aber das sind nur 0,01 Prozent. Alle anderen 99 Prozent bevorzugen das, was heute erforderlich ist.
Die Schulleistungstestbatterie I, Hrg. Karlheinz Ingenkamp befindet: "Der Test deckt einen großen Teil des Spektrums der gegenwärtig aktuellen Bildungsplan- und Schulbuchinhalte ab". (SBL I, Göttingen 2000, S. 6) Also sehen Sie hier die Folgeleistungen zu den Schulbüchern und Lehrplänen. Sie sind selbstverständlich alle an den gängigen Bildungsplänen, einschließlich der Rechschreibreform orientiert.
Und nochmal, um die Diskussion auf "den Punkt" zu bringen: Was legitimiert die massenhafte Verwendung von Unbrauchbarem und sachlich Falschem? Daß es die Kinder in der Schule so beigebracht bekommen?? -- Was denken Sie dazu, liebe Frau Menges?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 17.11.2002 um 00.28
Ich wollte bloß andeuten, daß es ein langer Weg ist (der mit dem Denken), und daß wir ja eigentlich gar nicht zur Rohrstockpädagogik (das ist so ein orthographischer Fehlgedanke der 68er) zurückwollen, genausowenig wie wir das alte Dudenmonopol anstreben, und daß wir ja eigentlich auch nachdenken, während das einige andere nicht tun und lediglich erlassen, verfügen und verwalten …
Denen gehören drei übergezogen!
__________________
nos
eingetragen von Martin Reimers am 16.11.2002 um 23.28
Was soll denn das nun schon wieder, Herr Schäbler?
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Norbert Schäbler am 16.11.2002 um 22.56
Für solcherlei Vorwitzigkeiten hätte es früher drei mit dem „Bahnbusstab“ gegeben.
Und gerechterweise auch auf die flache Mädchenhand!
__________________
nos
eingetragen von Martin Reimers am 16.11.2002 um 22.07
Ich meine natürlich die Zahl der Diskutanten in dem betreffenden Faden! Im Forum sind wir ja über hundert, so daß wer dies für nötig hält, hier Prozentrechnungen über uns anstellen kann, so viel er will.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Martin Reimers am 16.11.2002 um 21.59
Die Zahl der Forumsteilnehmer, liebe Frau Dr. Menges, liegt derzeit noch unter hundert und reicht damit nach allgemein gültiger wissenschaftlicher Gepflogenheit nicht aus, um irgenwelche Prozentrechnungen anzustellen.
Ich habe übrigens kürzlich auf dem Elternabend eines Hamburger Gymnasiums zum Thema das Nötige gesagt. Es hat sich niemand gefunden, um auch nur irgendetwas zur Verteidigung des großartigen Experiments vorzubringen.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Detlef Lindenthal am 16.11.2002 um 21.43
Lieber Frau Menges,
Sie schreiben: „Es gibt Eltern, hier auf dem Strang, die würden die alte Rechtschreibung bevorzugen, aber das sind nur 0,01 Prozent. Alle anderen 99 Prozent bevorzugen das, was heute erforderlich ist.“
Ich bestreite mit Nachdruck, daß gerade Sie beurteilen könnten, „was heute erforderlich ist“.
Und ich zähle auf diesem Faden 38 Verfasser. Da ich selbst Vater bin, stelle ich somit mindestens 2,6 % der hier schreibenden Eltern dar. Nehmen wir getrost Herrn Prof. Ickler noch dazu, dann sind das mindestens 5,2 % (vermutlich sind es natürlich viel mehr Eltern), die für die bewährte Rechtschreibung sind. Und nicht „nur 0,01 Prozent“, wie Sie einfach so behaupten.
Übrigens erwähnen Sie nur 99 % + 0,01 % = 99,01 %; wo erscheinen in Ihrer Volksmeinungs-Vermutung die restlichen 0,99 %?
Das finde ich schon verwunderlich: Wenn ich Sie hier wenige Beiträge früher der Wissenschaftsfälschung zeihe, sind Sie zwar ein paar wenige Tage ruhig, aber Sie antworten nicht auf diesen doch gewichtigen Vorwurf.
Schon mehrfach in diesem Faden habe ich Sie aufgefordert, als Lehrerin zurückzutreten, denn ich meine, daß soviel Weltfremdheit nicht als Ausbilderin an einen Hochtechnologie-Standort gehört. Der Jugendschutz erfordert Ihren Rücktritt.
Wenn es Ihnen im wesentlichen darum geht, Gedichtlein unterzubringen, da gibt es bessere Seiten: z.B. http://Gedichte.com. Jedenfalls finde ich es peinlich (=schmerzhaft) und unangenehm arbeitszehrend, in einem durchweg ernsthaften Forum von einer erwachsenen Frau solchen Unfug zu lesen.
Trotzdem einen schönen Sonntagabend.
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.11.2002 um 20.11
"Die Griechen, in einem Leben, welches großen Gefahren und Umstürzen sehr nahe stand, suchten im Nachdenken und Erkennen eine Art Sicherheit des Gefühls und letztes refugium. Wir, in einem unvergleichlich sichreren Zustande, haben die Gefährlichkeit ins Nachdenken und Erkennen getragen und erholen und beruhigen uns von ihr am Leben."
(Walter Lachenmann)Um damit anzufangen, treffen wir uns in Krottenthal (mit h) an der Bahnbushütte ...
Krottenthal mit h und die Bahnbushütte: Wenn ich in das "Thal" mit der Bahn fahre und zur Bushütte eile, dann nur mit Schülern, die aus dem Leben berichten und warum sie sich nicht über die neue Rechtschreibung aufregen!
... und vergessen Sie die Fleißbildchen nicht
Ich habe ungefähr vor 2 1/2 Monaten Fleißbildchen geschrieben für alle, die hier diskutieren. Diese Zwei- und Dreizeiler sind in meinem Vorreimheft. Aber leider war Herr Dörner nicht dabei und die Reime über Ickler gefallen mir nicht mehr, also müssen die Preisträger vorerst leer ausgehen.
(Jan Wagner) Jetzt erst? Warum so spät? Welche Formulare wurden denn in den letzten Jahren (seit dem Inkrafttreten der Rechtschreibreform) benutzt?
Jan Wagner war etwas besser in der Beweisführung, er hat sich ausführlichere Gedanken gemacht, die ich unterschreiben kann, besonders was Bert Brecht angeht.
Die Hamburger Rechtschreibprobe von Peter May wurde bereits 1996 reformiert und nun im Jahr 2001 neu standardisiert. Ein Rechtschreibtest gehört dazu, das Rechtschreibkönnen und die Rechtschreibkategorien der Schüler einzuschätzen und gezielt mit Übungen anzusetzen. Alte Hefte werden zum alten Test gelegt und im Schrank "gelassen". Sie mögen es auch nicht, wenn der Arzt zu Ihnen sagt, wir haben zwar einen neue Testmethode gefunden, aber ich werde Sie mit der alten, überholten Version testen. Vielleicht sind ja dann noch ein paar Röntgenstrahlen zu viel, aber das macht Ihnen ja gar nichts aus. -
Außerdem vergessen Sie unsere Eltern nicht! Wir sind stets auf dem aktuellen Stand ! Übrigens Eltern: Es gibt Eltern, hier auf dem Strang, die würden die alte Rechtschreibung bevorzugen, aber das sind nur 0,01 Prozent. Alle anderen 99 Prozent bevorzugen das, was heute erforderlich ist.
Die Schulleistungstestbatterie I, Hrg. Karlheinz Ingenkamp befindet: "Der Test deckt einen großen Teil des Spektrums der gegenwärtig aktuellen Bildungsplan- und Schulbuchinhalte ab". (SBL I, Göttingen 2000, S. 6) Also sehen Sie hier die Folgeleistungen zu den Schulbüchern und Lehrplänen. Sie sind selbstverständlich alle an den gängigen Bildungsplänen, einschließlich der Rechschreibreform orientiert.
eingetragen von J.-M. Wagner am 14.11.2002 um 23.28
Zitat:Und was macht man mit den "alten" Testformularen?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Es geht nicht nur um die Schulbücher, sondern auch um Folgebücher und Folgedienstleistungen. Zum Beispiel Diagnostik: Derzeit findet ein Boom von Revisionen statt und natürlich werden diese neuen Tests nach der derzeit gültigen Rechtschreibung standardisiert. Das heißt die Schulleistungstestbatterien (SBL I, SBL II u.a.) und die Rechtschreibtests ( HSP u.a.) sind selbstverständlich in der neuen Rechtschreibung geschrieben.Zitat:Jetzt erst? Warum so spät? Welche Formulare wurden denn in den letzten Jahren (seit dem Inkrafttreten der Rechtschreibreform) benutzt?
Das gilt für die Tests in allen Klassen zum Beispiel der Grundschule 1-4 und der Hauptschule 5-9. Solche Tests werden so schnell nicht wieder revidiert und normiert. Jetzt wird auch in diesem Bereich die derzeit gültige Rechtschreibung geschrieben und überprüft.
Das heißt in und um die Schule herum wird alles standardisiert und damit nach den derzeit gültigen Regeln normiert.Zitat:Nein, nein und nochmals: nein! Aber der Reihe nach:
Die Rechtschreibreform ging von der "forschenden" Wissenschaft aus, wurde dann über das KMK eingeführt, über die Schulen ausgeführt und muss jetzt über die Schüler bewertet werden.
1.) »Die Rechtschreibreform ging von der "forschenden" Wissenschaft aus, ...« -- Konsens. Insbesondere sind hier Anführungszeichen bei "forschend" zu verwenden; siehe dazu die entsprechenden Anmerkungen von Herrn Ickler.
2.) »..., wurde dann über das KMK eingeführt, ...« -- naja, der Reformentwurf nahm seinen Weg nicht nur über die KMK, auch einige in der Hierarchie zwischengeordnete Verwaltungsinstanzen haben ihn abgenickt, aber offenbar ohne ihn gründlich unter die Lupe zu nehmen. Der einzige, der sich getraut hat, ihn zu kritisieren, war Bayerns Minister Zehetmair. Es war zwar keine besonders substantielle Kritik, aber immerhin hat es den Dudenverlag ins Schleudern gebracht. Allen Beteiligten hätte aber bewußt sein müssen, daß der nächste Reformschritt...
3.) »..., über die Schulen ausgeführt ...« wurde. Hat sich denn wirklich niemand der Beteiligten vorher überlegt, was den Schülern da vorgesetzt wird? Wie kann es sein, daß bereits auf der Frankfurter Buchmesse im Herbst 1996 -- also erst wenige Wochen, nachdem die neuen Regeln in ihrer wirklich relevanten, endgültigen Form überhaupt das erste Mal veröffentlich worden waren -- einige gravierende Schwachpunkte der Neuschreibung angeprangert wurden? Warum hat die keiner von den Experten, die dafür eigentlich zuständig waren, vorher bemerkt? WARUM? Wer hat da geschlafen? Wer trägt die Verantwortung dafür, daß den Schülern nun Unbrauchbares und sachlich Falsches (jawohl, Falsches!) beigebracht werden muß? -- Sie kennen die Antwort, liebe Frau Menges, da bin ich mir sicher.
Ich erinnere an mein Bild vom Pferdefüttern: »Erst wird geschaut, was der Gaul wirklich braucht, dann geprüft, was von dem, was auf dem Markt ist, für ihn etwas taugt und also entsprechend ausgewählt, und erst dann wird's verfüttert.« -- Erst dann! Aber diese Reihenfolge wurde bei der Rechtschreibreform nicht eingehalten, die Prüfung ist unterblieben. Warum? Sah nicht die Wiener Absichtserklärung, am 1. Juli 1996 unterzeichnet, das Inkrafttreten der Reform zum Herbst 1998 vor -- also erst zwei Jahre später? Aha! Hier sollte offenbar absichtlich Zeit bleiben -- Zeit wozu? Etwa dazu, den Sieger im Vorpreschen beim frühzeitigen Einführen der Reformschreibung zu ermitteln?
Ich zitiere noch einmal aus dem Vorwort von Die Rechtschreibreform: Pro und Kontra, hrsg. von H.-W. Eroms und H. H. Munske (1997; hier: S. 9):Bei der Einladung zu diesem Band haben sich die Herausgeber um ein ausgewogenes Verhältnis von Pro und Kontra bemüht. Nicht jeder der Angesprochenen konnte sich kurzfristig beteiligen, mancher wollte es auch nicht. Wir bedauern vor allem einige Absagen aus den Ministerien und dem Kreis der Verfasser des neuen Regelwerkes; sie mochten sich an einer Debatte über die schon beschlossenen Regeln nicht beteiligen.Und dies 1997, also noch während der, ich nenne diese Zeit mal so, "Vorlaufphase" der Reform. Aber beschlossen ist beschlossen, und also führt kein Weg mehr daran vorbei. Damit kommt mir nicht nur die "Übergangszeit" von 1998 bis 2005 wie ein Hohn vor, auch die Vorlaufphase erscheint damit völlig überflüssig.
Fazit: Diese Reform wurde ohne Rücksicht auf Verluste durchgesetzt, ohne einer wie auch immer gearteten Kritik eine Chance zu lassen. Das nenne ich Verantwortungslosigkeit. Es war und ist der falsche Weg. Im Interesse der Schulkinder, ja, der gesamten Gesellschaft, hätte die Einführung der neuen Regeln verschoben werden müssen, bis sie sich als wissenschaftlich haltbar und für den Gebrauch zweckmäßig erwiesen hätten.
"Wer A sagt, muß auch B sagen" -- so'n Quatsch! »Wer A sagt, muß nicht B sagen. Er kann auch erkennen, daß A falsch war.« (Berthold Brecht) Bei der Rechtschreibreform ist es aber wohl bei der ersten Variante geblieben, genau so, wie Wernstedt es gesagt hat: »Wenn man einmal einen Weg eingeschlagen hat, muß man ihn auch zuende gehen, auch wenn man zwischendurch feststellt, daß er falsch ist.« Damit ist klar, daß die Feststellung...
4.) »... und muss jetzt über die Schüler bewertet werden« genau in die verkehrte Richtung geht: Die Rechtschreibreform muß dorthin zurückverwiesen werden, von wo sie ausging -- an die "forschende" Wissenschaft! Nein, besser nicht an die "forschende", sondern an die wirkliche.
Um mein obiges "nein" zusammenfassend auf den Punkt zu bringen: Eine Bewertung über die Schüler erübrigt sich, da das neue Regelwerk bereits als untauglich erkannt wurde. Eine Bewertung über die Schüler ist daher reine Energie-, Zeit- und Geldverschwendung.
(Bei der "Stiftung Warentest" gibt es die Feststellung "führt zur Abwertung", wenn ein Gerät o. ä. an einem besonders kritischen Punkt einen gravierenden Mangel aufweist. So gut dieses Gerät sonst sein mag, es kann nur ein relativ schlechtes Gesamturteil bekommen. Auf zur Stiftung Warentest! Möge sie -- als ein unabhängiger [!], vergleichender Warentester -- die reformierte mit der herkömmlichen Rechtschreibung vergleichen und zu einem Urteil kommen!)
____________
Zitat:Hm, ja, das mit der Beschränkung der Evaluation auf professionell Schreibende kam kürzlich in einem Beitrag zur Sprache; ich weiß nur noch, daß ich mich darüber gewundert habe und darauf eingehen wollte. Leider finde ich diesen Beitrag aber jetzt nicht wieder; vielleicht gibt der Autor einen Wink in die entsprechende Richtung. -- Aber was das Ziehen von Schlüssen aus der beobachteten Anwendung betrifft, habe ich bereits gesagt, warum ich das nicht für maßgeblich halte, um zu Aussagen über die Zukunft der Reformschreibung zu kommen.
Die Rede, dass nur Vielschreiber und Professoren in der Evaluation gelten sollen akzeptiere ich nicht. Ich sehe vor allem die Anwendung und ziehe daraus Schlüsse.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Martin Reimers am 14.11.2002 um 17.07
Liebe Frau Menges,
jetzt haben Sie mich auf eine Idee gebracht: Wir haben uns ja schon alle so prächtig an das herrschende staatliche Wortbildungsmonopol gewöhnt; wie wäre es da, wenn wir auch noch eine offizielle Richtlinie für die zulässige Größe von Backwaren einführen, sagen wir maximal vier cm. Rohteig? Ich bin ganz und gar davon überzeugt, daß die Normal- und Wenigbäcker begeistert sein werden.
Guten Appetit!
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Walter Lachenmann am 14.11.2002 um 17.02
... Will kommen!
Ich kann Ihre schönsten Träume Wirklichkeit werden lassen. Um damit anzufangen, treffen wir uns in Krottenthal (mit h) an der Bahnbushütte (so schreibt man das nämlich hier zu und auf dem Lande). Und da erzählen Sie mir, was Sie sich unter meinen Leisten vorstellen? Frohes Wochenende, liebe Frau Menges, und vergessen Sie die Fleißbildchen nicht! Die beiden Sieger freuen sich doch so drauf.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.11.2002 um 16.48
Da können selbst Lehrer in Kategorien denken, die Nicht- Schule ausmachen.
Der Ausspruch von Nietzsche ist richtig, vollends richtig: Wer seinen Beruf wirklich ernst nimmt, sollte auch in seinem Beruf so denken. Mein Leben ist in jedem Fall auf Schule, Schule und nochmals Schule ausgerichtet. Es macht mir zudem auch noch Spaß!
Aber am Freitag ist es vorbei und da denken selbst die besten Beamten nur noch an
KINO, ESSEN oder NORMALITÄT.
Und:
Alte Schlipse haben wir schon längst abgeschnitten: Selbst die alte Rechtschreibung ist fast beim Teufel.
Zum Nachdenken für alle, die vielleicht in Sachen Rechtschreiben zu hoch angesetzt haben:
Ein kleines Essay vom Brötchenbacken
Ich habe in meinem Leben immer nur kleine Brötchen gebacken.
Ich bin damit sehr gut gefahren.
Ich bin im Kleinebrötchenbacken groß geworden.
Ich habe alles was ich will, vielleicht sogar noch mehr.
Mir fehlt nichts außer
einem Schloss oder einer kleinen Wolke,
schön wäre auch eine kleine Insel mit vielen Früchten und einer Bambushütte.
Tatsächlich aber backe ich kleine Brötchen weiter und weiter.
Wer weiß, wo sie noch überall zu sehen sind.
RenateMariaMenges, 09.10.02
Bleiben Sie bei Ihren Leisten, Herr Lachenmann, sonst fahre ich nach Krottental und dann haben Sie es!
eingetragen von Walter Lachenmann am 14.11.2002 um 15.31
Herr Dörner bekommt das Fleißbildchen, sofern eines der süßen Schulkinder von Frau Menges, die zwar eine verdorbene Orthographie lernen müssen, aber allerliebst malen können, wovon man sich auf der Webseite ihrer Schule überzeugen kann, ihm eins malt.
Herr Ickler bekommt den Trostpreis, weil er gewußt hat, daß das Zitat richtig geschrieben war - das scheint eine Ausnahme zu sein (Quelle: Kritische Studienausgabe. Herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, de Gruyter/dtv). Wir bitten Frau Menges also um zwei Fleißbildchen.
Vor einiger Zeit hatte ich schon mal eine richtig hübsche Rategeschichte vorbereitet, sie dann aber für mich behalten, weil ich Sorge hatte, ob ich eines Tages all die Schlipse würde ersetzen müssen, die ich ahnungslos mit Füßen getreten habe. Frau Menges trägt hoffentlich keinen Schlips.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 14.11.2002 um 15.02
Herr Dörner hat heimlich nachgesehen, kriegt das Fleißbildchen aber trotzdem, wg. geschickter Google-Nutzung.
Nietzsche hat wahrscheinlich in Bezug geschrieben, dann hieß es über hundert Jahre lang in bezug, und heute dürften die kritische Ausgabe und das dtv-Lexikon der Nietzsche-Zitate wieder in Bezug haben. Das entspricht der Lehre von der ewigen Wiederkehr des Gleichen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christian Dörner am 14.11.2002 um 11.39
Nietzsche?
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Walter Lachenmann am 14.11.2002 um 11.33
Renate Maria Menges, 10.11.02:
Jan Wagner denkt nur in Kategorien, die das "normale" Leben, aber nicht das Schulleben
betreffen.
In Kategorien zu denken, die das »normale« Leben betreffen, ist doch eigentlich das Vernünftigste, das ein Mensch tun kann. Wenn Lehrer sich dieses versagen, wie wollen sie dann ihre wichtigste Aufgabe erfüllen und die Kinder auf das »normale« Leben vorbereiten?
Aber umgekehrt stimmt dieser Satz natürlich erst recht:
Frau Menges scheint nur in Kategorien denken zu können oder zu wollen, die das Schulleben betreffen, und meint sogar: »Und die Rechtschreibreform betrifft in erster Linie Lehrer und Schüler.«
»Wer von Grund aus Lehrer ist, nimmt alle Dinge nur in Bezug auf seine Schüler ernst, - sogar sich selbst.«
Wer herausfindet, von wem dieser kluge Spruch stammt, bekommt ein Fleißbildchen oder so etwas.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 14.11.2002 um 10.00
Nerius hat, wie ich immer gesagt habe, seine Forschungen von Anfang an im Zeichen der Reform betrieben, aber es war immerhin noch Forschung, auch historische, nicht ohne Verdienst. Daß er ein falscher Fuffziger ist, steht ebenfalls fest. Die Schweizer Reformer können ihn nicht ausstehen, sind allerdings selbst auch nicht besser. Vielleicht hat Augst sein Ziel, als Reformer und zweiter Duden in die Geschichte einzugehen, nur in einem Milieu gegenseitigen Mißtrauens und Gegeneinanderausspielens erreichen können. (Wer wird es ihm heute noch neiden? Aus Siegen hört man bemerkenswert wenig.)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 14.11.2002 um 08.21
Nerius auch grade! Wenn das wissenschaftlich zugegangen wäre, dann hätte er, was immer seine Forschungen gewesen sind, 1996 eingebracht und verteidigt, statt in das neue Ideologie-(sprich: Sabotage-)Konzept einzuknicken.
Auch Nerius hatte sich vor die Aufgabe gestellt, den blanken Spiegel unserer Rechtschreibung mit Schmirgelpapier noch blanker zu bekommen. Niemals kann durch Vergröberung und Verarmung eine Reform erreicht werden; etwas, was schon durch Jahrhunderte vereinfacht, systematisiert und feingeschliffen ist, kann nicht weiter vereinfacht werden. Natürlich können wir reformieren, aber dann durch Bereicherung: neue Wörter und Wendungen; und nach meiner Meinung auch neue Satzzeichen.
Erstmalig beim gegenwärtigen Großversuch (mit 100 Millionen Versuchskaninchen) begeben die „Reform“-Macher sich auf die Sachebene von Lektorat und Schule.* Wenn das wissenschaftlich ist, dann war auch das „Experiment“ mit der Titanic wissenschaftlich. Aber Sie schreiben ja, daß jene Entwürfe „Hals über Kopf“ gemacht worden sind.
* Bei mir liegen noch die beiden von Prof. Wilhelm Strank (PH Kiel) begleiteten Examensarbeiten vom August 1996; in den Bereichen Kommasetzung und Groß-/klein-Schreibung verniedlichen sie die „Reform“. Freilich sind sie haarsträubend fehlerhaft; Busfahrer würden für solcherart Berufsausübung den Führerschein verlieren.
eingetragen von Theodor Ickler am 14.11.2002 um 03.53
Ursprünglich waren die Reformpläne tatsächlich mit Orthographieforschung verbunden (um es einmal mit der angebrachten Vorsicht auszudrücken), also etwa bei Nerius 1975. Allerdings gab es daneben immer einen eigenständigen Willen zur Reform, vor allem bei Augst und der GEW, die pädagogisch und politisch motiviert waren. Nach dem Abblitzen der Kleinschreibung entwarfen die Reformer Hals über Kopf eine dezisionistische, von der Forschung völlig abgekoppelte Neuregelung, um nicht mit leeren Händen dazustehen, teils auch, um Geld zu verdienen. Schaeder und andere haben ja mehrmals gesagt, daß jede Regelung besser sei als gar keine (nur neu mußte sie sein).
Musterbeispiel für den Dezisionismus ist die ig/isch/lich-Regel.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Martin Reimers am 13.11.2002 um 21.23
f) das vorerst letzte Wort der ZK, der Bertels-Wahrig, fehlte noch in der Aufzählung.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Matthias Dräger am 13.11.2002 um 20.57
Was ist das, die „derzeit gültige Rechtschreibung“?
a) 22. Auflage des Dudens?
b) 21. Auflage des Dudens, zur RSR erschienen?
c) Schreibungen, die dem Regelwerk der
Rechtschreibreform entsprechen?
d) Praxiswörterbuch des Dudens (zig Abweichungen
von der 21. und 22. Auflage)
e) Die Texte der Zeitungen, also mehr oder weniger
dpa-Regelung, und das dann “light”, also auch
bewährte Zeichensetzung, keine „Eindeutschung“
von Fremdwörtern aus lebenden Sprachen, etc.?
f) ?
eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.11.2002 um 19.11
Liebe Frau Menges,
so verworren wie Ihre Zeichensetzung erscheinen mir in Ihrem Beitrag
– die thematische Zuordnung Ihres Beitrages zu den Vorbeiträgen,
– das Einführen nichteingeführter „Begriffe“,
– Ihre Zitierweise.
Die Aussage „Die Rechtschreibreform ging von der "forschenden" Wissenschaft aus“ halte ich für eindeutig falsch; wer von den „Reformern“ hat denn geforscht, ist überhaupt in der Lage, wissenschaftlich (d.h. mindestens auch logisch schlüssig) zu arbeiten und zu argumentieren? Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, daß die „Reform“ nicht wissenschaftlich begleitet war und ist (außer von Prof. Harald Marx).
Eine persönliche Frage an Sie, Frau Menges: Haben Sie sich das Haupterzeugnis dieser „"forschenden" Wissenschaft“ler schon durchgelesen, ich meine: deren angeblich „amtliche Regeln der deutschen Rechtschreibung“ von 1996, diesen Gipfel von Logikverachtung, Unwissenschaftlichkeit und Volksverarschung?
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.11.2002 um 18.03
Es geht nicht nur um die Schulbücher, sondern auch um Folgebücher und Folgedienstleistungen.Zum Beispiel Diagnostik: Derzeit findet ein Boom von Revisionen statt und natürlich werden diese neuen Tests nach der derzeit gültigen Rechtschreibung standardisiert. Das heißt die Schulleistungstestbatterien (SBL I, SBL II u.a.) und die Rechtschreibtests ( HSP u.a.) sind selbstverständlich in der neuen Rechtschreibung geschrieben.
Das gilt für die Tests in allen Klassen zum Beispiel der Grundschule 1-4 und der Hauptschule 5-9. Solche Tests werden so schnell nicht wieder revidiert und normiert. Jetzt wird auch in diesem Bereich die derzeit gültige Rechtschreibung geschrieben und überprüft.
Das heißt in und um die Schule herum wird alles standardisiert und damit nach den derzeit gültigen Regeln normiert.
Die Rechtschreibreform ging von der "forschenden" Wissenschaft aus, wurde dann über das KMK eingeführt, über die Schulen ausgeführt und muss jetzt über die Schüler bewertet werden.
Die Rede, dass nur Vielschreiber und Professoren in der Evaluation gelten sollen akzeptiere ich nicht. Ich sehe vor allem die Anwendung und ziehe daraus Schlüsse.
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.11.2002 um 20.45
Lieber Herr Lindenthal,
Sie haben natürlich recht, was die inhaltliche Bedeutung von »Reform« betrifft. Im Langenscheidtschen Fremdwörterbuch online steht folgender Eintrag:Reform, die; -,-en 1. grundlegende Änderung eines Systems, Neuordnung 2. grundlegende Verbesserung eines BestehendenAls ich davon sprach, daß eine Reform zweifellos stattfand, meinte ich nur den rein formalen Aspekt der Angelegenheit. Und mit meinem Vorschlag "Rechtschreib"reform dachte ich auch an die "Zielgruppe": Ich vermute, daß es den meisten Leuten eher einleuchtet, daß es mit der Rechtschreibung nicht so ganz das Wahre ist, als daß es eine Reform war, die diese Bezeichnung aus prinzipiellen Gründen nicht verdient. (Und eine "Verbesserung" darzustellen hat die 1996er RSR ja auf jeden Fall für sich "beansprucht"...)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.11.2002 um 18.49
Lieber Herr Wagner,
Sie haben weitgehend recht; womit die Erörterung aber noch nicht zu Ende ist.
Nicht jede Formveränderung wird Reform genannt; manchmal nennt man sowas auch Blechschaden oder Schweineschlachten oder Firmenabwicklung; Reform, soll sie eine sein, muß Verbesserung beanspruchen, da bin ich mir ziemlich sicher. (Der Mißbrauch des Wortes durch Tagespolitiker ist nicht der Maßstab.)
Doch wenn wir mit der Schreibung „Rechtschreib“reform eine Störung in diesen falschen Begriff bringen, ist das auch ein Fortschritt.
Lieber Herr Reimer,
als ich zum ersten Mal von Herrn (?)Fleischhauer das Wort Doofduden (= 21. Auflage) gehört habe, konnte ich nur sprachlos grinsen.
Wenn sorgfältige Auswahl der Begriffe wirklich „magische Denkweise“ wäre, würde es ja nicht eigens den Beruf des Werbetexters geben, um mit sorgfältiger Sprachwahl die gewünschte Botschaft wirksamer zu übermitteln. Wir haben doch keinen Vorteil, wenn wir uns mit der Wörterwahl nur im Herdendunst der Kultusmafia bewegen. Eigene Wörter stellen nicht „die Verständigungsbasis in Frage“. Ich mag gerne frische Sprache.
Gruß,
D. Lindenthal
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.11.2002 um 18.16
Ich stimme Herrn Reimers völlig zu, möchte aber den Aussagen von Herrn Scheuermann und der Intention von Herrn Lindenthal ebenfalls zur Wirksamkeit verhelfen. Kann das gehen, oder ist das ein Widerspruch?
Ich denke, wenn man irgendwo Anführungszeichen setzen will, dann eher um »Rechtschreib-« als um »-reform«: Eine Reform fand ja zweifellos statt, aber mit der Rechtschreibung hapert's seitdem. Mein (Kompromiß-) Vorschlag lautet also: "Rechtschreib"reform.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Martin Reimers am 10.11.2002 um 14.48
Ich kann nichts dabei finden, wenn wir hier im Forum oder sonstwo das Wort "Rechtschreibreform" gebrauchen. Daß eine Reform immer etwas Gutes bedeutet, behauptet doch schon längst niemand mehr. Die allermeisten Leute gebrauchen eben dieses Wort oder sprechen von der "neuen Rechtschreibung" (und rollen dabei mit den Augen). Wieso sollen wir hier ohne Not die Verständigungsbasis in Frage stellen?
Es kann immer sehr schnell penetrant wirken, wenn jemand seine besondere Sprachregelung der Allgemeinheit aufzwingen will. Mich erinnert das fatal an die ideologischen Debatten der Siebziger- und Achzigerjahre, in denen unglaublich viel Pulver verschossen wurde im Kampf um die Gültigkeit der einen oder anderen Worthülse - vielleicht auch an die Springersche <"DDR">, die ganz sicher auch vielen gegen den Strich ging, die die SED-Herrschaft nicht im mindesten zu verteidigen bereit waren. Es hat schon fast etwas von einer magischen Denkweise, wenn man durch Deformation der Bezeichnung das Bezeichnete besiegen will.
Außerdem haben wir inzwischen so viele schöne Umschreibungen für das, dessen Name ja nicht immer genannt werden muß, daß wir uns hier bestimmt nicht um eine einheitliche Sprachregelung bemühen müssen.
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Detlef Lindenthal am 10.11.2002 um 10.15
> „das Wort "Rechtschreibreform" ist und bleibt ein gewaltiger Etikettenschwindel.“ <
Deshalb schreibe ich es auch meistens als
Rechtschreib„reform“ bzw. RS„R“.
Wem es gelingt, einen Begriff zu besetzen, der hat schon dreiviertel gewonnen. Wer hat uns denn gezwungen, dieses dumme Wort gebetsmühlenartig zu wiederholen? Ein Wort wie Rechtschreibänderung oder Rechtschreibabbau wäre richtig gewesen. Vielleicht lernen wir das noch?
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.11.2002 um 09.46
Ich muß es einfach noch einmal voranstellen: Orthographie heißt, daß etwas richtig geschrieben wird; die "Rechtschreibreform" fordert dagegen Verstöße gegen die Grammatik - sie hat daher mit Rechtschreibung nichts zu tun - das Wort "Rechtschreibreform" ist und bleibt ein gewaltiger Etikettenschwindel.
(Und nachdem die Kultusminister und die "Reformer" starrköpfig fortfahren zu lügen, sie hätten eine Rechtschreibreform betrieben, wirkt das Gift dieser Lüge zerstörerisch auf unser geliebtes Deutsch – und das in ganz besonders schrecklicher Weise an den Schulen.)
Es stimmt nicht, was Frau Menges behauptet, in Behörden würde gemäß der Kakographie geschrieben. Das ist schon deshalb nicht richtig, weil sie dort niemand beherrscht. Ich habe als Beleg dafür unzählige Behördenschreiben. Selbst die x-fach redigierten veröffentlichten Redentexte des Bundespräsidenten sind nicht frei von Verstößen gegen die schlechtschreiberischen Regeln. An unserer Universität konnte nur ein kleiner Teil der Schreibkräfte auf Falschschreibung umgeschult werden. Also beherrscht auch hier niemand diese fehlerhafte Schreibweise. Wer – außer vielleicht Herrn Professor Ickler – beherrscht sie denn tatsächlich?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.11.2002 um 00.27
Zitat:Stimmt fast; als ich das schrieb, habe ich im wesentlichen -- aber nicht "nur"! -- an die Verhältnisse außerhalb der Schule gedacht. Das ist ein Versäumnis und bedarf eines Nachtrags.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Jan Wagner) "... zum anderen ist dies der kostensparendste Weg, da auf »noch vorhandene Hilfmittel [zurückgegriffen]« werden kann: "alte" Duden, "alte" Lehrbücher, "alte" Programme -- alles noch da ..."
Jan Wagner denkt nur in Kategorien, die das "normale" Leben, aber nicht das Schulleben betreffen.
Jedoch: Soweit ich es der Diskussion hier im Forum und verschiedenen Einträgen im Nachrichtenbrett entnehmen kann, sind zwar alle im Deutschunterricht rechtschreibrelevanten Materialien in Reformschreibung beschafft worden, aber in anderen Fächern hapert es noch. Die dort verwendeten Sach- und Fachbücher in herkömmlicher Rechtschreibung sind ebenfalls "noch vorhandene Hilfmittel", die weiterhin genutzt werden können. Was zu den Deutschbüchern zu sagen ist, dazu weiter unten mehr.
Zitat:Da bin ich anderer Ansicht: Auch wenn die Reform in erster Linie "für die Schüler" gedacht war -- jeder Zeitungsleser (mit Ausnahme derer, die die FAZ oder "Die Presse" vorziehen) ist von der Reform betroffen! Und jeder Nutzer eines Windows-PCs mit MS Word ebenso, denn bei der Rechtschreibkorrektur ist die "neue Rechtschreibung" voreingestellt. Und jeder, der in schriftlichem Kontakt mit Behörden steht, denn dort werden ebenfalls die Reformschreibungen verwendet. Und die Bücherkäufer, und die Werbetexteleser, und ...
Und die Rechtschreibreform betrifft in erster Linie Lehrer und Schüler. Wagner bringt dies mit seinen Beispielen nicht auf den Punkt.
Welche Anzahl ist wohl in der Summe größer, die der Lehrer und Schüler oder die der Zeitungsleser (abzüglich o. g. Ausnahmen), MS-Word-Nutzer (mit reformschrieblicher Rechtschreibkorrektur), "Behördenkontaktierer" (auf schriftlichem Wege) und, und, und ... ? Das wage ich nicht zu sagen, ich schätze aber, daß sie in der gleichen Größenordnung liegen (d. h. die Zahlen werden -- nach Rundung an der vordersten Stelle -- gleich viele Stellen an Ziffern haben; solches versteht man zumindest in der Physik unter "gleiche Größenordnung"). Wie kann man da sagen, die Reform betreffe in erster Linie die Lehrer und Schüler?
Kann sich eigentlich irgend jemand der neuen Rechtschreibung entziehen? Ob Auswanderung hilft?
Zitat:Das Problem dabei ist, daß meines Erachtens auch dann, wenn die Rechtschreibreform "nur" nachgebessert wird, auf lange Sicht alle diese Bücher neu angeschafft werden müssen, weil sie eben auf dem falschen neuen Stand (z. B. von 1996) sind und eben jene minimal notwendigen, bereits jetzt absehbaren Korrekturen nicht darin enthalten sind.
Es sind alle Schüleralphabetsbücher nach der neuen Rechtschreibung, alle Nachschlagebücher der Lehrer und Schüler auf neuem Stand (nicht neuesten Stand). Es müssten Millionen von Büchern neu eingeführt werden, wenn die alte Rechtschreibung wieder greifen würden. Alleine deswegen kann die Rechtschreibreform gar nicht zurückgenommen werden.
Keine Gemeinde, kein Land, kein Staat hat heute dieses Geld übrig, um diese Idee zu unterstützen. Es würden viele Bücher in der neuen Rechtschreibung trotzdem benützt.
Insbesondere, wenn es auf keine völlige Rücknahme, sondern auf eine neue, wissenschaftlich fundierte Reform hinausläuft -- welche Sie ja befürworten, liebe Frau Menges! --, ist das ein ernsthaftes Problem. Ihr Argument gegen eine Totalrücknahme ist insofern auch ein Argument gegen eine derartige Teilreform!
Hier hilft nur eines: großzügige Übergangsfristen, bis das letzte jetzt in Benutzung befindliche Buch zerfleddert ist und sowieso ersetzt werden muß. Ich denke, daß Herr Ickler nicht umsonst einmal in einem Interview eine recht großzügige (zehnjährige) Übergangszeit für die Rückumstellung vorgeschlagen hat!
Zitat:Konsens in der wissenschaftlich-inhaltlichen Grundausrichtung, liebe Frau Menges! Aber Einspruch gegen die vertretene politisch-gesellschaftliche Haltung: Warum müssen sich die Professoren wieder zusammenschließen und gegenzeichnen? Haben die eine spezielle Verantwortung, welche diejenige der Kultusminister übersteigt? Natürlich wäre es hilfreich, wenn sich die Professoren heraustrauten und klar ihre Meinung sagten, aber wer hat denn letztlich die Aufsicht an den Schulen und die Macht, dort etwas zu verändern -- und also die Pflicht, dafür zu sorgen, daß den Schülern nichts Falsches oder Unbrauchbares beigebracht wird? Ich denke, diese Ihre Fragen muß die KMK beantworten!!
(Wagner) "... für eine wissenschaftlich fundierte Reform..."
Ich möchte gerne eine wissenschaftlich fundierte Reform sehen und die Wissenschaftler, die heute gegen die Rechtschreibreform zeichnen. Was hilft es, wenn sich 1998 Professoren zusammengetan haben und dagegen protestiert haben? Sie müssten sich heute oder morgen wieder zusammenschließen und gegenzeichnen. Nirgendwo ist dies der Fall, also wie stark ist der Wille der Wissenschaftler die neuen Regeln nicht doch 2005 geltend zu machen?
Und also müssen wir wohl regelmäßig mal bei der/dem jeweiligen Vorsitzenden der KMK nachfragen, wie es denn mit so einer wissenschaftlich fundierten, d. h. von unabhängigen Fachleuten (aller relevanten Disziplinen) erarbeiteten Reform bestellt ist; die jetzige Rechtschreibkommission kann sich ja dazu aufgrund ihrer Zusammensetzung nicht glaubhaft äußern.
________
Zitat:Nein, denn so wird das Pferd von hinten aufgezäumt -- und um gleich bei diesem Bild zu bleiben: Wenn ich (m)einem Pferd etwas Gutes tun und also zu speziell an seine Bedürfnisse angepaßten Futtermitteln greifen will, dann ist doch die Reihenfolge so: Erst wird geschaut, was der Gaul wirklich braucht, dann geprüft, was von dem, was auf dem Markt ist, für ihn etwas taugt und also entsprechend ausgewählt, und erst dann wird's verfüttert.
(Wagner) ... Nochmal: Regeln auf dem Prüfstand
In seinem Beitrag vergisst Jan Wagner die Seite der Schüler:
Es fehlen die Schüler, an denen die neue Rechtschreibung gemessen werden muss.
Haben die Schüler etwas dazugelernt, schreiben Sie fehlerfreier?
Dabei sollen Schüler, die nie eine andere Rechtschreibung kennen gelernt haben überprüft werden.
Lehrerbefragung und dazu die Schülerbeurteilung- das ganze gibt erst ein Bild des Ausmaßes der neuen Rechtschreibung.
Mit der neuen Rechtschreibung war es deutlich anders: Erst wurde irgend etwas aus der Luft gegriffen, das wurde ohne jede Prüfung den Schülern (und Lehrern) vorgesetzt, und erst jetzt soll danach geschaut werden, wo's eigentlich hapert. Das kann's nicht sein! Nicht die Schüler sind der Maßstab -- die Wissenschaftlichkeit dessen, was man ihnen als "richtig" beizubringen beabsichtigt, muß geprüft werden! Sie sagen's doch selbst: »Ich möchte gerne eine wissenschaftlich fundierte Reform sehen ...«
(Liebe Frau Menges, ich komme damit nicht umhin, bereits den zweiten Widerspruch innerhalb Ihrer Aussagen festzustellen.)
Zitat:Das denke ich auch. Was aber sagt uns das über den Ansatz und die Berechtigung der 1996er Reform? Warum versucht man etwas Unerreichbares zu erreichen -- und richtet dabei einen erheblichen Schaden an? Und warum weigert man sich, dies beides einzusehen und den Schaden, so gut es geht, zu beheben?
Aber - ob es überhaupt möglich ist, dass eine Rechtschreibung das Problem der Fehlervermeidung in Griff bekommen kann? Diesen Aspekt wird es m. E. gar nicht geben.
Zitat:Das ist bedauerlich. Hier kann meines Erachtens die Frage helfen: Was legitimiert die massenhafte Verwendung von Unbrauchbarem und sachlich Falschem? Daß es die Kinder in der Schule so machen müssen?? -- Wer bei dieser Frage nicht "aufwacht", auch wenn er Lehrer im Dienst und damit möglicherweise befangen ist, zeigt damit meines Erachtens, daß er das Problem nicht voll erfaßt hat ([Nachtrag] oder es nicht für wichtig nimmt, oder ...).
Übrigens kenne ich nur Lehrer im Dienst, die meinen, dass diese Rechtschreibreform nicht mehr zurückgenommen wird.
Es wird, wenn über die Reform der Rechtschreibung überhaupt noch geredet wird, nur noch von leichten Veränderungen gesprochen, die das Regelwerk keinesfalls umwerfen, sondern nur wie eine lebende Sprache verändern.
Zitat:Diese Aussage soll wohl einfach bedeuten, die Rechtschreibreform könne nicht abgeschafft werden. Und es wird verlangt, das Gegenteil zu beweisen. Hm. Wollte ich irgend etwas beweisen? Ich wollte Argumente liefern, die meine Ansicht untermauern.
Es ist genau umgekehrt wie Jan Wagner meint, er hat nämlich nichts bewiesen.
Und wie wäre umgekehrt die Aussage "Die Rechtschreibreform kann nicht abgeschafft werden" zu beweisen? So einen Beweis habe ich bislang noch nicht gesehen.
– geändert durch J.-M. Wagner am 11.11.2002, 19.04 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 09.11.2002 um 20.19
Es ist nicht viel zu sagen: Wer der Hoffnungslosigkeit beipflichtet, und der dem Zweifel frönt, dem wird die Angst zum Partner.
Aber: Es gab eine Zeit, in der Lehrer ihre Schüler motivierten mit dem Satz: „Ihr lernt nicht für die Schule, sondern für das Leben.“
Das ist heute auf den Kopf gestellt: Die Gesellschaft lernt rückwärts, drückt noch einmal die Schulbank.
Lächerlich ist das! Lebensfeindlich!
Solche Pädagogen gehören abgeschafft, die auf die Schule vorbereiten, statt auf das Leben.
Solche Pädagogen gehören abgeschafft, die heute das lehren, was morgen keine Gültigkeit mehr hat.
Solche Pädagogen gehören abgeschafft, die primär an die Gegenwart und ihr eigenes Wohlergehen denken, statt an das ihrer Zöglinge und die Zukunft!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.11.2002 um 18.56
(Jan Wagner) "... zum anderen ist dies der kostensparendste Weg, da auf »noch vorhandene Hilfmittel [zurückgegriffen]« werden kann: "alte" Duden, "alte" Lehrbücher, "alte" Programme -- alles noch da ..."
Jan Wagner denkt nur in Kategorien, die das "normale" Leben, aber nicht das Schulleben betreffen.
Und die Rechtschreibreform betrifft in erster Linie Lehrer und Schüler. Wagner bringt dies mit seinen Beispielen nicht auf den Punkt. Es sind alle Schüleralphabetsbücher nach der neuen Rechtschreibung, alle Nachschlagebücher der Lehrer und Schüler auf neuem Stand (nicht neuesten Stand). Es müssten Millionen von Büchern neu eingeführt werden, wenn die alte Rechtschreibung wieder greifen würden. Alleine deswegen kann die Rechtschreibreform gar nicht zurückgenommen werden.
Keine Gemeinde, kein Land, kein Staat hat heute dieses Geld übrig, um diese Idee zu unterstützen. Es würden viele Bücher in der neuen Rechtschreibung trotzdem benützt.
(Wagner) "... für eine wissenschaftlich fundierte Reform..."
Ich möchte gerne eine wissenschaftlich fundierte Reform sehen und die Wissenschaftler, die heute gegen die Rechtschreibreform zeichnen. Was hilft es, wenn sich 1998 Professoren zusammengetan haben und dagegen protestiert haben? Sie müssten sich heute oder morgen wieder zusammenschließen und gegenzeichnen. Nirgendwo ist dies der Fall, also wie stark ist der Wille der Wissenschaftler die neuen Regeln nicht doch 2005 geltend zu machen?
(Wagner) ... Nochmal: Regeln auf dem Prüfstand
In seinem Beitrag vergisst Jan Wagner die Seite der Schüler:
Es fehlen die Schüler, an denen die neue Rechtschreibung gemessen werden muss.
Haben die Schüler etwas dazugelernt, schreiben Sie fehlerfreier?
Dabei sollen Schüler, die nie eine andere Rechtschreibung kennen gelernt haben überprüft werden.
Lehrerbefragung und dazu die Schülerbeurteilung- das ganze gibt erst ein Bild des Ausmaßes der neuen Rechtschreibung.
Aber - ob es überhaupt möglich ist, dass eine Rechtschreibung das Problem der Fehlervermeidung in Griff bekommen kann? Diesen Aspekt wird es m. E. gar nicht geben.
Übrigens kenne ich nur Lehrer im Dienst, die meinen, dass diese Rechtschreibreform nicht mehr zurückgenommen wird.
Es wird, wenn über die Reform der Rechtschreibung überhaupt noch geredet wird, nur noch von leichten Veränderungen gesprochen, die das Regelwerk keinesfalls umwerfen, sondern nur wie eine lebende Sprache verändern.
Es ist genau umgekehrt wie Jan Wagner meint, er hat nämlich nichts bewiesen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 07.11.2002 um 16.14
In meinem Kommentar ''Pseudoreform'' (zu einem Leserbrief von Herrn Ickler) habe ich begründet, warum die Rechtschreibreform (RSR) schleunigst zurückgenommen werden sollte. Die meisten Argumente sind sicherlich nicht neu, sollten aber m. E. in der hiesigen Diskussion noch einmal explizit genannt werden. Ich stelle daher den Text hier nochmals ein, auch als Ergänzung zu meinem vorhergehenden Beitrag.
''Pseudoreform'' -- Wissenschaftliche Unabhängigkeit vs. Kostendeckelung?
Das Problem, welches einer "Reform der Reform" innewohnt, und auf das Herr Ickler in seinem Leserbrief hingewiesen hat, besteht darin, daß eine wirkliche Reform der 1996er Rechtschreibreform eben keine bloße Nachbesserung der Reform wäre, sondern eine erneute vollwertige Rechtschreibreform. Denn als Konsequenz müßte alles wieder neu angeschafft werden: neue Regelverzeichnisse, neue Wörterbücher, neue Lehr- und Lernmaterialien, neue Korrekturprogramme, neue Schulbücher, neue Schulungskurse etc. etc. Dies würde bedeuten, daß eine vergleichbare Kostenlawine entstünde wie im Zuge der 1996er Reform.
Was nun aus den Berichten der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung (kurz: Rechtschreibkommission) spricht, möchte ich dagegen als eine "Pseudoreform der Reform" bezeichnen. Auffallend häufig wird nämlich in dem ersten Kommissionsbericht darauf hingewiesen, daß bei den von der Rechtschreibkommission vorgeschlagenen Änderungen »die in den neuen Wörterbüchern angegebenen Schreibungen richtig bleiben« (vgl. z. B. http://217.160.90.134/argumente.de/html/ar/thread.php?threadid=427&boardid=25 ; http://217.160.90.134/argumente.de/html/ar/thread.php?threadid=362&boardid=24 ; http://www.rechtschreibreform.de/K1/K1.22.gif ). Mithin scheint der Maßstab für die von mir so genannte Pseudoreform zu sein, genau jene zuvor beschriebene Kostenlawine zu vermeiden.
Wer sich also auf das einläßt, was die Rechtschreibkommission unter der Maßgabe der Kostendeckelung als "Reform der Reform" ausarbeitet (und das gilt somit insbesondere für die KMK), darf nicht erwarten, daß dabei irgend eine wissenschaftlich unabhängige Untersuchung, ganz egal, in welcher Form diese durchgeführt wird, zum Tragen kommt. Denn erstens findet seitens der Rechtschreibkommission keine unabhängige Begutachtung statt, da die Kommission mehrheitlich mit Urhebern der Reform besetzt ist (Augst, Blüml, Gallmann, Heller, Herberg, Nerius, Sitta). Zweitens führt die zuvor beschriebene Strategie der Kommission dazu, daß von vornherein feststeht, daß der Umfang der Nachbesserungen deutlich begrenzt ist und damit die für eine wissenschaftlich fundierte Reform erforderliche Entscheidungsfreiheit nicht vorhanden ist.
Die Rückkehr zur herkömmlichen Rechtschreibung schlägt demgegenüber mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen wird die sprachwissenschaftlich kaum zu beanstandende, allgemein bekannte Einheitsorthographie wieder zum allgemeinen Maßstab erklärt, und zum anderen ist dies der kostensparendste Weg, da auf »noch vorhandene Hilfmittel [zurückgegriffen]« werden kann: "alte" Duden, "alte" Lehrbücher, "alte" Programme -- alles noch da, und Schulungen erübrigen sich rein prinzipiell (sind aber evtl. zur Auffrischung ganz sinnvoll). Und drittens bietet dies die Gelegenheit, die Rechtschreibregeln besser darzustellen, als sie im 1991er Duden zu finden sind, so daß das eigentliche Ziel der Reform, das amtliche Regelwerk zu vereinfachen und somit das richtige Schreiben zu erleichtern, immer noch erreicht werden kann.
Fazit: Eine sofortige Rückkehr zur "alten" Rechtschreibung ist nicht nur wünschenswert, sondern dringend geboten, wenn man ernsthaft daran interessiert ist, erhebliche Kosten zu vermeiden und eine drängende bildungspolitische Entscheidung zu treffen.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.11.2002 um 16.28
Zitat:Das ist doch ganz einfach; folgende Dinge sollten eliminiert werden (teilweise überschneiden sich diese Kriterien):
... "in welchen Punkten die Neuregelung auf keinen Fall zur obligatorischen Schulorthographie werden kann".Was bleibt dann noch von der Neuregelung übrig? Kaum etwas, vermute ich. Also kann sie ganz abgeschafft werden. (Siehe dazu auch meinen direkt folgenden Beitrag.)
- sachlich falsche Schreibungen (incl. Zeichensetzung); das betrifft konkret alles, was
ist;
- grammatisch falsch,
- syntaktisch falsch,
- etymologisch verfälscht oder
- semantisch falsch
- geschlossene Wörterlisten [wie z. B. in § 34 (1)] mit mehr als N Einträgen, wobei ich vorschlage, N=10 festzusetzen [vgl. die Anzahl der explizit aufgeführten Präpositionen in § 56 (4)];
- bei wörtlichem Vorlesen zu falschen Betonungen führende Schreibungen (incl. Zeichensetzung);
- im Vergleich zur herkömmlichen Rechtschreibung schlechter lesbare Schreibungen (incl. Zeichensetzung), wie z. B. Heysesche s-Schreibung, einige Komma- und Trennungsregeln (explizit: Nichttrennung von "ck").
– geändert durch J.-M. Wagner am 08.11.2002, 16.59 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.10.2002 um 20.33
Pro Lehrerbefragung:
Sicher ist bekannt, dass Lehrerbefragungen von den einzelnen Ministerien genehmigt werden müssen.
Bewusst ist auch, dass es wissenschaftliche Instrumentarien zur Auswertung von Befragungen gibt.
Klar ist, dass Papier und Porto selbst bezahlt oder von einer Organisation übernommen werden müssen.
Einige Fragen stelle ich allerdings: Ist eine Basisbefragung wirklich ohne Folgen, auch wenn sie die Rechtschreibreform nicht sofort beeinflussen kann? Kann eine Befragung ein "Zurück" zur alten Rechtschreibung auslösen? Welchen Nutzen könnte man aus einer Basisbefragung ableiten?
Zur Disposition gestellt:
Welche Erwartungshaltung haben Leute, die hier wegen "staatlicher Gewalttätigkeit einer staatlich verfügten Sprachdeformation kämpfen" und "ebendiese Gewaltanwendung" (Dr. Scheuermann) diskutieren?
Selbstverständlich ist es, dass sich hierher kein Schriftsteller verirrt.
Wo diskutiert ein Günter Grass, ein Reiner Kunze und all die anderen?
– geändert durch RenateMariaMenges am 02.11.2002, 06.10 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 31.10.2002 um 19.43
Zitat:Man sollte über alle Regeln noch einmal nachdenken, sonst geht einem evtl. etwas Unhaltbares durch die Lappen. Vgl. den "Kritischen Kommentar" von Th. Ickler. Eine Schnittmenge zu bilden, sich quasi auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen, erscheint mir nicht sinnvoll, denn das bedeutete, einen pragmatischen Kompromiß auf einen faulen Kompromiß (den die Reformschreibungsregeln nun einmal nachweislich darstellen) draufzusatteln. Dabei kann nichts wirklich Brauchbares herauskommen.
Aus dem Eintrag von RenateMariaMenges
Es besteht scheinbar ein Konsens darüber, dass über die eine oder andere Regel noch einmal nachgedacht werden muss. Wie und ob dies geschieht, habe ich derzeit noch nicht erfahren können. Ich denke, dass man um eine Evaluierung nicht herumkommen wird.Zitat:Im Gegenteil: Zum einen ist das kein eingefahrener Gedankenweg, sondern beruht auf sehr vielen, zum Teil recht verschlungenen Gedankengängen und Argumenten (vgl. den "Kritischen Kommmentar" -- ach so, den Hinweis hatte ich schon...), und es hat sich dabei gezeigt, daß die besseren Argumente immer wieder in genau diese Richtung weisen. Zum anderen ist das ja quasi eine Maximalforderung, verglichen mit dem, was möglicherweise bei irgendwelchen Kompromissen herauskäme. Es ist also viel, nicht wenig!
Mir scheint hier auf dieser Plattform gibt es nur einen eingefahrenen Weg der Gedanken: "Zurück zur alten Rechtschreibung". Ist dies nicht zu wenig?Zitat:Diese Meinung ist hinlänglich bekannt, aber sie entbehrt der Grundlage: Wenn es offenbar darum geht, »Verbesserungen anzustreben«, dann bedeutet dies doch, daß Änderungen durchgeführt werden. Der Umfang der Änderungen bleibt erst einmal offen und hängt vom Ergebnis der »Evaluierung« ab. Rein prinzipiell kann dabei herauskommen, daß so viele Änderungen erforderlich sind, daß deren Umsetzung einer Rückkehr zur herkömmlichen Rechtschreibung entspricht. (Würde man diese Möglichkeit von vornherein ausschließen, wäre die Evaluierung unwissenschaftlich, weil unfrei, und damit wäre sie wertlos und irrelevant!) Mithin ist ein "Zurück" sehr wohl möglich -- quod erat demonstrandum.
Und meine bodenständige Meinung ist eben, wie Sie bereits wissen, dass ein "Zurück" nicht mehr möglich ist.
– geändert durch J.-M. Wagner am 01.11.2002, 23.46 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.10.2002 um 10.00
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Ich stimme ja auch zu, daß es sehr wichtig ist, daß es ein solches Buch eines namhaften Dichters in der jetzigen Situation überhaupt gibt, und daß es sehr gut und überzeugend geschrieben ist. Umso bedauerlicher finde ich es, daß ihm für eine größere Verbreitung von Verlagsseite her so schlechte Voraussetzungen mitgegeben worden sind
Wenn ich meinte, Auflage und Preis seien nachrangig, so bedeutet das implizit, daß auch die größere Verbreitung mir als nicht so entscheidend vorkommt. Es ist einfach schon wichtig, daß man sagen kann:
"Reiner Kunze hat gerade ein Buch herausgebracht, in dem er thematisiert, daß die Rechtschreibreform ihn immer mehr traumatisiert, je länger sie Bestand hat."
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.10.2002 um 09.43
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Fast könnte man also sagen, der Sinn von Kunzes Büchlein bestehe darin, eine solche Veranstaltung zu ermöglichen ...
So sehe ich das auch: Fast könnte man das sagen.
Das Buch kann aber nicht nur eine solche Veranstaltung ermöglichen, sondern in vielfältig anderer Weise ebensogut genutzt werden. Das ist allein eine Frage von Phantasie und Energie.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen werden heute in einer sehr vergröbernden Weise nach dem sogenannten impact factor bewertet: Beiträge in vielgelesenen Zeitschriften werden hochgestuft, in seltener gelesenen abgewertet. Schönerweise setzen sich aber wichtige Beiträge mit der Zeit auch dann durch, wenn sie in wenig populären Zeitschriften erschienen sind. Entsprechend wünschte ich mir dies für Kunzes Buch auch.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2002 um 15.58
Die Münchner Veranstaltung (an der ich nicht teilnehmen kann) wird wichtiger sein als das Büchlein selbst, denn die Zeitungen werden das Thema so doch noch aufgreifen müssen. Wie ungern sie sich ständig selbst ins Gesicht schlagen, erkennt man daran, daß einige es fertigbrachten, über die Akademietagung zu berichten, ohne den Hauptpunkt von Präsident Meiers Rede zu erwähnen.
Fast könnte man also sagen, der Sinn von Kunzes Büchlein bestehe darin, eine solche Veranstaltung zu ermöglichen ...
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 29.10.2002 um 15.08
Ich stimme ja auch zu, daß es sehr wichtig ist, daß es ein solches Buch eines namhaften Dichters in der jetzigen Situation überhaupt gibt, und daß es sehr gut und überzeugend geschrieben ist. Umso bedauerlicher finde ich es, daß ihm für eine größere Verbreitung von Verlagsseite her so schlechte Voraussetzungen mitgegeben worden sind. Es hat den Charakter einer hübsch gestalteten Jahresgabe, auch durch den Eindruck »40 Jahre Radius Verlag« auf dem roten Vorsatzblatt, und überhaupt durch die ganze Aufmachung. Andere Verlage verschenken solche Büchlein anläßlich ihrer Jubiläen an ihre Kunden, die Presse usw., hier wären u.a. die Parlamentarier eine sinnvolle Zielgruppe gewesen. Damit wäre ein kleiner Verlag finanziell wohl überfordert, das mag hier der Fall sein, umgekehrt finde ich es sehr bedauerlich, daß es aktiven Reformgegnern durch den hohen Preis unmöglich gemacht worden ist, das Büchlein auf eigene Kosten in größerer Stückzahl zu verschenken. Wenn man wirkungsvoll Kritik an der Rechtschreibreform betreiben will, darf man nicht kaufmännisch kalkulieren, da kann es nur darum gehen, wie hoch der Einsatz sein mag, den man dafür leisten kann. Über Verkaufspreise, egal wie hoch oder niedrig man sie ansetzt, ist da angesichts des zu erwartenden kleinen Käuferkreises kaum Boden gutzumachen.
Ich hatte dem »Mädchen für alles« vorgeschlagen, das Büchlein auf »unserer« Startseite abzubilden mit Bestellangaben und die Bilddatei hierzu mitgeschickt. Vielleicht passiert das ja noch. Beim Verleger hatte ich telefonisch angefragt, ob er damit einverstanden sei, daß der Text hier in die Textsammlung aufgenommen wird. Er wollte Herrn Kunze fragen, aber es kam keine Antwort mehr. Wie weit mag das Engagement dort also gehen? Alles vertane Chancen, kleine zwar, aber solche, die noch nicht einmal etwas gekostet hätten. Was bleibt, das ist schon wahr, ist ein schönes Büchlein eines deutschen Dichters, das die Reform kritisiert, und an dem wir uns erbauen dürfen.
Folgenlos wird Kunzes Büchlein aber doch nicht sein, das kann ich schon verraten, denn im Dezember wird er in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München über das Thema sprechen, und es ist bei dieser Veranstaltung auch eine Podiumsdiskussion geplant, an denen einige kompetente Reformkritiker teilnehmen werden, es steht aber noch nicht genau fest, wer das im einzelnen sein wird.
Also, es tut sich schon noch einiges ...
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 29.10.2002 um 14.19
Rechtschreibreformkritikern macht es Mut, daß sich auch im Jahre 2002 in den Reihen der Schriftsteller noch lautstarker Widerstand regt.
Das versöhnt mit der Tatsache, daß im Jahre 1996 die Schriftsteller von Friedrich Denk aufgeklärt werden mußten und sozusagen zum Jagen getragen wurden.
Beängstigend allerdings ist es, wenn jene, deren Handwerkszeug die Schriftsprache ist – wenn jene, die professionell, meisterhaft und einzigartig ihre Sprache zu nutzen verstehen - von Laien und Statisten derart brüskiert werden, daß ihnen die Sprache versagt (Kunze nennt in seinem Buch dafür Beispiele).
Wen mehr, als denjenigen, der Sprachintuition und –inspiration besitzt, sollte man denn in Sachen Schriftsprache ernstnehmen dürfen?
__________________
nos
eingetragen von Elke Philburn am 29.10.2002 um 10.00
Zustimmung.
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 29.10.2002 um 09.30
Herrn Scheuermann sei Dank für sein schlichtes, klares und darum glänzendes Plädoyer für Reiner Kunzes Büchlein. Um es mit Alexander Pope zu sagen: "What oft was thought, but ne'er so well express'd."
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 29.10.2002 um 08.15
von Reiner Kunze ist, daß es existiert.
Die Plattform für Schriftsteller ist das Buch, nicht die linguistische Fachzeitschrift und auch nicht eine Postwurfsendung. Also hat der Radius-Verlag die Gedanken von Kunze in eine Form gegossen, die ihm als Schriftsteller entspricht. Das ist dem Verlag auch gut gelungen. Der Preis - das weiß Walter Lachenmann besser als jeder andere in diesem Forum - resultiert aus der Mini-Auflage.
Mit diesem Buch hat jemand aus der Garde der führenden Autoren deutscher Sprache ein wichtiges Bekenntnis abgelegt, daß die Rechtschreibreform einen sprachsensiblen Menschen wie ihn verletzt - er spricht von Mikrotraumen und psychischen Läsionen, die sich nicht durch Gewöhnung verringern, sondern im Gegenteil aufsummieren und zu entweder "Sprachdesensibilisierung, Abstumpfung oder Resignation oder zu zunehmend unfreundlicheren Gefühlen denen gegenüber führt, die das alles ohne Not verursacht haben".
Als die FAZ zur Orthographie zurückkehrte, erhielt sie innerhalb weniger Stunden unzählige Rückmeldungen von ihren Lesern, was zu der (erstaunten?) Reaktion der Zeitung führte: "Was müssen unsere Leser gelitten haben!" Das ist es, die Rechtschreibreform tut in ihren Auswirkungen regelrecht weh! Professor Ickler hat in seinen zahlreichen Einlassungen und Publikationen zu diesem Thema nachgewiesen, daß die Reform aus wissenschaftlichen Gründen unhaltbar ist - die psychische Komponente hat er allenfalls angedeutet. Günter Grass hat kraftvoll zu dekretieren versucht, die Schüler lernten nun nicht das Einfache sondern das Falsche. Das prallte einfach ab. (Wer ist schon Grass? Ihm wurde gar vorgehalten - vom ehemaligen Intendanten der ARD - er sei aufgrund seines Alters geistig zu unbeweglich, die Reform noch in sich aufnehmen zu können - in meinen Augen ein Gipfel an Unverschämtheit - vielleicht aber auch "nur" an Tumbheit, Stumpfheit, Grobheit.)
Ich wäre auf diesen Seiten nicht anzutreffen, wenn es sich bei der Rechtschreibreform tatsächlich lediglich um eine Rechtschreibreform gehandelt hätte, z.B. um einen Abbau von Überregulierung und um eine Aktualisierung - etwa im Sinne von Icklers Wörterbuch. Was mich hier hält, sind auch nicht in erster Linie die klarsichtigen Erörterungen sprachwissenschaftlicher Details - so interessant sie auch sind. Was mich dazu antreibt, weiter gegen diese Gewalttätigkeit einer staatlich verfügten Sprachdeformation anzukämpfen, sind ebendiese Gewaltanwendung und die von Kunze angesprochenen Verletzungen.
Daß ein solches Buch nun existiert, daß man es zitieren kann, daß es sicher getragen wird auch von Grass oder Lenz oder Kunert, das ist, was daran wichtig ist. Demgegenüber relativ unwichtig sind Auflage und Preis. Das Buch ist jetzt einfach da.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Elke Philburn am 28.10.2002 um 23.00
Sagen wir es mal so, Frau Menges, wenn die Lehrer vorab die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Meinung zum neuen Regelwerk zu äußern, wäre kaum einer auf die Idee gekommen, von einer Erleichterung für die Schüler zu sprechen, stimmt’s?
Inzwischen hat man den Spieß umgedreht: Jetzt sind es die Lehrer, die der Bewachung der Behörden unterliegen. Die Frage ist nicht mehr, wie gut oder schlecht das Regelwerk selber ist, (das angeblich eh nicht mehr rückgängig zu machen ist), sondern wie gut oder schlecht die Lehrer im Unterricht damit zurechtkommen. Davon mal ganz abgesehen: Welcher Lehrer würde denn schon eingestehen wollen, daß er etwas, das er schon seit Jahren unterrichtet, gar nicht gutheißt?
Nur so kann ich mir dieses im Grunde völlig sinnlose Festklammern an der Reform erklären.
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.10.2002 um 20.44
Frau Menges: »Die Forumseinträge in diesem Forum sind teilweise besser als das Buch von Reiner Kunze. Das Buch ist zu teuer für den Inhalt und ist für meinen Geschmack zu wenig wissenschaftlich, aber auch zu wenig literarisch geschrieben. Für welche Zielgruppe ist es geschrieben? Was bewirkt es? Wer kauft es? Es beinhaltet ein zusammengetragenes Wissen aus dem Bereich der Rechtschreibkritik, mehr aber auch nicht. Da gefällt mir mancher Beitrag der Mitglieder dieser Plattform besser.«
Frau Menges hat wirklich recht. Das Büchlein ist sehr hübsch gemacht, was Kunze schreibt, ist völlig überzeugend, und natürlich kann er nichts bringen, was allen Diskutanten hier neu wäre. Eher problematisch dürfte manchem wissenschaftlich orientierten Teilnehmer der Begriff der »Aura« sein. Damit tun sich hier manche wohl schwer, bestreiten wollen sie solches nicht gerade, aber so recht was damit anfangen können sie auch nicht, weil ihnen die Kompetenz (oder Intuition?) etwa eines Herrn Genzmann fehlt. Ist auch schwierig, zugegeben, aber wie a.a.O. gesagt: Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde usw.
Der Sinn des Büchleins hat sich auch mir, trotz seiner unbestrittenen Qualitäten, verschlossen. Es ist wirklich viel zu teuer. Wer gibt 16 Euro = 32 DM aus für eine Meinung, die ihn nicht interessiert? Und wer sie schon hat, kann sich das Geld auch sparen. Nur Aktivisten dürften es kaufen, die die ihre bestätigt wissen wollen aus dichterischem Munde. Was auf den 27 kleinen, in großer Schrift bedruckten Seiten steht, ist in einer halben Stunde durchgelesen, ließe sich ohne weiteres auf vier A4-Seiten unterbringen und wäre besser als Postwurfsendung unter die Menschen gebracht worden. Die für Möllemanns Aktion kolportierte Summe sollte man nicht zitieren als Beispiel dafür, wie teuer so etwas ist. An dieser haben nicht nur die Post und der Drucker verdient, darauf verwette ich meinen Hut.
Kurzum, ich freue mich immer wieder, an Frau Menges so eine getreue Mitstreiterin zu haben. Ihr gefällt die Reform eindeutig überhaupt nicht, und sie ist klug genug, zu wissen, daß wir alle es viel besser hätten, wenn es sie nie gegeben hätte. Ihre »bodenständige« Meinung ist eher eine, die einer gewissen Pragmatik entspricht. Nämlich der, daß sich ihre Dienstherren ohne Not die Blöße niemals geben werden, im Nachhinein einzugestehen, daß ihr mit so bombastischem Anspruch in die Welt gesetztes Reformwerk völlig mißlungen, ja geradezu blödsinnig ist. Irgendwie müssen die damit leben, so auch Frau Menges und ihre Kollegen, und das sieht dann eben so aus, daß man über Verbesserungen nachdenkt, die nie nötig gewesen wären, hätte man den ganzen Unsinn gar nicht erst angefangen. Daß man einen falschen Weg einfach nicht weitergeht, sondern zurückkehrt zu dem, den zu verlassen es überhaupt keinen Grund jemals gab - diese schlichte Weisheit kapieren offenbar nicht nur sturköpfige Autofahrer nicht, sondern ansonsten auch ganz verständige Lehrerinnen. Bei Ministerialbeamten ist dies ja kein Wunder.
Körnderlnfressern fällt es auch wahnsinnig schwer, zuzugeben, daß Spinataufstrich auf Dinkelbrötchen nicht grünlich schmeckt, sondern gräulich. Heimlich schmeißen sie das Zeug ins Klo, während ihre Gäste noch dran würgen. So ist leider die Würglichkeit. Unser Bundespräsident schreibt nach eigenem Bekunden ohne Rücksicht auf die neuen Regeln, und nicht nur er. Wir müßten erreichen, daß das deutsche Volk sich in dieser Hinsicht an unserem Bundespräsidenten orientiert, dann wäre die Reform sehr bald dort, wo die Körnderlfresser die Spinatsemmeln inzwischen hinbefördern, oder Tofuknödel mit Sauerkraut, bä!
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 28.10.2002 um 18.44
Liebe Frau Menges, über welche Regeln noch einmal nachgedacht werden soll und wie der Akademievorschlag aussehen wird, können Sie dem neuen dtv-Wahrig entnehmen (oder meiner Besprechung dazu, hierselbst), denn es ist derselbe Peter Eisenberg, der die dtv-Regeln gemacht hat und den Akademievorschlag ausarbeitet.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Wittkopp am 28.10.2002 um 17.43
@Menges:
>> Und meine bodenständige Meinung ist eben, wie Sie bereits wissen, dass ein "Zurück" nicht mehr möglich ist. <<
Liebe Frau Menges,
können Sie wohl der geneigten Leserschaft erläutern, was an dieser ziemlich spekulativen These „bodenständig“ sein soll?
Als begründbar erscheint mir allenfalls die folgende Gegenthese:
Ein „Zurück“ ist insofern nicht nötig, als die Rechtschreib„reform“ in sich todkrank ist und abstirbt wie ein Krebsgeschwür.
Warum geben Sie sich eigentlich so viel Mühe, die Leute hier mit Ihren Durchhalteparolen zu nerven?
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.10.2002 um 16.58
Für mich persönlich ist und bleibt die Rechtschreibreform ein Unannehmbar, weil man es nicht dulden kann, daß man sich nur in der zweitbesten Rechtschreibung übt, nachdem man die beste in den Papierkorb geworfen hat.
Es geht um das anspruchsvolle Denken, das zielgerichtet immer die direkteste Verbindung - die Senkrechte zwischen zwei Punkten - sucht.
Anspruchloses Denken hingegen bewegt sich nur auf Kreisbahnen. Da kommen unendlich lange Wege zusammen.
Ich plädiere für differenzierendes, nuancenreiches und kreatives Schreiben. Der Formalismus der Rechtschreibreform bewirkt das genaue Gegenteil.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.10.2002 um 16.13
Lassen Sie mich meinen Gedankengang weiterspinnen!
(Herr Dr. Hans-Eckhard Sommer (eMail: hans.sommer@csu-bayern.de),
der persönliche Referent des Vorsitzenden Dr. Edmund Stoiber,
schrieb mir < eingefügt: Dr. Steppuhn> am 15. September 2002 folgendes)
"In Übereinstimmung mit der bayerischen Staatsregierung hält die CSU daher an der Rechtschreibreform fest. Das heißt nicht, dass die ein oder andere Regel auf den Prüfstand gehört ." (www.csu.de)
...hat mich zu einem Gedankengang veranlasst, den Prof. Jochems geschrieben hat.
Wie wäre es, wenn Lehrerinnen und Lehrer zusammenfassen würden,
"in welchen Punkten die Neuregelung auf keinen Fall zur obligatorischen Schulorthographie werden kann".
Der scheidende Akademiepräsident Christian Meier kündigte am 25. Oktober 2002 an, dass in Kürze über die Akademie für Sprache und Dichtung Vorschläge der Reform der Reform über die Akademie veröffentlicht werden sollen.
Es besteht scheinbar ein Konsens darüber, dass über die eine oder andere Regel noch einmal nachgedacht werden muss. Wie und ob dies geschieht, habe ich derzeit noch nicht erfahren können. Ich denke, dass man um eine Evaluierung nicht herumkommen wird. Allerdings ist es die Frage, ob man eine Evaluierung möchte. Wer diese allerdings vorantreiben sollte und in welchem Umfang sie angesetzt werden sollte, ist weder bekannt noch weiß ich, ob sie in Erwägung gezogen werden wird. Einzelergebnisse wie z.B. Stirnemanns Erkenntnisse (im Portal der CSU) werden keinesfalls zu einer Umkehr oder zu einer richtungweisenden Bestimmung hinzeigen, wenn nicht ein gemeinsamer Konsens erreicht wird.
Eine Lehrerbefragung, die über die ganze Palette der Schulen und quer durch die Länder durchgeführt werden müsste, könnte Erkenntnisse bringen, die auf der Grundlage von vielen Unterrichtserfahrungen basieren. Die Frage ist nur welche Institution hier etwas zu Wege bringen kann oder will.
Mir scheint hier auf dieser Plattform gibt es nur einen eingefahrenen Weg der Gedanken: "Zurück zur alten Rechtschreibung". Ist dies nicht zu wenig? Einen Gedankengang weiterzuspinnen sollte auf alle Fälle erlaubt und diskutiert werden.
Sowohl die Reformkritiker als auch wir Ausführende können und wollen die Rechtschreibreform nicht verantworten, aber Verbesserungen anzustreben dürfte legitim sein.
Und meine bodenständige Meinung ist eben, wie Sie bereits wissen, dass ein "Zurück" nicht mehr möglich ist.
P.S.:
Die Forumseinträge in diesem Forum sind teilweise besser als das Buch von Reiner Kunze.
Das Buch ist zu teuer für den Inhalt und ist für meinen Geschmack zu wenig wissenschaftlich, aber auch zu wenig literarisch geschrieben. Für welche Zielgruppe ist es geschrieben? Was bewirkt es? Wer kauft es? Es beinhaltet ein zusammengetragenes Wissen aus dem Bereich der Rechtschreibkritik, mehr aber auch nicht.
Da gefällt mir mancher Beitrag der Mitglieder dieser Plattform besser.
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.10.2002 um 04.30
Da kommt jemand daher, erzählt mir:
- daß ab 1996 mit einer 100jährigen Rechtschreibtradition zu brechen sei.
- daß man einige Wörter aus ihrem etymologischen Umfeld reißen müsse.
- daß einige Schreibgewohnheiten eine Ummünzung zu erfahren hätten.
- daß Rechtschreibung zwar nicht wichtig, aber doch der wichtigste Bereich aller Sprachdisziplinen sei, wichtiger jedenfalls als Grammatik und Semantik.
Und jener, der daherkommt, macht mir gleichzeitig klar:
- daß sein Weg zu einer Vereinfachung führt.
- daß sein Weg zu einer Vereinheitlichung führt.
- daß sein Weg zu einer Liberalisierung führt und von Zwängen befreit.
Jedoch – nie:
- war der Zwang größer (wurde Gehorsam solcherart eingeklagt).
- war die Verunsicherung größer (waren derart viele Normverletzungen festzustellen).
- war der Widerstand so gering, (hat man sich so wissen- und willenlos gefügt).
- Gab es eine Volksverdummung so großen Ausmaßes (man beachte in diesem Zusammenhang auch die gegenwärtige Wirtschaftspolitik).
Was kann man tun?
… nachdenken!
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 24.10.2002 um 04.12
Den ausgezeichneten Worten von Frau Philburn ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Mal ganz abgesehen von meinem Wörterbuch, das ich ja immer nur ganz bescheiden als Vorschlag in die richtige Richtung bezeichnet habe: Wozu sollen wir uns der ungeheuren Mühe einer Refom bzw. Reformreform stellen (kaum einer macht sich einen Begriff davon, was dies bedeutet!), wenn wir doch die überwältigende Tatsache einer funktionierenden, anerkannten und, wie gezeigt, im Kern sehr guten Orthographie täglich vor Augen haben? Es liegt ja nicht nur die FAZ auf dem Frühstückstisch, sondern es stehen Milliarden Bücher in den Regalen von Millionen öffentlicher und privater Bibliotheken, alle völlig unproblematisch in ihrer leserfreundlichen Einheitsorthographie. Ist es weit hergeholt oder unangemessen, auf dieses Kapital zu verweisen, das ja schließlich auch eine gemeinschaftliche Kulturleistung ersten Ranges darstellt? Wie verbohrt oder phantasielos muß man sein, um all dies mit leichter Hand in den Wind zu schlagen?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 23.10.2002 um 19.27
Zitat:
Wir nähern uns demnach amerikanischen Verhältnissen.
Mir ist nicht ganz klar, was Sie damit sagen wollen. Wo liegen die Parallelen zwischen dem gegenwärtigen Zustand der deutschen Orthographie und dem der englischen in Amerika?
In puncto kodifizierte Rechtschreibung sieht es doch so aus, daß erst durch die Reform das Augenmerk auf das Regelwerk gelenkt wurde. Wer, außer wenigen Spezialisten, wußte denn vorher, daß es so etwas gibt und wer brauchte es überhaupt? Es hat doch völlig genügt, daß wir eine weitestgehend einheitliche Orthographie hatten, die sich uns dadurch einprägte, daß sie für dieselben Wörter immer wieder dieselben Schreibweisen aufwies. Sie sollten es mal von dieser Seite her sehen:
Rechtschreibung ist nicht in erster Linie das, was irgendwelche Leute in Worte und Regeln gefaßt haben, sondern Rechtschreibung ist das, was in den Köpfen der Sprachgemeinschaft als richtig gespeichert ist. Das sind unzählige Muster und nicht-verbalisierte Regeln und Regelmäßigkeiten, die sich in einem intuitiven Wissen über das ‘richtige’ Schreiben äußern. Diese Intuition ist aber nicht nur hochsensibel, was sich zeigt, wenn wir über Regelabweichungen geradezu stolpern, sondern sie ist auch störungsanfällig: Denken Sie nur daran, wie schwer es ist, Kindern einen Fehler wieder abzugewöhnen, wenn sie ihn erst einmal verinnerlicht haben. Nicht umsonst gilt es als padägogisch falsch, wenn man Unrichtiges an die Tafel schreibt, in der Erwartung, die Kinder bemerkten den Fehler.
Wenn Sie jetzt hergehen und an der gegenwärtigen “Recht-“schreibung etwas ändern wollen, bedeutet das, daß ihre neuen Regeln auf dem Wissen über die bereits reformierten Regeln aufbauen. Dieses Wissen ist aber so bruchstückhaft, daß Ihr Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Wer schon die reformierte Schreibung nicht konnte, soll jetzt mit wieder neuen Regeln und Änderungen, die darauf aufbauen, endlich wissen, wo es langgeht?
Mein Vorschlag: Nehmen Sie das Ickler-Wörterbuch als Vorlage. Es basiert auf einer Rechtschreibung, die die meisten Leute nach wie vor können und die deutlich einfacher ist als die Duden-Rechtschreibung. Bei welchem Wörterbuch haben Sie schon den Vorzug, mit dem Verfasser selbst darüber diskutieren zu können?
eingetragen von Elke Philburn am 23.10.2002 um 18.23
Hier eine Antwort von Manfred Riebe an Frau Menges:
Zitat:
R. M. Menges:
Wir führen im nichtöffentlichen E-Mail Bereich eine sehr gute und interessante Diskussion.
Ich meine, daß die Parteiforen ein öffentlicher Bereich sind. Frau Menges lehnte es aber bisher ab, an der Diskussion im CSU-Forum teilzunehmen.
Zitat:
R. M. Menges:
Die Tatsache, dass 2005 die Rechtschreibreform eingeführt wird, hat mich zu einem Gedankengang veranlasst, den Prof. Jochems geschrieben hat Wie wäre es, wenn Lehrerinnen und Lehrer zusammenfassen würden "in welchen Punkten die Neuregelung auf keinen Fall zur obligatorischen Schulorthographie werden kann". Es wäre eine interessante Sache, aber die Lehrerschaft ist eigentlich wenig bereit, dies in die Hand zu nehmen. Meine Meinung ist, dass von der Schule eine konstruktive Kritik zu verfassen wäre. Interessant wäre es, wenn sich Lehrer finden würden, die hier eine Aufstellung machen könnten. Sicherlich würden wir Prof. Ickler dafür brauchen, zusätzlich wäre es wirkungsvoll, wenn sich Lehrer und Studenten, die sich mit der neuen Rechtsschreibung befasst haben, dafür interessieren. Kritik muss aus der Basis kommen. Lehrer haben schon oft vieles grundlegend verändert. Sie haben den nötigen "Boden" für Veränderung. Aber die ganz große Frage wäre, ob sich genügend Lehrer dafür finden würden.
Das ist im CSU-Forum z.B. in meinem Beitrag: "Alles nur für die Kinder?" beispielhaft geschehen.
http://www.csu-portal.de/home/Display/Forum/disp_forum?&op=show_posting&posting_id=1475&forum_id=37
Unter den Beiträgern befinden sich Lehrer wie OStD Willi Eisele, Gymnasium Fürstenried-West, München, Rolf Genzmann, OStR Hans-Jürgen Grosser, StD Wolfgang Illauer, StD Peter Forster, Elke Philburn, Hauptschullehrer Norbert Schäbler, der Schweizer Gymnasiallehrer Stefan Stirnemann sowie Professor Theodor Ickler, Erlangen. Alle Lehrer verdammen dort die Rechtschreibreform. Keiner verteidigt sie. Warum? Die sogenannte Rechtschreibreform hat zu einer Beliebigkeitsschreibung geführt, einem Mischmasch herkömmlicher, "neuer" und individueller Schreibweisen, wie man es in den Zeitungen sehen kann, so daß das große Werk Konrad Dudens, die einheitliche Rechtschreibung zerstört wird. Daher ist die folgende Forderung von Frau Dr. Menges nicht akzeptabel:
Zitat:
R. M. Menges:
Der Grundsatz wäre nicht, dass wir das "Zurück" fordern, sondern eine Verbesserung der derzeitigen Orthografie.
Dem Neuschrieb fehlt auf Grund seiner tiefgreifenden und umfassenden Mängel die Akzeptanz, wie sie von Gerichten vorausgesetzt wurde. Die jüngste Allensbacher Rechtschreib-Umfrage bestätigt, daß der Prozentsatz der Rechtschreibreformbefürworter seit 1996 bei 10 Prozent geblieben ist: vgl. ifd-allensbach.de oder http://www.ifd-allensbach.de/pdf/prd_0207.pdf.
Zitat:
R. M. Menges:
Alle meine Gedanken in diesem Bereich sind noch nicht ausgereift, sondern nur Gedankenprodukte. Wichtig erscheint mir aber eine Zusammenfassung von Beispielen, die man im KM vortragen könnte und/oder direkt an das Gremium der Rechtschreibreform herantragen könnte.Ich denke mir, dass dies eine Basis wäre, die durchaus tragbare Ergebnisse hervorbringen könnte. Aber wo sind solche produzierenden Lehrerinnen und Lehrer im Schuldienst aus allen Bundesländern, Pädagogikstudentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer an der Universität? Es könnte
durchaus eine lohnende Aufgabe sein.
Das haben alles schon der VRS und die bundesweite Initiative "Wir Lehrer gegen die Rechtschreibreform & für eine einheitliche, systematische Rechtschreibung" bei den Anhörungen der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung am 23. Januar 1998 und des Bundesverfassungsgerichts am 12. Mai 1998 getan, wie man es im Urteil vom 14. Juli 1998 nachlesen kann. Die Kultusminister haben ja noch nicht einmal die Änderungsvorschläge ihrer eigenen Kommission akzeptiert.
– geändert durch Elke Philburn am 27.10.2002, 17.11 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 23.10.2002 um 18.14
Lieber Norbert Schäbler,
hier geht es um die Sache und nicht um Parteien. Es geht darum, dass die Leute, die ständig mit der neuen Rechtschreibung umgehen, ihr Votum einbringen sollten. Dabei ist es völlig egal, ob er/sie ein Rechtschreibreformgegner oder ein Rechtschreibbefürworter ist.
Es gibt eben Regeln und Wörter, die der genaueren Analyse bedürfen und solche, die man stehen lassen könnte. Über dieses müsste ein Konsens hergestellt werden.
Außerdem haben Lehrer, die mit der Rechtschreibreform völlig konform gehen sowieso kein
Interesse an Veränderung. Tatsächliches Interesse haben nur die kritischen Lehrer, eben auch die Rechtschreibreformgegner. Trotzdem steht wie immer das Sachliche vor dem Parteilichen.
Außerdem hat mich eine Aussage eines befreundeten Dozenten nachdenklich gemacht:
"Es ist deshalb bedeutungslos, ob es noch eine kodifizierte Rechtschreibung gibt - so etwas wird jedenfalls außerhalb konstruierter Wissensumgebungen wie in der Schule künftig kaum auf Interesse stoßen, da sind wir so ziemlich in der letzten Generation derer, die so etwas überhaupt noch anstreben."
Wir nähern uns demnach amerikanischen Verhältnissen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 22.10.2002 um 21.32
Kann man versäumten Widerstand nachträglich einbringen?
Kann man anfangen, zu widerstehen, nachdem der „Feind“ alle Macht innehat?
Kann man zum Partisanen werden, obwohl man nie zuvor Kämpfer war?
Kann ein potentieller Lügner zum mutigen Verfechter der Wahrheit werden?
Mitnichten!
Doch die Geschichte lehrt:
- daß steter Tropfen selbst den Stein höhlt.
- daß alle Macht endlich ist.
- daß die Zeit Wunden heilt.
- und daß aus dem Nichts immer ein Etwaswenigernichts entsteht.
Liebe Frau Doktor Menges!
Fast möchte ich raten, nichts mehr zu machen, zumal Ihr Ziel sehr halbseiden ist.
Der klare Menschenverstand zeigt doch deutlich auf, daß diese Rechtschreibreform nichts verbessert, sondern im Gegenteil die Situation verbösert hat.
Flickschusterei und Dauerrevisionen können die eminenten Konstruktionsfehler der Rechtschreibreform nicht beseitigen, sondern ausschließlich verschlimmern, und sie werden die Vision von einer einheitlichen Rechtschreibung auf Dauer nur verhindern.
Falls Sie allerdings etwas machen wollen, dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie das mit den Linientreuen oder mit den Dissidenten tun.
Ein Unrecht nämlich beseitigen meist die, die das Unrecht generell hassen.
Für letztere gibt es kein(en) Du(l)den.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.10.2002 um 17.28
Wir führen im nichtöffentlichen E-Mail Bereich eine sehr gute und interessante Diskussion.
Die Tatsache, dass 2005 die Rechtschreibreform eingeführt wird, hat mich zu einem Gedankengang veranlasst, den Prof. Jochems geschrieben hat.
Wie wäre es, wenn Lehrerinnen und Lehrer zusammenfassen würden,
"in welchen Punkten die Neuregelung auf keinen Fall zur obligatorischen Schulorthographie werden kann".
Es wäre eine interessante Sache, aber die Lehrerschaft ist eigentlich wenig bereit, dies in die Hand zu nehmen. Meine Meinung ist, dass von der Schule eine konstruktive Kritik zu verfassen wäre.
Interessant wäre es, wenn sich Lehrer finden würden, die hier eine Aufstellung machen könnten. Sicherlich würden wir Prof. Ickler dafür brauchen, zusätzlich wäre es wirkungsvoll, wenn sich Lehrer und Studenten, die sich mit der neuen Rechtsschreibung befasst haben, dafür interessieren. Kritik muss aus der Basis kommen. Lehrer haben schon oft vieles grundlegend verändert. Sie haben den nötigen "Boden" für Veränderung. Aber die ganz große Frage wäre, ob sich genügend Lehrer dafür finden würden.
Der Grundsatz wäre nicht, dass wir das "Zurück" fordern, sondern eine Verbesserung der derzeitigen Orthografie.
Alle meine Gedanken in diesem Bereich sind noch nicht ausgereift, sondern nur Gedankenprodukte. Wichtig erscheint mir aber eine Zusammenfassung von Beispielen, die man im KM vortragen könnte und/oder direkt an das Gremium der Rechtschreibreform herantragen könnte. Ich denke mir, dass dies eine Basis wäre, die durchaus tragbare Ergebnisse hervorbringen könnte. Aber wo sind solche produzierenden Lehrerinnen und Lehrer im Schuldienst aus allen Bundesländern, Pädagogikstudentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer an der Universität? Es könnte durchaus eine lohnende Aufgabe sein.
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.10.2002 um 17.19
Ich sehe Sie vor mir, wie Sie lächeln, wenn Sie diese Humoreske lesen. Ich habe mal wieder eines meiner eigenen Gedichte eingesandt. Im Monat August ging die Einsendung zur Brentano Gesellschaft ( Brentano-Gesellschaft & Cornelia Goethe Gesellschaft Akademie in Frankfurt a. M. für eine Anthologie, keine Besonderheit). Sie schrieben heute zurück, gratulierten und bemerkten, dass mein Gedicht angenommen wurde (so wie viele andere), aber ich müsste auf die neue Rechtschreibung und auf die Formatierung verzichten.
Die Schreibfreiheit ist auch nicht mehr hergestellt! Wenn ich es vor 1998 geschrieben hätte, dann würde ich dies ja gerade noch einsehen. Aber so!
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.10.2002 um 15.22
Ich habe das Buch schon vor ein paar Wochen bei Amazon bestellt, bekommen und auch gelesen. Mein "offener" Brief zu diesem Buch ist noch lange nicht fertig und das Buch scheint keine größeren Emotionen zu wecken ( siehe Beispiel Dr. Scheuermann: Rezensionen).
eingetragen von Christoph Kukulies am 13.10.2002 um 08.49
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Draeger
Vorschlag fuer die Technik:
Koennte man nicht Reiner Kunzes Buch "Die Aura der Woerter" auf die Eingangsseite stellen, mit einem Link zu Amazon.de zum Bestellen?
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3871732435/qid=1034515868/sr=2-5/ref=sr_2_1_5/302-9457699-3153623
Gebundene Ausgabe - 64 Seiten - Radius-Verlag
Erscheinungsdatum: 2002
16,- Euro
ISBN: 3871732435
Ein Vorschlag: http://www.deutsche-sprachwelt.de/berichte/rsr/paulwitz-kunze.shtml
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Christoph Kukulies am 13.10.2002 um 07.47
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
Gestern habe ich auf der Buchmesse mit dem Radius-Verlag gesprochen: Bei einer 2000er Auflage habe man vor 6 Wochen 200 Rezensionsexemplare verschickt - und eine einzige Rezension sei erschienen - in der "Jungen Freiheit" - die man aufgrund der politischen Orientierung dieser Zeitschrift nicht verwenden wolle. Ich habe versprochen, diese Information auf "www.rechtschreibreform.de" weiterzugeben und mich um eine Rezension bei der Rhein-Neckar-Zeitung zu bemühen.
[Noch eine Information am Rande: Der als Titanic-Autor bekannte Gerhard Henschel hat einen offenbar lesenswerten Briefroman ("Die Liebenden") vorgestellt, der bei Hoffmann & Campe erschienen ist - einem Verlag, der meines Wissens zum Bertelsmann-Imperium gehört. Henschel sagte mir, der Roman folge selbstverständlich der Orthographie - etwas anderes wäre ja gegenüber den ihm vorliegenden Dokumenten (im wesentlichen Briefe seiner Eltern von 1940 bis 1993) eine Fälschung - aber der Verlag habe ihm im Klappentext einen Satz in "neuer Rechtschreibung" hineingemogelt. {Am 16.11. wird Henschel aus diesem Roman in den Hamburger Kammerspielen lesen.}]
Unlängst ist ein Kommunalpolitiker der ostbelgischen deutschsprachigen Provinzregierung (Eupen) aus dem Amt befördert worden, weil "herausgekommen" war, daß er unter anderem für die "Junge Freiheit" geschrieben habe. Andere, landmannschaftsliche, Organe wurden auch zitiert. Es war von "rechten" Publikationen die Rede.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Christoph Kukulies am 13.10.2002 um 06.15
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Matthias Draeger
Vorschlag fuer die Technik:
Koennte man nicht Reiner Kunzes Buch "Die Aura der Woerter" auf die Eingangsseite stellen, mit einem Link zu Amazon.de zum Bestellen?
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3871732435/qid=1034515868/sr=2-5/ref=sr_2_1_5/302-9457699-3153623
Gebundene Ausgabe - 64 Seiten - Radius-Verlag
Erscheinungsdatum: 2002
16,- Euro
ISBN: 3871732435
Irgendwie habe ich Amazon in schlechter Erinnerung, was Leserkommentare insbesondere in Bezug auf den Schlechtschrieb betraf. Nein, bitte keine Werbung für Amazon auf diesen Seiten.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Reinhard Markner am 12.10.2002 um 19.50
Was das Münchner Blatt betrifft, so scheint mir Ihre Einschätzung plausibel zu sein.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 12.10.2002 um 16.36
für die Richtigstellung. Ich war offenbar beindruckt dadurch, daß Herr Henschel vor einer Stellwand saß, auf der an jeder denkbaren Stelle "Bertelsmann" stand.
Noch kurz zur "Junge(n) Freiheit". Die politische Richtung dieser Zeitschrift wurde mir als "rechtsradikal" angegeben. Da ich noch nie ein Exemplar in Händen gehalten hatte, bin ich noch zum Buchmessenstand der "Junge(n) Freiheit" gegangen, wo sich tatsächlich zwei Herren über den Hamburger Innensenator unterhielten. Aha! Ich nahm dennoch zwei zur Mitnahme ausliegende Nummern der Zeitschrift mit und habe sie auf der Rückfahrt von Frankfurt durchgeblättert und einiges gelesen. Mein grober Eindruck: Wenn die "Junge Freiheit" rechtsradikal ist, dann ist der "Bayernkurier" das Organ eines im Untergrund agierenden faschistischen Kampfbundes. Täusche ich mich auch da?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Reinhard Markner am 12.10.2002 um 15.37
Hoffmann & Campe gehört zur Milchstraßen-Gruppe (Ganske).
eingetragen von Matthias Draeger am 12.10.2002 um 13.34
Vorschlag fuer die Technik:
Koennte man nicht Reiner Kunzes Buch "Die Aura der Woerter" auf die Eingangsseite stellen, mit einem Link zu Amazon.de zum Bestellen?
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3871732435/qid=1034515868/sr=2-5/ref=sr_2_1_5/302-9457699-3153623
Gebundene Ausgabe - 64 Seiten - Radius-Verlag
Erscheinungsdatum: 2002
16,- Euro
ISBN: 3871732435
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 12.10.2002 um 09.34
Gestern habe ich auf der Buchmesse mit dem Radius-Verlag gesprochen: Bei einer 2000er Auflage habe man vor 6 Wochen 200 Rezensionsexemplare verschickt - und eine einzige Rezension sei erschienen - in der "Jungen Freiheit" - die man aufgrund der politischen Orientierung dieser Zeitschrift nicht verwenden wolle. Ich habe versprochen, diese Information auf "www.rechtschreibreform.de" weiterzugeben und mich um eine Rezension bei der Rhein-Neckar-Zeitung zu bemühen.
[Noch eine Information am Rande: Der als Titanic-Autor bekannte Gerhard Henschel hat einen offenbar lesenswerten Briefroman ("Die Liebenden") vorgestellt, der bei Hoffmann & Campe erschienen ist - einem Verlag, der meines Wissens zum Bertelsmann-Imperium gehört. Henschel sagte mir, der Roman folge selbstverständlich der Orthographie - etwas anderes wäre ja gegenüber den ihm vorliegenden Dokumenten (im wesentlichen Briefe seiner Eltern von 1940 bis 1993) eine Fälschung - aber der Verlag habe ihm im Klappentext einen Satz in "neuer Rechtschreibung" hineingemogelt. {Am 16.11. wird Henschel aus diesem Roman in den Hamburger Kammerspielen lesen.}]
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 10.10.2002 um 18.10
Unter Hinweis auf Reiner
Kunzes Denkschrift und den
weiterhin ungebrochenen
Widerstand in der Bevölkerung
bat ich am 04.10. J. Thomann
(FAZ-net), dem Thema Rechtschreib-
reform einen Platz im Forum zu
gewähren.
Die Antwort war, daß kein
"aktueller Anlaß" bestehe.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Matthias Draeger am 10.10.2002 um 12.40
Ist das Buch von Reiner Kunze eigentlich seiner Bedeutung gemaess gewuerdigt worden?
Erschien eine ausfuehrliche Besprechung in der FAZ? Das hat ein Buch zu diesem Thema in dieser Zeit doch durchaus verdient.
Ist das Buch in Fachzeitschriften vorgestellt worden?
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.10.2002 um 09.38
Unter dieser Überschrift habe ich folgende Rezension zu Reiner Kunzes Denkschrift an "amazon" geschickt, deren letzten Abschnitt ich gesondert zu bedenken bitte: Ich vermute, daß unter den Besuchern von "rechtschreibrefom.com" überdurchschnittlich viele "Leseratten" sind, die wahrscheinlich auch weit mehr als durchschnittlich Bücher von anderen geschenkt bekommen. Wenn diese Menschen alle wüßten, daß man sich über reformverkorkste Bücher weit weniger freut, könnte das eine gewisse Wirkung haben.
"Reiner Kunzes kurze Denkschrift resultiert aus der tiefen Verletzung, die die unsägliche Rechtschreibreform bei ihm und anderen sprachsensiblen Menschen ausgelöst hat.
An treffenden Beispielen macht er deutlich, woher genau diese Verletzung rührt und wie weit sie reicht.
Er zeigt den totalitären Charakter dieser "Reform" und das stupende, geradezu brutale Unverständnis, das ein Kultusminister, mit dem er gesprochen hat, seiner Verletztheit entgegenbrachte.
Zwei kennzeichnende Sätze aus der Denkschrift:
"Als Siegfried Unseld, Verleger des Suhrkamp Verlages, die Anpassung von Brechts »Mutter Courage« abgelehnt habe, sei ihm gesagt worden, daß dann »Mutter Courage« als Schullektüre nicht mehr tragbar sei."
"Das Wort besitzt eine Aura, die aus seinem Schriftbild, seinem Klang und den Assoziationen besteht, die es in uns hervorruft, und je wichtiger und gebräuchlicher ein Wort ist, desto intensiver und prägender ist diese Aura. Wer sie zerstört, zerstört etwas in uns, er tastet den Fundus unseres Unbewußten an. Wird man also ständig mit Wörtern konfrontiert, deren Aura zerstört ist, weil sie zerschnitten sind (»weit gehend« statt »weitgehend«), weil sie so, wie sie jetzt geschrieben werden, anders klingen (»Anders Denkende« statt »Andersdenkende«) oder weil man ihnen eine Packung von drei »s« verpaßt und ihnen dann eine Spreizstange eingezogen hat (»Fluss-Senke«), dann ist die Wahrnehmung dieser Zerstörung jedesmal ein Mikrotrauma, eine winzige psychische Läsion, was auf Dauer entweder zu Sprachdesensibilisierung, Abstumpfung und Resignation oder zu zunehmend unfreundlicheren Gefühlen denen gegenüber führt, die das alles ohne Not verursacht haben."
Diese schmerzende Reform stört und zerstört nun schon seit Jahren die sich erst entwickelnde Sprachentwicklung junger Menschen - die keine Chance mehr haben, an einer deutschen Schule ihre Muttersprache richtig zu erlernen. Kultusministeriell verfügte Verstöße gegen die deutsche Grammatik (»Die Ministerin hat völlig Recht« - wenn das richtig wäre, dann müßte auch richtig sein: »Die Ministerin har völlig Arbeit«) MÜSSEN von den Lehrern wider ihr eigenes, besseres Wissen gelehrt werden!!! Wie kann man diesen unfaßbaren Zustand beenden?
Protest ist wichtig, prallt aber ohne ersichtliche Wirkung ab. Argumente werden grundsätzlich nicht wahrgenommen oder in dreister Weise konterkariert. Wichtig ist öffentlicher Protest (z.B. in Zeitungen). Wichtig ist auch Kaufzurückhaltung: Ich habe allen, die mir Bücher schenken wollen, gesagt, daß ich mich über Bücher in diesem verkorksten Deutsch nicht freue - ich lese sie nicht, weil ich mir die von Kunze geschilderten Läsionen nicht weiter antun will. Ich kann nur appellieren, daß dies möglichst viele tun sollten. Dann wäre der Spuk in absehbarer Zeit wieder weg."
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.10.2002 um 21.31
Lieber Theo Gunden,
ich sehe keine Haupt- und Nebenvarianten. Ich sehe nur Delfine und delfinschwimmen (Nos). A b e r die Philosophin ist mir allemal lieber als der reine Germanist, der nur seine Wörter einbringt. Und von der Freiheit der Lehre muss ich Ihnen .... nichts erzählen, denn Sie wollen mir ja nur einen kleinen Streich spielen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.10.2002 um 21.14
> orthographisch vogelfrei
Eine vogelfreie Orthografie lehne ich völlig ab! Das kann ich überhaupt nicht leiden, wenn jemand dieses Argument einwirft, denn ich halte sehr viel von Struktur. Je strukturierter, desto besser verläuft vieles. In der Rechtschreibung geht es nicht ohne Regeln!
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.10.2002 um 21.05
Ich habe von diesen Wortgesichtern das erste Mal gehört. Das gefällt mir sehr, sehr gut. Ich werde sammeln gehen, denn solche Geschichten gefallen Kindern besonders gut.
Neulich erzählte der Verkehrsschulpolizist, dass es böse und gute Gesichter bei Autos gäbe. Passen Sie mal auf der Straße auf!
Nun werde ich beginnen auch in Wörtern zu suchen...
eingetragen von Theodor Ickler am 09.10.2002 um 14.04
Im Deutschen haben die Wörter ganz charakteristische Physiognomien, so daß man sie auch unter erschwerenden Bedingungen leicht wiedererkennt. Die Verbindung ih kommt (fast) nur in Pronomina vor. Verschlußlaute korrelieren überzufällig mit "obstruierenden" Buchstaben (Ober- und Unterlängen, verglichen mit dem Mittelband der meisten Fließlaute und aller Vokale). Das Blickfang-h usw. - unzählige Feinheiten. Man vergleiche einen Text in phonetischer Umschrift (die immerhin noch einen Teil dieser Obstruenten geerbt hat und damit unverdient ikonische Züge trägt!). Viel weniger individuelle Wortgesichter!
Darüber wird selten gesprochen, aber ich glaube, daß es einer der Hauptgründe ist, warum uns die gewachsene Schreibweise so am Herzen liegt. Wahrscheinlich haben Spracharbeiter wie Reiner Kunze etwas Ähnliches im Sinn.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 09.10.2002 um 11.51
Aber liebe Frau Menges! Folgte man Ihrem argumentativen Ansatz, dann wäre nahezu jedes Wort orthographisch vogelfrei. Es bräuchte ledigleich ein neues, ungewohntes Autfitt verpaßt zu bekommen (von wem eigentlich?) - und schwupps! wäre es "modern". In der nächsten Saison darf, nein, muß das Wort dann wieder ein anderes Gewand tragen. Welches, das bleibt vorerst streng geheim. Auf jeden Fall ein noch kuhleres.
In diesen Schablonen mögen sich alerte Modedesigner und kregle Popmusikfabrikanten bewegen: mit einer gewachsenen Sprache, ihrer Tradition und ihrer Aufgabe als Trägerin und umsichtigen Bewahrerin einer Kultur hat das nichts, aber auch g a r n i c h t s zu schaffen. Und was sollen die nun gerade in den vergangenen Jahren wirklich bis zum Überdruß herbeibemühten Fingerzeige auf die Schule? Die flotten Diseusen der GEW werden angesichts der Vorstellung von Sprache als Motor gesellschaftlicher Modernisierung selig ihre lila Latzhosen schwenken - aber die Rechtschreibung ist nun einmal nicht für die Schule da; vielmehr hat die gewachsene, unbefummelte Rechtschreibung der Sprachgemeinschaft der Maßstab für die Schule zu sein. Wie auf Hokkaido, in Transsylvanien oder am Kap Hoorn. Was heißt im übrigen Modernisierung: das überall anwesende und heute schon in unseren Grundschulen feilgebotene Englische hat seit bald 250 Jahren eine nahezu unveränderte Orthographie. Ich habe nicht den Eindruck, daß man sich ob dieser vorgeblichen Antiquiertheit in Manchester oder Milwaukee verschämt windet. Warum eigentlich hat Coca Cola seinen noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Schriftzug nie "modernisiert"? Etwa, weil der "alte" soviel Charakter hat?
Wie soll es überhaupt nach dem Jahr 2005 weitergehen? Wahrscheinlich wird dann die schier wirrsinnige Situation eintreten, daß die Orthographie, die ein Jahrhundert lang unbestrittene Gültigkeit hatte, die auch davor niemals falsch war (!) und deren sich eine schreibende Elite nach wie vor mit Selbstverständlichkeit bedient, in den Schulen vom einen auf den anderen Tag als fehlerhaft bewertet wird - und das von denselben Lehrern, welche die herkömmliche Rechtschreibung jahre- und jahrzehntelang ihren Schülern eingebleut haben. Gespenstisch!
Zum Schluß möchte ich noch eine Frage anfügen, die eigentlich nicht hierhin gehört. Mich interessiert, warum man seinerzeit Thal, Thier, Theil, Thor, thun usw. schrieb, aber meines Wissens niemals Thag, Thollhaus, thanzen oder tho(d)t. Wer kann mir eine Auskunft erteilen?
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Norbert Schäbler am 09.10.2002 um 10.02
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Zitat:Die eindeutschende Schreibweise verführt zu eindeutschender Aussprache, die übrigens unter Schwimmern verbreitet ist.
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Irgendwie wirkt Delfin auf mich eher so, als sei die erste Silbe betont, im Gegensatz zu Delphin, wo das ziemlich abwegig scheint.
O h, F r a n z iska
Ganz schön metaphorisch, das mit den Schwimmern!
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 09.10.2002 um 09.34
Zitat:Die eindeutschende Schreibweise verführt zu eindeutschender Aussprache, die übrigens unter Schwimmern verbreitet ist.
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Irgendwie wirkt Delfin auf mich eher so, als sei die erste Silbe betont, im Gegensatz zu Delphin, wo das ziemlich abwegig scheint.
eingetragen von Theo Grunden am 08.10.2002 um 22.04
Liebe Frau Menges,
hat die Tatsache, daß man nun – nach der neuen Rechtschreibung – oft zwischen Haupt- und Nebenvarianten unterscheidet, überhaupt irgendeine Bedeutung für Sie? Sind Sie (dienstlich) gehalten, die Haupt- den Nebenvarianten vorzuziehen? Oder können Sie dabei völlig frei entscheiden oder gar Nebenvarianten vorziehen (was ja bedeuten würde, daß die neue Einstufung nach Haupt- und Nebenvarianten eigentlich keine Bedeutung hat)? Ich verstehe das – dumm wie ich bin und mich manchmal auch stelle – bisher so, daß die Hauptvarianten zu lehren, die Nebenvarianten zu dulden sind. Wie verstehen Sie das?
Habe noch eine interessante Stellungnahme zur Schreibung von f-Lauten gefunden:
Die Entscheidung, ob eine aus einer Fremdsprache kommende Verschriftlichung des f-Lautes mit "ph" jetzt mit "f" geschrieben werden kann, folgt nur sehr weichen Kriterien. Gradmesser ist die "Integration" eines Wortes in den deutschen Wortschatz. Allerdings haftet den aus dem Griechischen stammenden Wörtern, deren ph-Schreibung erhalten bleibt, eine gewisse Würde an, die es den meisten deutschen Schriftverwendern unmöglich macht, von der ph-Schreibung zur f-Schreibung zur wechseln:
"Farmakologie", "Filosofie", "Filharmonie", "Fänomen" oder "Katastrofe" sind im Deutschen undenkbar.
Wenn Sie mir verraten, was Sie davon halten, verrate ich Ihnen auch, woher ich sie habe. Oder haben Sie schon eine Vermutung, aus welcher „Ecke“ das Zitat stammen könnte?
eingetragen von Elke Philburn am 08.10.2002 um 22.02
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Natürlich. Meinte ich auch. Ich war wohl etwas durcheinander.
Wer gerät denn dabei nicht durcheinander, lieber Herr Melsa?![]()
eingetragen von Christian Melsa am 08.10.2002 um 21.50
Zitat:Die Nebenvariante ist Delfin, und in der Presse taucht eigentlich nur diese auf. Potenzial ist im übrigen die Hauptschreibweise.
Ursprünglich eingetragen von Christian Dörner
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Auch komisch, daß in der Presse meist die Nebenvariante Delphin auftaucht. Einige Bereiche der Reform werden in den Hausorthographien gleich völlig ignoriert, und bei Potenzial usw. wird dann neuerungsgeil die Nebenvariante gepflegt.
eingetragen von Christian Dörner am 08.10.2002 um 20.32
Zitat:Die Nebenvariante ist Delfin, und in der Presse taucht eigentlich nur diese auf. Potenzial ist im übrigen die Hauptschreibweise.
Ursprünglich eingetragen von Christian Melsa
Auch komisch, daß in der Presse meist die Nebenvariante Delphin auftaucht. Einige Bereiche der Reform werden in den Hausorthographien gleich völlig ignoriert, und bei Potenzial usw. wird dann neuerungsgeil die Nebenvariante gepflegt.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von Christian Melsa am 08.10.2002 um 20.19
Zitat:Auch komisch, daß in der Presse meist die Nebenvariante Delphin auftaucht. Einige Bereiche der Reform werden in den Hausorthographien gleich völlig ignoriert, und bei Potenzial usw. wird dann neuerungsgeil die Nebenvariante gepflegt.
Ursprünglich eingetragen von Christian Dörner
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
wissen Sie eigentlich, daß Delphin nach wie vor die Hauptschreibweise ist und daß Sie als Lehrkraft eigentlich diese unterrichten sollten?
eingetragen von Christian Dörner am 08.10.2002 um 17.37
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
wissen Sie eigentlich, daß Delphin nach wie vor die Hauptschreibweise ist und daß Sie als Lehrkraft eigentlich diese unterrichten sollten?
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.10.2002 um 16.56
Lieber Christian Melsa,
jetzt mache ich mir ernsthafte Sorgen um Sie. Seitenweise haben Sie mich schriftlich widerlegt und jetzt sowas ...
und zum Thema Betonung haben wir in Bayern so manche Differenzierung, die den Nordlichtern nicht immer gefällt.
eingetragen von Christian Melsa am 08.10.2002 um 16.11
Zitat:Irgendwie wirkt Delfin auf mich eher so, als sei die erste Silbe betont, im Gegensatz zu Delphin, wo das ziemlich abwegig scheint. Erklären kann ich das auch nicht so richtig, aber ich wollt's nur mal anmerken.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Aura eines Delfins ist für mich sogar noch deutlicher als die Aura des alten Delphins.
Das zweite Wort schaut sogar ein wenig antiquiert aus. Altertumsforscher mag es gut erscheinen, aber mir ist heute unser modernes Wort lieber.
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.10.2002 um 15.38
Gerade an dieser Verbindung bin ich sehr interessiert. Vergleicht man sie mit der neuen und alten Rechtschreibung kann man interessante Kontraste herausarbeiten . Hat es im Altertum nicht eine Menge an alten Rechtschreibungen gegeben? Die Neuzeit bindet diese Wörter mit ihrer Aura in ein anderes Feld ein. Eigentlich bin ich froh, dass wir aus den alten Schreibweisen herauskommen, denn ich würde ja noch eine größere Vereinfachung der Rechtschreibung favorisieren.
Die Aura eines Delfins ist für mich sogar noch deutlicher als die Aura des alten Delphins.
Das zweite Wort schaut sogar ein wenig antiquiert aus. Altertumsforscher mag es gut erscheinen, aber mir ist heute unser modernes Wort lieber.
Herr Stiene geht sogar noch aus der optischen Sphäre in die akustische über. Akustisch kann ich die neue Rechtschreibung noch genauer an den Schüler bringen, zum Beispiel die Getrenntschreibung. Ich denke, dass dies auch bei Wörtern wie Delfin und Känguru so ist.
Akustisch die Rechtschreibung zu betrachten ist heute für mich nichts Neues und es ist nicht uninteressant. Die auditive Wahrnehmung spielt in unserem Leben und besonders im Schülerleben eine größere Rolle wie wir gemeinhin annehmen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.10.2002 um 16.44
Es geht gerade um das Thema Mitleser:
Ich habe nichts dagegen, wenn die Bürokratie hier mitliest.
A b e r - wir könnten ja dann direkt kommunizieren, ansonsten muss ich erst wieder eine gute Anfrage formulieren, denn die Antworten sind ja nicht befriedigend.
Aber eine gute weitere Anfrage oder Gegenantwort braucht auch Zeit.
D e m o k r a t i e lebt von der Wahl, der Diskussion, der Gegenwehr, der Abstraktion und des Konkretismus.
A u ß e r d e m braucht so eine Anfrage nicht den Überraschungseffekt. Ich glaube vielmehr, dass es wichtig ist anzugeben, wer daran interessiert ist.
A l s o: G u t D i n g will Weile haben.
eingetragen von Norbert Schäbler am 07.10.2002 um 09.55
Falls jemand meinen vorhergehenden Beitrag in diesem Strang nicht verstehen sollte, möge er sich einmal die Mühe machen, das Wort „Tipppartner“ 20 mal hintereinander auf ein Blatt Papier zu schreiben.
Das endet mit einem fürchterlichen „Schreibstottern“!
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 06.10.2002 um 16.22
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Dagegen steht, dass heute eine Lehrerin zu mir gesagt hat, dass sie Tip als falsch empfindet. Sie findet nur noch am Tipp Gefallen. So ändern sich eben die Zeiten. Später mehr zu Ihrem Beitrag!
Strafarbeit!
Die Lehrerin sollte dafür, daß sie den Tip mit Doppel-P so gut findet, mit Füller in herkömmlicher Schreibschrift 100 mal „Tipppartner“ schreiben.
Ich garantiere: Die kriegt `nen Handkrampf bei dem ständigen Arkaden-Girlanden*-Wechsel.
Beim schriftlichen Nachdenken (Spezialausdruck für Strafarbeit) dürfte oben zitierte Lehrerin demnächst in die Schule kommen und für die vereinfachte Ausgangsschrift plädieren. Das wäre nur zu logisch!
*Fachausdrücke für die unterschiedlichen Bogenformen der Buchstaben.
__________________
nos
eingetragen von J.-M. Wagner am 06.10.2002 um 16.10
Zitat:Wie bitte, vor einigen Wochen? War das vielleicht ein vorgedruckter Brief aus der Zeit kurz nach der Umstellung, der nur das aktuelle Datum verpaßt bekam? Haben Sie vielleicht trotzdem mal nachgefragt, was diese Rechtsnormen denn sein sollen? Natürlich ist das eine Art Katz-und-Maus-Spielchen, aber ich gebe zu, daß ich sogar auf eine Standardantwort neugierig bin. Und erst, wenn man die hat, kann man ja nochmal dezent daruf hinweisen, daß hier ständig mit gespaltener Zunge gesprochen wird und die WELT somit an Glaubwürdigkeit verloren hat.
Ursprünglich eingetragen von Heinz Erich Stiene
Gewiß ist, daß nicht alle, die Texte in Reformschreibung anbieten, dies auch in ungeteilter Sympathie tun. Von einer hohen Akzeptanz bei denen, die ihr folgen, kann nicht in jedem Falle ausgegangen werden. Vor wenigen Wochen erhielt ich ein Schreiben vom Chefredakteur der WELT. Mit freundlichen Worten versuchte er zu erklären, warum sich seine Zeitung damals der Reformschreibung angeschlossen habe. Er führte "Rechtsnormen" ins Feld, die man "trotz des verlockenden Ergebnisses" nicht ignorieren wolle (was natürlich eine gehörige Mogelei ist), und bekundete, man werde "weiter daran arbeiten, aus einer schlechten Reform das Beste zu machen." Der Brief war - Chapeau! - in bewährter Rechtschreibung abgefaßt, und der hauseigene Stempel auf dem Umschlag verriet: "Wer die Welt verstehen will ... muß sie lesen."Zitat:Das stimmt vermutlich, denn wenn sich herausstellt, daß zum Ende der Übergangszeit noch nicht alle Lehrmaterialien umgestellt sind oder die bislang angeschafften neuschrieblichen fehlerhaft sind (weil auf dem 1996er Duden beruhend), muß (so denke ich) -- falls sich sonst nichts grundlegend ändert -- die Übergangszeit eben verlängert werden, und weiter geht's mit dem Mischmasch. Und dann hat auch die Rechtschreibkommission mehr Zeit für Nachbesserungen.
Was die Praxis an den Schulen angeht, kann ich die Beobachtungen von Theo Grunden nur bestätigen. Ich habe zwei Kinder im Grundschulalter, und auch sie erhalten immer wieder einmal Unterrichtsmaterialien in klassischer Rechtschreibung. Das hat bislang niemanden gestört, und auch in Zukunft dürfte sich daran nichts ändern.
(Ob's jemals "fehlerfreie", d. h. der jeweils aktuellen, kommissionell abgesegneten Nachbesserung entsprechende Schulbücher geben wird?)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Elke Philburn am 06.10.2002 um 15.39
Standingovations für die Reform freudige Kollegin!
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.10.2002 um 14.50
Dagegen steht, dass heute eine Lehrerin zu mir gesagt hat, dass sie Tip als falsch empfindet. Sie findet nur noch am Tipp Gefallen. So ändern sich eben die Zeiten. Später mehr zu Ihrem Beitrag!
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 06.10.2002 um 09.59
Erst heute komme ich dazu, Frau Menges für ihr charmantes Kompliment über meine "kullernden Wörter" artigst zu danken. Aber entgegen ihrer Vermutung habe ich an deutschen Gedichten allenfalls als Laie meine bescheidene Freude. Lebt denn eine gute Prosa nicht minder von kraftvollen, ausdrucksstarken Bildern? Doch um etwaigen Mißverständnissen entgegenzutreten, beeile ich mich zu bekunden, daß ich zu jedweder Art von Schriftstellerei - Dichtung wie Prosa - auch nicht die leiseste Begabung besitze. Mich hat Pegasus noch niemals geküßt, jedenfalls nicht mit seinen edleren Teilen ...
Allerdings bin ich von Beruf Philologe (kein Germanist) und als solcher ein ebenso aufmerksamer wie zuweilen beckmessernd penibler Leser. Gerade deshalb haben Wörter für mich in der Tat eine ganz eigene, unverwechsel- und unaustauschbare Aura. Da ist eben der "Delphin" etwas anderes als der neuschreibliche "Delfin", der "Tip" verspricht mehr als die Talmi-Münze "Tipp", und die "Gämse" schubst mich mit ihrem Umlaut geradezu rücksichtslos von der "Passstraße". Das ist Retorten-Blödsinn, zu dessen Übernahme mir alle intellektuelle Befähigung mangelt.
Das Unbehagen, das ich bei der optischen Wahrnehmung des Neuschriebs empfinde, hat seine akustische Entsprechung im namenlosen Jammer, der mich befällt, wenn ich vor dem Bildschirm Zeuge einer amerikanischen Fernsehserie werde. Ohne Erbarmen nimmt mich nämlich dann das Synchrondeutsche (das eine eigene sprachwissenschaftliche Untersuchung wert wäre) in Geiselhaft.
Denn nicht nur die geschriebene und gelesene, sondern auch die gesprochene und gehörte Sprache besitzt ihre Aura. Diese kann sich auf die verschiedensten Weisen mitteilen, über das Hochdeutsche oder über Dialekte, über den grammatisch und semantisch tadellosen Ausdruck oder auch durch stochernde Unbeholfenheit. In jedem Falle wächst die Aura aus der lebendigen Sprache heraus. Die Synchronisierungen aus dem Englischen hingegen sind sprachliche Schmuggelware. Da quillt eine hübsche Redensart wie "The early bird catches the worm" als die Unsäglichkeit "Der frühe Vogel fängt den Wurm" aus dem Lautsprecher ins Wohnzimmer. Gemeint ist meistens "Morgenstund' hat Gold im Mund", mitunter auch "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst". Und bei jedem "Oh my God, what's happened?" quietscht die deutsche Sprecherin in pasteurisiertem, unidiomatischem Synchrondeutsch: "O mein Gott, was ist geschehen?" Wie die Übertragung des Drehbuchs es befahl. Daß die Wortverbindung "O mein Gott" im lebendigen, alltäglichen Deutsch ungleich seltener begegnet als im Englischen "Oh my God", hat man in Übersetzungsbüros und Synchronstudios noch nicht bemerkt. Auch die scheinbar beiläufigen, für Satzmelodie und Nuancierung im Deutschen so charakteristischen Partikeln wie "ja" ("Du bist ja verrückt") oder "denn" ("Was ist denn hier los?") kommen im Synchrondeutschen kaum vor. Der sprachliche Teil dieses Geschäftes liegt unstrittig in den Händen von Dilettanten. Robusteren Zuschauern dürfte die Dürre vermutlich weniger zu schaffen machen, sprachempfindliche Gemüter indessen leiden bittere Qualen.
Nicht anders ergeht es ihnen mit der Orthographie. Die Ästhetik eines Wortes, Satzes oder Textes wird durch den Neuschrieb sichtlich verletzt, und wieder sind, wohlwollend gesagt, Dilettanten am Werk gewesen. Deren Machenschaften haben aber nicht nur die Aura vieler Wörter zerstört und in das organische Wachstum des Deutschen eingegriffen, sondern vor allem Präzision und Lesbarkeit der Sprache vermindert. Deshalb möchte ich hier eine grundsätzliche Überlegung zu den Reizen der neuen Rechtschreibung anstellen. Ich frage mich kopfschüttelnd, wer in der Reformschreibung ehrlichen Herzens und kühlen Verstandes einen Gewinn für das Deutsche zu erkennen vermag, abgesehen von jener Clique, die eine tiefe Befriedigung empfinden muß, die eigene Sprache mit faunischen Phantasien überfallen zu haben, abgesehen auch von all jenen Politikern und ihren Ministerialchargen, die dieses Bubenstück aus dem germanistischen Rotlichtmilieu verharmlosend geduldet oder wegschauend bzw. gar erwartungsvoll begünstigt haben. Ich frage noch einmal: Wer schließt eine Orthographie ins Herz, die erwiesenermaßen - erwiesenermaßen, das sei nachdrücklich betont! - einen Verlust für eine ausdrucksfähige, an Nuancen überaus reiche Sprache bedeutet? Am einleuchtendsten erscheint mir die Erklärung, daß es Köpfe sind, die sich schwertun, ihre Gedanken klar zu ordnen und stringent zu formulieren, und deshalb die angenagte Schreibung als eine gleichsam natürliche Verbündete umarmen. Was für eine irrlichternde Symbiose!
Gewiß ist, daß nicht alle, die Texte in Reformschreibung anbieten, dies auch in ungeteilter Sympathie tun. Von einer hohen Akzeptanz bei denen, die ihr folgen, kann nicht in jedem Falle ausgegangen werden. Vor wenigen Wochen erhielt ich ein Schreiben vom Chefredakteur der WELT. Mit freundlichen Worten versuchte er zu erklären, warum sich seine Zeitung damals der Reformschreibung angeschlossen habe. Er führte "Rechtsnormen" ins Feld, die man "trotz des verlockenden Ergebnisses" nicht ignorieren wolle (was natürlich eine gehörige Mogelei ist), und bekundete, man werde "weiter daran arbeiten, aus einer schlechten Reform das Beste zu machen." Der Brief war - Chapeau! - in bewährter Rechtschreibung abgefaßt, und der hauseigene Stempel auf dem Umschlag verriet: "Wer die Welt verstehen will ... muß sie lesen."
Was die Praxis an den Schulen angeht, kann ich die Beobachtungen von Theo Grunden nur bestätigen. Ich habe zwei Kinder im Grundschulalter, und auch sie erhalten immer wieder einmal Unterrichtsmaterialien in klassischer Rechtschreibung. Das hat bislang niemanden gestört, und auch in Zukunft dürfte sich daran nichts ändern. Eine der Lehrerinnen hat die Rechtschreibreform im Kreise mehrerer Eltern einmal einen "überflüssigen Quatsch" genannt. Nicht nur meines Beifalls konnte sie sicher sein.
Ein Wort noch zur Reformschreibung in den (Geistes-)Wissenschaften. In diesem Jahr haben mir deutschsprachige Kollegen aus dem eigenen Fach oder aus Nachbardisziplinen bislang 24 Publikationen übersandt, vorwiegend Aufsätze begrenzten Umfangs, aber auch drei Bücher. Ein paar Veröffentlichungen waren noch 2001 erschienen, die meisten 2002. Mit einer einzigen Ausnahme, einem Beitrag ausgerechnet zur älteren Germanistik, waren alle in bewährter Rechtschreibung verfaßt.
Ein Beispiel für den jetzt immer wieder zu beobachtenden orthographischen Zerfall möge meine Betrachtungen beschließen. In einer deutschen Stadt entdeckte ich vor wenigen Tagen ein Photogeschäft, das mit diesem Dreizeiler für sich warb: "Kein Ärger, kein Verdruß / Pass- und Bewerbungsbilder / vom Fachmann ein Genuß." Ein paar Häuser weiter bot ein Restaurant auf einer handgeschriebenen Tafel hungrigen Mägen in herkömmlicher Rechtschreibung "Känguruhsteaks" an. Wie reimte, und hier kommt doch noch'n Gedicht, einst Heinz Erhardt: "Orthogravieh - das sieht man hier - ist nicht ganz leicht für Mensch und Tier." Seit 1997 gilt die Feststellung des großen Humoristen mehr denn je.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.10.2002 um 20.40
Es gibt so viele Mottos oder Motti, die schon deshalb nicht eingehalten werden, weil irgendein Argument – am Ende sogar die Grundfestlegung auf die Schreibweise - den festen Vorsatz bremst oder den Vorsatzgefaßthabenden des Gelübdes entbindet.
Unsere deutschen Politiker empfinde ich im übrigen als laumännisch, und ich kann aus meinem Beobachtungswinkel heraus keinen Zwang ausmachen, der sie berechtigen würde, derartige Lauheiten ständig und ausschließlich zu verabschieden. Abscheulich empfinde ich geradezu deren Zitatenschatz, der nichts anderes beinhaltet als hoch stehende moralische Theorien, die das Leben lebenswert machen könnten, aber nicht verwirklichbar sind.
Da wende ich mich doch lieber den Bürgerlichen und den Dissidenten zu, die es immerhin geschafft haben, eine Gehirnblockade zu beseitigen, wenn auch der letzte Schritt aufgrund weltimmanenter Gesetzlichkeiten nicht gangbar war.
Die Ehre von Václav Havel will ich somit wiederherstellen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.10.2002 um 19.51
"Versöhnen statt spalten", ist das bekannte politische Lebensmotto von Johannes Rau.
Dieses Zitat könnte durchaus auch eine "kleine" Aussage zur Rechtschreibreform sein und die Unmöglichkeit dieses beim Thema Rechtschreibreform zu erreichen.
SPD und CDU verfolgen die gleichen Ziele in ungewohnter Einigkeit.
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.10.2002 um 19.36
In meinen Kreisen sagt man übrigens "Waschlapp-Havel" zur Person des Zitierten.
Vielleicht ist das ja nur ein Rechtschreibfehler.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.10.2002 um 19.23
Ich glaube nicht, dass man mit dieser Art der Diskussion etwas erreichen kann. Tatsache ist nur, dass die Anfrage beantwortet wurde. Ich denke, dass das "Nachtarocken" nichts mehr bringt, möchte aber gleichzeitig ein Zitat hier einstellen:
"Der Nachteil der Demokratie ist, daß sie denjenigen, die es ehrlich mit ihr meinen, die Hände bindet. Aber denen, die es nicht ehrlich meinen, ermöglicht sie fast alles."
Havel, Václav
Manchmal möchte man meinen, dass dieser Satz stimmt.
Nachtrag:
Schavan, Schipanski und Hohlmeier haben den Brief nach Ihrem Schreiben sofort online an die beteiligten Stellen weitergegeben, bzw. die Sachbearbeiter dieser Stellen. Aber wie gesagt, das Nachtarocken hat wenig Sinn.
eingetragen von J.-M. Wagner am 03.10.2002 um 21.46
Zitat:Leider kann ich nicht nachvollziehen, wie schnell da welcher Brief von wo nach wo gegangen ist. Gibt es einen Bonner Eingangsstempel auf dem von Ihnen nach Erfurt geschickten Brief? Und mit welchem Laufweg des Münchener Briefes vergleichen Sie den Transfer von Erfurt nach Bonn, wenn Sie schreiben: »so schnell war man in Bayern nicht«?
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
So schnell wie dieser Brief von ihr [=Frau Prof. Dr. Schipanski] zum Büro der KMK geschickt wurde, so schnell war man in Bayern nicht. Die Zeit war in Bayern für die Beantwortung einer solchen Anfrage genau richtig, aber Thüringen hat übermäßig rasch den Brief nach Bonn abgeleitet. War das nur wegen dem zuständigen Sacharbeiter, der in Bonn in der Lennéstraße sitzt oder gab es da auch noch andere Gründe? Was meinen Sie?
Ich vermute einfach mal, daß es immer wieder Briefe gibt, die an Frau Schipanski in ihrer Eigenschaft als KMK-Präsidentin geschrieben, aber nach Thüringen und nicht nach Bonn geschickt werden. An der Stelle von Frau Schipanski würde ich diese Briefe durchgehen und entscheiden, welche persönlich beantwortet werden und welche der Sekretär zur Bearbeitung bekommt, zusammen mit einer kurzen Anweisung, wie die Antwort prinzipiell ausfallen soll. Diesen Weg kann auch Ihr Brief genommen haben, Frau Menges; welche Anweisung (von Frau Schipanski an Herrn Funk) dabeilag, davon habe ich allerdings keine Vorstellung.
Gerade das kann aber ein interessanter Punkt sein: Lag der Brief von Frau Schipanski schon einige Tage in Bonn, inklusive einer solchen Anweisung? War zu diesem Zeitpunkt schon klar, daß es eine Antwort aus dem Bayerischen Ministerium zu demselben Thema geben würde? Aus dem Kopf Ihres Anschreibens ging doch für alle Adressaten klar hervor, an wen Sie sich alles damit gewandt hatten, nicht wahr? Dann kann bereits Frau Schipanski beschlossen haben, das Bayerische Ministerium die Arbeit machen zu lassen, weil es das für Sie als Lehrerin unmittelbar zuständige Kultusministerium ist. Oder sie hat Herrn Funk gebeten, sich mit Herrn Krimm zu verständigen. Was diese Sacharbeiter betrifft, weiß ich aber nichts darüber, wie gut sich Herr Dr. Funk von der KMK und Herr Dr. Krimm vom Bayerischen Staatsministerium kennen.
Oder aber Ihr Brief war nie bei Frau Schipanski angekommen, weil er ja mit »An die Kultusministerkonferenz ...« adressiert war und also höchstwahrscheinlich gleich nach Bonn weitergeleitet wurde. -- Sie sehen, ich komme über bloße Mutmaßungen nicht hinaus. Warum ist diese Frage nach dem Grund für den Unterschied bei der Bearbeitungsgeschwindigkeit so wichtig, Frau Menges?
Da Sie das Thema (Sacharbeiter) aber gerade ansprechen: Kürzlich hatten Sie die Ausführungen von Herrn Ickler über Herrn Krimm zitiert, und mir war nicht klargeworden, was Sie damit zum Ausdruck bringen wollten (Ihr Beitrag vom 30.09.2002, 06.30 Uhr). Ob sie's mir nachträglich etwas erläutern würden, liebe Frau Menges?
(Pssst: Mit den drei angeschriebenen Politikern -- meinten Sie damit Frau Hohlmeier, Frau Schipanski und Herrn Rau? Dann stimmt etwas mit Ihrer ersten Aussage [zur Parteizugehörigkeit] nicht...)
– geändert durch J.-M. Wagner am 05.10.2002, 16.52 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 03.10.2002 um 18.12
Noch eine Frage an Herrn Wagner:
Alle drei angeschriebenen Politikerinnen (Schavan (aus Versehen), Schipanski und Hohlmeier) sind aus der Partei der CDU/CSU. Keine hat direkt geantwortet. Nun die Frage an Herrn Wagner:
Gehört nicht Frau Prof. Dr. Schipanski (Studium der Angewandten Physik an der TU "Otto von Guericke" Magdeburg, Frau des Jahres 1999, Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland 1. Klasse 1996, Präsidentin der Kultusministerkonferenz)in den Bereich Ihres Wirkens?
Ist nicht gerade sie für Universität, zum Beispiel Jena und für die Schule in Thüringen verantwortlich?
Da sie den Vorsitz in Ihrem Bundesland hat, war sie auch die zuständige Person für die Anfrage. So schnell wie dieser Brief von ihr zum Büro der KMK geschickt wurde, so schnell war man in Bayern nicht. Die Zeit war in Bayern für die Beantwortung einer solchen Anfrage genau richtig, aber Thüringen hat übermäßig rasch den Brief nach Bonn abgeleitet. War das nur wegen dem zuständigen Sacharbeiter, der in Bonn in der Lennéstraße sitzt oder gab es da auch noch andere Gründe? Was meinen Sie?
*** Wegen einer früheren Anfrage "Hochbegabung" bekam ich nach einem halben Jahr immer noch ausführlichste Briefe!
– geändert durch RenateMariaMenges am 06.10.2002, 22.49 –
eingetragen von Theo Grunden am 03.10.2002 um 07.59
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Norbert Schäbler
Wenn ich so durch die Lande fahre, sehe ich immer mehr Betonsäulen in der Landschaft stehen, wobei ich bei näherem Hinschauen erkenne, daß nur ca. jede zweite tatsächlich am Arbeiten ist.
Daß nur ca. jede(r) zweite am Arbeiten ist, ist genau das, was man oft Beamten in Ämtern und Behörden nachsagt. Ob und wann zu Recht oder zu Unrecht, läßt sich leider nur vermuten. Denn anders als bei den Windrädern kann man bei ihnen nicht so einfach näher hinschauen. Bei den Kultusbeamten würd’ ich’s schon mal gerne können.
eingetragen von Norbert Schäbler am 03.10.2002 um 02.31
Da fällt mir doch glatt eine Geschichte ein – eine aus erster Hand.
Irgendwann – neulich, vor rund fünf Monaten - ließ ich Kontakt aufnehmen zum lion-Verlag, der unter der Internet-Adresse http://www.literaturrezensionen im Weltnetz auftaucht. Dort hat man hehre Ziele und will den anonymen Schmitts und Pseudogoethes die Gelegenheit geben, groß herauszukommen (ist alles ein wenig selbstironisch und zynisch formuliert, aber das Ding bekommt schon noch seine Pointe …).
Ich ließ im Auftrag eine selbstfabrizierte Kurzgeschichte einsenden, die – man möge es mir glauben – in altbewährter Rechtschreibung gehalten war.
Dem Fortgang der Ereignisse maß ich sehr wenig Bedeutung bei, bis zu dem Zeitpunkt, als ich tatsächlich auf den Internetseiten des lion-Verlages stöberte und dort meine Geschichte – (einem Millionenpublikum zugänglich) - vorfand.
Ich war äußerst ungehalten!
Die Geschichte war veröffentlicht im nichtentschlüsselbaren Neuschrieb.
Postwendend entrüstete ich mich via e-Mail über die Verfremdung meines Textes und erhielt zarte Antwort, daß mir als Autor sehr wohl der Wunsch freistehe, die entsprechende Rechtschreibung zu wählen, verbunden mit Entschuldigungen und aufrichtigem Respekt.
Etwa fünf bis sieben Hin-und-zurück-e-Mails lang währte das gegenseitige Beschmeicheln, und der leitende Redakteur erklärte sich gar bereit, eine Umfrage zum Thema Rechtschreibung auf seinen Internetseiten durchzuführen und im besonderen meine Geschichte rückzutransferieren …
Nur: - ich will es kurz machen – am Ende flog meine Geschichte - nach ca. dreimonatiger Präsenz - heraus, und die Umfrage wurde nie gestartet.
In meinem letzten Mail (Anfang dieser Woche) habe ich den zuständigen Herren gebeten, auch eines meiner Gedichte zu entfernen, das ebenfalls im lion-Verlag veröffentlicht worden war. Gleichzeitig drohte ich gerichtliche Schritte an.
Eine Antwort erfolgte bisher nicht.
Nüchtern, sachlich und ein klein wenig bissig will ich feststellen, daß in unserer Rechtsgesellschaft alles perfekt geregelt ist, und daß wir uns deswegen um das eigene Wohl gar keine Gedanken machen brauchen. Das machen andere für uns.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 02.10.2002 um 23.53
An dieser Stelle habe ich zwar Lust und Laune, aber noch lange keine Berechtigung, eine Diskussion anzuzetteln über das Thema „Atomkraft contra natürliche Ressourcen“, wobei ich allerdings sofort anmerken muß, daß auch das „Atom“ – physikalisch gesehen - etwas absolut Natürliches und zudem Unerschöpfliches ist.
Es geht ja auch – so entnehme ich der Antwort von Frau Dr. Menges - eigentlich mehr um die Kosten.
Genau deswegen würde sich übrigens die Diskussion von oben erneut anbieten, doch ist sie einfach nicht gesellschaftsfähig, weil sich die Argumente der Bürokratietroddel und verbeamteten Windfähnchen inzwischen so in den Köpfen der hörigen Befehlsempfänger verfangen haben, daß einfach kein klarer Gedanke mehr zustande kommt.
Versuchen wir ’s wirtschaftlich. "Die Anfangsverluste eines zum Scheitern verurteilten Projektes sind immer noch die geringsten" (geringer jedenfalls als die Kosten, die zu erwarten sind, wenn man eine Fehlproduktion bis zum bitteren Ende durchzieht).
Vielleicht ist deshalb unsere Wirtschaft krank!?
Noch was zu den Windkraftanlagen – die Windfähnchen sind ein eigenes Kapitel.
Wenn ich so durch die Lande fahre, sehe ich immer mehr Betonsäulen in der Landschaft stehen, wobei ich bei näherem Hinschauen erkenne, daß nur ca. jede zweite tatsächlich am Arbeiten ist.
Ich frage mich allmählich, welchen Sinn das macht, immer mehr Säulen in die Gegend zu stülpen, wenn man ohnehin schon die vorhandenen Kapazitäten brachliegen läßt.
Liegt ’s vielleicht an den Betonköpfen?
__________________
nos
eingetragen von Matthias Draeger am 02.10.2002 um 19.04
Fuer den Abdruck von Texten, z. B. in Schulbuechern, ist eine Genehmigung des Verfassers einzuholen, bzw. seiner Rechtsnachfolger. Das Urheberrecht an veroeffentlichten Texten wird erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors gemeinfrei, so dass auf jeden Fall in diesem Zeitraum die Rechtsinhaber fuer eine Umschreibung eines Textes in eine andere als die Originalorthographie ihre Zustimmung geben muessen.
Bei Kurzzitaten, die generell zulaessig sind, bewegt man sich rechtlich in einem Graubereich. Es ist sicher nicht die feine Art, einen Schrifsteller ungefragt in Baracken-Deutsch* zu bringen, aber selbst ein Grass wird keinen Prozess in Gang bringen, nur weil in einem Kurzzitat aus "Der Butt" mal ein "dass" auftaucht.
* kleine Anspielung auf die Baufaelligkeit der Reformruine...
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Elke Philburn am 02.10.2002 um 18.04
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Gedichte, Texte, etc. der Schriftsteller bleiben selbstverständlich in der angegebenen Rechtschreibung, außer Sie sind bereits in Texten umgeschrieben (aus: Lesebüchern, Sammlungen etc.).
Das überrascht mich. Wer verhindert denn, daß man literarische Texte in neuer Rechtschreibung druckt, und wie lange läßt sich das verhindern?
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.10.2002 um 17.19
(Gunden) Wie verfährt man in Ihrem Bundesland mit Gedichten, Geschichten, Liedern, die in der bisher geltenden Rechtschreibung abgefaßt wurden. Schließt man sie vor den Kindern weg? Schreibt man sie um, bevor sie sie lesen dürfen?
Methodisch- didaktisch ist das, was Sie uns hier vorführen in jedem Schulbereich richtig. Ihre Passagen sind wie immer gut: Gesammelt, geschrieben und uns vorgestellt. Die Gedichte, Texte, etc. der Schriftsteller bleiben selbstverständlich in der angegebenen Rechtschreibung, außer Sie sind bereits in Texten umgeschrieben (aus: Lesebüchern, Sammlungen etc.). Wenn wir mit Büchern in alter Rechtschreibung arbeiten werden wir sicherlich darüber sprechen und dies darstellen. Kindern macht es übrigens großen Spaß die Unterschiede der Rechtschreibung herauszustellen. Auch heute haben wir es geschichtlich gesehen ( vor 1900) mit unterschiedlichen Rechtschreibungen zu tun.
(Zander) Versuchen Sie sich vorzustellen, wie viele Erinnerungen, Gedankengänge, persönliche Aufzeichnungen, Briefe, gelesene Bücher
Das sagt nichts aus. Diese Gedanken, Briefe etc. sind in alter Rechschreibung gespeichert und erfreuen uns auch in einer anderen Rechtschreibung.
(J-M. Wagner) Warum „aber“? Haben Sie ein Problem mit meinen Fragen oder mit den Fakten?
Nein, es wundert mich, dass Sie sich solche Mühen machen. Der Brief wurde mehrfach angesprochen, aber so klar wie sie die Fakten für sich herausstellen macht das keiner. Mir scheint von Ihnen könnte ein frischer Wind für die Windmühlen ausgehen! Sie sind fähig sich lange mit den selben Angelegenheiten zu befassen und packen diese Dinge auch mit einer außergewöhnlichen Courage an.
Was würden Sie vorschlagen?
(Nos) eine friedliche Koexistenz mit Windfähnchen anzustreben ...
als gegen Windmühlen anzukämpfen
Ich glaube, es ist einfacher friedliche Koexistenzen herauszustellen, als gegen Windmühlen anzukämpfen. Übrigens macht starken Windfahnen der Wind jahrzehntelang nichts aus, sie sind genau wie starke Windmühlen. Der Stamm der Windfahnen kann sicherlich jahrelang stehen, aber die Fahne wird durch den starken Gebrauch des Windes einmal ausgewechselt werden müssen, ähnlich den Flügeln der alten Windmühlen. "Windfähnchen" haben einen anderen Wortgebrauch, der hier nicht für die neue Rechtschreibung stehen kann. Moderne Windmühlen drehen sich heutzutage übrigens auch nach dem Wind. Der Kosten - Nutzungsfaktor muss beachtet werden.
(Draeger) Dann macht es doppelt Freude, fuer eine gute und gerechte Sache zu fechten, fuer die Freiheit der Sprache, fuer die Achtung vor der Gesellschaft, fuer bewaehrtes Wissen, fuer den Respekt anderen gegenueber
Da gehört aber ein wenig mehr dazu. Erst wenn Sie es geschafft haben auch für die Freiheit der Sprache wirklich einzugestehen und mir auch meinen Anteil daran lassen, dann glaube ich Ihnen, was Sie hier schreiben. Das war rein persönlich gesehen, aber wenn ich es gesellschaftlich sehe, dann meine ich, dass Ihre starken Worte wirklich auch für die andere Liga (Stiene) gelten müssten. Was meinen Sie dazu, Herr Draeger?
(Stiene) ... wie sie beim Würfeln auf den Tisch kullern
So melodiös wie Sie schreiben, haben Sie es mit Gedichten zu tun, gerade solche Gedichte, die mich ansprechen. Ihre einleitenden und abschließenden Wörter sprechen auch für eine ungemein rhythmisch- lyrische Darstellungssprache. Wörter, die auf den Tisch kullern, welch ein schönes Bild! Die Aura dieser Wörter wird eine besondere sein, egal in welcher Rechtschreibung, das kann sicherlich auch ein Reiner Kunze bestätigen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 02.10.2002 um 12.16
Liebe Frau Menges,
vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme. Einen Tag zuvor fragten Sie mich nach Anhaltspunkten, und ich denke, Sie liefern die wichtigsten bereits selber. Zunächst komme ich aber nicht umhin, Ihre Anfangsbemerkung aufzugreifen:RenateMariaMenges:Warum aber? Haben Sie ein Problem mit meinen Fragen oder mit den Fakten? Die Fakten sind doch nun einmal so, wie sie sind, unabhängig von meinen Fragen! Was hilft es, sie zu ignorieren? Zu sagen, sie seien unwichtig? Wem nützt das?
Ihre Fragen intendieren die Antworten aber schon im Voraus.
Liebe Frau Menges, ich bin nach wie vor der Ansicht, daß Ihre Fragen nicht wirklich beantwortet wurden. Lassen Sie mich das kurz begründen. Die Aussage, daß der 2000er Duden und das 1999er Bertelsmann-Wörterbuch der neueste Stand und in enger Kooperation mit der Rechtschreibkommission entstanden sind, ist trivial -- dazu hätte es in der Tat keiner Anfrage bedurft. Sie schreiben ja selbst:RenateMariaMenges:Ja und nein, kann ich dazu nur sagen: Bezüglich des formalen Aspektes, welche Wörterbücher den besonderen Segen der Kommission haben, stimmt das, nicht aber bezüglich der inhaltlichen Aspekte.
... diese Anfrage, deren Antworten wir doch schon vorher wussten, ...
Diese Diskrepanz setzt sich in Ihrem nach Themenbereichen gegliederten Resümee fort: Es enthält hauptsächlich formale, aber quasi keine inhaltlichen Aspekte.
Ich hoffe, daß ich Ihnen nicht zu nahe trete, wenn ich nun erneut die kritischen Punkte anspreche. In Ihrem Fazit sagen Sie ja: »Die Tatsache, dass alle drei Politiker nichts aussagen, ...« Insofern sind wir uns also einig. Allerdings irritiert nich folgendes: Sie haben doch, liebe Frau Menges, kaum eine Gelegenheit ausgelassen, darauf hinzuweisen bzw. anzudeuten, daß sich in den Wörterbüchern eine Reform der Reform bemerkbar macht. Das bringen Sie bereits in den ersten beiden Sätzen Ihrer Anfrage zur Sprache. Trotzdem sagen Sie, dieser Aspekt sei unwichtig? Das kann ich nicht nachvollziehen. Wenn ich mich richtig erinnere, war das doch der inhaltliche Ausgangspunkt und der eigentliche Anlaß für Ihre Anfrage! Hier dazu einige Passagen aus Ihrer Anfrage (Hervorhebungen hinzugefügt):RenateMariaMenges:Wichtig: Das Ministerium selbst ging auf diese Aspekte in seiner Antwort inhaltlich nicht ein. Auch der folgende Teil Ihrer Anfrage wurde ignoriert (Hervorhebungen hinzugefügt):
Die Lehrer stehen täglich vor der Frage, wie sie mit den revidierten Wörterbüchern umgehen sollen. Durch die andauernden Revisionen der Rechtschreibreform von 1998 ist eine starke Verunsicherung eingetreten. (...)
... leider sind den Lehrkräften bisher keine verbindlichen Informationen zugegangen, wie sie mit der inzwischen weiterentwickelten Rechtschreibreform umzugehen haben, ... Sollten die Schüler schrittweise zu einer revidierten neuen Rechtschreibung schon jetzt hingeführt werden? (...)RenateMariaMenges:Ihr Resümee spiegelt die Ablenkung vom eigentlichen Thema wider (Hervorhebungen hinzugefügt):
... ich möchte vor allem darauf hinweisen, wie schwierig es für die Schüler ist, wenn sie außerhalb der Schule mit anderen Schreibweisen konfrontiert werden.RenateMariaMenges:Liebe Frau Menges, Ihr Fazit »diese Sache [ist] brisant oder völlig unwichtig« trifft m. E. den Nagel auf den Kopf! Auch die anderen von Ihnen hervorgehobenen Tatsachen halten ich für relevante Anhaltspunkte. Aber weiter: Haben Sie ein Interesse daran, herauszufinden, wie es wirklich ist? Brisant oder unwichtig, was davon trifft zu?
3.Zustimmung und Akzeptanz
3a.- in der Schule betragen 90 %. Es ist ruhig in den Schulen, ...
Meines Erachtens kann man das nur mit einer inhaltlichen Frage (im obigen Sinne) klären, auf die man eine ernstzunehmende inhaltliche Antwort bekommt. Diese Antwort steht noch aus.
Mein Fazit: Ihr Anschreiben waren das Papier und die Briefmarke allemal wert!! Sie sollten sich aber von Ihren Vorgesetzten nicht so billig abspeisen lassen, liebe Frau Menges! Kämpfen Sie weiter gegen das, was einem als Windmühlen erscheint -- wer weiß, vielleicht entpuppt es sich als etwas ganz anderes...
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Norbert Schäbler am 02.10.2002 um 05.56
Manchmal frage ich mich, ob das Bild von Don Quichotte tatsächlich noch zeitgemäß ist, denn die gute alte Mühle ist stillgelegt, wurde durch moderne Windkraftanlagen ersetzt (die das Land übersäen), und dort wird wahrlich kein Mehl mehr gemahlen.
Was die symbolische Bedeutung, d.h. das Verständnis des „geflügelten“ Wortes angeht, so meine ich, daß es ungleich schwieriger ist,
eine friedliche Koexistenz mit Windfähnchen anzustreben ...
als gegen Windmühlen anzukämpfen.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.10.2002 um 19.53
Also gut, dann werde ich halt losschreiben.... meine Dame(n) und meine Herren,
am Schluss werde ich fragen, ob Sie nun zufrieden sind.
Was sagen nun die Antwortschreiben auf die Anfrage (Nutzung von Wörterbüchern)?
1.Alle Antwortschreiben sind von den jeweiligen Sachbearbeitern unterschrieben auf Weisung der Obrigkeit, d.h. der jeweils vorgesetzten Behörde.
1a. Das Thema ist in der Öffentlichkeit noch nicht ausgegoren und schwankt. Schwankendes unterschreiben Politiker niemals selbst, sie brauchen Stimmen. Sachbearbeiter unterschreiben im Sinne der zuständigen politischen Parteien. Einheitlichkeit im Ministerium ist angesagt.
1b. Sachbezogene Thematiken werden im Forum Bildung (Bund) bearbeitet und angegangen. Das Thema Rechtschreiben ist nicht dabei.
1c. Das Büro der KMK zeigt einen einheitlichen Kurs auf.
2.Die Betrefffrage wurde beantwortet, alle anderen Fragen waren unwichtig
2a. Die Betrefffrage als wichtigste Frage (Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht) wurde beantwortet.
Derzeit sind der Duden 2000 und das Bertelsmann Wörterbuch 1999 zu verwenden, alle anderen Wörterbücher (natürlich auch Ickler) sind zu vergessen. Die alten Duden (1996) kann man im Prinzip, obwohl ja die Hauptprinzipien noch vorhanden sind einstampfen und dies bei leeren Kassen der Gemeinden! ( Es gibt im Prinzip keinen zweiten Duden mehr, Lehrer, schaut, wo ihr euch informiert!). Gemeindekassen kämpfen mit den Kosten der neu zu kaufenden Schulbücher.
2b. Bei dienstlichen "Problemen" der Rechtschreibung kann man Stellen anrufen (Gebühr zahlt Vater Staat).
3.Zustimmung und Akzeptanz
3a.- in der Schule betragen 90 %. Es ist ruhig in den Schulen, das Problem alte und neue Rechtschreibung ist im Prinzip vergessen. Es besteht im Schulbereich kein Handlungsbedarf.
3b. Es gibt wenig Zustimmung der Schriftsteller und vieler Professoren, vieler Journalisten und Zeitungen zur neuen Rechtschreibung, also wird sich der Politiker nicht hinreißen lassen und dem Thema tatsächlich zustimmen. Er denkt an den Stimmenverlust. Der Sachbearbeiter muss es machen (siehe oben).
4.Der wirtschaftliche Faktor
Wenn ein neuer Lehrplan (z.B. der Lehrplan der Grundschule in Bayern) kommt, werden Millionen neue Bücher zum Lehrplan gedruckt. Alle Bücher druckt man in neuer Rechtschreibung. Diese Bücher in etwa 3 Jahren umzuschreiben und sie wieder in alter Rechtschreibung herauszugeben, wäre unwirtschaftlich und eine Vergeudung von Steuergeldern. Dazu wird nicht kommen. Unsere maroden Kassen lassen so etwas nicht zu.
Fazit: War das Anschreiben überhaupt das Papier und die Briefmarke wert?
Diese Frage überlege ich mir immer wieder. Nach manchen Anfragen legt man diese ab und vergisst sie möglichst schnell. War das dieses mal auch so? Nein- ich muss diese Anfrage, deren Antworten wir doch schon vorher wussten, immer wieder durchlesen.
*Die Tatsache, dass alle drei Politiker nichts aussagen, deutet darauf hin, dass diese Sache brisant oder völlig unwichtig ist.
*Die Tatsache, dass das Schreiben vor dem Schulstart ankam, deutet auf eine gewisse Wichtigkeit und zugleich Beschwichtigung hin.
*Die Tatsache, dass man aufeinander in der richtigen Reihenfolge ( Bayr. Staatsministerium, KMK, Bundespräsidialamt) wartete, deutet an, dass man voneinander von diesem Thema wusste.
*Tatsache ist, dass man die Lehrer in diesen Fragen nicht alleine lassen kann und antworten wird.
Der Stand der Dinge im Ministerium wurde zeitlich exakt formuliert. In einem Jahr kann es wieder anders aussehen.
Viele langweilt mittlerweilen in der Schule das Thema. Wir haben die neue Schreibweise, und die Schüler, die aus der Schule kommen haben die neue Rechtschreibung gelernt, sagen sich Ministerialbeamte und Lehrpersonal, - falls den Lehrern und Ministerialbeamten nichts anderes einfällt.
Summa summarum: Lohnt es sich gegen Windmühlen zu kämpfen? Ja, würde ich sagen.
Und meine persönliche Meinung kennen Sie ja!
Zufrieden?
eingetragen von Matthias Draeger am 01.10.2002 um 14.13
Den Beitrag von Heniz Erich Stiene halte ich fuer ausgezeichnet, er bringt die Sache auf den Punkt. Wer glaubt, Rechtschreibreform wuerde "nur" die Orthographie durcheinanderbringen, irrt. Die Schaeden werden viel tiefer gehen und sind fuer den, der Augen hat, im Ansatz laengst zu sehen.
Hier in der Ukraine ist vor gut 10 Jahren ein Weltbild zusammengebrochen: Der Kommunismus als "beste aller Lebensformen" und - gleichzeitig zerfiel der Staatenverbund UdssR. Hier hat das zur Folge gehabt, dass viele Leute sich keine Muehe mehr geben beim Schreiben, ja, sogar beim Sprechen werden seit einiger Zeit Russisch und Ukrainisch miteinander vermischt; vorher wurde dies stets sauber getrennt, die Leute sprachen entweder das eine oder das andere, aber keine Mischform. Beim Schreiben werden zunehmend gravierende Fehler gemacht, selbst von eigentlich gebildeten Leuten.
Woher ich das alles "weiss"? Eine Studentin der Zahnmedizin hat mir davon erzaehlt; unsere Fahrt von Poltava nach Nikolayev dauerte gut 12 Stunden. Zuege mit 60 km/h Hoechstgeschwindigkeit haben also auch ihre Vorteile...
In Deutschland schreiben ja die meisten mit einem Rechner, da faellt es erst einmal nicht so auf, das Korrekturprogramm ersetzt zuverlaessig wenigstens die Szets, und das war's. Beim Schreiben ohne Korsett wird's halt bunter, denn selbst die auf den ersten Blick ueberschaubare Szet-ss-Regel der Reformer fuehrt ind er Praxis, und das ist doch das Entscheidende, eindeutig zu mehr Fehlern als vorher. Der andere Krimskrams der Reform ist doch nicht der Rede wert, Fliegenschiss, den kein Mensch interessiert, geschweige denn macht oder gar beherrscht.
In der Tendenz, und das ist wichtig, unterstuetzt die Rechtschreibreform und damit die Aufhebung eines geordneten, allgemein anerkannten Schreibkonsenz, die Tendenz zur Laxheit, zur Ungenauigkeit... zur Unehrlichkeit ist es dann nicht mehr weit.
Dabei hat die Reform aber auch eine Wirkung, die die "Reformer", vor allem die Drahtzieher hinter den Kulissen, vielleicht nicht beacht haben. Die meisten verdirbt sie, und mit ihr kann man kein sicheres Gefuehl fuer verschriftete Sprache mehr entwickeln (dieser Schaden ist sicher irreparabel, er laesst sich spaeter nicht mehr beheben, genausowenig wie spaeter durch intensives Pauken die neurologischen Prozesse im Gehirn nachgeholt werden, die sich beim Kleinkind beim Erlernen der Muttersprache abspielen und biologisch manifestieren). Einige, und das sind nicht wenige, kommen durch die Reform in eine fiebrige Krise, aus der sie, wenn sie sie heil ueberstehen, mit einer eisernen Gesundheit daraus hervorgehen.
Dann macht es doppelt Freude, fuer eine gute und gerechte Sache zu fechten, fuer die Freiheit der Sprache, fuer die Achtung vor der Gesellschaft, fuer bewaehrtes Wissen, fuer den Respekt anderen gegenueber.
__________________
Matthias Draeger
eingetragen von Heinz Erich Stiene am 01.10.2002 um 12.58
Aquila non capit muscas, pflegte einer meiner Lehrer bisweilen zu bemerken. Was das mit den Reizen der neuen Rechtschreibung zu tun hat? Nun, wer augenverwirrende Schreibungen wie "Schlussstrich", hanebüchene Worttrennungen wie "Ü-berlieferungsgeschichte" oder dreist gelogene Volksetymologien wie "Tollpatsch" (warum dann nicht "Talismann"?) als groben Unfug von sich weist, der spielt offenkundig in einer völlig anderen Liga als jemand, der, wie Frau Doktor Menges, Sprache als hierarchisches Instrumentarium begreift, das die Menschheit nur entwickelt hat, damit Schulbehörden der Lehrerschaft Weisungen erteilen können, die alsdann an die lieben Kleinen da unten in den Schulen verfüttert werden. Da kann man getrost auf gliedernde Kommata weitgehend verzichten, da muß man die Wörter so setzen, wie sie beim Würfeln auf den Tisch kullern, da ist es ganz einfach eine Lust, spontane Eingebungen als Ausdruck unverkrampfter Kommunikation umgehend in die Tastatur zu hauen. Hand in Hand rumpeln vagabundierende Orthographie und verwilderter Stil über die Zeilen. Aber das kommt an! (?) Wer wollte da von Sinnentstellungen reden, von Sehstörungen beim Lesen, wer eine Aura der Wörter beschwören? Wer wollte die totalitäre Anmaßung gegenüber einer Sprachgemeinschaft verurteilen? Papperlapapp, Schnee von gestern: Wo ist der neue Duden, der mich heute glücklich macht!!
Hier prallen zwei Welten aufeinander, zwischen denen es nicht wirklich eine Verbindung gibt. Das jeweilige Verhältnis dazu, was Sprache bedeutet und leistet, ist ein fundamental verschiedenes. Im Sport spricht man - Stichwort andere Liga - vom Klassenunterschied. Und da fällt mir wieder die Weisheit meines Lehrers ein: Ein Adler fängt keine Fliegen.
__________________
Heinz Erich Stiene
eingetragen von Theo Grunden am 30.09.2002 um 23.21
Liebe Frau Menges,
offensichtlich wird der Umgang mit den verschiedenen Rechtschreibungen doch nicht bundesweit einheitlich gepflegt. Mein Sohn, der die dritte Klasse einer Grundschule in NRW besucht, mußte vor kurzem ein schönes Gedicht von James Krüss (mit dem Titel „Das Wasser“) auswendig lernen und es „auf ein Schmuckblatt schreiben“.
Darin heißt es in der ersten Strophe:
Vom Himmel fällt der Regen
und macht die Erde naß,
die Steine auf den Wegen,
die Blumen auf dem Gras.
In der fünften Strophe:
Der Regen fällt ins Freie,
und wieder saugt das Licht,
die Wolke wächst aufs neue,
bis daß sie wieder bricht.
Und so schrieben es alle Kinder brav auf ihr Schmuckblatt. Und was soll ich Ihnen sagen, das so ausgefüllte Schmuckblatt meines Sohnes war für mich ein wahres solches, und das in mehrerlei Hinsicht.
Wie Sie sicher sofort erkannt haben – z.B. an dem „aufs neue“, das man ja in reformierter Form „aus Neue“ schreiben soll, weil man ja fragen kann: „Auf wen oder was wächst die Wolke?“ –, handelt es sich um die von einigen bequemen Zeitgenossen oft so vereinfachend „alt“ genannte Rechtschreibung, eben um die, in der z.B. James Krüss dieses Gedicht damals verfaßte.
Im zweiten Schuljahr bekam mein Sohn im Fach Religion übrigens nur Blätter mit Texten in unreformierter Schreibung, im Fach Musik auch jetzt noch immer wieder Liederzettel mit bewährter Noten- und Rechtschreibung.
Wie verfährt man in Ihrem Bundesland mit Gedichten, Geschichten, Liedern, die in der bisher geltenden Rechtschreibung abgefaßt wurden. Schließt man sie vor den Kindern weg? Schreibt man sie um, bevor sie sie lesen dürfen? Daran vorbei kommen sie ja ohnehin nicht, besonders dann nicht, wenn sie viel und gerne lesen.
Was meinen Sie, warum man heutigen Schulkindern zwei Rechtschreibungen zumutet, und später, wenn sie auch noch Zeitungen lesen, vielleicht noch einige weitere? Ach, was heißt später? Eine von den „ganz neuen“ durfte ich gerade heute noch bestaunen, auf einem Liedblatt der Grundschulklasse: „Passt mal auf, was der Toni auf dem Lokus macht! Das Wasser muss fliessen, das wäre doch gelacht.“
Ach ja, noch was: Eine der letzten Aufgaben war diese:
Unterstreiche alle Wörter, die groß geschrieben werden!
Nun, Liebe Frau Menges, Sie wissen natürlich, daß in diesem Fall „großgeschrieben“ die einzig „richtige“ Schreibweise wäre. Aber bis das auch mal alle Schulbuchverlage und alle Lehrer und Lehrerinnen wissen ...
eingetragen von Klaus Malorny am 30.09.2002 um 18.44
Zitat:Weder noch. Die Bedeutung ist einfacher zu erklären als jede neue Regel der Rechtschreibreform, aber ich wüßte nicht, warum ich es tun sollte.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
diese bl^H^H
Heißt das bla-bla?
Heißt das blahah?
Sind das Schnuten?
eingetragen von Carsten Zander am 30.09.2002 um 07.55
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Privat schreibe ich auch am liebsten in der neuen Rechtschreibung- es macht mir Spaß hier neue Stufen der Sprache zu schreiben, zu dichten .... Die neue Rechtschreibung ist mir lieb geworden.
Liebe Frau Menges,
was meinen Sie eigentlich, wieviele Menschen die "alte", einheitliche und bewährte Rechtschreibung liebgewonnen haben. Das sind sicherlich viele Millionen, also der Großteil der Bevölkerung! Versuchen Sie sich vorzustellen, wieviele Erinnerungen, Gedankengänge, persönliche Aufzeichnungen, Briefe, gelesene Bücher und vieles mehr mit der alten Rechtschreibung verbunden sind - und das oftmals über den Zeitraum eines ganzes Menschenlebens hinweg!
Versetzen Sie sich mal in diese Leute hinein! Dann werden Sie jetzt sicherlich verstehen, weshalb diese Rechtschreibreform, die überhaupt nicht zwingend notwendig war, ein großes Verbrechen darstellt.
Gehen Sie von sich aus, dann werden Sie die anderen Menschen verstehen!
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.09.2002 um 04.00
diese bl^H^H
Heißt das bla-bla?
Heißt das blahah?
Sind das Schnuten?
Herr Wagner, Ihre Auseinandersetzung mit dem Thema muss ich entsprechend würdigen. Ihre Fragen intendieren die Antworten aber schon im Voraus. Sie werden eigentlich von mir gar nicht abgelehnt. Ich sehe, dass Sie das Thema genau analysieren und in vielen Punkten Recht behalten. Aber was hilft das ? Wem sollte das helfen? Wo hätten wir nach Ihrer Analyse Anhaltspunkte? Näheres zu einer anderen Zeit! Am liebsten würde ich mal mit der Seite der Rechtschreibreformer diskutieren, aber da gibt es keine Seiten im Internet.
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.09.2002 um 21.58
RenateMariaMenges: Lieber Herr Wagner,Das freut mich. Haben Sie auch darüber nachgedacht? Halten Sie meine Überlegungen für zutreffend? Haben Sie zu alldem, was ich angemerkt habe, vielleicht etwas zu sagen?
ich habe Ihre Antworten vernommen
(Mal ehrlich, ich komme mir etwas komisch vor, wenn ich hier quasi um jeden auf eine spezielle Sache bezogene Erwiderung Ihrerseits betteln muß. Genaugenommen kommt mir dieses altbekannte Bild mit den Regenwürmern in den Sinn...)
Liebe Frau Menges, ein paar Dinge möchte ich doch nochmal genauer wissen:RenateMariaMenges:Wie ist es denn mit folgenden Fragen bzw. Bemerkungen:
Meine Antwort ist eben die, dass mir diese Anfrage ausreicht. Die Fragen, die ich gestellt habe sind weitgehend beantwortet worden.Zu 1.) Sie meinen doch den Duden von 1996, nicht wahr? Diese Frage wird nur indirekt beantwortet, und auf die Bedeutung des 1996er Dudens für die Schulbücher wird garnicht eingegangen. Für bemerkenswert halte ich an der diesbezüglichen Passage aus der Antwort,
- Ist der Duden, den viele Gemeinden und Städte den Klassen 1998 zur Verfügung gestellt haben, überholt, obwohl er nach wie vor die Grundlage für die Schulbücher ist? (Menges)
- Ist es nötig, bei Streitfällen mehrere Wörterbücher zu Rate zu ziehen? (Menges)
- Alle Lehrer und Schüler erleben durchaus ein großes Durcheinander. (Menges)
- Wie offiziell ist die permanente Revision eigentlich? (Ickler)
[es verhält sich so,] dass die Wörterbücher, die unmittelbar nach der Unterzeichnung der Wiener Absichtserklärung (1996) erschienen waren, eine Reihe von Differenzen enthielten...daß offenbleibt, wozwischen diese Differenzen auftreten: zwischen den Wörterbüchern untereinander oder zwischen nur jeweils einem dieser Wörterbücher und den amtlichen Regeln. Sie zielten doch mehr auf letzteres ab, nicht wahr, Frau Menges?
Unter diesem Blickwinkel ist die Antwort höchst pikant:Auf Betreiben und unter Mithilfe der Zwischenstaatlichen Kommission einigten sich die großen Wörterbuchverlage seither auf eine einheitliche Auslegung der amtlichen Regeln. Sie haben dies in den jeweils neuesten Auflagen ihrer Rechtschreibwörterbücher umgesetzt: Bertelsmann im März 1999, Duden im August 2000. Beide Nachschlagwerke sind damit zuverlässige Ratgeber in orthografischen Fragen.Das heißt m. E. im Klartext, daß man den 1996er Duden (zumindest, was die Neuschreibungen betrifft) getrost unter Ulk verbuchen kann, und damit auch alle Schulbücher, die sich nach diesem Duden richten. Oder sehen Sie das anders, Frau Menges?
Zu 2.) Ich sehe in dem Antwortschreiben keine klare Anweisung, wie ein Lehrer mit Streitfällen umgehen soll. »Als Lehrerin haben Sie einen Anspruch auf Belehrung durch den Dienstherrn.« (Th. Ickler) Welche Belehrung haben Sie genau erfahren, liebe Frau Menges?
Zu 3.) In der Antwort heißt es, die Behauptung, in den Schulen herrsche eine Art von Rechtschreibchaos sei unzutreffend und habe wohl vor allem das Ziel, die Öffentlichkeit zu verunsichern. Ihre Bemerkung, Frau Menges, galt doch aber den Schreibweisen in Büchern und den Hausorthographien der Verlage -- nicht wahr? --, mithin also dem Chaos außerhalb der Schulen. Was meinen Sie: Wurde diese Ihre Bemerkung zur Kenntnis und ernst genommen?
Zu 4.) Ich zitiere diesmal eine andere Passage aus dem Antwortschreiben und frage Sie wiederum nach deren Glaubwürdigkeit:Die Kommission führt dazu aus: Einige Gegner der neuen Rechtschreibung haben in verschiedenen Stellungnahmen behauptet, dass die Zwischenstaatliche Kommission hinter dem Rücken der Kultusminister eine heimliche Reform der Reform über die Wörterbücher durchführt. Diese Behauptung ist falsch.Meine Anmerkungen dazu kennen Sie ja, deshalb hier nur die dringende Bitte an Sie: Sagen Sie mir, was Sie davon halten, wenn -- ganz allgemein gesprochen -- dieselben Leute Urheber und Gutachter einer wissenschaftlichen Ausarbeitung sind und was diese Konstellation für die Glaubwürdigkeit eines unter solchen Bedingungen angefertigten Gutachtens bedeutet.
Erlauben Sie mir zuletzt noch ein paar eher direkte Bemerkungen:
»Die Zeit ist weit fortgeschritten und daher ist m. E. eine Umkehr kaum möglich.« (Menges)
»Ich vertrete die Ansicht, dass die neue Rechtschreibung nicht mehr zurückgenommen werden sollte ...« (Menges)
Mein Eindruck: Es geht Ihnen garnicht darum, ob eine Rückkehr möglich ist oder nicht, sondern sie hätten gern, daß die Reform nicht zurückgenommen wird, ja, daß sie nicht zurückgenommen werden kann... Aus dieser Weltsicht heraus fällt es natürlich schwer, nüchtern und klar zu sagen, daß eine Rücknahme durchaus möglich wäre, nicht wahr?Aber trösten Sie sich, weder Sie noch ich wissen, was 2005 wirklich beschlossen wird. Nur bitte reden Sie mir nicht weiter so, als ob 2005 schon hinter uns läge und die Reform in trockenen Tüchern wäre! Vergessen Sie nicht, was Augst gesagt hat: »Was aber die Schreibgemeinschaft nicht annimmt, wird die Schule wieder aus ihrem Lehrplan streichen.« (Punkt 9)
»Aber wie es zur Reform gekommen ist, mein lieber Wagner, darüber mag man ja streiten und sich Gedanken machen ... « (Menges)
Klar kann man das, und wenn Sie was dazu vorlegen, werden Sie hier sicherlich Antworten erhalten, die sich unmittelbar darauf beziehen; zum Teil ist solches ja bereits geschehen, der Strang ist schon umfangreich...
Mich interessiert allerdings viel mehr, wie es zu der Besetzung der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung gekommen ist -- haben Sie sich darüber schonmal Gedanken gemacht, liebe Frau Menges? (Ich gehe mal davon aus, daß Ihnen klar ist, warum dieses Thema den einen oder anderen Gedanken wert ist...)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.09.2002 um 20.01
(Damit klar ist, worüber genau geredet wird, halte ich es für angebracht, die komplette Antwort von Herrn Dr. Krimm aus dem Bayerischen Staatsministerium hier einzustellen. Quelle: Eintrag von M. Riebe im Gästebuch des VRS vom 11.09.2002; Seitenverweise weggelassen. J.-M. Wagner)
Bayerisches Staatsministerium
für Unterricht und Kultus
80327 München
Frau
Dr. Renate Menges
XYZ-Straße XYZ-Stadt
Ihre Nachricht vom Unser Zeichen Telefon München, 05.09.2002
19.08.2002 VI/4-S4400/4-6/118 366 (089) 2186 2294
Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
zu Ihrem Schreiben an Frau Staatsministerin Hohlmeier, das mir zur Bearbeitung übergeben wurde, teile ich Ihnen Folgendes mit:
1. Dem am 15.2.2001 vorgelegten 3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung ist u.a. zu entnehmen, dass die immer wieder aufgestellte Behauptung, die Neuregelung werde ständig revidiert, nicht zutrifft. Die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung hat den ausdrücklichen Auftrag, auf die Wahrung einer einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum hinzuwirken. Sie begleitet die Einführung der Neuregelung, klärt Zweifelsfälle und beobachtet die künftige Sprachentwicklung. Soweit erforderlich erarbeitet sie Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks.
Mit den deutschen Wörterbuchverlagen arbeitet sie eng zusammen. Die führenden deutschen Rechtschreibwörterbücher entsprechen nach einer Erklärung der Kommission vom 17.08.2002 der amtlichen Regelung. Die Kommission führt dazu aus: Einige Gegner der neuen Rechtschreibung haben in verschiedenen Stellungnahmen behauptet, dass die Zwischenstaatliche Kommission hinter dem Rücken der Kultusminister eine heimliche Reform der Reform über die Wörterbücher durchführt. Diese Behauptung ist falsch. Vielmehr verhält es sich so, dass die Wörterbücher, die unmittelbar nach der Unterzeichnung der Wiener Absichtserklärung (1996) erschienen waren, eine Reihe von Differenzen enthielten. Auf Betreiben und unter Mithilfe der Zwischenstaatlichen Kommission einigten sich die großen Wörterbuchverlage seither auf eine einheitliche Auslegung der amtlichen Regeln. Sie haben dies in den jeweils neuesten Auflagen ihrer Rechtschreibwörterbücher umgesetzt: Bertelsmann im März 1999, Duden im August 2000. Beide Nachschlagwerke sind damit zuverlässige Ratgeber in orthografischen Fragen.
Sollten bei einzelnen Schreibungen Zweifel aufkommen, so besteht - wie schon seit Jahrzehnten - die Möglichkeit, sich an die Sprachberatung der Wörterbuchverlage oder der Gesellschaft für Deutsche Sprache zu wenden. Die Tatsache der Sprachberatung, die Existenz von Wörterbüchern für Zweifelsfälle, die regelmäßigen Neuauflagen der Wörterbücher und der Ausbau des Systems von Regeln und Ausnahmen in der Zeit vor der Neuregelung zeigen im Übrigen, dass die Auffassung, früher sei alles einfach und problemlos gewesen, nicht zutrifft. Solange sich Sprache entwickelt, wird die Regelung ihrer Schreibung auch Zweifelsfälle hervorbringen. Dass Schule wie erwachsene Schreiber im Sinne der Eindeutigkeit der Kommunikation dennoch nicht auf Regeln verzichten können, brauche ich Ihnen sich nicht zu erläutern. Ebenso ist es nicht unüblich, dass unterschiedliche Auflagen von Wörterbüchern voneinander abweichen.
2. Behauptungen von Gegnern der Neuregelung, diese werde demnächst oder in absehbarer Zeit grundlegend geändert oder außer Kraft gesetzt, sind fast so alt wie die Neuregelung selbst. Sie haben wohl vor allem das Ziel, die Öffentlichkeit zu verunsichern. Entsprechendes gilt für die unzutreffende Behauptung, in den Schulen herrsche eine Art von Rechtschreibchaos.
Nach dem 3. Bericht der Kommission für deutsche Rechtschreibung vom 19.12.2001, der nach seiner Kenntnisnahme durch die staatlichen Stellen auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, war die Einführung in allen Ländern gut vorbereitet. Sie war geprägt durch Ermunterung, handhabbare Ratschläge, schnelle Umstellung der Schulbücher und überlegte Gewichtung. In den Schulen in Deutschland gab es nach dem Bericht in den letzten Jahren eine Reihe von Erhebungen zur Akzeptanz der Neuregelung. Soweit Bewertungsskalen verwendet wurden, betrug die Zustimmung insgesamt meist über 90 %. Die Frage, ob die Neuregelung zu neuen orthografischen Problemen geführt habe, wird dezidiert und auf hohem Niveau verneint (Bericht Seite 9, 10).
3. Worauf sich die von Ihnen zitierte Meinung stützt, das Bundesverfassungsgericht sei der Ansicht, die Rechtschreibreform könne allein durch die Länder beschlossen werden, ist hier nicht bekannt. Tatsache ist jedenfalls, dass die Neuregelung von Bund und Ländern in Auftrag gegeben und in Kraft gesetzt wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Krimm
Ministerialrat
eingetragen von Klaus Malorny am 29.09.2002 um 19.24
Zitat:Die bewährte Rechtschreibung wurde nach 95 Jahren geändert, aber bei der "neuen" Rechtschreibung soll nach ein paar Jährchen eine Umkehr kaum mehr möglich sein -- mein Gott, habe ich diese bl^H^H unreflektierte Phrasendrescherei satt.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Die Zeit ist weit fortgeschritten und daher ist m. E. eine Umkehr kaum möglich.
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.09.2002 um 18.53
Privat schreibe ich auch am liebsten in der neuen Rechtschreibung- es macht mir Spaß hier neue Stufen der Sprache zu schreiben, zu dichten .... Die neue Rechtschreibung ist mir lieb geworden.
Ich höre eigentlich nur, dass diese Sprache auch tatsächlich ankommt.
Aber wie es zur Reform gekommen ist, mein lieber Wagner, darüber mag man ja streiten und sich Gedanken machen ...
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.09.2002 um 18.40
Lieber Herr Wagner,
ich habe Ihre Antworten vernommen. Meine Antwort ist eben die, dass mir diese Anfrage ausreicht. Die Fragen, die ich gestellt habe sind weitgehend beantwortet worden.
Außerdem sehe ich das ganze Problem auch mit dem Auge der Weitsicht:
Wir haben in Bayern einen neuen Grundschullehrplan. Dazu gibt es viele neue Bücher, die alle die neue Art des Lernens beinhalten. Die neuen Bücher sind in der neuen Rechtschreibung geschrieben. Inwieweit Revidierungen der Rechtschreibung gedruckt wurden interessiert niemanden. Lehrkräfte sind froh, wenn die neuen Bücher da sind.
Es wird doch wohl niemand ernsthaft glauben, dass diese neuen Bücher wieder in die alte Rechtschreibung umgesetzt werden?
Außerdem glaube ich keinesfalls, dass Schriftsteller wie Günter Grass u.a. die neue Rechtschreibung wieder aus den Schulen verschwinden lassen können.
Die Zeit ist weit fortgeschritten und daher ist m. E. eine Umkehr kaum möglich.
eingetragen von J.-M. Wagner am 29.09.2002 um 14.09
Liebe Frau Menges, ich habe den Eindruck, daß es eigentlich keinen Grund dafür gibt, daß Sie meine Fragen nicht beantwortet haben. Ich habe sehr klar geschrieben, worum es mir geht und welche Voraussetzungen meinen Fragen zugrundeliegen. Ihre Aufforderung
RenateMariaMenges:ist unnötig, weil ich aus Sorgfaltsgründen genau dies getan hatte, bevor ich bei Ihnen nachgefragt habe, und wie Sie sich selbst überzeugen können, habe ich genau das als Voraussetzung in meiner Frage explizit erwähnt (»deren Sekretär schloß sich jenem Schreiben lediglich an«).
»Lesen Sie bitte den Brief aus dem Büro der KMK nach! Hier stellt man sich hinter die bayerische Antwort«
Falls das jedoch zu knapp gehalten war, erläutere ich gern, wie ich zu dieser Frage gekommen bin: Sie haben Ihre Anfrage parallel an drei verschiedene, unabhängige Stellen gerichtet, aber nur von einer Stelle eine eigenständig formulierte Antwort bekommen. Diese Anwort stammt aus dem Bayerischen Staatsministerium und nicht von der KMK. (Es soll ausschließlich eine reine Feststellung sein und nur dazu dienen, den Gang der Dinge nachzuzeichnen, wenn ich festhalte, daß Sie von der KMK keine eigenständige, unabhängige Antwort erhalten haben.)
Die Antwort aus dem Haus der KMK stammt nicht von den Kultusministern, sondern vom Sekretär der KMK, Dr. Funk, der explizit die Anweisung der KMK-Präsidentin dazu bekommen hat. Für mich ist damit klar, daß nicht Frau Prof. Schipanski unmittelbar auf Ihre Anfrage geantwortet hat. Inwieweit sie inhaltlich davon Kenntnis genommen hat, muß daher offenbleiben. Was in meiner Nachfrage womöglich zu kurz kam, ist, daß ich mit KMK nicht die Institution KMK gemeint hatte (für die Herr Dr. Funk zweifellos spricht), sondern die Runde der Kultusminister. Ich präzisiere dementsprechend meine Nachfrage: In Ihrer BemerkungRenateMariaMenges:-- wen meinen Sie hier mit sie? Ich habe angenommen, Sie meinen damit die Kultusminister. Meinen Sie sie? Wenn ja, erhebt sich für mich aus den dargelegten Gründen die Frage, wie Sie zu dieser Aussage über die Haltung der Kultusminister kommen.
»Sie haben sich entschlossen diese Reform durchzuziehen«
Da Sie explizit darauf hinweisen: Herr Dr. Funk hat sich in seiner Antwort zweifellos hinter die Antwort aus dem Bayerischen Ministerium gestellt. Die Frage ist bloß, auf welcher Grundlage er dies getan hat. Sofern er Ihnen nicht etwas direkt von Frau Prof. Schipanski ausgerichtet hat, kann seine Antwort nur auf bereits bekannte Positionen, Presseerklärungen, Sitzungsprotokollnotizen etc. zurückgehen. Mit einem Wort, seine Antwort hat mit Ihrer Anfrage nicht sehr viel zu tun. Außerdem fällt die Antwort sehr pauschal aus. Bezogen auf das Antwortschreiben aus dem Bayerischen Ministerium heißt es:Dr. Tobias Funk, KMK-Sekretariat:Es wird nicht differenziert, welcher der Punkte in dem Antwortschreiben der Position der Länder (welcher? aller?) entspricht. Es ist zunächst nur die Bayerische Position, die anderen Länder wurden nicht gefragt. Wenn eine Instanz für alle Länder sprechen kann, dann ist das die KMK. Hier ist es aber umgekehrt: Die eigentliche Antwort kam, wie gesagt, aus Bayern, und nicht von der KMK. Hätte sich Bayern einer Antwort der KMK angeschlossen, wäre dies verständlich. So aber bleibt m. E. unklar, welche Position die Kultusminister wirklich haben.
»In diesem Schreiben wird die Position der Länder in dieser Frage dargelegt, so dass sich eine gesonderte Beantwortung von hier aus erübrigt.«
An Stelle einer Antwort zitieren Sie ferner Herrn Ickler:
RenateMariaMenges: und Herr Ickler schreibt über Dr. Krimm:Bitte helfen Sie mir etwas nach: Warum ist das ein Text »zu Aussagen zu Dr. Krimm«? Auf welche anderen Aussagen soll sich das beziehen? Oder meinten Sie Soweit eine Aussage zu Dr. Krimm? Aber letztlich frage ich mich, welche Botschaft Sie mit diesem Ickler-Zitat transportieren wollen. Mit welcher Intention haben Sie das hier erwähnt?
Dr. Krimm
Alle Verlautbarungen der bayerischen Staatsregierung stammen von Dr. Stefan Krimm; daher die große Einheitlichkeit. Herr Krimm ist ein gebildeter und intelligenter Mensch und dürfte daher die Reform und insbesondere die Berichte der Rechtschreibkommission ebenso beurteilen wie wir alle. Ich nehme an, daß er viel lieber etwas ganz anderes tun würde, als seine besten Jahre mit der Verteidigung der Rechtschreibreform zu vergeuden. Mit Friedrich Denk hat er jahrelang bei der Literaturförderung zusammengearbeitet, sehr verdienstvoll. Aus anderen bayerischen Ministerien ist mir mitgeteilt worden, daß man wegen der RSR überall sehr verärgert ist; Dr. Krimm muß es gewissermaßen ausbaden, aber glücklich dürfte er darüber nicht sein.
Soweit zu Aussagen zu Dr. Krimm.
Zu Ihrer letzten Bemerkung möchte ich noch etwas sagen:
RenateMariaMenges:Sie können sich nicht ewig dahinter verstecken, daß Sie eine im Amt stehende Person und daher an Anweisungen gebunden sind. Es gibt doch wohl keine Anweisung, Teile von Informationen auszublenden, aber -- sehr offen und ehrlich gesagt, und ich denke, es ist besser, ich sage es Ihnen so direkt; bitte achten Sie genau darauf, was ich jetzt schreibe -- Ihre Äußerungen hier vermitteln den Eindruck, daß Sie sich des Themas zumindest mit sehr großen Scheuklappen annehmen.
»Wir im Amt stehende Personen haben zwar das Recht kritisch mit Informationen umzugehen, müssen aber Anweisungen insoweit sie einheitlich sind weitergeben und umsetzen.«
Wichtig: Ich unterstelle Ihnen keineswegs, daß dem auch wirklich so sei, ich sage nur, daß ich diesen Eindruck bekomme. Ich will Sie keineswegs heraus- bzw. dazu auffordern, mich vom Gegenteil zu überzeugen, ich möchte Ihnen nur meine Beobachtung mitteilen.
Ich habe Sie nicht als Amtsperson gefragt, sondern als kritisch denken Menschen, der aus diesem seinen Denken heraus die Anfrage an verschiedene Stellen gerichtet hat. Natürlich haben Sie die Anfrage auch aus Ihrer Position als Amtsperson heraus gestellt. Wie Sie als Amtsperson mit der Antwort, welche Sie erhalten haben, umgehen, haben Sie klargestellt. Ich würde mich freuen, auch noch den anderen Teil Ihrer Reaktion zu erfahren. Wenn Sie aber spezielle Gründe haben, meine Fragen (in Re: Schulbeginn in Bayern und hier) nicht zu beantworten, dann lassen Sie mich doch wenigstens wissen, ob Sie von den Problemen, die ich darin angesprochen habe, Kenntnis genommen haben.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.09.2002 um 04.30
Lesen Sie bitte den Brief aus dem Büro der KMK nach! Hier stellt man sich hinter die bayerische Antwort
und Herr Ickler schreibt über Dr. Krimm:
Dr. Krimm
Alle Verlautbarungen der bayerischen Staatsregierung stammen von Dr. Stefan Krimm; daher die große Einheitlichkeit. Herr Krimm ist ein gebildeter und intelligenter Mensch und dürfte daher die Reform und insbesondere die Berichte der Rechtschreibkommission ebenso beurteilen wie wir alle. Ich nehme an, daß er viel lieber etwas ganz anderes tun würde, als seine besten Jahre mit der Verteidigung der Rechtschreibreform zu vergeuden. Mit Friedrich Denk hat er jahrelang bei der Literaturförderung zusammengearbeitet, sehr verdienstvoll. Aus anderen bayerischen Ministerien ist mir mitgeteilt worden, daß man wegen der RSR überall sehr verärgert ist; Dr. Krimm muß es gewissermaßen ausbaden, aber glücklich dürfte er darüber nicht sein.
__________________
Th. Ickler
Soweit zu Aussagen zu Dr. Krimm. Wir im Amt stehende Personen haben zwar das Recht kritisch mit Informationen umzugehen, müssen aber Anweisungen insoweit sie einheitlich sind weitergeben und umsetzen.
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.09.2002 um 23.25
Liebe Frau Menges, ich möchte gern auf einige Aspekte Ihres Beitrages eingehen und im Detail nachfragen, wie Sie zu Ihrem Urteil kommen.
RenateMariaMenges:Ich denke, daß es kein prinzipielles Hindernis gibt, die Rechtschreibreform zurückzunehmen. Einem entsprechenden Beschluß stehen zwar gewisse Erwägungen, aber doch nichts prinzipielles im Wege. Mithin ist weiterhin denkbar, dass die neue Rechtschreibung zurückgenommen werden könnte! Warum, bitte, sollte die Reform nicht zurückgenommen werden können?
Ich glaube nach dieser Reaktion zu urteilen ist das Kapitel, dass die neue Rechtschreibung zurückgenommen werden könnte aus der Welt.RenateMariaMenges:Woher wissen Sie das bzw. wie kommen Sie darauf, daß die KMK keinesfalls nachgibt? Das Antwortschreiben stammt von einem Ministerialrat des Bayerischen Kultusministeriums, nicht von der Ministerin und erst recht nicht von der KMK (deren Sekretär schloß sich jenem Schreiben lediglich an). [Nachtrag: Hier meinte ich mit KMK nicht die KMK als Institution -- für die der Sekretär ja durchaus spricht --, sondern die Kultusminister persönlich, wenn sie zu einer gemeinsamen Beratung zusammenkommen.] Die Antworten darin stützen sich im wesentlichen auf den dritten Bericht der Rechtschreibkommission (zu dem die KMK meines Wissens noch gar nicht Stellung genommen hat). Halten Sie die folgende Aussage für glaubwürdig:
Die KMK gibt keinesfalls nach. Sie haben sich entschlossen diese Reform durchzuziehen.Aus dem Antwortschreiben des Bayerischen Kultusministeriums:Die schleichende Revision der Reform, die in den Wörterbüchern zu beobachten ist, geht allerhöchstwahrscheinlich auf die Zwischenstaatliche Kommission selbst zurück, also lautet der Satz im Klartext: Die Kommission sagt, daß die Behauptung, die Kommission würde die Reform revidieren, unzutreffend sei. Die Antwort nein stammt also von den Beschuldigten selbst. Sehen Sie diese Aussage als hinreichend an, liebe Frau Menges, um zu einem gesicherten abschließenden Urteil über die Wörterbücher kommen zu können?
Dem am 15.2.2001 vorgelegten 3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung ist u.a. zu entnehmen, dass die immer wieder aufgestellte Behauptung, die Neuregelung werde ständig revidiert, nicht zutrifft.
In der Situation ist es zwar vom Prinzip her unerheblich, daß sieben der zwölf jetzigen Kommissionsmitglieder (Augst, Blüml, Gallmann, Heller, Herberg, Nerius, Sitta) Urheber der Neuregelung sind, jedoch erhöht dies in meinen Augen nicht die Glaubwürdigkeit der Kommission. Im Gegenteil, ich bin mit Herrn Kukulies der Ansicht, daß es ein Unding ist, daß vom Prinzip her die Täter auch gleich die Gutachter ihres eigenen Tuns sind. Wie sehen Sie das, liebe Frau Menges?
– geändert durch J.-M. Wagner am 04.10.2002, 21.15 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Walter Wittkopp am 28.09.2002 um 22.36
Liebe Frau Menges,
daß Sie mich hier schon mal pauschal und preemptiv des Kommasetzungs-Unvermögens verdächtigen, finde ich schwach, unsportlich, unehrlich und eine ausgemachte Frechheit.
Erstens kann ich die Beistriche ziemlich ordentlich setzen, und selbst wenn nicht, so gäbe Ihnen das in keiner Weise ein Recht, die bei Ihnen beanstandeten Fehler unberichtigt zu lassen, unsere Schuljugend mit Ihrem Unvermögen zu verblöden und mich und andere hier mit Ihren Pisadeutsch-Zumutungen zu nerven.
Lassen Sie Ihren Schülern auch solche Unlogik durchgehen: XY macht aber mehr Fehler als ich, deshalb mache ich keine Berichtigung? Oder wie.
Zeigen Sie doch bitte Lernfähigkeit und berichtigen Sie Ihre Rechtschreibung.
Gruß, Walter Wittkopp
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2002 um 15.08
walter@netzzeitung.de
Ich bin auch mal neugierig: Welche Netzzeitung ist das?
Und ... die Kommas stimmen da alle?
Wer soll das glauben?
(Reinhard Markner)... zitierfähiges Material zusammenzubringen.
Mir ist schon wichtiger konkrete Antworten zu erhalten.
Die haben wir jetzt und damit kann ich etwas anfangen.
Ich würde mich nie so weit aus dem Fenster lehnen und diese
Antwort nicht annehmen, so wie sie ist. Die Antwort aus dem Staatsministerium ist korrekt und damit kann man etwas anfangen. Das hat mit der Art der Einführung und mit dem weiteren Umgang nichts zu tun. Wichtig war, dass der Brief zu Beginn des Schuljahres da war ( ich sehe daran, dass auch hier die Leute mitdenken) und dass er der Lehrerschaft klare Anweisungen gibt, wie wir mit den Revisionen umgehen müssen.
Vergessen Sie nicht die Überschrift des Stranges und lesen Sie nach, damit ich mich nicht wiederholen muss!
eingetragen von Elke Philburn am 28.09.2002 um 12.24
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Liebe Elke Philburn,
wie wäre es mit eigenen Wörtern? Ist das zu schwer?
Bei Ihnen, liebe Frau Menges, hat man den Eindruck, man redet sich den Mund fusselig, und am Ende war’s nichts als vergebene Liebesmüh‘.
Daß es die neue Rechtschreibung nicht gibt, sondern jeder etwas anderes daraus macht, haben wir doch hier schon oft genug durchgekaut. Ich finde es immer wieder befremdlich, wie Lehrer es hinkriegen, sich dieser schlichten Wahrheit zu verschließen und sich selber glauben zu machen, es sei doch alles in Ordnung. Was wir jetzt, sechs Jahre nach Einführung der Reform an den Schulen haben, ist ein Durcheinander, dem auch die Schüler nicht entgehen können. Mit einem Schulterzucken in der Art wie
Zitat:
Es bleibt uns nichts anderes zu tun als abzuwarten und den Duden weiterhin als Grundlage zu benutzen
kann es doch nicht getan sein.
eingetragen von Walter Wittkopp am 28.09.2002 um 11.57
Frau Menges schrieb:
>> Ich glaube nach dieser Reaktion zu urteilen ist das Kapitel, dass die neue Rechtschreibung zurückgenommen werden könnte aus der Welt.<<
Liebe Frau Menges,
ob es Ihnen wohl möglich wäre, in Ihrem Satz die erforderlichen Beistriche zu setzen und, pädagogisch wertvoll, auch zu begründen?
Wenn nicht, könnte wieder an Sie die Aufforderung herangetragen werden, daß Sie sich lieber mit Dingen befassen sollten, für die Ihr Fachwissen ausreicht.
Gruß, Walter Wittkopp
__________________
Walter Wittkopp
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2002 um 11.23
Liebe Elke Philburn,
wie wäre es mit eigenen Wörtern? Ist das zu schwer?
eingetragen von Elke Philburn am 28.09.2002 um 11.09
Die neue Rechtschreibung wird auch vor allem bei jungen Verlegern gar nicht mehr diskutiert. Sie ist insbesondere schon 100-prozentig angenommen, was die Kinderbuchverlage betrifft. Ich glaube nach dieser Reaktion zu urteilen ist das Kapitel, dass die neue Rechtschreibung zurückgenommen werden könnte aus der Welt.
eingetragen von Reinhard Markner am 28.09.2002 um 10.11
Daß sich die KMK durch die Briefe einer einzigen Lehrerin vom Kurs abbringen lassen würde, hat hier wohl niemand erwartet. Trotzdem ist es immer nützlich, zitierfähiges Material zusammenzubringen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2002 um 10.09
(Ickler)Wir erinnern uns, daß Müntefering die SPD frühzeitig auf die Rechtschreibreform eingeschworen hat (DIE WELT 5.9.97). Von der alt-neuen Regierung ist also überhaupt nichts zu erwarten als Weiterwurschteln, Totschweigen, Unterdrücken.
Was wäre unter Edmund Stoiber im Sinne der Rechtschreibreform zu erwarten?
Doch auch nichts anderes... oder glaubt hier jemand an ein bayerisches Wunder?
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2002 um 09.02
Brief aus dem Bundespräsidialamt vom 27. September 2002
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
vielen Dank für Ihren Brief vom August diesen Jahres an den Bundespräsidenten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass Ihnen der Bundespräsident wegen der Fülle täglich eingehender Zuschriften dieses Mal nicht selber schreiben kann.
Der Bundespräsident hat sich verschiedentlich zur Rechtschreibreform geäußert. Außerdem ist er weder für die Reform selbst noch für deren Umsetzung zuständig; er möchte auch zu praktischen Fragen wie den von Ihnen aufgeworfenen Fragen wie den von Ihnen aufgeworfenen keine Stellung nehmen, da er dazu nicht über die zureichende Tatsachengrundlage verfügt.
Ich hoffe, dass Ihnen das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus in der Sache weiterhelfen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. Niels Weidtmann
Herr Rau hat kürzlich in München Herrn Stoiber getroffen. 1 1/2 Wochen später kommt der Brief aus der Bundeshauptstadt Berlin. Ich glaube, dass diese Dinge informell abgesprochen werden. Außerdem glaube ich auch, dass Anfragen dieser Art wichtig sind um die Behörden auf Missstände aufmerksam zu machen. Glauben heißt natürlich "nicht wissen", und daher der vorsichtige Kommentar.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.09.2002 um 08.53
Gerade rechtzeitig zum bayerischen Schulbeginn wurde die Anfrage zur Nutzung der Schulbücher beantwortet und damit für die nötigte Ruhe am Schuljahresanfang gesorgt. Es ist wie vor 4 Jahren dieselbe Intention, wir arbeiten also im 5. Jahre mit den Regeln der neuen Rechtschreibung.
Nach meiner Meinung bleibt es nun bei der neuen Rechtschreibung und diese Tatsache ist nicht zu vergleichen mit der Rücknahme der Mengenlehre, die ja auch nur den Schulsektor betraf. Die neue Rechtschreibung wird auch vor allem bei jungen Verlegern gar nicht mehr diskutiert. Sie ist insbesondere schon 100-prozentig angenommen, was die Kinderbuchverlage betrifft. Ich glaube nach dieser Reaktion zu urteilen ist das Kapitel, dass die neue Rechtschreibung zurückgenommen werden könnte aus der Welt. Die KMK gibt keinesfalls nach. Sie haben sich entschlossen diese Reform durchzuziehen. Ständige Umkehrungen bringen uns im Ausland keinen guten Ruf ein und nun sind die Bücher "Deutsch als Fremdsprache" auch gedruckt und überarbeitet.
Meines Erachtens spielt dies keine große Rolle, wenn Reiner Kunze, Manfred Krug und Günter Kunert für die Aktion gegen die Rechtschreibreform eintreten. Ich glaube nicht, dass Paulwitz mit seinem Satz: "Das Beenden von Fehlentwicklungen verlangt einen langen Atem, wie sie Vorbilder wie die drei Querdenker verkörpern." Recht behält. Deutsche Sprachwelt, S. 1, 20. Sept. 2002. Allerdings ist es dem Bundespräsidialamt ( Brief vom 27.09.02) nicht möglich eine klare Stellung zu beziehen. Dies widerspricht eigentlich oben genannter These. Es bleibt uns nichts anderes zu tun als abzuwarten und den Duden weiterhin als Grundlage zu benutzen, wenn es um Regeln der Rechtschreibung geht.
eingetragen von Theodor Ickler am 23.09.2002 um 04.06
Wir erinnern uns, daß Müntefering die SPD frühzeitig auf die Rechtschreibreform eingeschworen hat (DIE WELT 5.9.97). Von der alt-neuen Regierung ist also überhaupt nichts zu erwarten als Weiterwurschteln, Totschweigen, Unterdrücken.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 22.09.2002 um 20.33
>> Dr. Krimm muß es gewissermaßen ausbaden, aber glücklich dürfte er darüber nicht sein. <<
Wenn Dr. Krimm in seinem Inneren ein Edelgeist Denkscher Dimension ist, in seinem Arbeits-Äußeren jedoch tatkräftig die RS„R“ verteidigt, ist er dann nicht der Prototyp jenes Funktionärs, welcher die Diktaturen unseligen Andenkens ermöglicht hat?
So Dr. Krimm Beamter ist, hat er einen Eid geschworen, in welchen der „Reform“-Unsinn nun wirklich nicht mehr hineinpaßt; Meineid und Eidbruch sind keine Kavaliersdelikte, sondern Verbrechen.
A. Paul Weber hat vor vielen Jahrzehnten eine Zeichnung gemacht, wo in der Beamtenfabrik den Leuten reihenweise die Rückgrate herausoperiert werden ...
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.09.2002 um 18.16
Einen wichtigen "Beleg" bezüglich der Wörterbücher habe ich ganz vergessen: "Tief greifend, aber nicht zufrieden stellend" (Zur Neuauflage von Dudens deutscher Rechtschreibung [2000]; von Theodor Ickler).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 19.09.2002 um 17.55
Warum muß Dr. Krimm ausbaden, wofür eigentlich andere zuständig sind? In der Wiener Absichtserklärung heißt es:
Artikel IIISo langsam würde es mich doch interessieren, welches diese "zuständigen staatlichen Stellen" waren, in welcher (Hierarchie-) Ebene die Entscheidungen über die Besetzung der Kommission getroffen (bzw. vorbereitet) wurden und wer quasi die Aufsichtspflicht bzw. eine Kontrollfunktion hat(te). Noch drängt sich mir der Eindruck auf, hier lief und läuft es so, wie ich es schon woanders kommentiert habe: "Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen -- Gruß, Ihre Politiker".
Die zuständigen staatlichen Stellen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz werden Experten in eine Kommission für die deutsche Rechtschreibung entsenden, deren Geschäftsstelle beim Institut für Deutsche Sprache in Mannheim eingerichtet wird.
(...)
Ist nicht hinreichend belegt, daß die Kommission lügt, was die Wörterbucheinträge betrifft, vgl. etwa die hiesigen Beiträge Nr. 13681 und 13684 (von Christian Melsa)? War das nicht der Kern der Anfrage von Frau Dr. Menges? Wem sollte man eine solche Liste mit von der Kommission abgesegneten Regelverstößen unterbreiten, um eine konkrete inhaltliche Antwort zu bekommen? Oder ist das illusorisch? Wen müßte man eigentlich mit der Nase darauf stoßen?
________
Da fällt mir ein, daß Frau Menges auch den Bundespräsidenten angeschrieben hat. Vielleicht ist ja ein Nachtrag angeraten, in welchem Herr Rau auf die (wegen der Besetzung der Kommission und des gegen die Kommission selbst gerichteten Vorwurfs der schleichenden Revision) unglaubwürdige Passage aus dem Antwortschreibens des Bayerischen Ministeriums hingewiesen und nach unabhängigen Untersuchungen gefragt wird?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 19.09.2002 um 12.27
Alle Verlautbarungen der bayerischen Staatsregierung stammen von Dr. Stefan Krimm; daher die große Einheitlichkeit. Herr Krimm ist ein gebildeter und intelligenter Mensch und dürfte daher die Reform und insbesondere die Berichte der Rechtschreibkommission ebenso beurteilen wie wir alle. Ich nehme an, daß er viel lieber etwas ganz anderes tun würde, als seine besten Jahre mit der Verteidigung der Rechtschreibreform zu vergeuden. Mit Friedrich Denk hat er jahrelang bei der Literaturförderung zusammengearbeitet, sehr verdienstvoll. Aus anderen bayerischen Ministerien ist mir mitgeteilt worden, daß man wegen der RSR überall sehr verärgert ist; Dr. Krimm muß es gewissermaßen ausbaden, aber glücklich dürfte er darüber nicht sein.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christoph Kukulies am 19.09.2002 um 11.01
Mir will es einfach nicht in den Kopf, wie es möglich ist, daß Ministerien, Politiker und deren Referenten sich von der Bande beraten lassen, die uns den Mist eingebrockt hat. Wo gibt es das, daß die Täter auch gleich die Gutachter ihres eigenen Tuns sein dürfen? Das ist in höchstem Grade zynisch. Wo bleibt die Presse?
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Elke Philburn am 18.09.2002 um 21.30
Stoibers Referent:
Die Akzeptanz der Reform betrug bei Erhebungen in den Schulen insgesamt meist über 90 %.
Krimm:
In den Schulen in Deutschland gab es nach dem Bericht in den letzten Jahren eine Reihe von Erhebungen zur Akzeptanz der Neuregelung. Soweit Bewertungsskalen verwendet wurden, betrug die Zustimmung insgesamt meist über 90 %.
Und dann fast identisch:
Stoibers Referent:
Die Frage, ob die Neuregelung zu neuen orthographischen Problemen geführt habe, wird dezidiert und auf hohem Niveau verneint.
Krimm:
Die Frage, ob die Neuregelung zu neuen orthografischen Problemen geführt habe, wird dezidiert und auf hohem Niveau verneint.
eingetragen von J.-M. Wagner am 18.09.2002 um 14.38
Ich konnte meinen Augen kaum trauen, als ich diese Passage in der Antwort des Stoiberschen Referenten las, denn exakt die gleiche Formulierung fand sich ja bereits in dem Antwortschreiben an Frau Dr. Menges!!
Weil die ensprechende Passage in der Zusammenfassung fehlt (vgl. den Beitrag von Frau Menges vom 08.09.2002), zitiere ich den Abschnitt hier vollständig; Herr Riebe hat ja dankenswerterweise den kompletten Text im VRS-Gästebuch eingetragen ("Krimms Märchen", 11.09.):Zitat:Was ist hier im Busch??
Aus dem Antwortschreiben des Bayerischen Kultusministeriums
2. Behauptungen von Gegnern der Neuregelung, diese werde demnächst oder in absehbarer Zeit grundlegend geändert oder außer Kraft gesetzt, sind fast so alt wie die Neuregelung selbst. Sie haben wohl vor allem das Ziel, die Öffentlichkeit zu verunsichern. Entsprechendes gilt für die unzutreffende Behauptung, in den Schulen herrsche eine Art von Rechtschreibchaos.
Nach dem 3. Bericht der Kommission für deutsche Rechtschreibung vom 19.12.2001, der nach seiner Kenntnisnahme durch die staatlichen Stellen auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, war die Einführung in allen Ländern gut vorbereitet. Sie war geprägt durch Ermunterung, handhabbare Ratschläge, schnelle Umstellung der Schulbücher und überlegte Gewichtung. In den Schulen in Deutschland gab es nach dem Bericht in den letzten Jahren eine Reihe von Erhebungen zur Akzeptanz der Neuregelung. Soweit Bewertungsskalen verwendet wurden, betrug die Zustimmung insgesamt meist über 90 %. Die Frage, ob die Neuregelung zu neuen orthografischen Problemen geführt habe, wird dezidiert und auf hohem Niveau
verneint (Bericht Seite 9, 10).
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Christoph Kukulies am 12.09.2002 um 10.39
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Christoph Kukulies
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Ein erhellender Kommentar
Darf man fragen, Frau Philburn, aus welchem Forum dieser Diskussionfaden stammt? Man landet mitten in einem Strang, weiß aber nicht, unter welchem Dach diese Diskussion stattfindet und wie man dorthin gelangt. Zumindest ergeht es mir so.
Danke. Hat sich erledigt. Ich wurde mittlerweile durch private E-Post auf die vollständige Quelle verwiesen.
<http://www.vrs-ev.de/gb_frameset.htm >
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Christoph Kukulies am 12.09.2002 um 08.10
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Ein erhellender Kommentar
Darf man fragen, Frau Philburn, aus welchem Forum dieser Diskussionfaden stammt? Man landet mitten in einem Strang, weiß aber nicht, unter welchem Dach diese Diskussion stattfindet und wie man dorthin gelangt. Zumindest ergeht es mir so.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Elke Philburn am 11.09.2002 um 11.14
eingetragen von J.-M. Wagner am 10.09.2002 um 09.04
Zitat:Ich fasse es nicht: Merkt denn in den Ministerien niemand, daß hier der Bock zum Gärtner gemacht wurde -- oder ist es vielleicht so, daß es niemand merken will??
Aus dem Antwortschreiben des Bayerischen Staatsministeriums
Dem am 15.2.2001 vorgelegten 3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung ist u.a. zu entnehmen, dass die immer wieder aufgestellte Behauptung, die Neuregelung werde ständig revidiert, nicht zutrifft.
Ich meine, daß es hinreichend offensichtlich ist: Daß in der Kommission weitgehend dieselben Personen versammelt sind, welche die Reform ausgearbeitet haben, und die nun als Kommisionsmitglieder die Aufgabe haben, »die Umsetzung der Neuregelung beratend zu begleiten und Zweifelsfälle zu klären«, so daß »die Arbeit der Kommission zur Richtschnur für alle Wörterbuchverlage wie z. B. Bertelsmann oder Duden« wird, sowie »die künftige Sprachentwicklung zu beobachten und Empfehlungen zur Anpassung des orthographischen Regelwerks an den allgemeinen Sprachwandel zu erarbeiten« -- sprich, die Neuregelung zu begutachten und zu bewerten --, ist ein erheblicher Aufgabenkonflikt (kein Interessenkonflikt -- im Gegenteil!!), der zu Unglaubwürdigkeit führt und zu einem wohlbegründeten Vorwurf der Befangenheit Anlaß gibt.
(Natürlich würde der Mörder, wenn man ihn fragt, ob er es war, "nein" sagen! Was erwartet das Bayerische Staatsministerium eigentlich??)
In der Wissenschaft wäre dieses Verfahren ein massiver Verstoß gegen die guten Sitten und gegen die Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens und Publizierens: Es kann nicht sein, daß dieselben Leute, die etwas wissenschaftlich Neues erarbeitet haben, es auch begutachten und über die Qualität bzw. Brauchbarkeit des Werkes urteilen -- das müssen andere machen, die etwas davon verstehen, aber unabhängig sind.
Daß es diese unabhängigen Untersuchungen bezüglich der neugeregelten Rechtschreibung nicht gibt, ist in jedem Fall ein Skandal.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 10.09.2002 um 00.02
Zitat:
Ursprünglich erklärt von RenateMariaMenges
Übrigens ist es nicht ganz so wichtig, wer angeschrieben wurde, denn es gilt hier ja die Pflicht zur Weitergabe.
Offenbar gilt auch die Pflicht (oder zumindest die Gepflogenheit) der gegenseitigen Weitergabe unter den einzelnen Angeschriebenen. Und die der Gleichschaltung von Stellungnahmen. Und bezüglich eines eigenen kritischen Nachdenkens und Beurteilens gilt wohl noch eine weitere Pflicht: die zur Nichtanwendung. Ich hoffe allerdings, daß ich mich hierin gewaltig täusche, und warte gespannt auf die noch ausstehende Antwort aus dem Bundespräsidialamt.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 09.09.2002 um 17.37
Das kann doch nicht wahr sein.
Nochmals: "Schlag nach bei Orwell!"
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.09.2002 um 17.12
SEKRETARIAT DER STÄNDIGEN KONFERENZ DER KULTUSMINISTER DER LÄNDER IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
für Ihr Schreiben ... danke ich Ihnen. Die Präsidentin hat mich gebeten Ihnen zu antworten.
Ihr Schreiben hatten Sie zugleich an Frau Staatsminister Hohlmeier in Bayern gerichtet.
Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat Ihr Schreiben zwischenzeitlich beantwortet. In diesem Schreiben wird die Position der Länder in dieser Frage dargelegt, so dass sich eine gesonderte Beantwortung von hier aus erübrigt.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. Tobias Funk
eingetragen von Reinhard Markner am 07.09.2002 um 10.42
Schlag nach bei Orwell !
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.09.2002 um 08.45
Antwortschreiben aus dem Bayerischen Staatsministerium vom 05.09.2002
VI/4-S4400/4-6/118 366
Neuregelung der deutschen Rechtschreibung
1. Dem am 15.2.2001 vorgelegten 3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung ist u.a. zu entnehmen, dass die immer wieder aufgestellte Behauptung, die Neuregelung werde ständig revidiert, nicht zutrifft. ... Soweit erforderlich erarbeitet sie die Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks.
Mit den deutschen Wörterbuchverlagen arbeitet sie eng zusammen. Die führenden deutschen Rechtschreibwörterbücher entsprechen nach einer Erklärung der Kommission vom 17.08.2002 der amtlichen Regelung. Die Kommission führt dazu aus: Einige Gegner der neuen Rechtschreibung haben in verschiedenen Stellungsnahmen behauptet, dass die Zwischenstaatliche Kommission hinter dem Rücken der Kultusminister eine heimliche Reform der Reform über die Wörterbücher durchführt. Diese Behauptung ist falsch. ... Wiener Absichtserklärung 1996... Bertelsmann im März 1999, Duden im August 2000. Beide Nachschlagwerke sind damit zuverlässige Ratgeber in orthografischen Fragen.
Sollten bei einzelnen Schreibungen Zweifel aufkommen, so besteht ... die Möglichkeit, sich an die Sprachberatung der Wörterbuchverlage oder der Gesellschaft für Deutsche Sprache zu wenden ...
2. Behauptungen von Gegnern der Neuregelung, diese werde demnächst oder in absehbarer Zeit grundlegend geändert oder außer Kraft gesetzt, sind fast so alt wie die Neuregelung selbst. Sie haben vor allem das Ziel, die Öffentlichkeit zu verunsichern. Entsprechendes gilt für die unzutreffende Behauptung, in den Schulen herrsche eine Art von Rechtschreibchaos.
Nach dem Bericht der Kommission für deutsche Rechtschreibung vom 19.12.2001, ... der auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde ... (Bericht S. 9, 10)
3. Worauf die sich von Ihnen zitierte Meinung stützt, das Bundesverfassungsgericht sei der Ansicht .... ist hier nicht bekannt. Tatsache ist, dass sich die Neuregelung von Bund und Ländern in Auftrag gegeben ist und in Kraft gesetzt wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Krimm
Ministerialrat
Den ausführlichen Brief gebe ich gerne bei Bedarf weiter.
RenateMariaMenges
eingetragen von Theo Grunden am 05.09.2002 um 02.00
Zitat:
Ursprünglich gefragt von RenateMariaMenges
Wer setzt sich eigentlich damit mehr auseinander, der, der die neue Rechtschreibung schreibt oder der, der die alte Rechtschreibung beibehält?
Ich schätze mal, daß es mehr Leute gibt, die von sich sagen und schreiben können: „Ich habe mich mit der Rechtschreibreform intensiv auseinandergesetzt“, als solche, die von sich sagen und schreiben können: „Ich habe mich mit der Rechtschreibreform intensiv auseinander gesetzt“.
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.09.2002 um 18.54
Herr Lachenmann, Sie sind nicht alleine, wenn Sie schreiben, Sie verstehen diese neuen Gedichte nicht. Frau Oleschinski schreibt in ihrem Buch: Reizstrom in Aspik, Du Mont, Köln 2002 ( in alter Rechtschreibung). " Aber es nützt Ihnen nichts, wollte ich nach jeder Lesung sagen, wenn die unvermeidlichen Fragen aufstanden, Bitten um Auskünfte und Erklärungen, als könne ich zu jeder Zeile einen Schlüssel liefern, eine Pointe, einen Trick: Sie müssen auf die Gedichte hören und nicht auf mich! (S.8)." Das ist die Erklärung für die modernen Gedichte, die niemand erklären kann.
Oleschinski: " Wider besseres Wissen hoffe ich stets, es werde den Fragen doch noch um die Erfahrung mit Gedichten gehen, um Wahrnehmung und Sprache also, den Klang des Denkens und die Botschaften in einer Form, die wie keine andere Gefühl und Erkenntnis ineins setzt ..." ( S. 8).
Ist doch ganz einfach mit dem Verständnis, oder?
Die Unterüberschrift zu diesem Band: Wie Gedichte denken - ist einfach und klar gegen den Titel: Reizstrom in Aspik.
Aber vielleicht finde ich ein Gedicht von Goethe oder Schiller für Sie, das durchaus noch heute sehr interessant ist und Jugendliche mehr begeistern kann wie unsere modernste Lyrik.
Ach so, Herr Lachenmann. Welches Lebensalter gehört nun zu Ihnen?
Das "beste" Gedicht, das ich heuer in der unterrichtsfreien Zeit gefunden habe:
Aus: Die schönsten Gedichte der Schweiz. Suhrkamp Verlag. München 2002.
Walter Vogt:
Die drei Lebensalter des Menschen
da da
bla bla
ga ga
Wir haben viel diskutiert und geredet über dieses Gedicht.
Walter Vogt war Mediziner, Psychiater, Gründungsmitglied und Präsident eines Vereins der Schriftsteller in der Schweiz (1927 - 1988 ).
"Rechtschreib-Werte":
Mit den Werten ist das auch hier so eine Geschichte, zählt Zeitgeist oder nicht, zählt Auseinandersetzung oder nicht, Herr Wagner? Wer setzt sich eigentlich damit mehr auseinander, der, der die neue Rechtschreibung schreibt oder der, der die alte Rechtschreibung beibehält?
– geändert durch RenateMariaMenges am 06.09.2002, 17.37 –
eingetragen von J.-M. Wagner am 30.08.2002 um 20.15
Zitat:Ich halte das weder für das eine noch für das andere -- aber bevor ich näher darauf eingehe, würde ich gern wissen, wie ernst Sie das gemeint haben, liebe Frau Menges.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ist ja schön für Sie [gemeint ist Herr Dräger; JMW], wenn Sie nicht mehr umlernen müssen. Es ist etwas einfacher in alten Werten weiterzuleben. Ist das nun Spott oder eine einfache Feststellung?
Auf die herkömmliche und die reformierte Rechtschreibung bezogen, möchte ich Ihnen aber sofort widersprechen: Mir scheint, daß es wesentlich leichter ist, bei dem Reformunfug mitzumachen, als sich zu überlegen, warum die Reform Unfug ist -- erst dadurch kommt man ja zu dem Schluß, daß in diesem Fall eine "konservative Haltung", d. h. die Beibehaltung der gewohnten Schreibweisen, die einzig mögliche ist, um mit der eigenen Sprache sinnvoll umzugehen.
Außerdem wird einem ein Leben mit den gewohnten Schreibweisen schwergemacht: Meines Erachtens machen zu viele bei dem Unfug Reformorthographie mit, und die sitzen zum Teil auf einflußreichen Positionen, so daß zum Beispiel zu viele Zeitungen sprachlich Unbrauchbares enthalten. ---
Aber mal eine ganz prinzipielle Frage: Was rechtfertigt eigentlich sachlich Falsches? Die Antwort sollte doch in den meisten Fällen lauten: nichts, außer daß man an Fälschung, Täuschung oder Manipulation interessiert ist. -- Konsens?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.08.2002 um 18.18
Danke, Herr Kukulies für Ihre wertvollen Ideen. Irgendwie werden wir zusammen mit Dominik (natürlich nur) die wichtigen Briefe hier einbringen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.08.2002 um 17.54
Ja- so kenne ich sie- die Truppe
Nichts geht über sie
Kommt keine Kritik
Geht das doch irgendwie
Mit dem Teufel zu.
Jeder Satz- jedes Komma
Jeder Punkt wird angeschaut
Ach, was täte ich denn ohne sie?
Jedes Gespräch muss weichen
Beiträge am besten streichen
Selbst gelöschte Beiträge allerorten
Werden auf den Inhalt hin geortet.
Bräucht man aber mal die Hilf
Und sei es wegen der großen Konferenz
Da gibt es keinen, der was weiß!
Aber ob der Strichpunkt oder der Gedankenstrich
Hier am Ende richtig wär
Da gibt es eine Liste ohne End
Was man da alles kritisieren könnt.
Nichtsdestotrotz- Kopf hoch
Kommt Kritik - kommt auch manchmal Lob.
eingetragen von Christoph Kukulies am 28.08.2002 um 13.37
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Briefe abzuschreiben ist nicht gerade meine Metier: Kann man hier gescannte Briefe, in ein Word- Dokument eingebunden, als Bild einbauen?
Übrigens ist es nicht ganz so wichtig, wer angeschrieben wurde, denn es gilt hier ja die Pflicht zur Weitergabe. Mein Engagement geht meist dahin, wo eine Anfrage schon einmal gut und ordentlich bearbeitet wurde. Man hat also so seine "Lieblingsstellen" und bei der Rototation der Vorsitzenden kann es schon einmal passieren noch die letzte Rotation im Gedächtnis zu haben. Aber ich werde den Brief nochmals via Post an die richtige Adresse leiten.
An die Kultusministerkonferenz
unter dem Vorsitz von
Prof. Dr.-Ing. habil. Dagmar Schipanski
Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Postfach 101352
99013 Erfurt
E-mail: presse@tmwfk.thueringen.de
Theo Gunden kommt ja gut gelaunt zurück. Der Urlaub hat ihm gut getan. Er bringt gleich einen Sketch mit.
Wie bekannt schreibt Schwanitz auch über "Bildung". Aber seine Sprache muss man schon mögen, um weiterzulesen.
Liebe Frau Menges,
bei Ihren Beiträgen hier kommen einem in letzter Zeit immer so seltsame Assoziationen. Da denkt man plötzlich an Schimpansen und vom vielen Rototieren wird man ganz rollig. Im Gunde ist Gundula auch ein schöner Name.
Zuviele Tippfehler binden auch Energien; deshalb ein klein bißerl mehr Sorgfalt beim Einstellen der Beiträge.
Nun konkret zum Einstellen von Scanvorlagen: Als Word-Datei nicht, aber Ihr Scanner erzeugt doch sicher eine JPEG-Datei. Die können Sie in Ihre Nachricht mit etwas HTML-Code einbinden.
<IMG SRC=¨http://irgendwo.de/brief.jpg¨>
MädchenFürAlles (ds@rechtschreibreform.com) wird Ihre Datei auch gerne in Empfang nehmen und irgendwohin abspeichern, worauf Sie dann gemäß obigen Beispiels referieren können.
(Übrigens wäre eine Ablade*-Möglichkeit hier auf den Seiten ein schöne Sache)
Andererseits halte ich diese Methode nur für sinnvoll, wenn es sich wirklich um wichtige Dokumente handelt, bei denen es auch darauf ankommt, daß sie im Original wiedergegeben werden. Für jedes kleine Bestätigungsschreiben eines Briefwechsels macht das sicher keinen Sinn. Hinzu kommt ja noch, daß man aus einem solchen Dokument ja keine Textpassagen mehr - mit dem Mauszeiger -herausschneiden kann. Also, wirklich nur vielleicht für die finale Antwort aus dem Ministerium zu empfehlen.
Ansonsten verweise ich auf die Möglichkeiten der automatischen Zeichenerkennung (OCR) und des anschließenden gründlichen Korrekturlesens. Mit vielen Scan-Geräten wird heutzutage bereits recht passable OCR-Software ausgeliefert. Ich weiß nicht, ob Sie über so etwas verfügen. Aber das sind so die Möglichkeiten, die es gibt.
*)Upload
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.08.2002 um 06.46
Briefe abzuschreiben ist nicht gerade meine Metier: Kann man hier gescannte Briefe, in ein Word- Dokument eingebunden, als Bild einbauen?
Übrigens ist es nicht ganz so wichtig, wer angeschrieben wurde, denn es gilt hier ja die Pflicht zur Weitergabe. Mein Engagement geht meist dahin, wo eine Anfrage schon einmal gut und ordentlich bearbeitet wurde. Man hat also so seine "Lieblingsstellen" und bei der Rototation der Vorsitzenden kann es schon einmal passieren noch die letzte Rotation im Gedächtnis zu haben. Aber ich werde den Brief nochmals via Post an die richtige Adresse leiten.
An die Kultusministerkonferenz
unter dem Vorsitz von
Prof. Dr.-Ing. habil. Dagmar Schipanski
Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Postfach 101352
99013 Erfurt
E-mail: presse@tmwfk.thueringen.de
Theo Gunden kommt ja gut gelaunt zurück. Der Urlaub hat ihm gut getan. Er bringt gleich einen Sketch mit.
Wie bekannt schreibt Schwanitz auch über "Bildung". Aber seine Sprache muss man schon mögen, um weiterzulesen.
eingetragen von Elke Philburn am 27.08.2002 um 20.34
Zitat:
eine gewisse orthographische Sparsamkeit
Vornehmer hätte man's wirklich nicht ausdrücken können.![]()
eingetragen von Theo Grunden am 27.08.2002 um 13.42
Liebe Frau Menges,
habe nach meiner ferienbedingten Abwesenheit Ihre weiteren Diskussionsbeiträge und Aktivitäten mit Interesse zur Kenntnis genommen. Wie man einem der letzten Beiträge entnehmen kann, wird’s mit den Beantwortungen Ihrer Anfrage an Rau, Schavan/Schipanski und Hohlmeier leider noch dauern. Zur Verkürzung der Wartezeit habe ich einen gutgemeinten Tip für Sie:
Dietrich Schwanitz, den Sie mehrfach erwähnten, hat außer „Männer“ auch noch andere interessante Sachen geschrieben, u.a. so ziemlich „alles, was man wissen muß“ (haben Sie nebenbei auch mal auf seine Rechtschreibung geachtet?). Sie sollten unbedingt auch mal seine Realsatire „Jahre unbeschwerter Arbeit für die Ministerien“ lesen. Ist zwar schon fünf Jahre alt, aber immer noch sehr aktuell.
http://www.welt.de/daten/1997/08/09/0809ku92445.htx
Die Frau Ministerialrätin Kaschuba zeigt übrigens in ihrer Zwischennachricht an Sie eine gewissene orthographische Sparsamkeit, haben Sie’s bemerkt?
Zunächst läßt sie das einzige, das Baden und Württemberg verbindet, nämlich den Bindestrich, einfach so weg. Gleich zwei von diesen Dingern fehlen dann in der „Werner Seelenbinderstr. 8“ (wo Frau Schipanski arbeitet). Hinter Erfurt ging wohl ein Komma verloren, und zu guter Letzt fehlt der Ministerialrätin auch noch ein i. Wahrscheinlich hat Frau Kaschuba nicht so eine gute Sekretärin wie Ihre Schule.
Apropos „Alles, was man wissen muß“ (Schwanitz):
Habe ich das richtig in Erinnerung – aus irgendwelchen Vorbeiträgen – , daß Sie Schulleiterin sind? Alles muß man auch dann sicherlich nicht wissen, aber doch wohl, wer den Vorsitz in der KMK hat. Frau Ministerin Prof. Dr.-Ing. habil. Dagmar Schipanski hat diesen nun schon das ganze Jahr; sie machte ja bekanntlich gleich anläßlich ihrer vielbeachteten Eröffnungsrede (Titel: "Bildungswesen vor tiefgreifenden Veränderungen", 16.01.2002) eine der meistdiskutierten Änderungen der RSR eindrucksvoll rückgängig.
Apropos KMK:
Der Generalsekretär der KMK (auch den gibt’s!) heißt übrigens Professor Dr. Erich Thies (fällt eher unter „Alles, was man nicht unbedingt wissen muß“). Ich erwähne ihn nur deshalb, weil er gerade zwei weitere Regelungen der RSR rückgängig gemacht hat, die ebenfalls lange und heiß diskutiert wurden, nämlich die seltsamen Getrenntschreibungen „kennen lernen“ und „auseinander setzen“. Er tat das, indem er beispielhaft protokollieren ließ: „Unsere gemeinsame Zukunft erfordert, dass junge Menschen aus beiden Ländern sich kennenlernen, sich gemeinsam mit der Vergangenheit auseinandersetzen und nach Wegen für die Zukunft suchen.“ Überzeugen Sie sich bitte davon in der aktuellen Pressemitteilung vom 27.08.2002 auf http://www.kmk.org/aktuell/home.htm (Titel: „Ein lebendiges Bild vermitteln“).
So ganz nebenbei wird darin auch mit der Unsitte Schluß gemacht, das „Du“ in der persönlichen Anrede klein zu schreiben, wie es die Reformer doch tatsächlich mal – im Übereifer ihrer Änderungswut – verlangt hatten. ("Was würdest Du Deiner Gastfamilie über Israel erzählen, und welche Frage würdest Du ihnen ganz sicher über Deutschland stellen?", wollte die Deutsche Botschaft in Israel im Frühjahr 2002 von jungen Israeli wissen.)
Welche Fragen wollte ich Ihnen eigentlich noch stellen? Melde mich wieder, wenn ich’s weiß. Bis dann, mit freundlichen Grüßen.
eingetragen von Matthias Dräger am 27.08.2002 um 09.42
Liebe Frau Menges,
ich bin jetzt 45, und übrigens seit 7 Jahren (Oktober 1995) als "Reformgegner" im Dienst. Meinen Verlag mache ich schon etwas länger, seit 18 Jahren.
Mein Vorgänger hatte bereits die 80 überschritten, als er mir seinen Verlag anvertraute - und so das Schicksal mir wohlgesonnen ist, hoffe ich ebenfalls noch gut 40 Jahre im Amt zu bleiben - Sie merken also wohl, mit der „Schimpansen-Rechtschreibung“, wie ich das in Anbetracht des ganzen Affentheaters und des IQ derer, die sich das ausgedacht haben, einmal nennen möchte, wird es beim Reichl Verlag nichts werden.
Was die von Ihnen so genannten „alten Werte“ betrifft, in denen ich Ihrer Meinung nach weiterlebe, kann ich Ihnen nur sagen, daß ich aus einer Familie stamme, die seit vier Generationen nichts anderes macht, als ständig neue Produkte zu entwickeln - von Innovation und Qualität verstehen wir also etwas. Gern bin ich bereit, diese seit Urzeiten bekannten alten Werte anzuerkennen und mein Leben danach auszurichten.
Nichts ist so jung und so lebendig wie die sich behutsam von selbst entwickelnde und normierende normale Rechtschreibung - im Gegensatz zur vorgeschriebenen, rasch überholten und damit wirklich veralteten Kasernen-Rechtschreibung (der klammheimliche Rückbau in den Wörterbüchern spricht doch eine deutliche Sprache). Aber das ist für Leute, die gern herumkommandieren und sich gern kommandieren lassen, wohl kaum zu begreifen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.08.2002 um 07.02
Ich war des Abschreibens nicht mächtig und ich habe an Schimanski ;-) gedacht- da kann so ein Fauxpas schon mal passieren. Es brachte mich aber erst eine Thüringer Lehrerin auf die Idee, dass hier etwas falsch sei.
Darf ich mir die Frage erlauben, wie alt Sie sind, Herr Dräger? Ich habe festgestellt, dass ältere Herren Verleger in der alten Rechtschreibung verbleiben und jüngere Herren Verleger dagegen auf unbedingte Achtung der neuen Rechtschreibung Wert legen.
Ist ja schön für Sie, wenn Sie nicht mehr umlernen müssen. Es ist etwas einfacher in alten Werten weiterzuleben. Ist das nun Spott oder eine einfache Feststellung?
Die Beantwortung überlasse ich Ihnen, Herr Dräger.
eingetragen von Matthias Dräger am 26.08.2002 um 21.58
Vor der Änderungen hatte Frau Renate Maria Menges (warumeigentlichdieZusammenschreibung,istdaseineganzneueRechtschreibung?) geschrieben: "...zuständigkeitshalber an die amtierende Vorsitzende, Frau Ministerin Prof. Dr. Schimpanski, ..." - läßt Freud grüßen?
Ich bitte die Besucher um etwas Nachsicht für meinen fröhlichen Spott, aber ich kann Leute, die trotz des offensichtlichen Scheiterns der Rechtschreibreform auf der ganzen Linie, oft gegen die eigene Überzeugung (die Herren Busch, Schröder, etc.) immer noch an der Sache krampfhaft festhalten wollen, nicht mehr ganz für voll nehmen.
In meinen Verlagen wird es, so lange ich lebe, keine Bücher in verquerer Rechtschreibung geben. Damit befinde ich mich nicht nur in guter Gesellschaft von etwa 3/4 aller derzeit neu erscheinender wissenschaftlicher und belletristischer Literatur. Vor allem aber: Ich pflege gern in „meinen“ Büchern hin und wieder zu lesen, und ich denke überhaupt nicht daran, mir die Freude beim Lesen durch eine lediglich drittklassige Orthographie nehmen zu lassen. So einfach ist das, das hat nichts zu tun mit „Bürgerstolz vor Schimpansenthronen“.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.08.2002 um 15.09
Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht
e-mail vom 19. August 2002
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
vielen Dank für Ihre e-mail.
Baden Württemberg hat den Vorsitz der Kultusministerkonferenz im Rahmen des rollierenden Systems an das Land Thüringen abgegeben. Ihre e-mail wurde deshalb
zuständigkeitshalber an die amtierende Vorsitzende, Frau Ministerin Prof. Dr. Schipanski, Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Werner Seelenbinderstr. 8, Erfurt weitergeleitet.
Mit freundlichen Grüßen
Kaschuba
Minsterialrätin
– geändert durch RenateMariaMenges am 27.08.2002, 20.44 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.08.2002 um 12.43
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
Ihre elektronische Nachricht ist im Büro der Staatsministerin eingegangen. Leider wird die Bearbeitung Ihrer mail etwas Zeit in Anspruch nehmen. Ich bitte dafür um Verständnis.
Bis zur Beantwortung wird deshalb noch um Geduld gebeten.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Pangerl
Persönlicher Referent der Frau Staatsministerin Monika Hohlmeier
Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Salvatorstr. 2, 80333 München
eingetragen von Christian Melsa am 19.08.2002 um 16.48
Zitat:Das ist wohl ein beträchtliches Problem der heutigen Schulsituation. Wie mit Schülern umzugehen ist, wird zur Geheimwissenschaft gemacht. Die 68er wollten so etwas doch beseitigen, Herrschaftswissen nannten sie das. Erreicht haben sie das Gegenteil.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Wer sich in die Pädagogik einmischt und kein Lehrer ist, wird auch wenig Gehör finden.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 19.08.2002 um 06.42
Jetzt reicht's - genau das wollte ich indirekt ausdrücken ...
– geändert durch Wolfgang Wrase am 20.08.2002, 20.40 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 19.08.2002 um 06.34
(Wrase) Mit den Männern, die die Rechtschreibreform anordnen
Die Auswahl der Kriterien der RSR trafen Männer! Ist mir noch gar nicht so bewusst gewesen. Aber bei der Anordnung stimmt es schon nicht mehr:
Angeordnet wurde sie von der KMK und da gibt es wiederum Frauen. Sehr gute Frauen, denn Frauen in der Öffentlichkeit sind meist wirklich gut, denn sie müssen ja dreimal so gut sein wie die Männer! Tja.
Übrigens hat mir mein Doktorvater folgendes mitgegeben:
"Wir lesen alles, was unsere Kollegen schreiben." Das ist das Grundprinzip: Kritik etc. kann gerne anfallen, aber zuerst muss alles gelesen werden.
Gut ist er - der Wrase Artikel- inspiriert mich zur
"In-spir-a-tion über das Wesentliche". Tatsächlich bin ich bei den Realisten und den Fantasten noch nicht weitergekommen. Denn der Realist ist zuweilen fantastisch und der Fantast zuweilen realistisch ( bezogen auf die Rechtschreibreform).
eingetragen von Martin Reimers am 19.08.2002 um 00.50
Jetzt reichts!
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Norbert Schäbler am 18.08.2002 um 22.50
... und wenn ich's richtig seh', fährt der Mann ohne Krummbuckel und goldene Klingel.
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 18.08.2002 um 20.43
Radfahrer, aber kein Versager, das möchte ich doch hier mal kurz in angemaßter Vertretung des Abwesenden klarstellen. Obwohl noch in unguter Erinnerung ist, wie er mal den Scharping gemacht hat, koppheister in den Graben.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 18.08.2002 um 18.57
Verehrte Frau Menges, ...
(Beitrag gelöscht bis auf
PS: Professor Ickler ist Radfahrer ...
– geändert durch Wolfgang Wrase am 20.08.2002, 20.42 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.08.2002 um 17.47
Jetzt haben alle den Brief gelesen, Lindenthal hat das richtige Enderli gefunden und es kehrt Friede ein. Die Ambivalenz, mein lieber Lindenthal, gefällt mir in diesem Stück: Die den Rütli Schwur geschworen haben, gewinnen auch. Sie müssen allerdings einen weiten Weg gehen. Es gibt nicht nur den Tell als Gewinner. Frage: Wären Sie gerne der Tell gewesen? Passend hier zum Thema:
Schwanitz (ehem. Prof. der engl. Sprache): Männer
Die Spezies Mann:
Der Kavalier
Der Mann mit der starken Schulter
Der Scharlatan
Der Hobby-Gott
Gremienmitglieder und Stammtischbrüder
Der Guru als Führer der Frauenhorde
Der Intellektuelle
Der Entertainer
Der Forscher (unter Thema VI. Sex)
Der Latin Lover
Der Haustyrann und seine Frau
Gruppenbilder der Versager- Jammerlappen, Radfahrer, Neidhammel, Unglücksrabe
Na, welcher Spezies der ein oder andere wohl angehört?
eingetragen von Norbert Lindenthal am 18.08.2002 um 17.03
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
das war der falsche Mann im Tell. Diesen meinte ich nicht! Da gibt es noch ein anderes Ende im Tell.
Walterli? Vor dem hatte Geßler nicht so große Angst. Walterli ließ der Machthaber Geßler also frei. Tell aber, der den eigenen Sohn mit dem Pfeil einer Armbrust nicht traf, sondern aufgabengemäß den Apfel, wurde nicht freigelassen. Geßler brach damit seine Verabredung. Denn Geßler hatte vor Tell Angst, große Angst. Tell floh, und er schoß ein zweites Mal.
Frau Dr. Menges, meinen Sie Walterli? Oder sonst erzählen Sie doch mal selbst die Geschichte. Ich möchte nicht so gerne von Ihnen stehen gelassen werden, nur weil es mir nicht so liegt, Ihnen Honig um den Mund zu pinseln. Sie hatten bei dem Volksentscheiddatum schon einmal versucht, in den Raum zu stellen, ich würde Zeitabläufe nicht so genau erinnern. Dann stellte sich allerdings heraus, daß Sie selbst die Daten gerne verdrehen.
Also, an welches Tell-Ende hatten Sie gedacht?
P.S.: Ihre Briefe an Rau, Dr. Schavan und Hohlmeier machen mich gespannt auf Antworten!
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.08.2002 um 06.50
Bundespräsidialamt
Herrn Bundespräsidenten
Johannes Rau
Spreeweg 1
10557 Berlin
E-Mail: posteingang@bundespraesident.de
An die Kultusministerkonferenz
unter dem Vorsitz von Dr. Anette Schavan
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Baden Württemberg
Postfach 10 34 42
Schloßplatz 4
70029 Stuttgart
Email: poststelle@km.kv.bwl.de
Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Frau Staatsministerin Monika Hohlmeier
Salvatorplatz 2
80333 München
E-Mail: monika.hohlmeier@stmukwk.bayern.de
Rechtschreibreform von 1998
Anfrage wegen Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht bis zum Ende der Übergangszeit 2005 und darüber hinaus (Zusammenfassende Gedanken aus Schulleitertagungen, Diskussionen in Lehrerkollegien und mit Professor Ickler (www.rechtschreibreform.com) in Online- Foren)
Die Lehrer stehen täglich vor der Frage, wie sie mit den revidierten Wörterbüchern umgehen sollen. Durch die andauernden Revisionen der Rechtschreibreform von 1998 ist eine starke Verunsicherung eingetreten. Ist der Duden, den viele Gemeinden und Städte den Klassen 1998 zur Verfügung gestellt haben, überholt,
obwohl er nach wie vor die Grundlage für die Schulbücher ist? Welche Wörterbücher sollen im täglichen Unterricht verwendet werden? Ist es nötig, bei Streitfällen mehrere Wörterbücher zu Rate zu ziehen? Können Problemfälle der Rechtschreibung zur Zeit überhaupt gelöst werden? Welches Bildungsziel müssen Lehrer hier erreichen? Geht die Tendenz dahin, eine überarbeitete neue Rechtschreibung einzuführen oder ist mit der Rückkehr zur alten Rechtschreibung zu rechnen?
Ich vertrete die Ansicht, dass die neue Rechtschreibung nicht mehr zurückgenommen werden sollte, aber leider sind den Lehrkräften bisher keine verbindlichen Informationen zugegangen, wie sie mit der inzwischen weiterentwickelten Rechtschreibreform umzugehen haben, abgesehen von der Anweisung bis 2005 unterschiedliche Schreibweisen zu tolerieren. Sollten die Schüler schrittweise zu einer revidierten neuen Rechtschreibung schon jetzt hingeführt werden?
"Mit der Rechtschreibreform ist das Ziel verbunden, das Rechtschreibsystem der deutschen Sprache benutzerfreundlicher, logischer und leichter erlernbar zu machen." Marx, H. (1999). Rechtschreibleistung vor und nach der Rechtschreibreform: Was ändert sich bei Grundschulkindern? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und pädagogische Psychologie, 31(4), S. 180-189, Verlag Hogrefe, Göttingen.
Mir geht es in meiner Anfrage nicht darum, wieweit die deutsche Sprache durch die Rechtschreibreform schülerorientierter geworden ist (teilweise wäre eine weitergehende Vereinfachung, besonders mehr Einheitlichkeit wünschenswert gewesen), sondern ich möchte vor allem darauf hinweisen, wie schwierig es für die Schüler ist, wenn sie außerhalb der Schule mit anderen Schreibweisen konfrontiert werden.
"Sprache wird nicht zuletzt durch Lesen erlernt, und wenn es bei Büchern sowie überregionalen Zeitungen und Zeitschriften verschiedene Schreibweisen innerhalb Deutschlands gibt, so wird für die Schüler überhaupt nichts leichter." (Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
Alle Lehrer und Schüler erleben durchaus ein großes Durcheinander.
"Inzwischen mehren sich die Anzeichen, daß die Rechtschreibreform das Jahr 2005 nicht erleben wird. Nachrichtenagenturen und Zeitungen arbeiten am weiteren Rückbau, so daß sich die Frage stellt, wie lange die deutschen Schulen noch auf ihrer orthographischen Insel ausharren können, ohne ihrem Bildungsauftrag in nicht mehr verantwortbarer Weise zuwiderzuhandeln." Rhein-Neckar-Zeitung, 22.4.2000 , Kommentar zum zweiten Bericht der Rechtschreibkommission von Theodor Ickler.
Inwieweit wird das Zitat von Herr Prof. Ickler 2005 eintreffen?
"Schulbildung hat immer dienende Funktion, indem sie nämlich die Schüler auf ein selbständiges und selbstverantwortliches Leben als Erwachsene in Staat, Gesellschaft und Beruf vorbereiten soll" (Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
Wie erreichen wir das Ziel der dienenden Funktion im Bereich der Rechtschreibung, wenn ständig von Revisionen und Rückbau die Rede ist?
"Problematisch ist ferner die Ansicht des BVerfG, die Rechtschreibreform könne allein durch die Länder beschlossen werden70. Denn angesichts der „faktischen Breitenwirkung“71 und der weit über die Schule hinausgehenden Zielrichtungen der Reform ist die Zuständigkeit der Länder für das Schulwesen von vornherein kein ausreichender Kompetenztitel ."(Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
Aus diesem Grunde (siehe oben) richte ich meine Anfrage nicht ausschließlich an das bayerische Staatsministerium an Unterricht und Kultus.
In der Anlage 1 füge ich eine Zusammenstellung der deutschen Wörterbücher von dem Kollegen OStR i.R., Dipl.-Kfm. Manfred Riebe, Vorstandsmitglied des VRS
(Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.)
Welchen Wörterbüchern ist in Hinblick auf die weitere Entwicklung der Reform der
Vorzug zu geben?
Die Anlage 2 umfasst einige Statements der online- Diskussion auf http://www.rechtschreibreform.com, die mich zu dieser Anfrage veranlasst haben.
Von dem Ergebnis meiner Anfrage möchte ich den BLLV (Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen Verband sowie den BSV ( Bayerischer Schulleiter Verband) und die online- Diskussionsrunden (www.rechtschreibreform.de, http://www.spiegel.de, http://www.leanet.de ) in Kenntnis setzen, zumal ich davon ausgehe, dass Ihre Antwort aufschlussreiche Hinweise enthalten wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Renate Menges
Anlage 2:
Prof. Theodor Ickler, 08.08.02 : Ja, Sie sollten beim Ministerium anfragen, liebe Frau Menges, denn als Lehrerin haben Sie einen Anspruch auf Belehrung durch den Dienstherrn. Lassen Sie uns bitte am Ergebnis teilhaben.
Prof. Theodor Ickler, 06.08.02: Interessante Frage
Frau Menges wirft eine interessante Frage auf: Wie offiziell ist die permanente Revision eigentlich? Das berührt den ungeklärten Status der Rechtschreibkommission. Bisher war es weder mir noch anderen möglich, hierüber etwas Genaueres zu erfahren. Handelt sie autonom, wie es von der KMK angedeutet wurde, als ich mich zum Beispiel darüber beschwerte, daß die Kommission nur ihre Geschäftspartner zu den Beratungsgesprächen einlädt? (Briefe von Generalsekretär Thies u. a. liegen vor.)
Fest steht, daß die Wörterbuchredaktionen von Bertelsmann und Duden (sowie Frau Wahrig-Burfeind) revidierte Wörterbücher herausgebracht haben, daß sie diese Änderungen nicht auf eigene Faust vorgenommen haben, sondern in enger Zusammenarbeit mit der Kommision (von beiden Seiten mehrfach bestätigt), ferner, daß die Kommission, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die revidierten Wörterbücher als "zuverlässig" bezeichnet hat. In diesem Sinn ist die permanente Revision belegbar und auch hier schon mehrfach belegt, so daß man an der Tatsache nicht vorbeigehen kann.
Dr. Wolfgang Scheuermann, 07.08.02: ALLE großen Wörterbücher sind zu nutzen?
Professor Icklers Frage führte mich zu einer weiteren, die ich an Frau Dr. Menges (aber natürlich nicht nur an sie) weitergeben möchte.
Der rheinland-pfälzische Kultusminister Prof. Dr. E. J. Zöllner hatte am 1.12.1997 an die dortigen Lehrer ein Rundschreiben versandt: "Sie können also getrost alle großen, derzeit auf dem Markt befindlichen Wörterbücher für Ihre Korrektur zugrunde legen. Sollten sich Abweichungen ergeben, so ist in jedem Falle zugunsten der Schülerin oder des Schülers zu entscheiden."
Auf diesen Satz durften (dürfen?) sich natürlich auch die Schüler berufen, und damit wird automatisch aus dem "können" ein "müssen": Lehrer müssen ALLE "großen Wörterbücher" vorhalten, damit sie prüfen können, ob die von einem Schüler gewählte Schreibweise sich nicht zumindest in einem dieser "großen" Wörterbücher findet. (Was ist in diesem Zusammenhang ein "großes Wörterbuch"? Welches darf ausgeschlossen werden?) Käme es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, so könnte angesichts des länderübergreifenden Charakters der RSR ziemlich sicher einem Schüler eines anderen Bundeslandes nicht verwehrt werden, was einem rheinland-pfälzischen Schüler zusteht. Wenn ein Lehrer eines anderen Bundeslandes sichergehen und gewappnet sein möchte, so gilt Zöllners Rundschreiben daher auch für ihn.
Was Zöllner schrieb, galt in bezug auf die bis Ende 1997 auf dem Markt befindlichen großen Wörterbücher. Aber die neu hinzugekommenen sind doch sicher nicht auszuschließen. Muß ein Lehrer nun auch ALLE diese Wörterbücher heranziehen, bevor er entscheiden darf, ob eine fragliche Schreibweise richtig, "überholt" oder gar falsch ist?
Zusatzfrage: Halten die Lehrer sich streng an die Vorgabe, vor 2005 dürfe nicht als "falsch" gewertet werden, was bis 1996 richtig war? Kann man sich unbedingt darauf verlassen? Kann ich also unserem Jungen bedenkenlos raten, er dürfe so schreiben, wie er es (z.B.) in meinen Karl-May-Bänden liest?
Anlage 1:
Nicht enthalten sind jene Wörterbücher, in denen die
herkömmliche traditionelle Rechtschreibung verwendet wird
wie in Hermann Paul: Deutsches Wörterbuch,
Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes", 10.
Auflage, Tübingen: Niemeyer-Verlag, 2002.
1. (Aldi): Wörterbuch der Rechtschreibung. 50667 Köln:
Serges Medien GmbH, 1999 (Vertrieb über Aldi)
2. Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für
Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst. Teil 1,
Sondernummer 1: Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung.
München 31.7.1996 (enthält Wörterliste mit 12.000 Wörtern)
3. Arbeitsgruppe der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen:
Beschluß zur Umsetzung der Rechtschreibreform. Hamburg,
Januar 1999
4. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen: Deutsches Wörterbuch mit der geltenden
und der neuen Rechtschreibung.; die amtlichen Regeln mit
Erläuterungen für die Schreibpraxis; mit Übungsdiskette zur
Rechtschreibreform. Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1996
(Vertrieb über Geschäftsstellen von Zeitungen). Enthält die
amtlichen Regeln mit einem laufenden Kommentar (Mitarbeit:
Wolfgang Eichler) und weiteren Erläuterungen für die
Schreibpraxis. Alle Stichwörter erscheinen auch in der
geltenden alten Rechtschreibung.
5. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen (Karl-Dieter Bünting; Wolfgang Eichler):
Ratgeber zur neuen Rechtschreibung mit den amtlichen Regeln,
Erläuterungen, Übungen und Wortlisten, Bergisch Gladbach:
Honos Verlag, 1996.
6. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen: Deutsche Rechtschreibung. Handwörterbuch.
Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1997. Enthält die amtlichen
Regeln mit einem laufenden Kommentar (Vertrieb über
Geschäftsstellen von Zeitungen). Alle Stichwörter erscheinen
auch in der geltenden alten Rechtschreibung.
7. Arbeitsgruppe Orthographie der Universität Oldenburg:
Leitung Wolfgang Eichler: Die neue Rechtschreibung: ein
Ratgeber mit den amtlichen Regeln, Erläuterungen, Übungen
und Wortlisten. Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1996
8. Augst, Gerhard: Wortfamilienwörterbuch der deutschen
Gegenwartssprache. In Zusammenarbeit mit Karin Müller ...
Tübingen: Niemeyer, 1998 (Augst hat im wesentlichen die
60.000 Einträge des "Handwörterbuchs der deutschen
Gegenwartssprache" verarbeitet.)
9. Bertelsmann: Die deutsche Rechtschreibung. Verfaßt von
Ursula Hermann, völlig neu bearb. u. erw. von Prof. Dr. Lutz
Götze. Mit einem Geleitwort von Dr. Klaus Heller. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1996
10. Bertelsmann: Die neue deutsche Rechtschreibung. Verfaßt
von Ursula Hermann, grundlegend erw. und aktualisierte
Ausgabe, völlig neu bearb. u. erw. von Prof. Dr. Lutz Götze.
Mit einem Geleitwort von Dr. Klaus Heller. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1999
11. Bertelsmann: check it. Deutsche Rechtschreibung.
Redaktion: Heiko Hartmann, Gütersloh/München: Bertelsmann
Lexikon, 1999 (enthält 20.000 Stichwörter)
12. Bertelsmann: Die deutsche Rechtschreibung
(Wörterbuch-CD-ROM mit neuer und alter Orthographie und mit
Rechtschreibkonverter, benötigt Windows 95/98).
Standard-Version 50,- DM, München: Bertelsmann Electronic
Publishing. (Die Professional-Version enthält zusätzliche
Informationen, insbesondere zu Sprachvarianten und
Fremdwörtern, und kostet 98,- DM.)
13. Bünting, Karl-Dieter / Karatas, Ramona (Hrsg.):
Deutsches Wörterbuch. Mit der neuen Rechtschreibung. Chur:
Isis Verlag, 1996 (Vertrieb über die Ladenkette Aldi, in
anderer Aufmachung auch über Postämter)
14. CD-ROM: Deutsches Wörterbuch für Schule und Beruf,
Sono-press, Honos multi media, Disc Nr. 28103, 1996
(Vertrieb über Rhein-Zeitung, Koblenz)
15. Das neue deutsche Wörterbuch für Schule und Beruf. Mit
allen Regeln der neuen Rechtschreibreform. Vorwort von Prof.
Dr. Hermann Zabel, Institut für deutsche Sprache und
Literatur, Universität Dortmund, Heyne-Taschenbuch, 1996
16. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Vorschlag
zur Neuregelung der Orthographie, Darmstadt, Februar 1999
17. Deutsche Rechtschreibung: Regeln und Wörterverzeichnis.
Text der amtlichen Regelung. Tübingen: Narr, 1996
18. Duden, Band 1: Rechtschreibung der deutschen Sprache.
21. völlig neu bearb. u. erw. Auflage von Günther Drosdowski
u.a., Mannheim: Duden-Verlag, 1996
19. Duden: Die deutsche Rechtschreibung, 21. völlig neu
bearb. u. erw. Auflage von Günther Drosdowski u.a.,
Weltbild- Sonderausgabe für 29,80 DM, Augsburg:
Weltbild-Verlag, 1999
20. Duden: Praxiswörterbuch zur neuen deutschen
Rechtschreibung. (Redaktion: Werner Scholze-Stubenrecht
...). Mannheim: Duden-Verlag, 1998
21. Duden: Das Grundschulwörterbuch. Von Ulrike
Holzwarth-Raether, Angelika Neidthardt und Barbara Zuschlag.
Mannheim: Dudenverlag, 1998
22. Duden: Deutsches Universalwörterbuch, 1998.
23. Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
(GWDS). 10 Bände, 3., neu bearbeite und erweiterte Auflage.
Hrsg. vom Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion.
Mannheim: Dudenverlag 2000, 990,- DM
24. (Eduscho): Neues deutsches Wörterbuch. Mit einem
Geleitwort von Hermann Zabel, Köln 1996.
25. Eichler, Wolfgang: Die neue Rechtschreibung. Ein
Ratgeber mit den amtlichen Regeln, Erläuterungen, Übungen
und Wortlisten. Bergisch Gladbach 1996 (Vertrieb u.a. über
Postämter)
26. Essner, Friedrich / Jungke, Manfred: Richtig schreiben,
das Wörterbuch, Hannover: Schroedel, 1997 (enthält 40.000
Stichwörter)
27. Eversberg, Gerd / Pätzold, Hartmut: Die neue
Rechtschreibung. Handreichungen für Schüler, Eltern und
Lehrer mit Regelteil und Wörterliste. 96142 Hollfeld: C.
Bange Verlag, 1997
28. Fröhler, Horst: Das ändert sich: alle Wörter mit neuer
Rechtschreibung. Alphabetisch aufgeführt und nach Gruppen
geordnet. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag,
Lichtenau: AOL-Verlag, 1996
29. Hausorthographien und Wörterlisten der Verlage, z.B. der
Schulbuchverlage, der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage
(z.B. Der Spiegel, Die Woche, Die Zeit, Neue Zürcher
Zeitung), des Katholischen Bibelwerks, der Deutschen
Bibelgesellschaft, usw.
30. Ickler, Theodor: Kritischer Kommentar zur "Neuregelung
der deutschen Rechtschreibung", 2. Auflage, Erlanger Studien
Band 116, Erlangen: Verlag Palm & Enke, 1999
31. Kurz, Michael: So packen Sie die neue Rechtschreibung!
Die Regeln, die Wörter, die Tricks für eine schnelle
Umsetzung. 3. Durchges. Und aktualisierte Auflage,
Düsseldorf: ECON-Taschenbuch Verlag GmbH, 1996
32. Neues deutsches Wörterbuch. (Red. Leitung: Isolde
Steiner). (Bergisch Gladbach): Lingen, 1995
33. Neues deutsches Wörterbuch: (rund 25.000 hochaktuelle
Grundbegriffe und Stichwörter; aktueller Stand der
Rechtschreibung; für Schule & Berufsalltag.
(Mönchengladbach): Tandem, (1996)
34. Österreichisches Wörterbuch: mit den neuen amtlichen
Regeln hrsg. im Auftrag des Bundesministeriums für
Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten. Bearb.: Otto Bach
... Red.: Herbert Fussy. 38. Auflage, Wien: ÖBV,
Pädagogischer Verlag; Wien: Verlag Jugend und Volk, 1997
35. Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Mit einem
"Lexikon der Deutschen Sprachlehre" (von Walter Ludewig.
Erw. von Gerhard Wahrig. Neu bearb. von Petra Kürten). 6.
Auflage, neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind, Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1997
36. Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Über 250.000
prägnant erklärte Stichwörter; mit einem Lexikon der
Deutschen Sprachlehre; mit Rechtschreibprüfung plus
Silbentrennung für Word. München: Bertelsmann Electronic
Publishing, 1997
37. Wahrig, Gerhard: Wörterbuch der deutschen Sprache. Neu
hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind (Mitarbeit: Veronika
Bürki-von Planta ...). 2. Auflage, München: Dt.
Taschenbuch-Verlag, 1998
38. Wahrig, Gerhard: dtv-Wörterbuch der deutschen Sprache.
Neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind, München: Dt.
Taschenbuch-Verlag, 1997. - 1 CD-ROM für Windows und
Macintosh
39. Wiener Absichtserklärung: Die neue deutsche
Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis, Amtliche
Regelung gültig ab 1. August 1998, Bundesanzeiger-Verlag,
Köln ohne Jahr
40. Zabel, Hermann: Die neue deutsche Rechtschreibung. 2.
neu bearbeitete Auflage, 65527 Niedernhausen: Falken Verlag,
1996
41. Zabel, Hermann: Die neue deutsche Rechtschreibung.
Überblick und Kommentar (Darstellung, Kommentierung und
Anwendung des neuen amtlichen Regelwerks). Hrsg.:
Gesellschaft für Deutsche Sprache. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1997
42. Zwischenstaatliche Kommission für deutsche
Rechtschreibung: Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission
für deutsche Rechtschreibung (Entwurf - nicht für die
Veröffentlichung bestimmt): "Vorschläge zur Präzisierung und
Weiterentwicklung aufgrund der kritischen Stellungnahmen zur
Neuregelung der deutschen Rechtschreibung". Mannheim,
Dezember 1997
Diese Liste ließe sich sicherlich fortsetzen. Vor allen
Dingen müßte man auch die verschiedenen voneinander
abweichenden Auflagen und die Schülerwörterbücher erfassen.
Einschlägig wäre Ulrike Haß-Zumkehr: Deutsche Wörterbücher.
Berlin 2001.
– geändert durch RenateMariaMenges am 21.08.2002, 19.12 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.08.2002 um 06.42
meine Herren,
ich habe doch den Brief schon vorgestellt, er steht einige Beiträge weiter hinten.
Es ist ein dreiseitiger Brief mit 3 Seiten Anlage und dazu ein Anschreiben, so wie sich sowas gehört.
Also 7 Seiten, ich werde ihn wohl nochmals hier einstellen müssen, denn er wurde scheinbar zu wenig gelesen.
Herr Lindenthal, das war der falsche Mann im Tell. Diesen meinte ich nicht! Da gibt es noch ein anderes Ende im Tell.
Ach so: Herr Dräger, das sind die Einmischungen, die Melsa nicht versteht. Wer sich in die Pädagogik einmischt und kein Lehrer ist, wird auch wenig Gehör finden.
eingetragen von Matthias Dräger am 18.08.2002 um 06.31
...wenn man immer schön brav ist, darf man auch artig an die Regierung schreiben und etwas sagen und - vielleicht - auf Antwort von "da oben" hoffen...
Mann o Mann, manche „Mädchen“ sind so brav, daß für sie ein extra Himmel eingerichtet werden sollte. Ich stelle mir vor: Ein Ort, nur mit hellrosa kleinblättrigen Blüten, dazu himmlischer Nektar und leise Engelschöre - sonst nichts. Wenn ich Petrus wäre, ein paar Jährchen würde ich solchen Leuten schon aufbrummen.
Übrigens: Manche Lehrer versuchen nicht nur, Wissen zu vermitteln, sondern bemühen sich auch, den Charakter ihrer Zöglinge etwas zu bilden und ihnen etwas Rückgrat mit auf den ihren Lebensweg zu geben. Wer immer schön brav ist, wird - mit viel Glück - bestenfalls ein guter Erbsenzähler werden.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.08.2002 um 19.05
Der Schluß nach dem geglückten Schuß ist doch der, daß Geßler (der Tell zwang, über seinem Sohn den Apfel zu schießen) durch Tell sein Leben verlor. Und auf der Rütliwiese wurde die moderne Schweiz gegründet. Geßler war bis dahin der Regierung vergleichbar, der Sie, verehrte Frau Dr. Menges, heute folgsam sind. Und der Volksentscheid ist auch mit etwas vergleichbar. Tell wurde Sage, der Volksentscheid und die Rechtschreibreform noch nicht. Wie also geht es weiter?
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.08.2002 um 18.40
Oder sollen Ihre ausführlichen Fragen auch noch in den Brief an Herrn Rau, Frau Dr. Schavan, Frau Hohlmeier?
(Hier im Forum kann jeder Nutzer seine Beiträge eine Zeitlang ändern.)
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.08.2002 um 18.31
Anfrage wegen Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht bis zum Ende der Übergangszeit 2005 und darüber hinaus
Die Lehrer stehen täglich vor der Frage, wie sie mit den revidierten Wörterbüchern umgehen sollen. Durch die andauernden Revisionen der Rechtschreibreform von 1998 ist eine starke Verunsicherung eingetreten. Ist der Duden, den viele Gemeinden und Städte den Klassen 1998 zur Verfügung gestellt haben, überholt, obwohl er nach wie vor die Grundlage für die Schulbücher ist? Welche Wörterbücher sollen im täglichen Unterricht verwendet werden? Ist es nötig, bei Streitfällen mehrere Wörterbücher zu Rate zu ziehen? Können Problemfälle der Rechtschreibung zur Zeit überhaupt gelöst werden? Welches Bildungsziel müssen Lehrer hier erreichen? Geht die Tendenz dahin, eine überarbeitete neue Rechschreibung einzuführen oder ist mit der Rückkehr zur alten Rechtschreibung zu rechnen?
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.08.2002 um 18.24
Oder wie lautet denn die Frage?
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.08.2002 um 18.02
Meine Position ist doch hier klar:
Habe ich je etwas anderes behauptet? Ich vergleiche dieses mit Wilhelm Tell. Wer positiv zur Regierung ( zum Kaiser) steht darf auch anfragen und etwas sagen. Kennen Sie Wilhelm Tell? So auf Anhieb? Wer war derjenige? Soll aber keine schulmeisterliche Frage sein ... Gefeiert wird hier nichts- Sie können die Antwort dann hier lesen, falls mich eine erreicht. Denken Sie nur daran: Wilhelm Tell und der Schluss!
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.08.2002 um 17.19
Früher schon hatte ich beobachtet, daß Frau Dr. Menges behauptet, ihr würden ihre Fragen nicht beantwortet. Mal abwarten, wie die Antwort auf diese Nichtfrage gefeiert werden wird.
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.08.2002 um 16.46
Sehr geehrter Herr Rau!
analog Frau Dr. Schavan, Frau Hohlmeier
Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Deutschland ist unsere Anfrage nur zweitrangig, aber die Lehrerschaft in der Schule hat ein Recht auf Beantwortung von Fragen, die von allgemeinem Interesse sind.
Auf diesem Weg möchte ich mich bei Ihnen für die Beantwortung meiner letzten Anfrage zur Hochbegabung bedanken. Alle Antworten wurden vielfach
gelesen und diskutiert. Die Individualität - gerade des hochbegabten Schülers - fordert besondere Wege und nach wie vor müssen vor Ort Einzellösungen gesucht werden.
Ich bedanke mich bei Herrn Rau für die verschiedenen Einladungen zum Forum Bildung.
Ich hoffe auch, dass Sie auf diese Anfrage so reagieren werden, dass wir möglichst viele Informationen erhalten werden. Hinter dieser Anfrage steckt natürlich auch die
Frage, wie es nach 2005 weitergehen wird.
Ich möchte mich im Voraus für Ihre Bemühungen bedanken und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ihre
– geändert durch RenateMariaMenges am 19.08.2002, 09.39 –
eingetragen von Norbert Schäbler am 15.08.2002 um 09.04
Kaum werd` ich sachlich, läßt man mich, wie so oft im Regen stehen.
Mir gelingt’s ganz einfach nicht, eine Diskussion anzuzündeln. Scheinbar haben meine Impulse zu viel Kasperhaftes.
Zu „zu Lasten“ wünschte ich eine Alternative im Wörterbuch, so was Ähnliches wie „auf Grund/aufgrund“ in Folge/infolge in Kraft/inkraft/? …).
„Zulasten“ wäre da natürlich ein Griff in die Schüssel, weil diese Schreibalternative schon besetzt ist und schärfste Konterstellung mit gleichnamigem Verb zu befürchten hätte. Das ist bei den obigen (eingeklammerten) Typen nicht der Fall, weil sie allesamt aus Präposition und Substantiv zusammengeschmolzen sind.
Scheußlich, wenn man drüber nachdenkt, daß nun jedes Begriffchen seine Alternative braucht!?
Aber Spaß macht`s auch. Da kann man mit „nichts Sagendem“ („Nichtssagendem“) einem Andern (andern) ein Ohr weglutschen - ihn zulasten, zulallen und zusabbern.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 14.08.2002 um 13.21
Das geht aber zu Lasten von weiteren Gags.
(Fällt mir doch grad ein, daß der Begriff "zu Lasten" eine Alternative im Wörterbuch bräuchte, womit ich mich wieder einklinken will ins Thema.)
__________________
nos
eingetragen von Elke Philburn am 14.08.2002 um 12.39
Das ist ganz einfach, Herr Schäbler:
Wenn sie den Knopf "ändern" drücken, bekommen Sie oben links eine Option "löschen", die Sie anklicken. Wenn sie danach unten auf "absenden" drücken, wird Ihr Beitrag gelöscht.
eingetragen von Norbert Schäbler am 14.08.2002 um 12.22
Weil das mir jetzt zum x-ten Mal passiert ist, daß mein Eintrag doppelt erscheint, hänge ich einen Gag an.
Eine andere Möglichkeit, das Double zu löschen, sehe ich nicht (da könnt mir mal Herr Schumacher weiterhelfen!)
Bei uns - auf dem Bau - heißt der heutige Tag "Maria-Fliech-in-die-Luft".
Der Gag ist nicht persönlich gemeint und nicht als Auftrag zu verstehen für jene, die hier unter gleichem Vornamen agieren.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 14.08.2002 um 12.01
Ich stelle fest, daß die Handlungsweise der holden Weiblichkeit etwas mehr durch Koketterie geprägt scheint, wobei der Beweis hierfür nicht allzu schwer anzutreten wäre.
Ich registriere seit ewig langer Zeit – lange bevor sich die Männerwelt spaltete - beringte Zeigefinger und Daumen, neben Fuß- auch Hals- und Hüftketten, Brillies an diversen Körperregionen, bis zu x Glubbscher in Ohrwatschel und -muschel, und dies in einer Massenanfertigung, daß ich nicht umhin kann, jene Fließband-Frauen als leicht konsumgesteuert einzuschätzen.
Nicht ganz klar bin ich mir darüber, ob Frauen die Mode machen oder von der Mode gelebt werden, und deshalb will ich hier auch aufhören mit dem kurzen Hinweis auf das Wort „Präferenzverfälschung“, das ja inzwischen zum Standardbegriff auf diesen Seiten geworden ist.
„Präferenzverfälschung“ in der heutigen Mariä-Himmelsfahrts-Version bedeutet, sich einfach dem Chor der anderen anzuschließen, ohne recht zu wissen, um was es geht.
Fröhlichen Feiertag noch!
__________________
nos
eingetragen von Elke Philburn am 14.08.2002 um 11.24
Das gilt vor allem fürs Binnen-i.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 14.08.2002 um 09.44
Eine interessante Wendung, die Diskussion um die Dimension des Feminismus zu bereichern! Wie wäre es mit einer feministischen Korrektur der Rechschreibreform? Es fällt doch auf, daß sich die Großbuchstaben in einem Text phallisch in den Vordergrund drängen, so wie die Männer in einer Diskussion. Konsequente Kleinschreibung wäre demnach angewandter Feminismus und ein Fortschritt für uns alle.
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.08.2002 um 08.45
Nach dieser Diskussion muss ich jetzt endlich das Buch von "Dietrich Schwanitz: Männer. Eine Spezies wird besichtigt. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, April 2001." lesen. " Früher galt der Mann als Modell des Menschen und die Frau als Rätsel. Seit aber weibliche Tugenden wie Kommunikationsfähigkeit und Einfühlungsvermögen zum gesellschaftlichen Standard gemacht geworden sind, ist es umgekehrt: Der Mann muss sich erklären" (auf dem Cover).
Und lyrisch versöhnlich ? von
Johannes Kühn
Männer
Den Teufel laden sie schon mal ein,
zu trinken aus dem gleichen Glas,
erzählen sie,
sie treten einen Pfad durch die Wiese
viel schneller als die Frauen der Welt,
sie sind die Herren der Welt,
die so selten seufzen.
Aus: Jahrbuch der Lyrik 2003. Buchwald/Seiler. Verlag Beck. München 2002.
Ich stelle fest: Männer verfallen vielmehr Präferenzverfälschungen!
Aus dem Buch von Timur Kuran: Leben in Lüge. Verlag Mohr ( Siebeck) Tübingen.
Ich studiere dieses Buch, nachdem Norbert Schäbler es mehrmals hier zitiert hat und komme zu Erkenntnissen (siehe oben!). (Menges) In Leitungsgremien unterliegen Männer schneller Präferenzverfälschungen (besonders, wenn diese von Frauen kommen) als Frauen. Sollte erst mal widerlegt werden!
Aber auch, passend zu der Anfrage:
Die Demokratie "gewährt dem einzelnen ein breites Spektrum von Ausdrucksmöglichkeiten". (S. 119). Es wird im Buch eindeutig zwischen privater und öffentlicher Meinung unterscheiden. Trotzdem ist größte Vorsicht geboten: "Jedenfalls sind demokratische Schutzvorkehrungen gegen staatliche Tyrannei niemals in Stein gehauen" (S.120).
Ok. Herr Scheuermann. Wir sprechen nicht mehr von Ihrer und meiner Reaktion. Damit sei Ihnen ein wunderschöner Feiertag gewährt :-). Man kennt mich, ich reagiere klar und nehme Stellung! Überzogen? Nein, eindeutig und sehr versöhnlich und ich denke mit vielerlei Hintergrundinformationen.
– geändert durch RenateMariaMenges am 15.08.2002, 21.11 –
eingetragen von Martin Reimers am 13.08.2002 um 20.10
Nebenbei: im Neuschrieb müßte es ja dann heißen:
"Menschliches und allzu Menschliches".
Woran man wieder sehen kann, wessen Sprache die Reformer vor allem ramponieren wollen.
Ich fürchte, Nietzsches Texte sind schon gemeinfrei . . .
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 13.08.2002 um 17.08
... das hat Nietzsche immerhin schon bekannt:
»Wenn man von Goethes Schriften absieht und namentlich von Goethes Unterhaltungen mit Eckermann, dem besten deutschen Buche, das es gibt: was bleibt eigentlich von der deutschen Prosaliteratur übrig, das es verdiente, wieder und wieder gelesen zu werden?«
(Menschliches, Allzumenschliches II, Der Wanderer und sein Schatten, 1878)
"Wieder und wieder", das werde ich nicht schaffen - da steht denn auch zuviel, zu dem wir heute nur noch schwerlich den rechten Bezug herstellen können. (Aber meine Großmutter hat das Buch anscheinend noch mit großem Gewinn geradezu ausgewertet - wie die vielen Anmerkungen und Exzerpte zeigen.)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Walter Lachenmann am 13.08.2002 um 15.41
Herr Scheuermann fragt: Hat nicht, Herr Lachenmann, der von Ihnen gern zitierte Nietzsche den "Eckermann" mal als das wichtigste Buch von allen bezeichnet?
Ich bitte, meine Nietzsche-Bewandertheit nicht zu überschätzen. Es handelt sich vorläufig um Nebenergebnisse meiner in Fachkreisen unverständlicherweise wenig respektierten, fast möchte man sagen: verachteten, Forschungsarbeit hinsichtlich GZS-Wandel von anno dunnemals bis heute. Es sollte mich aber wundern, wenn Nietzsche so etwas geäußert hätte. Ich kenne Zitate, die eher darauf schließen lassen, daß er von Eckermännern keine allzu hohe Meinung hatte.
Zu unserem Generalthema paßt folgender Spruch:
Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes, -- aber bei Gruppen, Parteien, Völkern, Zeiten die Regel.
Und zu Norbert Schäblers Gedanken paßt dieser:
Der Einwand, der Seitensprung, das fröhliche Misstrauen, die Spottlust sind Anzeichen der Gesundheit: alles Unbedingte gehört in die Pathologie.
Was sagen Sie als Heilkundiger zu dieser medizinisch vermutlich dürftig untermauerten These? Hat Nietzsche als Nichtmediziner sich hier dessen bedient, was er für seinen gesunden Menschenverstand hielt, und durfte er das?
Nun muß man Nietzsche auch wiederum nicht zu seinem Messias machen, das widerspräche ja dessen ureigenstem Evangelium.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 13.08.2002 um 15.19
mein Essay auf dem GZS-Leidfaden – als Gedicht möchte ich`s ja gar nicht bezeichnen, verwende lieber jene Ersatzsprache, damit ich ja nichts Wesentliches sagen und danach auch noch Farbe bekennen muß – ist durchaus situativ und explosiv.
Ich war in der bekannten Situation kurz davor zu explodieren, und das wäre ich auch, wenn ich dem Eindruck nicht den Ausdruck hätte folgen lassen.
__________________
nos
eingetragen von Norbert Schäbler am 13.08.2002 um 15.08
mein Essay auf dem GZS-Leidfaden – als Gedicht möchte ich`s ja gar nicht bezeichnen, verwende lieber jene Ersatzsprache, damit ich ja nichts Wesentliches sagen und danach auch noch Farbe bekennen muß – ist durchaus situativ und explosiv.
Ich war in der bekannten Situation kurz davor zu explodieren, und das wäre ich auch, wenn ich dem Eindruck nicht den Ausdruck hätte folgen lassen.
__________________
nos
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 13.08.2002 um 12.35
... das wäre der 1000-Euro-Preis gewesen, den Sie gewonnen hätten! Herzlichen Glückwunsch!
(Aber Se hän ja gemooglet, da gibsch nur e virtuelle Preis!)
Hat nicht, Herr Lachenmann, der von Ihnen gern zitierte Nietzsche den "Eckermann" mal als das wichtigste Buch von allen bezeichnet?
Herr Schäbler tat übrigens recht daran, sich dem GZS-Strang anzuschließen, weil die von ihm davor angesprochene "Stimmodulation" am besten dorthin paßt.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Christoph Kukulies am 13.08.2002 um 11.20
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
Noch'n Gedicht, nein Zitat:
"Daß aber die wahre Kraft und Wirkung eines Gedichts in der Situation, in den Motiven besteht, daran denkt niemand. Und aus diesem Grunde werden denn auch Tausende von Gedichten gemacht, wo das Motiv durchaus null ist, und die bloß durch Empfindungen und klingende Verse eine Art von Existenz vorspiegeln. Überhaupt haben die Dilettanten und besonders die Frauen von der Poesie sehr schwache Begriffe. Sie glauben gewöhnlich, wenn sie nur das Technische loshätten, so hätten sie das Wesen und wären gemachte Leute; allein sie sind sehr in der Irre."
Das ist natürlich schon was für Fortgeschrittene. Wer war's?
Eckermann: Gespräche mit Goethe, I. Teil, 18.1.1825.
Zugegeben, ,,gemooglet".
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 13.08.2002 um 09.24
Nachdem wir von der praktisch-wissenschaftlichen Pädagogik direkt in die Hochideologie von verquasten Hexentexten entführt wurden, verleitet uns Herr Schäbler auf unserer Sommertour zu einem Abstecher in die Poesie, vielsagenderweise unter der hochpoetischen Überschrift "GZS".
Eilen wir doch mit und verweilen einen Moment! (Huch! Bin ich doch bei den "Reizen ..." gelandet, "GZS" und Poesie, das hat bei mir offenbar nicht funktioniert.)
Zum versprochenen (s.o.) Grauen: Ich lese Gedichte nicht wie andere (Guck mal, wassen hübsches Gedicht!), stelle ich immer wieder fest. Wenn es sich nicht um ein paar Reimerchen aus dem Eimerchen für die Betriebsfeier handelt, sondern "Gedicht" drübersteht (oder assoziiert werden kann oder soll), verwandle ich mich sofort in einen Sprachforscher, der mit höchster Aufmerksamkeit und Akribie zu erfassen versucht, was der Künstler hat sagen wollen. Denn Gedicht, das heißt für mich Künstler, und zwar Sprachkünstler mit hohem, nein, höchstem Anspruch. Natürlich kommt einem solchen Künstler jede künstlerische Freiheit zu, er kann von der Grammatik abweichen, von der Orthographie sowieso - und neue Wörter darf er auch erfinden, ganz wie er es braucht: "Anke van Tharaw öß, de my geföllt ..." Wie unpoetisch wäre es gewesen, Simon Dach hätte sich hier streng an die Grammatik gehalten!
Aber, so eine Abweichung von den allgemeinen Sprachregeln muß ihren Sinn haben, und wenn ich den nicht finden kann, werde ich über dem Grübeln unglücklich und der unschuldige, poetische Hauch, der von einem Gedichtchen ausgehen kann, auch wenn es sprachlich mangelhaft ist, geht mir darüber verloren. Ist das nicht wahrlich schauderhaft? Nun machen große Dichter von dem Stilmittel der Abweichung von sprachlichen Normen nur höchst selten Gebrauch, wahrscheinlich, weil sie die Sprache so vollendet-spielerisch beherrschen, weil sie immer eine Form finden, Ihrer Poesie Ausdruck zu verleihen, ohne die Sprache zu "verletzen". Aber wer schreibt nicht alles Gedichte! (Meine liebe Schwester tut es - oweh! Und "es gefällt"! Oweh, oweh! [Nie werde ich hier den Namen meiner Schwester preisgeben! Hatte ich überhaupt eine? Ich weiß es schon nicht mehr.])
Noch'n Gedicht, nein Zitat:
"Daß aber die wahre Kraft und Wirkung eines Gedichts in der Situation, in den Motiven besteht, daran denkt niemand. Und aus diesem Grunde werden denn auch Tausende von Gedichten gemacht, wo das Motiv durchaus null ist, und die bloß durch Empfindungen und klingende Verse eine Art von Existenz vorspiegeln. Überhaupt haben die Dilettanten und besonders die Frauen von der Poesie sehr schwache Begriffe. Sie glauben gewöhnlich, wenn sie nur das Technische loshätten, so hätten sie das Wesen und wären gemachte Leute; allein sie sind sehr in der Irre."
Das ist natürlich schon was für Fortgeschrittene. Wer war's?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.08.2002 um 08.58
nett, wie Sie für mich einen Brief schreiben. Einen Ghostwriter hätte ich immer gerne gehabt, wirklich. Süß...Könnten Sie nicht mal kommen und die Dinge für mich schreiben, die wenig kreativ und umgänglich sind???
Aber mein Brief ist und bleibt mein Brief, denn ich muss ja damit umgehen können. Außerdem stimmt ja vieles einfach nicht !!!!!!!, was Sie mir da zudenken, aber das muss ich hier ja nicht einschreiben.
Herr Scheuermann hier haben Sie keine kleine Schülerin vor sich, sondern eine "gstande" Frau ;-)), die Ihre Meinung äußerst. Ihre Anmerkungen hätten Sie sicher besser via Mail schreiben sollen, so wie Sie es auch zusätzlich gemacht haben.
Aber warten wir es mal ab, was die anderen zu sagen haben.
Wenn es keine weiteren "abgewandelten Briefeinheiten", keine Kritiken, keine Anmerkungen ( z.B.: E-Mail Anschrift von Frau Schavan ändern, was ich getan habe) werde ich ihn abschicken.
Dieser Brief steht niemanden im Wege nicht auch selbst aktiv zu werden. Eine Demokratie braucht selbständig denkende Menschen!
Herr Scheuermann, ich habe bereits eine größere Erfahrung mit Anfragen, aber vielleicht klappt ja diese nicht... wer weiß.
Ich schicke meine Briefe in der Regel
a.) online
und
b.) als Brief
Aber trotzdem danke für die konstruktiveren Gedanken, die im E-Mail stecken! Vielleicht könnten wir uns doch noch ein wenig anfreunden...
P.S.:
Die Abfassung haben natürlich schon einige Leute gelesen, ungelesen gehen solche Brief bei mir nicht hinaus.-
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 13.08.2002 um 07.32
Sehr geehrte Frau Menges,
zu Ihrem Entwurf gehen Ihnen ein paar Anmerkungen/Fragen von mir direkt per E-Mail zu.
Am Schluß derselben steht die Skizze eines Alternativentwurfs, den ich hierher kopiere:
Nur an das bayerische KuMi!
1. Ich bin stellv. Schulleiterin an der Y-Schule in Zettstadt.
Als solche habe ich täglich mit den Auswirkungen der Rechtschreibreform praktisch zu tun und befasse mich darüber hinaus einigermaßen intensiv mit der darüber andauernden Diskussion, u.a. in Online-Foren.
An unserer Schule steht in jedem Klassenzimmer ein Duden (21. Auflage) von 1996.
Die Schüler verwenden aber zu Hause oft auch das (etwas eher auf den Markt gekommene) Bertelsmann-Buch "Die neue deutsche Rechtschreibung", ebenfalls von 1996 (oder neuere Ausgaben der beiden Bücher oder auch ganz andere, je nachdem, was ihre Eltern eben gekauft haben. Das ergäbe eine sehr umfangreiche Liste[1], wenn man das einmal komplett erfassen wollte.)
Verschiedene Untersuchungen zeigen, daß die beiden ersten "reformierten" Wörterbücher sich nicht unerheblich voneinander unterscheiden[2]. Solche Unterschiede gibt es aber auch zu den nachfolgenden Auflagen und verschiedenen anderen Ausgaben. Wohl aus diesem Grunde schrieb der rheinland-pfälzische Kultusminister Prof. Dr. E. J. Zöllner hatte am 1.12.1997 an die dortigen Lehrer:
"Sie können also getrost alle großen, derzeit auf dem Markt befindlichen Wörterbücher für Ihre Korrektur zugrunde legen. Sollten sich Abweichungen ergeben, so ist in jedem Falle zugunsten der Schülerin oder des Schülers zu entscheiden."
Auf diesen Satz durften sich natürlich auch die Schüler berufen, und damit wurde m.E. automatisch aus dem "können" ein "müssen": Lehrer müßten demnach ALLE "großen Wörterbücher" vorhalten, damit sie prüfen können, ob die von einem Schüler gewählte Schreibweise sich nicht zumindest in einem dieser "großen" Wörterbücher findet. (Was ist in diesem Zusammenhang ein "großes Wörterbuch"? Welches darf ausgeschlossen werden?)
Käme es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, so könnte angesichts des länderübergreifenden Charakters der RSR ziemlich sicher einem Schüler eines anderen Bundeslandes nicht verwehrt werden, was einem rheinland-pfälzischen Schüler zusteht. Wenn ein Lehrer eines anderen Bundeslandes sichergehen und gewappnet sein möchte, so gilt Professor Zöllners Rundschreiben daher doch wohl auch für ihn. (?)
Was Professor Zöllner schrieb, galt in bezug auf die bis Ende 1997 auf dem Markt befindlichen großen Wörterbücher. Aber die neu hinzugekommenen sind doch sicher nicht auszuschließen. Muß ich als Lehrerin nun auch ALLE diese Wörterbücher heranziehen, bevor ich entscheiden darf, ob eine fragliche Schreibweise richtig, "überholt" oder gar falsch ist?
Oder darf ich weiter gemäß dem bei uns im Klassenzimmer stehenden "Duden" entscheiden?
In der Hoffnung auf eine verbindliche und praktikable Antwort
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.08.2002 um 20.41
Bundespräsidialamt
Herrn Bundespräsidenten
Johannes Rau
Spreeweg 1
10557 Berlin
E-Mail: posteingang@bundespraesident.de
An die Kultusministerkonferenz
unter dem Vorsitz von Dr. Anette Schavan
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Baden Württemberg
Postfach 10 34 42
Schloßplatz 4
70029 Stuttgart
Email: poststelle@km.kv.bwl.de
Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Frau Staatsministerin Monika Hohlmeier
Salvatorplatz 2
80333 München
E-Mail: monika.hohlmeier@stmukwk.bayern.de
Rechtschreibreform von 1998
Anfrage wegen Nutzung von Wörterbüchern im Unterricht bis zum Ende der Übergangszeit 2005 und darüber hinaus (Zusammenfassende Gedanken aus Schulleitertagungen, Diskussionen in Lehrerkollegien und mit Professor Ickler (www.rechtschreibreform.com) in Online- Foren)
Die Lehrer stehen täglich vor der Frage, wie sie mit den revidierten Wörterbüchern umgehen sollen. Durch die andauernden Revisionen der Rechtschreibreform von 1998 ist eine starke Verunsicherung eingetreten. Ist der Duden, den viele Gemeinden und Städte den Klassen 1998 zur Verfügung gestellt haben, überholt,
obwohl er nach wie vor die Grundlage für die Schulbücher ist? Welche Wörterbücher sollen im täglichen Unterricht verwendet werden? Ist es nötig, bei Streitfällen mehrere Wörterbücher zu Rate zu ziehen? Können Problemfälle der Rechtschreibung zur Zeit überhaupt gelöst werden? Welches Bildungsziel müssen Lehrer hier erreichen? Geht die Tendenz dahin, eine überarbeitete neue Rechtschreibung einzuführen oder ist mit der Rückkehr zur alten Rechtschreibung zu rechnen?
Ich vertrete die Ansicht, dass die neue Rechtschreibung nicht mehr zurückgenommen werden sollte, aber leider sind den Lehrkräften bisher keine verbindlichen Informationen zugegangen, wie sie mit der inzwischen weiterentwickelten Rechtschreibreform umzugehen haben, abgesehen von der Anweisung bis 2005 unterschiedliche Schreibweisen zu tolerieren. Sollten die Schüler schrittweise zu einer revidierten neuen Rechtschreibung schon jetzt hingeführt werden?
"Mit der Rechtschreibreform ist das Ziel verbunden, das Rechtschreibsystem der deutschen Sprache benutzerfreundlicher, logischer und leichter erlernbar zu machen." Marx, H. (1999). Rechtschreibleistung vor und nach der Rechtschreibreform: Was ändert sich bei Grundschulkindern? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und pädagogische Psychologie, 31(4), S. 180-189, Verlag Hogrefe, Göttingen.
Mir geht es in meiner Anfrage nicht darum, wieweit die deutsche Sprache durch die Rechtschreibreform schülerorientierter geworden ist (teilweise wäre eine weitergehende Vereinfachung, besonders mehr Einheitlichkeit wünschenswert gewesen), sondern ich möchte vor allem darauf hinweisen, wie schwierig es für die Schüler ist, wenn sie außerhalb der Schule mit anderen Schreibweisen konfrontiert werden.
"Sprache wird nicht zuletzt durch Lesen erlernt, und wenn es bei Büchern sowie überregionalen Zeitungen und Zeitschriften verschiedene Schreibweisen innerhalb Deutschlands gibt, so wird für die Schüler überhaupt nichts leichter." (Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
"Inzwischen mehren sich die Anzeichen, daß die Rechtschreibreform das Jahr 2005 nicht erleben wird. Nachrichtenagenturen und Zeitungen arbeiten am weiteren Rückbau, so daß sich die Frage stellt, wie lange die deutschen Schulen noch auf ihrer orthographischen Insel ausharren können, ohne ihrem Bildungsauftrag in nicht mehr verantwortbarer Weise zuwiderzuhandeln." Rhein-Neckar-Zeitung, 22.4.2000 , Kommentar zum zweiten Bericht der Rechtschreibkommission von Theodor Ickler.
"Schulbildung hat immer dienende Funktion, indem sie nämlich die Schüler auf ein selbständiges und selbstverantwortliches Leben als Erwachsene in Staat, Gesellschaft und Beruf vorbereiten soll" (Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
Wie erreichen wir dieses Ziel am besten?
"Problematisch ist ferner die Ansicht des BVerfG, die Rechtschreibreform könne allein durch die Länder beschlossen werden70. Denn angesichts der „faktischen Breitenwirkung“71 und der weit über die Schule hinausgehenden Zielrichtungen der Reform ist die Zuständigkeit der Länder für das Schulwesen von vornherein kein ausreichender Kompetenztitel ."(Bayerische Verwaltungsblätter, Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung ,1. Mai 1999 Heft 9 Seiten 257 bis 266).
Aus diesem Grunde (siehe oben) richte ich meine Anfrage nicht ausschließlich an das bayerische Staatsministerium an Unterricht und Kultus.
In der Anlage 1 füge ich eine Zusammenstellung der deutschen Wörterbücher von dem Kollegen OStR i.R., Dipl.-Kfm. Manfred Riebe, Vorstandsmitglied des VRS
(Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e.V.)
Welchen Wörterbüchern ist in Hinblick auf die weitere Entwicklung der Reform der
Vorzug zu geben?
Die Anlage 2 umfasst einige Statements der online- Diskussion auf http://www.rechtschreibreform.com, die mich zu dieser Anfrage veranlasst haben.
Von dem Ergebnis meiner Anfrage möchte ich den BLLV (Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnen Verband sowie den BSV ( Bayerischer Schulleiter Verband) und die online- Diskussionsrunden (www.rechtschreibreform.de, http://www.spiegel.de, http://www.leanet.de ) in Kenntnis setzen, zumal ich davon ausgehe, dass Ihre Antwort aufschlussreiche Hinweise enthalten wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Renate Menges
Anlage 1:
Nicht enthalten sind jene Wörterbücher, in denen die
herkömmliche traditionelle Rechtschreibung verwendet wird
wie in Hermann Paul: Deutsches Wörterbuch,
Bedeutungsgeschichte und Aufbau unseres Wortschatzes", 10.
Auflage, Tübingen: Niemeyer-Verlag, 2002.
1. (Aldi): Wörterbuch der Rechtschreibung. 50667 Köln:
Serges Medien GmbH, 1999 (Vertrieb über Aldi)
2. Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für
Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst. Teil 1,
Sondernummer 1: Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung.
München 31.7.1996 (enthält Wörterliste mit 12.000 Wörtern)
3. Arbeitsgruppe der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen:
Beschluß zur Umsetzung der Rechtschreibreform. Hamburg,
Januar 1999
4. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen: Deutsches Wörterbuch mit der geltenden
und der neuen Rechtschreibung.; die amtlichen Regeln mit
Erläuterungen für die Schreibpraxis; mit Übungsdiskette zur
Rechtschreibreform. Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1996
(Vertrieb über Geschäftsstellen von Zeitungen). Enthält die
amtlichen Regeln mit einem laufenden Kommentar (Mitarbeit:
Wolfgang Eichler) und weiteren Erläuterungen für die
Schreibpraxis. Alle Stichwörter erscheinen auch in der
geltenden alten Rechtschreibung.
5. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen (Karl-Dieter Bünting; Wolfgang Eichler):
Ratgeber zur neuen Rechtschreibung mit den amtlichen Regeln,
Erläuterungen, Übungen und Wortlisten, Bergisch Gladbach:
Honos Verlag, 1996.
6. Arbeitsgruppe für Sprachberatung und Lexikographie der
Universität Essen: Deutsche Rechtschreibung. Handwörterbuch.
Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1997. Enthält die amtlichen
Regeln mit einem laufenden Kommentar (Vertrieb über
Geschäftsstellen von Zeitungen). Alle Stichwörter erscheinen
auch in der geltenden alten Rechtschreibung.
7. Arbeitsgruppe Orthographie der Universität Oldenburg:
Leitung Wolfgang Eichler: Die neue Rechtschreibung: ein
Ratgeber mit den amtlichen Regeln, Erläuterungen, Übungen
und Wortlisten. Bergisch Gladbach: Honos Verlag, 1996
8. Augst, Gerhard: Wortfamilienwörterbuch der deutschen
Gegenwartssprache. In Zusammenarbeit mit Karin Müller ...
Tübingen: Niemeyer, 1998 (Augst hat im wesentlichen die
60.000 Einträge des "Handwörterbuchs der deutschen
Gegenwartssprache" verarbeitet.)
9. Bertelsmann: Die deutsche Rechtschreibung. Verfaßt von
Ursula Hermann, völlig neu bearb. u. erw. von Prof. Dr. Lutz
Götze. Mit einem Geleitwort von Dr. Klaus Heller. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1996
10. Bertelsmann: Die neue deutsche Rechtschreibung. Verfaßt
von Ursula Hermann, grundlegend erw. und aktualisierte
Ausgabe, völlig neu bearb. u. erw. von Prof. Dr. Lutz Götze.
Mit einem Geleitwort von Dr. Klaus Heller. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1999
11. Bertelsmann: check it. Deutsche Rechtschreibung.
Redaktion: Heiko Hartmann, Gütersloh/München: Bertelsmann
Lexikon, 1999 (enthält 20.000 Stichwörter)
12. Bertelsmann: Die deutsche Rechtschreibung
(Wörterbuch-CD-ROM mit neuer und alter Orthographie und mit
Rechtschreibkonverter, benötigt Windows 95/98).
Standard-Version 50,- DM, München: Bertelsmann Electronic
Publishing. (Die Professional-Version enthält zusätzliche
Informationen, insbesondere zu Sprachvarianten und
Fremdwörtern, und kostet 98,- DM.)
13. Bünting, Karl-Dieter / Karatas, Ramona (Hrsg.):
Deutsches Wörterbuch. Mit der neuen Rechtschreibung. Chur:
Isis Verlag, 1996 (Vertrieb über die Ladenkette Aldi, in
anderer Aufmachung auch über Postämter)
14. CD-ROM: Deutsches Wörterbuch für Schule und Beruf,
Sono-press, Honos multi media, Disc Nr. 28103, 1996
(Vertrieb über Rhein-Zeitung, Koblenz)
15. Das neue deutsche Wörterbuch für Schule und Beruf. Mit
allen Regeln der neuen Rechtschreibreform. Vorwort von Prof.
Dr. Hermann Zabel, Institut für deutsche Sprache und
Literatur, Universität Dortmund, Heyne-Taschenbuch, 1996
16. Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung: Vorschlag
zur Neuregelung der Orthographie, Darmstadt, Februar 1999
17. Deutsche Rechtschreibung: Regeln und Wörterverzeichnis.
Text der amtlichen Regelung. Tübingen: Narr, 1996
18. Duden, Band 1: Rechtschreibung der deutschen Sprache.
21. völlig neu bearb. u. erw. Auflage von Günther Drosdowski
u.a., Mannheim: Duden-Verlag, 1996
19. Duden: Die deutsche Rechtschreibung, 21. völlig neu
bearb. u. erw. Auflage von Günther Drosdowski u.a.,
Weltbild- Sonderausgabe für 29,80 DM, Augsburg:
Weltbild-Verlag, 1999
20. Duden: Praxiswörterbuch zur neuen deutschen
Rechtschreibung. (Redaktion: Werner Scholze-Stubenrecht
...). Mannheim: Duden-Verlag, 1998
21. Duden: Das Grundschulwörterbuch. Von Ulrike
Holzwarth-Raether, Angelika Neidthardt und Barbara Zuschlag.
Mannheim: Dudenverlag, 1998
22. Duden: Deutsches Universalwörterbuch, 1998.
23. Duden: Das große Wörterbuch der deutschen Sprache
(GWDS). 10 Bände, 3., neu bearbeite und erweiterte Auflage.
Hrsg. vom Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion.
Mannheim: Dudenverlag 2000, 990,- DM
24. (Eduscho): Neues deutsches Wörterbuch. Mit einem
Geleitwort von Hermann Zabel, Köln 1996.
25. Eichler, Wolfgang: Die neue Rechtschreibung. Ein
Ratgeber mit den amtlichen Regeln, Erläuterungen, Übungen
und Wortlisten. Bergisch Gladbach 1996 (Vertrieb u.a. über
Postämter)
26. Essner, Friedrich / Jungke, Manfred: Richtig schreiben,
das Wörterbuch, Hannover: Schroedel, 1997 (enthält 40.000
Stichwörter)
27. Eversberg, Gerd / Pätzold, Hartmut: Die neue
Rechtschreibung. Handreichungen für Schüler, Eltern und
Lehrer mit Regelteil und Wörterliste. 96142 Hollfeld: C.
Bange Verlag, 1997
28. Fröhler, Horst: Das ändert sich: alle Wörter mit neuer
Rechtschreibung. Alphabetisch aufgeführt und nach Gruppen
geordnet. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag,
Lichtenau: AOL-Verlag, 1996
29. Hausorthographien und Wörterlisten der Verlage, z.B. der
Schulbuchverlage, der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage
(z.B. Der Spiegel, Die Woche, Die Zeit, Neue Zürcher
Zeitung), des Katholischen Bibelwerks, der Deutschen
Bibelgesellschaft, usw.
30. Ickler, Theodor: Kritischer Kommentar zur "Neuregelung
der deutschen Rechtschreibung", 2. Auflage, Erlanger Studien
Band 116, Erlangen: Verlag Palm & Enke, 1999
31. Kurz, Michael: So packen Sie die neue Rechtschreibung!
Die Regeln, die Wörter, die Tricks für eine schnelle
Umsetzung. 3. Durchges. Und aktualisierte Auflage,
Düsseldorf: ECON-Taschenbuch Verlag GmbH, 1996
32. Neues deutsches Wörterbuch. (Red. Leitung: Isolde
Steiner). (Bergisch Gladbach): Lingen, 1995
33. Neues deutsches Wörterbuch: (rund 25.000 hochaktuelle
Grundbegriffe und Stichwörter; aktueller Stand der
Rechtschreibung; für Schule & Berufsalltag.
(Mönchengladbach): Tandem, (1996)
34. Österreichisches Wörterbuch: mit den neuen amtlichen
Regeln hrsg. im Auftrag des Bundesministeriums für
Unterricht und Kulturelle Angelegenheiten. Bearb.: Otto Bach
... Red.: Herbert Fussy. 38. Auflage, Wien: ÖBV,
Pädagogischer Verlag; Wien: Verlag Jugend und Volk, 1997
35. Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Mit einem
"Lexikon der Deutschen Sprachlehre" (von Walter Ludewig.
Erw. von Gerhard Wahrig. Neu bearb. von Petra Kürten). 6.
Auflage, neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind, Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1997
36. Wahrig, Gerhard: Deutsches Wörterbuch. Über 250.000
prägnant erklärte Stichwörter; mit einem Lexikon der
Deutschen Sprachlehre; mit Rechtschreibprüfung plus
Silbentrennung für Word. München: Bertelsmann Electronic
Publishing, 1997
37. Wahrig, Gerhard: Wörterbuch der deutschen Sprache. Neu
hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind (Mitarbeit: Veronika
Bürki-von Planta ...). 2. Auflage, München: Dt.
Taschenbuch-Verlag, 1998
38. Wahrig, Gerhard: dtv-Wörterbuch der deutschen Sprache.
Neu hrsg. von Renate Wahrig-Burfeind, München: Dt.
Taschenbuch-Verlag, 1997. - 1 CD-ROM für Windows und
Macintosh
39. Wiener Absichtserklärung: Die neue deutsche
Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis, Amtliche
Regelung gültig ab 1. August 1998, Bundesanzeiger-Verlag,
Köln ohne Jahr
40. Zabel, Hermann: Die neue deutsche Rechtschreibung. 2.
neu bearbeitete Auflage, 65527 Niedernhausen: Falken Verlag,
1996
41. Zabel, Hermann: Die neue deutsche Rechtschreibung.
Überblick und Kommentar (Darstellung, Kommentierung und
Anwendung des neuen amtlichen Regelwerks). Hrsg.:
Gesellschaft für Deutsche Sprache. Gütersloh:
Bertelsmann-Lexikon-Verlag, 1997
42. Zwischenstaatliche Kommission für deutsche
Rechtschreibung: Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission
für deutsche Rechtschreibung (Entwurf - nicht für die
Veröffentlichung bestimmt): "Vorschläge zur Präzisierung und
Weiterentwicklung aufgrund der kritischen Stellungnahmen zur
Neuregelung der deutschen Rechtschreibung". Mannheim,
Dezember 1997
Diese Liste ließe sich sicherlich fortsetzen. Vor allen
Dingen müßte man auch die verschiedenen voneinander
abweichenden Auflagen und die Schülerwörterbücher erfassen.
Einschlägig wäre Ulrike Haß-Zumkehr: Deutsche Wörterbücher.
Berlin 2001.
Anlage 2:
Prof. Theodor Ickler, 08.08.02 : Ja, Sie sollten beim Ministerium anfragen, liebe Frau Menges, denn als Lehrerin haben Sie einen Anspruch auf Belehrung durch den Dienstherrn. Lassen Sie uns bitte am Ergebnis teilhaben.
Prof. Theodor Ickler, 06.08.02: Interessante Frage
Frau Menges wirft eine interessante Frage auf: Wie offiziell ist die permanente Revision eigentlich? Das berührt den ungeklärten Status der Rechtschreibkommission. Bisher war es weder mir noch anderen möglich, hierüber etwas Genaueres zu erfahren. Handelt sie autonom, wie es von der KMK angedeutet wurde, als ich mich zum Beispiel darüber beschwerte, daß die Kommission nur ihre Geschäftspartner zu den Beratungsgesprächen einlädt? (Briefe von Generalsekretär Thies u. a. liegen vor.)
Fest steht, daß die Wörterbuchredaktionen von Bertelsmann und Duden (sowie Frau Wahrig-Burfeind) revidierte Wörterbücher herausgebracht haben, daß sie diese Änderungen nicht auf eigene Faust vorgenommen haben, sondern in enger Zusammenarbeit mit der Kommision (von beiden Seiten mehrfach bestätigt), ferner, daß die Kommission, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die revidierten Wörterbücher als "zuverlässig" bezeichnet hat. In diesem Sinn ist die permanente Revision belegbar und auch hier schon mehrfach belegt, so daß man an der Tatsache nicht vorbeigehen kann.
Dr. Wolfgang Scheuermann, 07.08.02: ALLE großen Wörterbücher sind zu nutzen?
Professor Icklers Frage führte mich zu einer weiteren, die ich an Frau Dr. Menges (aber natürlich nicht nur an sie) weitergeben möchte.
Der rheinland-pfälzische Kultusminister Prof. Dr. E. J. Zöllner hatte am 1.12.1997 an die dortigen Lehrer ein Rundschreiben versandt: "Sie können also getrost alle großen, derzeit auf dem Markt befindlichen Wörterbücher für Ihre Korrektur zugrunde legen. Sollten sich Abweichungen ergeben, so ist in jedem Falle zugunsten der Schülerin oder des Schülers zu entscheiden."
Auf diesen Satz durften (dürfen?) sich natürlich auch die Schüler berufen, und damit wird automatisch aus dem "können" ein "müssen": Lehrer müssen ALLE "großen Wörterbücher" vorhalten, damit sie prüfen können, ob die von einem Schüler gewählte Schreibweise sich nicht zumindest in einem dieser "großen" Wörterbücher findet. (Was ist in diesem Zusammenhang ein "großes Wörterbuch"? Welches darf ausgeschlossen werden?) Käme es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, so könnte angesichts des länderübergreifenden Charakters der RSR ziemlich sicher einem Schüler eines anderen Bundeslandes nicht verwehrt werden, was einem rheinland-pfälzischen Schüler zusteht. Wenn ein Lehrer eines anderen Bundeslandes sichergehen und gewappnet sein möchte, so gilt Zöllners Rundschreiben daher auch für ihn.
Was Zöllner schrieb, galt in bezug auf die bis Ende 1997 auf dem Markt befindlichen großen Wörterbücher. Aber die neu hinzugekommenen sind doch sicher nicht auszuschließen. Muß ein Lehrer nun auch ALLE diese Wörterbücher heranziehen, bevor er entscheiden darf, ob eine fragliche Schreibweise richtig, "überholt" oder gar falsch ist?
Zusatzfrage: Halten die Lehrer sich streng an die Vorgabe, vor 2005 dürfe nicht als "falsch" gewertet werden, was bis 1996 richtig war? Kann man sich unbedingt darauf verlassen? Kann ich also unserem Jungen bedenkenlos raten, er dürfe so schreiben, wie er es (z.B.) in meinen Karl-May-Bänden liest?
– geändert durch RenateMariaMenges am 21.08.2002, 19.17 –
eingetragen von Wolfgang Wrase am 12.08.2002 um 05.21
Melde gehorsamst: Text gelesen und klüger geworden. - Im Licht dieser sorgfältigen historischen Untersuchung vermag ich nunmehr den von Professor Ickler zitierten Text über Hexen einwandfrei als ideologisch zu identifizieren.
Für die anderen zwei Lesefrüchte: Nach ausgiebiger Forschung gibt die Wissenschaft heute als Zahl der Opfer von Hexenverfolgungen in ganz Europa 30.000 bis 50.000 an. Und folgender Ausschnitt aus der Zusammenfassung - als Parallele zur Ideologie der Rechtschreibreform (ersetze "9-Millionen-Theorie" durch "Vereinfachungstheorie"):
Man kann als Fazit ziehen, daß die "Neun-Millionen-Theorie" von vornherein absurd war und von der seriösen Forschung stets abgelehnt worden ist, daß sie jedoch aus politischen Gründen ein langes Leben entwickelte. Wer sie nach 1945 propagierte, befand sich in denkbar schlechter Gesellschaft. Journalisten sollten von ihrer Verwendung Abstand nehmen und sich auf ihre Sorgfaltspflicht besinnen.
eingetragen von Reinhard Markner am 11.08.2002 um 23.00
http://www.sfn.uni-muenchen.de/forumhexenforschung/9miohexen.html
Unbedingt lesenswert !
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 21.00
Vielen Dank für die Aufklärung. Über die Opferzahlen und Hintergründe der Legendenbildung wußte ich nichts. Mir kam der Text einfach so kindlich formuliert und klischeehaft vor, daß ich den Eindruck hatte, daß man das sowieso nicht auf einer erwachsenen Ebene ernst nehmen kann. Da hat halt eine einfach gestrickte, naturromantisch schwärmende Frau ein bißchen was zusammengestellt, was man den Kindern so über Hexen erzählen könnte, der Einfachheit halber gleich auf deren Niveau. Man kann sich über beides beklagen: die Ideologie oder die Dämlichkeit. Wenn ein Mensch richtig naiv ist, kann das eigentlich ein Ideologe sein, ist er nicht einfach zu beschränkt für gezielte Manipulation? Ähnlich bei Texten. So war die Frage gemeint. Natürlich kann ein naiver Mensch besonders gut Ideologien und überhaupt alles mögliche unkritisch transportieren, und das liegt hier offenbar vor. In jedem Fall stimmt da etwas mit dem Niveau nicht.
Wenn ich den Text zusammenfasse und die blumige Weisheitsreligion weglasse, dann bleibt übrig: Hexen waren in der Antike keine häßlichen oder bösen Frauen, sondern sie galten im Gegenteil als weise und gute Frauen. Sie kannten sich zum Beispiel in der Naturheilkunde aus und wurden bei Krankheiten um Rat gefragt. ... Im christlichen Mittelalter behauptete die Kirche, daß Hexen mit dem Teufel im Bunde seien und Unheil über ihre Mitmenschen bringen würden. Unzählige Frauen wurden deswegen ermordet. - Das halte ich nicht für ideologisch, oder irre ich mich? Ideologisch ist das, was die Verfasserin auf der Suche nach dem Glück bei ihren Osho-Meditationen oder beim ganzheitlichen Töpfern auf Gomera in sich aufgenommen hat und bei dieser günstigen Gelegenheit wieder ausgeschieden hat. Außerdem hat sie eine falsche Opferzahl abgeschrieben.
eingetragen von Reinhard Markner am 11.08.2002 um 19.45
»Hochideologisch« ist eigentlich eine zu vornehme Bezeichnung für diesen irrenhausreifen Schwachsinn. Wolfgang Behringer hat vor einigen Jahren in der Zeitschrift Geschichte in Wissenschaft und Unterricht über die Hintergründe dieser Legendenbildung informiert. Die absurde Hochrechnung auf mehrere Millionen geht bis ins 18. Jahrhundert zurück, aber richtige Dynamik bekam sie erst durch den Versuch Himmlers, der katholischen Kirche eine Art Genozid anzuhängen. Er konnte nicht ahnen, daß er damit bei der »Frauenbewegung« einen so großen Erfolg landen würde. Besonders ekelerregend an der Sache ist der offensichtliche Versuch, die (einigen Experten zufolge auch aufgerundete) Opferzahl des Völkermords an den europäischen Juden noch zu überbieten.
– geändert durch Reinhard Markner am 13.08.2002, 11.19 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.08.2002 um 16.22
Oh, mein Lieblingsthema!
Ich habe es hier angesprochen, aber kein Mensch ist darauf eingegangen. Jetzt kommt es wieder. Endlich! Aber darüber will ich später schreiben.
Sehen Sie Herr Lachenmann, warum Sie mich manchmal nicht verstehen: Ich bin meiner, in diesem Fall Ihrer Zeit immer ein wenig voraus ;-).
Im Voraus
.... ist ja genau so schrecklich. Dies sagt wiederum nicht aus, dass ich die neue Rechtschreibung nicht mag.
Ich schreibe gerade an der Anfrage an das KuMi ( muss aber nochmals darüber "schlafen").
Ihre Geschichte hat sehr wohl mit der Rechtschreibung zu tun: Würden Sie diese schreiben, bringe ich sie in die Klassen und dann sogar in alter Rechtschreibung hinein. Da wollen Sie sagen, dass das nichts mit der neuen und alten Rechtschreibung zu tun hätte?
Eigentlich sprechen wir den gleichen Dialekt, aber vielleicht sind Sie ja ein Zuagroaster!
eingetragen von Wolfgang Wrase am 11.08.2002 um 15.06
Darf ich fragen, inwiefern der Text hochideologisch ist? Der erste Abschnitt verwendet natürlich Klischees, aber falsch ist es doch nicht, daß Hexen mit Heilkräutern arbeiteten, Rituale anwandten und daß sich die Menschen an sie wandten. Ideologisch kommt mir am ehesten vor: "Die Hexen lebten im Einklang mit der Natur und ihren Geschöpfen, verwendeten nur weiße Magie, die hilfreich war und Gutes tat. Es ging dabei um hochrangige Philosophie und um die Suche nach tiefgründigem Wissen um die Zusammenhänge in der Welt." Vom Selbstverständnis einiger Hexen ist das jedoch nicht allzu weit entfernt.
Meiner Meinung nach hätte vor allem diese Distanzierung hergestellt werden müssen: "Nach ihrem Selbstverständnis ... einige Hexen ..." Ich halte das eher für eine Ungeschicklichkeit, ähnlich wie die Formulierung "Krankheit und Armut benutzte die geistliche Obrigkeit gerne als Druckmittel gegenüber ihren Untertanen und als Strafe für angebliche Verfehlungen der Menschen" anstelle von "wurden... als Strafe für ... dargestellt". Weiter fehlt, daß der Argwohn über magische Rituale usw. nur einer von mehreren Auslösern der Hexenverfolgung war. Später wurden zum Beispiel alle möglichen Leute umgebracht, gegen die jemand etwas hatte oder über die ein Gerücht herumschwirrte.
Mir kommt der Text eher kindlich, naiv, ungeschickt vor, wenig differenziert; die distanzierte Perspektive fehlt. Erzeugt das die Ideologie, die Sie meinen, Herr Ickler, oder worin besteht sie noch?
eingetragen von Theodor Ickler am 11.08.2002 um 13.33
Heute fiel mir eine Gratisnummer der grundschuldidaktischen Zeitschrift "Sache - Wort - Zahl" in die Hände (Heft 41: Europa). Darin schreibt Mitherausgeber Prof. Kurt Meiers u. a. über die Herkunft des Namens Europa. Auf einer gesonderten Kopiervorlage wird Europas Vater stets "Argenor" genannt, vielleicht dachte Meiers an eine ARGE Europa.
In einem anderen Beitrag führt Meiers Entsprechungen zu deutschen Wörtern in anderen Sprachen an: Nomen - ital. substantiva; Adjektiv - ital. adjectivo; Lexikon - ital. dictionario. Mir kommt das alles irgendwie seltsam vor.
Eine weitere Kopiervorlage zeigt einen ganzen Brief in der Vereinfachten Ausgangsschrift, abnorm häßlich! Daß so etwas flächendeckend eingeführt werden konnte, ohne daß die Bevölkerung etwas davon erfuhr, ist ein Skandal!
Eine gewisse Edelgard Moers steuert einen hochideologischen Artikel über Hexen bei. Leseprobe:
"Hexen waren vor dreitausend Jahren weise Frauen, die Heilkräuter einsetzten und sich mit den Heilkräften der Natur auskannten, magische Rituale anwandten und die Gesetze des Universums weitergaben, die Kraft der Gedanken kannten und mit ihnen zum Wohle der Menschen arbeiteten. Das Volk vertraute ihnen und suchte sie bei Krankheiten oder Sorgen auf. Die Hexen lebten im Einklang mit der Natur und ihren Geschöpfen, verwendeten nur weiße Magie, die hilfreich war und Gutes tat. Es ging dabei um hochrangige Philosophie und um die Suche nach tiefgründigem Wissen um die Zusammenhänge in der Welt.
Nach dem Sieg Karls des Großen begann die Christianisierung. Die Kirche hegte großen Argwohn den Heildiensten der Hexen gegenüber. Krankheit und Armut benutzte die geistliche Obrigkeit gerne als Druckmittel gegenüber ihren Untertanen und als Strafe für angebliche Verfehlungen der Menschen. Daher waren die weisen Frauen mit ihrer persönlichen Ausstrahlung den Vertretern der Kirche ein Dorn im Auge. Die Geistlichen dichteten ihnen ein Bündnis mit dem Teufel an (...)
Die von den Christen künstlich erzeugte Hexenfurcht erfasste ds Brauchtum der gesamten europäischen Bevölkerung. (...) Mehr als neun Millionen Menschen, weitgehend Frauen, wurden von der christlichen Kirche als Hexen ermordet."
Das Heft ist in Reformorthographie gehalten, keiner der üblichen Fehler wird vermieden. Meiers scheint auch stürtzte für korrekt zu halten. Ich bin immer ganz deprimiert, wenn ich irgend etwas aus dem grundschuldidaktischen Bereich zu lesen kriege. Die Kinder zu Hause zu unterrichten wäre sicher besser.
– geändert durch Theodor Ickler am 13.08.2002, 04.17 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.08.2002 um 12.54
Liebe Frau Menges,
ganz herzlichen Dank für die Gedichte. Von Lyrik, moderner schon gar, verstehe ich nicht allzu viel, aber gefallen haben sie mir schon. Ich fand darin vieles, was auch Ihre Beiträge charakterisiert, die ich ebenfalls immer sehr gerne lese, nämlich daß man oft irgendwie nicht recht weiß, wovon die Rede ist, aber gerade deshalb deren Sinn zu erkennen sucht, und, kaum meint man ihn gefunden zu haben, ist er wieder weg. Das regt die Phantasie an. Im übrigen bin ich - entgegen aller verifizierbaren Daten - der festen Überzeugung, daß Sie im innersten Ihrer Seele auf der Seite der Reformgegner stehen. Warum ich das weiß? So etwas weiß man einfach.
Bei der gestrigen Forumsdiskussion habe ich manchmal an Sie denken müssen, weil Sie ja auch einmal fanden, es gäbe Gesprächsteilnehmer, die sich »zu sehr« in Bereiche anderer einmischen. Das kommt oft nicht so gut an.
Mein Vater war ein sehr angesehener Theologe. Ich hab ihn als kleines Kind manchmal Sachen gefragt, da hat er erst milde lächelnd den Kopf geschüttelt, und wenn ich nachhakte, ging er schweigend in sein Studierzimmer und sprach lange kein Wort mehr mit mir. Das war mir allerdings immer noch lieber, als wenn im christlichen Jugendkreis einer der Laienbrüder ständig auf mich einredete und mich davon überzeugen wollte, mein Denken und Handeln sei völlig unmöglich und verstoße gegen jegliches Evangelium.
In solchen Fällen wußte ich natürlich nie, waren meine Fragen zu blöd oder zu schwierig. Und die Antworten wußte ich erst recht nicht.
Also versuchte ich selbst zu denken. Was auch immer dabei herauskommen mochte von Fall zu Fall. Sie wollten doch eine Kindheitsgeschichte von mir hören.
Aber mit der Rechtschreibung hat das ja nichts zu tun.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 10.08.2002 um 13.37
Liebe Frau Menges,
wer sich einmal vor Augen hält, welche Probleme das Erlernen der „neuen Rechtschreibung" bisher bereitet hat, wird bald einsehen, daß es kaum eine Möglichkeit gibt, durch weitere Modifikationen einen Weg aus dem Chaos zu finden. Wo wollen Sie da denn ansetzen? Die jetzigen Regeln werden doch schon völlig fehlerhaft umgesetzt, und jede Änderung wird ein weiteres Umlernen erfordern und damit weitere Verwirrung stiften. Glauben Sie tatsächlich, daß sich noch irgendjemand die Mühe machen würde oder daß man so einen Schritt überhaupt ernstnähme?
Davon abgesehen wäre es fast unmöglich, einen Text danach beurteilen zu können, ob er nach der „neuen" Rechtschreibung, nach der „modifizierten neuen" Rechtschreibung oder weiß-der-Kuckuck-was geschrieben wurde.
Die Verwirrung, die die „neue Rechtschreibung" in den Köpfen angerichtet hat, werden Sie niemals klären können, wenn sie weiter an ihr festhalten. Der einzig vernünftige Weg wäre die vollständige Rückkehr zur herkömmlichen Schreibung und das idealerweise unter Vereinfachung der Regeln. Halten Sie sich doch nur einmal vor Augen, was für eine Erleichterung dieser Schritt für Lehrer brächte, die ihre wertvolle Zeit mit endloser Dudenwälzerei verbringen, um dem Anspruch der "neuen Rechtschreibung" in Briefen, Dokumenten etc. gerecht zu werden.
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.08.2002 um 08.00
Ich möchte bemerken, dass der wiederum sehr ansprechende Beitrag "Aus der Zuneigung" von Rolf Genzmann (übrigens ist auch der Beitrag in der MAZ ausgezeichnet) aussagt, dass sich die Sprache verändert hat, wir heute nicht mehr "giebt" schreiben und sich auch unsere neue Rechtschreibung so und so nicht mehr aus den Köpfen verdrängen lässt.
Dieser Beitrag verstärkt meine Meinung, dass ein "Zurück" nicht mehr so einfach möglich ist, "auch wenn der Chef anweist, in der alten Rechtschreibung" zu schreiben (vgl. Lachenmann). Ich glaube, trotz aller Widersprüche, dass sich vieles bereits verselbständig hat, dass sich die "Datenbank" geändert hat. Beispiele gäbe es genügend aus der Praxis- aber ich bleibe hier genauso distanziert, wie Wolfgang Scheuermann es zu wissen glaubt.
Rolf Genzmann geht sogar soweit, dass er Reformstücke der sogenannten Bildungsreform seit 1969 verschwinden lassen will. Das kommt mir doch sehr konservativ und eigenartig vor.
Den Diskussionsbeitrag in der MAZ finde ich dagegen so gelungen, er spricht mir aus der Seele mit seinem Zitat von Helvetius, 1774. - In der Schule machen wir Schulentwicklung, die in der Regel von der Konferenz ausgeht ( sprich von unten nach oben). Hier im Bereich der Rechtschreibreform wurde aber niemand befragt, sondern einfach angeordnet. Darum glaube ich auch, dass man nur über die KMK Auskünfte, Änderungen etc. erreichen kann. Man muss dort ansetzen, "wo der Hund begraben liegt".
Auch über die neuen Gedichte, die staatlich gefördert wurden
(der ganze Band wurde staatlich gefördert!), sagte niemand etwas aus. Unsere Zeit hat sich geändert, später wird es heißen, dass diese Gedichte unserem Zeitgeist entsprächen. Dabei denke ich gibt es niemanden hier, der sagen kann, ja das sind meine Gedichte.
eingetragen von Theodor Ickler am 09.08.2002 um 17.53
Habe ich bezweifelt, daß es Pädagogen gibt?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2002 um 13.29
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges Universitätspädagoge = Lehrer
Ach wissen Sie, Frau Menges, als Universitätsstudent braucht man an sich keinen Erzieher mehr, sondern jemanden, der seinen Stoff gut und interessant vermitteln kann.
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.08.2002 um 11.35
Brigitte Oleschinksi: Your Passport is NOT Guilty, Hamburg 1997. (Zeithistorikerin, Huchelpreis 1998, Ernst- Meister Preis 2001)
Geförderte Arbeit durch ein Stipendium der Stiftung Niedersachsen.
Extra für Herr Lachenmann: Sei kein Schaf, nein, doch lieber die schwangerne Wasserlache, nein, sorry:
Die sandige Braue (S. 58)
schwimmt das Gesicht hinab, eine Raupe
unterwegs
zu den Wasserarchieven, in denen Flüsse und Pfützen
getrocknet lagern, unmögliche Fälle wie
eine Lache schwanger
in ihrem jüngsten Tropfen
oder instant water
überhaupt
Die sirrenden Forsythien (extra gesucht und gefunden für Walter) über den aus- (S.40)
wärtigen Handelsstöcken, die wie schwarz- gelbe Ziffern zum Abflug
blinken, bis sich hier auf der körnigen Außenmauer, kopfunter
zwischen lauter Rauhputzmänteln, mitten im März die frierenden
Taillen krümmen:
Where do you come from?
Your passport is not guilty.
Wenn du so weitermachst, lieber Walter is your passport aus dem Krottental bald nicht mehr guilty ;-)
Für die Träumer unter den Diskutanten:
Rücksturz ins Stammhirn, zurück (S.45)
in die Reptilienküche, aus der die Glücksboten schlüpfen, glibbrige
Schalenreste, die nicht brennen wollen, damit ich
daraus aufsteigen könnte wie eine Lerche
über den glimmernden Feldern
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.08.2002 um 10.58
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Als ob Pädagogik eine Wissenschaft wäre!
-----------------------------------------------------------
Reizen Sie mich nicht, Herr Ickler ;-).
Wir haben hier andere Fragen zu klären. Sie sind auch Pädagoge, habe ich mir sagen lassen (ein namhafter Wissenschaftler, auch in Ihrem Sinne ein klassischer Wissenschaftler, hat mich darauf aufmerksam gemacht, er sei ja ebenso Universitätspädagoge = Lehrer!).
Danke, Elke Philburn! Sie ersparen uns/mir immer eine Menge Zeit mit Ihren Links.
eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2002 um 09.14
Hier der von Herrn Genzmann erwähnte Schavan-Artikel und der entsprechende Forumsbeitrag.
eingetragen von Elke Philburn am 09.08.2002 um 07.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Als ob Pädagogik eine Wissenschaft wäre!![]()
eingetragen von Walter Lachenmann am 09.08.2002 um 07.51
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich bin sehr ein sehr beschäftigter Mensch, aber die Rache wegen meinem lyrischen Unterfangen wird noch kommen, lieber Lachenmann oder soll ich sagen, lieber Walter?! Leider kann ich nicht immer sofort reagieren, was mir aber ein Anliegen wäre!!!!!!!
Liebe Frau Menges,
ich habe es zwar nicht anders erwartet, aber jetzt bin ich doch sehr erleichtert darüber, daß Sie mir nichts übelnehmen. Daß Sie Humor haben, haben Sie mehrfach bewiesen, das macht den Umgang mit Ihnen ja auch so unterhaltsam. Auf die Rache bin ich direkt gespannt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 09.08.2002 um 07.27
(eine Nachbetrachtung zu Herrn Genzmann)
Man könnte sich tatsächlich fragen, ob es einer Leitstelle für die Sprachentwicklung bedarf, und ob diese staatlich oder privat, institutionell oder individuell ausgerichtet sein sollte.
Man könnte es, wenn man die Eitelkeit und die Ruhmessucht hat, w. z. B. ein Herr Augst.
Man sollte sich aber zuallererst fragen, ob diese Entwicklung nicht etwas Unpersonales, Ursächliches, Unbesetzbares ist. Und dann wird man die Finger davon lassen, weil ein einzelner die Entwicklung nur bremsen und einengen kann.
Mit scheint das Wort „Entwicklung“ wesentlich reiner und unbescholtener als das Wort „Reform“.
„Entwicklung“ ist etwas Strömendes, Offenes auf vielen, vielen Einzelideen Basierendes, „Reform“ ist etwas Zielgerichtetes, Normiertes und Abgeschlossenes, was gerade deshalb die Entwicklung behindert.
Der Unterschied zwischen Reformer Augst und Entwicklungshelfer Ickler ist damit skizziert. Ickler versucht all diesen anonymen Erfindungen auf schriftsprachlicher Ebene Geltung zu verschaffen, indem er sie auflistet und publik macht. Augst dagegen will all diese Erfindungen beseitigen, weil er es besser zu wissen glaubt.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.08.2002 um 07.26
Ich bin sehr ein sehr beschäftigter Mensch, aber die Rache wegen meinem lyrischen Unterfangen wird noch kommen, lieber Lachenmann oder soll ich sagen, lieber Walter?! Leider kann ich nicht immer sofort reagieren, was mir aber ein Anliegen wäre!!!!!!!
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.08.2002 um 07.21
Nach reiflicher Überlegung glaube ich, dass es keinen Sinn hat zuerst in Bayern anzufragen. Wird man dort überhaupt eine Antwort erhalten können?
Ich möchte zuerst an den Bund diese Anfrage stellen, weil dies eine länderübergreifende Aufgabe ist ( vgl. Beitrag Scheuermann).
a.) Wer weiß, wer den Vorsitz der KMK in diesem Jahr innehat?
b.) Riebe berichtet über 12 Wörterbücher, die im Umlauf sind. Könnte mir diese jemand hier einschreiben?
c.) Anfragen nach Bayern sind erst nach einer übergreifenden Antwort sinnvoll, weil sonst immer auf den Bund verwiesen werden kann. Ist jemand anderer Meinung?
Meine vorausgegangen Anfragen beim Bund in Bezug auf Hochbegabung etc. wurden sehr gut beantwortet und auch in Bayern ausführlichst zur Kenntnis genommen. Allerdings schrieb ich an Herrn Rau, was mir viele Einladungen in das Forum Bildung einbrachte, die ich aber nie besuchen konnte.
Eine gute Anfrage muss reiflich überlegt werden! Ich bin es gewohnt sorgfältig zu arbeiten ;-).
eingetragen von Rolf Genzmann am 09.08.2002 um 04.24
Aus der Zueignung
Versuch ich wohl, euch dießmal fest zu halten?
Ein Schauer faßt mich, Thräne folgt den Thränen,
Die Weimarer Ausgabe steht noch in einigen Universitäten. Auf die Netzausgabe der Weimarer Ausgabe kann der normale Bürger leider nicht zugreifen. Why not?
Das Wort „dießmal“ finde ich bemerkenswert, heute schreibt man diesmal.
Auch fest zu halten änderte sich in heutigen Ausgaben zu festzuhalten.
Thräne folgt den Thränen, - da fehlen dem Goethe von heute glatt zwei Buchstaben.
Ein Schauer faßt mich, - da will man fasst schreiben, einen Buchstaben mehr.
Ein Googlen in der alten Litteratur, - Duden 1880 schreibt Litteratur mit zwei tt in der Mitte, ebenso Thräne mit h, ebenso faßt, nicht aber dießmal -, was könnte es Schöneres geben?
Aber teuer und zeitaufwendig ist es, und nur ganz selten findet man das, was man für ein Original halten darf, meist nur bei erhaltenen Handschriften der Dichter selbst, falls nicht auch diese schon verbessert oder verfälscht wurden.
Andererseits, beim Googlen in den heutigen Datenbanken, das findet man oft gar wunderlich und bunte Schreibweisen, alte, älterere, neue, neuere, beliebige, vielleicht solche, die man für richtig hält, und vielleicht andere, die man für falsch halten mag. Ist dießmal falsch oder richtig?
Mein Großvater bestand auf der Schreibweise gieb, giebst, giebt nach dem Duden von 1880.
Ist das von mir gelernte gibt besser?
Andererseits, glaube ich, sollte es schon ein ordentliches Wörterbuch für den Unterricht geben, denn wie soll man sonst lesen und schreiben lernen. Und es will mir scheinen, als sei ein beschreibender Ansatz, ein vorsichtig und behutsam auswählender, den Ickler verfolgt, und den ehemals der alte Duden verfolgte, ein gangbarer, wahrscheinlich der einzig richtige, wenn es so etwas überhaupt giebt oder gibt.
Die jetzige sogenannte Rechtschreibreform, veranstaltet von Leuten, denen der langjährige Dudenherausgeber Drosdowski bescheinigte, daß sie von der Verschriftung der Sprache keine Ahnung hatten, von der Grammatik sowieso keine, dieses Rüpelstück muß weg.
Fürwahr, ein unglaubliches Rüpelstück im Weltmaßstab, - es wird verschwinden, denn die Schauspieler haben sich mit idiotischen Regelungen übernommen.
Was auch verschwinden sollte, das sind die anderen Rüpelstücke der sogenannten Bildungsreform seit 1969, deren Planern es an jeder pädagogischen Reformkonzeption in irgendeinem Sinne fehlte.
Herrn Lachenmann und alle, die um eine vorbildliche Sprache sich bemühen, bitte ich um Kenntnisnahme des Artikels einer Autorin Schavan im MAZ-Forum.
__________________
Rolf Genzmann
eingetragen von Theodor Ickler am 09.08.2002 um 03.58
Kann man sich in pädagogische Fragen "einmischen"? Als ob Pädagogik eine Wissenschaft wäre! Laien gibt es hier nicht, also auch keine "Einmischung", bloß Meinungen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Norbert Schäbler am 08.08.2002 um 15.48
Das war jetzt aber gar net nett.
Aber, wenn ich’s so überleg’, daß die feinen sensiblen Seelen, deren Gedanken vom Himmel befruchtet werden, plötzlich den Kontakt zum Irdischen verlieren, dann hat unser Lachenmann mal wieder was für die Rettung unseres Raumschiffs getan.
Will sagen, daß es vielleicht doch ganz gut wäre, wenn sich die Dichter in einer verständlichen Sprache – und dazu gehört ja auch die bewährte Rechtschreibung – ausdrücken würden, sonst werden sie ja noch viel weniger vom verdummtwerdenden Pöbel, zu dem ich gehöre, verstanden.
__________________
nos
eingetragen von Walter Lachenmann am 08.08.2002 um 14.38
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Virtuelle Freundschaften
leuchten wie ein Sonnenblumenfeld
grünen wie Moos und Farn
singen von Arien und Sonaten
durchzogen von blauen Blitzen
sehen die Leidenschaft
erwarten die Zuneigung
erfreuen durch Zauberkraft
hörbar der schrille Sound
tränendes Glück
traute Vergangenheit
berauschende Zukunftsmusik
spürbar der bebende Zweifel
virtuell die Sprechblase
eigentümlich die Wörter hinter Glas
schöner nur die Realität
aber noch viel mehr der romantische Traum
ReMa am 05.08.02
Au, ich glaube ich hab's jetzt erraten. Sie sind in Wirklichkeit dieser komische Dichter der das Gedicht mit dem Tiger gemacht hat, der immer im Botanischen Garten rumläuft und wegen der Gitter nicht rauskommt und dann anfängt die zu zählen. Später kam er in einen Tank, seither heißen diese Panzer, ach so, das war ja ein Panther, deshalb! Hieß der nicht auch RainerMariaSonstwas? Der Dichter, mein ich, nicht der Tiger. Oder war es doch ein Puma?
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Christian Melsa am 08.08.2002 um 12.52
Zitat:Danke für die Blumen; es würd mich aber doch interessieren, welche Einmischungen meinerseits bzw. darauf folgende Kritik Sie hier meinen, bzw. welche meiner Ausführungen Sie als Einmischung in pädagogische Fragen empfanden und was daran so kritikwürdig sein soll. Womit einer sich einmischt, darin muß er ja nicht zwangsläufig falsch liegen. Das muß dann erst im Dialog geklärt werden.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Ich bedenke, dass Melsa sehr gute Beiträge einbringt (obwohl er auch mal kritisiert wird, wenn er sich zu sehr in pädagogische Fragen einmischt).
eingetragen von Walter Lachenmann am 08.08.2002 um 11.16
Frau Menges, Frau Meeeenges!!
Aufwachen!!!
Sie haben es hier nicht mit einer Schulklasse zu tun, die ihr klägliches Wissen erweitern will und nach Belehrung dürstet durch Ihre olympischen Antworten, um die Sie tatsächlich nie verlegen sind. Und auch nicht Ihren Benotungen entgegenzittert, wer in der Gruppe oder Klasse wie gut und anständig ist.
Trotzdem bin ich stolz, daß ich so gut wegkomme bei Ihnen.
Thanks, sisstah!
(Das ist nicht Denglish sondern Negerslang. Sorry Ma'am!)
Au weia! Das muß natürlich heißen: Verschriftlichung des Kommunikationscodes von afro-amerikanischen ethnischen minoritären homo-sapiensischen Teilmengen in der spezifischen Akkulturationssituation unter den Konditionen einer kapitalistisch-repressiv fixierten Mobbing-Gesellschaft.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Norbert Schäbler am 08.08.2002 um 10.26
Oh yeah, tonight I had a dream. There was a goldfish and it was me.
And awoken, today, a lady gives me her gift – a hand full honey (may be written as well “honour”).
God shave the lady.
__________________
nos
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 08.08.2002 um 09.54
Zitat von RenateMariaMenges:
"Und... es hat noch keine Frage gegeben, die ich nicht beantworten könnte."
... aber wenns net wollet - kosch aaa nix mache ...
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.08.2002 um 09.41
Herr Lachenmann- was ist denn mit Ihrem Denglisch?
Wollten Sie das nicht ablegen?
Ich habe Ihren Beitrag noch auf dem jetzt "leeren" Schreibtisch liegen, aber dazu kam ich einfach noch nicht!
Stellen Sie doch eine Frage, das wäre einfacher.
Ich finde zum Beispiel, dass Norbert Schäbler immer sehr interessante Aspekte hier und dort einwirft. Ich bedenke, dass Melsa sehr gute Beiträge einbringt (obwohl er auch mal kritisiert wird, wenn er sich zu sehr in pädagogische Fragen einmischt). Ich weiß, dass Walter Lachenmann sehr ernste und bedenkenswerte Antworten schreibt ( deskriptive Methoden...). Genzmann zum Beispiel kritisiert, was gerade als newsletter aus dem KuMi gekommen ist mit seinen Beitrag über die Consulting Group. Ich weiß, dass er den Artikel genau gelesen hat. Das macht die Diskussion eben fruchtbar.
Ich könnte weiterfahren über die einzelnen Diskutanten ... ( Markner, Reimers, Lindenthal, Wrase u.a.) Das musste einmal gesagt werden! Aber Herr Lachenmann, da fällt mir ja noch die Geschichte über die Kindheit ein. Darauf warte ich ja noch.
eingetragen von Walter Lachenmann am 08.08.2002 um 07.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Und... es hat noch keine Frage gegeben, die ich nicht beantworten könnte.
Yeah! Talk to us, sisstah!
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.08.2002 um 07.09
E-Mail vom 08.08.02 von Herrn Riebe:
Liebe Frau Dr. Menges!
Sie beschäftigen sich mit einer Frage, die ich schon 1996/97
in einer Lehrerkonferenz aufwarf. Damals sagte ich, daß
keine Kultusminister uns ein Wörterbuch nennen könne, nach
dem man unterrichten und korrigieren könne.
Alle über 12 Wörterbücher wichen voneinander ab. Deswegen
könne man eine solche Rechtscheibreform nicht einführen. Ich
würde sie auch nicht unterrichten.
Fragmente meiner Antwort:
...
Dann bedenken Sie bitte, das ich nach wie vor der anderen
"Partei" angehöre. Ich möchte nicht, dass die RSR zurückgenommen wird. Ich finde, dass dies unmöglich wäre.
Ich habe meine Meinung nicht geändert.
Aber: Ich möchte gerne wissen, nach welchen Wörterbüchern man vorzugehen hat.
...
Diese Frage ist selbstverständlich für mich ein wichtiges Anliegen.
Und... es hat noch keine Frage gegeben, die ich nicht beantworten könnte.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 07.08.2002 um 22.57
... geehrte Frau Doktor Menges! Ich hatte eine sehr klare, völlig eindeutige Frage gestellt, weil ich ein grundsätzliches Interesse daran habe. Unterstelle ich Ihnen jetzt mangelnde Ehrlichkeit, weil Sie mir anstelle einer Antwort ungefragt Erziehungstips zu geben versuchen? Sie werden sicher Ihre Gründe haben, warum Sie keine Antwort geben wollen, auch, wenn Sie sich nicht dazu äußern. Direkter, auf jeden Fall zeitsparender, wäre es gewesen, wenn Sie gleich geschrieben hätte: Eine Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen nicht geben.
Dann hätte ich nicht umständlich Vorstellungen entwickeln und formulieren müssen, um Sie (ganz fruchtlos) doch zu der "vergessenen" Antwort zu bewegen.
Das eine sei Ihnen verraten: Ich glaube, daß sich niemand an diesem Forum beteiligt, weil er sich Erziehungs- oder Lebenshilfen erhofft. Es geht um die deutsche Rechtschreibung und um die Überwindung der durch ihre unnötige Reform bewirkten Schwierigkeiten. Da spielt das Verhalten der Lehrer zweifellos eine sehr wichtige Rolle.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.08.2002 um 17.12
Das ist es, was mich stört an Ihnen:
Warum sprechen Sie nicht ehrlich an, was Sie wollen?
Wollen Sie einen Tipp für Ihren Sohn?
Wollen Sie über die Lehrer reden?
Wollen Sie das Problem wissenschaftlich angehen?
Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit verlange ich von meinen Diskussionspartnern und nicht vorgeschobene Fragen. Ist das Ihr Stil?
Es gibt Schulen, in denen die Rechtschreibung frei gestellt ist. Wenn das gesamte Kollegium zustimmt ist dies legitim. Und- diese Diskussion hatten wir schon weiter unten.
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 07.08.2002 um 16.53
... ich verstehe Sie aber doch richtig, daß Sie meine Frage nicht beantworten wollen, nicht wahr?
Sie hatte einen ganz anderen konkreten Anlaß: Meine Schwester, selbst Lehrerin, hatte mir erzählt, daß es nach ihren Beobachtungen an ihrer Schule durchaus vorkomme, daß Schülern vorreformatorische Schreibweisen als Fehler angestrichen würden. Ich fragte mich daraufhin, ob dieser Regelverstoß von Lehrern (ist das nicht eigentlich recht mutig?) auch an anderen Schulen vorkommen mag. Ihr Schweigen zu dieser Frage werte ich am ehesten als "ja". (Sie würden mit dieser Antwort ja sonst - und das als stv. Schulleiterin - Ihre Schule quasi an den Pranger stellen, und deshalb schweigen Sie.)
(Dem Beitrag von Herrn Schäbler, den ich erst gelesen habe, nachdem meine Antwort abgeschickt war, ist natürlich ganz grundsätzlich zuzustimmen. An der Schule unseres jungen Mannes besteht das Problem, soweit ich es sehe, nicht, bzw. kaum. Dort ist die Rechtschreibung anscheinend nahezu freigegeben - er kann offenbar weitestgehend schreiben, wie er will - und ist darüber keineswegs besorgt.)
geändert von W. Scheuermann um 19:05, 8.8.
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Norbert Schäbler am 07.08.2002 um 16.37
Mein Rat ist andersgelagert als der von Frau Dr. Menges, denn ich halte Angst für einen schlechten Berater. Das führt nur zu Duckmäusertum, Willfährigkeit und Seelennot.
Falls Ihr Sohn tatsächlich aus eigenen Stücken die Fähigkeit besitzt, im Bereich der Rechtschreibvariationen eine klare Entscheidung zu treffen, dann sollte er dafür eintreten.
Ich denke, daß es wichtig ist, Kritikfähigkeit zu erwerben und zu trainieren. Nur das macht den mündigen Menschen aus.
"Mündigkeit" ist im übrigen das höchste Bildungsziel.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.08.2002 um 16.21
Mein Rat ist, mischen Sie sich als Vater nicht ein:
Gewähren Sie Ihrem Sohn, dass er die Sache selbst entscheidet. Niemals würde ich ihm heute raten den alten Duden mitzunehmen, Ihr Sohn könnte ausgeschlossen werden. Wenn er sich aber damit als der Angenomme fühlt, dann würde ich sagen, dass das völlig richtig ist. Meinen eigenen Kindern gebe ich keine Ratschläge mehr, ich habe zu viele unterschiedliche Lehrer erlebt. Meist wissen Kinder instinktiv, wie die Sache anzugehen ist. Sie brauchen unsere Hilfe hier nicht. Emotional haben sie die Sachlage besser im Griff (diesen Lernprozess musste ich als Mutter aber erst einmal durchmachen). Aber ich finde es toll, dass
Sie zu Hause überhaupt über die Rechtschreibprozesse und Rechtschreibarten sprechen. Vermasseln Sie Ihren Sohn aber nicht die Noten, indem Sie ihn bevormunden!
Die Frage ist auch später wieder vorhanden in der Universität. Mein eigener Doktorvater verlangte frühzeitig die neue Rechtschreibung. Also ist hier guter Rat teuer.
Warum habe ich das Gedicht hier angebracht?
Um Sprachgefühl zu demonstrieren, Wörter in neuer Verbundenheit zu reflektieren und das romantische Element der Sprache herauszukehren. Ich weiß nicht ob ein sachlicher Lindenthal auch Lyrik produziert. Ich traue es aber einigen Leuten auf der RSC zu, mit Sprache in dieser Art umgehen zu können. Natürlich wird es ein wenig zu modern sein, aber da müsste ich dann hypermoderne Preisträger zitieren (20 000 DM schwere Gedichtsbände, bei denen es einem inhaltlich die Haare aufstellt).
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 07.08.2002 um 09.42
Geehrte Frau Doktor Menges,
auch ich würde mich natürlich freuen, wenn Sie diese Anfrage stellen würden. Verzeihen Sie mir bitte den Hinweis, aber ich fände es dabei noch hilfreich, Sie würden ziemlich nahe an der von mir gewählten Formulierung bleiben (oder meine Frage sogar einfach wörtlich übernehmen), weil sie m.E. so abgefaßt ist, daß eine ausweichende "Wischi-waschi-Antwort" nicht ganz leicht ist.
Es geht immerhin auch um sehr viel Geld: Wie Professor Ickler ja im einzelnen nachgewiesen hat, kommt z.B. der zehnbändige "Große Duden" oft zu anderen Lösungen als der "kleine" - muß dann ein Lehrer sich ein ganzes Zimmer vollstellen?
Ich bin wirklich auf die Antwort gespannt.
Meine Zusatzfrage wurde von Ihnen nicht beantwortet: Kann ein Schüler sicher sein, daß es ihm nicht als "Fehler" angerechnet wird, wenn er heute - z.B. - exakt gemäß der 20. Auflage des Duden schreibt? Das hat doch auch eine sehr praktische Seite! Wenn ich ein Kind habe, das bis 2005 die Schule abgeschlossen haben wird, kann ich ihm dann guten Gewissens sagen: "Nutze bei Rechtschreibproblemen zum Nachschlagen immer den zu Hause stehenden Duden von 1980 - Du kannst ihn auch gerne in die Schule mitnehmen -, der ist aktuell genug, ein neuer wird nicht angeschafft. In Deinen Aufsätzen in der Schule wird dann zwar oft "überholt" stehen, aber das hat überhaupt keine Bedeutung, denn es darf ja nicht als Fehler angerechnet werden. Außerdem lernst Du nur so die Rechtschreibung, gemäß der die bedeutenden deutschen Autoren und Dichter ihre Werke verfassen, und das ist ja wohl wichtiger als das Beherrschen der völlig mißglückten Reformschreibweisen."
Kann ich mich darauf verlassen, daß ich diesem Kind damit keine Note vermassele?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 07.08.2002 um 08.05
Sie sollten beim Ministerium anfragen, liebe Frau Menges, denn als Lehrerin haben Sie einen Anspruch auf Belehrung durch den Dienstherrn. Lassen Sie uns bitte am Ergebnis teilhaben.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.08.2002 um 07.44
Herr Scheuermann, Herr Ickler,
über die Aussage zu der Frage der zu benützenden Wörterbücher bin ich selber gespannt. Das KuMi muss eine Antwort ergeben. Vielleicht schreibe ich auch an das zuständige KuMi.
Es muss auch die Frage gestellt werden, ob nur die beiden Wörterbücher (Duden und Bertelsmann) anerkannt sind. Auch auf die Frage der Dauerrevision sollte dabei eingegangen werden. Sind hier immer wieder neue Wörterbücher einzukaufen?
Nach verbindlichen Aussagen mehrerer Schulen haben diese
1998 den damals gültigen Duden nach der neuen Rechtschreibung gestellt bekommen. Dieser steht in jedem Klassenzimmer. Bis heute hat sich daran nichts geändert.
Auch die Frage, die Herr Scheuermann stellt, finde ich sehr interessant, ob nun ein Lehrer alle diese Wörterbücher einsetzen, also sich doppelt und evt. dreifach rückversichern müsse.
Und es kommt darauf an, in welcher Klasse sich Ihr Sohn befindet, Herr Scheuermann: Wurde er zum Beispiel 4 Jahre nach der neuen Rechtschreibung erzogen, liest aber jetzt Karl May nach der alten Rechtschreibung. M.E. schreibt er so, wie er es in der Schule gelernt hat. Schüler wissen, was sie zu schreiben haben, trotzdem bleibt ein gewisses Unbehagen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.08.2002 um 07.21
Ein kurzer Exkurs, ein sogenanntes Einblenden! Trotzdem kehre ich aber sofort wieder ernst in die Diskussion zurück:
Meine Gedichte sind nicht literaturpreisverdächtig, aber in der Auswahl immer vorne dran, zugleich eine Antwort auf Martin Reimers bezüglich seiner Anfrage zum Punkt Verben: Ich benütze eine Menge Verben, um mich auszudrücken. Auf die Frage nach dem Spießer lasse ich mich hier nicht ein, aber die RSC hat mich inspiriert über den Fantasten und den Realisten zu schreiben.
Und überhaupt - was macht der Lehrer in der unterrichtsfreien Zeit? Er dichtet, denn "er hat ja nichts zu tun":
Virtuelle Freundschaften
leuchten wie ein Sonnenblumenfeld
grünen wie Moos und Farn
singen von Arien und Sonaten
durchzogen von blauen Blitzen
sehen die Leidenschaft
erwarten die Zuneigung
erfreuen durch Zauberkraft
hörbar der schrille Sound
tränendes Glück
traute Vergangenheit
berauschende Zukunftsmusik
spürbar der bebende Zweifel
virtuell die Sprechblase
eigentümlich die Wörter hinter Glas
schöner nur die Realität
aber noch viel mehr der romantische Traum
ReMa am 05.08.02
eingetragen von Theodor Ickler am 06.08.2002 um 18.44
Ich werde entweder selbst auf dem Dienstweg bei der bayerischen Staatsregierung anfragen, welche Wörterbücher zu benutzen sind, oder einen Lehrer anregen, diese Frage offiziell zu stellen. Die Antwort wird dann hier mitgeteilt werden.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 06.08.2002 um 16.55
Professor Icklers Frage führte mich zu einer weiteren, die ich an Frau Dr. Menges (aber natürlich nicht nur an sie) weitergeben möchte.
Der rheinland-pfälzische Kultusminister Prof. Dr. E. J. Zöllner hatte am 1.12.1997 an die dortigen Lehrer ein Rundschreiben versandt: "Sie können also getrost alle großen, derzeit auf dem Markt befindlichen Wörterbücher für Ihre Korrektur zugrunde legen. Sollten sich Abweichungen ergeben, so ist in jedem Falle zugunsten der Schülerin oder des Schülers zu entscheiden."
Auf diesen Satz durften (dürfen?) sich natürlich auch die Schüler berufen, und damit wird automatisch aus dem "können" ein "müssen": Lehrer müssen ALLE "großen Wörterbücher" vorhalten, damit sie prüfen können, ob die von einem Schüler gewählte Schreibweise sich nicht zumindest in einem dieser "großen" Wörterbücher findet. (Was ist in diesem Zusammenhang ein "großes Wörterbuch"? Welches darf ausgeschlossen werden?)
Käme es zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, so könnte angesichts des länderübergreifenden Charakters der RSR ziemlich sicher einem Schüler eines anderen Bundeslandes nicht verwehrt werden, was einem rheinland-pfälzischen Schüler zusteht. Wenn ein Lehrer eines anderen Bundeslandes sichergehen und gewappnet sein möchte, so gilt Zöllners Rundschreiben daher auch für ihn.
Was Zöllner schrieb, galt in bezug auf die bis Ende 1997 auf dem Markt befindlichen großen Wörterbücher. Aber die neu hinzugekommenen sind doch sicher nicht auszuschließen. Muß ein Lehrer nun auch ALLE diese Wörterbücher heranziehen, bevor er entscheiden darf, ob eine fragliche Schreibweise richtig, "überholt" oder gar falsch ist?
Zusatzfrage: Halten die Lehrer sich streng an die Vorgabe, vor 2005 dürfe nicht als "falsch" gewertet werden, was bis 1996 richtig war? Kann man sich unbedingt darauf verlassen? Kann ich also unserem Jungen bedenkenlos raten, er dürfe so schreiben, wie er es (z.B.) in meinen Karl-May-Bänden liest?
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2002 um 20.02
Frau Menges wirft eine interessante Frage auf: Wie offiziell ist die permanente Revision eigentlich? Das berührt den ungeklärten Status der Rechtschreibkommission. Bisher war es weder mir noch anderen möglich, hierüber etwas Genaueres zu erfahren. Handelt sie autonom, wie es von der KMK angedeutet wurde, als ich mich zum Beispiel darüber beschwerte, daß die Kommission nur ihre Geschäftspartner zu den Beratungsgesprächen einlädt? (Briefe von Generalsekretär Thies u. a. liegen vor.)
Fest steht, daß die Wörterbuchredaktionen von Bertelsmann und Duden (sowie Frau Wahrig-Burfeind) revidierte Wörterbücher herausgebracht haben, daß sie diese Änderungen nicht auf eigene Faust vorgenommen haben, sondern in enger Zusammenarbeit mit der Kommision (von beiden Seiten mehrfach bestätigt), ferner, daß die Kommission, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die revidierten Wörterbücher als "zuverlässig" bezeichnet hat. In diesem Sinn ist die permanente Revision belegbar und auch hier schon mehrfach belegt, so daß man an der Tatsache nicht vorbeigehen kann.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 05.08.2002 um 19.06
Es sind zwar nicht nur Spießer, die mit ihre Anreden Noten geben, aber der elegante Gentleman (bzw. die wahre Lady) wüßte unabhängig von der Empfindung oder Einschätzung zu schreiben: "Verehrte Frau XY" bzw. Entsprechendes, was man hier vielfach bestätigt finden kann. (Hat Professor Ickler Frau Menges das "Sehr" mit Absicht vorenthalten, als Rest-Rache? Eine Schmähung, da doch sonst die Formvollendung demonstriert wird?
Ich finde Herrn Markners Kommentar genial. Die verehrte Lady Menges verweigert also "Herrn Ickler" die Sympathie-Note "Lieber", die sie an zwei andere Herren im einsehbaren Radius verteilt. Ist das die Rache für das Ausbleiben des "Sehr" beim Gentleman Ickler? Schmähung folgt auf Schmähung.
Ich bin kein Gentleman, das weiß man. Deshalb frage ich mal ganz direkt und neugierig: Sehr verehrte Frau Menges, wieso schreiben Sie nicht "Lieber Herr Ickler", sondern nur "Herr Ickler?" Was wollen Sie damit aussagen?
PS: Sehr verehrte Frau Menges, als wahre Lady können Sie nicht nur, sondern Sie müssen diese Frage ignorieren.
eingetragen von Martin Reimers am 05.08.2002 um 18.17
Nanu, Herr Markner? Sind es wirklich nur Spießer, die die Anredevarianten »Sehr geehrter Herr«, »Lieber Herr« unterscheiden? Das will mir nun wirklich nicht ganz einleuchten. (Natürlich kann es einen irritieren, die Varianten in einem Text so untereinander zu sehen.)
Aber sagen Sie, Frau Menges, wie kommt es eigentlich, daß seit einiger Zeit so viele Verben bezugslos in der Landschaft stehen gelassen werden:
"Dazu habe ich schon weiter unten geschrieben und ich will nicht allzu tief hier eingehen."
Ich weiß nicht, ob das aus der modernen Pädagogik kommt - oder aus der Soziologie, auf jeden Fall halte ich es für mehr als gewöhnungsbedürftig. Vielleicht sollte einmal jemand untersuchen, was mit dieser Marotte bezweckt werden soll, bzw. wie diese breiartige Richtungslosigkeit die Sprache (vielleicht auch unfreiwillig) erscheinen läßt. Hat da jemand eine Idee?
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Norbert Schäbler am 05.08.2002 um 17.45
… macht unheimlich Spaß.
Nur die ungelenken Ausrutscher tun weh, Frau Doktor!
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 05.08.2002 um 17.25
Immer wieder interessant, wie sorgfältig deutsche Spießer zwischen »Sehr geehrter Herr«, »Lieber Herr« und »Herr . . . !« (setzen, sechs !) zu unterscheiden vermögen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.08.2002 um 17.05
Lieber Herr Genzmann,
wieso nennen Sie mich eigentlich nur noch Frau M.?
Management in der Schule- heute machen wir Management, Projektleitung, Teamleitung in der Schule (= Teile der Schulgestaltung und der Schulentwicklung).
Jede Schule muss selbst laufen lernen. Dazu habe ich schon weiter unten geschrieben und ich will nicht allzu tief hier eingehen. Diese Studie, von der ich berichtete ist erfrischend- man muss auch mal lachen und ich lese alles darüber, was zu diesem Thema erscheint. Aber unsere Meinungen, Herr Genzmann gehen ganz oft sehr weit auseinander, besonders bei Themen, die nicht die neue und die alte Rechtschreibung betreffen ( hier natürlich auch!). Bei näheren Ansicht Ihrer sehr ansprechenden und umgänglichen Art würden wir aber sicherlich zusammenkommen. Ich denke manchmal in der Schule an Ihre Beiträge ( zum Beispiel in der ersten Klasse bis 100 rechnen = Individualisierung, Differenzierung).
Herr Ickler,
in ihren letzten Beitrag sprechen wir dieselbe Sprache. Was Sie in diesem Beitrag schreiben ist bekannt und klar! Es gibt aber ganz eindeutig ( mehr als die Hälfte!) meine Argumentation. Da ich eine Pragmatikerin bin, bin ich sicher, dass es ebenfalls einen inneren Aufstand gäbe, wenn das "Zurück" soweit käme. Die Dauerrevision in Ehren, aber bitte, wo steht sie denn offiziell geschrieben? Kein Schulrat wird ein Schreiben darüber in der Hand haben, sonst hätten wir es auch. Fazit: Duden kaufen und hier lesen. Die Meinungen der Schulräte und Regierungsschulräte gehen auch hier in alle Richtungen. Das KuMi ist doch nicht ausgenommen. Jeder hat eine persönliche, private und eine öffentliche Meinung. Staatsdiener haben nun einmal keine universitären Freiheiten. Darüber muss man aber nicht schreiben, hier geht es um die Schulen und um deren Inhalte (in diesem Fall eben die Rechtschreibung).
Lieber Herr Lindenthal,
Ihre Ausführungen muss ich zuerst äußerst genau lesen, nachdem Sie meinen Satz so verfälscht haben. PISA läuft in Bayern anders, aber selbstverständlich wissen Sie das!
Nette Grüße- bitte beschreiben Sie auch mal den Stand Ihres beruflichen Daseins.
eingetragen von Rolf Genzmann am 05.08.2002 um 12.51
Da hat Frau M. aber eine piekfeine Adresse ausgegraben.
Wirklich, die außerordentlich spannenden Begriffe Analytiker, Macher, Integrator und Erfinder sind sogar mit Photos illustriert:
Analytiker = Einstein, wer denn sonst.
Macher = James Bond mit Colt, allerdings nicht Sean Connery selbst, sondern leider nur sein dritter oder vierter Aufguß.
Integrator = Willi Brandt, wer will da noch zweifeln.
Erfinder = Daniel Düsentrieb, ein genialer Verwandter von Donald Duck.
Im weiteren besteht die über 100 Seiten lange „Studie“ jede nur erdenkliche Anforderung
des modernen Managerwesens und sämtlicher moderner Wesen, besonders auch des internationalen, ja globalen Schulwesens, denn sie enthält ausschließlich Quark- und Quatschwörter.
Unter den beteiligten Gruppen ist die Bertelsmann-Stiftung zu erwähnen, ohne die ja überhaupt kein moderner Fortschritt, keine Innovation, keine Kommunikation, keine Evaluation und keine sonstige -ation mehr möglich scheint, wie man an dem unglaublich analytischen, gemachten, integrierten und erfundenen Bertelsmann-Wörterbuch ersehen kann.
Schade, daß den weiland erfundenen Hitlertagebüchern aus dem gleichen Hause nicht ebenfalls der erstrebte Umsatz beschieden war. Denn so ermangelt es uns bedauernswerten Solchen der Analyse, des Machens, Integrierens und Erfindens im Unterricht der Geschichte.
Indes besteht immer weltweit Hoffnung dank Timms und Pisa 1, 2, 3 usw., die uns, - es geht nicht anders -, entsetzlich erschrecken müssen, damit dem Steuerzahler widerspruchslos erhebliche Mittel abgezwackt werden können für etwas, das man Bildungsreformen nennt, jenen seit 1963 bewährtesten Wust an Quark- und Quatschwörtern, der alle Lehrpläne dieser Welt in beliebiger Menge vollkommen integrativ ausfüllt.
Es lebe James Bond, sein nächster Aufguß kommt bestimmt, es lebe Danny Düsentrieb, ein Hoch auf die Embleme und Wahrzeichen der Boston Consulting Group.
__________________
Rolf Genzmann
eingetragen von Theodor Ickler am 05.08.2002 um 06.58
Nein, liebe Frau Menges, so habe ich es nicht gemeint, habe mich vielleicht, weil es sich um eine Wiederholung handelt, zu kurz gefaßt. Es sind gestandene Lehrer, Mitprüfer bei Lehramtsprüfungen, die mich auf die RSR ansprechen und ihre Mißbilligung des Unternehmens aussprechen. Auch über die Schulaufsicht äußern sie sich in wenig schmeichelhafter Weise. Ich könnte auch viele Schulen nennen, die mir entsprechende Botschaften geschickt haben, aber ich will niemanden in Schwierigkeiten bringen.
Übrigens wäre es nicht schlecht, wenn Sie sich einmal auf die unbestreitbare Tatsache der Dauerrevision einlassen und nicht länger von der RSR reden würden, als gäbe es sie noch. Man muß alles berücksichtigen, was die Reformer angerichtet haben.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.08.2002 um 19.34
![]()
Frau Menges schrieb:
> Es macht beiden Seiten Spaß mit Lust und Laune
so an das Thema heranzugehen. <
Frau Menges!
Bitte erlauben Sie mir, daß ich Sie nach wie vor mit
Liebe Frau Menges!
anrede, das klingt doch gleich viel höflicher; und Höflichkeit erleichtert die Befassung mit Sachfragen.
Zur Sachfrage Zeichensetzung:
>Ihr Komma in meinem Satz! [?] macht eine Zäsur, die den Gedankenfluss unpassend unterbricht. <
Kann es sein, daß Sie hier nur Ihren eigenen Gedankenfluß als Schreiberin beim Schreiben im Auge haben, die Lesehindernisse der Leser beim Lesen hingegen nicht?
Wenn Sie angeben, daß ein Einschnitt nach „Spaß“ Ihnen als unpassende Unterbrechung erschiene, kommen mir Zweifel an Ihrer Aufrichtigkeit.
> "Ein Komma ist aber nicht sinnvoll:
– wenn der erweiterte Infinitiv mit dem Hauptsatz verschränkt ist ..."<
(Duden _21, S. 46 r.u., R 75)
Warum nennen Sie diese Aussage? Eine Verschränkung kann ich nicht erkennen.
Sie nennen R 75 (>„Den erweiterten Infinitiv mit zu [„zu“] [ ... ] kann man mit [durch] Komma abtrennen ... “<), doch verschweigen Sie seine vorletzte Regel: „Zielt ein hinweisendes Wort ... auf die Infinitivgruppe, dann müssen Kommas gesetzt werden <§ 77 (5)>.“
Danach ist in Ihrem eingangs genannten Satz auch aufgrund der von Ihnen selbst genannten und offenbar anerkannten Regeln ein Beistrich erforderlich, denn der Satz enthält gleich zu Anfang das hinweisende Wort „Es“.
Liebe Frau Menges,
wenn ein Mensch dicke Brillengläser und schwachen Blutdruck hat, ist das ja nicht so schlimm, aber er muß dann ja nicht unbedingt Pilot werden.
Wenn Sie mit der Zeichensetzung und dem Zitieren nicht so gut zurechtkommen, dann müssen Sie ja nicht unbedingt als Lehrerin arbeiten.
Haben Sie gar kein schlechtes Gewissen wegen des PISA-Bockmistes, den Sie und Ihre Kolleg(inn)en zu verantworten haben? Sie verbauen den jungen Leuten den Berufserfolg, denn dafür ist Gedankenaustausch und dafür wiederum Sprachbeherrschung zwingend erforderlich; PISA-Sprachschwäche fördert Arbeitslosigkeit.
Der große Mangel ist, daß Deutschlehrer, wenn sie sich in Normierungsfragen einmischen, sich auf ein Gebiet vorwagen, für das sie nicht ausgebildet sind und in das sie sich nicht eingearbeitet haben.
Wer bei Sprachregeln mitreden und mitentscheiden will, muß die Fülle der Einzelfälle der Schriftsprache kennen; und die kennen nur Schriftsetzer und Lektoren, die täglich mit unterschiedlicher Sprache arbeiten; „Duden“ und „taz“-Lektüre genügen bei weitem nicht.
Gruß, Detlef Lindenthal
__________________
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.08.2002 um 17.38
Herr Ickler!
Es ist selbstverständlich, dass Studienabgänger/ Referendare Sie nach der Rechtschreibung fragen. Sie müssen nach der Universität im Beruf fit werden. Natürlich haben Sie sich im Schulbereich an die neuesten Richtlinien zu halten. Das wird ihnen schon durch die Seminarleitung klar gemacht. Alleine die Aufregung endlich im Beruf anzukommen, lässt ihre Frage an Sie richtig erscheinen.
Natürlich sind Reformkritiker unter den Lehrern, aber wem hilft das weiter? Aus einer interessanten Studie (Die Zukunft bilden, The Boston Consulting Group) möchte ich hier einige Statements einbringen:
"Binde die Führungspersonen ein: Die Schul- und Fachbereichsleiter – und letztlich auch die verantwortlichen Ministerien – sollten nicht nur informiert sein, sondern müssen neue Initiativen mittragen und unterstützen" (S. 44). Hier müsste also angesetzt werden. Die Ministerien wissen aber nichts von einer möglichen Umstrukturierung und einem Zurück zur alten Rechtschreibung.
"Schaffe die notwendigen Rahmenbedingungen: Die Einführung von Neuerungen fordert Flexibilität" (S. 44). Die Rechtschreibreform wurde eingeführt. Es wurde von uns eine große Flexibilität gefordert. Der Weg zurück würde auch größte Flexibilität erfordern, denn nun haben wir die neuen Schulbücher. Alte Schulbücher sind nicht mehr zu erhalten. Es müsste wieder umgeschrieben werden.
"Mach aus den Neuerungen Normalität" (ebenso S. 44)
Das ist passiert! Die neue Rechtschreibung ist "relative" Normalität.
Herr Lindenthal,
Ihr Komma in meinem Satz! macht eine Zäsur, die den Gedankenfluss unpassend unterbricht.
Denn: ( Duden, Dt. Rechtschreibung, 1996, s. 46) Ein Komma ist aber nicht sinnvoll
- wenn der erweiterte Infinitiv mit dem Hauptsatz verschränkt ist ..."
R 75: Den erweiterten Infinitiv mit zu kann man mit Komma abtrennen ... "
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 04.08.2002 um 16.52
... erscheit immer die Fehlermeldung "Fatal error: Allowed memory size of 8388608 bytes exhausted (tried to allocate 131504 bytes) in /home/www/rechtschreibreform.de/httpdocs/Forum/global.php on line 548", wenn ich eine Forumsantwort abschicke - aber die hat offenbar keine Bedeutung. (?)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 04.08.2002 um 16.47
Diese Überschrift in der heutigen "Schwetzinger Zeitung" fiel mir ins Auge und Google in den Arm: Diese reichlich gewagte Ellipse soll dazu herhalten, die Verwirrung zu beweisen, in die ich gestürzt wurde, als ich diese und ähnliche Größenangaben bei unserer hochmögenden Sprachschiedsstelle einer Überprüfung unterzog. Solche Angaben sind Legion! "Erbsen große" Krümel, "Stecknadelkopf große" Wunden, "Tennisball große" Höhlungen - alles das findet sich! Dagegen siecht das bei uns Ärzten so beliebte "fünfmarkstückgroß" aus offenkundigen Gründen dahin - es ist schon ein Trauerspiel!
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Christian Melsa am 04.08.2002 um 14.34
Ich bin etwas milder veranlagt und fordere nicht gleich Rücktritt (diese Forderung halte ich schon bei Politikern für längst inflationär entwertet und mehr für einen Showeffekt als eine nützliche Sache; man muß auch die Chance haben können, aus Fehlern zu lernen), aber:
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Es gibt auch Lehrer, ebenso Schüler, die Ihre Lehrer/Schüler auf diese Art und Weise testen. Es macht beiden Seiten Spaß mit Lust und Laune so an das Thema heranzugehen.
Das finde ich schon witzig, mit welch überbordend positivem Denken Sie da herangehen. Denn im Umgang mit der alten Rechtschreibung wurden entsprechende Phänomene von den Reformern als Diskriminierungen gescholten, weshalb die Reform ja so dringend notwendig gewesen sei. Schwache würden gehänselt, bekämen Minderwertigkeitskomplexe, würden durch andauernde Berichtigungen entmutigt, die Rechtschreibung würde von vielen Lehrern als Disziplinierungsmittel eingesetzt, als Herrschaftsinstrument. Ich erinnere mich noch gut an die rhetorischen Figuren, in denen die rote Korrekturtinte mit blutigen Leiden konnotiert wurde, die Lehrer, die das Falsche anstrichen und das Richtige anmerkten, als sadistische Bösewichte. "Rechtschreibung als Rohrstockersatz", so wurde das gesehen.
Passiert Ähnliches nun mit der neuen Rechtschreibung (was eigentlich nicht anders zu erwarten sein konnte), dann ist es plötzlich der spielerische, lebhafte Umgang mit der Materie. Bedenkt man, wieviele Lehrer es gibt, dann kann man wohl davon ausgehen, daß es beide Szenarien gab, gibt und immer geben wird, nicht unbedingt immer in den gleichen Proportionen, aber die Reform hat an vorhandenen Mißständen der orthographiebegründeten Diskriminierung ganz sicher nichts verbessern können. Auf der einen Seite mag der Druck abgenommen haben, wo nämlich die Lehrer selber nicht mehr durchblicken, andererseits liefert die Reform, wie gesagt, ein ganz neues Kriterium der Diskriminierung: Die "ewiggestrigen Altschreiber", lächerliche Kämpfer gegen Windmühlen, bzw. die "rückgratlosen Reformmitmacher", lächerliche Verfechter eines mißlungenen Werks. Die "Rechtschreibversager", deren Rechtschreibung so schlecht ist, daß es unangenehm auffällt, gibt es natürlich immer noch, und deren Anzahl dürfte eher zugenommen haben als abgenommen.
Grundsätzlich kann es keine Lösung sein, die Grundlage zur Beherrschung einer Kulturtechnik und damit diese selbst zu verderben, um das Niveau der allgemeinen Beherrschung zu verringern und den Abstand der Leistungsstarken vor den Leistungsschwachen damit für letztere gefälliger zu gestalten. Dieser Ansatz, der für die Rechtschreibreform mit ihren realen Folgen so kennzeichnend ist, birgt inhärent Degenerierungsgefahren für eine ganze Gesellschaft. Ziel muß sein, die Leistungsunterschiede für alle Beteiligten gefälliger zu gestalten, ohne die Abstände zu leugnen. Indem man die Realität leugnet, wird man schwerlich zu soliden Lösungen kommen. Die Leistungsunterschiede sind Realität, und wenn man die Gesamtleistung der Gesellschaft nicht reduzieren möchte, dann muß man den Schwachen Förderung anbieten, nicht die Starken an ihren Stärken hindern. Darüber hinaus ist auf ein Menschenbild hinzuwirken, das den Wert eines Menschen nicht so eindimensional auf dessen (letztendlich marktwirtschaftlich verwertbare) Leistung begrenzt, was vom gegenwärtigen neoliberal-turbokapitalistische Trend in der Politik leider noch verstärkt wird. Daß Menschen lieblos begegnet wird, daran ist nicht die alte Rechtschreibung schuld, sie kann nur dafür instrumentalisiert werden, genau wie die neue Rechtschreibung und viele andere Dinge auch.
eingetragen von Theodor Ickler am 04.08.2002 um 08.54
Meiner Ansicht nach kann man "Schule" und "Reformkritiker" nicht in dieser Weise einander gegenüberstellen, denn die Schule wimmelt selbstverständlich von Reformkritikern. Ich habe noch keinen Lehrer getroffen, der für die Reform gewesen wäre, bei gemeinsamen Lehramtsprüfungen sprechen mich die meisten auf die Reform an (weil ich einen gewissen Bekanntheitsgrad in dieser Gegend habe) und drücken ihr Mißfallen über die Reform aus, ganz ungefragt. Öffentlich sagen sie natürlich nichts, es gibt Fälle von Diskriminierung, Mobbing und "Strafversetzung" wegen Protestes gegen die RSR. Es soll auch Beförderungen wegen besonderen Reformeifers gegeben haben, und natürlich muß ich als Ausnahmen jene wenigen Lehrer angeben, die vor einigen Jahren im Regierungsauftrag zwecks Reformpropaganda herumgeschickt wurden. Sie sind in der Versenkung verschwunden, haben aber zweifellos bei der Regierung einen Stein im Brett.
Bei einer offiziellen Rücknahme der Reform (anstelle des jetzigen halbherzigen Gemurkses mit inoffiziellen Teilrückbaumaßnahmen) würde zweifellos ein großes Seufzen der Erleichterung durch die Reihen der Lehrer gehen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.08.2002 um 08.46
![]()
Liebe Frau Menges,
Sie schreiben:
„Es macht beiden Seiten Spaß mit Lust und Laune so an das Thema heranzugehen.“
Nach dreimaligem Durchlesen habe ich meine Vermutung gefestigt, wo Ihre satzbeendende bekleidete Grundform mit zu beginnt. Doch bis diese Vermutung an Sicherheit gewann, mußte ich die anderen Möglichkeiten prüfen, mindestens:
„Es macht beiden Seiten Spaß mit Lust und Laune, so an das Thema heranzugehen.“
Auch dieser ziemlich lächerliche Satz ist Ihnen zuzuschreiben, denn Sie haben ihn nicht durch richtige Kommasetzung ausgeschlossen.
Bei Deutschlehrern und überhaupt bei Lehrern ist Lächerlichkeit nicht zu verantworten. In den Seelen der Kinder wird unabsehbarer Schaden angerichtet, wenn ihre Lehrer lächerlich, angreifbar und widersprüchlich handeln. Ich fordere Sie hiermit auf: Bemühen Sie sich um ernsthafte Rechtschreibung oder treten Sie als Lehrerin zurück.
Mit freundlichem Gruß
Detlef Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.08.2002 um 07.56
Herr Wrase,
Sie hätten Recht: Menges stammt (evt.) von Magan ab und damit würde man Mänges schreiben. Magan entstammt aus dem althochdeutschen Sprachgebrauch und bedeutet in seiner Übersetzung "Kraft". Magan deutet auf einen kräftigen Menschen hin. Magan muss man haben, um hier zu schreiben :-).
Aber Melsa (wer hätte das gedacht?) hat mich versöhnt. Den Beitrag, den er geschrieben hat, kann ich unterschreiben. Er versöhnt mich sogar mit den vorausgegangenen Schreiben (Scheuermann/ Ickler). Ihren neuen Spitznamen, Herr Dr., will ich Ihnen gar nicht mitteilen, aber Spaß beiseite.
Zum Beitrag Melsa:
Es gibt auch Lehrer, ebenso Schüler, die Ihre Lehrer/Schüler auf diese Art und Weise testen. Es macht beiden Seiten Spaß mit Lust und Laune so an das Thema heranzugehen.
Übrigens ist mir folgendes Thema eingefallen: Sollten beide Seiten nicht mehr miteinander sprechen können (Schule und Reformkritiker, Herr Scheuermann!), wäre ein Teil des Gespräches, ein Teil der Möglichkeiten verloren gegangen. Von meiner Seite war es fast so weit, sollte aber der Dialog/das Gespräch weitergehen, was unbedingt nötig wäre (man erfährt ja nichts aus dem KuMi) würde ich es für viele unserer Lehrer begrüßen. Sonst würde ich mich keineswegs hier engagieren. Außerdem glaube ich, dass dieser Streit, dieses Streitgespräch mich/uns ein Leben lang begleiten wird. Erst wenn unsere Generation ausgestorben ist, denke ich, wird Ruhe einkehren. Kein Thema hat die Menschen in deutschsprachigen Ländern a.) so lange beschäftigt und b.) aber auch ganz kalt gelassen. Die ältere Generation schreibt privat ihre Rechtschreibung und kauft sich die Bücher, die der Ottonormalverbraucher haben will. Die Rechtschreibung ist egal. Das ist privat! Im öffentlichen Bereich "haben" wir die neue Rechtschreibung zu schreiben, und damit hat sich das Thema "fast" in Luft aufgelöst.
eingetragen von Christian Melsa am 02.08.2002 um 17.12
Zitat:Da wäre ich mir nicht so sicher. Ich habe schon öfters davon gehört (und es auch selber erlebt), daß manche Kinder wegen der Rechtschreibreform auf manche Rechtschreibkleinigkeiten besonders stark achten. Etwa dergestalt, daß sie den Lehrer darauf aufmerksam machen, wenn er aus Versehen an der Tafel ein ß schreibt, wo laut neuer Regeln ss stehen sollte. Diese Kinder macht es stolz, daß sie bei diesen Dingen, die in der Medienöffentlichkeit durchaus als relevant behandelt werden, den meisten Erwachsenen "voraus" sind (leider haben sie unfreiwilligerweise und also wahrscheinlich auch unbewußt das Minderwertigere gelernt, tatsächlich liegen sie also nicht voraus, sondern zurück). Ich habe mich einmal während eines Frankfurt-Aufenthalts mit litebloo getroffen, die hier noch in guter Erinnerung sein dürfte. Sie hat jeden Altschrieb auf irgendeinem Schild am Hauptbahnhof bemerkt und kommentiert; besonders hat es sie aber aufgebracht, wenn offensichtlich Neuschrieb beabsichtigt war, darin aber (die typischen) Fehler gemacht wurden.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Allen Kindern ist die Rechtschreibung in dem zu lesenden Buch egal
Diese Empfindlichkeit hat natürlich nicht jeder Schüler. Nur die in diesem Bereich besseren, jene nämlich, die auch mit der alten Rechtschreibung schon überhaupt keine Probleme gehabt hätten, nutzen die neuen Regeln und Schreibweisen zur Profilierung. Die Situation fordert ja dazu heraus. Sie kopieren quasi die Häme der "beruflichen" Reformbefürworter aus Kultusbürokratie usw. sowie pseudoprogressiver Linksdogmatiker, wie sie in den Medien oft zur Sprache kommen. Die Respektlosigkeit vor dem Alten bzw. dem Alter, dem Traditionellen, dem Überlieferten, der die (übertrieben) antiautoritäre Bewegung oft kennzeichnet, wird hier erzieherisch wirksam, wenn auch möglicherweise ungewollt, indem etablierte Sprachnormen als überholt, nunmehr wertlos, gleichsam verstaubter Tand, verschlissener Ausschuß dargestellt werden - zwar völlig unsachlich, geradezu widersinnig, aber wegen der anschaulichen Vorstellung eines Abnutzungsvorgangs dennoch wirkungsvoll. Den meisten anderen Schülern dürfte, weil sie bei dem gegenwärtigen Durcheinander eh nicht mehr durchblicken, Rechtschreibung sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben allerdings tatsächlich gleichgültiger als jemals zuvor sein. Wenn sich die Orthographie einfach mal so ändern läßt, auch gegen laute Proteste aus Bevölkerung und Expertenkreisen, müssen sie ja annehmen, es sei letztendlich auch gar nicht so wichtig, ob man so oder so schreibt, zumal sprachliche Standards wie die Orthographie heute, wo alles privatisiert wird und sowieso nichts mehr vor restloser Kommerzialisierung sicher ist, eher wie kurzlebige Wegwerfprodukte erscheinen, auf deren Entwurf man keinen größeren Einfluß hat als auf den der neuesten Windows-Version (einschließlich der Bugs). Was neuerdings richtig und was falsch sein soll, weiß ohnehin kaum jemand wirklich genau, also fällt schwache Leistung hier nicht mehr so auf (was die Reformer eigentlich begrüßen müßten, gut möglich also, daß das Chaos von ihnen nicht ganz so unbeabsichtigt ist). Es ist zu erwarten, daß diese Einstellung dann auch auf andere Bereiche der Sprache und des schulischen Lernstoffs abfärbt. Das betrifft auch Ausdruck und Inhalt von Texten; diese Kategorien lassen sich von Rechtschreibung nicht so einfach trennen, wie Frau Menges das in ihren Beiträgen zu meinen scheint. All diese Sprachbereiche sind miteinander verwachsen, man kann nicht in einem Bereich Änderungen vornehmen ohne Auswirkungen auf die anderen Bereiche.
Zurück zu den Leistungsstärkeren: Als sich profilierender jugendlicher Neuschriebverfechter kann man seine oppositionelle Haltung gegenüber den allermeisten Erwachsenen dann sogar wunderbar in pubertäre Rebellionsattitüden integrieren: Was wollt ihr mir eigentlich erzählen, ihr seid ja nicht mal bei der Rechtschreibung mehr auf der Höhe der Zeit, im Gegensatz zu mir! Diese Profilierungserscheinungen bergen die Gefahr, sich zu einer "orthographischen Arroganz" zu entwickeln, die in der gegebenen, der Reform zu verdankenden Lage eine ungleich bessere Grundlage hat als früher. Die Rechtschreibdiskriminierungen können sich in eine ganz neue Dimension entfalten, zumal der allgemeine Beherrschungsgrad der amtlichen Regeln (und Schreibweisen, welche das am Ende auch immer sein mögen) fatal zurückgegangen ist. Dies übrigens vor allem bei den Bereichen, in die die Reform Neuerungen gebracht hat, das ist z.B. in der Presse und mehr noch im Internet deutlich beobachtbar. Wer so korrekt wie möglich den amtlichen Regeln entsprechend schreiben will, muß heute mehr Insiderwissen haben als vor der Reform. Am besten, er beherrscht nebenher auch noch die alte Rechtschreibung perfekt (was man von einem Schüler momentan aber einfach nicht mehr erwarten kann, gleichwohl er daran keine Schuld trägt), da sich so auch die Neuerungen der Reform besser verstehen lassen. Die Eiertänze der Reformkommission lassen die "korrekte" Auslegung des neuen Regelwerks ja immer esoterischer werden.
Ob all diese Effekte aus pädagogischer, didaktischer oder auch gesellschaftlicher Sicht wünschenswert sind, mag jeder selbst bewerten.
eingetragen von Christian Melsa am 01.08.2002 um 14.54
Zitat:Wenn das eine Erklärung dafür sein soll, daß Sie trotz ihrer Mängel versuchen, die neue Rechtschreibung anzuwenden, dann muß ich nachhaken und fragen, warum diese neue Rechtschreibung ein Ausdruck der Modernität sein soll. Was ist daran modern? Die Egal-Haltung, die sie letztlich effektiv bewirkt? Sofern man den Begriff der Modernität eng an "Mode" anlegt, mag man die "reformierte" Rechtschreibung als modern bezeichnen können, als irrationalen Modetrend, der von herdentriebhaften Mitmach-Reizen emporgehoben wird. Das zumindest ist offensichtlich. In diese Kategorie gehörten dann etwa auch Modeerscheinungen wie das Tragen von Plateauturnschuhen (Marke Buffalo), das unter jungen Mädchen immer noch nicht ganz abgeebbt ist, obwohl Orthopäden vor den Dingern warnen. Ich frage mich, ob Sie wohl so begeistert modern sind, daß auch Sie solche Schuhe tragen.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Außerdem bin ich jemand, der auf die Moderne steht.
eingetragen von Wolfgang Wrase am 01.08.2002 um 14.22
Stammprinzip "ä statt e"
Frau Mänges: Warum sollen wir nicht nach dem Stammprinzip schreiben, vorausgesetzt es ist richtig?
ädel
fäst
härb
Äsel
Hächt
Färkel
Ärbse
Ärnte
Häcke
hätzen
stämmen
wäcken
Älsass
Ätsch
Ängland
Mänsch
Ärzängel
...
Da fählt noch einiges. Warum also sollten wir nicht das Stammprinzip bedänken?
eingetragen von Theodor Ickler am 31.07.2002 um 15.15
Was soll die Sütterlinschrift hier? In ihr sind keine Druckwerke überliefert, folglich hat ihre Abschaffung keine schlimmeren Wirkungen, als daß junge Leute von heute die Briefe ihrer Großeltern nicht mehr lesen können. Anders steht es mit der Abschaffung der Fraktur. Hier hat in der Tat ein Kulturbruch stattgefunden. Prof. Munske hat schon vor vielen Jahren darauf hingewiesen, daß Texte in Fraktur von Studenten kaum noch gelesen werden. (Dies soll aber kein Plädoyer für ihre Wiedereinführung sein!)
Die flächendeckende Einführung etymologischer Schreibungen, liebe Frau Menges, würde vielleicht einem Jacob Grimm gefallen, aber die Sprachgemeinschaft hat sich aus guten Gründen anders entschieden. Es würde sehr viel ändern und nicht den geringsten Nutzen stiften.
Fazit: Die bisherige Rechtschreibung hat sehr gut funktioniert, war nie grammatisch falsch und auch keineswegs zu schwer erlernbar (wenn man sie richtig darstellt, also etwa so, wie in meinem Wörterbuch erstmals versucht). Eine Änderung muß folglich SEHR starke Gründe für sich haben, sonst ist sie unbedingt schädlich.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.07.2002 um 13.17
hat nichts mit der Lust des Schülers zu tun ein Buch zu lesen. Allen Kindern ist die Rechtschreibung in dem zu lesenden Buch egal, Herr Lachenmann. Hier können wir sogar auf der gleichen Linie denken (will ein Schüler ein Buch lesen, liest er es; die Rechtschreibung s. u. ist nicht wichtig!). Nur den Eltern, die diese Bücher kaufen ist es nicht egal. Aber ob die Kinder überhaupt lesen ist ja grundsätzlich wichtig. Die Schrift ist zum Lesen da!
Herr Lachenmann, ich habe Ihren Beitrag nicht vergessen, aber ich muss mir erst Gedanken dazu machen.
eingetragen von Walter Lachenmann am 31.07.2002 um 11.39
Frau Menges: »Das Spannungsmoment und der Aufbau des Buches sind es, der unsere Schüler zum Buch führt.«
Wie geht das vor sich? Spannungsmoment und Aufbau können auf die Schüler doch erst wirksam werden, wenn sie das Buch anfangen zu lesen. Also müssen die Schüler durch etwas anderes, etwa eine Empfehlung, zum Buch geführt worden sein. Oder weil sie ein anderes Buch desselben Autors oder Verlags spannend fanden.
Wieder ziemlich ungenau ausgedrückt. Außerdem kommt zuerst der Aufbau, dann das Spannungsmoment, und es müßte heißen: »... sind es, die unsere Schüler zum Buch führen.«
Was hat dies eigentlich mit unserer Diskussion zu tun? Wir haben doch nicht darüber diskutiert, wie man Schüler »zum Buch führt«. Hier geht es um Rechtschreibung. »Thema verfehlt«, würde ein Deutschlehrer hier vermerken.
Diese Ungenauigkeiten, auf die auch Herr Scheuermann erneut hingewiesen hat, machen die Diskussion mit Frau Menges so unersprießlich.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 31.07.2002 um 09.52
Geehrte Frau Doktor Menges,
welche Argumente?
Ich habe nur an willkürlich herausgegriffenen Sätzen demonstriert, daß Sie des öfteren nachlässig zu formulieren belieben. Wollen Sie denn behaupten, Sie hätten tatsächlich gemeint, "die Vorbereitung dieser Reform war ... zu schnell eingeführt"?
Reaktion Doktor Menges: "Abgelehnt!"
Was lehnen Sie denn ab?
(Es muß übrigens heißen: "des Wolfgang Scheuermann" - ohne Genitiv-s -, aber das mag eine Feinheit sein, über die die pädagogische Moderne längst hinaus ist.)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.07.2002 um 08.32
Ich glaube zwar, dass Kontinuität ein wichtiger Faktor im Leben ist, aber wenn es so wäre, hätte wir auch heute noch die Sütterlin - Schrift mit der damaligen Orthografie und Ausdrucksweise. Heute kommt es eben auf andere Dinge, wie Ausdruck und Ideen an, wenn unsere Jugend freiwillig liest. Das Spannungsmoment und der Aufbau des Buches sind es, der unsere Schüler zum Buch führt. Sie gehen hier von einer Elite (Schüler/Studenten) aus, die nicht dem Gros der Schüler entspricht. "Heute zählen Spaß, Unterhaltung und Spannung beim Lesen. Aus anderen Gründen werden Sie junge Leute nicht mehr zum Lesen bewegen können." (Kommentar meiner 18- jährigen, büchersüchtigen Tochter(Schülerin) aus dem Hintergrund)
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.07.2002 um 08.13
Herr Ickler, ich brauche Nachhilfe: Es gibt natürlich viele Berichte über das Stammprinzip, es gibt viele Veröffentlichungen, es gibt viele Berichtigungen. Warum sollen wir nicht nach dem Stammprinzip schreiben, vorausgesetzt es ist richtig?
Ich muss Sie also Reformkritiker nennen! Also gut, das Wort kann aufgenommen werden. Steht es eigentlich in Ihrem Wörterbuch? Ohne Reformkritiker wäre doch das jeweilige Unternehmen wirklich uninteressant. Sie haben ja einen Preis dafür errungen, aber hilft das wirklich etwas? Sie sollten einen noch höheren Wettbewerb gewinnen, denn sie sind ja m.E. der einzige Professor, der hier zur Sprache kommt. Trotzdem - was hilft es uns? Und entschuldigen Sie sich nicht immerzu, wenn Sie mich kritisieren. Ich halte es aus!
– geändert durch RenateMariaMenges am 01.08.2002, 15.23 –
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.07.2002 um 07.56
Die Argumente des Wolfgang Scheuermanns sind abgelehnt. Wenn Sie seit Jahren lesen, was ich schreibe, dann müssten Sie wissen, dass ich Bescheid weiß. Ein Jahr und 3 Monate habe ich nicht "gefort" ( Übersetzung: Im Internet Beiträge geschrieben). Nun will ich wissen, was passiert ist in dieser Zeit. Sie werden mir zustimmen, dass es wenig war.
Aber:
Was ich mitbringe in die Konferenz, in die Besprechung, in das Team ist immer so, dass sich das Team, die Menschen darauf verlassen können. Die Sache muss stimmen! Dabei bin ich durchaus eine Kritikerin, nur merken Sie ( RSRG) das nicht. Und: Ein bisschen schwanger gibt es nicht! Wer in der neuen Rechtschreibung auch privat schreibt ist ein eindeutiger Fall. Logisch! Trotzdem ist es richtig und wichtig, dass hier kritische Leute aktiv werden. Vor der Einführung der neuen RS und nach der Einführung! Die wenigen Veränderungen tangieren uns in der Schule nicht. Es interessiert niemanden. Alle Veränderungen zeigen uns nur an, dass wir einen neuen Duden kaufen müssen. Woher hätten wir die Informationen? In den KMS stehen sie nicht!
Also informieren, informieren , informieren ...
Außerdem bin ich jemand, der auf die Moderne steht. Sonst noch Fragen, Herr Scheuermann?
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.07.2002 um 15.16
Meine lieben Herren,
haben Sie die Überschrift nicht gelesen?
Die ist Ihnen nämlich schlichtweg egal:
Es steht "Diskussionsbeiträge" (ergänzend: zusammengetragen von mir, ausgesprochen von diversen Pädagogen).
Also werde ich mich durch Ihre Beiträge durcharbeiten. Ich glaube nicht, dass mein Beitrag unkonzentriert war, Herr Ickler. Er hat mir doch einige Konzentration abgefordert durch das Durchlesen vieler diverser Beiträge (zitiert sogar nach Namen!).
Ich lese jetzt mal die sachlichen Anteile der Beiträge.
eingetragen von Theodor Ickler am 30.07.2002 um 14.30
Auch ich habe den Eindruck, daß Frau Menges sich mehr konzentrieren müßte, damit man versteht, was sie meint. Immerhin habe ich folgende einigermaßen klare Stelle gefunden:
"Für einen Verein oder für eine Universität müsste es eine lohnende Aufgabe sein, die Erforschung des Stammprinzips (Ickler u.a.) zu betreiben. Dies ist eine Arbeit, die sinnvoll und erfolgsversprechend ist. Dieser Aufgabe sollte man sich stellen, die Ergebnisse einarbeiten und zur Diskussion stellen. Es wäre m. E. eine zukunftsträchtige Aufgabe, die einen Hintergrund und einen Sinn hätte."
Dazu kann ich nur sagen: Längst geschehen! Dabei geht es ja bloß um die Etymologie, und die ist für sehr viele Wörter klar genug. Prof. Bergmann - um nur dieses Beispiel zu nennen - hat in der Zeitschrift "Sprachwissenschaft" alles zusammengetragen, was nach dem Stammprinzip noch mit ä geschrieben werden könnte, also die vielen Fälle wie Spängler. Nimmt man die Augstsche Erweiterung durch Volksetymologie hinzu, kommt man auf Hunderte von etymologisch begründbaren Neuschreibungen. Deutsche Texte wären dann kaum wiederzuerkennen. Und das soll alles in die Wörterbücher "eingearbeitet" werden? Ja, wozu denn um Himmels willen? Aber es ist wohl nur wieder ein Beispiel dafür, daß Frau Menges sich oft nicht ganz im klaren darüber ist, was sie eigentlich sagt. (Tut mir leid, daß ich manchmal, wie auch meine Kollegen, so ungalant sein muß.)
Nicht sehr nett finde ich den wiederholten Hinweis darauf, daß wir Reformkritiker nichts erreicht haben. Erstens stimmt es nicht, denn wir haben die Unruhe wachgehalten, die letzten Endes sehr wohl zu greifbaren Veränderungen führt und vor allem die Widerstandskräfte am Leben hält. Zweitens mißfällt mir diese ganze Gesinnung. Wer gegen staatliche Willkür den kürzeren zieht, braucht sich das nicht als Bestätigung seiner Nichtsnutzigkeit oder gar Nichtswürdigkeit entgegenhalten zu lassen. Ein Hohn, der sich im Einverständnis mit der Staatsmacht suhlt, ist wohl das Verachtenswerteste, was es gibt. Das machte ja seinerzeit die Polemik des IDS (Stickel) gegen die Unterzeichner der Frankfurter Erklärung so unerträglich.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 30.07.2002 um 11.00
Herr Scheuermann hat - besser und freundlicher, als ich es zuwege gebracht hätte - vorweggenommen, was mir zu Frau Menges' Beitrag in den Sinn kommt, es trifft so gut wie auf alle ihre Beiträge zu: Sie schreibt nicht nur eine schludrige Orthographie, sondern formuliert auch schrecklich ungenau, so daß man oft nicht richtig weiß, was sie eigentlich meint. Und daraus ist zu schließen, daß sie auch schrecklich ungenau denkt. Irgendwie drauflos im Thema herum, so daß am Ende das rauskommt, was für sie ohnehin am nächsten liegt: »Als Lehrerin muß ich das ja mitmachen, und ich sehe auch keinen Grund, mich dagegen zu wehren. Andererseits diskutiere ich gern, also diskutiere ich mal mit, die Leute sind ja auch ansonsten ganz nett und klug.«
Natürlich hat Frau Menges, die sehr gut weiß, daß ich nichts von einem Nationalsozialisten habe (aber auch nichts von einem Michel Friedman, dies ist die Spanne, die mir bei meiner persönlichen Beurteilung in diesem Kreise zugemutet wird, ich verstehe es auch nicht), nicht gemeint, ich würde mit Methoden des Nationalsozialismus die Diskussion betreiben. Gemeint hat sie, daß ich in der Diskussion auf Vorgänge in der Zeit des Nationalsozialismus hingewiesen habe. Und diesen Hinweis hält sie, ungenau wie sie denkt, für einen Vergleich oder eine Gleichsetzung und findet dies unangemessen. Darüber kann man ja diskutieren. Aber diesen Gedanken, so einfach und nachvollziehbar er ist, formuliert sie nicht. Sondern sie schreibt so, als würde ich mit Methoden des Nationalsozialismus das Thema angehen. Für Schulaufsätze in gedanklich so verwaschener Ausdrucksweise hätte ich bei meinen Lehrern Gottseidank nicht mal eine Vier sondern deutliche Vorwürfe bekommen. Da wurde uns immer gesagt: Überleg' Dir zuerst ganz genau, was Du sagen willst, und dann schreibe genau dieses.
Mir hat diese Pädagogik viel geholfen, insbesondere eben beim Denken. Wie oft erwischt man sich selbst beim ungenauen Denken, oder man wird im Gespräch von anderen dabei erwischt! Dann muß man nur versuchen, das in Worte zu fassen und ggfs. zu Papier zu bringen, was man eigentlich meint. Manchmal kommt der tatsächlich richtige Gedanke erst dann - und schaut vielleicht anders aus, als man zuerst selbst meinte.
Hier könnte Frau Menges noch ein bißchen üben.
Im übrigen bin ich überzeugt davon, daß die Kritik an der Reform als gesundes und natürliches Korrektiv nicht nur außerordentlich wichtig, sondern gar nicht zu vermeiden ist und dazu führen wird, daß die Orthographie der deutschen Sprache in absehbarer Zeit wieder zu einer vernünftigen und lebensfähigen Form zurückfinden wird. Etwas anderes ist gar nicht vorstellbar. Unsere Reaktion ist ein ganz natürlicher Vorgang als eine Reaktion auf eine künstliche Deregulierung, die nicht funktionieren und deshalb auch keinen Bestand haben kann. Eben deshalb, weil die Sprache lebendig ist und sich wandelt, dabei folgt sie aber eigenen Gesetzmäßigkeiten, nicht solchen, die sich eine Kommission ausdenkt. Daß die Orthographie nach dem zerstörerischen Einschlag der Reform an manchen Stellen eine andere Gestalt haben wird als sie es ohne sie gehabt hätte, ist leider zu befürchten: Narben und Verkrüppelungen mögen eine Zeitlang bleiben, aber in einem gesunden Organismus können sich auch Narben und Verkrüppelungen zu neuen sinnvollen und schönen Formen verwachsen. Es liegt an denen, die denken und schreiben. Und an den Lehrern, die sollten natürlich auch gut schreiben, d.h. klar, eigenständig und kritisch denken können. Dann kommt das gute Schreiben ganz von selbst.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.07.2002 um 08.51
Zum Beitrag von Frau Menges. Sie schreiben:
"Die Vorbereitung dieser Reform war unzureichend, zu schnell eingeführt, zu wenig diskutiert und zu wenig kritisch erforscht. Deswegen konnten bis heute kritische Reaktionen derart massiv auftreten. Erreicht wurde aber von den Rechtschreibgegnern nichts!"
Das ist natürlich nur so hingeworfen, die Formulierung ist nicht durchdacht, und man sollte das daher an sich nicht auf die Goldwaage legen. Nun sind Sie aber, geehrte Frau Menges, Lehrerin, und da darf man doch schon ein bißchen strengere Maßstäbe anlegen - stimmen Sie mir im Prinzip zu? Man kann natürlich erraten, was Sie eigentlich schreiben wollten - geschrieben haben Sie es nicht! (Was sollte es z.B. auch bedeuten, daß die "Vorbereitung dieser Reform ... zu wenig kritisch erforscht" gewesen sei? Das haben Sie doch mit ziemlicher Sicherheit gar nicht gemeint!)
Es würde m.E. schon helfen, wenn Sie einigermaßen klar durchdenken (und dann formulieren) würden, was Sie tatsächlich meinen.
Ich schreibe das nicht, um Sie irgendwie herauszufordern oder gar zu beleidigen, beileibe nicht! Ich bin mir nur ziemlich sicher, daß die Mühewaltung, die damit verbunden ist, die eigenen Formulierungen zu durchdenken und auf ihre Stimmigkeit abzuklopfen, dann auch dazu führt, daß man diese Reform als unhaltbar erkennt: Sie widerspricht den inhärenten Gesetzmäßigkeiten der Sprache! Das Deutsch, das sie befördert, stimmt einfach nicht. Das ist doch der eigentliche Grund, warum so feinsinnige Leute wie unsere großen Schriftsteller und Dichter mit dieser Reform nicht zurechtkommen können. Es handelt sich, geehrte Frau Menges, eben nicht um einen Formalismus, den man mal eben so oder anders beschließen und dann Kindern lehren kann. Wer problemlos Deutsch nach Rechtschreibreform Kindern beizubringen vermag, hat einen sehr stabilen Magen oder kein Sprachgefühl oder ist obrigkeitshörig (hoch drei!).
Ich lese jetzt seit Jahren Ihre Beiträge, und bin mir überhaupt nicht sicher, ob Sie in eine dieser drei Kategorien passen - vielleicht muß man für Sie eine neue erfinden, vielleicht kennen Sie ja selbst eine (?) ... oder, wiederum, ich sehe das alles falsch und bekomme das dann von Ihnen vielleicht noch einmal erklärt. Schaumermal.
Im übrigen: Meinen Sie tatsächlich, die Reformkritiker hätten nichts erreicht? Das würde heißen, die weitreichenden Veränderungen, die sich seit Reformbeginn ergeben haben (und die weiteren, die sich in den Kommissionsberichten schon klar abzeichnen) hätten sich ohne die Reformkritik in genau gleicher Weise vollzogen? Ich habe wiederum Zweifel, ob Sie das tatsächlich meinen. (Sie deuten mit dem für mich schwer deutbaren Wort "Rechtschreibgegner" ja auch schon an, daß Sie diesen Satz in einem ganz anderen Zusammenhang gesehen haben wollten.)
__________________
Dr. Wolfgang Scheuermann
eingetragen von Christian Melsa am 29.07.2002 um 23.38
Liebe Frau Menges, einer der Gründe, der mich persönlich gegen diese komische Pseudoreform auf den Barrikaden hält, ist gerade diese bestürzend weit verbreitete Mentalität, man müsse sich jedem blöden Mist fügen, wenn er erst da ist. Daß er da ist, ist doch gerade der Grund für den Widerstand! Als die Reform vorbereitet wurde, war öffentlich nicht bekannt, was sie inhaltlich im einzelnen bedeuten würde. Zu diesem Zeitpunkt konnte man Kritik wirklich noch leicht als unsachlich beiseitewischen, mit der Begründung, die Kritiker seien doch über das wahre Wesen der Reform gar nicht hinreichend informiert. Kaum war die hinreichende Information gegeben, hieß es von Anfang an: "Zu spät, schon beschlossen, basta." Daß die Rechtschreibreform jetzt nun wirklich "gelaufen" sei, kann man schon seit Jahren hören, und seit Jahren hat die Akzeptanz in der Bevölkerung keinen Deut zugenommen. Wer auf ideologische Scheuklappen verzichtet, kann heute beobachten, daß die Warnungen der Reformkritiker berechtigt waren. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso Sie ausgerechnet heute, in Anbetracht eines sich zusehends vergrößernden Scherbenhaufens, meinen, der Widerstand ergebe keinen Sinn mehr. Das kommt mir so vor wie Umweltschützer, die ihre Aktivitäten zurückfahren, je größer die Umweltverschmutzung ist.
Übrigens, wieso meinen Sie, der Begriff des Funktionierens sei auf die Sprache nicht anwendbar? Daß es sich um eine gewachsene, lebendige Kommunikationsform handelt, ist ja völlig richtig, aber das tut dem Begriff des Funktionierens keinen Abbruch. Kommunikation kann gut oder schlecht funktionieren, das ist doch eigentlich ganz banal. Und damit hat auch Orthographie sehr viel zu tun. Eine Orthographie, die auf Wortzwischenräume verzichtet und, nur mal als Beispiel, nur sieben Zeichen zur (mehrstelligen) Kodierung der Lautwerte benutzt, würde offensichtlich hinderlich auf den Kommunikationsfluß wirken. An den verdorbenen neuen Kommaregeln läßt sich bekanntlich gut demonstrieren, wie sinnentscheidend ein Komma sein kann; dasselbe gilt für semantische Differenzierungen bei der Getrennt-/Zusammenschreibung und Groß-/Kleinschreibung. Kommunikation funktioniert dann gut, wenn die Botschaft möglichst unverfälscht vom Sender zum Empfänger gelangt. Eine Reform, die den semantischen Ausdruck nicht schärft, sondern abstumpft, kann man demnach nur als sprachlich schädlich bezeichnen. Die Sprache als lebendiges, gewachsenes Gebilde unterliegt einer evolutionären Entwicklung, und Evolution besteht darin, daß das, was besser funktioniert, sich gegenüber dem, was schlechter funktioniert, durchsetzt. Wenn die Rechtschreibreform nicht künstlich gestützt wäre, müßte man sich gar nicht um Widerstand bemühen, weil sie ohnehin durch die Maschen fallen würde. Es ist doch bemerkenswert, daß die Reformer ganz genau wissen, daß ihre Ideen nur durch Zwänge eine Chance haben. Unter normalen Umständen würde niemand auf die Idee kommen, deren Orthographie zu übernehmen. Nur weil der Quatsch in staatlichem Gewand daherkommt, nehmen ihn die Leute überhaupt so wichtig und glauben, sie müßten als anständige Beamte dann ja doch irgendwie gehorchen. Der Erfolg in der Presse ist ein Phänomen für sich, das natürlich mit dem hohen Verflechtungsgrad der Branche zusammenhängt. Journalismus wird zudem von den Konzernen im Hintergrund immer mehr auf einen Profitbetrieb reduziert, von aufklärerischen Idealen ist nicht mehr viel zu erkennen. Wenn überhaupt, müssen sie fast immer hintenanstehen. Enthüllungen nur dann, wenn man die Auflage damit steigern und schön publikumswirksam mit dem Finger auf irgendwen zeigen kann - natürlich bloß nicht auf sich selbst. Wir brauchen längst eine investigative Fünfte Gewalt. Ich hoffe, das Internet wird sich dieser Aufgabe weiterhin als würdig erweisen, sich vielleicht künftig erst richtig in dieser Hinsicht entfalten können.
eingetragen von Reinhard Markner am 29.07.2002 um 20.24
Mein Freund Walter Lachenmann pflegt keine »Methoden des 3. Reiches« zur Anwendung zu bringen. Hingegen weist er gelegentlich darauf hin, wenn andere es an Distanz zu NS-Ideen mangeln lassen. Es ist mir unverständlich, wie man das eine mit dem andern verMENGEn kann.
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.07.2002 um 18.12
Die Rechtschreibreform ist in der Öffentlichkeit abgeschlossen. Eltern, Kollegen, Redakteure fügen sich ein und akzeptieren. Die zwei großen Zeitungen machen ihr Geschäft mit der alten Rechtschreibung (Geschäftemacherei).
Ist Fleiß (Ickler u.a.) wirklich so wirksam, um gegen die Rechtschreibreform anzukämpfen?
Dabei ist es im Sinne der Schüler wichtig, dass jetzt die Kontinuität einkehrt (Claudia Ludwig u.a.). Kindern ist die Rechtschreibung absolut zweitrangig, Inhalt und Ausdruck sind ihnen wichtig.
Nur die Kritik zu suchen ( Norbert Schäbler: Offener Brief u.a.) ist unergiebig. Wo liegt hier die Erfolgsquote?
Um eine Sache zu erreichen, müssen eben alle an einem Strick ziehen (Riebe u. viele andere). Die Diskussion in der Bevölkerung ist mehr oder weniger abgeschlossen und was will man im Verein ( Melsa u.a.) überhaupt noch erreichen? Ist das wirklich ein reales Ziel heute noch gegen die Rechtschreibreform zu kämpfen?
Mit Methoden des 3. Reiches (Lachenmann u.a.) kann man unter keinen Umständen ein derart diffiziles Thema auch nur annähernd angehen.
Sprache ist mit dem Wort "funktionieren" (Melsa) überhaupt nicht definierbar. Sprache ist eine gewachsene, lebendige und weiter wachsende Kommunikationsform.
Für einen Verein oder für eine Universität müsste es eine lohnende Aufgabe sein, die Erforschung des Stammprinzips (Ickler u.a.) zu betreiben. Dies ist eine Arbeit, die sinnvoll und erfolgsversprechend ist. Dieser Aufgabe sollte man sich stellen, die Ergebnisse einarbeiten und zur Diskussion stellen. Es wäre m. E. eine zukunftsträchtige Aufgabe, die einen Hintergrund und einen Sinn hätte.
Die Vorbereitung dieser Reform war unzureichend, zu schnell eingeführt, zu wenig diskutiert und zu wenig kritisch erforscht. Deswegen konnten bis heute kritische Reaktionen derart massiv auftreten. Erreicht wurde aber von den Rechtschreibgegnern nichts!
Die Verschriftung der Sprache ist eine Form der Kommunikation. Da ist mir dann ein Korrektor (Wrase u.a.) schon lieber, der eine klare Sprache spricht und ich mich mit ihm über Satzstellungen und Rechtschreibformen streiten kann. Verschriftung ist eines der wichtigsten Ziele auch der Rechtschreibung, in der gesprochenen Sprache kann man keine Rechtschreibfehler machen. Dabei würde ich nach wie vor nach dem Duden vorgehen müssen. Ein Korrektor muss sich natürlich nach der verlangten Schriftsprache richten. Ist er eigentlich nicht auch ein Windfähnchen?
Kann man die Philosophie (Norbert Schäbler: Nachbetrachtung) wirklich zur Nachbearbeitung der Rechtschreibreform verwenden? Sauerteig braucht man zum Brot (Schäbler), aber Realitätssinn zur Pädagogik (Menges) und damit zum garantiert erfolgreichen Rechtschreibunterricht. Libido (Begierde, ebenda) hat nun wirklich nichts mit der Rechtschreibreform zu tun. Die Rechtschreibreform ist gelaufen, glauben Sie es mir!
Übrigens kommen trotz allem manche Beiträge von hier in der pädagogischen Welt gut an, aber sie müssen schon bravurös geschrieben sein. Da bleibt die Frage nach dem "warum" natürlich nicht offen. Viele, eigentlich alle hätten die neue Rechtschreibung nicht gewollt, aber nun ist sie mal da und demnach wird vorgegangen.
eingetragen von Christian Melsa am 28.07.2002 um 20.09
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Claudia Ludwig
4. Die "neue" deutsche Rechtschreibung ist nicht mehr lernbar, da das Regelwerk viel zu kompliziert ist. Deshalb gibt es nur eins: die "Rechtschreibreform" muß sofort gestoppt werden!
Das eigentliche Problem an dem neuen Regelwerk ist aber nicht in erster Linie dessen Kompliziertheit an sich, sondern die Tatsache, daß sie sich auf künstliche, völlig aus der Luft gegriffene Prinzipien bezieht, über die man vor ihrem Erlaß nicht wußte, ob sie überhaupt funktionieren bzw. den Anforderungen der Sprachpraxis gerecht werden können. Das menschliche Gehirn kann hochkomplizierte Zusammenhänge ganz gut bewältigen, sofern ihnen ein stringentes, funktionierendes Prinzip innewohnt, das praktisch erwiesen einen konkreten Sinn erfüllt, selbst wenn dieses Prinzip in seiner ganzen Fülle gar nicht bewußt erkannt wird. Das Gehirn lernt, indem es sich an den Umgang allmählich gewöhnt. Man denke nur einmal ans Fahrradfahren. Anfänglich bewußt verarbeitete Prozesse (Gleichgewicht halten) verlagern sich mit zunehmender Gewöhnung bzw. Übung ins Unbewußte. Dazu muß man die inneren Gesetzmäßigkeiten der Zusammenhänge gar nicht tatsächlich kennen; Gleichgewicht zu halten ist auch lernbar, ohne über das Wesen von Gravitation, Schwerpunkt usw. aufgeklärt zu sein (zumal die Gravitation bis heute noch nicht vollständig erklärt ist).
Das Ungewohnte ist es, das den Umgang mit jeder neuen Rechtschreibung zunächst stark erschweren muß. Ein Fahrrad, dessen Lenksystem anders funktioniert als bekannt, wird man nicht auf Anhieb fahren können. Entsprechende Systemänderungen sind nur dann zu rechtfertigen, wenn sie irgendwo auch einen Gewinn hervorbringen. Wenn sich das Fahrrad mit der neuen Lenkung nach der Gewöhnung an sie aber auch nicht besser oder leichter fahren läßt als zuvor, dann hat man mit dem Umbau des Fahrrads und dem Umlernen nur Zeit, Geld und Energie verschwendet. Der Gewinn bei der Rechtschreibreform sollte nun gerade die Vereinfachung des Umgangs sein. Das ist also ein Ziel, das sich, wie gezeigt, kurzfristig prinzipbedingt nicht erreichen läßt. Selbst wenn das neue Regelwerk weniger kompliziert wäre, träten Umlernschwierigkeiten auf. Und da die tägliche Lektüre nun alle möglichen verschiedenen Orthographien enthält, erschwert sich das Umlernen bekanntlich zusätzlich, da gar nicht klar ist, welche Gestalt das Neue, das gelernt werden soll, denn überhaupt wirklich hat (bzw. haben soll).
Das wäre schon schlimm genug, wenn das Chaos nur in der Schreibpraxis der Presse auftauchen würde. Doch ließe sich dieser Mißstand noch als vorübergehende Erscheinung einschätzen; mit der Zeit würden die Schreiber die neue Rechtschreibung schon lernen. Dazu müßte es aber eine in der Praxis vorhandene Norm geben, an die man sich allmählich gewöhnen kann, doch wo gibt es die? Die Zahl der sicheren Fälle (Tipp, Delfin, Gräuel, so genannt, dass, muss...) ist weitaus geringer als die Zahl der reformverschuldet unsicheren Fälle (wieder herstellen? kaputt schlagen? kaputt machen? besser gestellt? hoch werfen?). Davon abgesehen ist man fast nirgends in der Presse auch überhaupt nur bestrebt, die neue Rechtschreibung vollständig umzusetzen, normal sind ja irgendwelche Hausorthographien, die der Leser nicht kennt, weswegen er meist nur raten kann, ob eine von ihm als eigenartig empfundene Schreibweise ein Versehen des Schreibers ist oder in dessen Absicht lag. Die neue Kleinschreibung des Anredepronomens ist ein Beispiel für Neuerungen, die auch von an sich der Reform folgenden Privatleuten fast immer (und dabei meist bewußt) mißachtet werden.
Die tägliche Lektüre kann also heute nicht mehr als ständiges Lehrmittel für die Schulorthographie taugen. Woher soll dann aber die Orientierung noch kommen? Als (vermeintlich) letzte Bastion der Verläßlichkeit kommen da nur noch die Wörterbücher in Betracht. Nimmt man deren Inhalt aber mal genau unter die Lupe, muß man feststellen, daß dort das Rätselraten erst richtig anfängt, denn sehr viele Einträge passen (wie mehrfach anhand von Stichproben belegt) nicht zu den Regeln, aus denen sie angeblich hervorgegangen sein sollen. Das entwertet die Neuregelung viel gründlicher als alle Einwände, die man gegen die neuen Schreibweisen im einzelnen vorbringen kann, denn dieser Umstand stellt ein Problem dar unabhängig davon, ob man die Reform grundsätzlich befürwortet, duldet oder ablehnt. Regeln, die nicht einmal von ihren eigenen Erfindern konsequent umgesetzt werden (können), disqualifizieren sich selbst.
Selbst derjenige, der die neuen Orthographieregeln genauestens kennt, ist nicht in der Lage, die von der Rechtschreibkommission offenbar abgesegneten bzw. angeregten Einträge in den aktuellen privilegierten Wörterbüchern von Duden und Bertelsmann allein auf der Regelbasis zu reproduzieren. Ist derjenige z.B. gemäß Reform etwa "der Jenige"? Selbst dieser Superexperte muß nachschlagen, um die Würfelergebnisse der Kommission kennenzulernen. (Nebenbei bemerkt: Er muß für diese Information diese Verlage bezahlen, sie ist nicht kostenlos, etwa übers Internet, von der Kommission zu beziehen!) Allein aus dem Regelwerk ergeben sich zuverlässig nur Dinge, die auch vor der Reform schon nicht in orthographischen Problemfeldern angesiedelt waren. Die neue Rechtschreibung ist eigentlich nur für die Wörter gesichert, die in der Wörterliste der Neuregelung vorkommen, das heißt, das Regelwerk verwirrt eher, als daß es weiterhilft. Den Rest kann man zwar eventuell in Wörterbüchern finden, aber deren Inhalte sind ja seit der Reform diesbezüglich schon mehrmals geändert worden. Vor allem bei der Getrennt-/Zusammenschreibung, die besonders eng mit Wortbildung zu tun hat, ist die "korrekte" Schreibweise eines ad hoc gebildeten Wortes oft völlig unklar. Daß so etwas der Lebendigkeit einer Sprache nicht gerade zuträglich ist, dürfte offensichtlich sein. Das große Rätsel, welche Kriterien die vorgefundenen Wörterbucheinträge bewirken, die immer größere Diskrepanz zwischen amtlichem Regelwerk und Nachbesserungen der Wörterbücher, dies macht die neue Rechtschreibung endgültig zwar nicht wirklich absolut unlernbar, aber unwiderlegbar sehr viel schwieriger lernbar als die bisherige, früher überall etablierte Rechtschreibung.
Eine umfassende Etablierung der neuen Rechtschreibung ist nicht nur aus den vielbeklagten sprachlichen Mängeln ihrer Neuerungen alles andere als wünschenswert, sondern aufgrund der beschriebenen Lernprobleme auch ziemlich unwahrscheinlich. Die neue Rechtschreibung ist auf den Sand einer flüchtigen Modeerscheinung gebaut. Das felsige Fundament von natürlich etablierten Sprachkonventionen fehlt ihr vollkommen. Wie soll sich etwas für die breite Masse Unlernbares erfolgreich ausbreiten und etablieren können?
eingetragen von Claudia Ludwig am 28.07.2002 um 09.53
Herrn Professor Ickler ist unbedingt zuzustimmen. Auch ich frage mich, warum alle - oft wider besseres Wissen -irgendwie mitmachen. Dabei bin ich zu folgenden Schlüssen gekommen:
1. Alle die, die die "Rechtschreibreform" umsetzen, kennen sie nicht wirklich und setzen sie individuell um (siehe Frau Dr. Menges, die sich heraussucht, was ihr gefällt, und läßt, was sie nicht gut findet).
2. Diejenigen, die die "Reform" gut kennen, setzen sie nicht um, weil sie deren zerstörerische Auswirkungen erkannt haben.
3. Das Ausmaß der Sprachzerstörung durch die "Rechtschreibreform" wird völlig unterschätzt. Das Desaster steht uns noch bevor. Alles Kleinreden (das auch Frau Dr. Menges betreibt) schadet den Kindern!
4. Die "neue" deutsche Rechtschreibung ist nicht mehr lernbar, da das Regelwerk viel zu kompliziert ist. Deshalb gibt es nur eins: die "Rechtschreibreform" muß sofort gestoppt werden!
Das hat - neben vielen anderen - Herr Professor Ickler erkannt, deshalb ist er so fleißig! Und der Einsatz lohnt sich - für die Kinder!
__________________
Claudia Ludwig
eingetragen von Elke Philburn am 26.07.2002 um 23.43
Habe mal eben nachgeschaut. Der besagte Brief ist in diesem Strang.
eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2002 um 19.04
Na ja, liebe Frau Menges, fleißige Professoren gibt es schon noch eine ganze Reihe, aber in die Rechtschreibreform hat sich keiner so reingekniet wie ich, das stimmt. Warum? Ich stehe vollkommen perplex vor der Tatsache, daß so ein Unsinn so weit übers Volk kommen konnte. Sind denn (fast) alle verrückt geworden? Da muß man doch was tun!
Die Aufsätze und Zeitungsbeiträge sind aber nicht das "Aufwändigste", sondern "am Zeit raubendsten" ist die Bearbeitung des Rechtschreibwörterbuchs. Und meine eigentliche Hauptbeschäftigung hat mit Rechtschreibung gar nichts zu tun.
Manches schreibe ich gar nicht erst, um nicht in den Geruch des Fanatikertums zu geraten ...
Das Schöne ist, daß man die Menschen kennenlernt. Gestern zum Beispiel las ich noch einmal den Brief, den Staatssekretär Besch im Jahre 1997 an mich geschrieben hat. (Er steht schon lange hier unter den Dokumenten.) Da kam mir wieder die Galle hoch. So ein Zynismus, so eine Heuchelei! Aber der einzige ist er bei weitem nicht. Ich bitte alle Besucher, das noch einmal nachzulesen, der Abstand von 5 Jahren läßt manches noch krasser hervortreten.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.07.2002 um 16.22
Ich kenne keinen Professor, der so fleißig schreibt wie Herr Ickler.
Er schreibt gute lesbare Berichte/ Aufsätze/ Meldungen/ Veröffentlichungen.
Man frägt sich natürlich, warum er über den Bereich der
Rechtschreibreform so viele Aufsätze veröffentlicht.
a. Inwieweit können Sie damit die Öffentlichkeit erreichen?
b. Inwieweit können Sie Einfluss nehmen?
c. Inwieweit dringen Ihre Veröffentlichungen in diesen Bereich vor, in dem die Entscheidungen getroffen werden?
d. Sind Sie so fleißig, weil es die Sache weiterbringt?
e. Schreiben Sie zügig, weil die Sache schon weitergegangen ist?
Andererseits hat man stets das Gefühl, dass sich hier nichts mehr getan hat.
eingetragen von Elke Philburn am 02.06.2002 um 16.13
Wer sie noch nicht kennt - hier die beiden Artikel von Theodor Ickler zum Thema Kinder- und Schulbücher:
Richtig falsch
Die Rechtschreibreform in Kinder- und Jugendbüchern
und
Auf dem Rücken der Schwächsten
Schulbücher nach der Rechtschreibreform
eingetragen von Walter Lachenmann am 02.06.2002 um 07.28
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Frau Menges meint, Eltern kauften nur Kinderbücher in neuer Rechtschreibung. Haben sie denn eine Wahl? Es gibt keine anderen mehr. Die Umstellung wurde nicht auf Grund von Elternwünschen vorgenommen, ...
Die meisten Eltern fragen gar nicht nach der Rechtschreibung.
Lieber Herr Lachenmann, verlegen Sie auch Kinderbücher bzw. würden Sie dies tun?
Selbst habe ich mit Kinderbüchern beruflich nichts zu tun. Aus Gesprächen mit Kollegen und insbesondere einem sehr beliebten und ausgezeichneten Autor von Kinderbüchern, der sich schrecklich darüber ärgert, daß er von seinem Verlag vor die Alternative gestellt wird, entweder die reformierte Schreibung zuzulassen oder künftig nicht mehr gedruckt zu werden, ist mein Eindruck folgender:
In den Schulen gilt: Alles in neuer Rechtschreibung. Eltern wollen, daß ihre Kinder in der Schule möglichst wenig Schwierigkeiten haben, sie haben auch ohne Rechtschreibung genug andere Probleme. Also verlangen sie in den Buchhandlungen alle Bücher für ihre Kinder in neuer Rechtschreibung.
Das sagen wenigstens die Buchhändler. Und da setzt sich das fort. Kommt ein Verlag mit Kinderbüchern in herkömmlicher Rechtschreibung, sagt der Buchhändler: Das nehmen mir die Eltern nicht ab. Also sagt der Verleger zum Autor: Schreibst Du Deine Kinderbücher weiter in herkömmlicher Rechtschreibung, nehmen mir die Buchhändler diese nicht mehr ab.
Niemand will die neue Rechtschreibung wirklich, aus Überzeugung. Aber so entsteht diese Kette, die den Anschein erweckt, sie hätte sich bei Kinderbüchern durchgesetzt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.06.2002 um 08.19
Diesen "Ickler-Satz" werde ich mitnehmen und ausgeben.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Theodor Ickler am 31.05.2002 um 19.39
Wenn die Reformer selbst genötigt sind, alle paar Monate Änderungen an ihrem Werk durchzuführen (sei es auch bisher auf kaltem Wege) - wie kann man da noch von "Verläßlichkeit" sprechen?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.05.2002 um 19.13
Ich muss die Sondersitzungen leider wieder schließen, weil die heiße Zeit der Arbeit beginnt. Sollte es einmal ein gemeinsames Vorgehen/ eine gemeinsame Arbeit geben, die wir verrichten könnten, mache ich gerne mit. Aber bitte bedenken Sie, dass ich die neue Rechtschreibung schreibe, soweit mir diese gefällt ( nach dem Duden 22/Juli 2000). Natürlich schreibe ich Grapheme und Morpheme, so wie es mir behagt, aber ich wollte Ihnen den tatsächlichen Stand eben auch mitteilen.
Aber zum Thema Verlässlichkeit ( Sicherheit) für die jungen Schüler ist es auch wichtig, nicht mehr vom Thema abzukommen und die neue Rechtschreibung weiterzuschreiben.
Es gibt sicherlich noch einiges zu erwidern, was ich jetzt noch nicht geschrieben habe. Es kommen auch wieder andere Zeiten und da werde ich die Diskussion weiterführen. Man bedenke, dass ich immerhin ein Jahr absent war und trotzdem konnte man am Punkt ansetzen.
Vielleicht könnte man sich auch Gedanken machen über eine weitere Rechtschreibanalyse bei Schülern, die nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet werden. Es wäre in jedem Fall sehr interessant! Ideen gibt es dazu.
eingetragen von Theo Grunden am 30.05.2002 um 11.31
Das war es. Lassen Sie was hören, Herr Grunden.
Mach ich, liebe Frau Menges, jetzt nehme ich mir etwas mehr Zeit für Sie, nachdem ich zweimal nur kurz antworten konnte.
Es ist dieselbe Grundsprache. Es ist so ähnlich wie mit Rauchern, die sich immer selbst als die nettesten Menschen bezeichnen.
Bin Nichtraucher, aber manchmal mindestens so nett wie manche Raucher, z.B. im folgenden zu Ihnen.
Herr Grunden- ich bin mir jetzt nicht mehr so sicher. Haben sie Engagement bei dem Thema Hochbegabung gezeigt oder sind sie ein anderer Grunden?
Manchmal bin ich ein anderer (sagt meine Frau), aber beim Thema Hochbegabung habe ich nur insofern Engagement gezeigt, als ich mich darüber vielerorts informiert habe; und dabei fand ich zufällig auch mal etwas, das ich in den Strang „Internet“ dieses Forums eintrug – vielleicht meinen Sie das.
Ihre Fragen sind rhetorische Fragen, soll ich wirklich darauf eingehen? Sie haben einesteils das Schmunzeln im Gesicht, anderseits sind diese Fragen durchaus legal zu betrachten.
Besser als retorische. Das Schmunzeln sollte Sie nicht irritieren, sondern ermuntern; und gegen ein legales Betrachten meiner Fragen habe ich natürlich nichts.
Die Antworten kennen Sie aber im voraus.
Eine der häufigsten zumindest: „Das kann man nicht vergleichen.“ Das mit der neuen Großschreibung (im „Voraus“) mögen Sie wohl auch nicht? Übereinstimmungspunkt!
Musikalische Menschen wagen sich halt auch an Themen anders heraus.
Musikalische Menschen sind meistens auch musikliebende Menschen. Die Reformkommission hat nun lauter Musik liebende aus ihnen gemacht. Duden hat dann Mitleid mit den musikliebenden bekommen und ihnen ihre entsprechende Schreibung wieder zugestanden, Bertelsmann hält dies mit Berufung auf die ZKR für unzulässig. Immerhin darf ich noch uneingeschränkt wahrheitsliebend sein.
Das alles ist relativ, sowie der Mensch auch relativ ist. Es kommt mitunter auf die Sekretärin an, wie gut sie in der neuen Rechtschreibung ist.
Mir sind relative Menschen bisher noch verhältnismäßig selten begegnet. Noch seltener Sekretärinnen, die gut in der neuen Rechtschreibung sind. Und noch seltener Zeitungsredakteure mit dieser Eigenschaft.
Unsere Sekretärinnen verwenden natürlich nur Duden- Normen. An was soll man sich zur Zeit sonst halten? Ickler`s Wörterbuch entspricht nicht den neuen Richtlinien.
Der Duden entspricht auch nicht in allen Punkten den neuen Richtlinien; wieso bevorzugen sie ihn eigentlich gegenüber anderen Wörterbüchern, die sich auch auf die neuen Regeln berufen? Ist das noch die Sehnsucht nach der Zeit vor der RSR, als es noch reichte, einfach im Duden nachzusehen?
Hier unterscheide ich bewusst- schulisch wird "du" klein geschrieben gelehrt, mit dem Hinweis, dass die Menschen meist beleidigt sind, wenn man "du" und "euch" klein schreibt. Also, meinen Leuten schreibe so, sie wollen einfach mit "Du" angeschrieben werden. Ich gehe damit auch endlosen Diskussionen aus dem Weg.
Stimmt nicht ganz, denn schulisch wird „du“ jetzt kleingeschrieben (zusammen!) gelehrt. Außerdem geht es ja nicht um die Erwartung des Angeschriebenen, sondern um die Achtung, die ich ihm mit dem groß geschriebenen „Sie“ oder „Du“ entgegenbringe. Ist diese Achtung etwa geringer gegenüber einem Vertrauten, den ich duze, als gegenüber einem Fremden oder Höhergestellten, den ich sieze? Das wäre gerade im pädagogischen Bereich doch sehr seltsam. Was also wollten die Reformer mit dieser Regel?
Ehrlich: Ich habe mich über den Duden geärgert: Grafeme muss ich mit f statt mit ph schreiben, Morpheme aber bleiben Morpheme.
Freut mich, Ihnen eine Sorge nehmen zu können, Frau Menges. Sie dürfen getrost beides mit ph schreiben, ehrlich! Welche(n) Duden haben Sie denn?
Auf meine Frage „Sind Ihnen Fälle bekannt, daß Schulbücher (ausgenommen Grundschule) nur wegen der geänderten Schreibregeln ausgetauscht wurden?“
antworteten Sie:
Ist das wirklich in Ihrem Bereich so? Meist sind sie sowieso überholt und man kauft sie in der neuen Rechtschreibung: Zum Beispiel zum Thema "Euro" etc.
Die obige Frage war wirklich nicht rhetorisch, eher finanzpolitisch. Wollen Sie sie noch beantworten, oder soll ich eine Ersatzfrage stellen? (Gibt es Fälle, in denen Mathematikbücher aussortiert wurden, nur weil darin noch mit DM gerechnet wurde?)
Sie sagten zu meinen Gedanken zur Musiknotation:
Das ist ein interessanter Gedankengang, obwohl das nicht verglichen werden kann...
Letzteres hatte ich schon befürchtet. Aber inzwischen habe ich ja gelernt, daß man nach Ihrer Definition eigentlich nur vergleichen kann, was schon gleich ist. Wenn aber Dinge/Phänomene schon gleich sind, dann ist ein Vergleich zwischen ihnen entweder höchst überflüssig und nichtssagend (in unwichtigen Fällen), oder das Unheil ist schon nicht mehr abwendbar (in wichtigen und folgenreichen Fällen, siehe Drittes Reich), weil man sich zu lange geweigert hat, Vergleiche zuzulassen. Darüber will ich aber mit Ihnen nicht zu Gericht gehen, das regeln wir dann mit einem Vergleich!
Übrigens verstehe ich Sie immer richtig, mir gefällt Ihre Argumentation. Aber dagegen stehen auch andere Interessen!
Da haben Sie wieder völlig recht. Inzwischen blicke ich auch einigermaßen durch, wie im Falle der RSR die Interessen verteilt sind. Die Wörter- und Schulbuchverlage haben ein Interesse am Umsatz, die Kultusminister haben Interesse daran, ihr Ansehen (die Reste davon) zu wahren und weigern sich beharrlich, eine freie und faire Auseinandersetzung mit der Thematik zu ermöglichen. Natürlich will ich hierbei auch die Interessen, die Sie an der „Reform“ haben mögen, weder ignorieren noch abwerten, nur müßten Sie mal versuchen, diese genauer zu beschreiben.
Welch eine Blauäugigkeit! Und welch eine unmögliche Sache, die Mengenlehre mit Rechtschreiben zu vergleichen! Die Mengenlehre war eine schulbezogene Thematik.
1. siehe oben (Was schrieb der Schüler in sein Arbeitsheft, als in einer Deutscharbeit der Vergleich zweier Gedichte verlangt wurde: Da es sich um zwei verschiedene Gedichte handelt, sind sie nicht vergleichbar!
2. Beide Themenbereiche sind zweifelsfrei zunächst schulbezogen! Das schließt andere Bezogenheiten ja nicht aus.
Eine Ergänzung zu meiner Anmerkung „Und deshalb sollten wir dafür sorgen, daß sie (die Kinder) ... zumindest die Chance bekommen, künstlerische, musikalische, sprachliche (auch schriftsprachliche) und viele weitere Feinheiten erleben und nachvollziehen zu können ... Und vor allem sollte man eines nicht mit ihnen machen: herumexperimentieren“:
Wenn beispielsweise die bisher vorhandenen Möglichen der nach Bedeutung differenzierenden Schreibungen (z.B. bewußt machen – bewußtmachen) in dem geplanten Umfang abgeschafft werden/bleiben, haben wir unseren Kindern doch eine Möglichkeit genommen, die wir noch ganz selbstverständlich in Anspruch genommen haben! Schreib“fehler“, die daraus resultieren, muß man ja nicht (über)bewerten, aber nur deshalb Wörter ganz abschaffen? Ich hätte da noch einen schönen Vergleich aus der Musik, aber ... (s.o.). Und was ist es anders als ein Herumexperimentieren, wenn man von Schülern schon verlangt, nach einem „reformierten“ Regelwerk zu schreiben, das noch so viel Ungeklärtes und Widersprüchliches enthält, und dessen Umsetzung zunächst noch jahrelang zwecks Ausbesserungsarbeiten beobachtet werden muß, und an das sich nicht mal Schulbuchverlage und Zeitungen halten?
In einem Ihrer Beiträge sprachen Sie davon, daß man hier und dort noch „den Rotstift ansetzen“ könnte. Setzen Sie ihn doch einfach dort an, wo’s beim Duden auch schon rot ist! Und setzen Sie weitere Zeichen, wie Sie’s ja schon einige Male getan haben, wie z.B. eine Grundschullehrerin meines Sohnes, als sie „tolpatschig“ einfach wieder richtig schrieb (und nicht so tollpatschig wie es einige Herren gerne gehabt hätten).
Mit den besten Wünschen
Theo Grunden
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.05.2002 um 12.56
Liebe Frau Menges, hiermit möchte ich die direkte Anrede und eine einleitende Bemerkung nachtragen (bitte tragen Sie mir nicht nach, daß ich das bei meinem Eintrag zunächst vergessen hatte).
Nicht, daß Sie sich sich bislang nicht bereits zu dem Thema geäußert hätten, jedoch sind einige mir wesentlich erscheinende Punkte noch nicht besprochen worden. Auf diese möchte ich hier gern zurückkommen.
_____
· Claudia Ludwig: Ich habe aber trotz aufmerksamen Lesens kein konkretes Beispiel von Ihnen gefunden. Meine Ausführungen zur "s"-Schreibung haben Sie nicht aufgegriffen.
· RenateMariaMenges: § 2: Nach kurzen Vokalen kennzeichnet man durch Verdopplung.
§ 25: Nach langen Vokal schreibt man ß.
Also diese Regel ist für die Kinder eingängig. Die Schwierigkeit liegt wie immer in den Ausnahmen.
Dabei empfinde ich die vereinfachte Buchstabenfolge wie bei Haus nicht als Problem, eher bei Bus oder Zeugnis.
· Claudia Ludwig: Die "alte" Rechtschreibung kennt für die Schreibung des scharfen bzw. stimmlosen "s" am Ende eines Wortes oder einer Silbe nur zwei Möglichkeiten: "s" oder "ß". Die "Rechtschreibreform" fügt diesen beiden noch eine dritte hinzu: das "ss". Damit verschlechtert sich die Trefferquote der Kinder von 50% nach "alter" Rechtschreibung auf nur noch 33% nach "neuer". Das ist doch logisch - oder?
Ihre Ansicht dazu, Frau Menges?
_____
· Jan-Martin Wagner: Ich möchte Sie explizit danach fragen, warum man bei der jetzigen s-Schreibung (der Heyseschen) bleiben und -- wenn man einmal von der gänzlichen Abschaffung des "ß" absieht -- nicht zur alten zurückkehren sollte, die doch das "Problem der drei s" (...) wesentlich entschärft?
Mir kommt es auf folgendes an: Sobald die Kinder gelernt haben, daß die Schreibung eines "ß" unmittelbar mit der Trennung des Wortes zusammenhängt (Nichttrennbarkeit oder ein scharfes s nur auf einer Seite der Trennstelle), sollte das m. E. nur noch ein kleines Problem sein -- wenn überhaupt. Was sind Ihre Erfahrungen mit der Silbentrennung, wie sicher beherrschen die Schüler das?
· RenateMariaMenges: Ist die Rechtschreibung insgesamt und damit das Trennen eine schwierige Aufgabe?
Nicht für 1A Schüler oder/und für Schüler, die ein gutes Wortbildgedächtnis haben. Es gibt also Kinder, die können rechtschreiben. Sie lesen und schreiben richtig. (...) Die Mitte- also die meisten Schüler schreiben heute schlechter als früher. (...) Aber es gibt Kinder, die merken sich alle neuen Wörter sofort. Das ist also fatal für die, die ausschließlich in neuer Rechschreibung unterrichtet werden. Aber diese Kinder merken sich natürlich auch sofort die "alten" Wörter. Also kein Problem für sie, aber für die meisten Kinder der sogenannten Mitte ist ein Problem.
· Jan-Martin Wagner: Ich hatte dabei ganz bestimmte Trennungen im Blick, nämlich die von "ss" zwischen Vokalen (Bsp.: Was-ser, Mas-se, Es-sen, Wis-sen, Küs-se; las-sen, müs-sen). Also konkret: Wie sicher beherrschen die Schüler genau diesen Fall, was sind Ihre Erfahrungen damit?
· RenateMariaMenges: Meine Erfahrungen sind negativer Art mit dem Trennen. Die Schüler haben große Probleme mit der Silbentrennung. Eindeutiges Trennen von ss, wie bei Was- ser ist dagegen leichter zu händeln.
· Jan-Martin Wagner: Was bedeutet "leichter zu händeln", können Sie da etwas konkreter werden? Und würden Sie evtl. auch auf die Frage eingehen, inwiefern speziell diese eindeutige Trennung von "ss" dazu beitragen kann, das von Ihnen angesprochene "Problem der drei s" zu entschärfen?
(Mit "entschärfen" meine ich, daß der Umgang mit den drei Möglichkeiten für die Notation des stimmlosen s-Lautes insofern erleichtert wird, als daß einer der Fälle [das "ss"] auf eine klare und praktikable Regel zurückgeführt werden kann, die zudem relativ robust ist [d. h. wenig dazu verleitet, Fehler zu machen]. Dieses gilt natürlich, wie bereits gesagt, unter dem Vorbehalt, daß man von der gänzlichen Abschaffung des "ß" absieht.)
Ihr Kommentar dazu, Frau Menges?
– geändert durch J.-M. Wagner am 30.05.2002, 16.35 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 28.05.2002 um 10.18
Zitat:Lieber Herr Lachenmann, verlegen Sie auch Kinderbücher bzw. würden Sie dies tun?
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Frau Menges meint, Eltern kauften nur Kinderbücher in neuer Rechtschreibung. Haben sie denn eine Wahl? Es gibt keine anderen mehr. Die Umstellung wurde nicht auf Grund von Elternwünschen vorgenommen, ...
Die meisten Eltern fragen gar nicht nach der Rechtschreibung.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theodor Ickler am 27.05.2002 um 18.40
Frau Menges meint, Eltern kauften nur Kinderbücher in neuer Rechtschreibung. Haben sie denn eine Wahl? Es gibt keine anderen mehr. Die Umstellung wurde nicht auf Grund von Elternwünschen vorgenommen, sondern aus vermeintlichem Eigeninteresse einer bertelsmannbeherrschten Branche. Und zwar prestissimo, rekordverdächtig! Die meisten Eltern fragen gar nicht nach der Rechtschreibung. Der Bestseller schlechthin, Harry Potter (er macht ein Drittel des gesamten Branchenumsatzes), wäre kein bißchen weniger verkauft worden, wenn der Verlag ihn in der besseren Rechtschreibung herausgebracht hätte.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Jörg Metes am 27.05.2002 um 15.18
Zitat:Das Interessante an potenziell und Potenzial ist, daß so ziemlich jeder Neuschreiber es so schreibt, obwohl daneben potentiell und Potential gleichfalls korrekt (geblieben) sind. Auf kaum eine andere Neuerung hat man sich mit so großem, hier aber eben auch unnötigem Eifer umgestellt (selbst in Akademikerkreisen).
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
Frau Menges schreibt auch "potentiell", obgleich dies nach NEU "potenziell" heißt.
Die Aufgabe der Lehrer ist es nun, das hier angewandte "Stammprinzip" einerseits in die Köpfe der Schüler zu bekommen, andererseits aber nicht zu sehr (damit nicht etwa auch noch nazional - wegen Nazi - geschrieben wird).
Darin besteht ja gerade die Vereinfachung.
__________________
Jörg Metes
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2002 um 14.49
>Die Entwicklung und Förderung von instrumentalen Fähigkeiten in der Musik hängt auch nicht von der Art ab, wie diese schriftlich „notiert“ ist. Aber es wäre eine riesige Dummheit, die Notationsformen, die sich über lange Zeit gebildet und bewährt haben, durch andere zu ersetzen, die erst noch jahrelang diskutiert und ausprobiert werden müßten.
Das ist ein interessanter Gedankengang, obwohl das nicht verglichen werden kann, denn Sprache und alle ihre Bestandteile sind weit umschichtiger, interessanter, umfangreicher, lebendiger und "lebender", wenn Sie mich verstehen wollen. Übrigens verstehe ich Sie immer richtig, mir gefällt Ihre Argumentation. Aber dagegen stehen auch andere Interessen!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2002 um 14.37
Ich habe aber trotz aufmerksamen Lesens kein konkretes Beispiel von Ihnen gefunden. Meine Ausführungen zur "s"-Schreibung haben Sie nicht aufgegriffen.
§ 2: Nach kurzen Vokalen kennzeichnet man durch Verdopplung.
§ 25: Nach langen Vokal schreibt man ß.
Also diese Regel ist für die Kinder eingängig. Die Schwierigkeit liegt wie immer in den Ausnahmen.
Dabei empfinde ich die vereinfachte Buchstabenfolge wie bei Haus nicht als Problem, eher bei Bus oder Zeugnis.
Auch die "neue" Trennung von "st" entpuppt sich zunehmend als neue Fehlerquelle. Beim Wort "Mus-ter" fällt einem inzwischen auf "Doppel "s" nach kurzem Vokal" gedrillten Kind sofort "muss-te" ein, und es schreibt im Zweifelsfall "Muss-ter".
Finden Sie, dass das in der alten Rechtschreibung einfacher war? Das war mindestens die gleiche Schwierigkeit.
Nochmals die Frage an Sie: wo konkret sehen Sie die Erleichterungen durch die "Rechtschreibreform"
Getrenntschreibung:
Im Normalfall schreibt man die Wörter auseinander. Es ist doch keinesfalls schwerer.
Die Fehlerquellen liegen meines Erachtens im Bereich Rechtschreiben überhaupt.
Haben Sie schon einmal einen Rechtschreibtest ausgewertet ? Explizit daran erkennt man die Fehlerquellen. Erst danach geht die Untersuchung bei mir nach Fehlerquellen nach der neuen und der alten Rechtschreibung an. Ich brauche standardisierte Tests oder schulhausinterne informelle Tests. Daran sieht man die Auskunft über die Fehlerquellen. Mich interessieren große umfangreiche Testdaten, um daraus Elementarteilchen zu sehen und Schlüsse zu ziehen. Haben Sie vergleichende Daten, zumindest informelle Tests aus verschiedenen Klassen? Wenn sie welche haben, wäre es mir ein Vergnügen diese gemeinsam anzuschauen und auszuwerten.
An solchen konkreten Beispielen können wir einfacher und leichter das Konkrete beschreiben, kritisieren und auch diskutieren. Lassen sie viele Kinder ihre Beispiele schreiben und man erkennt daran, ob sie mit ihren Beispielen Recht haben.
Liebe Frau Ruth Salber-Buchmüller,
ich würde gerne das ß ganz eliminieren! Das müssten Sie jetzt gemerkt haben. Wenn Sie sonst nichts auszusetzen haben, dann geht es ja noch. Meine Rede entspricht aber nicht nur meinen Worten, das ist die Rede von vielen Lehrern. Außerdem bin ich nicht verantwortlich für die RSR, sondern wir führen in diesem Falle aus. Potenziell, auch potentiell haben sie natürlich Recht!
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 27.05.2002 um 13.58
Ich bin selbstredend nur "ein
kleines Licht" gegenüber Frau
Dr. Menges.
Doch darf ich wagen zu fragen,
ob Frau Menges das Wort "Anstoß"
absichtlich "Anstoss" schreibt,
vielleicht, um ostentativ
eine generelle "ss"-Schreibung
herbeizuproklamieren??
Denn es kann doch wohl keiner
davon ausgehen, daß Frau Menges
nach sechs Jahren Praxis das
Herzstück der "Reform", die
"ss"-Schreibung - und das als
Lehrende -, noch immer nicht
beherrscht.
An anderer Stelle schrieb sie
auch "fusste".
Frau Menges schreibt auch
"potentiell", obgleich dies nach
NEU "potenziell" heißt.
Wenn es jedoch keine Absicht ist,
hier in diesem Forum "Anstoss"
zu schreiben, frage ich mich, wie
sie Diktate bewertet.
Schreibt ein Kind "Anstoß" - hat
sie dies oder andere entsprechende
Wörter bisher als Fehler angestrichen?
Fragen über Fragen - doch nichts für
ungut!
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theo Grunden am 27.05.2002 um 11.49
Herr Grunden,
erzählen Sie dies jetzt den Lehrern, mir oder dem Volk?
Ich kann die Schüler in der alten und in der neuen Rechtschreibung zu mündigen Bürgern erziehen.
Da haben Sie mich aber falsch verstanden, Frau Menges. Natürlich hängt der Erfolg, wenn es um das Erziehen von Schülern zu mündigen Bürgern geht, nicht gerade von der Schreibweise ab, die man ihnen präsentiert oder von ihnen erwartet. Dieses Ziel könnte man – und Sie sicher auch, das würde ich nicht zu bezweifeln wagen – sogar mit noch ganz anderen Schreibweisen erreichen, z.B. mit der in der Schweiz üblichen, die auch nach langen Vokalen „ss“ statt "ß" vorsieht, oder mit solchen, die uns die meisten Tageszeitungen tagtäglich als Neuschreibung verkaufen wollen.
Die Entwicklung und Förderung von instrumentalen Fähigkeiten in der Musik hängt auch nicht von der Art ab, wie diese schriftlich „notiert“ ist. Aber es wäre eine riesige Dummheit, die Notationsformen, die sich über lange Zeit gebildet und bewährt haben, durch andere zu ersetzen, die erst noch jahrelang diskutiert und ausprobiert werden müßten.
Oder kann man das nicht vergleichen?
eingetragen von Claudia Ludwig am 27.05.2002 um 11.48
Sehr geehrte Frau Menges,
mit großem Interesse habe ich die Diskussionen der letzten Tage verfolgt. Immer wieder schreiben Sie von den Vereinfachungen, die die "Rechtschreibreform" den Kindern beschert. Ich habe aber trotz aufmerksamen Lesens kein konkretes Beispiel von Ihnen gefunden. Meine Ausführungen zur "s"-Schreibung haben Sie nicht aufgegriffen.
Zur Erinnerung: den zwei Möglichkeiten, das scharfe/stimmlose "s" zu schreiben - nämlich "s" und "ß" nach "alter" Rechtschreibung - fügt die "neue" eine dritte Möglichkeit hinzu: das ist eine klare Erschwernis.
Auch die "neue" Trennung von "st" entpuppt sich zunehmend als neue Fehlerquelle. Beim Wort "Mus-ter" fällt einem inzwischen auf "Doppel "s" nach kurzem Vokal" gedrillten Kind sofort "muss-te" ein, und es schreibt im Zweifelsfall "Muss-ter"
Dieses Beispiel ist nicht meiner Phantasie entsprungen, ich habe es von ehemaligen Kollegen, die mich mit ihren Beobachtungen auf dem laufenden halten und inzwischen sehr verzweifelt sind ob der unzähligen "neuen" Fehler, die die Kinder entsprechend den so "logischen" Regeln der Reformer machen.
Nochmals die Frage an Sie: wo konkret sehen Sie die Erleichterungen durch die "Rechtschreibreform"?
__________________
Claudia Ludwig
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2002 um 10.22
Das Hitler- Regime und unsere Zeit sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Voraussetzungen für das Nazi- Regime andere waren. Schwerste Arbeitslosigkeit, schwerste Versorgungsnöte etc. In unserer Zeit sind diese Voraussetzungen nicht nachzuweisen. Der Wunsch/ die Tatsache/ die Durchsetzung die Rechtschreibung zu vereinfachen (Fehlerreduzierung und jahrhundertlange Erwartung einer Rechtschreibreform rechtfertigt dies nicht)ist eben schon lange auf dem Weg. Also ist es nicht vergleichbar und nicht gerechtfertigt hier gleichzustellen mit dem Dritten Reich und ... wir haben sie nun einmal !
Herr Genzmann,
sie haben eine wunderbare melodiöse Art etwas zu erzählen. In der Sache allerdings müssten wir ein längeres Streitgespräch führen, denn Ihre Meinung ist nicht haltbar. Schreiben sie eigentlich an/um/über etwas?
Lieber JMW,
die RSR ist doch nicht nur schulbezogen. Ich lese in allen meinen Zeitungen die neue Rechtschreibung, bzw. Hausorthografien. Sie können doch nicht sagen, dass die Zeitungen, außer Berichten, etwas mit der Mengenlehre zu tun hat?
Herr Grunden,
erzählen Sie dies jetzt den Lehrern, mir oder dem Volk?
Ich kann die Schüler in der alten und in der neuen Rechtschreibung zu mündigen Bürgern erziehen. Das ist ebenfalls kein Argument.
Herr Ickler,
es geht hier um Verkaufszahlen: Eltern kaufen für Ihre Kinder nur ausschließlich Bücher mit neuer Rechtschreibung,
Bücher für potentielle Käufer in unserem Alter sind sozusagen besser verkäuflich in der alten Rechtschreibung.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 27.05.2002 um 10.15
Ich bin Jahrgang 1928 (!)Ich nehme
an, daß ich in dieser Runde bei
weitem die Älteste bin und daher
wirklich aus Erfahrung sprechen kann.
Nicht von ungefähr kämpfe ich seit
nunmehr sechs Jahren gegen diese
Diktatur, die die RSR darstellt.
Die Parallelen in der Reaktion
der Bevölkerung sind klar erkennbar:
Unterwerfung, Mitmachen, Mitlaufen.
Im Alter von zehn Jahren mußten wir
Mädchen in den BUND DEUTSCHER MÄDCHEN,
den BDM, dessen Untergruppe die
JUNGMÄDEL, die JM waren.
Da ich viele Male nicht zum Dienst
erschienen war, drohte mir meine
"Führerin"an, sie werde dafür sorgen, daß
ich von der Schule geschmissen würde, wenn
ich nicht ab sofort regelmäßig zum "Dienst"
erscheinen würde. Das gleiche widerfuhr mir
ein weiteres Mal in einer anderen Schule
in einer anderen Stadt.
Ein Lehrer, der die Klasse nicht mit
HEIL HITLER begrüßte, hatte böse
Konsequenzen zu befürchten.
So gesehen war der Kadavergehorsam in jener
Zeit noch nachvollziehbar (man denke
an die Geschwister Scholl).
Aber die Rückgratlosigkeit allerorten heute -
mit besonderem Hinweis auf die Medien -
ist nicht mehr zu begreifen.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theodor Ickler am 27.05.2002 um 09.27
Manche Zeitungen führen an, sie würden eben auch von "Familien" gelesen und müßten daher um der Heranwachsenden willen die Reformschreibung verwenden. Um so wichtiger wäre es natürlich, daß sie sich auch wirklich an die amtliche Regelung halten, aber gerade das geschieht ja nicht. Und zwar nicht nur wegen fehlerhafter Umsetzung, sondern erklärtermaßen durch bewußte Ignorierung zentraler Reformregeln.
Wenn nun, wie anzunehmenm ist, der gesamte "Literatur-Kanon", den ein Verlagskonsortium unter Führung von Suhrkamp herausbringen wird, in der herkömmlichen Rechtschreibung gesetzt ist, und das mit Blick auf die Schulen und besonders den gymnasialen Deutschunterricht - welche Folgen hat das für die schriftliche Kompetenz der nächsten Generation?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 27.05.2002 um 08.22
... aber wer ist die Zukunft? Unsere Kinder und nicht wir, wir sind nur Wegbereiter.
Genau, liebe Frau Menges! Und deshalb sollten wir dafür sorgen, daß sie zu sensiblen und kritischen Menschen erzogen werden, die unterscheiden können zwischen Sinnvollem und Notwendigem einerseits und Fragwürdigem, Widersprüchlichem und Überflüssigem andererseits; die zumindest die Chance bekommen, künstlerische, musikalische, sprachliche (auch schriftsprachliche) und viele weitere Feinheiten erleben und nachvollziehen zu können; die nicht alles gleich mitmachen (müssen), was man halt so macht (trägt, singt, schreibt, ...). Und vor allem sollte man eines nicht mit ihnen machen: herumexperimentieren.
Das in Kürze, bald gerne mehr.
Mit wegbereitenden Grüßen
Theo Grunden
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.05.2002 um 06.48
Ich habe gestern Bücher gekauft: Haruki Murakami (Naokos Lächeln u.a.) und Philip Roth (Der Menschliche). Marcel- Reich-Ranicki hat sie gelobt und gepriesen. Haruki Murakami(Preisträger diverser großer Preise) und Philip Roth haben eine ordentliche Sprache und ein ordentliches Deutsch aufzuweisen. Es ist tröstlich für Euch: Alle Bücher sind in der alten Rechtschreibung gehalten, übersetzt vom Deutschen Übersetzerfond, Hanser Verlag und Ursula Gräfe, Dumont Verlag.
Wer möchte da noch behaupten, dass wir uns nicht die nächsten unendlichen Jahre mit der neuen und alten Rechtschreibung zu beschäftigen haben?
Vergleiche dazu die Kinderbuchautoren (Ickler), aber wer ist die Zukunft? Unsere Kinder und nicht wir, wir sind nur Wegbereiter.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Rolf Genzmann am 27.05.2002 um 04.43
Welch eine Blindheit, die Rechtschreibreform nicht mit der sogenannten Mathematik im ersten Schuljahr vergleichen zu können. Die heutigen „Mathematik“ - bücher rechnen im ersten Schuljahr, wie schon dargestellt, bis 20, und bis dahin auch nur die „Plus“-Aufgaben und wenige „Minus“ -Aufgaben“. Das aber ist, gemessen an dem, was vor der unsäglichen Bildungsreform einmal möglich war, quasi nichts. In einem Hauptfach müssen die Kinder ein ganzes Jahr lang quasi nichts lernen. Sie werden künstlich dumm gehalten. Noch schlimmer, sie sollen „plus“ nachplappern und „minus“ nachplappern, dazu werden sie gezwungen. Das geht nur mit mittelalterlichen Paukmethoden, denn begreifen aus der kindgemäßen Sprache heraus, aus der verstehbaren Muttersprache heraus, können sie weder das latenisch einzudrillende Plus, erst recht nicht das Minus. Das wichtigste Mittel des Kindes zur Eroberung der geistigen Welt, die Muttersprache, wird außer Kraft gesetzt, und das gerade in einem Hauptfach, dem Rechnen, was eigentlich „richtig denken“ bedeutet. Statt eines anspruchsvollen Rechenunterrichts, der in Anknüpfung an die in der Muttersprache angelegten Möglichkeiten des Verstehens im ersten Schuljahr sämtliche fünf Grundrechenarten bis 100 einführte, müssen die Kinder heute „Mathematik“ lernen, fast genauso, wie es in der DDR auch üblich war. Außer den beiden ihnen unverständlichen Lateinvokabeln plus und minus, die ihnen eingedrillt werden müssen, lernen sie im Rechnen selbst tatsächlich nichts.
Da ihre Muttersprache in einem Hauptfach von Anfang an nichts mehr gilt, da sie nur vorgeplappertes Plus und Minus nachplappern sollen, erleben sie diese „Mathematik“ als blödsinnigen Quatsch. Da sie ferner nicht rechnen dürfen, was sie eigentlich längst schon können oder könnten, werden sie allesamt ein ganzes Jahr lang unterfordert.
Sie wenden sich angewidert ab von solch einem permanent idiotischen Unterricht.
Wie man es für ein Glück halten kann, daß Kinder ein ganzes Jahr lang künstlich dumm gehalten werden, kann ich nicht verstehen.
The best music is no music at all, das Credo eines gewissen Cage, - ich halte es für absurd.
Andere sind davon begeistert, Cage hat ja die Musik uberwunden, und halten das offenbar für ein großes Glück.
Die „Bildungsreform“ war und ist eine Bildungsabschaffungsreform.
- Im Gymnasium konnte man eine zeitlang mit Biologie und Sport Abitur machen. Ein schlauer Abiturient ließ sich dann auch noch vom Arzt krankschreiben für sein Wahlfach Sport.-
Die alten Regeln im Duden 1970 waren in muttersprachlich verstehbarem, vorzüglichem Deutsch, klar, prägnant, von erfahrenen Grammatikern formuliert, in jahrzehntelanger Arbeit gewachsen, kurz, sie waren ein echtes Kunstwerk, das nur mit großer Liebe zur Sprache entstehen konnte.
Die neuen „Regeln“ dagegen bestehen aus einem pseudolateinischen Kauderwelsch, das kein Verlag, kein Journalist, kein Minister, kein Lehrer und keine Lehrerin verstehen kann, in die Welt gesetzt von völlig unfähigen Leuten, ohne jede Liebe zur Sprache pseudoformuliert, wahrlich kein Kunstwerk, sondern ein Sammelsurium von Absurditäten.
Auf die Lehrer, auf jeden noch halbwegs sprachkundigen Menschen wirken sie wie unverstehbares Plus- und Minusgeplapper auf Kinder im ersten Schuljahr.
Und wann dies gegenseitige Vorplappern und Nachplappern ein Ende hat, das mag der Teufel wissen.
Stecken sie die Nas auch tüchtig ins Buch,
Lesen und schreiben und rechnen genug?
Knecht Rupprecht
Leider nein, Theodor Storm, man hält es heutzutage für ein Glück, das alles überwunden zu haben. Man nennt es gar Bildungsreform.
Rolf Genzmann
__________________
Rolf Genzmann
eingetragen von Theodor Ickler am 27.05.2002 um 03.06
Ich stimme Hernn Melsa in jedem Punkt zu. Man darf nicht immer gleich an Massenmord denken. Zur Wirklichkeit des Dritten Reiches - der gesamtdeutschen Diktaturerfahrung - gehört auch die alltägliche Duckmäuserei, das Korrumpieren der Gesinnung Schritt für Schritt, die Lust an der Unterwerfung und der hausmeisterlichen Überwachung des Mitmenschen. Der Mensch ist ja im allgemeinen kein Heiliger, aber wehe, wenn der Staat mithilft, das Teuflische herauszubringen! Es fängt fast immer ganz klein und unscheinbar an.
Gerade wurde mir eine von diesen klitzekleinen Ungeheuerlichkeiten bewußt: Heute kann in Deutschland kein Kinderbuchautor, und sei er noch so namhaft, seine Bücher in der von ihm (und von der Mehrheit der Bürger) gewünschten Orthographie veröffentlichen. Der Verlag (es sind Fälle bekannt, aber mit Rücksicht auf die Betroffenen sollte man sie nicht öffentlich diskutieren) stellt jeden vor die Wahl, entweder der Anpassung an die 1996er Reform zuzustimmen oder auf die Veröffentlichung zu verzichten.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 27.05.2002 um 00.11
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
[Wagner:] Die Vergleichskriterien müssen halt nur klar sein.
Diese Diskussion kenne ich- verweigere Sie aber. Die Rechtschreibreform ist nicht zu vergleichen, nicht vergleichbar, nicht diskutierbar, nicht zu vermischen mit dem Hitler- Regime.
Ich bin da etwas anderer Meinung. Wenn in diesem Land schon einmal so eine unvorstellbare Katastrophe wie das Dritte Reich passieren konnte, was ja nun einmal geschehen ist und sich nicht wieder rückgängig machen läßt, dann sollte man diese Vergangenheit wenigstens nutzen, um wichtige Lehren daraus zu ziehen, also sehr genau analysieren, wie es zu dem kommen konnte, was war. Aber daß Massenmord moralisch abzulehnen ist, war auch vor dem Dritten Reich schon selbstverständlich, um diese Kategorien geht es im Grunde gar nicht. Es geht um die Wurzel dessen, was Menschen vermeintliche Selbstverständlichkeiten vergessen oder verdrängen läßt. Unbedingtes Obrigkeitsgehorsam, das Verhängen von Tabus, "politisch korrekte" Meinungspflicht. Wenn man den Durchsetzungsstil der Rechtschreibreform betrachtet - wie kann man sich da nicht an diktatorische Handlungsweisen erinnert fühlen? Um es ganz offen zu sagen: Die gegenwärtige Rechtschreibreform IST eine diktatorische Handlung! Das ist keine polemische Übertreibung, sondern läßt sich anhand bekannter Fakten einfach belegen. Zu moralischen Katastrophen kommt es, wenn irgendwie alle Hemmschwellen des zivilisierten Menschen überschritten werden können. Wieviele Hemmschwellen muß ein schleswig-holsteinischer Landtagsabgeordneter, der gegen den Volksentscheid gestimmt hat, schon hinter sich gelassen haben, um einem Volk gegen seinen bekundeten Willen und gegen nachdrücklich vorgetragene Bedenken von Fachleuten eine neue Sprachnorm aufzudrängen? Die Macht in diesem Land ist verfassungsmäßig rein demokratisch legitimiert, und wenn man gegen das Volk handelt, ist diese Legitimation eigentlich nicht mehr gegeben (daher gibt es für diesen Fall das Widerstandsrecht im Grundgesetz). Bei der Rechtschreibreform ist ein fundamentales Element hoher Kultur betroffen, nämlich die Schriftsprache. Weil dieses omnipräsente Medium des modernen Lebens den Stempel verworrener Staatswillkür geradezu offen auf der Stirn trägt, wird es zum Symbol des schleichenden Demokratieverfalls. Jedes "dass" in einer Tageszeitung ist ein Zeugnis einer bestürzenden Rückgratlosigkeit und Geistesarmut der herrschenden (bzw. herrscherfreundlichen) Presse. Schulen, Behörden, Presse, Werbung, Literatur, das sind die Orte, an denen sich das Kadavergehorsam einzunisten beginnt. Am Mitmachen bei einer fachlich vermurksten Reform, mit der eigentlich überhaupt keiner zufrieden ist und die bekanntermaßen nur eine kleine Minderheit befürwortet, daran läßt sich nun leicht erkennen, ob für die jeweilige Person oder Instanz die sachliche Vernunft oder doch eher verantwortungsscheue Befehlsausführung, unkritischer Windschnitt letztlich ausschlaggebend ist. Und nun darf sich jeder selbst die Frage stellen, welche Haltung das Dritte Reich wohl eher verhindert und welche wohl eher begünstigt hätte bzw. hat. Die Rechtschreibreform ist nicht als eigentliches Problem auf gleicher Ebene mit dem Dritten Reich zu vergleichen; die Rechtschreibreform ist vielmehr ein Symptom für eine Krankheit, die während des Dritten Reiches zu vollem Ausbruch gekommen ist, es überhaupt ermöglicht hat. Ähnlich wie eine Schwächung des Immunsystems gegen Unsinn.
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.05.2002 um 16.57
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
> Die Rechtschreibreform kippt vielleicht 2005.
> Bis die Schäden behoben sind, - das wird dann
> vielleicht nur 10 Jahre dauern, schätze ich.
Welch eine Blauäugigkeit! Und welch eine unmögliche Sache, die Mengenlehre mit Rechtschreiben zu vergleichen! Die Mengenlehre war eine schulbezogene Thematik.
_____
Was wollen Sie damit bezüglich der Rechtschreibreform (kurz: RSR) sagen? Daß diese keine schulbezogene Thematik sei? Ich denke, daß dem nicht so ist, denn als die Reform bereits 1996 an einigen Schulen zur Unterrichtsgrundlage wurde, gab es sie außerhalb der Schule nur in den neuen Wörterbüchern, nicht aber in der Praxis.
Wenn dem jedoch so sein sollte (daß die RSR keine schulbezogene Thematik ist), verstünde ich einiges nicht:
· Welche Motivation (bzw. Begründung) bestände dann noch für die RSR?
· Warum dann die Aufregung darüber, daß Herr Lachenmann Ihnen etWAS dazu vorschlägt?
Sie haben gewiß mit Recht darauf bestanden, daß das WIE des Schulunterrichtes Sache der Pädagogen ist. Das bedeutet doch aber umgekehrt (und wird durch die Prämisse bestätigt, daß es sich bei der RSR um keine schulbezogene Thematik handele), daß sich die Pädagogen aus dem WAS herauszuhalten haben (und zwar dem "was" an sich, nicht dem "was davon" oder dem "was außerdem"). -- Aber letztlich bin ich mir nicht sicher darüber, wie Sie die RSR im Hinblick auf ihre Schulbezogenheit einschätzen. Wie ist es genau damit?
_______________
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Kritik an Jan- Martin Wagner:
(JMW) m. E. hauptsächlich von dem WAS ("Etwas Schlechtes machen "müssen", weil der Dienstherr es befiehlt, ist ein schlimmes Dilemma"
Sie müssen mal den Strang durchlesen, hier ging es nicht um den Dienstherrn, sondern um die Frau, die die neue Rechtschreibung auch noch mag.
_____
Es kann ja sein, daß Sie sich speziell mit Herrn Lachenmann zugleich auf mehreren Ebenen ("was" und "wie" etc.) ausgetauscht haben. Mir war einfach aufgefallen, daß in Ihren Antworten Dinge auftauchten (bzw. fehlten), die von dem Fragenden gar nicht (bzw. ganz deutlich) formuliert worden waren (Herr Lachenmann bezog sich ja nicht nur auf den Dienstherren, sondern er sprach auch davon, den »Kindern mit auf den Weg [zu] geben, daß diese Rechtschreibung nur eine zeitgebundene Erscheinung ist, die in der Wirklichkeit nicht überall gleich anzutreffen ist und auch so nicht bleiben wird, die sie aber leider jetzt so lernen müssen«). Um dies festzustellen, muß ich keineswegs den Diskussionsstrang durchlesen. -- Und warum gibt so eine Feststellung Anlaß zu Kritik an meiner Person?
_______________
Zu dem WAS gibt es noch ein paar Aspekte, die m. E. eine genauere Betrachtung verdienen.
Auf meine Frage nach der eindeutigen Abbildbarkeit zwischen alter und neuer Schreibung antworteten Sie: »Es kommt zuweilen eine andere Bedeutung der getrennt geschriebenen Wörter heraus, der Sinn ist in der Getrenntschreibung manchmal sehr viel erschwerter zu erfassen. Dies ist ein richtiger und wichtiger Kritikpunkt an der neuen Rechtschreibreform! Das muss man sich eingestehen und hier müsste nochmals der Rotstift angesetzt werden.« (25.05.2002, 07.41)
Und trotz dieses Kritikpunktes an der neuen (?) Rechtschreibreform lehren Sie danach an der Schule und wehren sich nicht dagegen? An anderer Stelle schrieben Sie ja: »Ich stehe -natürlich- mit Abstrichen zur REFORM!« (22.05.2002, 14.52) Warum auch immer Sie diese Haltung -- trotzt des zuvor genannten Kritkpunktes -- als natürlich ansehen, ist mir bislang nicht klargeworden; auch an anderen Stellen bemerken Sie: »Ich gehe nach einem Jahr Beobachtung davon aus, dass die Rechtschreibreform wirklich nicht zur Fehlerreduzierung beiträgt« (23.05.2002, 12.45) und »Ich neige zur Überzeugung, dass man die Rechtschreibleistung nicht durch eine Rechtschreibreform verbessern kann, sondern nur durch Übung.« (22.05.2002, 18.47)
Bitte helfen Sie mir, Ihre Haltung nachzuvollziehen, sich mit dieser Reform anzufreunden: Wo liegt -- in Bezug auf die RSR -- für Sie die kritische Schwelle für die Summe der Probleme/Defizite/Fehler, ab deren Überschreitung eine Sache insgesamt nachteiliger ist, so daß man -- obwohl man Teile davon für sehr gut hält -- lieber dagegen ist, um Schaden abzuwenden?
Im Gegensatz zu Ihnen meint Augst: »Man könnte mehr üben, aber die Möglichkeiten der Schule sind ausgereizt.«
Das Ziel der 1996er Rechtschreibreform war meines Wissens doch, die Rechtschreibung gerade im Hinblick auf das Erlernen des richtigen Schreibens und auf die Verringerung der Fehler zu vereinfachen. Wie ist (bzw. war) es denn nun wirklich?
Sie haben außerdem nach dem "vorher" gefragt: »Das "Vorher" wäre wichtig gewesen. Warum hat sich alles erst hernach herausgebildet? Warum haben Sie hernach Ihr Wörterbuch entwickelt?« (21.05.2002, 14.22)
Offenbar ist nach Augst eine Motivation für die RSR in der Schule zu suchen, und damit geht die Frage, "was wäre vorher zu tun gewesen" direkt an Sie zurück. Als wie ernst schätzen Sie das Problem mit der Rechtschreibung vor der Reform ein; wie sehr bedurfte es einer Reform aus Gründen der Vereinfachung? Was haben Sie im Vorfeld der Reform getan, um den Schülern das Erlernen der Rechtschreibung zu erleichtern? Hatten Sie Ihre Möglichkeiten bereits "ausgereizt"?
– geändert durch J.-M. Wagner am 04.06.2002, 12.16 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.05.2002 um 15.06
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
>Also konkret: Wie sicher beherrschen die Schüler genau diesen Fall, was sind Ihre Erfahrungen damit...
Diese Frage gebe ich nun mal an die vielen Lehrer weiter, die hier auch eingetragen sind. Meine Erfahrungen sind negativer Art mit dem Trennen. Die Schüler haben große Probleme mit der Silbentrennung. Eindeutiges Trennen von ss, wie bei Was- ser ist dagegen leichter zu händeln.
_____
Was bedeutet "leichter zu händeln", können Sie da etwas konkreter werden? Und würden Sie evtl. auch auf die Frage eingehen, inwiefern speziell diese eindeutige Trennung von "ss" dazu beitragen kann, das von Ihnen angesprochene "Problem der drei s" zu entschärfen? "Keine Labereien!"
(Mit "entschärfen" meine ich, daß der Umgang mit den drei Möglichkeiten für die Notation des stimmlosen s-Lautes insofern erleichtert wird, als daß einer der Fälle [das "ss"] auf eine klare und praktikable Regel zurückgeführt werden kann, die zudem relativ robust ist [d. h. wenig dazu verleitet, Fehler zu machen]. Dieses gilt natürlich, wie bereits gesagt, unter dem Vorbehalt, daß man von der gänzlichen Abschaffung des "ß" absieht.)
Was sind Ihre Gründe dafür, bei der jetzigen s-Schreibung (der Heyseschen) zu bleiben? Was spricht Ihrer Meinung nach gegen einen Wechsel zur Adelungschen?
_______________
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges: »... ich hätte eben dieses ß gerne draußen. Wie schaut es aus? Für Ihre Augen natürlich fürchterlich!!!!! Wie wirkt auf Sie Grüsse?
Es schaut, ich gebe es ja zu, nicht besonders schön aus. Somit grü"s"e ich Sie halt. Somit sehe ich auch, dass alle Beiträge genau gelesen werden!
Zur Fehlerreduzierung würde es vielleicht beitragen.
Aber nur vielleicht, denn ich gehe nach einem Jahr Beobachtung davon aus, dass die Rechtschreibreform wirklich nicht zur Fehlerreduzierung beiträgt, denn drei s sind zum Beispiel eindeutig zu viel (...). Eigentlich müsste dann nach der Phonologie das Wort so geschrieben werden: Grüse wie Öse.«
Das verstehe ich nicht: Was meinen Sie hier mit "dann"; warum sollte man (dann) von der Phonologie her Grüße wie Öse schreiben?
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.05.2002 um 14.36
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Drei Buchstaben find ich richtig. Es ist logisch. Das andere war eine Regel!
zum Beispiel: Stilllegung
Warum sollte das Wort still und -legung nicht als ganzes Wort zu erkennen sein?
Aber ich muss sagen, dass die gegenseitige Diskussion wirklich auch befruchtend ist. Und die Diskussion wird klar geführt. Keine Labereien!
_____
Drei gleichen Buchstaben bei ihrem Zusammentreffen ein fröhliches Stelldichein zu gewähren, ist natürlich zum einen eine Vereinfachung für die Schreibenden. Zum anderen ist es aber eine neue Regel, denn die bisher übliche Praxis, daß einer dieser Buchstaben ggfs. wegfällt, wird durch die neuen Regeln aufgehoben.
Warum soll nun aber Stillegung falsch sein, wenn es jahrelang als richtig empfunden wurde? Ich spreche hier bewußt nicht davon, ob es als leicht oder schwer empfunden wurde, es so zu schreiben; ich meine die Zulässigkeit dieser Schreibung an sich.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.05.2002 um 09.33
Vorwort:
Kritik an Jan- Martin Wagner:
(JMW) m. E. hauptsächlich von dem WAS ("Etwas Schlechtes machen "müssen", weil der Dienstherr es befiehlt, ist ein schlimmes Dilemma"
Sie müssen mal den Strang durchlesen, hier ging es nicht um den Dienstherrn, sondern um die Frau, die die neue Rechtschreibung auch noch mag.
Überleitung:
An Herrn Grunden und Co.
Gedanken zu den Menschen hier:
Bemerkenswert ist, dass hier viele, ganz viele Männer ( kann zu den Frauen nur wenig sagen ) sind, die die gleiche Sprache sprechen. Das ist bei Lachenmann schon aufgefallen. Er schreibt Krottenthal ist gleich um die Ecke ( witzig, dieses Krottenthal, wäre gestern fast daran vorbeigefahren) und anderes. Es ist dieselbe Grundsprache. Es ist so ähnlich wie mit Rauchern, die sich immer selbst als die nettesten Menschen bezeichnen. Zumindest haben sie die Ruhe meist weg, soweit stimmt das. Herr Grunden- ich bin mir jetzt nicht mehr so sicher. Haben sie Engagement bei dem Thema Hochbegabung gezeigt oder sind sie ein anderer Grunden?
Ihre Fragen sind rhetorische Fragen, soll ich wirklich darauf eingehen? Sie haben einesteils das Schmunzeln im Gesicht, anderseits sind diese Fragen durchaus legal zu betrachten. Die Antworten kennen Sie aber im voraus. Musikalische Menschen wagen sich halt auch an Themen anders heraus.
Bearbeitung:
>bzw. „rechtschreibreformmißverstehenbedingter“ (?) Rechtschreibung geschrieben.
Das alles ist relativ, sowie der Mensch auch relativ ist. Es kommt mitunter auf die Sekretärin an, wie gut sie in der neuen Rechtschreibung ist.
>Haben Ihre Sekretärinnen etwa etwas gegen die „Normen“ ...
Ja.
> Daß sie sich keinerlei Schwierigkeiten damit vorstellen können, oder eher daran, daß dann die Schwierigkeiten erst richtig losgehen könnten?
Keines von beiden, die Schulleiter machen, so gut sie können.
> Zu „Euch“: Finden Sie auch die Regel von § 66 so überflüssig, daß Sie sie nicht befolgen? Sehen Sie, da haben Sie ja auch schon „etwas“ gemacht! Weiter so!
Das ist wirklich wahr. Hier unterscheide ich bewusst- schulisch wird "du" klein geschrieben gelehrt, mit dem Hinweis, dass die Menschen meist beleidigt sind, wenn man "du" und "euch" klein schreibt. Also, meinen Leuten schreibe so, sie wollen einfach mit "Du" angeschrieben werden. Ich gehe damit auch endlosen Diskussionen aus dem Weg.
> Die Vergleichskriterien müssen halt nur klar sein.
Diese Diskussion kenne ich- verweigere Sie aber. Die Rechtschreibreform ist nicht zu vergleichen, nicht vergleichbar, nicht diskutierbar, nicht zu vermischen mit dem Hitler- Regime.
> Wie hoch würden Sie denn die Zulassungsvoraussetzungen ansetzen für solche Interessenten (gleich welchen Berufes), die hier zu Fragen der Rechtschreibung Beispiele vorbringen wollen?
Nett...
>Erschwert es nicht auch die Rechtschreibung, daß es das „y“ oder „ph“ noch gibt (Gefahr der Verwechslung mit „ü“ und „f“)? Wie fänden Sie „Füsik“ als Schulfach? Mal ehrlich!
Ehrlich: Ich habe mich über den Duden geärgert:
Grafeme muss ich mit f statt mit ph schreiben,
Morpheme aber bleiben Morpheme
Alphabetisierung bleibt.
Ich hätte also im Normalfall alle drei Wörter ( wegen der Gleichstellung der Wörter) mit ph geschrieben ( das habe ich eben darstellen wollen!)
>Abgesehen davon gehöre ich zu diesem Personenkreis, der gerne das "ss" anwendet.
>Dann wäre es für Sie wahrscheinlich auch kein besonderes Ärgerniss, wenn der Schulbuss mal zu spät käme? Das wären dann immerhin schon wieder ein paar Ausnahmen weniger!
Da haben sie Recht! Es wäre vereinfacht!
>Zu den Schulbüchern: In der Regel werden Schulbücher dann neu angeschafft, wenn die alten von der Handhabung oder vom Inhaltlichen her unbrauchbar geworden sind. Sind Ihnen Fälle bekannt, daß Schulbücher (ausgenommen Grundschule) nur wegen der geänderten Schreibregeln ausgetauscht wurden?
Ist das wirklich in Ihrem Bereich so? Meist sind sie sowieso überholt und man kauft sie in der neuen Rechtschreibung: Zum Beispiel zum Thema "Euro" etc.
Schluss:
Das war es. Lassen Sie was hören, Herr Grunden.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.05.2002 um 05.48
>Die Rechtschreibreform kippt vielleicht 2005. Bis die Schäden behoben sind, - das wird dann vielleicht nur 10 Jahre dauern, schätze ich.
Welch eine Blauäugigkeit! Und welch eine unmögliche Sache, die Mengenlehre mit Rechtschreiben zu vergleichen! Die Mengenlehre war eine schulbezogene Thematik.
Die Schrift begegnet uns tagtäglich: Sie beginnt in der Früh mit der Zeitung, bereitet in der Arbeit Sorge oder Freude und endet am Abend mit einem guten Buch. (Die Mengenlehre und die Zahlen kann ich schon mal weglassen). Ich bin mir sicher, dass wir uns alle hier bis zu unserem Ende mit der neuen und alten Rechtschreibung befassen werden, egal wie das Thema enden sollte. Es wurden jede Menge Bücher geschrieben in den letzten Jahren. Diese Bücher werden niemals sofort weggeworfen. Ebenso die Schulbücher nicht. Es wird uns ein Leben lang begleiten.
Da bin ich mir so sicher wie das Amen in der Kirche!
>Nach seinem Verfahren konnten die Kinder des ersten Schuljahres geläufig im Bereich bis 100 Zuzählen, Abziehen, Malnehmen, Verteilen und Einteilen.
Heute können sie bis 10 oder 20 nur Zuzählen, selten auch Abziehen.
Sollte diese Didaktik und Methodik gut sein? Der Schüler hat heute eine Menge mehr zu lernen als nur im ersten Jahr bis 100 zu rechnen. Ich würde sagen, diese Dinge haben wir zum Glück unserer Kinder in beiden Fällen ( Mengenlehre, Rechnen im 1. Schulbesuchsjahr bis 100) überwunden.
>Also konkret: Wie sicher beherrschen die Schüler genau diesen Fall, was sind Ihre Erfahrungen damit...
Diese Frage gebe ich nun mal an die vielen Lehrer weiter, die hier auch eingetragen sind. Meine Erfahrungen sind negativer Art mit dem Trennen. Die Schüler haben große Probleme mit der Silbentrennung. Eindeutiges Trennen von ss, wie bei Was- ser ist dagegen leichter zu händeln.
Übrigens gibt es viele Mathematiker, die sich auf die Sprache wunderbar verstehen, dichten und den Klang erkennen und lieben. Genau mit dieser Frage habe ich mich auch schon einmal langwierig auseinandergesetzt. Viele Mathematiker schätzen die Sprache als logisches "Mittel" ein.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von J.-M. Wagner am 26.05.2002 um 00.21
Zitat:Wo, bitte, haben Sie hier den zweiten Satz her?? Das habe ich Sie gar nicht gefragt.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
(Jan-Martin Wagner) Was sind Ihre Erfahrungen mit der Silbentrennung, wie sicher beherrschen die Schüler das?
Ist die Rechtschreibung insgesamt und damit das Trennen eine schwierige Aufgabe?
Zitat:Mir scheint, Sie haben hier lediglich die nicht von mir stammende oben angegebene zweite Frage beantwortet. Die Rechtschreibung insgesamt umfaßt zwar u. a. das Problem der Trennung, aber mit Ihrer Antwort bin ich nicht zufrieden: Meine Frage galt allein der Beherrschung der Silbentrennung, aber darauf sind Sie leider nicht explizit eingegangen.
Nicht für 1A Schüler oder/und für Schüler, die ein gutes Wortbildgedächtnis haben. Es gibt also Kinder, die können rechtschreiben. Sie lesen und schreiben richtig. Es gibt auch Kinder, die können nicht rechtschreiben und sind sehr intelligent. Die Mitte- also die meisten Schüler schreiben heute schlechter als früher. Übrigens gibt es keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Rechtschreibung ( vgl. Legastheniediskussion). Aber es gibt Kinder, die merken sich alle neuen Wörter sofort. Das ist also fatal für die, die ausschließlich in neuer Rechschreibung unterrichtet werden. Aber diese Kinder merken sich natürlich auch sofort die "alten" Wörter. Also kein Problem für sie, aber für die meisten Kinder der sogenannten Mitte ist ein Problem.
Zum einen war diese Frage ganz allgemein gestellt (»Was sind Ihre Erfahrungen mit der Silbentrennung, wie sicher beherrschen die Schüler das?«), zum anderen hatte ich ganz bestimmte Trennungen im Blick, nämlich die von "ss" zwischen Vokalen (Bsp.: Was-ser, Mas-se, Es-sen, Wis-sen, Küs-se; las-sen, müs-sen). Also konkret: Wie sicher beherrschen die Schüler genau diesen Fall, was sind Ihre Erfahrungen damit? Diese Frage steht im unmittelbaren Zusammenhang zu einer anderen bislang unbeantworteten Frage, »warum man bei der jetzigen s-Schreibung (der Heyseschen) bleiben und -- wenn man einmal von der gänzlichen Abschaffung des "ß" absieht -- nicht zur alten zurückkehren sollte, die doch das "Problem der drei s" (...) wesentlich entschärft?« Ich würde mich freuen, wenn Sie auf genau diese Fragen eingehen.
Hierbei sehe ich mich ein wenig an den Verlauf der Diskussion erinnert, als Herr Lachenmann schrieb:
»Man kann Frau Menges nur Mut zusprechen, wie im Schillerschen Drama bei dem Abwägen zwischen Liebe und Pflicht klug zu entscheiden: Liebe zur Erkenntnis contra Pflicht gegenüber dem Dienstherrn. Etwas Schlechtes machen "müssen", weil der Dienstherr es befiehlt, ist ein schlimmes Dilemma, aber vielleicht kann man dies wissentlich und deshalb mit Schadensbegrenzung machen. Den Kindern mit auf den Weg geben, daß diese Rechtschreibung nur eine zeitgebundene Erscheinung ist, die in der Wirklichkeit nicht überall gleich anzutreffen ist und auch so nicht bleiben wird, die sie aber leider jetzt so lernen müssen.« (22.05.2002, 01.10)
Sie erwiderten: »Und noch zum Thema Mut:
Meinen Mut sollten Sie erst mal haben, .... ........!
Ein Nichtpädagoge macht Pädagogen Vorschläge, wie der Unterricht zu verlaufen hat.
Schuster bleib bei Deinen Leisten!
und:
Plus scire satius est quam loqui. Plautus, Epidicus 60.
Sorry, meine Herren, aber das ging doch zu weit.« (22.05.2002, 08.58 -- nur zur Orientierung für Interessierte; die Diskussion hier ist ja erfreulich lebhaft!)
Mir scheint, auch hier ging die Diskussion etwas aneinander vorbei, denn Herr Lachenmann sprach keineswegs allein von dem WIE ("vielleicht kann man dies wissentlich und deshalb mit Schadensbegrenzung machen"), sondern m. E. hauptsächlich von dem WAS ("Etwas Schlechtes machen 'müssen', weil der Dienstherr es befiehlt, ist ein schlimmes Dilemma" und "Den Kindern mit auf den Weg geben, daß diese Rechtschreibung nur eine zeitgebundene Erscheinung ist, die in der Wirklichkeit nicht überall gleich anzutreffen ist und auch so nicht bleiben wird, die sie aber leider jetzt so lernen müssen").
– geändert durch J.-M. Wagner am 27.05.2002, 13.21 –
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von Theo Grunden am 25.05.2002 um 23.26
Liebe Frau Menges, hier die „angedrohten“ Fragen. Wenn Sie mögen, können Sie die eine oder andere ja mal beantworten. Oder Gegenfragen stellen.
Es geht kein Zeugnis heraus ohne die neue Rechtschreibung.
Es geht kein Bericht ohne die neue Rechtschreibung heraus.
Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was in der alten Rechtschreibung geschrieben wird.
Wissen Sie, daß Sie hier eine große Ausnahme bilden? Ich habe in der letzten Zeit so einige Schreiben von Behörden und Schulen gelesen; fast alle sind in einem bemerkenswerten Gemisch von unreformierter, reformierter und dazuerfundener bzw. „rechtschreibreformmißverstehenbedingter“ (?) Rechtschreibung geschrieben.
Unsere Sekretärinnen verwenden natürlich nur Duden- Normen.
Haben Sie bzw. Ihre Sekretärinnen etwa etwas gegen die „Normen“ der vielen anderen neuen Wörterbücher, die sich alle angeblich an dem neuen Regelwerk orientiert haben?
Auf der letzten Schulleitertagung in Wildbad- Kreuth habe ich einmal kurz das Wort auf die neue Rechtschreibung gebracht. Es besteht und bestand kein Rede- oder Handlungsbedarf, sondern eigentlich das Gegenteil. Keiner diskutiert mehr über die neue Rechtschreibung.
Was meinen Sie, woran das wohl eher liegt: daran, daß alle anwesenden Schulleiter das Regelwerk schon zweifelsfrei verstanden haben? Oder überhaupt noch nicht verstanden haben? Daß sie sich keinerlei Schwierigkeiten damit vorstellen können, oder eher daran, daß dann die Schwierigkeiten erst richtig losgehen könnten?
Trotz allem bekomme ich keine Antworten von Euch, warum nicht vorher "etwas" gemacht wurde.
Zu „vorher“: Bis 2005 ist doch auf jeden Fall noch „vorher“!
Zu „Euch“: Finden Sie auch die Regel von § 66 so überflüssig, daß Sie sie nicht befolgen? Sehen Sie, da haben Sie ja auch schon „etwas“ gemacht! Weiter so!
... aber bitte hören Sie mit den Vergleichen zum Dritten Reich auf.
Das hatten wir schon und das ist nicht vergleichbar und Sie wissen es.
Kann es sein, daß Sie nur deswegen diese offensichtlichen Schwierigkeiten mit „Vergleichen“ haben, weil Sie „vergleichen“ mit „gleichsetzen“ gleichsetzen? Dieses Mißverständnis ist nämlich der Hauptgrund dafür, daß so oft interessante Vergleiche mit der Bemerkung „Das kann man doch nicht vergleichen“ abgewürgt werden. Entgegen einer weitverbreiteten Falschmeldung kann man sogar „Äpfel mit Birnen“ vergleichen, z.B. hinsichtlich ihrer Größe, ihrer Form, ihres Gewichtes, ihres Kalorien- oder Vitamingehaltes ... Die Vergleichskriterien müssen halt nur klar sein.
Schuster bleib bei Deinen Leisten: Im Schulsystem meint jeder ( das wird auch immer so bleiben), dass er es besser machen könnte ... wir Lehrer kennen das. Hätte ein Lehrer hier Beispiele eingeschrieben, kein Problem, schreibt ein Nichtlehrer hier Beispiele wie Unterricht zu gestalten wäre, schreib ich in jedem Fall dagegen.
Wie hoch würden Sie denn die Zulassungsvoraussetzungen ansetzen für solche Interessenten (gleich welchen Berufes), die hier zu Fragen der Rechtschreibung Beispiele vorbringen wollen?
Ich empfinde die Regeln zu "ss" und "s" einfacher, aber dass es das "ß" überhaupt noch gibt erschwert die Rechtschreibung. Ich hätte es gerne ohne "ß".
Erschwert es nicht auch die Rechtschreibung, daß es das „y“ oder „ph“ noch gibt (Gefahr der Verwechslung mit „ü“ und „f“)? Wie fänden Sie „Füsik“ als Schulfach? Mal ehrlich!
Abgesehen davon gehöre ich zu diesem Personenkreis, der gerne das "ss" anwendet.
Dann wäre es für Sie wahrscheinlich auch kein besonderes Ärgerniss, wenn der Schulbuss mal zu spät käme? Das wären dann immerhin schon wieder ein paar Ausnahmen weniger!
Aber wir haben nun ja alle neue Schulbücher gerade gekauft, die neuen Regeln sind alle da, die neuen Funktionen passen etc.etc.
Zu den Schulbüchern: In der Regel werden Schulbücher dann neu angeschafft, wenn die alten von der Handhabung oder vom Inhaltlichen her unbrauchbar geworden sind. Sind Ihnen Fälle bekannt, daß Schulbücher (ausgenommen Grundschule) nur wegen der geänderten Schreibregeln ausgetauscht wurden? Werden Schulbücher, die ihr „Versprechen“, nach den neuen Regeln verfaßt zu sein, nicht einhalten (habe gerade noch ein ganz frisches untersucht und erwischt), umgetauscht, ohne dem Steuerzahler weitere Kosten aufzubürden?
Zu den Funktionen: Neue (passende) Funktionen? Haben wir da, von der RSR abgelenkt, etwa eine Mathematikreform verpaßt?
Es hilft niemals, wenn ein einzelner Lehrer rebelliert, auch hier gilt das Sprichwort: Nur gemeinsam sind wir stark!
Stimmt! Hatte schon seit längerem vor, dem VRS beizutreten. Wie wär’s, treten Sie mit? Das Problem mit den fehlenden Lösungsblättern für die hinterlistigen "Aufgaben" des Faltblattes wäre dann auch schnell behoben.
GGGG
(Gutgemeinte Grundensche Gästebuch-Grüße)
Aktueller Nachtrag: Schließe mich der Lobrede des Vorredners an.
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.05.2002 um 22.14
Den Beitrag von Herrn Genzmann sollte man allen Mitarbeitern der Kultusministerien in die Hand drücken mit der Hausaufgabe, ihn auswendig zu lernen und seinen Inhalt sachlich und sprachlich PISA-reif kompetent wiederzugeben, und sich eine Antwort dazu einfallen zu lassen. Was käme da wohl zutage!
Herr Genzmann ist nach meiner Einschätzung ein sehr bemerkenswerter Mensch. In der Regel ist es ja so, daß Sprachbegabte mit Mathematik ihre liebe Not haben und umgekehrt mathematisch Begabte mit Sprache, Literatur und Poesie wenig anzufangen wissen. Herr Genzmann hingegen ist ein Zahlenmensch, und er hat die Poesie der Mathematik ebenso verstanden, wie die der Sprache und der Musik, und er spürt den allen gemeinsam innewohnenden Phänomenen, Strukturen, oder was auch immer das sein mag, nach. Das führt ihn in Gefilde, in denen ihm zu folgen nicht leicht ist, aber sehr, sehr verlockend. Ein Mathematiker steht begeistert vor Hölderlins Gedichten oder Louis Armstrongs Improvisationen, er erkennt hinter sprachlich oder musikalisch wunderschöner Gestalt numerische Figuren von ebensolcher Perfektion und Stimmigkeit. Vor vielen Monaten schrieb er im alten Gästebuch einen Beitrag, der, wie einigen Reaktionen zu entnehmen war, offensichtlich auf wenig Verständnis stieß, und in dem er mitteilte, die neuen Regeln der Rechtschreibreform würden die »Mandeln« der geschriebenen Sprache - das müssen Zahlenfiguren sein, Zahlenreihen oder mathematische Proportionen, die sich bei harmonischen Formen einstellen, ähnlich wie beim Goldenen Schnitt - zerstören: die Sprache »stimmt« nicht mehr. Das klingt nach Alchimie, Esoterik, Magie - aber auch wenn wir es ihm nicht nachrechnen können: in der Sache hat er recht. Es gibt eben Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen unsere Schulweisheit nicht träumt - dabei sollte sie sich trauen, es doch zu tun. Wissenschaft muß uns manchmal doch nur bestätigen, daß wir es sowieso richtig wissen.
Vielen Dank, Herr Genzmann.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 25.05.2002 um 20.23
Das sind ja interessante Parallelen.
eingetragen von Rolf Genzmann am 25.05.2002 um 17.31
Die sogenannte Mengenlehre für die Grundschulen gab es so richtig nicht, man nannte das Neue Mathematik oder Moderne Mathematik, ganz so, wie man heute von neuer und moderner Rechtschreibung spricht. Angefangen hatte die New Math in den USA nach dem Sputnik-Schock. Man wollte da eine Bildungsreform, und die wurde auch ins Werk gesetzt.
Die Geldsäcke der Millionäre und Stiftungen öffneten sich, die Unesco war beteiligt, aber kein einziger der führenden Mathematiker konnte gewonnen werden. Alexander Israel Wittenberg berichtet 1963 über die erstaunlichen Vorgänge. An der Spitze der „Bildungsreform“ marschierten vollkommen unfähige Leute, bisweilen konnte man einen viertklassigen Mathematiker dazu gewinnen. Fundamentale Fragen zu Bildung wurden erst gar nicht gestellt. Neue Mathematik, Moderne Mathematik und „Mengenlehre“, das war das Vorreiterfach zur gesamten „Bildungsreform“. Man reformierte dann anschließend alle übrigen Fächer. 1963 war mein ehemaliger Rektor abgeordnet zu Unesco-Tagungen. Nach seiner Rückkehr sagte er, da gehe ich nicht wieder hin. Alles, was man ihm da vorgesetzt hatte, war für den erfahrenen Schulmann absurder Mist gewesen.
So ist die heutige Rechtschreibreform ein Nachzügler des Vorreiters „Moderne Mathematik“,
die Abläufe bei ihrer Durchsetzung sind bis in die Einzelheiten hinein vergleichbar mit dem, was bei der Einführung der „Mengenlehre“ geschah.
Es gab damals sehr großen Widerstand in Amerika, in Europa und in der Bundesrepublik
gegen die „Neue Mathematik“. Der weltbeste Mathematiker Thom bekämpfte diesen totalen Blödsinn, den die Lehrer unterrichten sollten. Beim Prozeß eines Elternpaares am bayerischen Verfassungsgericht, da schickten mehrere ganze Mathematik-Abteilungen der Universitäten
dem Gericht unaufgefordert vernichtende Gutachten zu. Das Gericht entschied trotzdem gegen die Eltern.
In Frankreich, so schrieb „Die Zeit“ vom 1. September, haben sieben Lehrer statt der „Mengenlehre“ den Freitod gewählt.
Damals begann „Pisa“ europaweit. Zwischen Bildung und Ausbildung gibt es keinen Unterschied, war eine der Thesen.
Der stärkste Gegner in Deutschland war der Rechendidaktiker Karaschewski. Man versprach ihm eine Mann gegen Mann Diskussion im Fernsehen gegen einen Herrn Dienes, dessen Namen alle „modernen“ Lehrer der Welt damals nachbeteten. Herr Dienes war nicht da, als Karaschewski das Studio betrat. Stattdessen saßen da eine Reihe „Kultusminister“ und „Experten“ , unter anderm eine weinselige Ministerin aus Rheinland-Pfalz, und es waren ungefähr 50 sogenannte Elternvertreter im Studio, die trampelten immer dann mit den Füßen, wenn Karaschewski einen Satz begonnen hatte. Er kam in dieser Runde nur zweimal ganz kurz zu Wort. Nein, sagte er mir, da gehe ich nicht mehr hin. Und, sagte er, mindestens fünfzig Jahre wird es dauern, bis man vielleicht einmal das wiedergewinnt, was verloren wurde, nämlich ein Rechenunterricht nach seinem Verfahren, das er seit über dreißig Jahren entwickelt hatte. Sein Verfahren konnte er bis in die Lehrpläne hineintragen, im Klettverlag gab es dazu Rechenbücher, dann, mit einem Schlag, zerstörte man sein Lebenswerk.
Nach seinem Verfahren konnten die Kinder des ersten Schuljahres geläufig im Bereich bis 100 Zuzählen, Abziehen, Malnehmen, Verteilen und Einteilen.
Heute können sie bis 10 oder 20 nur Zuzählen, selten auch Abziehen.
Den Tiefststand der Didaktik erlebten wir auf Fortbildungstagungen.
Mehrfach wurde auf den Seiten hier von einem neuen Schreiblehrgang berichtet.
Das ist nicht so neu im Rahmen der ständigen Pisareformen.
Der Oberoberoberschulregierungsrat stellte uns einen solchen in den späten 70ern vor:
Die Schweiz und Österreich und Deutschland haben nach den modernsten didaktisch-methodischen Forschungsergebnissen den Lehrgang von hochkarätigen Experten, den besten überhaupt, entwickeln lassen, unter ständiger wissenschaftlicher Begleitung in real existierenden Versuchsschulen, und in das Projekt seien anderthalb Millionen Mark investiert worden, usw. usw.
Vor allem hätten die Verlage auch ein Kompaktpaket von Lehr- und Lernmitteln wissenschaftlich begleitet nach dem modernsten Stand der Didaktik, Methodik usw. usw. usw. anzubieten.
Es stellte sich heraus: Die Fibel war ein Ringbuch, in das die Kinder dann Blatt für Blatt einlegen sollten. Der Text auf den Fibelblättern war derart primitiv und widerlich, wie ich es noch nie gesehen hatte.
Dazu gab es eine Ausstellung von 99 verschiedenen Lehr- und Lernmitteln, Würfel mit Buchstaben drauf, große für den Lehrersatz, kleine für die Schüler, Stempel mit Buchstaben drauf, große für den Lehrersatz, kleine für die Schülersätze, Karten groß, Karten klein, usw. usw. usw. - alles uraltes, unnötiges, meist ganz unbrauchbares Zeug.
Material Nr. 97 war ein normaler linierter Schreibblock zu 1, - DM, der im Kaufhof damals 75 Pfennige kostete.
Material Nr. 98, war ein Block mit karierten Blättern, mit Rechenkästchen, d. h. mit Mathematikkästchen.
Und Material Nr. 99 war ein Block mit leeren Blättern, ebenso teurer als im Kaufhof, aber unbedingt didaktisch-methodisch, wissenschaftlich ausgereift usw. usw., - das versicherte uns auf meine Nachfrage hin sofort der Oberoberoberschulrat. - Eine einzige Kollegin sagte mir heimlich, ich hätte ja so recht, aber ich möge doch bitte den Mund halten und den Ablauf der Tagung nicht weiter stören.
Die machten also Geld aus nichts, aus Müll, der dann auch noch teurer war als im Kaufhof.
Wie ist das möglich? Es muß mit der Lernmittelfreiheit zu tun haben, - der Steuerzahler bezahlt ja alles. Das scheint die Pfründe der Schulbuchgenehmigungskommissionen zu sein, die sebstverständlich mit den Verlagen zusammenarbeiten, in jeder beliebigen didaktisch-methodisch-wissenschaftlichen Hinsicht, natürlich.
Die genehmigen Schulbücher, die immer schlechter werden. Das begann 1965 mit der Bildungsreform, das erreichte den absoluten Nullpunkt mit leeren Blättern um 1980 herum, und damit geht es nunmehr im Minusbereich immer weiter noch nach unten.
Nach der angeblichen Abschaffung der „Mengenlehre“ blieben die lateinischen Vokabeln „plus“ und „minus“ im ersten Schuljahr übrig. Die galten vor der Bildungsreform als völlig unbrauchbar in der gesamten Volksschule. Im täglichen Leben werden sie so gut wie nicht gebraucht. Aber die modernen Lehrer, die sind gleich volle Mathematiker geworden, und da sagt man eben plus und minus.
Im alten Duden kannte man Zeitwörter, Tätigkeitswörter, Tuwörter; Artwörter, Beiwörter, Eigenschaftswörter, Wiewörter. - Jetzt ist alles wieder lateinisiert, Verb, Adjektiv, Substantiv,
- lateinisches Kauderwelsch. Kein Kind versteht das, kein Lehrling, kaum ein Student, kaum ein Erwachsener. - Substantiv, was soll das sein? Dividiert durch, - oder auch schon geteilt durch, - das ist keine sinndarstellende Sprache für Kinder der ersten Schuljahre.
Die Kinder werden von Anfang an geistig entwurzelt, herausgerissen aus ihrer Muttersprache,
kein Wunder, daß sie tief in Pisa gelandet sind. Die Moderne Mathematik, die „moderne Bildungsreform“, einschließlich der „modernen Rechtschreibung“ machten es möglich.
Karaschewski hatte recht, 50 Jahre und mehr.
Die Rechtschreibreform kippt vielleicht 2005. Bis die Schäden behoben sind, - das wird dann vielleicht nur 10 Jahre dauern, schätze ich.
__________________
Rolf Genzmann
eingetragen von Theodor Ickler am 25.05.2002 um 14.08
Ihrem Fazit kann man nur zustimmen. Etwas anderes hat ja auch niemand behauptet.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.05.2002 um 08.24
Die Strategien der Rechtschreibung erfordern neben den Basisfunktionen ( Morpheme strukturieren können, Alphabetisierung, morphematische Strukturen aufbauen ( =Ableitung aus Wortstämmen)), morphologisches Strukturwissen, aber auch wortübergreifende Strategien (Satzgrammatik, Kommasetzung) die Fähigkeit orthografische Strategien zu entwickeln.
Dabei ist das orthografische Regelerfassen und die Kenntnisse von Prinzipien zu erkennen und anzuwenden wichtig. Dies ist die Rechtschreibleistung, die am ehesten mit der Intelligenzleistung zu verbinden ist. - Kinder sind durchaus in der Lage die Regeln zu erfassen und anzuwenden. Zuerst müssen aus Grafemen Wörter gebildet werden und später erst erfolgt die Erkennung und Übertragung der Regeln auf weitere Fälle. Da das orthografische Regelerkennen eben nur ein Teil des Rechtschreibens ist, ist die Intelligenzleistung allein mit dem Rechtschreiben und die Korrelation mit der weiteren Intelligenz als gering anzusehen, wenn man auf die unten angeführten Testinformationen blickt. Intelligenz ist weit umfassender und differenzierter als nur die Rechtschreibleistung. Eher würde ich den Wahrnehmungsbereich als Grundlage für eine gute Rechtschreibleistung erkennen und nennen. Es geht vor allem um die optische, die räumliche und die visuomotorische Wahrnehmung. Nimmt man das Wort richtig wahr, speichert es, kennt die Lage des Raumes des zu schreibenden Wortes und wendet dann sogar noch eine Regel an, wird das Wort richtig wiedergegeben.
Schwache Rechtschreibleistungen korrelieren also stärker mit Wahrnehmungsbereichen als mit Intelligenzleistungen. Signifikant für die Intelligenz ist nur die Regelerkenntnis und deren Anwendung. Schwache Rechtschreibleistungen stellen m. E. den gesellschaftlichen Umstand heraus, dass heute vielerlei Unterrichtsstoff zwingend vorgeschrieben und auch nötig ist und die Übung der diversen elementaren Bereiche ( sprich Wahrnehmungsbereiche) nicht ausreichend gefördert werden kann. Dabei ist die Individualisierung des Unterrichts als das größte Hauptziel des Lehrers wahrzunehmen und auszuführen. Es macht wenig Sinn mit dem Teil der Kinder, die rechtschreiben können und keinerlei Probleme damit haben, in diesem Bereich zu arbeiten. Sie sind zum Beispiel über Freiarbeit in weiterführenden Bereiche der Rechtschreibung zu fördern.
Fazit aus meinen verkürzten Ausführungen:
Kinder mit unterentwickeltem Intelligenzniveau haben durchaus auch Probleme mit der Rechtschreibung, aber es gilt nicht der Umkehrschluss, dass Schüler mit einer geringen Rechtschreibleistung zwangsläufig auch einen niedrigen Intelligenzquotienten haben. Schüler in den weiterführenden Schulen müssen bei geringen Rechtschreibleistungen nicht zwangsläufig eine niedrige Intelligenz haben. Hohe Intelligenzwerte beinhalten dagegen nicht zwingend eine sehr gute Rechtschreibleistung.
eingetragen von Theodor Ickler am 25.05.2002 um 03.14
Die vielen Bücher mit Titeln wie "Eltern entdecken die neue Mathematik" fielen mir erst so richtig auf, als sie die von mir so geliebten Ramschkästen der Antiquariate zu verstopfen anfingen. Von Mathematikern habe ich mir erklären lassen, daß das, was in der Schule daraus gemacht wurde, nicht viel mit der wirklichen mathematischen Disziplin der Mengenlehre zu tun hatte. Mir scheint der Fall symptomatisch. Es wird am Kind vorbei so getan, als ob ... (Verwissenschaftlichung der Schulen). Während meiner eigenen Ausbildung zum Lehrer wurden gerade die Trümmer weggeräumt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 24.05.2002 um 16.30
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller
Auch hier muckte keiner auf, nicht
die Lehrer, nicht die Eltern.
Für die HILFESTELLUNG der ELTERN
wurden eigenst Broschüren gedruckt:
" Mengenlehre für Eltern".
Das muß man sich mal vorstellen.
Ich kann ein Lied davon singen.
Das kenne ich auch noch. Unsere Eltern mußten abends in der Schule anrücken, um sich vom Klassenlehrer in Mengenlehre unterrichten zu lassen. Ist ja schön zu wissen, daß es den Quatsch nicht mehr gibt.
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 24.05.2002 um 16.17
Auch hier muckte keiner auf, nicht
die Lehrer, nicht die Eltern.
Für die HILFESTELLUNG der ELTERN
wurden eigenst Broschüren gedruckt:
" Mengenlehre für Eltern".
Das muß man sich mal vorstellen.
Ich kann ein Lied davon singen.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.05.2002 um 13.50
Auf Signifikanzen, Korrelationen, Überstimmungen werde ich noch eingehen, aber es ist nur ein kleiner Teil einer Leistung, von der Sie hier sprechen: Ihr "daneben" ist ziemlich forsch!
Hallo, Herr Theo Grunden,
das finde ich allerdings äußerst interessant, dass ich Sie hier treffe, denn da habe ich auch einige Fragen an Sie.
eingetragen von Theodor Ickler am 24.05.2002 um 13.32
Aber Frau Menges! Habe ich denn behauptet, daß bei Intelligenztests die Rechtschreibleistung gemessen werde? Das wäre doch witzlos. Ich habe im Gegenteil die Vermutung geäußert, daß zwischen den Ergebnissen von Intelligenztests (bei aller Skepsis, die man ihnen gegenüber haben sollte) und den Ergebnissen von Rechtschreibtests eine positive Korrelation besteht. Ich habe solche Tests weder angestellt noch mich darüber kundig gemacht, weil sie mich schlicht überhaupt nicht interessieren, aber die Erfahrung spricht ganz klar dafür, daß es sich so verhält.
An einer anderen Stelle habe ich übrigens beiläufig darauf hingewiesen, daß nach der Voraussetzung der Rechtschreibreformer die Rechtschreibleistung eine Intelligenzleistung sein müßte, wenn sie nämlich in der Regelanwendung bestünde (und nicht im Auswendiglernen oder Einprägen aller einzelnen Wortbilder). Gleichwohl behaupten die Reformer, Rechtschreibleistung sei kein Indikator für Intelligenz. Der Widerspruch fällt auch dem auf, der sich in dieser Frage nicht festlegen will.
Übrigens wird Legasthenie diagnostiziert, wenn die Lese-Rechtschreib-Leistung unterhalb der von der Intelligenz her zu erwartenden Norm liegt. Der Bezug zur Intelligenz ist also auch hier vorgegeben.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Theo Grunden am 24.05.2002 um 12.03
Noch immer hört man gelegentlich in (ansonsten) humorvollen Beiträgen den Uralt“witz“ über die Mengenlehre: Mengenlehre ist, wenn drei Leute im Raum sind und fünf gehen raus, dann müssen zwei wieder hereinkommen, damit keiner mehr drin ist. Hiermit wird unzweifelhaft eine zeit- und lehrmethodenunabhängige Tatsache ausgedrückt, deren Wichtigkeit auch heute noch jedem Schüler nicht genug klargemacht werden kann (moderne Auslegung etwa: Wenn Du 30 Euro auf Deinem Konto hast und für 50 Euro SMS-Sprüche verschickst, dann muß Dein Papi 20 Euro einzahlen, um Dein Konto wieder auszugleichen). Nur: mit Mengenlehre hat dies nichts, aber auch gar nichts zu tun! Ich erwähne es deshalb so ausführlich, weil es ein Musterbeispiel dafür ist, daß über etwas geredet/gewitzelt/geurteit/entschieden wird, über das man recht wenig weiß, das man noch nicht annähernd verstanden hat, von dem man nur so nebenbei (z.B. aus den Gesprächen anderer) ein bißchen mitbekommen hat. Derartiges hört man nicht selten aus Politikermund; mit dem obigen Satz wurde beispielsweise damals Herr Lothar Späth in den Medien zitiert (was nicht heißen muß, daß er ihn erfunden hat).
Dank an Frau Ludwig für ihr Beispiel; sie schrieb: Dann hat es die Mengenlehre in der Grundschule gegeben. Auch sie "mußten" die Lehrer unterrichten.
Nun, daß Lehrer etwas unterrichten müssen, kommt ja schon mal vor, und das ist auch in den meisten Fällen nicht von nennenswertem Nachteil. Nur war es im Fall der Mengenlehre so, daß sie hiermit etwas unterrichten mußten, das sie zum größten Teil selbst nicht überblickten, dessen Zusammenhänge und Notwendigkeit ihnen nicht klar waren, meist nicht klar sein konnten. Das war die eigentliche (von der Kultusbürokratie abgesegnete) pädagogische Todsünde, und eine solche droht sich zur Zeit mit den neuen Rechtschreibregeln zu wiederholen. Lehrer – nicht etwa nur Deutschlehrer – sollen (nach) Regeln unterrichten (und mehr oder weniger verstärkt auch Bewertungen danach ausrichten), die sie in vielen Fällen gar nicht kennen oder verstehen (oft auch nicht verstehen können, weil das Regelwerk unklar, unfertig und inkonsequent ist, und Jahre nach seiner Entstehung auch unter selbst- und fremdernannten Experten zu den verschiedensten Auslegungen führt), oder – was auch oft zu beobachten ist – für die sie sich einfach (immer noch) nicht interessieren. Würden aber die Schulministerien von allen Lehrern (oder gar von sich selbst) eine so intensive Auseinandersetzung mit dem Stoff verlangen, wie sie der Tragweite des Themas angemessen wäre, könnten sie zumindest ihre Korrekturverhinderungshaltung sicher nicht länger fortsetzen, und auch die Wahrscheinlichkeit einer gesamten Rücknahme des Mogelpaketes würde enorm steigen. Und wenn nun jemand fragen sollte, ob man das denn alles auch noch von den Lehrern verlangen könnte, dann würde ich antworten: „Wenn man von Schülern Verantwortung, Selbständigkeit und kritische Herangehensweisen verlangt, dann muß solches für Lehrer selbstverständlich sein – für alle! Dann und nur dann!"
Liebe Frau Menges, auf einige Ihrer Ausführungen muß ich auch noch eingehen, betrachten Sie das hier schon mal als Vorwort. Bleiben Sie bitte im Forum; denn leider steigt zwar noch die Anzahl der Foren, in denen die RSR ein Thema ist, aber die Zahl der dort insgesamt Diskutierenden (erst recht die der gegen die dort vorherrschende Meinung Schreibenden) bleibt noch immer erstaunlich gering.
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.05.2002 um 11.37
Es wird in Intelligenztests, die zur Messung von Hoch- und Minderbegabung verwendet werden in der Regel nicht die Rechtschreibleistung gemessen. Es sind Rechtschreibtests, die hier die Rechtschreibung testen ( Diagnostischer Rechtschreibtest 1 - 5, Hamburger Schreibprobe 1 - 9 u.a.), Lesetests, die die Lesefähigkeit überprüfen ( Diagnostischer Lesetest 1-2 u.a.), diverse Schulleistungstests ( AST, SBL), aber im Intelligenztest geht es um Denkprozesse, Klassifikationen, Wahrnehmungsprozesse, sprachliches Verständnis und sprachliche Kompetenz, mathematisches und räumliches Verständnis, Gedächtnisprozesse etc. Um auszuschalten, dass nicht-sprachliche Kinder scheitern, gibt es nonverbale Tests (SON-R u.a.). Es wird im Intelligenztest nicht geschrieben, sondern es geht in der Regel um Sprachkompetenz und Kombinationsfähigkeit; es wird evt. noch Leseleistung in den höheren Altersbereichen verlangt. Zum Rechtschreiben braucht man wie gesagt Gedächtnisleistungen über das Wortbild, motorische Fähigkeiten zum Schreiben, das Vermögen sich überhaupt schriftlich auszudrücken zu können und die sprachliche Kompetenz Wörter aus Buchstaben zu gestalten. Es gibt also Intelligenzwerte im normalen Intelligenztest ( die nicht die Hochbegabung abdecken) bis 150 IQ-Punkte, ohne dass in den diversen Tests die Rechtschreibleistung gemessen(Hawik, CFT etc.) wird. Auch im Münchner Hochbegabtentest werden Fähigkeiten: Kognition, Kreativität, Soziale Kompetenz, Physikalische und technische Kompetenz, Motivation, Interesse u.a. Fähigkeiten abgefragt und durchgearbeitet. Ich spreche hier ausschließlich über den Bereich der Kinder- und Jugenddiagnostik bis 17,5 Jahren.
Es ist möglich, dass normal begabte Schüler perfekt rechtschreiben können! Also:
Es ist eine Fertigkeit, die durchaus auch durch Fähigkeiten bestritten wird. Aber zur eigentlichen Intelligenzleistung gehören die Rechtschreibleistungen auf keinem Fall. Es muss hier zwingend zwischen Fertigkeit und Fähigkeit unterschieden werden. Ebenso kann man keineswegs von einer guten Lesefertigkeit auf eine gute Rechtschreibleistung schließen.
Der Testbegriff ist umstritten, aber die Inhalte der diversen Intelligenztests sind alle in der Regel dieselben und bedienen sich nicht der Rechtschreibung!
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 24.05.2002 um 09.18
Es will mir einfach nicht in den Kopf,
warum die deutsche Schriftsprache nach
Vereinfachung schreit, einer radikalen
Schlankheitskur unterzogen werden muß,
etwa, um letztendlich als jämmerliches
Gerippe in der Grube der
Bedeutungslosigkeit zu verschwinden?
Oder wäre das nur gerecht für die Sprache der
Täter? Es drängt sich mir so manches auf!
Niemand in dieser Runde verweist auf
die ungleich schwierigere französische
Sprache. Wie bedauernswert müssen doch
die französischen Kinder sein. Jedes Wort
wird völlig anders geschrieben als gesprochen.
Dazu kommt die entsprechende Grammatik.
Warum hallt in LA FRANCE, LA GRANDE NATION
nicht der Ruf, daß LA LANGUE FRANCAISE
reformiert, vereinfacht werden muß?
Ich glaube, jeder kennt die Antwort:
Die Franzosen sind nicht nur stolz auf ihre
Sprache, es ist der Fetisch.
Anmerkung: Ich habe fünf Enkelkinder in Frankreich.
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Theodor Ickler am 24.05.2002 um 08.20
Damit wollte ich sagen, daß man nicht (genug) über die Idee nachgedacht hat. Zum Beispiel darüber, ob es eigentlcih um die bisherige Rechtschreibung oder um den Duden gehen soll. Der Rechtschreibreformer Munske hat mehrmals gesagt und auch geschrieben, daß ihm erst während der langjährigen Beschäftigung mit der Reformvorbereitung klar wurde, wie gut die bisherige Schreibung eigentlich war und wie wenig nach Veränderung verlangt. Als er von jeglichen Veränderungswünschen geheilt war, trat die Reform in Kraft, an der er halb widerwillig mitgewirkt hatte (übrigens von Zabel überredet). Ist jetzt deutlich, was ich mit "unreflektiert" meinte?
Niemand will Prof. Brosius "eliminieren" (!). Ich hatte dem Internet schon entnommen, welcher Fachrichtung er zugehört. Jedem steht es frei, sich zur Rechtschreibung zu äußern, aber wenn im selben Atemzug "Vereinfachung" und Angleichung an das Englische gefordert werden, kann man wohl Zweifel anmelden, ob der Betreffende weiß, was er sagt.
Daß zwischen Rechtschreibleistung und Intelligenz kein Zusammenhang bestehe, ist auch so eine Meinung, die ständig wiederholt wird, aber ziemlich unreflektiert wirkt. Kürzer gesagt: sie kommt mir falsch vor. Im allgemeinen schreiben in der Schule diejenigen Schüler am besten, die auch sonst gut sind. Gelegentliche Fälle von außergewöhnlicher Begabung und ganz einseitiger Schwäche sind kein Argument. Beweise dürften in der einen wie in der anderen Richtung schwer sein, nicht nur wegen der Vagheit des Intelligenzbegriffs. Denken wir nur an den Zusammenhang zwischen Lesequantum, Intelligenz und Schrifterfahrung. Aber ich werde mich darauf nicht weiter einlassen, weil es ein heilloser Streit ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.05.2002 um 05.41
(Jan-Martin Wagner) Was sind Ihre Erfahrungen mit der Silbentrennung, wie sicher beherrschen die Schüler das?
Ist die Rechtschreibung insgesamt und damit das Trennen eine schwierige Aufgabe?
Nicht für 1A Schüler oder/und für Schüler, die ein gutes Wortbildgedächtnis haben. Es gibt also Kinder, die können rechtschreiben. Sie lesen und schreiben richtig. Es gibt auch Kinder, die können nicht rechtschreiben und sind sehr intelligent. Die Mitte- also die meisten Schüler schreiben heute schlechter als früher. Übrigens gibt es keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Rechtschreibung ( vgl. Legastheniediskussion). Aber es gibt Kinder, die merken sich alle neuen Wörter sofort. Das ist also fatal für die, die ausschließlich in neuer Rechschreibung unterrichtet werden. Aber diese Kinder merken sich natürlich auch sofort die "alten" Wörter. Also kein Problem für sie, aber für die meisten Kinder der sogenannten Mitte ist ein Problem.
(Jan-Martin Wagner)Und noch etwas: Da Sie die Reformschreibung schätzen und anwenden, möchte ich Sie danach fragen, ob Sie der Meinung sind, daß man das in "alter" Rechtschreibung Geschriebene EINDEUTIG auf das in Reformschreibung umgestellte abbilden kann, d. h. ob eine in beiden Richtungen eindeutige Zuordnung alt <==> neu ohne Bedeutungsveränderung möglich ist? Das finde ich eine recht spannende (und wichtige) Frage.
Die Diskussion um diesen Punkt wird hier zelebriert. Es kommt zuweilen eine andere Bedeutung der getrennt geschriebenen Wörter heraus, der Sinn ist in der Getrenntschreibung manchmal sehr viel erschwerter zu erfassen. Dies ist ein richtiger und wichtiger Kritikpunkt an der neuen Rechtschreibreform! Das muss man sich eingestehen und hier müsste nochmals der Rotstift angesetzt werden.
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.05.2002 um 05.07
(Ickler) Das Problem ist eigentlich die unreflektierte fixe Idee von der Reformbedürftigkeit - ein richtiger Selbstläufer, gegen den schwer anzukommen ist.
Ich versuche diesen Satz aufzuschlüsseln, denn ich finde in ihm steckt eine Menge, was man verwenden kann.
Das Problem- hier ist also ein Problembewusstsein entstanden, etwas wurde in den Vordergrund gerückt.
Unreflektierte fixe Idee- ich glaube die Idee besteht schon lange und ist deshalb nicht als unreflektiert zu bezeichnen. Die Idee besteht in der Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung. Eine Fehlerreduzierung der deutschen Schriftsprache ist gerade für Kinder ein Ziel, deren Verfolgung schon einen professionellen Hintergrund hat. Auch hier sollte ein interdisziplinärer Ansatz zu erkennen sein!
Reformbedürftigkeit besteht darin, dass eben die deutsche Rechtschreibung mit ihren Regeln und Ausnahmefällen schwierig ist.
Ein richtiger Selbstläufer- etwas provokant ausgedrückt- es besteht eine Idee, ein Gedankengang, der zur Umsetzung anregt.
Mir fällt dazu nur ein, dass wir eben auch nicht mehr in der alten Deutschen Schrift schreiben, sondern die Lateinische oder die Vereinfachte Ausgangsschrift verwenden.
Es wäre sinnvoller gewesen, die "gewachsene Schriftsprache" so zu belassen wie gehabt und an der Vereinfachung der Regeln hinzuarbeiten in Zusammenarbeit mit den Schulbehörden. Da dies ein Unterfangen ist, das eigentlich gar nicht zu bewältigen ist, müssten vielerlei Expertisen ( wie das sonst auch der Fall ist) eingeholt werden. --
Ich habe auch das Wörterbuch von Herrn Ickler zu Hause ( ebenfalls ein lieber Mensch aus dieser Plattform hat es mir zukommen lassen). Also weiß ich Bescheid, was drinnen steht und wie damit umgegangen werden kann. Aber in meinem/ unserem Fall steht einfach der Duden als Norm bereit. Was wird also verwendet? --
Prof. Brosius kommt aus einer ganz anderen Fakultät ( Arbeitsbereich Prof. Dr. Jürgen Brosius: Neuronale BC1 RNA und BC 200 RNA , Universität Münster, Experimentelle Pathologie). Das tut nichts zur Sache, sonst müssten wir auch andere Leute hier eliminieren, deren Hintergrund nicht die Germanistik ist.
Unser Sprachgebrauch verändert sich durch Wörter aus dem Englischen. Ich bin unbedingt dafür, Kindern die deutsche Sprache zu lernen mit dem üblichen deutschen Sprachgebrauch. ( Ich habe hier auch ein paar englische Wörter eingefügt. Das ist heute manchmal nützlich- wird auch als Mittel der Auflockerung verstanden). Aber der eigentlich Hintergrund ist unsere deutsche Sprache, von deren Ursprung wir niemals abweichen sollten ( vgl. die französische Sprache).
Kindern muss aber klar sein, was unter den von Melsa beschrieben Wörtern gemeint ist. Es sollte durchaus Unterrichtsthema sein und werden, denn sonst werden die Wörter ohne Reflexion angenommen und somit nicht verantwortlich damit umgegangen.
Daran sehen Sie mein unbedingtes Festhalten auch an alten Traditionen und Werten, aber Einfügen von neuen Ideen und auch Umgang mit neuen Wörtern und Wortformationen ( die Verbindung der Tradition und die Einbindung neuer Werte).
Das heutige Zitat des Tages (Süddt. Zeitung) passt gut zu unserer hier geführten Diskussion:
"Jemand, der ganz unrecht hat, ist leichter zu überzeugen, als einer, der zur Hälfte recht hat." Emerson, Ralph Waldo
Ich bin überzeugt, dass auch unsere/meine Meinung mindestens zur Hälfte richtig ist. -
eingetragen von Theodor Ickler am 24.05.2002 um 04.54
Der Irrtum über das Englische hat dazu geführt, daß durchaus schätzenswerte Kollegen die These aufgestellt und in Resolutionen verbreitet haben, Englisch solle gar nicht als erste Fremdsprache unterrichtet werden, weil die Kinder das ja sowieso aufschnappen (durch Pop usw.). Oft sind es dieselben Leute, die dann über das "Bad English" jammern, das die ganze Welt überziehe. Ich vertrete seit langem die Ansicht, diese und alle anderen Meinungen über die Sprachenpolitik auf den Mist zu werfen und die Betroffenen selbst entscheiden zu lassen, was sie lernen wollen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christian Melsa am 23.05.2002 um 15.51
Es gibt auch den Mythos, Englisch sei eine besonders einfache Sprache. Das stimmt natürlich insofern, als daß für einen Deutschen diese Fremdsprache wegen der nahen Verwandtschaft relativ einfach zu erlernen ist. Aber hinzu kommt ein weiteres interessantes Phänomen: Produkte, die auf Kinder sogar im Vorschulalter abzielen, haben oft englische bzw. englisch aussehende Namen. Man könnte es das "Kids-Syndrom" nennen. Obwohl die Zielgruppe mit ziemlicher Sicherheit überhaupt keine Kenntnisse der englischen Sprache hat, wird sie so angesprochen. Nehmen wir nur mal die Sympathiecharaktere bei Lernsoftware: Da gibt es Addy, diese eigenartige Gestalt mit Spock-Ohren, oder Clixx, das Eichhörnchen. Ein x oder am besten gleich ein Doppel-x im Namen ist natürlich auch voll cool. Witzigerweise denken wohl viele Erwachsene, unter Kindern seien englische Wörter total angesagt, schließlich würde ja auch alles mögliche "cool" gefunden. Besonders entlarvend wird es, wenn solche Leute das Wort "cool" auch noch nur als Adjektiv für Emotionslosigkeit auffassen, das sogar als Beleg für Gefühlsarmut der heutigen Jugend sehen und nicht begreifen, daß es die gleiche Rolle einnimmt wie "toll" oder "geil". Jedenfalls scheint daraus abgeleitet zu werden, Kinder und Jugendliche würden auch sonst zu lauter englischen Ausdrücken neigen und man könnte sich als einer der ihren geben, wenn man das nachahmt, und wenn auch auf noch so billige, völlig unauthentische Weise. Und als weiterer Trugschluß kann sich ergeben, Englisches müßte für diese Kinder also besonders gut zugänglich, irgendwie attraktiv sein. Daß man die Orthographie durch das Fördern dieses Anglizismen-Kaspertheaters nur stark verkomplizieren kann, daß gerade für lesen und schreiben lernende Kinder die Laut-Buchstaben-Zuordnungen mittendrin auftauchender englischer Wörter frustrierend unnachvollziehbar wirken müssen, das ist anscheinend noch nicht jedem aufgefallen. Die Getrennt- bzw. Zusammenschreibung der englischen Sprache läßt sich auf die deutsche auch überhaupt nicht übertragen, dazu funktioniert sie einfach grammatisch-syntaktisch zu unterschiedlich.
eingetragen von Theodor Ickler am 23.05.2002 um 03.24
Vorgestern hat Frau Menges, wenn ich sie recht verstanden habe, im Anschluß an einen mir nicht näher bekannten Prof. Brosius angeregt: "Vereinfachung, Angleichung an das Englische". Diese Verbindung gibt mir doch stark zu denken.
Unter Studenten, die nun einmal meinen hauptsächlichen Umgang bilden, treffe ich immer wieder auf die klischeehafte Meinung von der komplizierten deutschen Rechtschreibung, die man, wenn schon, dann gleich ganz radikal vereinfachen sollte. Fragt man nach, wird die Kleinschreibung empfohlen, weitergehend dann vielleicht noch eine rein phonographische Schrift. Ich halte dann dagegen, daß nach gehörigem Auskämmen des Dudens von den beschworenen Schwierigkeiten der GKS nicht mehr viel übrigbleibt, jedenfalls nicht so viel, daß eine Kulturbruch wie die Rechtschreibreform sich damit rechtfertigen ließe.
Das Problem ist eigentlich die unreflektierte fixe Idee von der Reformbedürftigkeit - ein richtiger Selbstläufer, gegen den schwer anzukommen ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von J.-M. Wagner am 22.05.2002 um 18.39
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
»Die Frage an Herrn Ickler, bzw. Herrn Dräger ist nur durch die alte Rechtschreibung zu beantworten. Leider bekomme ich keine anderen Antworten, die ich gerne weitergegeben hätte.«
Was, bitte, verstehen Sie genau unter "der alten Rechtschreibung"? Exakt die Regeln, wie sie im Duden standen, oder die davon partiell abweichende Schreibpraxis vor der Reform, wie sie z. B. von Herrn Ickler dokumentiert wurde?
M. E. gibt es sowieso gar keinen Schritt zurück zu den alten Verhältnissen, denn zum einen ist das Dudenprivileg abgeschafft worden (und das war ja systemtragend für die alten Verhältnisse), und zum anderen hat das neue Regelwerk durchaus seine Vorzüge, auf die man nicht verzichten sollte. Es enthält nur noch Rechtschreibregeln, keine Grammatikregeln, und keine Wiederholungen (wie die alten Dudenregeln). Außerdem sind die Regeln nun systematisch und nicht alphabetisch gegliedert, und das sollte man in Zukunft beibehalten. (Das mag zwar marginal bis trivial erscheinen, aber ich wage zu behaupten, daß die Dudenredaktion das von sich aus nie gemacht hätte.) Auch Herr Ickler hat seine "Hauptregeln der deutschen Orthographie" so strukturiert. (Übrigens: Wie finden Sie die? Immer noch zu schwer?)
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
»Mein wirklich wichtigster Wunsch: Zu einer vereinfachten Rechtschreibung zu kommen, aber nicht zurück zur alten!«
Ihren Wunsch in Ehren -- aber was spricht in Ihren Augen gegen die bzw. eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung? (Danach hatte Matthias Dräger bereits gefragt, ich greife das hier wieder auf.) Mehr noch, ich möchte Sie explizit danach fragen, warum man bei der jetzigen s-Schreibung (der Heyseschen) bleiben und -- wenn man einmal von der gänzlichen Abschaffung des "ß" absieht -- nicht zur alten zurückkehren sollte, die doch das "Problem der drei s" (»drei s sind zum Beispiel eindeutig zu viel ( s, ß, ss) ... für besondere Diskutanten: Natürlich nicht nur die s-Schreibung!« 23.05.2002, 12.45) wesentlich entschärft?
Ich nehme an, daß Ihnen das folgende nicht neu ist, ich schreibe es aber trotzdem nochmal hin: Nach der alten Regel kommen bei den problematischen unter den Fällen des scharfen s nur zwei vor: "s" und "ß" -- denn "ss" wurde nur geschrieben, wenn es eine Silbentrennstelle zwischen den "s" gibt, und das ist sowohl "kinderleicht" zu vermitteln als auch zu beherrschen, da es genügend einfache Beispielwörter dafür gibt (Was-ser, Mas-se, Es-sen, Wis-sen, Küs-se; las-sen, müs-sen). Diesen Fall halte ich für den unproblematischen; bei den verbleibenden kommt man um ein Wissen um die Wörter mit "s" nicht herum (auch nicht bei der jetzigen Regel).
Mir kommt es auf folgendes an: Sobald die Kinder gelernt haben, daß die Schreibung eines "ß" unmittelbar mit der Trennung des Wortes zusammenhängt (Nichttrennbarkeit oder ein scharfes s nur auf einer Seite der Trennstelle), sollte das m. E. nur noch ein kleines Problem sein -- wenn überhaupt. Was sind Ihre Erfahrungen mit der Silbentrennung, wie sicher beherrschen die Schüler das?
Und noch etwas: Da Sie die Reformschreibung schätzen und anwenden, möchte ich Sie danach fragen, ob Sie der Meinung sind, daß man das in "alter" Rechtschtreibung Geschriebene EINDEUTIG auf das in Reformschreibung umgestellte abbilden kann, d. h. ob eine in beiden Richtungen eindeutige Zuordnung alt <==> neu ohne Bedeutungsveränderung möglich ist? Das finde ich eine recht spannende (und wichtige) Frage.
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 18.10
Mein lieber Freund,
ich glaube nicht, dass die Unterschriftenaktionen alle schon ausreichen. Es fehlen große Parteien und große namhafte wirtschaftliche Unternehmen.
http://www.deutsche-sprachwelt.de/archiv/unterzeichner.shtml
Melsa und Co:
Natürlich darf heute jede Schule im Zuge der Schulentwicklung und der Demokratisierung der Schulleitung, des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung auch solche Sachen selbstständig in die Hände nehmen. Es ist also möglich, dass Schulen beschließen, dass man in dieser oder jener Rechtschreibung schreibt. Aber wir haben nun ja alle neue Schulbücher gerade gekauft, die neuen Regeln sind alle da, die neuen Funktionen passen etc.etc. Aber das nur zur Information. Auch unser Bildungswesen passt sich der modernen Zeit an! Also- alles ist möglich, aber ob man es wirklich will? Das ist schwer zu bezweifeln.
Herr Lachenmann,
was ist denn nun wieder passiert? Ich verrate Ihnen auch, dass ich die Lösung dabei hatte. Wer kennt denn wirklich alle diese neumodischen Wörter aus dem Duden? Aber sie wurden alle gefunden von den ach- so- bedürftigen Lehrern, aber das Kontrollblatt hat halt gefehlt.
eingetragen von Walter Lachenmann am 22.05.2002 um 16.39
Ich finde Sie aber nett. Habe ich das mit dem Beiblatt falsch verstanden? Welche Lösung vermißten denn die KollegInnen? Und warum reden sie nicht über die Reform, wenn sie zusammenkommen in Wildbad Kreuth? (Von Krottenthal aus in Sichtweite! Ich hätte kommen können. Und die Geschichte eines ABC-Schützen bei Kriegsende schreibe ich vielleicht wirklich einmal - nur für Sie.)
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 15.19
Herr Lachenmann,
da mache ich Vorschläge und rede und zeige auf. Dann kommt sowas. Ich brauche nicht nett zu sein, sowas habe ich durchaus nicht nötig.
Herr Lachenmann,
Nachhilfe: Wenn das Faltblatt gelesen wird, machen sich selbst simple, einfache, sehgestörte, etwas dümmliche, verschrobene, der Bildung nicht zuträgliche Lehrer Gedanken!
eingetragen von Walter Lachenmann am 22.05.2002 um 15.12
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
Übrigens habe ich auf der letzten Schulleitertagung in Kempten (es war eine spezielle Tagung) "Sehstörungen" verteilt. Es wurde moniert, dass keine Lösung dabei sei.
Das sei nun zu sehen wie mal will. Es wurde gerne angenommen und auch gelesen! Aber bitte doch die Lösungen als Beiblatt einlegen.
Das Faltblatt zeigt auf der ersten Seite eine Sammlung von besonders merkwürdigen Beispielen aus verschiedenen reformierten Publikationen, meist Tageszeitungen. Darunter steht die Frage:
Was ist »richtig«, was »falsch« - wissen Sie es?
Ich verstehe Frau Menges so, daß die in Kempten versammelten LehrerInnen hierfür gerne ein Beiblatt mit den »Lösungen« dieser »Aufgaben« gehabt hätten. So reagieren Lehrer! Mehr ist ihnen zu dem Thema wohl nicht eingefallen, also auch nicht die Frage nach der grundsätzlichen Lösung des Problems, das sie offenbar gar nicht erkennen, denn für sie ist es, sofern es doch eines sein sollte, per Dienstverordnung erledigt. Vermutlich wurde auch das Anliegen des Faltblattes nicht verstanden.
Hoffnungslos - aber Frau Menges ist trotzdem nett.
Und meine Idee, die PISA-Studie unter Lehrern zu wiederholen, erscheint mir immer plausibler. Schon bei diesen in Kempten sich um unser Faltblatt scharenden KollegInnen schien es problematisch zu sein, größere Zusammenhänge zu erfassen und sich inhaltlich und sprachlich adäquat damit zu beschäftigen.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 15.06
Herr Wrase! Er ist mir ja wirklich abgegangen!
Brainstorming:
Mein Vorschlag schon vor einem Jahr: Es sollten in ein Rechtschreibgremium auch Leute wie Prof. Ickler berufen werden, damit alle Dinge ausdiskutiert werden können.
Wie würde die Rechtschreibreform dann aussehen?
Es gäbe vielleicht keine- das wäre ein Ziel gewesen. Aber hätte man auch etwas verbessern können? Auch nicht- weil Herr Ickler dann ausgestiegen wäre. Also wer, was und wie muss jemand sein, der in solches Gremien einberufen wird?
Wie könnte man zu einem Konsens kommen?
Die Frage an Herrn Ickler, bzw. Herrn Dräger ist nur durch die alte Rechtschreibung zu beantworten. Leider bekomme ich keine anderen Antworten, die ich gerne weitergegeben hätte.
Melsa,
wenn wir mit der Bildungsdiskussion anfangen, dann sind wir für ca. zwei Wochen an den PC gebunden und was wird herauskommen? Sie haben unerwartete Fürsprecher bekommen, ich gehe ganz milde mit Ihnen um! Übrigens dreht sich auch hier der Spieß etwas um: Eltern haben mehr Rechte und bekommen immer noch mehr Rechte. Aber das wäre ein langes Kapitel. Warum mobilisieren Sie die Eltern nicht? Antwort: Weil niemand ein reales Interesse daran hat, diese Dinge zu ändern.
eingetragen von Elke Philburn am 22.05.2002 um 13.34
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß unter manchen Leuten der (Irr-)glaube besteht, man müsse an der herkömmlichen Rechtschreibung etwas ändern.
Und wenn schon fast alle Reformregeln schlecht seien, dann könne man doch zumindest an den wenigen festhalten, die wenn auch nicht nützlich, so doch zumindest umsetzbar sind.
eingetragen von Theodor Ickler am 22.05.2002 um 13.20
Auch mir ist es - wie Herrn Melsa - unverständlich, wieso manche Leute unentwegt den Vorwurf wiederholen, wir hätten keine Lösung anzubieten und würden Fragen nicht beantworten. Gibt es irgendeine Rechtschreibfrage, die hier nicht schon mindestens hundertmal beantwortet worden ist? Was ist an unserem so naheliegenden Lösungsvorschlag auszusetzen? Das ist die Frage, von der wir mit Recht erwarten, daß sie endlich einmal beantwortet wird!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 22.05.2002 um 12.32
Nachdem die Berliner Mauer einmal errichtet wurde, ist es unmöglich, sie wieder abzuschaffen. Ob man sie für schlecht hält oder nicht, spielt da eigentlich keine Rolle. Da es die Berliner Mauer nun einmal gibt, werden wir sie nicht mehr los. Es wäre auch unverantwortlich, sie abzuschaffen. Man bedenke, wie viele Menschen sich bereits auf ihre Existenz eingestellt haben. Man müßte zum Beispiel Geschichtsbücher und Geographiebücher erneut umschreiben. Und weiß denn jemand, was geschehen würde, wenn wir die Mauer öffnen würden? Die Folgen sind unabsehbar. Schließlich gibt es Menschen, die die Berliner Mauer gutheißen, das muß man auch bedenken. Aber das ist alles Spekulation, denn die Erfahrung lehrt: Wenn etwas einmal in der Welt ist, muß man sich damit abfinden.
Das betrifft ja auch das eigene Leben: Wenn man einmal geboren ist, kann man nicht mehr sterben. Man muß sich einfach damit arrangieren, daß man unsterblich ist, auch wenn das bedauerlich ist.
eingetragen von Christian Melsa am 22.05.2002 um 12.22
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
Leider gibt es hier wenig zu diskutieren, den Melsas Bericht geht total an der Wirklichkeit vorbei.
Es geht kein Zeugnis heraus ohne die neue Rechtschreibung.
Es geht kein Bericht ohne die neue Rechtschreibung heraus.
Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was in der alten Rechtschreibung geschrieben wird.
Wo geht mein "Bericht" an der Wirklichkeit vorbei? Ihre Beispiele sind doch alle aus dem dienstlichen Bereich, und über den habe ich ja nichts anderes gesagt. Die Frage war nur, warum Sie, wenn Sie die Reform selber für unausgegoren halten, sie offensichtlich auch bei Ihren Beiträgen hier im Forum anzuwenden gewillt sind?
Abgesehen davon gehöre ich zu diesem Personenkreis, der gerne das "ss" anwendet.
Es ist nur schade, dass man das "scharfe ß" nicht ganz eliminiert hat.
Aha. Aber auch so schreiben Sie nicht. Sogar dort, wo kein Zwang herrscht, unterwerfen Sie sich ihm. Das verstehe ich nicht. Was für ein rätselhaftes Gelübde bindet Sie da bloß?
Auf der letzten Schulleitertagung in Wildbad- Kreuth habe ich einmal kurz das Wort auf die neue Rechtschreibung gebracht. Es besteht und bestand kein Rede- oder Handlungsbedarf, sondern eigentlich das Gegenteil. Keiner diskutiert mehr über die neue Rechtschreibung.
Man kann sich ja auch an Mißstände gewöhnen bzw. die Auseinandersetzung meiden, weil man den Eindruck hat, doch nichts daran ändern zu können und dem sich daraus ergebenden Frust aus dem Weg gehen möchte. Habe ich bei Lehrern schon öfters erlebt, daß die zwar im privaten Gespräch über dies und jenes jammern, aber einen dienstlichen Protest für völlig aussichtslos und nicht die Energie wert zu erachten scheinen.
Was sich jeder dabei denkt ( unnütze Reform), ist eine andere Sache. Das war vor einem Jahr in Grafrath noch anders, als ich den Artikel von Prof. Jürgen Brosius dabei hatte. Er ist ein Verfechter einer einfacheren Rechtschreibung ( Kleinschreibung, Vereinfachung, Angleichung an das Englische)- siehe Spiegel-Forum vor einem Jahr.
Na, das wäre dann ja eine noch radikalere Reform, das gilt als progressiv, und damit könnte man sich bei offenbar grundsätzlich reformwilligen Vorgesetzten ja eventuell sogar positiv profilieren, man setzt sozusagen noch einen drauf. Wenn man jedoch die bereits eingeführte Reform anzweifelt und ihre Rücknahme fordert, bringt man ja zum Ausdruck, daß die Vorgesetzten große Fehler gemacht haben.
Unsere Sekretärinnen verwenden natürlich nur Duden- Normen. An was soll man sich zur Zeit sonst halten? Ickler`s Wörterbuch entspricht nicht den neuen Richtlinien, so wird es niemand im "Öffentlichen Bereich" verwenden.
Immerhin soll sogar gemäß der Reform-Agenda die alte Rechtschreibung noch bis 2005 neben der neuen als richtig gelten. Deshalb ist es auch für außerschulische Betroffene äußerst unklug, schon vor 2005 umzustellen, selbst wenn sie dazu grundsätzlich bereit sind. Ich würde doch an deren Stelle erst bis 2005 abwarten, welche Situation sich ergeben hat, und erst dann auf die Rechtschreibung umstellen, die bis dahin endgültig überarbeitet sein soll (natürlich nur angeblich, aber ich gehe ja von jemandem aus, der der Rechtschreibkommission und den Kultusministern im Prinzip traut).
Ein Nichtpädagoge macht Pädagogen Vorschläge, wie der Unterricht zu verlaufen hat.
Sie können das auch so betrachten: Einer außerhalb eines hierarchischen Systems macht einem darin Gefesselten Vorschläge, die bei diesem als Tabu gelten, weil sie nicht von oben aus der Hierarchie kommen, sondern gerade diese Linie brechen.
Ein wesentliches Problem der Schulpolitik ist, daß sie Schulbildung dermaßen zu einer Geheimwissenschaft macht, daß der mündige Bürger der Diskussion für unqualifiziert erachtet werden kann. So kann man jeden demokratisch notwendigen Dialog abwürgen, vor allem aber auch vom eigenen Scheitern ablenken. Das ist dann nämlich in Wirklichkeit gar kein Scheitern, sondern wirkt nur auf Uneingeweihte so, die sich gefälligst nicht einbilden sollen, mitreden zu dürfen. Das ist der autoritäre "Schulhofstaat" in der Scheindemokratie.
eingetragen von Christian Melsa am 22.05.2002 um 11.39
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Übrigens habe ich auf der letzten Schulleitertagung in Kempten (es war eine spezielle Tagung) "Sehstörungen" verteilt. Es wurde moniert, dass keine Lösung dabei sei.
Das sei nun zu sehen wie mal will. Es wurde gerne angenommen und auch gelesen! Aber bitte doch die Lösungen als Beiblatt einlegen.
Wieso keine Lösung? Das Ickler-Wörterbuch war doch sogar abgebildet! Die Lösung ist selbstverständlich, die sogenannte Rechtschreibreform wieder zu verwerfen, aber nicht das alte Duden-Monopol wiederherzustellen, sondern nach deskriptivem Ansatz zu verfahren und einen freien Wörterbuchmarkt zu ermöglichen. (Zur Zeit ist das Monopol nur durch ein Kartell ersetzt worden, das viel schlimmere Ergebnisse hervorbringt.)
Die Lösung ist eigentlich ganz klar, nur irgendwie scheint in einige Köpfe erfolgreich eingehämmert worden zu sein, daß eine Rücknahme der Rechtschreibreform einfach völlig unmöglich sei, basta. Die Einführung einer neuen Rechtschreibung geht anscheinend problemlos, nur die Wiedereinführung der alten, nachdem sich die neue als untauglich herausstellt, soll komischerweise ganz und gar utopisch sein. Orwell nennt das "Doppeldenk".
eingetragen von Michael Krutzke am 22.05.2002 um 11.32
Zitat:
"... aber bitte hören Sie mit den Vergleichen zum Dritten Reich auf."
Liebe Frau Menges,
glücklicherweise blieben mir – Jg. 54 – Erfahrungen mit der Nazi-Schule erspart. Was Betroffene erlebten, als binnen weniger Monate ein zuvor gepredigtes Weltbild zusammenbrach, und auch die Prediger keine mehr waren, kann ich also nicht wirklich beurteilen. Vergleiche mit dem Dritten Reich sind immer problematisch und werden oft in unredlicher Weise gezogen. Dennoch – ist wirklich nichts vergleichbar? Wer eigene Erfahrungen – wie von Herrn Lachenmann beschrieben – gemacht hat, wem das Erfahrene anhand aktueller Erlebnisse sauer aufstößt, und wer das dann äußert (und zwar in durchaus verantwortungsvoller Weise), dem kann ich das doch nicht als unpassend oder unseriös vorwerfen.
Eine grundlegende Frage schließt sich an: Darf ein Staat massiv auf die Sprachentwicklung Einfluß nehmen? Ob per Gesetz oder "Reform" sei dahingestellt. Wo geschieht so etwas, mit welchen Auswirkungen? Auch ein Blick in die Geschichte muß zulässig sein. Und natürlich kann man dann auch vergleichen – beispielsweise die Ideen von "Reformern", Durchsetzungsmechanismen des behördlichen Apparats oder gruppendynamische Prozesse. Daß die Frage nach der politischen Legitimation einer Regierung zu berücksichtigen ist, versteht sich von selbst. Aber daß eine demokratisch legitimierte Regierung in jedem Fall demokratisch handelt, darf bezweifelt werden.
Das Geschehen an den Schulen kann ich als Außenstehender natürlich nicht in Gänze beurteilen. Mit Vorwürfen, weshalb sich Lehrer nicht in nennenswertem Umfang wenigstens gegen die verheerenden Folgen der RS-Reform wenden, halte ich mich deshalb zurück. "Gleichrichtung" per Dienstrecht ist eine Sache. (Warum soll ein Physiklehrer nicht weiterhin "Meßinstrument" schreiben? Im Sprachgebrauch ist es nach wie vor, und der Gegenstand seines Unterrichts ist nicht Deutsch.) Sicher ist es so, daß die Schulen sich an vielen Fronten mit Problemen herumschlagen müssen, die ihnen aus dem politischen Bereich aufgedrückt werden. Mittelkürzungen, die jahrelang zugelassene Überalterung der Kollegien, das verantwortungslose Abwerben von Lehrern aus anderen Bundesländern mitten im Schuljahr (als plötzlich der Lehrermangel ausbrach) sind einige Beispiele. Skandalös: Die politisch Verantwortlichen haften in keiner Weise, können nicht zur Rechenschaft gezogen werden, gelten als achtenswerte Mitglieder der gesellschaftlichen Elite. Aber das führt jetzt vom Thema weg.
Zitat:
"Schuster bleib bei Deinen Leisten ..."
Das ist so eine Sache. Als Vater einer – nun gottlob erwachsenen – Tochter habe ich natürlich Erfahrungen mit dem "Leisten" der lehrenden "Schuster". (Nebenbei: die waren überwiegend positiv.) Ich würde mich hüten, Lehrern Empfehlungen geben zu wollen, was sie wie zu machen hätten. Aber ich kann und muß mich einmischen, wenn das Ergebnis nicht stimmt – also das, was mein Kind an Wissen und Fertigkeiten aus der Schule nach Hause bringt. Muß bestimmte Methoden in Frage stellen dürfen (siehe Frau Ludwigs Beitrag). Ich muß ferner fragen dürfen, ob die Reduzierung von Rechtschreibfehlern ein berechtigtes Motiv für eine Rechtschreibreform ist. (Das war es ja, ging aber schief, wie Sie selbst einräumten.) Vielleicht sind "Rechtschreibschwächen", die sich in vielen Falschschreibungen äußern, ja weniger der komplizierten Rechtschreibung anzulasten, sondern vielmehr anderen Faktoren wie zu großen Klassen, schwierigen sozialen Bedingungen, problematischen Elternhäusern, übermäßigem Fernsehkonsum usw. Und vielleicht zeichnet sich nicht jeder, der ein Kultusministerium führt, durch besondere Fähigkeiten auf diesem Gebiet aus und kam lediglich als verdienter Genosse, Kollege oder wie das bei den einzelnen Parteien so heißt, auf diesen Posten, will aber gleichwohl "Duftmarken" setzen. Dieses Thema haben Sie in Ihrem Beitrag ja auch angerissen.
Im übrigen belebt die von Ihnen angestoßene Diskussion das Geschehen in diesem Forum; ich fände es gut, wenn sie weiterginge.
Viele Grüße aus dem Norden
__________________
Michael Krutzke
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 11.06
Drei Buchstaben find ich richtig. Es ist logisch. Das andere war eine Regel!
zum Beispiel: Stilllegung
Warum sollte das Wort still und -legung nicht als ganzes Wort zu erkennen sein?
Aber ich muss sagen, dass die gegenseitige Diskussion wirklich auch befruchtend ist. Und die Diskussion wird klar geführt. Keine Labereien!
eingetragen von Christoph Kukulies am 22.05.2002 um 10.54
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Karsten Bolz
Liebe Frau Menges,
Sie finden doch an der ?reformierten? Schreibung die s-Schreibung besonders toll (auch wenn Sie das ß am liebsten ganz streiche würden) und bedienen sich ihrer auch. (Schließlich schreiben Sie in einem früheren Beitrag ?Ob wir ihn gut heißen oder nicht...? und nicht ?heissen?.)
Da Sie auch noch Lehrerin sind, sollte ich doch davon ausgehen können, daß Sie diese besonders gut beherrschen. Da finde ich den Schnitzer in Ihrem letzten Beitrag schon sehr bezeichnend:
?Das was ich geschrieben habe, fusst (!) teilweise auch aus Beiträgen vor einen Jahr.?
Wie war das denn noch? ss nach einem kurzem Vokal, ß nach einem langen? Wenn doch alles, was die Reform zu bieten hat, so einfach wäre. Oder doch nicht?
Ihr Karsten Bolz
Sagen Sie mal ehrlich, Frau Menges, was finden Sie so toll an Doppel- und Dreifach-s, wo Sie doch schon selbst die "Sehstörungen" an Ihre Kollegen verteilt haben? Irgendwie will mir das nicht in den Kopf. Da sprechen doch zwei Seelen.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 10.45
Das kann zwar jeder sagen, aber ich hätte eben dieses ß gerne draußen. Wie schaut es aus? Für Ihre Augen natürlich fürchterlich!!!!! Wie wirkt auf Sie Grüsse?
Es schaut, ich gebe es ja zu, nicht besonders schön aus.
Somit grü"s"e ich Sie halt. Somit sehe ich auch, dass alle Beiträge genau gelesen werden!
Zur Fehlerreduzierung würde es vielleicht beitragen.
Aber nur vielleicht, denn ich gehe nach einem Jahr Beobachtung davon aus, dass die Rechtschreibreform wirklich nicht zur Fehlerreduzierung beiträgt, denn drei s sind zum Beispiel eindeutig zu viel ( s, ß, ss)**. Eigentlich müsste dann nach der Phonologie das Wort so geschrieben werden: Grüse wie Öse.
** für besondere Diskutanten: Natürlich nicht nur die s-Schreibung!
eingetragen von Karsten Bolz am 22.05.2002 um 09.36
Liebe Frau Menges,
Sie finden doch an der „reformierten“ Schreibung die s-Schreibung besonders toll (auch wenn Sie das ß am liebsten ganz streiche würden) und bedienen sich ihrer auch. (Schließlich schreiben Sie in einem früheren Beitrag „Ob wir ihn gut heißen oder nicht...“ und nicht „heissen“.)
Da Sie auch noch Lehrerin sind, sollte ich doch davon ausgehen können, daß Sie diese besonders gut beherrschen. Da finde ich den Schnitzer in Ihrem letzten Beitrag schon sehr bezeichnend:
„Das was ich geschrieben habe, fusst (!) teilweise auch aus Beiträgen vor einen Jahr.“
Wie war das denn noch? ss nach einem kurzem Vokal, ß nach einem langen? Wenn doch alles, was die Reform zu bieten hat, so einfach wäre. Oder doch nicht?
Ihr Karsten Bolz
__________________
Karsten Bolz
eingetragen von Christoph Kukulies am 22.05.2002 um 07.57
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Zitat:
frech und arrogant wie Sie sich aus der Sicherheit des staatlichen Auftrages hier gebärden
(Wobei solche Anmerkungen dem Diskussionsklima nicht gerade zuträglich sind.)
"frech und arrogant" - also, so schlimm finde ich das nun auch wieder nicht, daß es hier jemand zum Austritt aus dem Forum bewegen müßte. Vielleicht wäre "keck" besser gewesen, aber ich glaube, Frau Menges hat der Ton am wenigsten gestört, wenn ich das sagen darf. Bleiben Sie uns bitte alle erhalten, mit allen Kanten und Ecken.
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.05.2002 um 06.52
Irgendwie bin ich gerührt und dann wieder verwundert.
Ich habe doch nur 5 Sätze auf Spiegel eingetragen und dann kam es zu dieser durchaus nicht uninteressanten Diskussion.
Übrigens habe ich auf der letzten Schulleitertagung in Kempten (es war eine spezielle Tagung) "Sehstörungen" verteilt. Es wurde moniert, dass keine Lösung dabei sei.
Das sei nun zu sehen wie mal will. Es wurde gerne angenommen und auch gelesen! Aber bitte doch die Lösungen als Beiblatt einlegen.
Das was ich geschrieben habe, fusst teilweise auch aus Beiträgen vor einen Jahr. Allerdings kam unterschwellig noch eine Situation dazu. Schuster bleib bei Deinen Leisten: Im Schulsystem meint jeder ( das wird auch immer so bleiben), dass er es besser machen könnte ... wir Lehrer kennen das. Hätte ein Lehrer hier Beispiele eingeschrieben, kein Problem, schreibt ein Nichtlehrer hier Beispiele wie Unterricht zu gestalten wäre, schreib ich in jedem Fall dagegen.
Übrigens Herr Lachenmann,
das Thema: " Wie erlebte ich als Kind die Hitlerzeit" wäre ein wunderbares und dankbares Thema. Ich bleibe dabei, wenn Sie mir einen Beitrag schicken, dass ich ihn in die Schule mitnehme. Ich habe mir in Gedanken schon Schüler dafür ausgesucht.
Gerne könnt Ihr mir per E-Mail weiter schreiben. Ich würde mich sehr darüber freuen.
eingetragen von Phil Mannix am 22.05.2002 um 00.36
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Danke, Herr Reimers.
Ich muß mich auch ein wenig wundern über diese neue Empfindlichkeit und fände es schade, wenn sich Leute mit einer gegensätzlichen Meinung hier nicht mehr herwagen würden.
Ich verlasse das Forum, damit Frau Menges auf jeden Fall bleibt.
eingetragen von Phil Mannix am 22.05.2002 um 00.32
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Martin Reimers
Norbert Lindenthal soll sich was schämen! "Frech und arrogant" ist in dieser ganzen Auseinandersetzung vor allem sein völlig unqualifizierter Beitrag. Tut mir leid, aber wenn ich solche Banalitäten lese wie diesen Satz:
"Ich schreibe das, was Sie in mir an Gedanken angeregt haben. Das ist ja auch ein Teil der Wirklichkeit."
dann fällt mir wirklich nichts mehr ein.
Da wagt sich einmal jemand wie Frau Menges in unser Forum, mit der man sich wirklich gut und auch gerne auseinandersetzen kann, und dann kommt auf jeden Fall einer an, der das Forum am liebsten in ein Haifischbecken verwandeln möchte.
Muß denn hier immer irgendwer den Poltergeist spielen?
Sehen Sie sich doch bitte meine paar Beiträge an, Herr Reimers! Schreibt so ein "Wadenbeißer" oder "Poltergeist"? Könnte es vielleicht sein, daß ich mich beleidigt gefühlt habe? Sie müssen bedenken: Schreibt man im Internet "Du" statt "du", so ist damit jeder gemeint, der das liest.
Das mit dem "Haifischbecken" hätten Sie sich sparen können!
eingetragen von Elke Philburn am 21.05.2002 um 22.54
Hallo Renate-Maria,
ehrlich gesagt, habe ich keinen großen Anreiz, mich durch den Mammut-Strang auf SpOn durchzuackern, der läuft ja schon seit 1996.
Nur soviel hierzu:
Zitat:
Ein heilloses Durcheinander, geprägt von alter und neuer Rechtschreibung, wird von Lehrkräften jeder Sparte bestätigt( Gym., FOS, Realschule, Volks- und Förderschulen). Es kann auch gar nicht anders sein, denn wir werden noch viele, viele Jahre Bücher in der alten Rechtschreibung haben und darin lesen.
Da muß man sich doch fragen, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Rechtschreibreform durchzuführen, denn diese Situation wird immer entstehen.
Ich habe den Eindruck, daß vor der Reform im Grunde niemand wirklich unglücklich war über das herkömmliche System. Hatten wir denn ein ernsthaftes Problem, oder ist das ein Argument, das nachträglich in die Welt gesetzt wurde, um die Fehlerhaftigkeit der Reform zu legitimieren?
eingetragen von Elke Philburn am 21.05.2002 um 22.28
Danke, Herr Reimers.
Ich muß mich auch ein wenig wundern über diese neue Empfindlichkeit und fände es schade, wenn sich Leute mit einer gegensätzlichen Meinung hier nicht mehr herwagen würden.
eingetragen von Martin Reimers am 21.05.2002 um 22.05
Norbert Lindenthal soll sich was schämen! "Frech und arrogant" ist in dieser ganzen Auseinandersetzung vor allem sein völlig unqualifizierter Beitrag. Tut mir leid, aber wenn ich solche Banalitäten lese wie diesen Satz:
"Ich schreibe das, was Sie in mir an Gedanken angeregt haben. Das ist ja auch ein Teil der Wirklichkeit."
dann fällt mir wirklich nichts mehr ein.
Da wagt sich einmal jemand wie Frau Menges in unser Forum, mit der man sich wirklich gut und auch gerne auseinandersetzen kann, und dann kommt auf jeden Fall einer an, der das Forum am liebsten in ein Haifischbecken verwandeln möchte.
Muß denn hier immer irgendwer den Poltergeist spielen?
__________________
Martin Reimers
eingetragen von Phil Mannix am 21.05.2002 um 22.00
RenateMariaMenges schrieb:
"[...]Danke,
es gibt hier neben unerwarteten Auftritten ( nicht alles gehört auf die Plattform Norbert Lindenthal und Sigmar Salzburg!, aber die Norddeutschen haben halt ein wenig weniger Takt ...) auch bemerkenswert nette Personen: [...]"
Sehr geehrte Frau Menges!
Zeigen Sie denn Taktgefühl, wenn Sie solche arroganten Sprüche wie "Schuster bleib bei Deinen Leisten" von sich geben?
Oder:
"Plus scire satius est quam loqui. Plautus, Epidicus 60."
(Es könnten hier Besucher oder Nutzer sein, die kein Latinum haben!)
Oder:
"Sorry, meine Herren, ..."
(Na ja.)
Mit freundlichen Grüßen
Phil Mannix
eingetragen von Walter Lachenmann am 21.05.2002 um 21.46
Ich erachte Sie als netten, hilfsbereiten, verantwortungsvollen, handfesten, kritischen Menschen, aber bitte hören Sie mit den Vergleichen zum Dritten Reich auf.
Das hatten wir schon und das ist nicht vergleichbar und Sie wissen es.
Aber warum ist das nicht vergleichbar, liebe Frau Menges? Aus den Ereignissen des Dritten Reiches kann bzw. könnte man enorm viel lernen. Natürlich sind es in diesem Fall andere Dimensionen, andere Konsequenzen, aber die Verhaltensmuster sind doch haargenau dieselben. Die Lehrer, die uns »Heil Hitler« auf die Schiefertafeln malen ließen, waren genau so professionell und pflichtbewußt wie die heutigen. Es mußten noch nicht einmal unbedingt Nazis sein, und auch die waren oft nichts anderes als - pflichtbewußt, und viele fanden die Herrschaftsverhältnisse damals durchaus in Ordnung, bis auf die Auswüchse, von denen sie entweder wirklich nichts wußten (selbst wir ABC-Schützen spielten schon mit so einer Art Cellophanbildchen, von denen wir uns erzählten, diese seien aus Judenhaut und die Kernseife aus deren Knochen, aber vielleicht wußten wir mehr als die Erwachsenen) oder die sie unter »bedauerliche Entgleisungen« abhakten. Unter den Lehrern von damals gab es autoritäre Quälgeister, aber auch ganz ernsthafte, den Kindern liebevoll zugewandte und von ihnen geliebte Leute. Aber sie mußten - wie Sie - das unterrichten, was ihnen von den Dienstherren aufgetragen wurde. Und wer 1943/45 noch im Lehrerberuf war, hatte mit diesen Aufträgen in der Regel auch keine Probleme. Lehrer neigen nicht zu Autoritätskritik, denn sie wollen einerseits keine Konflikte nach oben zu den Vorgesetzten, aber andererseits genausowenig nach unten zu den Schülern. Wer zu Autoritätskritik neigt oder diese für wünschenswert hält, wird selten Lehrer. Und es war ja auch nicht schlimm, sondern ganz im Ernst wichtig, daß die Kinder »Heil Hitler« schreiben lernten, man mußte es können, denn jeder Brief, selbst im Privatleben, mußte so abgeschlossen werden. Zu so etwas, wie einer Vereinheitlichung der Grußformeln in Schriftstücken, haben uns unsere Kultusminister zum Glück noch nicht vergattert, aber so bereitwillig, wie die Reform angenommen wurde, würde möglicherweise auch eine solche Dienstanweisung umgesetzt.
Es ist aber immer interessant darüber zu hören. Schreiben Sie doch eine Geschichte darüber. Sie wäre durchaus lesbar, evt. im Unterricht einsetzbar. Ich würde sie dann gerne mitnehmen (auch in der alten Rechtschreibung). Aber natürlich nur, wenn sie hervorragend und treffend formuliert, pointiert und mit einem Höhepunkt versehen ist. Da ich den Schluss besonders mag, bitte ich Sie diesen herauszuarbeiten! ( vgl. Konzentrationslager: Ein wirklich gutes Buch hat Victor E. Frankl darüber geschrieben: ...trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager. Kösel Verlag 1977)
Also jetzt pokern Sie aber ganz schön hoch, Verehrteste. Ihren qualitativen Anforderungen wäre eine von mir erzählte Geschichte sicherlich niemals gewachsen, das merke ich schon bei der Lektüre Ihrer treffend formulierten, pointierten und immer mit sowohl einem Höhepunkt als auch einem gekonnt herausgearbeiteten »Schluss« versehenen Beiträge.
In diesem Zusammenhang auf das Buch von Viktor E. Frankl zu sprechen zu kommen, ist völlig neben der Matte, das ist schließlich kein Schulaufsatz und entzieht sich jeglicher schulmeisterlichen Bewertung.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Matthias Dräger am 21.05.2002 um 18.39
Sehr geehrte Frau Menges,
also auf keinen Fall zurück zur "alten" Rechtschreibung (immerhin die Rechtschreibung der renommiertesten Tageszeitung Deutschlands).
Was war für Sie denn eigentlich so schlimm an der "alten" Rechtschreibung? Was muß Ihrer Meinung nach vereinfacht werden?
Und wenn vereinfacht werden kann, wie soll das "durchgesetzt" werden?
Das fragt mit Interesse
und freundlichen Grüßen
Ihr Matthias Dräger
eingetragen von Theodor Ickler am 21.05.2002 um 18.35
Das könnte Frau Menges interessieren: sowohl in Bayern als auch in Hessen gab es kürzlich wieder Abituraufgaben, die bewußt in "alter" (also moderner) Rechtschreibung gehalten waren. Sie wurden nicht beanstandet. Vom bayerischen Kultusministerium weiß ich schon lange, daß es sich hütet, das Thema hochzukochen, denn wenn die Dummschreibung noch einmal gerichtsnotorisch werden sollte, hätten gewisse Herren dortselbst nichts zu lachen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2002 um 16.47
Kaum haben Frauen (hat Frau) ein wenig Urlaub engagieren sie sich gleich zu dritt hier.
Liebe Elke,
eigentlich haben wir damals den Grundstock auf Spon diskutiert. Außerdem gehöre ich vielleicht zu den 10 Prozent, denen die neue Rechtschreibung auch noch gefällt.
Ein heilloses Durcheinander, geprägt von alter und neuer Rechtschreibung, wird von Lehrkräften jeder Sparte bestätigt( Gym., FOS, Realschule, Volks- und Förderschulen). Es kann auch gar nicht anders sein, denn wir werden noch viele, viele Jahre Bücher in der alten Rechtschreibung haben und darin lesen.
Liebe Claudia,
Deine Argumente mit der Mengenlehre stimmen ganz und gar.- Mit der Ganzwortmethode wird derzeit anders verfahren. In einem Mischverfahren werden die Ganzwortmethode ( nur ein paar Wörter) und die Synthese der Buchstaben zusammen unterrichtet. Vielleicht ist das auch von Bundesland zu Bundesland ein wenig unterschiedlich. Heute bestimmt die Anlauttabelle das Lesenlernen. Ein Kind wird im Wort Haus nicht "ß" schreiben, denn es gehört zu den ersten einfachen Wörtern, die es sich einprägt. Ich habe noch nie ein Haus mit "ß" gesehen.
Ich empfinde die Regeln zu "ss" und "s" einfacher, aber dass es das "ß" überhaupt noch gibt erschwert die Rechtschreibung. Ich hätte es gerne ohne "ß".
Die Fehlerquellen sind die gleichen geblieben, Rechtschreibtests erbringen die nämlichen Fehlerquoten. Ich neige zur Überzeugung, dass man die Rechtschreibleistung nicht durch eine Rechtschreibreform verbessern kann, sondern nur durch Übung. Ich habe derzeit keine
wissenschaftlichen Befunde dafür vorzuweisen, aber dafür eine Menge Erfahrung. Es wäre eine gute wissenschaftliche Aufgabe sich der Fehlerquoten anzunehmen.
Danke,
es gibt hier neben unerwarteten Auftritten ( nicht alles gehört auf die Plattform Norbert Lindenthal und Sigmar Salzburg!, aber die Norddeutschen haben halt ein wenig weniger Takt ...) auch bemerkenswert nette Personen:
Der Volksentscheid im Schleswig-Holstein war am 27. September 1998, also nach dem Urteil des BVerfG vom 14. Juli 1998.
Mein wirklich wichtigster Wunsch:
Zu einer vereinfachten Rechtschreibung zu kommen, aber nicht zurück zur alten!
Aber dazu brauche ich Herrn Ickler, um seine Ansicht zu erfahren, ob dies möglich wäre.
eingetragen von Claudia Ludwig am 21.05.2002 um 15.34
Als ehemalige Deutsch- und Englischlehrerin (habe 1990 den Schuldienst verlassen und arbeite seitdem als selbständige Kommunikations-Trainerin) habe ich die Diskussion mit großem Interesse verfolgt. Ich bin dankbar, heute nicht mehr Deutsch unterrichten zu müssen.
Ich erinnere mich aber an die Ganzwortmethode, die die Lehrer auch unterrichten "mußten", und die die Zahl der Legastheniker dramatisch in die Höhe schnellen ließ. Untersuchungen davor und dazu gab es damals auch nicht. Man korrigierte nur langsam und näherte sich still, heimlich und leise wieder den einzelnen Buchstaben. Heute ist die Ganzwortmethode verschwunden, dafür gibt es andere Schrecklichkeiten, wie z.B. die Reichen-Methode oder das Schreibenlernen nach Sommer-Stumpenhorst.
Dann hat es die Mengenlehre in der Grundschule gegeben. Auch sie "mußten" die Lehrer unterrichten. Sie führte dazu, daß mehrere Schülergenerationen nicht richtig zählen und rechnen lernten. Auch sie verschwand heimlich und leise nach zehn(!) Jahren wieder aus der Grundschule. Verantwortung übernahm niemand - weder für das eine noch für das andere Desaster!
Und eben das ist die Frage: was ist die Aufgabe der Lehrer? Müssen sie wirklich alles unterrichten, was ihnen von Nicht-Fachleuten (und das sind die Kultusminister ja wohl zum größten Teil?!) aufgezwungen wird? Können, ja müssen nicht gerade sie auf die Fehler und die Gefahren falschen Lehrens und Lernens aufmerksam machen?
Die "neue" deutsche Rechtschreibung erleichtert das Schreibenlernen in keinem Falle! Gerade die immer wieder gerühmte s-Schreibung ist Fehlerquelle Nummer 1! Das läßt sich ganz einfach beweisen:
Die "alte" Rechtschreibung kennt für die Schreibung des scharfen bzw. stimmlosen "s" am Ende eines Wortes oder einer Silbe nur zwei Möglichkeiten: "s" oder "ß". Die "Rechtschreibreform" fügt diesen beiden noch eine dritte hinzu: das "ss". Damit verschlechtert sich die Trefferquote der Kinder von 50% nach "alter" Rechtschreibung auf nur noch 33% nach "neuer". Das ist doch logisch - oder?
Hinzu kommt, daß die "neuen" Regeln miteinander kollidieren. So wird die Regel 1: "ß nach Diphthongen und langem Vokal" eingeschränkt durch die Regel 2: "s, wenn die Beugungsformen mit stimmhaftem "s" gesprochen werden". Und hier liegt der Hase im Pfeffer.
Ein Kind muß z.B. bei Haus, das es nach Regel 1 mit "ß" schreiben würde, an die Beugung denken (Regel 2), sonst macht es Fehler. Und die machen besonders die schwächer begabten Schüler, für die diese Regelvielfalt einfach eine Überforderung darstellt. Was war da die "alte" Rechtschreibung doch einfach!
__________________
Claudia Ludwig
eingetragen von Elke Philburn am 21.05.2002 um 14.13
Zitat:
Ich stehe -natürlich- mit Abstrichen zur REFORM!
Ach, Renate, wie kann man denn als Lehrerin zu einer Reform stehen, wenn man sich doch bewußt ist, daß sie ein Durcheinander angerichtet hat? Du hast es doch selber geschrieben. Möchtest du Schülergenerationen aufwachsen sehen, die eine einheitliche Rechtschreibung nie kennengelernt haben?
Zitat:
Die Lehrer in unserem riesigen Kollegium schreiben alle! in der neuen Rechtschreibung, aber wir schreiben schon mal geschlossen einen Brief an das KuMi, wenn uns etwas missfällt.
Im Moment hat jeder eine andere Vorstellung von der 'neuen Rechtschreibung'. Im Gegensatz zur herkömmlichen. Die konnte so gut wie jeder.
Zitat:
Dies ist aber in vorgegebener Sache nicht passiert und wird nicht passieren!
Einer muß den Anfang machen. Sonst tritt man auf der Stelle, und nichts ändert sich.
eingetragen von Norbert Lindenthal am 21.05.2002 um 14.01
Frau Menges antwortete mir ins Postfach:
Zitat:
Lieber Norbert Lindenthal,
frech und arrogant habe ich nur von Euch gelernt. Da habe ich meinen Teil
schon
mitgemacht, aber wie war das noch genau mit dem Volskentscheid?
War der 1998 schon draußen? Zeitlich interessiert es mich.
Oder war das der Volksentscheid von Schleswig Holstein.
Der war aber später.
Sachlich bleiben, lieber Freund!
RenateMaria
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von Elke Philburn am 21.05.2002 um 13.43
Zitat:
frech und arrogant wie Sie sich aus der Sicherheit des staatlichen Auftrages hier gebärden
(Wobei solche Anmerkungen dem Diskussionsklima nicht gerade zuträglich sind.)
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2002 um 12.52
Liebe Elke,
Deine Meinung stimmt so nicht. Lies mal meine vorausgegangenen Beiträge und zu diesen stehe ich immer noch und immer wieder. In dieser Diskussionsrunde sind wir Gegner. Ich stehe -natürlich- mit Abstrichen zur REFORM! Die Lehrer in unserem riesigen Kollegium schreiben alle! in der neuen Rechtschreibung, aber wir schreiben schon mal geschlossen einen Brief an das KuMi, wenn uns etwas missfällt. Dies ist aber in vorgegebener
Sache nicht passiert und wird nicht passieren!
eingetragen von Norbert Lindenthal am 21.05.2002 um 12.46
Liebe Frau Menges!
Vielleicht mache ich den Fehler, nicht genau auf Ihre Verlautbarungen einzugehen. Und ich sage auch gleich am Anfang: Ich schreibe das, was Sie in mir an Gedanken angeregt haben. Das ist ja auch ein Teil der Wirklichkeit. Argumenten sind Sie ja doch nicht zugänglich, frech und arrogant, wie Sie sich aus der Sicherheit des staatlichen Auftrages hier gebärden. Meine Sicherheit in deutscher Sprache lernte ich nur zum kleinen Teil in der Schule, denn bei den wichtigen Fragen antworteten mehrere Lehrer nicht mit „das weiß ich selbst nicht“, sondern mit „das macht man so“. Von diesem Muster scheinen Sie auch zu sein. Und Sie können von Glück reden, daß Sie mich mit meiner jetzigen Erfahrung nicht als Schüler haben. Wenn Sie meinen, daß Sie mit Junglehrern und, psychologisch noch schöner, mit Junglehrerinnen und selbstredend auch mit ganz und gar abhängigen Schülern Ihren unvorsichtigen und uneinsichtigen Weg gehen wollen, dann wünsche ich Ihnen viel Glück dabei. Haben Sie aber Unglück in Zukunft, dann erinnern Sie sich ruhig einmal, daß Sie an dieser Stelle Gelegenheit haben, Ihren Übermut ein wenig abzukühlen.
Mitte 1996 saß ich mit meiner Lehrerin-Schwester entspannt auf unserem sonnigen Rasen und fragte nach den Hintergrundinformationen zur Rechtschreibreform. Sie habe noch keine offizielle Nachricht, war die Antwort. Wenn ich heute oder schon vor zwei Jahren frage, wie sich das Schreibenlernen in der Schule gestalte, dann antwortet sie: „Also deine Frage musst du ein bisschen präzisieren. Wie meinst du das.[!] ob es schon Fehlerstatistiken gibt übers Schreiben lernen.“
Aus Ihrer Feder möchte ich hier nicht mehr die unterschwellige Bemerkung hören, was wir denn vorher gemacht hätten. Schreiben Sie lieber etwas von Ihrer Anerkennung uns gegenüber, daß es einen Volksentscheid zu diesem Thema gibt. Ausgerechnet zu dem Termin, zu dem die Einführung der Rechtschreibreform geplant war! Und die zu erfüllenden Voraussetzungen (Volksinitiative und Volksbegehren) dauern mindestens 2 Jahre. Oder wollen Sie den Volksentscheid verschweigen?
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Trotz allem bekomme ich keine Antworten von Euch, warum nicht vorher "etwas" gemacht wurde.
Weder Herr Ickler, noch der Verein, noch sonst jemand kann mir wirklich auf meine Fragen antworten.
Das ist leider sehr schade, wenn man nur nachträglich tätig wird. Ich kenne den Tatbestand, also möchte ich gerne eine pschologisch- methodisch richtige Antwort.
Und jetzt Hand aufs Herz. Ihre nächste Frage, wenn Sie wirklich eine formulieren können, bekommen Sie von mir persönlich beantwortet.
__________________
Norbert Lindenthal
eingetragen von Elke Philburn am 21.05.2002 um 12.32
Zitat:
Würden die Kultusminister morgen die Reform abschaffen und die alten Regeln wieder lehren wollen, die Lehrer wären wieder alle dabei.
Wie wahr, wie wahr.
Und dann hätte natürlich jeder von vornherein gewußt, daß die Reform ein völliger Fehlschlag war.
Ich habe allerdings für Frau Menges schwierige Situation insofern Verständnis, als sie, wie es scheint, mit ihrem Zweifel an der Reform im Kollegium eher allein dasteht. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe.
Wenn ich denn gezwungen wäre, in Schriften und Dokumenten Neuschreib anzuwenden, würde ich mich auf's Heyse-s beschränken, fertig aus. Keine endlose Dudenwälzerei. Außerdem hat der Duden eh sein Monopol eingebüßt.
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2002 um 12.22
Grüße Sie, Herr Lachenmann,
ich wollte eigentlich gar nicht mehr in das Lager der Gegenreformer, aber irgendwie und irgendwer zieht mich(zum Beispiel Sigmar Salzmann) wieder in das Gegenreformerleben.
Ich erachte Sie als netten, hilfsbereiten, verantwortungsvollen, handfesten, kritischen Menschen, aber bitte hören Sie mit den Vergleichen zum Dritten Reich auf.
Das hatten wir schon und das ist nicht vergleichbar und Sie wissen es.
Es ist aber immer interessant darüber zu hören. Schreiben Sie doch eine Geschichte darüber. Sie wäre durchaus lesbar, evt. im Unterricht einsetzbar. Ich würde sie dann gerne mitnehmen ( auch in der alten Rechtschreibung). Aber natürlich nur, wenn sie hervorragend und treffend formuliert, pointiert und mit einem Höhepunkt versehen ist. Da ich den Schluss besonders mag, bitte ich Sie diesen herauszuarbeiten! ( vgl. Konzentrationslager: Ein wirklich gutes Buch hat Victor E. Frankl darüber geschrieben: ...trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager. Kösel Verlag 1977)
Man könnte die Pisa Studie auch mit den Schriftstellern, mit den Professoren, mit den Verlegern, mit ... etc. durchführen. Keine Ahnung, ob sie besser abschneiden würden.
Ein weiteres Beispiel: Pumuckl dürfte allen bekannt sein: Auch er hat Wörter aus der Zeitung und Ziffern von der Uhr abgeschrieben (sowieso vor der Schule). Herrn Lachenmann- vorsicht- auch Sie kommen in mein Revier!
Es wäre mir Recht, wenn diese Kritik bereits im Vorfeld ( man wusste sehr wohl, dass etwas kommt!!!) zu lesen gewesen wäre, sonst hätte ich nicht mit den Eltern bereits im Vorfeld darüber diskutieren können, wie wir weiter vorgehen.
Es hilft niemals, wenn ein einzelner Lehrer rebelliert, auch hier gilt das Sprichwort:
Nur gemeinsam sind wir stark!
Sie können mich kritisieren wie Sie wollen, mein lieber Herr Lachenmann. Aber bleiben Sie bitte bei der Sache!
eingetragen von Walter Lachenmann am 21.05.2002 um 11.40
Wenn man sich so anschaut, was man von Lehrern immer wieder zu lesen bekommt, jetzt wieder von Frau Menges, etwa von der Schulleiterkonferenz, könnte man zu der Überlegung kommen, ob es nicht sinnvoll wäre, die PISA-Studie zu wiederholen und zwar nicht unter Schülern sondern unter Lehrern. Wie könnten Schüler besser sein als ihre Lehrer?
Und zum Pflichtverständnis der Lehrer: Ich kam noch im Dritten Reich in die Volksschule. Ich erinnere mich sehr gut daran, wie an der Wandtafel stand "Heil Hitler". Das mußten wir abmalen, noch bevor wir es schreiben konnten. Also eine Vorwegnahme der später so gefeierten ganzheitlichen Methode, wobei sie sich zumindest bei mir als erfolgreich bestätigt hat: Diesen Schriftzug sehe ich noch heute vor mir. Den Hitlergruß uns so beizubringen war damals auch den Lehrern vorgeschrieben, und sie ließen nicht locker, bis jeder ABC-Schütze das auf der Schiefertafel so gut es ging hingekrakelt hatte. Es war Vorschrift, aber die meisten Lehrer folgten ihr nicht weniger gerne als Frau Menges der verordneten neuen Orthographie. Nur wenige Monate später wollten sie davon nichts mehr wissen, jedenfalls öffentlich. Würden die Kultusminister morgen die Reform abschaffen und die alten Regeln wieder lehren wollen, die Lehrer wären wieder alle dabei.
Eigenes kritisches Denken und dessen Mitteilung an die Schüler stünde auch pflichtbewußten Lehrern nicht übel an, gerade wenn man mit Zwängen leben muß.
Die Frage, weshalb "wir" nicht "vorher" etwas gegen die Reform unternommen haben, läßt vermuten, daß auch Frau Menges das recht gewesen wäre. Nur: wie soll man gegen ein Unheil etwas unternehmen, von dem man noch gar keine Ahnung hat, abgesehen davon, daß man auf dessen Eintreten überhaupt keinen Einfluß gehabt hätte. Übrigens kann Frau Menges sich darüber informieren, wie es zur Rechtschreibreform gekommen ist und daß es so gut wie keine Möglichkeit gab, etwas dagegen zu unternehmen.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Karsten Bolz am 21.05.2002 um 10.33
Ach, wäre es doch so einfach, Frau Menges:
„Es geht kein Zeugnis heraus ohne die neue Rechtschreibung.
Es geht kein Bericht ohne die neue Rechtschreibung heraus.
Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was in der alten Rechtschreibung geschrieben wird.
Abgesehen davon gehöre ich zu diesem Personenkreis, der gerne das "ss" anwendet.
Es ist nur schade, dass man das "scharfe ß" nicht ganz eliminiert hat.“
Sie gehören offensichtlich zu dem Personenkreis, der die „reformierte“ Schreibung mit der Heyseschen s-Schreibung im wesentlichen gleichsetzt und dieses auch noch besonders chique findet. Sonst würden Sie ja erkennen, daß es die EINE reformierte Schreibung gar nicht gibt. Und selbst, wenn wir uns auf die Duden-Normen (welche, bzw. von wann?) einlassen: Ich würde doch gerne mal Sie und auch die von Ihnen angeführten Sekretärinnen auf die Einhaltung ebendieser Normen testen. Wetten, daß Sie alle mit Pauken und Trompeten durchfallen würden? (Nebenbei: Es würde kein einziges „ß“ im Diktat vorkommen!)
Seinen Sie doch ehrlich, liebe Frau Menges: Alle, die es müssen, schreiben „dass“ und „muss“, und auf den Rest pfeifen sie, die „neue“ Rechtschreibprüfung von Microsoft Word wird’s schon richten.
Noch was am Rande: Ich hatte kürzlich eine längere Konversation mit diversen Behörden der Stadt mit Briefen und Formularen. Ob Sie’s nun glauben oder nicht, das meiste war in richtigem Deutsch. Und das im öffentlichen Dienst!
__________________
Karsten Bolz
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.05.2002 um 06.58
Leider gibt es hier wenig zu diskutieren, den Melsas Bericht geht total an der Wirklichkeit vorbei.
Es geht kein Zeugnis heraus ohne die neue Rechtschreibung.
Es geht kein Bericht ohne die neue Rechtschreibung heraus.
Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was in der alten Rechtschreibung geschrieben wird.
Abgesehen davon gehöre ich zu diesem Personenkreis, der gerne das "ss" anwendet.
Es ist nur schade, dass man das "scharfe ß" nicht ganz eliminiert hat.
Auf der letzten Schulleitertagung in Wildbad- Kreuth habe ich einmal kurz das Wort auf die neue Rechtschreibung gebracht. Es besteht und bestand kein Rede- oder Handlungsbedarf, sondern eigentlich das Gegenteil. Keiner diskutiert mehr über die neue Rechtschreibung. Was sich jeder dabei denkt ( unnütze Reform), ist eine andere Sache. Das war vor einem Jahr in Grafrath noch anders, als ich den Artikel von Prof. Jürgen Brosius dabei hatte. Er ist ein Verfechter einer einfacheren Rechtschreibung ( Kleinschreibung, Vereinfachung, Angleichung an das Englische)- siehe Spiegel-Forum vor einem Jahr.
Unsere Sekretärinnen verwenden natürlich nur Duden- Normen. An was soll man sich zur Zeit sonst halten? Ickler`s Wörterbuch entspricht nicht den neuen Richtlinien, so wird es niemand im "Öffentlichen Bereich" verwenden.
Von Resignation ist und war nirgendwo etwas zu spüren.
Trotz allem bekomme ich keine Antworten von Euch, warum nicht vorher "etwas" gemacht wurde.
Weder Herr Ickler, noch der Verein, noch sonst jemand kann mir wirklich auf meine Fragen antworten.
Das ist leider sehr schade, wenn man nur nachträglich tätig wird. Ich kenne den Tatbestand, also möchte ich gerne eine pschologisch- methodisch richtige Antwort.
Und noch zum Thema Mut:
Meinen Mut sollten Sie erst mal haben, .... ........!
Ein Nichtpädagoge macht Pädagogen Vorschläge, wie der Unterricht zu verlaufen hat.
Schuster bleib bei Deinen Leisten!
und:
Plus scire satius est quam loqui. Plautus, Epidicus 60.
Sorry, meine Herren, aber das ging doch zu weit.
eingetragen von Walter Lachenmann am 20.05.2002 um 23.10
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
Wir leben an der Front, an der man die neue Rechtschreibung lehren muss. Ob man nun will oder nicht, es ist unser Alltag. Ob wir ihn gut heißen oder nicht, es ist tatsächlich unser Alltag. Das hat nichts damit zu tun, was ich privat und privat-dienstlich lese. Ich lehre und lese in neuer Rechtschreibung, weil es so verlangt ist.
Was soll man dazu sagen! Was Frau Menges schreibt, klingt richtig resigniert. Sie hat längst erkannt, daß auf der Seite der Reformgegner die klügeren Leute sind, die von vorn bis hinten recht haben, und wie gerne stünde sie ohne wenn und aber auf deren Seite. Und sie hat es ja auch nicht leicht, sie „muss“ die neue Rechtschreibung lehren, ob sie will oder nicht. Und das fällt ihr natürlich leichter, wenn sie es will, und so greift sie eifrig auch nach den fadenscheinigsten, ja eigentlich so recht ihre individuelle Würde als selbständig denkender Mensch in Frage stellenden Vorwänden, der Sache doch noch so etwas wie einen Sinn abzugewinnen.
Man kann Frau Menges nur Mut zusprechen, wie im Schillerschen Drama bei dem Abwägen zwischen Liebe und Pflicht klug zu entscheiden: Liebe zur Erkenntnis contra Pflicht gegenüber dem Dienstherrn. Etwas Schlechtes machen „müssen“, weil der Dienstherr es befiehlt, ist ein schlimmes Dilemma, aber vielleicht kann man dies wissentlich und deshalb mit Schadensbegrenzung machen. Den Kindern mit auf den Weg geben, daß diese Rechtschreibung nur eine zeitgebundene Erscheinung ist, die in der Wirklichkeit nicht überall gleich anzutreffen ist und auch so nicht bleiben wird, die sie aber leider jetzt so lernen müssen.
Natürlich ist das sehr schwierig und kann nicht der Hauptgegenstand des Unterrichts sein. Aber so könnte ein realistisches, positives Lernen von Autoritätskritik und Lebensnähe angebahnt werden. Ihre persönliche Autorität als Erzieherin würde bei den Kindern gewinnen dadurch, daß sie sie lehrt, falschen Autoritäten zu mißtrauen. Oder sie könnte diese Thematik zum Anlaß nehmen, den Kindern das Bewußtsein beizubringen, daß vieles, was sie lernen, keine ewigen Wahrheiten sind, sondern in erster Linie Lernstoff zur Erreichung von Lernzielen ist. Und vielleicht gelingt es ihr dann, darüber hinaus den Kindern das Wichtigste zu vermitteln, nämlich daß es auch so etwas wie ewige Wahrheiten gibt, und welcher Art diese sein mögen. So hätte die Problematik des derzeitigen Unterrichtsstoffes vielleicht sogar eine sinnvolle Komponente.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Christian Melsa am 20.05.2002 um 21.33
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges:
Wir leben an der Front, an der man die neue Rechtschreibung lehren muss. Ob man nun will oder nicht, es ist unser Alltag. Ob wir ihn gut heißen oder nicht, es ist tatsächlich unser Alltag. Das hat nichts damit zu tun, was ich privat und privat-dienstlich lese. Ich lehre und lese in neuer Rechtschreibung, weil es so verlangt ist.
...
Sie als Professor schreiben, wie sie wollen und was sie wollen. Ich habe damit kein Problem, nicht dass Sie dieses vermuten, sondern wir schreiben in neuer Rechtschreibung. Wir lehren in neuer Rechtschreibung. Wir haben die Anweisung dazu. Sie arbeiten in der Universität außerhalb dieser Beschlüsse. Unsere Rechte sind anders. Abgesehen davon gibt es natürlich auch ein paar Wörter, die ich so schreiben mag.
Also ich bin kein Professor und schreibe auch, wie ich will und was ich will. Auch für Sie, Frau Menges, gilt die Anweisung doch nur bezüglich Ihrer beruflichen Arbeit. Außerhalb des Klassenzimmers dürfen auch Sie lesen und schreiben, wie und was Sie wollen. Wäre ja noch schöner. Aber auch hier in diesem Forum schreiben Sie sogar "gut heißen". Wieso? Sie sind doch keine Sklavin!
Daß bestimmte Dinge in Ihrem Beruf von Ihrem Dienstherr so oder so verlangt sind, mag ja sein. Aber wenn von einem etwas verlangt wird, das man für nicht in Ordnung, ja geradezu kontraproduktiv hält, dann ist doch genau das ein Anlaß zum Protest. Protest ohne ein Objekt, auf das er sich richtet, gibt es nicht. Wenn man Protest unterläßt, weil sein Objekt vorhanden ist, dann hat man Protest komplett aus seinem Arsenal gestrichen und läßt sich anscheinend alles gefallen.
Ickler: Man kann - um dies noch einmal zu sagen - jetzt nicht einfach so tun, als sei das Ganze nur ein Versuch, an dem die Leute teilnehmen können oder auch nicht.
Menges: Eben- wir müssen dabei teilnehmen.
Als viellesender Mensch bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als sich lesend auch mal der reformierten Rechtschreibung auszusetzen. Beim privaten Schreiben ist niemand gezwungen, den Unsinn mitzumachen. Man kann z.B. auch bei einem Autohersteller arbeiten, aber trotzdem kein Auto besitzen und mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Dabei wird man die vielen Autos auf der Straße aber zunächst hinnehmen müssen. Trotzdem kann man gegen sie protestieren. Wenn man Gesundheit, Umwelt, Unfallrisiken und den Verbrauch von Energieressourcen bedenkt, wäre es zwar besser, wenn (zumindest in einer geschlossenen Ortschaft) alle statt Pkw Fahrrad (oder Bus/Bahn) fahren würden, aber dafür scheint es derzeit noch keine Mehrheit zu geben. Bezüglich der Rechtschreibreform sind Mehrheit und Vernunft sogar schon auf der gleichen Seite.
...Das haben wir in der Tat- ein Durcheinander allerseits. Es wird uns in jedem Falle eine lange Zeit in der Schule begleiten. Das "Vorher" wäre wichtig gewesen.
Warum hat sich alles erst hernach herausgebildet ?
Warum haben Sie hernach Ihr Wörterbuch entwickelt?
Da muß man bedenken: Das Durcheinander gibt es erst seit der Reform wieder in dem Maße. Die Nachteile der alten Dudennorm waren zudem nicht im entferntesten so groß wie die, die nun durch die Reform entstanden sind.
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.05.2002 um 19.32
Die Diskussion dauert schon lange, lange...
auf
http://www.spiegel.de
Forum
Kultur
Die neue Rechtschreibung...
eingetragen von J.-M. Wagner am 20.05.2002 um 17.32
Zitat:Entschuldigen Sie bitte: Von woher haben Sie diesen Gedankengang wieder aufgegriffen bzw. übertragen? Ich bin leider mit der Suchfunktion nicht fündig geworden, was einen entsprechenden Eintrag Herrn Icklers betrifft, möchte aber gern zurückverfolgen, worum es hierbei bislang ging.
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
>Frau Menges irrt ....
Gut, Herr Ickler, es geht in kleinen Schritten zurück. (...)
__________________
Jan-Martin Wagner
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.05.2002 um 12.22
>Ich weiß nicht, ob Sie dasselbe meinen wie ich, wenn sie von der bisherigen Rechtschreibung ...
Wir leben an der Front, an der man die neue Rechtschreibung lehren muss. Ob man nun will oder nicht, es ist unser Alltag. Ob wir ihn gut heißen oder nicht, es ist tatsächlich unser Alltag. Das hat nichts damit zu tun, was ich privat und privat-dienstlich lese. Ich lehre und lese in neuer Rechtschreibung, weil es so verlangt ist.
>Bei aller verständlichen Neigung zur Verharmlosung des angerichteten Schadens: eine staatliche verordnete Reform ist keine Kleinigkeit...
Sie als Professor schreiben, wie sie wollen und was sie wollen. Ich habe damit kein Problem, nicht dass Sie dieses vermuten, sondern wir schreiben in neuer Rechtschreibung. Wir lehren in neuer Rechtschreibung. Wir haben die Anweisung dazu. Sie arbeiten in der Universität außerhalb dieser Beschlüsse. Unsere Rechte sind anders. Abgesehen davon gibt es natürlich auch ein paar Wörter, die ich so schreiben mag.
>Und nie aus den Augen verlieren: Die Reformer bilden ...
Ist bekannt!
>Mit von der Partie sind die Verlage...
Ebenfalls bekannt!
>Man kann - um dies noch einmal zu sagen - jetzt nicht einfach so tun, als sei das Ganze nur ein Versuch, an dem die Leute teilnehmen können oder auch nicht.
Eben- wir müssen dabei teilnehmen.
>Dazu sind die tatsächlichen Zwänge zu eindeutig.
Ja!
>Diese Reform ist ....
>Wir hatten eine leserfreundliche Qualitätsorthographie ...
Das haben wir in der Tat- ein Durcheinander allerseits. Es wird uns in jedem Falle eine lange Zeit in der Schule begleiten. Das "Vorher" wäre wichtig gewesen.
Warum hat sich alles erst hernach herausgebildet ?
Warum haben Sie hernach Ihr Wörterbuch entwickelt?
Durchaus sachlich und nachdenklich
RenateMariaMenges
eingetragen von Theodor Ickler am 20.05.2002 um 08.10
Ich weiß nicht, ob Sie dasselbe meinen wie ich, wenn sie von der bisherigen Rechtschreibung reden. Ich beziehe mich damit auf die bisherige Praxis in den gepflegteren Texten, nicht auf die Duden-Norm. Um letztere kümmere ich mich nicht, die erstere scheint mir aus vielen Gründen wesentlich besser als das, was jetzt "zum Alltag gehört". Zum Alltag gehört ja vieles, was wir mit Mißfallen sehen, Hundehaufen auf dem Gehsteig usw. - das ist also kein Argument.
Bei aller verständlichen Neigung zur Verharmlosung des angerichteten Schadens: eine staatliche verordnete Reform ist keine Kleinigkeit, schon wegen der ungeheuren Folgekosten (nicht nur im finanziellen Sinne, obwohl der auch nicht gering zu veranschlagen ist). Und dann mal eben wieder ändern und alle paar Monate dies und das reparieren, weil eh alles nicht so heiß gegessen wird usw. - das gefällt mir nicht.
Und nie aus den Augen verlieren: Die Reformer bilden eine winzige Gruppe, die in durchaus konspirativ zu nennender Weise zusammenhockt und "Strategien" zur "Durchsetzung" der Reform gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit ersinnt.
Mit von der Partie sind die Verlage, mit denen die meisten Reformer private geschäftliche Beziehungen haben.
Man kann - um dies noch einmal zu sagen - jetzt nicht einfach so tun, als sei das Ganze nur ein Versuch, an dem die Leute teilnehmen können oder auch nicht. Dazu sind die tatsächlichen Zwänge zu eindeutig. Diese Reform ist ein undemokratischer Anschlag, ein Versuch, etwas völlig Unausgegorenes mit staatlichen Zwangsmitteln durchzusetzen und Geld daraus zu schlagen. Wir hatten eine leserfreundliche Qualitätsorthographie und haben jetzt ein Durcheinander, Minderwertiges auf jeder gedruckten Seite. Das ist keine Polemik, es ist die beweisbare und bewiesene Wahrheit.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.05.2002 um 07.31
>Frau Menges irrt ....
Gut, Herr Ickler, es geht in kleinen Schritten zurück. Die feststehenden Begriffe schreibt doch sowieso jeder wie er sie kennt, z.B. Rotes Kreuz etc. Ich meine aber, dass es Ihr langer Weg durch die Instanzen ist, denn Sie zu gehen versuchen und die Lösung in kleinen Schritten suchen sowie das Falsche eliminieren wollen. Das ist ja mehr als richtig. Aber die große Sache " Zurück zur alten Rechschreibung" wird hoffentlich nicht passieren und ist ja auch nicht gewollt. Es gibt immer noch Leute, die diese Neue Rechtschreibung in Anteilen gut finden und sie gehört nun schon zum Alltag. Die "ss"- und die Getrenntschreibung sind zum Beispiel oft angebracht. Hier könnte es aber nicht schaden, diese nochmals zu revidieren und auszurichten. Mit keinem Deut verändert, meinte ich vor allem, dass sich die Positionen der Anhänger der neuen und der alten Rechtschreibung wirklich kaum verändert haben, trotzdem sich deutlich ein Trend zur Mitte ergibt. Die wirklichen schlimmen Vorwürfe der Vergangenheit gehören nun schon nicht mehr auf das Programm, die Argumente sind ausgetauscht, Versuche zur Verbesserung der Situation werden unternommen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.12.2001 um 15.03
Frieden ( zum Jahresende 2001)
Friede Wohlstand Ärger Krieg
Wörter in unserem beginnenden Jahrhundert
Zwei passen nicht in
unser Land
unsere Zeit
unser Wissen
unsere Kenntnisse.
Und doch gibt es sie immer wieder.
Stehen wir auf und
proben den Aufstand
für unsere Welt,
für unser Wohlergehen,
für Diplomatie und
für Frieden.
Nicht den Terror,
nicht den Krieg,
sondern Frieden
braucht unsere zivilisierte Welt.
Nicht den Ärger,
nicht den Kleinkrieg,
sondern Verstehen
braucht unser modernes Land.
Frieden auf unserem Planeten,
nichts Größeres könnt es geben.
Renate Maria Menges am 23. Dezember 2001
Trotz der Rechtschreibreform und deren Gegnern und Befürwortern oder gerade deswegen
friedliche Grüße
eingetragen von Reinhard Markner am 25.10.2001 um 11.30
Zitat:?!
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
[pla:tsi:r(e)n] . . .
Diese Variante ist in den mir bekannten Nachschlagewerken nirgendwo aufgeführt, ganz davon abgesehen, dass sie gegen die Regel verstößt, wonach Langvokale vor unbetonten Silben im Normalfall kurz sind. Vergleichen Sie nur einmal die unterschiedlichen Längen von /a/ 'Plaza' und 'plazieren'.
Betont wird das Wort ja wohl allgemein auf dem i, also sehe ich nicht ganz, worauf die Argumentation hinauslaufen soll. Aber ist eigentlich auch egal, es gab und gibt jedenfalls mehrere übliche Aussprachen des Wortes, und eine soll nun amtlicherseits vorgeschrieben werden.
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.10.2001 um 04.32
Natürlich muss ich darüber lachen, aber alles kann man wirklich nicht wissen, Herr Prof. Dr. Dipl. Ing. an der Uni Aachen. Lieber Richard Dronskowski, ich habe Sie als Student eingeschätzt, nehmen Sie es bitte humorvoll als Kompliment an. Übrigens gehen meine 3 Kinder, Tochter und Söhne alle in die technische Richtung. Inwieweit dort die Rechtschreibung tatsächlich eine große Rolle spielt, weiß ich auch nicht.
Lieber Christian Melsa,
nicht jeder und vor allem meine Jugendlichen haben wenig Lust auch noch zu Hause über das leidige Thema der Rechtschreibung zu sprechen. Es reicht der Stoff, vor allem von der technischen Seite. Wenn Sie sich auch noch im muttersprachlichen Unterricht, der nicht gerade beliebt ist auch noch mit solchen Problemen befassen müssten, würden Sie sich wahrscheinlich mokieren. Aber das nur nebenbei, als erfahrene Mutter darf man hier auch mal dieses Thema ansprechen.
eingetragen von Elke Philburn am 24.10.2001 um 23.31
Zu Herrn Lachenmann:
Sie haben schon recht. Die Widersprüchlichkeit, die wir als Muttersprachler sehen, wird allerdings von den Studenten gewöhnlich nicht wahrgenommen. Die nehmen die Fremdsprache zunächst mal so hin, wie sie ist, ohne die Rechtschreibung in Frage zu stellen. Bei britischen Studenten spielt zudem eine Rolle, dass die englische Orthographie weitaus chaotischer ist als die deutsche, die als geradezu hilfreich empfunden wird.
Zitat:
[pla:tsi:r(e)n] ist keine »fremdsprachige Aussprache«.
Diese Variante ist in den mir bekannten Nachschlagewerken nirgendwo aufgeführt, ganz davon abgesehen, dass sie gegen die Regel verstößt, wonach Langvokale vor unbetonten Silben im Normalfall kurz sind. Vergleichen Sie nur einmal die unterschiedlichen Längen von /a/ 'Plaza' und 'plazieren'.
Zu Renate Maria Menges:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Arbeiten von Studenten schlechter benotet werden sollten, wenn sie in Neuschreib abgefasst sind. Die Profs sind doch auch nicht weniger von der Verwirrung betroffen. Insofern sehe ich die Lage der Studenten nicht so dramatisch.
eingetragen von Christian Melsa am 24.10.2001 um 22.55
Auch diese Generation hat die Fähigkeit, umzulernen. Sobald jemandem all das bekannt wird, was an Information über die Reform meist in der Öffentlichkeit unterdrückt wird, kommt man nach und nach dahinter, daß die "alte" Rechtschreibung tatsächlich die bessere ist. Sie ist sinnvoller, einfacher und steht in der Kontinuität der Sprachentwicklung. Das Verwenden der neuen Rechtschreibung drückt zudem eine gewisse Anerkennung undemokratischer Abläufe aus, ein Hinnehmen von Mißständen, sobald sie nur erst einmal wirklich über uns hereingebrochen sind - nach dem Motto: Jetzt sind sie halt da, muß man eben schauen, wie man sich mit ihnen arrangiert. Das müssen die Vertreter der durch die Reform zuvörderst verwirrten Generation (die gegenwärtigen Schüler) natürlich erst einmal alles erkennen, die gewöhnlichen Erwachsenen wissen ja auch nicht alle besonders viel über die Hintergründe. Wenn die entscheidenden Informationen aber erst einmal an offene, vernünftige, nachdenkende Menschen gelangen, werden diese Menschen sehr bald einsehen, warum für ein Abschütteln der Reformschreibe gute Gründe existieren.
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.10.2001 um 20.17
Ich glaube aber, dass engagierte Studenten wie Richard Dronskowski noch nicht in den wahren Genuss der neuen Regeln gekommen sind. Ich berichte aus Erfahrungswerten: Meine eigenen Kinder sind zweischriftlich aufgewachsen, sie sind also erheblich jünger als Richard Dronskowski. Sie kommen jetzt in die Richtung weiterführende Schulen wie Fachoberschule, machen gerade Abschlüsse und dergleichen. Die Deutschlehrer der weiterführenden Schulen sprechen von einem ungeheuerlichen Chaos in der Rechtschreibung. Meine Kinder haben also die letzten 5 Jahre die neue, zuerst aber die alte Rechtschreibung genossen. Wenn sie studieren kommen sie nun an Universitäten, die die neuen Regeln nicht mittragen. Wie bitte, meine Damen und Herren der Universitäten wollen sie diesem Dilemna tatsächlich begegnen. Die Schüler, später Studenten können ja nun wirklich nichts dafür. Also ein weiterer Grund zu sagen, dass die Reform auf dem Rücken der Schüler und der jungen Studenten ausgetragen wird. Herr Dronskowski kommt aus einer anderen Generation und ist geschätzt 8 - 10 Jahre älter als meine Kinder. Natürlich werden sich diese jungen Erwachsenen entsprechend verteidigen können, dies zu bezweifeln wäre nicht richtig. Die Jetzt- Zeiten sind Übergangszeiten. Die nachwachsenden Generationen aber lernen und lernten die neue Rechtschreibung und damit leben und schreiben sie eben.
eingetragen von Richard Dronskowski am 24.10.2001 um 17.13
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
Die Motivation von Studenten oder Schülern ist vermutlich am besten zu fördern, wenn man ihnen zu verstehen gibt, daß man sie ernst nimmt und ihnen Vernunft, Intelligenz und Kritikfähigkeit zutraut.
Das bedeutet, daß man ihnen komplexe Situationen so vermittelt, wie sie es sind. Daß die deutsche Rechtschreibung durch die Reform in ein Chaos gestürzt wurde, sollte man also unverblümt sagen, denn das ist die Wahrheit.
Die meisten Studenten wissen natürlich schon längst, daß die "Reform" ein Chaos hervorgerufen hat, ziehen aber sehr unterschiedliche Konsequenzen daraus. Ein besonders positives Beispiel gibt die Fachschaft für Maschinenbau der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen ab, deren Erstsemesterbroschüre in tadelloser Orthographie abgefaßt ist; die engagierten Studenten haben auch das VRS-Flugblatt vorrätig und streuen die Information weiter; gelebte Demokratie. Im übrigen wurde diese Fachschaft vor wenigen Tagen mit dem sehr hoch anzusiedelnden Lehrpreis der RWTH ausgezeichnet, da sie sich schon über viele Jahre in vorbildlicher Weise für studentische Belange einsetzt, und dies auch in bester Kooperation mit den Professoren.
Nach meiner Erfahrung begegnet die Mehrzahl der Studierenden der kultuspolitischen Leistungselite mit blanker Verachtung; es ist genau diese junge Generation, die weiß, daß beispielsweise in manchen Schulen die Lehrer ihr eigenes Kopierpapier mitbringen müssen bzw. in zahlreichen Universitätsinstituten der Putz von der Decke fällt. Dieser Generation fallen zum Weizsäckerschen Zitat von der simultanen "Machtversessenheit und Machtvergessenheit" genügend Beispiele ein. Wer bei der gegenwärtigen Situation von Schulen und Hochschulen ernsthaft auf die Idee kommen kann, Schreibungen wie "selbstständig" oder "platzieren" oder ähnlichen Quark sozusagen per Erlaß und unter dem Deckmäntelchen einer "Reform" vorzuschreiben, muß unter furchtbarem Realitätsverlust leiden.
eingetragen von Thomas Paulwitz am 24.10.2001 um 13.41
Bevor ich etwas "platzieren" schreibe, schreibe ich lieber etwas "plätzen". Das ergibt besseren Sinn.
Muß man nach den neuen Regeln eigentlich auch "Plautze" schreiben? (etwa: "hautze auf de Plautze")
__________________
Thomas Paulwitz
http://www.deutsche-sprachwelt.de
eingetragen von Theodor Ickler am 24.10.2001 um 13.29
An der obligatorischen Ersetzung von placieren und plazieren durch platzieren ist nicht zu rütteln. Der Grund ist die vermutete volksetymologische Herleitung beider von "Platz".
Sehr lustig ist das Verfahren der Duden-Redaktion. Zuerst hat sie treu und brav angegeben, placieren und plazieren seien "frühere Schreibungen" für platzieren. In der Neubearbeitung vom August 2000 heißt es bei plazieren "alte Schreibung" und unter placieren "älter für" platzieren. Was mag das für die Gültigkeit bedeuten? Ich finde keine Erklärung.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 24.10.2001 um 11.10
Zitat:1) Sehe ich anders.
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Richtig. Kurzvokal ist die geläufigere Variante.
Was natürlich nicht gegen die fremdsprachige Aussprache des sprachkundigen Sprechers spricht.
2) [pla:tsi:r(e)n] ist keine »fremdsprachige Aussprache«.
Zitat:Mal abgesehen davon, daß mir die Vorgaben von Herrn Heller und seinen Spießgesellen ohnehin schnuppe sind, gilt es immer auch das Wörterverzeichnis zu berücksichtigen. Wir haben diese Frage an dieser Stelle schon verschiedentlich behandelt, da waren Sie allerdings noch nicht dabei. Herr Ickler geht richtigerweise davon aus, daß man von der Bestandsaufnahme der Schreibung der einzelnen Wörter erst zur Formulierung generalisierender Regeln gelangen könne. Die Reformer sehen das zum Teil anders, was aber nichts daran ändert, daß auch die Vorgaben durch das amtliche Wörterverzeichnis Teil der Reform sind.
Also, Herr Markner, in der Online-Version des Regelwerks von Klaus Heller gibt es keinen Passus, der Ihnen 'placieren' verbieten würde. Sie dürfen das Wort also weiterhin schreiben und aussprechen, wie ihnen der Wachs geschnabelt ist.
eingetragen von Walter Lachenmann am 24.10.2001 um 08.08
Die Motivation von Studenten oder Schülern ist vermutlich am besten zu fördern, wenn man ihnen zu verstehen gibt, daß man sie ernst nimmt und ihnen Vernunft, Intelligenz und Kritikfähigkeit zutraut.
Das bedeutet, daß man ihnen komplexe Situationen so vermittelt, wie sie es sind. Daß die deutsche Rechtschreibung durch die Reform in ein Chaos gestürzt wurde, sollte man also unverblümt sagen, denn das ist die Wahrheit.
Frustration und Demotivation fördert man als Lehrer sicherlich dadurch, daß man Inhalte vermittelt, von deren Richtigkeit und Sinn man selbst nicht überzeugt ist. Die Widersprüchlichkeiten finden die Studenten/Schüler ja doch sehr bald selber heraus, und der Unterrichtende, der dies ohne Vorbehalte gelehrt hat, verliert seine Glaubwürdigkeit und seine Autorität.
Es gibt doch trotz Rechtschreibreform eine ganze Menge Gründe, weshalb es für einen ausländischen Studenten von Reiz und Interesse sein kann, die deutsche Sprache zu lernen. Oder für einen deutschen Schüler die beste Orthographie.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 24.10.2001 um 03.27
Eine Frage an Frau Philburn: Wer hat Sie darauf verpflichtet, die Reformorthographie zu unterrichten? Ich habe ja schon erwähnt, daß der DAAD soeben ein Büchlein in der bewährten Rechtschreibung veröffentlicht hat, was immerhin ganz interessant ist, denn ohne Absicht geschieht so etwas nicht. Die Kultusminister haben keine "Regelungsgewalt" (Duden-Broschüre) über Lektoren an ausländischen Universitäten. Was weiß man dort überhaupt über die RSR? Weiß man zum Beispiel von der laufenden Revision?
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 23.10.2001 um 22.35
Zu Herrn Lachenmann:
Leider kann ich mir nicht aussuchen, was ich den Leuten als die geltende Norm vermittle. Zwar kann ich ihnen erzählen, dass das, was von Ihnen in den Prüfungen erwartet wird, möglicherweise nicht von Dauer ist und dass überhaupt in der deutschen Rechtschreibung momentan Chaos herrscht. Ich kann auch über die Reform wettern, nur wird das den Enthusiasmus für die deutsche Sprache, sofern er denn vorhanden ist, kaum erhöhen. Im Gegenteil.
Ich laufe dabei Gefahr, mein eigenes Unterrichtsfach zu diskreditieren und die Studenten zu verunsichern, das ist das Problem. Der Schüler oder Student geht nämlich davon aus, dass er seine Mühe in etwas investiert, auf das er stolz sein darf und das allgemein anerkannt ist. Und dass die Prüfung an einem Bildungsinstitut eben keinen Unsinn abprüft, sondern etwas, für das sich der Arbeitseinsatz lohnt.
Wie ich schon früher angedeutet habe, sehe ich die Schwierigkeit nicht darin, dass man nach dem neuen Regelwerk schreibt, sondern darin, dass es schwierig ist, sich auf die neuen Regeln umzustellen und sie entsprechend zu vermitteln.
Im Übrigen schrecke ich nicht davor zurück, Studenten darauf hinzuweisen, wenn in einem Lehrbuch Unsinn steht. Auch das kommt vor. Ich glaube nur, wenn es die Substanz des Unterrichtsfaches betrifft, muss man vorsichtig sein, inwiefern die Vermittlung negativer Sichtweisen kontraproduktiv wirken kann.
eingetragen von Elke Philburn am 23.10.2001 um 21.54
Zitat:
Reinhard Markner:
Zu 1 : Es ist auch ein Unterschied, ob man das a lang oder kurz spricht.
Richtig. Kurzvokal ist die geläufigere Variante.
Was natürlich nicht gegen die fremdsprachige Aussprache des sprachkundigen Sprechers spricht. Immerhin zeigt der gebüldete Mensch, dass er nicht so dumm ist, 'platzieren' auf 'Platz' zurückzuführen.
Zitat:
Zu 2 : Nein, nicht alle Eindeutschungen sind fakultativ. (Was natürlich für Beflissene ein ständiges Nachschlagen nötig macht, sofern der Konverter nicht alles erledigt.)
Also, Herr Markner, in der Online-Version des Regelwerks von Klaus Heller gibt es keinen Passus, der Ihnen 'placieren' verbieten würde. Sie dürfen das Wort also weiterhin schreiben und aussprechen, wie ihnen der Wachs geschnabelt ist.![]()
eingetragen von Walter Lachenmann am 23.10.2001 um 20.04
Sowohl an Frau RenateMariaMenges (jetzt weiß ich es wieder) als auch an Frau Elke Philburn möchte ich die Frage richten, warum sie sich - ohne Aussicht auf Erfolg - darum bemühen, ihren Schülern von der deutschen Sprache bzw. ihrer Schreibung eine Art »Planungszustand« zu vermitteln und nicht das einzig Verantwortbare tun, nämlich sie so zu vermitteln, wie man sie als Istzustand in der Literatur aber auch in der Schreibpraxis der vergangenen gut 100 Jahre vorfindet. Was aufgrund der neuen Regeln inzwischen ebenfalls zum Istzustand gehört, sind doch nichts anderes als völlig unregelmäßige, oft grammatikalisch falsche Varianten, die aber in kein lernbares Gesamtregelwerk gehören und sicherlich keinen Bestand haben werden.
Irgendwie erinnert das an theologische Lehrplanungen. Da soll sich Gottes schöne und unübersehbare Wirklichkeit auch immer wieder den theologischen Planungen und Strategien beugen. Daß das nicht funktioniert bei allen dadurch entstehenden Absurditäten, das stört die Lehrprogramme und ihre Künder nicht. So steht's im Katechismus, so »müssen« wir es lehren, ob wir selbst es richtig finden oder nicht (darüber machen sich viele schon gar keine eigenen Gedanken mehr), die Behörde verlangt es, sei es die kirchliche oder - in Ihrem Falle - die schulische.
Bringt den Leuten doch bei, was Eurer eigenen Erkenntnis entspringt! Sagt ihnen: Für die Prüfungen müßt Ihr es so machen, aber richtig ist es so. Dann würden Ihre Schüler nicht allein etwas über Orthographie, sondern auch über die Wahrheit und über selbständiges Denken lernen. Das kann auch sonst eher resignierte Gehirne zu unvermuteten Geistestätigkeiten anspornen. Daß die Dinge nicht ein für allemal festgelegt sind, daß es auf das eigene Denken ankommt, daran glauben doch viele Leute gar nicht mehr. Bringen Sie ihnen das bei, dann üben Sie Ihren Beruf sinnvoll aus.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Elke Philburn am 23.10.2001 um 19.31
Zu Renate Maria Menges:
Habe schon befürchtet, dass die Lehrer da selber einiges durcheinander werfen, was ja nicht verwunderlich ist. Wer hat schon Lust, sich hinzusetzen und Rechtschreibung zu pauken?
Ich habe es selber auch nicht getan, und vertraue darauf, dass ich mir die neue Rechtschreibung so peu a peu aneignen werde. (Da ich Deutsch als Fremdsprache unterrichte, bleibt mir auf die Dauer nichts anderes übrig.)
Das Regelwerk ist für jeden, der nicht damit aufwächst, ausgesprochen lernerunfreundlich, weil es statt weniger Faustregeln eine unübersichtliche Sammlung von teils fakulativen, teils obligatorischen Regeln oder Änderungen enthält, deren Auswahl z. T. willkürlich ist und sich nicht auf ein zugrundeliegendes Prinzip zurückführen lässt.
Das ist auch der Grund, warum ich meine, dass die Leute (insbesondere Lehrer) mit dem Umlernen von heute auf morgen schlichtweg überfordert sind. Dass die Medien die neuen Regeln nur teilweise oder sogar falsch umsetzen, ist ebenso verständlich, macht die Sache aber auch nicht leichter.
eingetragen von Theodor Ickler am 23.10.2001 um 15.37
Es gibt ein Dokument - leider kann ich es gerade nicht finden -, worin die Kultusminister festlegen, daß alle Wörterbücher zugelassen sind, wenn die Verlage sich auf die amtliche Neuregelung berufen. Es genügt also diese bloße Behauptung. Auf eine inhaltliche Prüfung der neuen Wörterbücher haben sich die Kultusminister nicht eingelassen - im Gegensatz zur sonstigen Praxis der Schulbuchbegutachtung und -zulassung.
Es gibt ferner Erlasse einzelner Kultusminister, wonach bei Abweichungen stets zugunsten des Schülers zu entscheiden sei (solche Erlasse habe ich andernorts zitiert), woraus folgt, daß alle Rechtschreibungen, die es seit 1996 gibt, nebeneinander gültig sind. Da zwischen Bertelsmann 1996 und Bertelsmann 1999 ein himmelweiter Unterschied besteht und ebenso zwischen anderen Wörterbüchern, kann man von einem riesigen Durcheinander sprechen. Die ungemein einflußreichen Zeitungen gehen derweil ihre eigenen Wege.
Ich bitte ernstlich, diese Tatsachen stets im Auge zu behalten und nicht leichthin von "der" Neuregelung zu sprechen.
Die Kultusminister retten sich, wenn überhaupt, meistens durch die starrköpfig vertretene These, die Unterschiede existierten entweder nicht (wobei sie sich auf den längst entlarvten Humbug der "Untersuchung" von Güthert/Heller stützen), oder es handele sich um ganz natürliche Interpretationsunterschiede ohne Bedeutung.
Wenn man sich die ganze Verlogenheit der Reformerseite geballt vor Augen führen will, muß man auf der Internetseite des IDS (www.ids-mannheim.de) die Rechtschreibrubrik aufschlagen. Das ist unter dem Dach einer wissenschaftlichen Institution wirklich einzigartig.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 23.10.2001 um 15.20
Ich habe sofort nach der LMU geschaut ( für Berliner: die Münchner Universität) und tatsächlich die alte Rechtschreibung in "frauen studien" Sommersemester 2001 vorgefunden. Aber ich werde weiter forschen.
Nun zu den Lehrplänen: An jeder Schule gibt es offizielle und heimliche Lehrpläne. Ein offizieller Lehrplan sieht Regeln in der Rechtschreibung vor. Es besteht ja die Anweisung in neuer Rechtschreibung. Dann gibt es den heimlichen Lehrplan, der in diesem Falle der neuen Regeln auch den Griff nach dem Duden bedeutet. Es erleichtert den Umgang mit der sowieso schwierigen Materie.
Ich selbst habe bei der Auswahl schon zweimal den Ickler ergriffen, aber es ging nur um Wörter. Andere dagegen sagen wiederum, dass das keinen Wert hätte, denn dieses Wörterbuch entspräche ja nicht den Schulrichtlinien.
Summa summarum bleibe ich auf alle Fälle bei meiner These,
dass eine Genehmigung sein muss, um hier Fuß fassen zu können. Wie dies auch immer geschieht sei zu diskutieren.
Trotz allem ist die Diskussion um die Schulen schon nachhaltig, denn die jungen Leute werden alle später in einem neuen Schrieb schreiben. Es ist kein Zurück mehr möglich, vielleicht eine gravierende Verbesserung der jetztigen Situation, aber mehr nicht. Die falschen Regeln allerdings sollten bald der Vergangenheit angehören.
Und es stehen die Duden und Bertelsmänner nun einmal in den
Zimmern herum, wie alt die Ausgaben sind interessiert nicht, Hauptsache es steht: "In neuer Rechtschreibung".
Apropos habe mit einem Gymnasium in NRW "gemailt". Auch sie schreiben natürlich in neuer Rechtschreibung nach dem Duden oder nach den KMK- Bestimmungen. Natürlich - jede Schule hat sich selbstverständlich angeschlossen.
eingetragen von Reinhard Markner am 22.10.2001 um 23.57
Zitat:Zu 1 : Es ist auch ein Unterschied, ob man das a lang oder kurz spricht.
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Zitat:
Da haben Sie recht. Allerdings dürfte die an das Französische angelehnte Aussprachevariante schon durch 'plazieren' ins Abseits gedrängt worden sein.
(Ich mutmaße mal, dass 'placieren' auch weiterhin nicht als falsch gelten wird. Ähnlich wie bei den übrigen Eindeutschungen.)
Zu 2 : Nein, nicht alle Eindeutschungen sind fakultativ. (Was natürlich für Beflissene ein ständiges Nachschlagen nötig macht, sofern der Konverter nicht alles erledigt.)
eingetragen von Elke Philburn am 22.10.2001 um 21.01
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Alle Lehrer müssen nach den neuen Regeln die Zeugnisse ausformulieren. Alles andere ist reine Ideologie, nichts anderes.
Frau Menges, sind Sie denn trittsicher, was die neuen Regeln betrifft? Oder mutmaßen Sie auch ab und an mal?
eingetragen von Theodor Ickler am 22.10.2001 um 19.00
Zu Frau Philburn: Daß erst die Schrift zur Unterscheidung von Beere und Bären geführt habe, wird schon lange behauptet, u. a. von Wolfgang Fleischer. Ich weiß aber nicht, ob es stimmt.
Zu Frau Menges: An den Schulen wird nicht die neue Rechtschreibung unterrichtet, und die Schulbücher sind nicht nach der neuen Rechtschreibung verfaßt. Nur dem Anschein nach ist das so. Das Schulministerium legt Wert auf die Befolgung des ss, alles andere ist ihm wurscht. Es herrscht ein Durcheinander wie seit zweihundert Jahren nicht mehr. Daß die Reform unterderhand korrigiert worden ist, haben die Offiziellen noch nicht zur Kenntnis genommen. Sie halten sich an kurze Aufbereitungen, oft nur Faltblättchen der GEW.
Allein die erste Auflage des Bertelsmann-Wörterbuchs enthält neben den monströsen Fehlern im Regelteil rund 500 schwere Fehler im Wörterverzeichnis, die alle in der zweiten Auflage korrigiert sind. (Meine Liste folgt demnächst.) Aber all diese miserablen Bücher stehen in den Lehrerzimmern und anderswo und sind "gültig"!
Gerade stelle ich fest, daß der Personalrat der Uni Erlangen zur bewährten Rechtschreibung zurückgekehrt ist. Seine Texte sind fehlerfrei. Hingegen wimmelt der umgestellte "Unikurier" (die Leiterin der Pressestelle ist zugleich engagierte Stadträtin der SPD) weiterhin von orthographischen Fehlern - eine sehr bedenkliche Visitenkarte dieser Hochschule!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 22.10.2001 um 18.48
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Die neue Schreibweise »Platzierung« z. B. privilegiert eine ganz bestimmte Aussprachvariante unter mehreren.
Da haben Sie recht. Allerdings dürfte die an das Französische angelehnte Aussprachevariante schon durch 'plazieren' ins Abseits gedrängt worden sein.
(Ich mutmaße mal, dass 'placieren' auch weiterhin nicht als falsch gelten wird. Ähnlich wie bei den übrigen Eindeutschungen.)
eingetragen von RenateMariaMenges am 22.10.2001 um 18.40
In den Schulen wird nicht nach einem Ickler- Wörterbuch unterrichtet, sondern man geht nach den Regeln der neuen
Rechtschreibung vor und derzeit gibt es noch keinerlei andere Anweisungen. Die neuen Schulbücher sind nach diesen
Regeln gedruckt und vorerst steht keine Aussicht auf eine Veränderung an. Mag sein, dass sich dies 2005 ändert, aber der derzeitige Stand ist vorgegeben. Man bedenke nur die Zeugniszeit. Alle Lehrer müssen nach den neuen Regeln die Zeugnisse ausformulieren. Alles andere ist reine Ideologie, nichts anderes. Schriftsteller oder Journalisten mögen sich nicht daran halten, aber bei Kindern und Lehrern ist dies Standard. Dies gilt für alle Schulen und ganz sicher in Bayern- vom Gymnasium über die Fachoberschulen bis zu den Grundschulen und weiteren Schulen.
eingetragen von Reinhard Markner am 22.10.2001 um 11.00
Meine Andeutung bezog sich auf die kürzlich von Herrn Ickler zitierten »Korrekturen«, »a/Abend« betreffend. Es handelt sich ja in Wahrheit nicht darum, daß man endlich herausgefunden hat, daß »Montag Abend« zwei Substantive seien, auch wenn Herr Gallmann das denken mag.
Richtig, die Sprachgeschichte kennt bereits Beispiele des »writing pronunciation«, aber dabei handelt es sich um langfristige Prozesse, nicht um eine plötzliche Umstellung. Die neue Schreibweise »Platzierung« z. B. privilegiert eine ganz bestimmte Aussprachvariante unter mehreren.
eingetragen von Martin Dauth am 22.10.2001 um 10.19
Vielleicht will der Schreiber Sie ganz persönlich betroffen machen?
"Denk mal, geschützten Kirchen droht Verfall!"
Und das vor Ablauf des Verfallsdatums!
eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 22.10.2001 um 07.58
WAZ 23.10.01 Seite Kultur, verantwortlich: Gudrun
Norbisrath, E-mail: kultur@waz.de
Überschrift:
"Denkmal geschützten Kirchen droht Verfall"
"Jede sechste der 750 denkmal geschützten evangelischen
Kirchen ist renovierungsbedürftig (..)"
Das "Denkmal geschützt" ist schon hart, doch
"denkmal geschützt"?
__________________
Ruth Salber-Buchmueller
eingetragen von Elke Philburn am 21.10.2001 um 22.01
Dass es 'die neuen Regeln' im Prinzip gar nicht mehr gibt, spricht natürlich gegen die Reform. Frage ist, ob das an den Regeln liegt oder daran, wie die Reform durchgeführt wurde. Mein Eindruck ist, dass das neue System, wie es ursprünglich vorgesehen war, viel zu komplex ist, um so ohne Weiteres verinnerlicht und umgesetzt zu werden.
Zudem erwecken die Kann-Regeln den Eindruck, die Reform sei doch eher fakulativ zu verstehen. Vielleicht hätte eine Reform nur eines Teilbereiches, meinetwegen der Schreibung, eher Erfolg gehabt. Ich denke dabei an Noah Websters Rechtschreibreform des American English im 19. Jh., der wir jene Wörter zu verdanken haben, durch die sich das American English vom British English unterscheidet ('center' vs. 'centre', 'catalog' vs. 'catalogue' usw.)
@Herr Schäbler:
Ich kann nur für Großbritannien sprechen. Sicher würde kein Mensch hierzulande auf die Idee kommen, es einem Deutschkundigen krummzunehmen, wenn er sich an die alten Regeln hält. Die Briten sind schon im Umgang mit ihrer eigenen Sprache relativ tolerant*, geschweige denn mit fremden Sprachen.
*Müsste man das nicht mit zwei 'l' schreiben (zu 'Tollpatsch' und 'toll'?)
@Herr Markner,
ich kenne nur ganz wenige Beispiele, wo die Sprache durch die Schreibung beeinflusst wurde. (Wenn ich mich recht entsinne, führt Robert Hinderling die phonemische Unterscheidung zwischen langem 'e' und langem 'ä' auf die Schreibung zurück. Die Unterscheidung zwischen 'Beeren' und 'Bären' wäre demnach ursprünglich keine dialektale gewesen, sondern eine durch die Schreibung hervorgerufene. Bin da aber nicht mehr sicher.)
Die Umdeutung der deutschen Grammatik im Duden ist meiner Meinung nach ein anderer Problembereich. An welche grammatischen Bereiche denken Sie dabei?
eingetragen von Reinhard Markner am 21.10.2001 um 20.15
Zitat:Normalerweise schlägt sich ja die Sprachentwicklung in der Orthographie nieder. Tatsächlich gibt es Anzeichen, daß durch die Rechtschreibreform die Richtung umgekehrt wird und man von einem neuartigen »Einfluß« der Orthographie auf die Sprache, d. h. andere Bereiche der Sprache, sprechen kann. Vgl. etwa die Umdeutung der deutschen Grammatik im Duden.
Ursprünglich eingetragen von Elke Philburn
Das sehe ich durchaus nicht so dramatisch. Der Einfluss der Rechtschreibung auf die Sprache insgesamt dürfte äußerst gering sein.
eingetragen von Norbert Schäbler am 21.10.2001 um 19.39
Es gibt sehr wohl Auswirkungen der Reform, die der deutschen Sprache einen gewaltigen Schaden anrichten!
Sie persönlich, liebe Frau Philburn, müßten dies doch in erster Linie bezeugen können. Sind Sie nicht Übersetzerin? Leben Sie nicht als Deutsche im Ausland? (Ich meine, dergleichen gelesen zu haben.)
Drehen wir doch nur einmal die Schraube zurück. Sie sind sprachinteressiert, sprachbegabt.
Sie haben - vorausgesetzt meine oben geäußerte Annahme über Ihre berufliche Tätigkeit stimmt - Ihr Hobby zum Beruf gemacht. Dann hätten Sie sich gleichzeitig zu lebenslangem Lernen bzgl. der Fremdsprache verpflichtet.
Wie aber, liebe Frau Philburn, steht es mit all denjenigen, die auf dem Amateurstatus stehengeblieben sind, die während ihrer Schulzeit oder während eines Auslandsaufenthaltes die deutsche Sprache in Wort und Schrift erlernten, die sich nicht verpflichteten, staatliche Kapriolen mitzukaspern.
Haben wir nicht alle - auch Sie als Professionell - eine Pflicht, diese angeblichen Minderheiten (es sind in Wahrheit die Mehrheiten) zu schützen?
Im übrigen ist dies nur ein Schadensbeispiel, das ich hier recht dramatisch schildere.
Noch viel dramatischer ist der Normenbruch, erfolgt durch 12 Reformsteckenpferdreiter, die einem ganzen Sprachvolk von annähernd 100 Millionen Nutzern vorschreiben wollen, wie sie künftig zu schreiben haben. Lächerlich!
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 21.10.2001 um 19.30
Die "neuen Regeln" gibt es gar nicht mehr. Kein Kultusminister kann heute sagen, wonach man sich eigentlich richten soll. Also nach welchem Wörterbuch - und daß es ohne Wörterbuch nicht geht, wird ja auch von den Reformern selbst zugestanden.
Wenn man so redet, als gäbe es "die" Neuregelung noch, ist die ganze Diskussion verzerrt. Es werden Alternativen aufgebaut, die keine mehr sind.
Wer sich an die bisher übliche Rechtschreibung hält (wie zum Beispiel in meinem Rechtschreibwörterbuch dargestellt), wird noch auf viele Jahre hinaus auf der sicheren Seite stehen. Alle namhaften Schriftsteller schreiben so, die meisten Fachbücher usw. Ich habe erst heute wieder mindestens hundert neue Bücher durchgesehen und erstaunlich viele - von manchen Verlagen alle - Bände in der bewährten Rechtschreibung gefunden. Die Umsetzung scheint zu stagnieren. Ein neues Büchlein vom Deutschen Akademischen Austauschdienst ist auch ganz in "alter" Rechtschreibung gehalten und macht gleich einen viel besseren Eindruck als der ganze Mist vom Goethe-Institut.
Übrigens fiel mir dabei auch das Politikbuch für junge Leute "Der Kanzler wohnt im Swimmingpool" (oder so ähnlich) von Frau Schröder-Köpf in die Hände. Ich las etwas von "Recht haben" und "meist gelesen" und schlug es gleich wieder zu. Kennt jemand das Buch? Vielleicht solte man die Kanzlergattin mal darauf hinweisen, was aus ihrer guten Idee geworden ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Elke Philburn am 21.10.2001 um 17.52
Zitat:
aber es gibt einfach Teile der Reform, die der deutschen Sprache unter Umständen sogar schaden.
Das sehe ich durchaus nicht so dramatisch. Der Einfluss der Rechtschreibung auf die Sprache insgesamt dürfte äußerst gering sein.
Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass auf die Dauer Schwierigkeiten mit der Bewertung der Rechtschreibung entstehen, wenn man sich nicht auf eine Variante einigt. Wie soll ein Schüler bewertet werden, der zuerst nach Icklers Grundsätzen unterrichtet wurde, sich nach Schulwechsel aber auf die neuen Regeln umstellen muss? Räumt man ihm die Freiheit ein, sich für die eine oder andere Variante zu entscheiden? Oder darf er gar beide miteinander vermischen?
Wer die Rechtschreibung lernt, ist m. A. am besten dran, wenn er genau weiß, woran er sich zu halten hat. Die Möglichkeit, später einmal seine Rechtschreibung in die eine oder andere Richtung zu modifizieren, bleibt ihm dabei unbenommen.
eingetragen von Christian Melsa am 21.10.2001 um 10.34
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Es könnte natürlich sein, dass es dann dazu kommen kann, dass ein Rechtschreibwörterbuch ( zum Beispiel: Das Rechtschreib-Wörterbuch) den amtlichen Richtlinien entspricht.
Meine Vision ist mit Ihrer wahrscheinlich wunderbar zu vereinbaren, nur geht sie von einem anderen Ansatz aus: Ich wünsche mir amtliche Richtlinien, die Icklers Rechtschreib-Wörterbuch entsprechen!
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.10.2001 um 03.45
Berlinerisch kann ich wirklich nicht- da müssen wir schon auf die bayerische Sprache ausweichen. Ich muss jetzt ein wenig nachdenken. Ich hoffe nicht, dass es wieder 4 Monate dauert. Ich habe stark das Gefühl, dass vieles auf dem Rücken der Schüler ausgetragen wird und das gefällt mir so ganz und gar nicht. Ideen haben ich bereits, aber deren Ausführung muss noch ein wenig reifen. Angeregt durch die Schriften Theodor Icklers, seinen Sprachpreis und die ganze Sachlage, die Nicht- oder Wenig- Akzeptanz der Bevölkerung
für die neue Rechtschreibung müsste man die neue Rechtschreibung ein wenig in die Waagschale werfen. Wir brauchen natürlich Vertreter, die vorneweg sprechen, aber den Vertreter haben wir ja. Wie gesagt, wir (gemeint sind Schulleute)werden nachdenken müssen. Ich selber habe keine Probleme damit, siehe vorangegangene Diskussion, aber es gibt einfach Teile der Reform, die der deutschen Sprache unter Umständen sogar schaden.
eingetragen von Elke Philburn am 20.10.2001 um 22.07
Turteln Sie einfach auf Berlinerisch. Das ist unverfänglich.
eingetragen von Reinhard Markner am 20.10.2001 um 21.16
Zitat:Hab zwar det Jroße Latinum, uff Latein zu poussiern würd ick mir aba ooch nüscht traun.
Ursprünglich eingetragen von Renate_Maria_Menges
Lieber Reinhard Markner,
ich kann ja aus bekannten Gründen nicht mit Ihnen lateinisch flirten, leider, denn in deutscher Sprache traue ich mir nun wirklich nicht.
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.10.2001 um 18.58
Es könnte natürlich sein, dass es dann dazu kommen kann, dass ein Rechtschreibwörterbuch ( zum Beispiel: Das Rechtschreib-Wörterbuch) den amtlichen Richtlinien entspricht. Dazu müssen natürlich Vorgespräche, Streitgespräche und Vereinbarungen getroffen werden. Ich weiß, dass es eine Vision ist, aber warum sollte sie nicht wahr werden? Ich wünsche allen, die hier lesen eine gute Arbeitswoche und in sprachlichen Angelegenheiten viel Power!
eingetragen von Theodor Ickler am 20.10.2001 um 18.45
von Anpassung war die Rede: "Außerdem muss es (das Rechtschreibwörterbuch), wenn eine Reform der Reform kommen sollte, den amtlichen Richtlinien angepasst werden."
Aber vielleicht reden wir manchmal ein wenig aneinander vorbei. Mir ist schon klar, daß ein Lehrer in der konkreten Situation, wie sie nun einmal ist, nicht mit orthographietheoretischen Maximalforderungen wie der Entstaatlichung der gesamten Rechtschreibung argumentieren kann. Just darum aber geht es mir. Wenn ich überlegen wollte, wie man den Lehrern helfen könnte, mit der nun mal amtlich geltenden Neuregelung zurechtzukommen, stünde ich genau da, wo Peter Eisenberg sich mit seiner Schroedel-Broschüre und anderen Schriften "platziert" hat. Ich werde das niemals tun, weil ich es für einen Irrweg halte, aber das bedeutet nicht, daß ich kein Verständnis für die Lehrer hätte. Übrigens schließt das pragmatische Durchwursteln den grundsätzlichen Kampf nicht aus. Staatliche verordnete Dumm- und Falschschreibung ist ja auch für Lehrer auf die Dauer kaum zu ertragen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.10.2001 um 16.16
Es ist keine Anpassung gefragt, sondern es geht um fachlich- sachlich richtige Kriterien in einem solchen Gremium. Wie sollen wir sonst zu einem anderen amtlichen Erlaß kommen? Dies ist wirklich eine sehr wichtige und ernstgemeinte Frage. Ich weiß von Ihren Bemühungen um die richtige und rechte Schreibweise, aber wir brauchen Handreichungen oder Handhabungen, ohne die geht es nun mal nicht. Es reicht auch nicht, ein Schulwerk zu schaffen und dann keine Schulgenehmigung dazu zu erhalten. Ich versuche aber nur konstruktive Kritik einzubringen und meine Gedanken dazu aufzuschreiben. Jetzt hätte ich bald wieder einen lateinischen Satz aufgeschrieben, aber ich da bleibe ich lieber ganz "cool" oder extra für Herrn Lachenmann: " Nix für unguat!" Von Anpassung aber war keine Rede!
eingetragen von Theodor Ickler am 20.10.2001 um 15.33
Um Gottes willen, bloß das nicht! Ich pfeife auf Amtlichkeit und will auch in kein Gremium der genannten Art berufen werden. Das wäre ja der übelste Verrat an meiner Grundüberzeugung, für die ich mit Engelszungen werbe. Und zum Teufel mit der "Anpassung"! Wer Augen hat zu lesen, der lese! Mein Buch enthält, so wie es ist, die Wahrheit über die deutsche Rechtschreibung (soweit es in meinen Kräften stand, versteht sich). Davon gehe ich keinen "Zoll breit" ab.
Und was die Ergänzung des Rechtschreibwörterbuchs für Schulzwecke angeht, so arbeiten wir dran. Zuerst habe ich mal ein reines Orthographikon vorführen wollen, damit man nicht vergißt, daß es so etwas gibt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.10.2001 um 09.57
Lieber Reinhard Markner,
ich kann ja aus bekannten Gründen nicht mit Ihnen lateinisch flirten, leider, denn in deutscher
Sprache traue ich mir nun wirklich nicht. Aber damit Sie es leichter haben, nehme ich bekannte Sätze und wende sie einfach an, übertrage sie auf die Neuzeit. Ich bin keinesfalls mit
Stirnemann einer Meinung, dass man Latein nicht auf die Neuzeit übertragen kann. Ich bin viel zu modern, ich liebe geradezu das Moderne, um Latein nicht in einem Sinne anzuwenden.
Der ganze Strang spricht ja von meiner Einstellung dazu. Das hat aber nichts zu sagen, wenn Wörter selbst für meinen Geschmack heute falsch geschrieben werden müssen. Ich nehme mir sowieso die Freiheit und schreibe nach meinem Sinn, wohl wissend, dass es wenige gibt, die die genaue Schreibweise kennen.
Lieber Walter Lachenmann,
ich heiße immer noch RenateMaria. Ich weiß natürlich, dass das auch zum Spiel gehört, aber Gerda gefällt mir nun mal so ganz und gar nicht. Euer Prospekt kommt gut an, das habe ich
ja schon geschrieben, denn das Rätsel auf der ersten Seite ist einfach genial. Das soll nicht heißen, dass ich zurückkehren will zur alten Rechtschreibung, weit gefehlt. Ich meine, dass
das fast nicht mehr möglich ist, sondern es sollte nach meinem Dafürhalten eine gemeinsame anerkannte Lösung des Problems sein. Die falschen Reformansätze herauszunehmen und die
Vereinfachungen beizubehalten. Dafür trete ich unbedingt ein, aber auch, dass es eine Reform der Reform gibt. So wie die Sachlage derzeit steht, kann man das nicht stehen lassen.
Lieber Theodor Ickler,
ich prüfe gerade das Wörterbuch für Schulzwecke.
Es fehlen meines Erachtens die Artikel auch für einfache Wörter. Wenn ein Wörterbuch Bestand haben soll, gehören die Artikel einfach dazu ( fremdsprachige Leser wissen unsere schweren Artikel nicht, Schüler kennen oft die richtigen Artikel nicht ...). Es ist sonst im Schulbereich nicht anwendbar. Außerdem muss es, wenn eine Reform der Reform kommen sollte, den amtlichen Richtlinien angepasst werden. In ein solches Gremium müssen Sie aber unbedingt berufen werden. Dies ist einfach unabwendbar nötig. Dazu müssen Sie so bekannt werden, dass man an Ihnen nicht vorbei kann. Ansonsten ist der Teil der Regeln - siehe Inhaltsverzeichnis S. 7,8 - nicht anwendbar. Bekanntlich müssen wir uns in der Schule an amtliche Vorlagen halten. Also, muss das Buch später den amtlichen Bestimmungen genügen.
Es muss den Stempel der Amtlichkeit genauso bekommen wie Duden/Bertelsmann.
Ich überlege auch, ob man nicht alle Fremdwörter oder schweren Wörter in Klammer übersetzen sollte. Schön wäre es auch, später ein Schüler-Wörterbuch zu haben.
Sehr gut ist am Wörterbuch, dass alle Abkürzungen unter der richtigen Buchstabenfolge anzufinden sind. Ansonsten finde ich die dreigeteilten Abschnitte gut und überschaubar.
Und nun zum Thema Flausen: Wenn Sie keine Flausen mehr im Kopf haben, wird Ihre Kreativität ganz schön leiden. Ich wünsche Ihnen alle Flausen, die es gibt ( zum Beispiel verstehe ich darunter: Kreativität, Individualität, Fortschritt, Humor ...).
In diesem Sinne, auch wenn Ihre Freunde meinen, Sie hätten nicht mehr alle Tassen im
Schrank, wünsche ich Ihnen alle erdenklichen Flausen.
P.S.:
Statt Latein zu übersetzen, übersetze ich jetzt deutsche Wörter! Übrigens war der lateinische
Satz adressatenbezogen. Die Adresse war bekannt, dieser konnte sie auch lesen: "Jeder macht das gerne, wofür er Lob erntet." Der Adressat kann mit diesem Satz sicherlich zufrieden sein.
eingetragen von Theodor Ickler am 18.10.2001 um 13.42
für Ihr Interesse! Ich möchte mich aber an die Abmachung mit einer Zeitung halten und sie nicht vorher veröffentlichen. bitte also um etwas Geduld.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Christoph Kukulies am 18.10.2001 um 10.12
Zitat:
... In meiner Weimarer Preisrede habe ich mich auch gegen solche Flausen gewandt, ich maile sie ihnen mal zu (die Rede, nicht die Flausen).
- geändert durch Theodor Ickler am 19.10.2001, 08:44 -
Ich glaube, viele Mitstreiter hier würden gerne daran teilhaben. Können Sie die Rede nicht hier ins Forum stellen (unter Dokumente oder Aufsätze)?
__________________
Christoph Kukulies
eingetragen von Theodor Ickler am 18.10.2001 um 02.59
Frau Menges, für Ihre Glückwünsche. Und daß Sie unsere reformkritische Arbeit nun fast schon zu Ihrer eigenen Sache machen, erfüllt mich mit jener Genugtuung, die man in himmlischen Chören stets empfindet, wenn ein reuiger Sünder auf den rechten Weg gebracht ist. All dies könnte ich natürlich auch auf lateinisch und sogar auf griechisch sagen, aber meine Freunde würden sich dann mit Recht fragen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. In meiner Weimarer Preisrede habe ich mich auch gegen solche Flausen gewandt, ich maile sie ihnen mal zu (die Rede, nicht die Flausen).
– geändert durch Theodor Ickler am 19.10.2001, 08:44 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Walter Lachenmann am 17.10.2001 um 22.27
daß Frau GerdaMariaMenges wieder unter uns weilt. Schade, daß sie entweder in neuer Rechtschreibung oder in Latein schreibt. Das eine ist mir zuwider, das andere fremd.
Es gibt Menschen, die bemühen sich, in der Fremde möglichst in der Sprache der Einheimischen zu sprechen. Was halten Sie davon, Frau Menges? Schreiben Sie zumindest hier in der Sprache, die Sie gelernt haben und am besten beherrschen. Das könnte doch Ihre Kompetenz in traditioneller Rechtschreibung, für die Sie eindeutig Sympathien haben, trainieren und Sie fit halten für den Tag der Erlösung, wenn wir den Reformschrott auf den Müll kippen dürfen.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Reinhard Markner am 17.10.2001 um 21.13
. . . wird ja alles gut werden ! Ihr Latein war es ja immer schon, Frau Dr. Menges. (Oder schreiben Sie am Ende nur aus einer einschlägigen Sammlung ab ?!)
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.10.2001 um 19.58
Das neue Faltblatt, gestaltet von Walter Lachenmann, Norbert Schäbler & Co ist gelungen. Es gefällt zumindest auch glühenden Verehrerinnen der Neuen Rechtschreibung und kommt auch unter Schulkollegen gut an. Es wird auf Tagungen mitgenommen und zum Nachdenken ausgelegt.
Ebenso wird auch Herr Ickler mit seinem Wörterbuch genannt, welches selbst bei mir neben dem neuen Duden und dem neuen Bertelsmann jetzt auf dem Schreibtisch steht.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Sprachpreis, Herr Ickler. Der Fleiß der Arbeit wird damit doch anerkannt. In qua laudatur, rem quisque libens operatur.
eingetragen von Theodor Ickler am 20.06.2001 um 19.22
Ich verfüge nicht über Informationen aus dem Inneren der Kultusbürokratie, aber ich bin ziemlich sicher, daß die Kultusministerien nichts über die Änderungen in den neuesten Wörterbüchern von Duden und Bertelsmann erfahren haben (es sei denn aus meinen Besprechungen). Die Reformkommission hat lediglich ihre Treffen mit den Verlagen mitgeteilt und diese Veranstaltung als Bereinigung der widersprüchlichen Einträge ausgegeben. Schließlich haben wir ja den Zweiten Bericht der Kommission an die Kultusminister und das BMI zur Kenntnis nehmen können, aus dem ganz klar hervorgeht, daß die Kommission ihre Auftraggeber im unklaren zu lassen beabsichtigt, ja sie geradezu hintergeht. Daran dürfte sich nichts geändert haben. Falle es uns gelingt, den Dritten Bericht in die Hand zu bekommen, wird auch dieser zeigen, daß die Kultusminister nach Strich und Faden betrogen werden. Natürlich geht das nur, weil sie am liebsten auch gar nichts Genaueres erfahren würden. Sie wären diesen Klotz gern los, aber das geht nicht mehr so einfach, nach allem, was an Lügenpropaganda verbreitet worden ist.
Man sollte die Kultusminister ständig mit der Frage konfrontieren, nach welchem Wörterbuch zu korrigieren ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.06.2001 um 17.56
Man liest nichts von den sogenannten Änderungen: Weder in den Amtsblättern, noch in den KMBeilagen, noch in den KMBlättern oder in sonstigen amtlichen Vorlagen. Da meine Augen und meine Ohren geschult sind, warte ich direkt auf eine solche Änderung, aber im Augenblick scheint es damit noch nicht so weit zu sein. Oder gibt es schon weitere durchschlagende Erkenntnisse?
eingetragen von Theodor Ickler am 12.05.2001 um 18.36
Die nächsten Änderungen sind natürlich noch nicht bekannt, lassen sich aber aus den objektiven Gegebenheiten einigermaßen voraussagen. Der Rückbau der Getrenntschreibungen ist noch nicht konsequent genug, es wird also auch die Zusammenschreibung bei "eisenverarbeitend" usw. wieder zugelassen werden. Die Großschreibungen in "wie Leid es mir tut" usw. ("Recht haben", "Pleite gehen") werden rückgängig gemacht, wahrscheinlich zunächst als Varianten, weil man nicht zugeben kann, grammatische Fehler gemacht zu haben. Bei festen Begriffen ("Erste Hilfe") wird die Großschreibung wieder zugelassen, weil u. a. die Presse sich ausdrücklich so entschieden hat. Die Abtrennbarkeit einzelner Vokalbuchstaben wird gestrichen werden. Beim Komma muß sich auch etwas ändern (Partizipial- und Infinitvsätze wieder mit Komma). Auch "auseinandersetzen" usw. und "sogenannt" werden wiedereingeführt. Apropos: Bei "wieder-" und "wohl-" ist noch einiges zurückzunehmen, das jetzige Durcheinander ist lächerlich.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.05.2001 um 18.03
Lieber Herr Ickler!
Ist schon eine Änderung der diversen Änderungen genauer bekannt oder kann man diese irgendwo nachlesen?
Natürlich stören uns Kleinigkeiten in der Änderung nicht, damit leben wir ständig! Das nennt man Flexibilität, aber wenn sich große Änderungen ankündigen würde man gerne schon im Vorfeld etwas wissen.
Da es ein klares Faktum ist ( von Ihnen aus gesehen), dass sich etwas ändert, wäre eine Offenlegung gut.
Vielen Dank!
eingetragen von Theodor Ickler am 12.05.2001 um 12.03
Wer ein Recht beansprucht, sich nicht dauernd auf Änderungen einlassen zu müssen, sollte sich an die Reformer wenden, denn sie haben geändert und die Änderung geändert und werden demnächst die Änderung der Änderung ändern. Das ist eine Tatsache bzw. unabwendbare nächste Zukunft. Der Rest Ihrer Antwort ist mir unverständlich. Bis auf den Gruß zum Sonntag natürlich, den ich gern erwidere.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.05.2001 um 06.15
Reden haben uns in der Schule noch nie geholfen. Eigentlich helfen uns, bzw. den Schülern nur Taten!
Auch Ihre Beispiele in Ehren, wir sind hier nicht im 3.Reich. Wie gesagt, auch die Ausführenden haben ein Recht darauf, dass sie sich nicht ständig auf Änderungen einlassen müssen: Ausführende sind alle, die die neue Rechtschreibung schreiben. Ich bitte dies wie immer zu beachten! Ein Gros der Leute, der Schüler, der weiteren Ausführenden, die die neue Rechtschreibung schreiben, haben auch ein Recht angehört zu werden ( siehe vorausgegangene Beiträge).
Einen schönen Sonntag!
– geändert durch RenateMariaMenges am 13.05.2001, 21:07 –
eingetragen von Theodor Ickler am 12.05.2001 um 03.40
Das war's auch schon, liebe Frau Menges, für heute.
Oder etwas ausführlicher: Auch damals schon gab es kernige Naturen, die vom kunstfertigen Geschwätz nicht viel hielten. Anleitungen für Leute, die eigentlich nichts zu sagen haben, sind, was den gegenwärtigen Zweck betrifft, überflüssig, denn wir haben etwas zu sagen. "Indische Weisheiten"? Nee, darum geht es nicht. Die altindische Grammatik und Sprachphilosophie ist messerscharfe Wissenschaft, nicht Sprücheklopferei. Da kann man wirklich auch heute noch was lernen.
Aber die alte Rhetorik? Jens hat sie oft mit der Demokratie in Verbindung gebracht, aber sie "blühte" ja am süßesten in undemokratischen Zeiten, typische Verfallserscheinung. Haben wir nicht und brauchen wir nicht, basta.
Aber um es nicht gar so fruchtlos ausklingen zu lassen, möchte ich doch noch einen Gedanken anhängen. Jens und seine Gefolgschaft haben ja, um den Glanz der Rhetorik nicht einzutrüben, Hitler und Goebbels geradezu aus der Geschichte der Redekunst hinausargumentiert: das sei überhaupt keine Redekunst mehr gewesen, sondern, vor allem bei Hitler, ein unartikuliertes Gebell usw. Das ist aber nun ganz unklassisch argumentiert, denn die antike Rhetorik kannte nur EIN Kriterium hoher Redekunst: den Erfolg. Daran gemessen, waren Hitler und Goebbels die größten Redner der Geschichte. Victor Klemperer, ein unverdächtiger Zeuge, hat das richtiger gesehen; er kommt oft auf die Verführungskraft der Hitlerschen Reden zurück, der sogar ein Mann wie er sich nicht ganz entziehen konnte. Das Ganze kann und muß uns zum Nachdenken bringen - über unsere eigenen Schwächen, die uns dem Zauber der Propaganda erliegen lassen. Wir sehen es ja: Die Rede von der Rechtschreib-"Reform", den "Vereinfachungen" usw. übt heute noch ihre Wirkung aus, gegen jeden Augenschein und jede Erfahrung. Die reformierten Regeln sind viel länger und komplizierter als die alten, aber die Koalition von Kultusministern und Geschäftemachern redet uns ein und wiederholt nach Goebbels' Rezept immer wieder, sie seien kürzer und einfacher, und nicht wenige glauben es dann auch.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.05.2001 um 19.03
Lieber Herr Ickler!
Die Antwort war zu erwarten! Natürlich brauche ich auch das Gedächtnis: Sollte ein Buch nur gelesen werden oder gibt es hin und wieder Menschen, die daraus etwas vortragen werden? Man nimmt an, dass diese Menschen dann ihr Gedächtnis aktivieren und erzählen, was sie geschrieben haben und nicht einen Link ( wie Politiker ) einschalten um von A bis Z zu kommen, aber nicht zur Sache.- Die ollen Römer haben uns auch das moderne Leben ein wenig versüßt: In der neuen Ausgabe von Asterix und Obelix erstmals in neuer deutscher Rechtschreibung. Was verblüffend war, dass die neue deutsche Rechtschreibung eben auch hier umgesetzt wurde.- Meist übersetze ich ja die lateinischen Sätze, aber es gibt eben auch Mitmenschen, die sie lesen können. Dafür eine winzig kleine Entschuldigung, aber nur dafür. Als ein Übersetzungsversuch: Gleichsam fünf Glieder bilden die Redekunst ( vergleichsweise Schreibkunst):
das Finden dessen was man sagt ( schreibt),
die Gliederung des Gefundenen,
dann der Ausdruck in Worten ( sprachlicher Ausdruck),
darauf das Einprägen in das Gedächtnis ( scheint mir auch wichtig!),
schließlich der lebendige Vortrag ( übertragen durchaus: das lebendige Geschriebene hat seinen Sinn!).
Rhetorik übertragen auf das Schreiben, obwohl ich eine Rede etwas anders vorbereiten werde, als ein schriftliches Statement. Die Rede lebt ja auch von der Spontanität, das Geschriebene vom Dauerhaften!
Leider muss ich sofort wieder einen Satz zum Thema schreiben und auf die Schreibkunst übertragen:
Qui eloquentia verae dat operam, dat prudentia.
Wer sich um wahre Redekunst bemüht, bemüht sich um Einsicht. ( Sprich: Wer sich um wahre Schreibkunst und Redekunst bemüht, bemüht sich um Einsicht). Jetzt hätte ich am liebsten sorry geschrieben, aber ich werde mich bemühen Denglisch zu vermeiden. Auf meine so geliebten Aussprüche und Sprichwörter kann ich allerdings fast nicht verzichten.
Danke Stefan Micko für die Zusendung der Zeitschrift " Deutsche Sprachwelt". Kleine handgeschriebene Zettel verfehlen Ihre Wirkung nicht! Ich werde das zugesandte Material genau lesen und bei uns bekanntmachen.
Und....ein paar indische Weisheiten können durchaus ihren Reiz haben. Einen schönen Samstagabend!
– geändert durch RenateMariaMenges am 12.05.2001, 21:16 –
eingetragen von Theodor Ickler am 11.05.2001 um 16.33
Es wäre einmal einer eigenen Untersuchung wert, warum so viele altphilologisch gebildete Zeitgenossen der Meinung sind, die antike Rhetorik sei auch heute noch die Lehrmeisterin - nun, wovon eigentlich? Um Rede geht es ja beim Plan eines Buches gar nicht, sondern um Schreibe; aber trotzdem hat zum Beispiel der Jens-Schüler Gerd Ueding, ein Tübinger Rhetorikprofessor, eine "Rhetorik des Schreibens" veröffentlicht, in der gänzlich unbedachte und törichte Übertragungen der römischen Rhetorik auf die Gegenwart unternommen werden. Sogar an den klassischen fünf Programmpunkten, die Frau Menges aufzählt, müßte doch auffallen, daß der Punkt "Memoria", also das Auswendiglernen, überhaupt keine Rolle mehr spielt. In der Antike wurden die Reden, die oft von einem anderen verfaßt waren, tatsächlich auswendig gelernt. Nachdem dies nun weggefallen ist, sind es nur noch vier Punkte, und selbst diese sind für das Abfassen von Sachprosa von sehr zweifelhaftem Wert. (In meinem Fachsprachenbuch "Die Disziplinierung der Sprache" habe ich das näher ausgeführt.) Natürlich hat jeder hier seine eigenen Erfahrungen, aber wenn ich zum Beispiel mal von mir selbst ausgehe: Mein "Schildbürger"-Büchlein ist doch im großen und ganzen nicht schlecht geraten, oder? Nun, ich hab's im Frühling 1997 auf der Terrasse meines Reihenhäuschens in einem Zuge heruntergeschrieben und nur noch wenig dran geändert. Wer was zu sagen hat, braucht sich doch nicht mit "inventio" zu quälen - das ist doch eine Lehre für die künstlichen Schul- und Auftragsarbeiten.
Seien Sie versichert, verehrte Frau Menges, daß wir Mitarbeiter am geplanten Buch Ihre abgestandenen ciceronianischen bzw. quintilianischen oder auch horazischen Sprüche nicht brauchen werden!
Und nun noch ein Wort zum Sonntag: Daß Sie des Lateinischen mächtig sind, haben Sie uns wohl ein halbdutzendmal hingerieben, wir haben es verstanden. Wie wäre es, wenn Sie für das ehrliche, aber anders gebildete Fußvolk (profanum vulgus) künftighin auf die Landessprache zurückgreifen oder zumindest eine Übersetzung beifügen würden? Sonst traktiere ich Sie demnächst mit Sanskritversen; denn es gibt noch viel mehr schöne Sprachen auf Gottes weiter Welt als bloß die zu Unrecht "klassisch" genannten. Und gerade was das Sanskrit betrifft, so haben die alten Inder darin über das Wesen der Sprache tausendmal Tieferes geschrieben als alle ollen Römer zusammengenommen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.05.2001 um 06.59
Matthias Dräger drängt es in einem fort
zu schreiben einen Report
über die umstrittene Reform.
Er hat was gegen die Norm.
Heuchler, Lügner, Geiselnehmer,
vorfristig, Ränkespiel , Vollstrecker
so sind seine Wörter im Mail erschienen.
Schreiben, zitieren, vortragen,
bearbeiten, umschreiben, gliedern,
damit kann sich dann jeder im neuen Buch bedienen.
Wenn die unten beschriebene Redekunst ( eloquentiae)
auf die Schreibkunst übertragen werden kann,
dann könnte es eine feine Sache werden:
Quinque faciunt quasi membra eloquentiae, invenire, quid dicas, inventa disponere, deinde ornare verbis, post memoriae mandare, tum ad extremum agere ac pronuntiare.
eingetragen von RenateMariaMenges am 30.04.2001 um 17.26
Zum Thema Kleinschreibung:
Trotzdem es im internationalen wirtschaftlichen Verkehr zur Kleinschreibung (außer Produkt - und Eigennamen) kommen wird, wird sich die Kleinschreibung bei uns nicht durchsetzen, trotz wiederholter und immer wiederkehrender Diskussion. Der äußere Widerstand wäre zu groß.
Zum Thema: Rechtschreibung nach dem alten Duden von 1991
Diese Zeit wird nicht wiederkehren. Eine Rückführung, wie unten diskutiert wird sich nicht durchsetzen lassen, weil sich die Schreibweise in den Jahren verändert hat. Eine weitere Chance gebe ich evt. dem Wörterbuch von Th. Ickler. Allerdings ist nicht der private Gebrauch, wie vielfach diskutiert wichtig, sondern nur öffentliche und amtliche Richtlinien. Natürlich kann Th. Ickler jetzt nicht sofort den Stempel des Amtes erhalten, denn dazu sind die vorgegebenen amtlichen Erlasse zu konträr. Man kann sich aber wünschen, dass man durch Änderungen und meiner Meinung immer noch durch Vereinfachungen der Rechtschreibung aus der Zweiformenschreibgesellschaft wieder herauskommt. Die Beiträge lesen sich zwar relativ interessant, aber zeigen doch von einer geteilten Meinung in dem ungeteilten Deutschland. Auch sehe ich keine baldige Lösung, sondern nur ein Angleichen der beiden Parteien.
Herr Ickler,
einen schönen Aufsatz haben Sie über das Frühaufstehen eingetragen. Das ist unbedingt in allen Varianten richtig :-).
eingetragen von Theodor Ickler am 21.04.2001 um 13.12
An einer früheren Stelle hat Frau Menges hier die Kleinschreibung ins Gespräch gebracht. Wir haben uns früher schon über die "Groß- und Kleinschreibung" unterhalten (so wird sie ja absurderweise auch im amtlichen Regelwerk genannt, obwohl die Kleinschreibung dort als Normalfall gilt und zuerst erwähnt werden müßte - wie bei der GZS).
Die Sache ist nicht akuuell, weil dieser Hauptpunkt des ursprünglichen Reformansatzes "nicht durchsetzbar" war und ist.
Aus irgendwelchen Gründen haben manche Leute einen fanatischen Haß auf die Großschreibung, zum Beispiel der Reform-Trittbrettfahrer Lutz Götze, der sie kürzlich "atavistisch" nannte (was bei der sprichwörtlichen Mißlungenheit seines inzwischen praktisch unverkäuflich gewordenen Bertelsmannwörterbuchs nicht verwundert). Die Großschreibung - ob nun durch die Wortart bestimmt oder textsemantisch - ist unbestreitbar eine Lesehilfe. Kleinschreibung ist mittelalterlich und wurde daher von Jacob Grimm. Es geht auch ohne, ich weiß, aber mit geht es besser.
Zur "Durchsetzbarkeit" noch eine Beobachtung: Dies ist ein Schlüsselwort der ganzen Reform geworden. Die Reformer haben keinen einzigen ihrer ursprünglichen Hauptwünsche durchsetzen können - gegen die Politiker und Ministerialbeamten. Der Hauptgesichtspunkt ist anschließend die "Durchsetzung" gegen den Willen der zwangsbeglückten Bevölkerung geworden. Man müßte einmal die Dokumente daraufhin durchsehen, wie oft dieses verräterische Wort verwendet wurde. Sogar zur Entschuldigung muß es herhalten: Man habe nicht immer die sachgemäßen Lösungen durchsetzen können, sondern eben nur das, was durchsetzbar war ...
Bestritten wurde auch nicht der Nutzen der Substantivgroßschreibung, sondern man war aus Gründen der Fehlerträchtigkeit dagegen. Inzwischen dürfte klar sein, daß eine dudenunabhängige Darstellung dieses Argument weitestgehend entkräftet. Bei hinreichender Liberalität und Einsicht ist die GKS nicht schwer. Bezeichnenderweise sind die Kleinschreibungsfanatiker (etwa die GEW) allesamt wieder zur Großschreibung zurückgekehrt. Sie ist ein wirklich sehr moderner, weil (meiner Ansicht nach) textlinguistisch begründeter Trick, Texte noch leserfreundlicher zu machen. Auch technisch stellt die GKS kein Problem mehr dar, ist daher von der EDV weniger gefährdet als die Umlautbuchstaben und das ß.
Übrigens wimmeln auch englische Texte von Großschreibungen, natürlich mit anderer Begründung. Die Großschreibung von Eigenschaftswörtern wie "German" im Gegensatz zur Kleinschreibung im Französischen und Deutschen ist eine der Hauptfehlerquellen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 21.04.2001 um 08.33
LZ: Auch Schulleitung ist lernfähig, humorvoll, sich mit Themen beschäftigend, natürlich ausführend, mitleidend sowie frisch und fröhlich:
Was ist ein Schulleiter?
Der Schulleiter ist ein von der Regierung Eingesetzter,
von seinen Schulamtsdirektoren Hin- und Hergehetzter,
eine Schule Verwaltender,
doppelt so schnell Alternder,
alle zur Leistung Antreibender,
die Schulanfänger Einschreibender,
Formulare und Schulbedarf Bestellender,
Aufsichts-, Bus-, und Stundenpläne Erstellender,
durch das Schulhaus meist Rennender,
Freizeit, Frau und Familie kaum Kennender,
auf die Hausordnung Hinweisender,
böse Schüler streng Verweisender,
Konferenzen Leitender,
beim Kirchgang würdig Schreitender,
Rechnungen Überprüfender,
Milch oder Wein Schlürfender,
Amtsblätter und Rundschreiben Prüfender,
stets Anwesender,
korrekt sich Kleidender,
an Minderwertigkeitskomplexen nicht Leidender,
die kranken Lehrer Vertretender,
zu allen Schutzengel Betender,
allzeit sich Mühender,
nach außen vor Gesundheit Blühender,
in jede Lage sich Schickender,
die Vorgesetzten Beglückender,
im Dienst nur Leidender,
gerne Kritisierender,
ganze Arbeit Verrichtender,
für Schulfreunde Dichtender,
an der Zeitnot stets Leidender,
den Ruhestand Anpeilender,
mit Elternbeirat und Schulverband stets Kämpfender,
alle Streitigkeiten Dämpfender,
nach mehr Selbstständigkeit Verlangender,
bei Streit viel Lob und Dank Empfangender.
Er ist der Sündenbock für alle ( oder der Ansprechpartner)
Gefunden aus einer alten Zeitung nach Johannes Schenk.
Es gibt natürlich
auchda Leute, die sich für inhärente und kodifizierte Normen interessieren, die für normative Verfahren Verständnis aufbringen, die sich informativ Streitpunkten nähern und eigenständige Gedanken entwickeln. Damit wären beim wiederholten Themenbereich (was machen Reformbefürworter auf dieser Plattform; kommt ca. bei jedem 10. Beitrag wieder) angelangt.
Sie interessiern sich für Sprache, lieben zuweilen den alten Sprachgebrauch, sind Neuem stets offen und zugewandt und versuchen sich ein eigenes Thema herauszubilden.
eingetragen von Theodor Ickler am 21.04.2001 um 06.56
Worum geht es Ihnen, Frau Menges? Wer die Reform grundsätzlich befürwortet, hat doch keine Schwierigkeiten mit den Kultusministern. Es genügt dann, ein bißchen ss zu schreiben und zu unterrichten, mehr verstehen die nicht davon, und mehr wollen sie auch gar nicht sehen.
Wenn es darum ginge, Rechtschreibung ohne amtliche Regelung zu unterrichten, wüßte ich darauf zu antworten, habe es ja auch schon getan. Aber das scheint nicht Ihr Problem zu sein, denn Sie sind ja für amtliche Regelung und für diese, wenn auch mit einigen Abstrichen, die niemanden aufregen, siehe oben.
Für jemanden, der sich grundsätzlich fügt, ist die Diskussion schon lange beendet. Das ständige Korrigieren der Reform durch ihre Veranstalter wird er mit derselben "Gelassenheit" hinnehmen wie die Reform selbst.
Interessant wird es erst wieder, wenn er sich eines Besseren besinnt, ins Lager der Reformgegner wechselt und dann vor Schwierigkeiten steht, weil er sich gegen die Obrigkeit auflehnen muß, um die Sprache und seine Selbstachtung zu retten.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 20.04.2001 um 16.32
Ein schwieriges Feld, Herr Ickler. Ich verstehe ihre barsche Antwort. Sehen Sie uns bitte aber auch im ausführenden Feld. Was ist ohne amtliche Erlasse für uns wirklich möglich? Ich habe mich ausführlich auf diesen Seiten hier informiert und vieles auch als gut und gültig angenommen, aber ich bitte Sie diese Frage wirklich ernst zu nehmen. Ich würde hier nicht schreiben, wenn ich nicht irgendwelche Lösungen erwarten würde. Ich hoffe, Sie verstehen mein Anliegen als ein wichtiges und ernstzunehmendes. Es folgt eine Stellungsnahme aus der Schulleitung. Es dauert aber noch ein wenig, bis ich die Anlage getippt habe ( und bedenken Sie auch, dass ich schon vorgestellt habe, wie man es in der Schule gemeinsam handhaben könnte).
eingetragen von Theodor Ickler am 19.04.2001 um 17.58
Ich verwende nicht die Regeln der alten amtlichen Erlasse und will auch keine neuen amtlichen Erlasse, schon gar nicht Amtlichkeit für meine Regeln.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.04.2001 um 19.58
Deskription der Wörterbücher: Ist diese Frage wirklich so wichtig, dass hier seitenweise darüber geschrieben wird? Die Wörterbücher sind doch immer eine Beschreibung der gesprochenen und geschriebenen Wörter.
Die Regeln wurden ebenfalls nachvollzogen. Aber nun sind neue amtliche Vorlagen vorgegeben. Neue Regeln, werden eingearbeitet in die Aufzeichnung des Duden, also kann der Duden mit den amtlichen Regeln werben. Herr Ickler verwendet die Regeln der alten amtlichen Erlasse, dementiert aber das Zurück zur alten Rechtschreibung.
Für mich sind hier Widersprüche zu erkennen. Ich glaube kaum, dass die amtlichen Erlasse wieder ganz auf die Regelung vor 1998 zurückgehen werden. Ich denke vielmehr, dass diese Regeln, die von Leuten freiwillig oder unfreiwillig angenommen wurden, aufgenommen werden müssen in die Wörterbücher der Zukunft.
eingetragen von RenateMariaMenges am 14.04.2001 um 11.45
gewählt. Seinen Idealismus möchte ich mal haben. Ich zitiere: "(Reinhard Markner)...im Ickler dokumentiert ist, könnte ohne weiteres amtlichen Charakter erhalten."
Ich würde dann sagen: Dann müsste Th. Ickler das einfach machen und schon hätten wir die Icklerische Reform.- Wenn das so einfach wäre. Aber dazu müsste sich Ickler mit der KMKonferenz eben gut stellen. Dies ist genauso einfach dahergeplaudert wie das Kurzschreiben des R.Markners.
Es stimmt überhaupt nichts mehr direkt miteinander überein, wenn die einen in Hausorthografie, die anderen nach amtlichen Regeln und die dritten nach eigenem Gutdünken schreiben. Eine tatsächliche "Verrohung der Sitten :-)", die aber eine weitere Aufweichung der Regeln nach sich ziehen wird. Davon bin ich nach dieser Diskussion hier überzeugt.
Meine Lehrerkollegen und nicht nur die plädieren für eine gemäßigte Kleinschreibung. Aber keiner der Diskutanten hier gibt seine Meinung derart ab, dass dies der neue EU- Weg sein kann. Wenn es aber von der Gesellschaft so gefordert und geordert wird, werden die wirtschaftlichen Felder dies eben so machen und niemanden mehr fragen.
Viele Sprachen sind in der Kleinschreibung abgefasst. Ob wir uns dieser auf die Dauer entziehen können?
eingetragen von Reinhard Markner am 13.04.2001 um 23.33
Daß mit einer Revozierung der Reform auch ein Geschäft gemacht werden könnte, ist ein Gedanke, Frau Menges, der uns Idealisten kaum je gekommen ist, aber er stimmt unbedingt hoffnungsfroh. Vielleicht sollten Sie mal versuchen, ihn in den Chefetagen der Schulbuchverlage zu lancieren.
Die Rechtschreibung, wie sie im »Ickler« dokumentiert ist, könnte ohne weiteres amtlichen Charakter erlangen. Zwei Schritte wären notwendig. 1. Die KMK und die entsprechenden Gremien in den anderen deutschsprachigen Staaten müßten dem Vorsatz abschwören, eine Rechtschreibreform durchzusetzen. 2. Sie müßten die Schulen anweisen, die tatsächlich existierende Rechtschreibung zu unterrichten. (Bedenken Sie noch einmal, daß die jetzige Schulorthographie nicht mit der jetzigen Presseorthographie übereinstimmt !) Ohne den in 1. erwähnten Vorsatz würde die realexistierende Orthographie vermutlich schon bald wieder weitgehend der Icklerschen entsprechen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 13.04.2001 um 14.17
Herr Ickler, natürlich sehen die Lehrerinnen und Lehrer auch die Übergangsfristen. Es heißt nicht, dass Sie Fehler übersehen, sondern eben Fehler nicht ahnden und auch überschreiben, wie es Herr Illauer macht. Der Schüler müsste daran erkennen, wie die neue Rechtschreibung zu schreiben wäre und die alte Rechtschreibung ausgesehen hat. Allerdings nur die Schüler, die vorher die alte Rechtschreibung kennengelernt haben. Ab den 4.Klässlern müssten die Schüler die neue Rechtschreibung mehr oder weniger gut erlernt haben. Das Können, die orthografische Richtigschreibung ist sowieso häufig ein Manko an sich. Aber auch nette, liebe Leute (ich nenne sie mal Manager, Geschäftsführer etc....) wissen einfach nicht mehr, wie sie mit dem Wort "Grüße" umgehen sollen. Sie wollen lieber dann gleich alles in "ss" schreiben. Bei einer solchen Sprachverwirrung ist es eigentümlich, dass überhaupt noch richtig geschrieben wird. Sehr geehrter Herr Ickler, ich werfe überhaupt niemanden ein "Zurück" vor. Ich diskutiere hier, um mir meine eigene Meinung zu bilden. Diese Meinungsbildung hat stattgefunden und ich bilde mir ein, dass manche hier sich in einer etwas abgemilderten Form mit uns/mir auseinandersetzen.
Die eingefahrene Schreibweise und der stattgefundene Sprachwandel sollten im wesentlichen dokumentiert und zusammengefasst werden, wie es durch Sie ja auch geschieht. Auch Duden und Bertelsmann üben sich darin. Ich akzeptiere und verstehe ihre Bemühungen mit ihrem Wörterbuch, aber auf meine wiederholte Frage, wie das Wörterbuch auch amtlicherseits eine Bedeutung erhalten sollte, habe ich noch keine Antwort bekommen. Ich nehme an, dass auch Sie es noch nicht wissen. Sicher ist nur, dass im Ausland die Reformbemühungen so gesehen werden, dass sie kein günstiges Licht auf die deutsche Sprache werfen. Wie Sie hier bemerkt haben, müssten ja alle Wörterbücher nachgedruckt werden. Alle Schulbücher im Ausland ( deutschsprachige Schulen) müssen gedruckt werden. Und bei weiteren Veränderungen geht das ganze Geschäft wieder von vorne los.
– geändert durch RenateMariaMenges am 14.04.2001, 16:29 –
eingetragen von Theodor Ickler am 12.04.2001 um 19.25
Nochmals, Frau Menges: Bitte bedenken Sie, was Sie sagen, wenn Sie den Reformgegnern den Schlachtruf "Zurück!" unterstellen. Wir alle - oder doch fast alle - haben erhebliche Bedenken gegen den alten Duden (so daß ich ihn fast schon wieder in Schutz nehmen möchte), aber die bisher übliche (also die tatsächlich praktizierte) Schreibweise fanden und finden wir ganz in Ordnung. Man muß sie nur richtig darstellen.
Daß man jetzt lockerer über orthographische Fragen reden kann, ist ein durchaus ungewollter Effekt der Reform. In den Schulen herrscht eine solche Verwirrung, daß die Lehrer mit Recht und verständlicherweise alles mögliche übersehen - das ist schon oft durch Nachkorrekturen bewiesen worden. In Wirklichkeit ist das neue Regelwerk nicht weniger strikt als der alte Duden, und zusätzlich noch unplausibel, weil stellenweise gegen die sprachgesetzlichen Intuitionen und Entwicklungen gerichtet.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 12.04.2001 um 15.05
Die eigene Einstellung ändert sich durch Informationen und Überlegungen.
Gedanken zum Beitrag von Th.Ickler:
Die neue Rechtschreibung hat sicherlich eine Eigendynamik entwickelt. Ich meine, das passt zur neuen Ästhetik und zu den Reizen der neuen Rechtschreibung. Natürlich findet man die Fehler der Reform. Man wird aufmerksam und ärgert sich. Jeder arbeitet nun daran sich auf seine Rechtschreibung zu konzentrieren. Lehrer schreiben mir, dass sie nur auf das ss achten, ansonsten wüsste sowieso niemand mehr wie man richtig schreibt. Das ist sehr weise, finde ich. Gleichzeitig haben sie/ich/wir eine gewisse Eigendynamik entwickeln können. Ist den Mitstreitern eigentlich aufgefallen, dass wir endlich ein wenig lockerer mit der Rechtschreibung umgehen können? Ein Zurück auf den Stand vor 1996 wäre ein Rückschritt in frühere Generationen. Hat sich dadurch an der Hermeneutik auch etwas geändert? Ich sage gegebenfalls lieber ja. Dieses hat mit der Rechtschreibung zu tun, aber auch mit unseren eigenen Einstellungen und mit dem Computerzeitalter. Der Sprachwandel ist eigentlich schon vollzogen und wird sich weiterhin vollziehen. Rechtschriftlich müssen wir die neuen Begriffe so sichern, dass sie allgemein verständlich sind. Sprache lebt und ändert sich, dadurch werden sich auch unsere starren Regeln von alleine mehr und mehr auflösen. Ist dieses sture Spruch: Ich will zurück zur alten Rechtschreibung nicht auch ein Zeichen von:
*Ich will zurück zu den starken alten Regeln.
*Ich will wieder Zucht und Ordnung.
*Wir brauchen die Regeln von oben, damit hier wieder Ruhe einkehrt.
Also eine Umkehrung dieser Gedanken, die gerade den Reformern zugesprochen werden?
Eine kleine kritische Betrachtungsweise, wie so immer von mir: Wir wollen eine Rechtschreibung, die uns nicht eineingt, aber trotzdem allgemein verständlich ist. Dazu gehören Sprachwissenschaftler, die von Sprache und Etymologie etwas verstehen und die auch flexibel genug sind auf gesellschaftliche Veränderungen einzustellen. Ich würde Th. Ickler durchaus dazurechnen.
– geändert durch RenateMariaMenges am 13.04.2001, 17:46 –
eingetragen von Theodor Ickler am 11.04.2001 um 08.58
Ein Buch dieser Art habe ich zwar nicht geschrieben, aber Deutsch als Fremdsprache kommt in meinem soeben erschienenen Buch auch vor, und Briefe an DaF-Leute, auch Politiker habe ich viele geschrieben. Das Verhalten von Goethe-Institut, DAAD usw. bedarf der Aufklärung, aber da müßte mal jemand recherchieren, dessen Beruf das ist. Die Antworten, die ich bekommen habe, werden im Laufe der Zeit dokumentiert werden. Von mir und den anderen Gästen hier, verehrte Frau Menges, können Sie die Beantwortung Ihrer Fragen nicht erwarten.
Tja, warum hat man diese Fragen nicht vorher geklärt? Man wollte eben reformieren, um jeden Preis, um sich einen Namen zu machen oder was weiß ich ...
Daß die Rechtschreibung kein Thema mehr sei, gilt wohl nur in dem Sinne, daß man es in Lehrerzimmern vermeidet, diese Peinlichkeiten, gegen die man ja doch nichts machen kann, zur Sprache zu bringen. Wie sich aber zeigen wird, kommt die Reform aus inneren Gründen nicht zur Ruhe. Das Thema wird nie aufhören, Ärger zu bereiten, solange die Reform nicht beseitigt ist.
Die Beobachtungen von Frau Menges bestätigen, daß das Kalkül der Reformer (weitgehende Geheimhaltung der Einzelheiten, Überrumpelung durch vorfristige Einführung, Geiselnahme an den Schülern) VORERST aufgegangen ist. Mehr aber auch nicht. Warten wir es ab!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.04.2001 um 08.43
Ich bin eine Pragmatikerin und ich denke immer sofort daran, was man machen kann. Herr Ickler, Sie haben ein Buch geschrieben: Rechtschreibreform und deren Auswirkungen auf Deutsch als Fremdsprache. Was wird sich dadurch ändern? Folgen solchen Aufrufen auch Aussagen der beteiligten Politiker? Wird die Rechtschreibreform dadurch zurückgenommen? Fragen über Fragen, um deren Beantwortung ich dringend bitte.
Herr Lachenmann und die französische Sprache:
Warum kann man solche Fragen, Darstellungen etc. nicht vor einer Festlegung einer Reform klären. Das Thema Rechtschreiben ist eigentlich im Grunde genommen kein Thema mehr. In den meisten Lehrerzimmern wird darüber nicht mehr groß diskutiert- obwohl so manche Reformkritik gerne gelesen wird. Man kann davon ausgehen, dass die Reform weitgehend angenommen "werden musste".
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2001 um 20.55
Nur zur Diskussion:
Ich lese gerade Rüdiger Weingarten: Sprachwandel durch Computer. Natürlich wird unsere Sprache durch die Computerbenutzung verändert. Wurde die deutsche Sprache durch die Neue Rechtschreibung mehr verändert, als durch unsere Computernutzung? Ich denke nein, denn letztlich haben sich ja nur die Wörter in der Neuen Rechtschreibung "nuancenreich" verändert, aber durch den Computer sind eine große Zahl neuer Wörter dazugekommen. Man kann auch von "neuen Formen der Sprachverwendung" ( Weingarten 1997) sprechen. Insoweit passt aber dann doch die neue Rechtschreibung in dieses Bild.
Und:
Franzosen und ihre Sprache: Sie würden keine Veränderungen zulassen, und unser/mein Vorbild wäre eine vereinfachte Rechtschreibung- aber ausnahmsweise muss ich sagen pflanzenfressend statt Pflanzen fressend... Sigmar, du bist wieder überaus charmant mit deinen Fleisch fressenden (fleischfressenden) Mengessauriern.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 09.04.2001 um 18.44
Wenn wir Frau Menges Fleisch fressenden Dinosauriern vorwerfen, dann hat sie noch eine geringe Überlebenschance, wenn sie an die neue Rechtschreibung glaubt. Das kann man ihr nicht vorwerfen.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Theodor Ickler am 09.04.2001 um 14.06
Hoffentlich gewöhnen Sie sich NICHT an die Pflanzen fressenden Dinosaurier! Warum sollten wir uns daran gewöhnen wollen? Nur weil ein gewisser Herr Schaeder nicht verstanden hat, worum es hier geht? Das ist für mich kein Grund. Ich will, daß die pflanzenfressenden Dinosaurier wiederbelebt werden. Der Duden wollte übrigens eine Zeitlang "wieder beleben" schreiben, weil er meinte (und die Nachrichtenagenturen meinen es immer noch), es laufe auf "noch einmal beleben" hinaus - als seien sie schon einmal belebt worden und das wiederhole sich nun! Aber die Reformer haben es auch nicht verstanden, so daß den Duden eigentlich keine Schuld trifft.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2001 um 12.44
Ich muss Sie korrigieren, Herr Ickler. Ich bin im Regellernen nicht streng, aber wenn mich ein Kind/ein Schüler/-in/ein Jugendlicher nach der Regel der Zusammenschreibung frägt, muss ich ihm/ihr antworten. Also kommt die GUZ trotz allem einfach auch in der Grundschule schon vor. Man kann niemals nach dem Lehrplan alleine unterrichten. Der heimliche Lehrplan ist der absolut gültige. Schriftspracherwerb wird als ein "kognitiver Prozess gesehen, in dem das Kind sein bisheriges Denken als einen qualitiven Prozess umwandelt" und durch eine " Konstruktion von Regeln" diesen erwirbt ( Osburg 1997). Dies sind analog vor allem auch die Gedanken von Frau Dehn ( 1991 ), die den Schriftspracherwerb als Teil der kognitiven Entwicklung erkennt.
Auch wenn der neue Lehrplan keine zusammengesetzten Wörter im Grundwortschatz favorisiert fragen mich die Schüler im Freien Schreiben ( besonders sehr begabte) nach diversen Wörter, die ich Ihnen selbstverständlich schreiben lasse und sie nicht behindere, indem ich sage, dieses steht nicht im Lehrplan. Tatsächlich steht natürlich die GuZ nicht im neuen Lehrplan der Grundschule. Besonders gut ist der Satz bei Osburg: " ..das Kind gewinnt allmählich taugliche orthografische Regeln...( 1997). Aber wenn sich nicht einmal die Erwachsenen einig sind, welche Regeln nun tauglich sind oder nicht, was ist dann ? Das war nur ein kleiner Witz analog unserer Diskussion.
Im alten Gästebuch verschwinden öfter für Minuten die Beiträge. Das ist " a normal state here". Hinterher sind sie wieder zu sehen.
Trotzdem ich gerne alles getrennt schreibe, finde ich auch die Pflanzen fressenden Dinosaurier etwas sonderbar. Es wird aber daran liegen, dass ich mich an diese Dinosaurier erst gewöhnen muss!
– geändert durch RenateMariaMenges am 10.04.2001, 14:55 –
eingetragen von Theodor Ickler am 09.04.2001 um 06.59
Sehr verehrte Frau Menges,
Ihr strenger Standpunkt zu den Regeln wird von den Reformern nicht geteilt:
"Nicht alle Regeln, Ausnahmeregeln und Ausnahmeregeln von den Ausnahmeregeln waren Gegenstand des Rechtschreibunterrichts. Es hat immer ein heimliches Curriculum der wichtigsten Regeln gegeben. Das bleibt auch nach der Neuregelung so. Manches ist zwar weggefallen, wie die schwierigen Regeln des Kommas vor und oder beim Infinitivsatz, aber generell ist die amtliche Regelung, die ja auch die Belange der Drucker und Setzer berücksichtigen muss, zu umfangreich: sie muss für die Schule reduziert werden." (Gerhard Augst/Mechthild Dehn: Rechtschreibung und Rechtschreibunterricht. Stuttgart 1998, S. 90)
Heute morgen hatte ich übrigens im alten Gästebuch etwas für Sie geschrieben, aber nach ein paar Minuten war es wieder verschwunden. Der Hauptpunkt sei hier noch einmal wiederholt: In der heutigen Zeitung steht ein dpa-Bericht über die Fossilienfunde in Patagonien:
"Zwei Pflanzen fressende und ein Fleisch fressender Dinosaurier ..."
Es liegt auf der Hand, daß die Zusammensetzungen besser waren als diese Getrenntschreibungen. Die erweiterten Partizipien des Präsens sind im Deutschen nie heimisch geworden, werden mündlich selten und in den Dialekten gar nicht verwendet. Es sind Übernahmen aus der lateinischen Humanistenprosa. Die Formulierungen sind auch irreführend: "zwei Pflanzen ..."
Wir haben hier wieder die klassenbildenden Begriffe "pflanzenfressend" usw., im Gegensatz zu beschreibenden Ausdrücken. Weitere Argumente in meinem Kommentar.
Der neue FOCUS unterstellt KMK-Präsidentin Schavan die Äußerung "sehr Erfolg versprechend" - grammatisch falsch, aber reformgemäß. Geschieht ihr recht!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 09.04.2001 um 06.37
Wiederholt wurde davon gesprochen, dass für die Schulen die Nuancen ( der Getrenntschreibung) nicht so wichtig sind. Aber bei bestehenden Regeln ist es dringend nötig, diese bereits in der Schule einzuführen. Die heutigen Schüler lesen die Texte, die Herr Wrase hier anspricht. Also wenn es Nuancen geben soll, dann muss es sie eben auch in der Grundschulzeit geben und nicht nur später in der Zeitung. Warum diese Unterschiede, Herr Ickler? Warum beziehen Sie sich nur auf die lesende Zunft, Herr Wrase? Ich sehe hier weder im Schulbereich, noch in der "Nach- Schulzeit" Unterschiede. Regeln sind eben Regeln und müssen eingehalten werden.
Frage 2 an Herrn Ickler: Werden Sie es schaffen auch auf Ihr Wörterbuch eines Tages "nach amtlichen Regeln" schreiben zu können. Nur so ein Buch wird in der Schule wirklich Verwendung finden.
Außerdem bitte ich zu entschuldigen, dass ich niemals alle Kommentare aus früheren Zeiten hier nachlesen will oder kann. Und ich bitte zu bedenken, dass ich auch schon lange als Fürsprecherin der Neuen Rechtschreibung diskutiere. Aber ich nehme im Gegensatz zu den Befürwortern der Alten Rechtschreibung hin und wieder auch Argumente an.
Ist Herr Eberwein ebenfalls Lehrer? Dann würden mich auch seine Korrekturmethode interessieren.
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.04.2001 um 18.17
Lieber nos,
ich verstehe Ihre Argumente in Ihrem Beitrag nicht. Herr Illauer hat mir auch auf meine Frage geantwortet. Warum ist es dann Ihrerseits so schwierig auf meinen Beitrag einzugehen? Wenn nicht öffentlich, dann schreiben Sie mir wenigstens ein E-Mail. Einen schönen Ostergruß! Dr.R.Menges@t-online.de
eingetragen von RenateMariaMenges am 06.04.2001 um 14.49
Das war ausnahmsweise ein Witz: Im Duden heißt es nach wie vor bierernst oder Bierernst ( ugs). Es bleibt bei der alten Schreibweise. Ebenso der Bierbauch und die Bierleiche. Diese Wörter zeigen die Tradition im Bayernland ( + in weiteren BL) :-).
eingetragen von Sigmar Salzburg am 05.04.2001 um 18.45
Aber bitte nicht Bier ernst nehmen!!!
Frage eines einen angeheirateten Duden
der 17. Auflage benutzenden Dudenlosen:
Ist das ein Witz oder Neue Rechtschreibung?
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.04.2001 um 16.05
Danke, das freut uns aber.
Concordia parvae res crescunt.
In diesem Sinne- bis zum nächsten Anflug einer Auseinandersetzung.
Sie wissen, dass wir von der konstruktiven Kritik leben?
Deswegen hat die Kritik auch etwas gutes.
eingetragen von Theodor Ickler am 05.04.2001 um 14.33
Bier habe ich noch nie ernst genommen, Frauen immer (fragen Sie meine!)
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.04.2001 um 14.23
(Ickler)Und dann muß man ja auch bedenken, daß ein bekehrter Sünder (wieviel mehr eine Sünderin!) weit stärkeres himmlisches Frohlocken auslöst als tausend Gerechte.
Diesen Satz muss ich natürlich hier einzeln stellen. Wie viel mehr eine Sünderin ein himmlisches Frohlocken ausübt.. mir scheint ihre Fantasie geht mit Ihnen durch :-). Rassistisches, sexistisches Verhalten....ts.ts.ts.
Aber bitte nicht Bier ernst nehmen!!!
eingetragen von RenateMariaMenges am 05.04.2001 um 14.12
Die Rechtschreibreform fand über die Schule ihren Eingang. Man kann dazu stehen, wie man will, aber sie war die erste Stelle, die den Schritt vollziehen musste.
Ich fände es allerdings etwas merkwürdig, wenn in einer Schule mehrere Systeme gelehrt würden. Das käme dann dazu, dass jeder Lehrer eine andere Schreibweise einführen würde. Käme so ein Kind nach dem Lehrer, der nach der alten Rechtschreibung lehrt zu einem der neuen Rechtschreibung wäre dies in unmöglicher Schritt.
Nachdem die Schreibverwirrung sowieso über Jahre hinweg eingesetzt hat ( Herr Wrase und hiermit schaue ich mehr als Sie meinen über meinen Tellerrand hinaus) wäre dies eine unsinnige Regelung. Im Sinne der Kinder ist diese Sachlage unmöglich.
Wenn sich die ganze Schule entschieden hat, zum Beispiel nach Ickler vorzugehen, fände ich das in Ordnung. Aber ich kenne keine einzige, in der das passiert. Aber belehren Sie mich, wenn dies doch so ist. Die Rechtschreibung, die einzuführen ist, ist nun mal die neue Rechtschreibung. Ich finde das
a. dem Kind gegenüber
b. den Eltern gegenüber
c. den Kollegen gegenüber nicht in Ordnung, wenn man sich hier in der ganzen Schule nicht darüber einigt. Heute sind einzelnen Schulen mehr Kompetenzen zugewiesen, also wäre das möglich. Allerdings bei einem Übergang in weiterführende Schulen hätten wir das Problem wieder.
Herr Wrase, ich glaube da schon anders darüber denken zu dürfen wie Sie. Es geht auch um die Texte in der Schule. In allen neuen Lesebüchern ist derzeit der Text in der neuen Rechtschreibung.
Das ZIEL nach dem Lehrplan in der Schule ist die Rechtschreibung ausführen zu können. Welche Rechtschreibung einzuführen ist, ist klar. Eines allerdings steht fest, dass solche Angelegenheiten nichts mit Hilfslosigkeit sondern auch mit Kollegialität und Zugehörigkeit zu tun haben.
Würde man in der Zeit oder im Spiegel eine andere Schreibweise wie vorgegeben angehen, würde man als Journalist einfach geschmissen oder der Text würde umgewandelt werden. Ich sehe das Beamtentum und damit den Staat als große Einrichtung, die ihre Beamten als Mitarbeiter hat. Analog zum Spiegel und der Zeit schreiben die Beamten in neuer Rechtschreibung und bei Unklarheiten können sie auswählen. Falsches würde ich allerdings als Lehrer nicht lehren, aber das habe ich schon mal geschrieben.
Und Angst habe ich vor niemanden, also brauche ich keine Angst vor einer Bekehrung haben. Wir schreiben eben geschlossen ( und das trifft auf viele Schulen zu) die neue Rechtschreibung. Aber wie ausgangs erwähnt haben wir uns daran einfach gewöhnt. Machtproben zwischen Staat und Bürger, Herr Ickler sind in der heutigen Zeit das schlechteste Mittel, das man ausprobieren kann. Nun spreche ich als Privatperson. Man hat wenig Chancen bei Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten Recht zu bekommen. Aber bei der Klage vor dem Verwaltungsgericht würde mich wirklich interessieren, wo ihre subjektiven Rechte in der neuen Schreibweise verletzt waren und ob sie damit eine Klage erreichen konnten.
eingetragen von Theodor Ickler am 05.04.2001 um 05.45
Verehrte Frau Menges,
daß Sie am Ende noch eine (hoffentlich nicht allzu fanatische) Reformgegnerin werden, ist sehr wahrscheinlich. Offenbar ist Ihnen ja die deutsche Sprache etwas wert. Der erste Schritt wäre, die Angst vor der Bekehrung loszuwerden. Und dann muß man ja auch bedenken, daß ein bekehrter Sünder (wieviel mehr eine Sünderin!) weit stärkeres himmlisches Frohlocken auslöst als tausend Gerechte.
Das ganze Petitionszeug, dem ich nie viel Bedeutung beigemessen habe, muß noch eingescannt werden, bevor ich es hier bekannt mache.
Lustig war noch, daß vor einigen Jahren auch die hiesige Junge Union bei der bayerischen Staatsregierung mit einer Eingabe gegen die Rechtschreibreform vorstellig wurde; ich habe sogar noch Unterstützendes dazu geschrieben. Flugs berief die CSU den JU-Vorsitzenden Markus Söder (oder so ähnlich) in den Parteivorstand - und die Eingabe wurde zurückgezogen. Ob dieses post hoc ein propter hoc einschließt, weiß ich nicht, habe mich auch nicht danach erkundigt, weil die jungen Leute mich auch nicht mehr benachrichtigt haben und mir im übrigen sowieso ziemlich wurscht sind. Aber den ganzen Schriftwechsel werde ich mal veröffentlichen, damit jeder sieht, wie Politiker herangezogen werden.
Nachtrag:
Die Presse: "Können Sie noch nachvollziehen und der Bevölkerung vermitteln, was mit der Rechtschreibreform los ist?"
Stoiber: "Die Reform ist sicher nicht mein Herzensanliegen. Es zeigt sich aber auch hier, daß die Leute immer weniger akzeptieren, was oben beschlossen wird. Und ich möchte vermeiden, daß genau so etwas wie mit der Rechtschreibreform auch mit dem Euro passiert!" (Die Presse 5.3.1998)
Die Rechtschreibreform wurde also auch als Machtprobe zwischen Regierung und Volk durchgezogen. Man wollte testen, wie weit man gehen kann.
– geändert durch Theodor Ickler am 06.04.2001, 14:43 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.04.2001 um 20.15
verhindern mein schnelles Antworten. Da jetzt Ferien kommen werde ich alles genau lesen und beantworten. Herr Ickler, ich bin wirklich auch an Ihren Petitionen interessiert. Was kommt auf Ihre Bundespetition vom Bundesgerichtshof zurück? Haben Sie den Text hier irgendwo veröffentlicht? Da ich bei weitem nicht alles gelesen habe, freue ich mich auch auf die versprochenen Texte.
P.S.: Auch ich schreibe Petitionen ( als private Person), allerdings nicht wegen der Rechtschreibreform, aber wer weiß was noch alles kommt- am Schluss werde ich noch eine "Reformgegnerin :-)". Meine "nur zu überschlagenden" Ratschläge sind allerdings Erfahrungen.
eingetragen von Theodor Ickler am 03.04.2001 um 14.44
Kürzlich erschien eine umfangreiche Festschrift für den bekannten Germanisten Herbert E. Wiegand (Heidelberg): Sprache im Alltag. Walter de Gruyter Verlag, Berlin, New York 2001. Die Beiträge sind überwiegend in herkömmlicher Rechtschreibung (Wiegand selbst lehnt die Reform ab), aber einige auch in reformierter. Darunter der einer langjährigen Mitarbeiterin des IDS, Prof. Ulrike Haß-Zumkehr. Sie schreibt:
"Am Erfolg versprechendsten scheint die Annäherung ..." (S. 59)
Genau solche Folgen der Reform waren der Grund dafür, daß sogar die Urheber Korekturen der Regeln für unumgänglich notwendig erklärten. Inzwischen haben die Wörterbücher in Absprache mit der Kommission ja auch "erfolgversprechend" wiederhergestellt. Aber selbst wenn es nicht so wäre, würde man einer Professorin für deutsche Sprache nicht zutrauen, sehenden Auges einen solchen Schnitzer zu begehen.
Im selben Band steht ein Aufsatz von Burkhard Schaeder. Er schreibt natürlich in der von ihm mitgestalteten Reformorthographie, jedoch gleich dreimal "sogenannt". Da er an der Quelle sitzt, dürfte er bereits wissen, daß die ganz ungewöhnlich dämliche Neuschreibung "so genannt" keine Zukunft hat. Er schreibt auch "zum ersten, zum zweiten" (S. 238) - was ebenfalls gewisse Hoffnungen weckt.
Professor Peter R. Lutzeier schreibt möglichst viel ss, zum Beispiel auch in "stösst" und "schliesslich".
Besonders wild treibt es Sigurd Wichter, Professor in Münster. Er streut einige wenige "dass" oder "zusammemgefasst" über seinen Text, aber gleich darauf heißt es wieder "daß", "muß" usw. Dem Jubilar dürfte all dies wenig Freude bereiten.
– geändert durch Theodor Ickler am 04.04.2001, 18:09 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 03.04.2001 um 13.52
Die Vorstellung, daß sich die neue Rechtschreibung immer mehr durchsetzen wird, ist naiv. Zum einen wird die neue Rechtschreibung als solche in Richtung "alte" Rechtschreibung korrigiert werden. Zum zweiten vergeht den Leuten irgendwann die Lust an dieser Reform, wenn sie allmähnlich erkennen, daß die ganze Reform nichts bringt als unnötiges Kopfzerbrechen, Verwirrung, Riesenkosten usw. Bei der Frankfurter Allgemeinen hat das etwa ein halbes Jahr gedauert, bis den Redakteuren die Sache zum Hals heraushing (und noch einmal ein halbes Jahr, bis die Rückkehr zur bewährten "alten" Schreibung beschlossen war). Bei anderen, die sich nicht so intensiv damit beschäftigen müssen, dauert das natürlich länger. Aber was werden die Leute sagen, wenn die Reformregeln zur Hälfte oder auch (in einem ersten Schritt) nur zu einem Viertel wieder geändert werden, wenn die Lexika unwiderruflich unbrauchbar werden, die Rechtschreibliteratur wieder umgearbeitet wird usw.? Dann werden sich unter anderem all diejenigen bestätigt fühlen, die sich bis dahin so gut wie überhaupt nicht um die neuen Schreibungen gekümmert haben. Und das ist der dritte Punkt: Wer lernt denn schon um? Ich gehe davon aus, daß die Mehrheit der jetzt Erwachsenen ins Grab sinken wird, ohne ein einziges Mal die Schaedersche Erweiterbarkeit/Steigerbarkeit-Regel angewendet zu haben, die angeblich die halbe Zusammen-/Getrenntschreibung umformen wird; und wie lange bleiben solche Leute, die jetzt zwanzig oder älter sind, noch am Leben? Vielleicht noch sechzig Jahre. Bis dahin haben wir also gerade bei denen, die von der Neuregelung profitieren sollen (Wenigschreiber, schwache Schreiber) nicht die neuen Regeln, sondern mindestens zwei Rechtschreibungen: die alte und die neue (oder mehrere neue). Und viertens: Von Konsalik bis Grass heißt es "Niemals neue Rechtschreibung". Also, entweder kehrt man zurück zur Einheit, oder man behält auf sehr, sehr lange Zeit, weit über unser Erleben hinaus, eine gespaltene "Rechtschreibung". Wobei Rechtschreibung nichts anderes heißt, als daß man sich einig ist, wie man schreibt. Wenn eine Nation mit Gewalt die Schreibweise der Schriftsteller als "falsch" behandelt, ist das das Dümmste, was man in Sachen Rechtschreibung tun kann. Mir scheint, Frau Menges kann über ihren Tellerrand nicht hinausblicken. Es gibt nicht nur ihren Unterricht, sondern noch einiges mehr an Texten und Textproduktion.
eingetragen von Norbert Schäbler am 02.04.2001 um 19.41
Liebe Frau Dr. Menges!
Sie erklären neuerlich, daß Sie einem gewissen Zwang ausgesetzt sind, und als Argument für Ihre Handlungsunfähigkeit zitieren Sie Rahmenrichtlinien eines Lehrplans, die jeder einzelne Lehrer mit Leben füllen kann und muß.
Ich kann allerdings nicht begreifen, daß sie die Grobziele des Lehrplans in ihrer nahezu grenzenlosen Interpretierbarkeit als Einengung verstehen.
Wenn beispielsweise der Lehrplan von "Rechtschreibstrategien" spricht, dann ist es mir persönlich höchste Freude, Ehre und Pflicht, meinen Schülern eine bewährte Strategie vor Augen zu führen.
Oder, wenn ich beispielsweise in der schriftlichen Sprachgestaltung (die so immens gesteuert ist vom Adressatenbezug) das Grobthema "Kommunikation in brieflicher Form" angehe, dann ist es für mich absolute Notwendigkeit, dem Schüler klarzumachen, daß er eine vertrauens- und respektvolle Atmosphäre schaffen muß, die sich nicht zuletzt im groß geschriebenen "Du" ("Sie") ausdrückt.
Ich kann mich des Verdachts immer seltener erwehren, daß Sie hier angebliche Hilflosigkeit zur Schau stellen und andere Leute von dem abhalten, was sie notwendigerweise tun müssen.
Sollten Sie tatsächlich Hilfe benötigen, können Sie dies in privatem E-Mail-Verkehr bewerkstelligen. Ich gehe davon aus, daß Ihnen jeder einzelne aus unserem Kreis aufrichtige, sachliche und fachliche Ratschläge zukommen lassen würde.
Die E-Mail-Adressen der je nach Situation von Ihnen auszuwählenden Adressaten sind leicht zu finden...und wo ein ernster Wille ist, ist auch ein Weg!
Ihr derzeitiger Weg ist mir zu suspekt! In der Öffentlichkeit werde ich Ihnen nicht mehr antworten.
__________________
nos
eingetragen von Theodor Ickler am 02.04.2001 um 17.39
Sehr geehrte Frau Menges,
die problematische Lage, in die die Lehrer durch die Reform geraten sind, ist mir von Anfang an bewußt gewesen, und ich habe in vielen Schulen vor dem Inkrafttreten darüber referiert. Mich bewegen allerdings mehr die Nöte von Lehrern, die jetzt gegen ihren Willen gezwungen sind, wissentlich Falsches (objektiv grammatisch Falsches) zu unterrichten, als die Wehwehchen von Lehrern, die die Reform befürworten und nur hier und da ein wenig unzufrieden sind.
Was Sie über Petitionen Lehrreiches zu raten versuchten, habe ich überflogen, aber es hat mich nicht zu einer Antwort bewegen können, weil ich mit Petitionen sehr reichhaltige Erfahrungen gesammelt habe. Wir haben ja nicht geschlafen all die Jahre über, verehrte Frau Menges, und eigentlich könnten Sie wissen, was wir alles unternommen haben, politisch und juristisch. Gerade hielt ich meinen letzten Bescheid vom Petitionssausschuß des Bundestages in den Händen, da fingen Sie an, Ihre guten Ratschläge zu erteilen.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Reinhard Markner am 02.04.2001 um 16.55
Bin kein Lehrer, schiele auch nicht.
Noch Fragen, Frau Menges ?
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.04.2001 um 15.13
Sehr geehrter Herr Ickler,
es geht mir um die sachliche Diskussion der Problematik, der wir ausgesetzt sind. Abgesehen davon, dass mir einiges an der neuen Rechtschreibung gefällt ( ich bin nun schon vorsichtiger), sind wir verpflichtet, die Anwendung der neuen Regeln einzuführen. Es würde mich auch interessieren, was Sie mit Ihrem Wörterbuch amtlicherseits bezwecken wollen oder können. Ganz einfache Fragen- natürlich kann man meinen Texten ein Unbehagen entgegenbringen, wenn ich Lehrpläne zitiere. Es soll nur klar machen, was wir ( die Lehrerschaft) auszuführen haben. Es ist nicht möglich dies nicht zu unterstützen. Diese auf Lehrer bezogenen Diskussion ist viel zu oberflächig. Weiter: Meine Texte in Bezug auf Petition werden zum Beispiel nicht beantwortet, obwohl sie aus der politischen Wahrheit sprechen.
Dazwischen darf auch mal etwas Poesie (eine andere Art der Sprache) vorkommen, dies steht sicherlich der sachlichen Argumentation nicht entgegen. Ich bin hier um der Diskussion willen und auch darum die andere Seite der Diskussion zu verstehen, dass heißt ich erwarte durch meine Beiträge auch Verständnis. Zusätzlich möchte ich auch meine Argumentation zu Beispiel zu A-bece ( >vgl altes Gästebuch) darlegen. Ich schreibe doch die Konsonanten auch nicht aus (Ienesteeruemeente = wäre dann Instrument).
Wenn wir ein anderes Regelwerk hätten, das nach amtlichen Regeln ausgelegt ist, würden wir keinen Duden und keinen Bertelsmann brauchen.
Es werden immer mehr Kinder und Jugendliche sein, die diese Schreibweise( neue Rechtschreibung) eingehen. Über diesen Satz kann man sich aufregen oder nicht. Es wird wohl so kommen.
Für Paul Wühr ( der Text ist ja nicht von mir und wer sagt er versteht ihn, lügt wohl) ist ihr Ausdruck orphisch richtig, für mich nehme ich gerne urig in Anspruch. Das Wort bedeutet ursprünglich und originell. Das nehme ich dann als Kompliment und ich bedanke mich dafür.
Herr Schumacher,
ich habe in meinem Leben schon soviele Beiträge geschrieben, dass ich weiß, wovon ich spreche. Das Gedicht "Nichts" konnte ich nicht in Gedichtform einschreiben, denn die Zeilen bis zum break
waren zu lang. So entstand also jetzt ein Gefüge aus Sätzen und nicht aus Strophen. Das ist kein Beinbruch. Nur kann man es deutlich in der Vorschau sehen, dass ich in Strofen geschrieben habe. Dies würde das Lesen dieses Textes ein wenig erleichtern. Aber es lässt sich die Breite wohl aus der Konstellation des Gästebuches nicht erweitern.
eingetragen von Theodor Ickler am 01.04.2001 um 19.04
Verehrte Frau Menges,
was habe ich denn heute Schlimmes gesagt? War mir gar nicht bewußt. Welchen sachlichen (!) Wert Ihre poetischen Ergießungen haben, leuchtet mir allerdings auch nicht ein. Wollten Sie Herrn Salzburg damit umgarnen? Und wie soll man sachlich (!) darauf antworten? Ihre Texte haben oft was Orphisches oder, bescheidener gesagt, Uriges. Mal amüsiert es mich, mal möchte ich ausrufen Iam satis est!
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Dominik Schumacher am 01.04.2001 um 18.52
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von RenateMariaMenges
Leider hat das neue Gästebuch die Formatierung irgendwie nicht richtig dargestellt.
Doch, Frau Menges, die Formatierung wird hier exakt so wiedergegeben, wie Sie sie schrieben. Und Sie können ja eine ganze Zeit an Ihren Beitrag heran und ihn nochmals ausbessern, falls er Ihren Wünschen nicht ganz entspricht. Was HTML erlaubt, ist auch hier innerhalb der Beiträge möglich. Für den Zweifelsfall gibt es sogar die Vorschau-Taste.
__________________
Dominik Schumacher
übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.04.2001 um 16.59
meine Herren, Sie haben das Gedicht tatsächlich gelesen.
Das freut mich umso mehr, da ich mich persönlich nicht um Parties oder Partyhengste kümmere. Ich habe mir das Buch gekauft. Es sind wirklich gute Gedichte oder besser Verse, nein es könnte Kunstprosa sein, zu lesen.
Kann sich ein Markner vorstellen, wie lange man braucht um diese Kunstprosa richtig abzutippen?? Wohl kaum, aber an dem Wort zerissen oder zerisen sehe ich, dass er wohl als Lehrer? sehr sorgfältig nach der Rechtschreibung schielt. Aber richtig formatiert sieht man es in der Ansicht. Leider hat das neue Gästebuch die Formatierung irgendwie nicht richtig dargestellt.
Herr Ickler - heute waren Sie mir ja im alten Gästebuch mehr als ungnädig. Eine kleine Provokation und ... Können Sie nicht ausnahmsweise genau an meinen Beispielen Ihre Argumentation aussprechen? Dafür sehe ich hier die Diskussion. Ich verstehe, dass Sie nicht mehr geduldig sind, aber trotzdem. Gerade versucht ein Mensch Ihren Gedanken einigermaßen zu folgen, dann dieses. Na ja, den Ton bin ich hier ja auf alle Fälle gewohnt. Ich hoffe noch immer auf eine ansprechende Antwort.
Und der neue Duden hat die Aufschrift- nach der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibung. Ich bitte um eine an der Sache definierte Diskussion. Danke!
eingetragen von Reinhard Markner am 01.04.2001 um 13.21
Das ist es wohl vor allem, man könnte es auch "verse dropping" nennen.
Ich nehme aber stark an, daß Wühr »zerrissen« schreibt, nicht »zerissen«.
eingetragen von Theodor Ickler am 01.04.2001 um 07.21
Aber Herr Salzburg!
Damit Sie nicht länger den Geruch des Banausentums mit sich herumtragen, müssen Sie jetzt schnell dem "Freundeskreis Paul Wühr" (gibt's wirklich!) beitreten, das Paul-Wühr-Jahrbuch lesen und viele Partys vor allem in München besuchen, um dort einige unverständliche, aber tiefsinnige Bemerkungen über Wühr abzusetzen. Wenn Sie das alles hinter sich haben, dürfen Sie hier wieder antreten und sich gehorsamst zurückmelden, noch besser mit einer Unbedenklichkeitserklärung von Lutz Hagestedt.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Sigmar Salzburg am 01.04.2001 um 06.54
Das soll wohl ein Beispiel für die angestrebte Mengessche Vereinfachung der Rechtschreibung sein, hier der Zeichensetzung. Angenehm ist die ss-arme Orthographie. Es ist auch sicherer, fremde Texte ohne Verantwortung für die Logik zu veröffentlichen. Dankbar bin ich für die Anregung, auch eigene unfertige Texte allgemein_bildenden Inhalts, die ich schon wegwerfen wollte, ohne Interpunktionen in Zeilen zu gießen und als Lyrik zu recyceln.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.03.2001 um 12.22
Dieses Gedicht ist geschrieben in einer besonderen Sprache. Ich stelle es hier zur Diskussion:
Nichts von Paul Wühr
gibt es ohne den Geist auch das kleinste aller
Wesen kommt nicht ohne den Geist aus
das Nichts gibt es nicht alles Wirkliche
sagt Alfred North Whitehead in dessen
Gedanken wir hier im Buch stehen
ist bipolar sowohl als Physis als auch als
Geist
gibt es nach Whiteland nichts Wirkliches
ohne Geist gibt es Physis pur so wenig
wirklich wie Geist pur das sagen hier
die Gebrüder Asam die nicht mehr in
Kirchen malen und formen sondern
in Gedankengebäuden die in den USA
hochgeführt
wurden wann nämlich in diesem morbiden
zerissenen Europa wird endlich einmal nicht
mehr nur von alten zerissenen Religionen
und nicht mehr von einem Verstand gerettet
den man nach wie vor Geist nennt und mit
dem man der Ameise gerade diesen Geist
aberkennt der als
Widersacher der Seele auftreten muß
die uns bei Gott hier doch besonders übel
mitspielt allen Juden und Christen da gibt
es das Gehirn als ihren materiellen Sitz
Cabais als Platzhalter oder genauer
Broca und Gall und Konsorten lieber
Cosmas
für den interaktiven Dualismus
zu Damian existiert der Geist zwar
unabhängig vom Gehirn überlebt
dessen Tod hat die Verbindung aber
zum Menschen verloren wo bitte wird
er sich aufhalten wir müssen ja schon
dankbar sein
wenn Geist und materielles Gehirn
unterscheiden werden Emergentismus
der Lorenz der Popper aber mit dem
Gehirn schwindet auch der Geist oder
Man malt und formt wie wir wie
verrückt und noch dazu alle die
Gedanken aus
von einem der keine Schwierigkeiten
mit dem Verfall des Gehirns hat zwar
der Neurobiologie hält sich allein
an die Gehirnstrukturen nur Eccles denkt
an einen unsterblichen Geist aber wieder
wo gibt es ihn
was für ein Wahn es gibt hier doch
keinen Dualitäten Wirkliches wird
bei Gott nicht vernichtet das Wesen
zerfällt nicht weil es im Geist Physis
bleibt obwohl alles das vergangen ist was
so ein Wesen erschuf ist es unsterblich
eben in seiner
physischen Form einfach unvorstellbar die
Auferstehung des Fleisches sagt Cosmas
die Hirnforscher suchen Anschluß an den Geist
den sie gar nicht meinen wir aber reden nicht
wie die Christen von einer aristotelischen Seele
es wird nichts vernichtet alles ist immer
im Geist
vorhanden der aber kann nicht sterben
aber eas das Zeug hält hauchen heute
unsere Denker ihren Geist aus da
grüße ich DeLillo Alles fällt sagt er
unsauslöschlich der Vergangenheit anheim
Amerika du hast es besser wie sagt
unser Whitehead
hat dieser Loslösung des menschlichen Geistes
von den physisch materiellen Atom wenn
führende Ereignisse von einem Teil des Hirns
zum anderen gehen diese Freiheit des
Geistes aber die pathologischen Fälle sprechen
wieder dagegen sich Whitehead auszumalen
ist bodenlose Kunst
da liegen wir Armen oben im Schatten
eins pragmatischen Körpers wann endlich
werden die Idealisten ad acta gelegt
wann endlich geht aus den ablagen
mit Schelling hervor was wirklich
eine Einheit aus Geist und aus Physis
darstellt
in der wir uns solidarisch als Teil fühlen
der das Neue immer neben allem Neuen
erlebt der Tod will uns doch immer
nur Autolyse vorspielen über die ganze
Vegetation als immer schon der Materialist
der sich selber mir in der Physis sehen will
siehe
sagt Egid Quirin obwohl sie zerfällt
wirft sie kein Bild des Todes zurück
>b>Der erlauchte Leser erlaube mir dieses lange Gedicht- die Rechtschreibreform.com wird es aushalten.
eingetragen von Sigmar Salzburg am 31.03.2001 um 11.46
[R.M.Menges:] Das Rechtschreiben hat schon lange seinen Stellenwert verloren. Trotzdem sollte man im Anschluss an die Schule richtig und rechtschriftlich sicher sein. Dieses Dilemma ist schon lange in Sicht.
Von Frau Menges mußte ich auch schon hören:
Lieber Sigmar,
... von Lyrik und Gedichten scheinen Sie aber reichlich wenig zu verstehen. Ist ja auch eine andere Sprache ... (so wie chinesisch, sorry)
Um das wieder gut_zu_machen, lasse ich Lyrik von Friederike Kempner (1836-1904) folgen:
Poesie ist Leben
Prosa ist der Tod.
Engelein umschweben
unser täglich Brot.
„Zeitgenossen und Nachwelt schätzten die markante Persönlichkeit nicht zuletzt als Klassikerin des unfreiwilligen Humors: ihre Verse, am hohen Ton der nachklassischen Lyrik ausgerichtet, sind dem eigenen Anspruch nicht gewachsen und wimmeln von Verstößen gegen die Logik."
Wie treffend ist verdichtet, daß Prosa lyrisch ambitionierter Damen tödlich sein kann, besonders wenn sie in Sorge um das tägliche Brot auf die Regeln der Logik leichtfertig verzichtet!
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.03.2001 um 11.05
Ich verspüre einen gewissen Humor von Th. Ickler, aber trotzdem muss man die Leitsätze selber überprüfen :-), denn
est rerum monium magister usus
(Erfahrung ist die beste Lehrmeisterin in allen Dingen).
eingetragen von Theodor Ickler am 31.03.2001 um 10.10
und natürlich auch scribendi (71f.). Horaz war also auch gegen die Rechtschreibreform und für den deskriptiven Ansatz, die Orientierung am tatsächlichen Sprachgebrauch. Deshalb hat er auch mein Rechtschreibwörterbuch vorbestellt, sogar in zwei Exemplaren, eins für sich selber und eins für seine Gespielin.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 31.03.2001 um 09.40
quid ferre recusent, quid ferre recusent, qui valeant umeri. Horaz, De arte poetica 38 ff.
"Ihr, die ihr schreibt, nehmt einen Stoff, der euren Kräften angemessen ist und wägt lange ab, was eure Schultern zu tragen sich weigern und was sie tragen können."
Ausgehend von diesem Satz ein paar Wörter zum Rechtschreiben in der Schule. Das Rechtschreiben hat schon lange seinen Stellenwert verloren. Trotzdem sollte man im Anschluss an die Schule richtig und rechtschriftlich sicher sein. Dieses Dilemma ist schon lange in Sicht. Dieser Satz kann auch für die Lehrer gelten, wenn ich diese ganzen Bemerkungen zum Lehrerdasein und der Rechtschreibreform genauer lese.
Beispiel zu dem genannten Lehrplan ( man könnte jeden anderen Lehrplan ebenfalls verwenden) S. 242 ff. KWMB I So./Nr.1/2000
Deutsch Jahrgangsstufe 4:
4.1. Sprechen und Gespräche führen
4.1.1. Sprechen und einander zuhören
4.1.2. Sich und andere informieren
4.1.3. Miteinander sprechen und umgehen
4.1.4. Sprache spielerisch umsetzen
4.1.5. Verständlich und ausdrucksvoll sprechen
4.2. Für sich und andere schreiben
4.2.1.Texte verfassen und Texte überarbeiten
4.2.2. Richtig schreiben
Wahrnehmung schulen und Strukturen erkennen
Rechtschreibstrategie erweitern
Rechtschreibstrategien sichern
4.2.3. Die Schrift weiterentwickeln
4.3 Sprache untersuchen
4.3.1 Sprache als Zeichensystem erfahren und verstehen
4.3.2. Sprachliche Mittel untersuchen und bewusst nutzen
4.3.3. Vielfalt und Reichtum der Sprache erfahren und nutzen
4.3.3. Fachbegriffe und Arbeitstechniken kennen und gebrauchen
4.4. Lesen und mit Literatur umgehen
---
---
---
Es geht weiter mit den Fremdsprachen in der 4. Jahrgangsstufe
Rechtschreiben kann nur ein Teil des Unterrichts sein und Rechtschreiben als unterrichtsimmanentes Lernziel nimmt weiter ab, je höher die Klasse ist. Sie wird auch in der Bewertung eines Aufsatzes nicht mehr so schwer bewertet, kann aber trotzdem noch zu einer Notenverschlechterung führen. Aber das ist seit vielen Jahren.
Es geht vielmehr um die Gliederung, den Inhalt und um die passenden Argumente.
Scribendi recte sapere est principium et fons. Horaz, De arte poetica 309 ff.
Anfang und Ursprung rechten Schreibens ist vernünftiges Denken.
Dieser Satz, der schon bei Horaz eine wichtige Rolle gespielt hat, gilt heute immer noch genauso.
eingetragen von Christian Melsa am 29.03.2001 um 22.48
Frau Menges, da Sie ja zwischendurch auch schon anmerkten, es müßten nicht nur die Rechtschreibregeln vereinfacht werden, man müsse eigentlich noch weiter gehen, dachte ich, Sie würden damit eine Sprachreform jenseits der Orthographie fordern. Ihre Anregung, Substantivierungen generell zu unterlassen, kann ich auch nicht anders interpretieren.
Allerdings würde es mich interessieren, warum bei einer redlich begründbaren Motivation zum Eingriff in gebräuchliche und bewährte Schreibnormen ein Eingriff in die "Sprache an sich" unterbleiben sollte? Korrekt zu sprechen ist noch schwerer als korrekt zu schreiben! Klar, wer spricht schon ununterbrochen druckreif? Käme man in der Schule etwa auf die Idee, sprachliche Unkorrektheiten in mündlichen Beiträgen der Schüler minuziös zu protokollieren und darauf fußend zu sanktionieren? Nein, aber mit deren Schriftstücken wird so verfahren. Wie ich mittlerweile festgestellt habe, bin ich mit meiner persönlichen Forderung, die Benotung der Rechtschreibungleistung in der Schule lockerer zu handhaben, nicht ganz allein. Die Lehre selbst sollte natürlich bleiben, dazu ist die Schule schließlich da. Der Reformansatz ist nun der denkbar schlechteste: Es wird einfach am Inhalt der Lehre willkürlich herumgebastelt, wovon dummerweise nicht nur die Schüler betroffen sind. Die Härte der Abfrage, des Leistungsdrucks, bleibt aber unverändert - nein, sie steigt sogar noch an, weil die Schüler nun noch viel eher die Regeln genau und ihre Einzelfälle und Sonderbarkeiten noch viel genauer kennen müssen, weil sie nicht einfach die Schreibung reproduziern dürfen, die sie außerhalb der Schule überall antreffen können, weil die allgemeine Rechtschreibdisziplin dank der Reformverwirrung rückgängig ist, vieles Schriftwerk daher orthographisch weniger verläßlich, und weil diese neuen Regeln noch umfangreicher und komplizierter sind als die bisherigen - außer in Bereichen, wo einfach nur blind gestrichen wurde, die damit aber auch nicht unbedingt leichter zu meistern sind.
Wenn Vereinfachung der "Sprache an sich" zu weit geht, dann tut das auch die Vereinfachung einer speziellen Kommunikations- und Speicherungstechnik, der sich die Sprache bedient: der Schrift. Denn in ihr soll sich ja die Sprache widerspiegeln, mitsamt all ihrer Tiefenstrukturen und Höchstleistungen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 29.03.2001 um 14.44
Wer Petitionen schreibt muss sich auch mit den Genehmigungsbehörden auseinandersetzen und unter Umständen mit ihnen zusammenarbeiten.
Aus ehrlicher Absicht und in der Hoffnung einiges weitergeben zu können, beschreibe ich kurz einen Vorgang, den man anwenden kann:
Eine Petition schreiben heißt, sich mit der Gegenseite auseinanderzusetzen. Die Genehmigungsbehörde muss bei Petitionen reagieren.
Meist kommt es soweit, dass wenigstens Auflagen (Erschwernisse) eingebaut werden. Dies heißt aber auch mit der Genehmigungsbehörde zusammenarbeiten und mit deren Beratungstätigkeit weiterkommen. Behörden sind heute auch zur Beratung verpflichtet. Natürlich kommt es auch auf den Umgangston und auf den Einfluss der Petitionsschreibenden an. Dies trifft sowohl für Petitionsschreiben an die Länder, als auch an den Bund zu. Mehr Gespräche bringen mehr Einflussmöglichkeiten.
Daher die Nachfrage, warum ist nicht schon früher direkt Einfluss genommen worden?
Trotzdem glaube ich, dass Herr Ickler einiges erreichen kann. Aber besser wäre ein Zusammentragen vieler Fakten (wie es hier geschieht) und ein Zusammennehmen vieler Fachleute, die ihren Weg der Möglichkeiten zu einer Petition sehen.
Meine Stellungsnahme ist klar:
Ja, zur neuen Rechtschreibung, aber eine eindeutige Verbesserung und auf Dauer gesehen eine Vereinfachung der Rechtschreibung.
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.03.2001 um 18.38
Dieses Zitat von Hermann Hesse scheint sich in unserem Sinne zu bewahrheiten.
Im Grundsatz sind unsere Meinungen gleich, Herr Ickler, in der Außenansicht nicht. Beide sind wir nicht ganz zufrieden, wie die Rechtschreibung derzeit ausgeführt werden muss. Gerade bei der Getrennt - und Zusammenschreibung werden sich aber unsere Geister trennen. Ich schreibe zum Beispiel lieber zwei Wörter, wenn ich sie beim Sprechen automatisch auch trenne. Vorne spielt das Wort ruhigstellen eine Rolle, also ruhig stellen kann man meines Erachtens direkt auseinanderstellen. Es gibt aber noch eine Menge anderer Beispiele. Was mich aber wirklich stört sind die Ausnahmen, die Sie so gut beschreiben Herr Ickler. Trotz den Reizen der neuen Rechtschreibung ärgere ich mich hier sehr.
Norbert Schäblers Idee des Dementi sehe ich wirklich als schwierig an. Warum ein Landkreis, evt. nur eine Schule sich einer Petition stellt, wenn Sie doch ganz Deutschland angeht? So wie Herr Riebe das macht ist es richtig: Es ist nur möglich mit allen Bundesländern gegen eine so gerichtete Sache vorzugehen. Außerdem hat er persönlich nichts mehr zu befürchten.
Tipp 1 ( für nos): Einer alleine kann hier nichts ausrichten, nur eine größere Gemeinschaft. Gelassenheit ist auch hier gefordert, denn sonst kommt man nicht weiter.
Tipp 2 ( für nos) Warum beteiligen Sie sich, Herr Schäbler nicht im Verfahren der Bewerbung eine weiterführende Stelle zu suchen. Engagierte Lehrer werden in Vorstandschaften und in Schulleitungen gebraucht, keine Lehrer, die immer Ja und Amen sagen.
Zur Frage: Hätten Sie sich....
Wieso sollte ich mich, Herr Schäbler in etwas eintragen, wenn ich doch schon zu dieser Zeit in der neuen Rechtschreibung schreiben musste oder schrieb.
Es ist richtig Petitionen vor der Genehmigung zu schreiben um vielleicht Auflagen zu erreichen, aber so wie die Sache gelegen ist, war das einfach in Ihrem Fall zum Scheitern verurteilt.
Herrn Melsa versucht das Vereinfachen der Sprache mit ein paar Wörtern zu beschreiben. So einfach ist das nicht:
Wenn ich Ihnen in meiner Berufssprache schreibe, werden Sie das Lexikon zu Rate ziehen. Wenn es zu wissenschaftlich wird, interessiert es zum Teil nicht mehr, aber wenn es im Bild-Zeitungs-Jargon steht höre ich persönlich zu lesen auf.
Fazit: Die Vereinfachung der Regeln hat nicht unbedingt mit einer einfacheren Sprache zu tun. Inhalte und Formulierungen spielen nach wie vor eine große Rolle.
eingetragen von Norbert Schäbler am 26.03.2001 um 21.17
Liebe Frau Dr. Menges!
In den Pfingstferien des Jahres 1997 (17.05. bis 02.06.1997) war ich in Sachen Rechtschreibreform sehr aktiv. Unter anderem händigte ich einigen mir bekannten Lehrern vorgefertigte Petitionslisten an den Deutschen Bundestag aus. Eine dieser Listen hängte ich selbst am 03.06.97 in meiner Schule an das Schwarze Brett. Andere Lehrer machten es in Ihren Schulen ebenso.
Nur eine Woche später erließ das Schulamt im Landkreis Aschaffenburg ein Aushangverbot und erwirkte damit, daß die Petitionslisten aus den Lehrerzimmern verschwanden. Dieses Verbot habe ich am 11.06.97 schriftlich angefordert und schwarz auf weiß erhalten. Das Dokument werde ich demnächst unter dem Leitfaden "Briefwechsel mit Schulamt und Regierung" veröffentlichen.
Besonders schlimm war es, daß nach dem Verbot nur noch sehr wenige Lehrer unterschrieben, da sie keinen Ärger mit dem Schulamt bekommen wollten, und daß mir mehrere Lehrer ihre Listen nicht zurückbrachten. Zwei dieser Lehrer befürchteten, bei einer bevorstehenden Beförderung übergangen zu werden. Beide sind heute Konrektoren, während vier, jeweils mit zehn Unterschriften gefüllte Petitionslisten im Papierkorb landeten.
Die zurückerhaltenen Petitionslisten wurden zunächst Herrn Riebe zugesandt und später dem bundesdeutschen Parlament zugestellt.
Hätten Sie, liebe Frau Doktor, sich damals eingetragen?
Ich glaube kaum, denn die Schulfunktionäre sind doch zum Aufpassen verpflichtet und müssen die Weisungen von noch weiter oben schön nach unten ausgießen.
Spielen Sie uns doch kein Theater vor. Die Hände sind Ihnen doch gebunden. Vermutlich hätten Sie - ähnlich wie im Schulamtsbezirk Aschaffenburg - das Recht mit Füßen getreten?!
Haben Sie das immer noch nicht kapiert? Es geht um Grundrechte!
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 26.03.2001 um 19.45
Das Wortspiel ist gut, Frau Menges, Sie steigern sich ja gewaltig. Und inzwischen kümmert sich ja auch Herr Ickler ganz rührend um sie. Das ist allerdings auch ein bißchen leichter, als sich mit dem Genöle z. B. von Herrn Wrase und mir auseinanderzusetzen, denn da kann er aus dem Fundus bewährter Argumente schöpfen.
Mein Buch ist für schlappe 29 Mark erhältlich, selbst in Bayern. Der Verlag hätte was dagegen, wenn ich hier etwa längere Auszüge hineinstellte. Damit kann ich leider nicht dienen.
eingetragen von Theodor Ickler am 26.03.2001 um 17.08
Verehrte Frau Menges,
wenn Sie von der alten Rechtschreibung sprechen, meinen sie deren Darstellung im Duden, während ich mit demselben Begriff wirklich die alte Rechtschreibung meine. Darum verstehen wir einander nicht. "Ausnahmen" sind immer auf Regeln bezogen. Die Rechtschreibung ist zunächst einmal einfach so, wie sie ist, Wort für Wort. Erst wenn man sie auf Regeln bringt, tauchen Ausnahmen auf. Aber vielleicht sind die Regeln falsch? Wenn man andere Regeln findet, die die Tatsachen besser beschreiben, verschwinden auch manche Ausnahmen. Wir haben das hier durchexerziert am Beispiel der "Substantivgroßschreibung". Nach Auffassung des Reformers Gallmann ist die Kleinschreibung bei "seit langem" usw. eine Ausnahme, nach meiner Darstellung ist es keine Ausnahme. Nach den Reformern ist die Kommalosigkeit in ""So?" fragte sie" eine Ausnahme, nach meiner Darstellung ist es keine Ausnahme. Usw.
Nachtrag: "leicht verdaulich" haben Sie schon immer schreiben können; es gab allerdings daneben auch die Zusammensetzung, mit einem starken Akzent auf der ersten Silbe. Haben Sie sich schon einmal gefragt, woher das kommt, samt der Neigung zur Zusammenschreibung? Ebenso zu "allgemeinbildend, allgemeingültig" usw. Das sind ja keine Erfindungen verrückter Orthographen gewesen. Hier sind aber jetzt Ausdrucks- und Unterscheidungsmöglichkeiten beseitigt worden, und das ist nun wirklich nichts Gewachsenes, sondern Anwendung bestimmter schlechter Theorien, weiter nichts. Welchen Grund Sie haben, darüber "froh" zu sein, sehe ich nicht so recht.
– geändert durch Theodor Ickler am 27.03.2001, 19:39 –
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.03.2001 um 14.37
>Befehl ist Befehl, und Bier ist Bier !
[Man beachte das Komma hinter Befehl]
Ich dachte, Herr Reinhard Markner kann nur zwei nacheinander nachfolgende Sätze schreiben, aber ich muss erkennen, dass er auch mehr schreiben kann. Kann man da ein paar Auszüge aus seiner Veröffentlichung lesen???
Herr Wrase,
eines haben wir gemeinsam. Nach Ihren Kochrezepten können Sie nicht kochen, sondern überlassen das vielleicht den Frauen. Ich kann nicht kochen, das heißt, ich mag es nicht können. Ihr Umgangston ist erstmals normalisiert und etwas gemildert. So kann man damit leben. Meine Philosophie: Wenn jemand so ungemütlich wird, wie Sie waren, kann man nichts erreichen. Das sind keine politischen Wege, nein, damit erreicht man das Gegenteil.
Sorry, aber das sind Erfahrungswerte! Und ich stelle fest, dass Herr Wrase ein "Süßer ist" ( Mars, Snickers, Gummibärchen). Ich mache mir schon wieder Gedanken um ihn!
Herr Jansen hat erkannt, dass sich die Gegner auf die Füße treten, Annäherungsversuche gibt es aber schon. Wo kämen wir hin, wenn die Kritik nicht genehmigt würde:
Die Maßnahmen des dritten Reiches gebe ich Ihnen ( die damit argumentierten) hiermit zurück. Sie hätten gerne den Diskurs verhindert und vor allem verblüffend, die Reformbefürworter als Störenfriede bezeichnet. Welch eine verblüffende ÄHNLICHKEIT.
Und Herr Melsa,
das ist richtig: Mir geht es auch nicht um das Privatvergnügen, sondern darum richtig in der Gesellschaft zu verfahren. Das hat mir der Befehlsempfängerei nichts zu tun. Wenn ich überzeugt von etwas bin, dann unterrichte ich es, sonst nicht, meine Herren. Falsches würde ich niemals unterrichten.
Aber wie so immer muss ich erst mal wieder die Ausführungen Melsas genau durchlesen, um auch richtig zu antworten. Werkzeuge am Computer: Das einfachste ist nicht das beste Werkzeug, aber zum Lernen ist es gut. Also Ihr Beispiel in Ehren, aber so einfach kann man es sich nicht machen.
Herr Ickler,
ich bin ja jetzt schon mal gerne zum Zuhören bereit, aber die beste Orthografie ist nicht die "alte Orthographie". Nein, sie ist mit Ausnahmen übersät, wie die neue Rechtschreibung auch und da bin ich grundsätzlich dagegen.
Herr Schäbler, lieber nos
was ist jetzt mit der Politik? Ihr Beitrag war etwas mager. Haben Sie sich schon mal mit Petitionen und deren Weiterführung befasst? Haben Sie schon mal gehört, dass man mit Mehrheiten weiterkommt? Wussten Sie, dass man durch Petitionen auch Teilerfolge erringen kann? Ich erwarte dringenst Ihre persönlichen Antworten darauf. Darf ich Sie nun fragen, was Sie arbeiten? Lehrer? Journalist? Ich weiß es nicht mehr ( falls Sie es schon mitgeteilt haben).
eingetragen von Wolfgang Wrase am 26.03.2001 um 11.47
Stellen wir uns vor, in der Schule würde das Kochen von der ersten Klasse an Gegenstand des Lehrplans. Ob das sinnvoll wäre oder nicht, sei hier dahingestellt. Dann käme doch Frau Dr. Menges und begehrte eine Kochreform nach dem Motto: "Alle rezepte müssen so einfach wie möglich werden, damit die kinder keine fehler machen können." Demnach würde ihre Kochreform alle bisherigen Kochbücher und Rezepte als "falsch" erklären (in einer siebenjährigen Übergangszeit als überholt, danach als falsch) und zum Beispiel folgendes Regelwerk als allgemein verbindlich erklären.
A. Hauptspeisen
§ 1 Spagetti mit ketschap
Die spagetti zirka 10 minuten in kochendem salzwasser bissfest kochen, dann in einem sieb auffangen. Mit ketschap servieren.
§ 2 Mackaroni mit ketschap
Die mackaroni zirka 10 minuten in kochendem salzwasser bissfest kochen, dann in einem sieb auffangen. Mit ketschap servieren.
§ 3 Spiralnudeln mit ketschap
Die spiralnudeln zirka 10 minuten in kochendem salzwasser bissfest kochen, dann in einem sieb auffangen. Mit ketschap servieren.
B. Kalte speisen
§ 4 Apfel
Den stiel aus dem apfel herausdrehen. Das fruchtfleisch vom apfel abbeissen, bis das kernhaus übrig bleibt.
§ 5 Banane
Die banane schälen und dann stücke von der banane abbeissen.
§ 6 Karotte
Die karotte ggf. schälen und die enden abschneiden. Dann stücke von der karotte abbeissen.
C. Nachtisch
§ 7 Mars
Die verpackung aufreissen und mars essen.
§ 8 Snickers
Die verpackung aufreissen und snickers essen.
§ 9 Gummibärchen
Die tüte aufreissen, gummibärchen herausholen und essen.
§ 10 Schokolade
Die verpackung aufmachen, schokolade in mundgerechte stücke zerteilen und essen.
Mit Hilfe dieser vereinfachenden Kochreform wird Dr. Menges die Kinder und Lehrer glücklich machen und eine ideale Notengebung in allen Schulklassen erzielen. Dafür wird sie vom Bundespräsidenten mit dem Goldenen Ehrenkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
eingetragen von Theodor Ickler am 24.03.2001 um 15.27
Wie die neuen Regeln aussehen werden, weiß zur Zeit noch niemand, vermutlich sind sie noch nicht ausformuliert. Ihr Inhalt ist jedoch mit großer Sicherheit aus den neuesten Wörterbüchern zu erschließen, nämlich Bertelsmann 1999, Duden 2000 und Duden-Universalwörterbuch 2001. Meine Analysen der ersten beiden stehen hier unter den Aufsätzen, die Besprechung des dritten erscheint in wenigen Tagen und wird dann ebenfalls hier eingestellt. Man beachte auch Prof. Munskes Analyse in der "Deutschen Sprachwelt". Beide Verlage haben mitgeteilt, daß sie ihre Änderungen in Übereinstimmung mit "Beschlüssen" der Rechtschreibkommission vorgenommen haben; die Kommission ihrereseits hat bestätigt, daß die so geänderten Wörterbücher ihren Absichten entsprechen und "zuverlässig" sind.
Es handelt sich aber in jedem Fall nur um ein Zwischenstadium; weitere Regeländerungen werden bald folgen.
Ich möchte jedenfalls die Freunde der Neuregelung ernstlich davor warnen, ihr Herz an Dinge zu hängen, deren Vergänglichkeit nur zu deutlich ist. Sogar Herr Zehetmair gibt ja inzwischen zu, daß nicht alles so gut läuft. Privat hat er das schon immer gesagt. Vor ein paar Wochen schrieb er mir, nachdem er sich sehr freundlich für zugesandte Informationen bedankt hatte: "Ich bleibe bei meiner bewährten Auffassung." Das war aber so pythisch formuliert, daß ich nicht erkennen konnte, auf welche seiner Auffassungen er sich bezog.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.03.2001 um 15.00
Wenn Sie wirklich die neuen Bestimmungen wissen, dann aber bitte mitteilen.
Wie Sie diesesmal richtig bemerkt haben, beklage ich mich nicht, sondern möchte nur darauf hinweisen, was ich als erleichternd finde. Aber wenn Sie die neuen Regeln wirklich real schon kennen, dann bitte in das Gästebuch:
Aber schreiben Sie bitte ja nicht, Sie dürfen nicht.
Da muss man hier mit herber Kritik rechnen. Außerdem verteidige ich nur was ich schön finde. Das müssen Sie mir schon lassen, mein Schönheitsempfinden und meine Ästhetik über die neue Rechtschreibung(darüber hat sich aber noch niemand ernsthaft beklagt).
Ihre interessierte
RenateMariaMenges
eingetragen von Theodor Ickler am 24.03.2001 um 14.34
Über die Zusammenschreibung bei substantivierten Infinitiven, sehr verehrte Frau Menges, beklagen Sie sich doch nicht etwa? Das ist ja eine unabänderliche Folge der deutschen Grammatik, denn das "Rad Fahren" kann es einfach nicht geben. Ich habe es immer für eine falsche Auslegung gehalten, wenn der Duden den Eindruck zu erwecken suchte, "Rad fahren" sei falsch. "fahren" kann mit jeder Bezeichnung eines in Frage kommenden Fahrzeugs verbunden werden, die Zusammenschreibung "radfahren" war eine zusätzliche Möglichkeit ("Lizenz" habe ich es in den letzten sechs Jahren immer genannt). Über diese Dinge ließ sich jederzeit reden, eine Reformnotwendigkeit ergab sich nicht daraus. In meinem Rechtschreibwörterbuch ist die Sache so dargestellt, wie sie sich wirklich verhielt, und deshalb war dieses Wörterbuch notwendig. Leider hat man (aus sachfremden, überwiegend geschäftlichen Gründen) den Fehler begangen, die Regelungsmaterie zu ändern (und zwar katastrophal oberflächlich und grammatisch ignorant), statt ihre Darstellung im Duden zu verbessern und die Haarspaltereien auszukämmen. Nun erleben wir den qualvollen Rückbau der Reform, der sich noch lange hinziehen kann. Und nebenher blamieren sich viele, die die neuen Regeln noch verteidigen, während deren Urheber schon wieder ganz woanders sind.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.03.2001 um 14.23
Mit den Beiträgen Ickler, Salzburg und Schäbler kann ich wenigstens umgehen und mir meine Gedanken machen und darüber schreiben. Ich bin Ihnen sozusagen sogar dankbar, dass ich nur mit Kritik umgehen muss. Aber ich werde erst über die unmöglichen Worte eines Herrn Wrases nachdenken, ob ich hier überhaupt noch schreiben werde. Allerdings fühle ich mich überhaupt nicht unfähig, nicht unkritisch und nicht undemokratisch. Ich zeige nur Wege auf, die wir gehen. Und an Ihren Reaktionen merke ich auch, dass diese Wege nicht nur uns bewegen, sondern auch sie und Sie, die diese Beiträge lesen. Meine Rechte und Plichten als Beamtin kenne ich allerdings, darüber brauche ich nun wiederum keine Aufklärung.
Ich habe eine sehr liebenswürdige Netzpost bekommen. Darüber bedanke ich mich öffentlich noch einmal, um einfach Dinge hier einordnen zu können.
Bitte beachten Sie, ich beklage mich nicht über die Rechtschreibung, nein ich zeige einfach unsere Wege, die wir tagtäglich gehen.
Und bitte vergessen Sie nicht, dass ich auch um einges froh bin: Rad fahren, quer gehen, leicht verdaulich.
Trotzdem wir dann wieder bei der Substantivierung "das Radfahren" schreiben müssen.
eingetragen von Theodor Ickler am 24.03.2001 um 13.21
Zur Zeit sind die Lehrer an staatlichen Schulen gezwungen, objektiv Falsches zu unterrichten. Ich glaube, daß sie ihre Kritik daran äußern dürfen, bin allerdings juristisch nicht so weit im Bilde, daß ich sagen könnte, wie weit sie damit gehen dürfen. Sie können den Dienst quittieren, aber nicht verweigern. Der Rechtsweg steht ihnen allerdings offen. Am besten wäre eine Klage von Eltern, deren Sprößling letzten Endes wegen einer richtigen, vom Lehrer aber als falsch beurteilten Schreibweise sitzengeblieben ist. Das könnte man natürlich nur geltend machen, wenn es sich um den Tropfen handelte, der das Faß zum Überlaufen brachte, und außerdem steht einem solchen Verfahren zur Zeit entgegen, daß auch die bisherigen Schreibweisen noch geduldet werden. Da dürften nur sehr geringe Aussichten für den Kläger bestehen.
Während wir auf das Jahr 2005 warten, wird die Neuregelung mehr und mehr zurückgebaut, bis man kaum noch etwas zu fassen kriegt, was so eindeutig falsch ist wie die neue Getrennt- und Großschreibung. Wahrscheinlich wird nur die ss-Schreibung übrigbleiben, die zwar sinnlos ist, aber ausreicht, um die grundsätzliche Unterwerfungsbereitschaft zu demonstrieren (Menges usw.) bzw. zu erzwingen (KMK und Schily). Man wird dann sagen können: Das Ganze war zwar Unsinn, aber der deutsche Bürger kuscht, und nur darauf kommt es an. Die Zeitungen werden ein paar Witzchen machen über die komischen Jahre, als sie "so genannt" und "heute Abend" schrieben, und das war's dann auch schon.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.03.2001 um 12.28
Durch Ministerialerlaß vom 22. Juli 1933 wurde der „deutsche Gruß" allen „Beamten, Angestellten und Arbeitern von Behörden" zur Pflicht gemacht und erstreckte „sich auch auf die Lehrer und den Grußverkehr in den Schulen" (Zentralblatt 1933, S. 203).
In einer besonderen Ausführungsbestimmung für die Schulen heißt es: „Der Lehrer tritt zu Beginn jeder Unterrichtsstunde vor die stehende Klasse, grüßt als erster durch Erheben des rechten Armes und die Worte 'Heil Hitler'; die Klasse erwidert den Gruß durch Erheben des rechten Armes und die Worte 'Heil Hitler'. Der Lehrer beendet die Schulstunde, nachdem sich die Schüler erhoben haben, durch Erheben des rechten Armes und die Worte 'Heil Hitler; die Schüler antworten in gleicher Weise." [...]
Die anfängliche Komik der neuen Grußpflicht wich bald einer Gewohnheit, die über die persönliche Unterwerfung nicht mehr nachdachte und sie so in das eigene Denken und Fühlen übernahm. Das erging Lehrern und Schülern genauso wie der übrigen Bevölkerung, auch wenn hier und da „lässig" gegrüßt wurde und Lehrer dies beklagten.
[Bearbeitet nach den „Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte" (Kiel) Heft 35 (April 1999); der Autor Robert Patett, Dr. phil., geboren 1926, Lehrer a.D., befaßt sich mit schleswig-holsteinischer Schulgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts.]
Die Fortsetzung für die Jahrtausendwende könnte lauten:
Durch Erlaß der Kultusminister wurde am 1.8.1998 die ss-Schreibreform an allen Schulen zur Pflicht gemacht. Die Erlasse zur Einführung bei den Behörden von Bund und Ländern folgten innerhalb des nächsten Jahres, die Gleichschaltung der Presse am 1.8.1999, die Beseitigung des demokratischen Volksentscheids gegen die „Reform" am 17.9.1999.
Die anfängliche Komik der neuen Rechtschreibung wich bald einer Gewohnheit, die über die persönliche Unterwerfung nicht mehr nachdachte und sie so in das eigene Denken und Fühlen übernahm. Das erging Lehrern und Schülern genauso wie Teilen der übrigen Bevölkerung, auch wenn hier und da „nachlässig" geschrieben wurde und die Kultusminister dies beklagten.
– geändert durch Sigmar Salzburg am 25.03.2001, 16:36 –
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Schäbler am 24.03.2001 um 10.46
Sehr geehrte Frau Dr. Menges!
Ich glaube Sie verwechseln da etwas, wenn Sie von Ergebenheit sprechen.
Offensichtlich sind Ihnen die feinen Abstufungen nicht bewußt zwischen: Loyalität, Hörigkeit und Unterwürfigkeit, denn all Ihre bisherigen Beiträge zeugen von einer Ergebenheit, die mich zum Übergeben reizen!
Sie stellen Ihre permanente Hilflosigkeit, Ihre Paralysierung in einer Weise zur Schau, daß es einem speiübel wird. Und Sie - eine regungslos verharrende, ohnmächtige und entmündigte Person - werben darum, daß andere Menschen Ihnen nachfolgen. Das ist doch paradox! Sie bewegen sich doch nicht einen Zentimeter aus Ihrer geistigen Dunkelheit heraus. Sie sind doch ein Ausbund von Unfreiheit, geknebelt und gefesselt durch eine Rechtschreibreform, die wissenschaftlichen Ansprüchen und demokratischen Mindestforderungen nicht im entferntesten genügen kann.
Ich möchte Sie erinnern an Ihren Amtseid, den Sie auf die Verfassung abgeleistet haben.
Und ich darf hier Ihr geschichtliches Wissen auffrischen. Ich erinnere daran, daß zwischen dem Soldateneid der Weimarer Republik bzw. der Bundesrepublik Deutschland und dem Fahneneid unter Adolf Hitler ein gewaltiger Unterschied besteht. D.h.: Nur ein einziges Mal in den zurückliegenden 80 Jahren wurde die Treue gegenüber einer Person - dem Führer - gelobt. Selbiges endete in einer Katastrophe!
Liebe Frau Dr. Menges,
machen Sie sich davon frei, daß Sie den Handlanger und Wasserträger bornierter und demokratieunfähiger Personen spielen. Dienen Sie einer Sache und nicht dem Willen wirtschaftlicher und politischer Interessenverbände. Nutzen Sie die im Grundgesetz verbrieften Rechte der freien Meinungsäußerung, der Freiheit von Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre (Art. 5 GG). Diese Rechte gelten nicht nur für Professor Ickler. Sie gelten für alle Bundesbürger - auch die neu hinzugekommenen sowie alle standesgemäßen notorischen Befehlsempfänger.
Und falls Sie in Ihrer Hilflosigkeit Handlungsanleitungen suchen, dann schauen Sie einmal in diesem Forum unter dem Leitfaden "Schule" nach. Auch dort können Sie sich äußern. Aber bitte nicht in dieser plumpen, sich selbst neutralisierenden Form!
__________________
nos
eingetragen von Reinhard Markner am 24.03.2001 um 10.21
Befehl ist Befehl, und Bier ist Bier !
[Man beachte das Komma hinter Befehl]
eingetragen von RenateMariaMenges am 24.03.2001 um 08.54
im Fach Deutsch steht auf S.27 "Die Schüler erhalten erste Einsichten in die Prinzipien der Rechtschreibung... sie lernen durch eigenständiges Erproben und Vergleichen, sowie Nachdenken über Schreibweisen Rechtschreibphänomene kennen und eignen sich grundlegende Rechtschreibstrategien an... Die Grundlage dafür ist der verbindliche Grundwortschatz.
Dieser Lehrplan ist ein Amtsblatt ( KWMB1 I So.-Nr. 1/ 2000). Natürlich sind unsere Amtsblätter und Amtsvorlagen in neuer deutscher Rechtschreibung geschrieben.
Warum möchte man dann ein Zurück, wenn alles amtliche bereits geregelt ist? Ich kann mir kaum vorstellen, dass von der neuen deutschen Rechtschreibung nochmals jemand abweicht, wenn ich unsere Vorlagen so ansehe.
Einzelne Menschen in Ministerien und in Ämtern haben selbstverständlich eine eigene Meinung, aber nicht die wissenschaftliche Freiheit diese auch zu äußern ( wie im Beispiel Prof. Ickler). Eigene Meinungen und Amtsvorlagen können durchaus einmal variieren, warum denn nicht. Deshalb ist der getreue Staatsdiener doch noch ein getreuer Staatsdiener.
Demokratie heißt auch sich Beschlüssen zu beugen. Trotzdem lebt Demokratie, zum Beispiel auch von ihrer und Ihrer Kritik. Deswegen finde ich dieses Forum gut, aber gleichzeitig sehe ich keinen Weg zum "Zurück zur alten Rechtschreibung", sondern nur zum "Verbessern dieser jetzt eingegangenen Rechtschreibung".
eingetragen von Theodor Ickler am 20.03.2001 um 14.42
In der "Elternzeitschrift", die das bayerische Schulministerium an Gymnasien verteilt, ist seit geraumer Zeit "auseinandersetzen" in reformwidriger Zusammenschreibung zu lesen. Fast könnte man an Obstruktion denken, zumal wenn noch - wie in der neuesten Nummer - der sagenhafte "Spass" hinzukommt. Daß "so genannt" weiterhin getrennt geschrieben wird und auch immer noch die unfreiwillig selbstironischen "allgemein bildenden" Schulen zur Sprache kommen, widerspricht dieser Vermutung nicht unbedingt.
Aus einem anderen deutschen Ministerium wird mir vertraulich mitgeteilt:
"In Zweifelsfällen entscheiden wir uns ganz bewußt für die scheußlichere Fassung, um den Schmarrn auch richtig deutlich zu machen."
Leider darf ich die Quelle nicht nennen, weil mein Informant sonst sicherlich in große Schwierigkeiten käme. Die Rechtschreibreform wird ja überall mit Gewalt durchgesetzt, weil es anders gar nicht geht.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von Wolfgang Wrase am 19.03.2001 um 15.01
Daß die Rechtschreibreform als demokratisch (oder demokratisch legitimiert) bezeichnet wird, ist in der Tat so, wie wenn ein Angriffskrieg "zur Sicherung des Friedens" losgetreten wird. Die Demokratie ist aber nicht das einzige, was hier ins Gegenteil verkehrt und dennoch mit dem originalen Etikett versehen wird. So treten die Reformer ja gerne mit dem angeblichen Auftrag auf, "die Einheitlichkeit der Rechtschreibung zu sichern", dem sie mit Hilfe der Reform nachkommen müssen. Oder man redet davon, daß die Reform auf breite Akzeptanz stößt, obwohl fast alle, die neu schreiben bzw. das versuchen, das unter Zwang tun.
Da ist es schon relativ fortschrittlich, wenn sich manche Politiker darin gefallen, sich beim Volk mit der (ehrlichen) Bewertung beliebt zu machen, die Reform sei "überflüssig" (was allerdings stark untertrieben ist, denn die Reform hat gewaltige Nachteile, Kosten usw., ohne ihr Ziel je erreichen zu können). Dieselben Politiker äußern jedoch in der Regel, man könne die Reform nun leider nicht mehr aufhalten (das ist gelogen). Diese relativ aufgeklärte und zur Hälfte ehrliche Darstellung unserer "besseren" Politiker läßt sich also wie folgt zusammenfassen: Die Rechtschreibreform ist überflüssig, aber ihre Durchsetzung ist unvermeidbar. Oder noch knapper: Die Reform ist zugleich überflüssig und notwendig.
Diese lächerlichste aller Reformen ist also in mindestens vierfacher Hinsicht als Absurdität gekennzeichnet:
1. Absolut undemokratische Durchsetzung - Bezeichnung "demokratisch"
2. Chaotisches Ergebnis - Parole "Sicherung der Einheitlichkeit"
3. Überall unfreiwillige Umsetzung - offizielle Darstellung "Niemand wird gezwungen"
4. Insgesamt mehr als überflüssig - Politiker-Urteil "unvermeidbar"
eingetragen von Theodor Ickler am 19.03.2001 um 04.24
Niemand bezweifelt, daß die Rechtschreibreform gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchgesetzt wird. Das ist sogar die Voraussetzung für die gesamte "Strategie", also den besondern Weg, den man diesmal gegangen ist. Ein Politiker sagte damals: Wenn die Länderparlamente mit der Reform befaßt werden, ist sie schon gestorben.
Die demokratische Legitimation der "Gremien" ist äußerst dünn. Man muß nachlesen, wie die kleine Reformertruppe sich "den Auftrag holte" (Zabels Ausdruck). Deutlicher wird der Vorgang bei der Annullierung des erfolgreichen Volksentscheids in S.-H. - Diese Geschichte muß irgendwann einmal erzählt werden; Herr Dräger kennt sie am besten.
Und dieselben Parteien, die den einzigen erfolgreichen Volksentscheid außerhalb Bayerns zu Fall brachten, schwafeln jetzt wieder über die Wünschbarkeit von Volksentscheiden! Sogar Thierse, der es sich widerstandslos gefallen ließ, daß die Regierung (wie ihre Vorgängerin) den Beschluß des Bundestages vollkommen ignorierte. Überall wurde die Parteiräson befolgt. Ob Geld geflossen ist, werden wir wohl nie herausbekommen, da die Pressemedien aufgrund eigener Verstrickung nicht recherchieren.
Grotesk wird es, wenn die Reformer zur Verteidigung des "demokratischen" Charakters ihrer Reform darauf verweisen, daß innerhalb des internationalen Arbeitskreises "demokratisch abgestimmt" wurde. Als wenn das irgend jemanden interessierte, ob innerhalb einer Verschwörerbande Mehrheitsentscheidungen fallen!
eingetragen von Christian Melsa am 18.03.2001 um 21.29
Na ja, aber es wird doch wohl noch die Frage sein, ob man Realitäten hinnehmen möchte oder nicht, ob man Zustände einfach akzeptiert, so daneben sie auch sein mögen.
Demokratie kennzeichnet sich übrigens nicht durch repräsentative Gremien, das ist nur die spezielle Form der Realisierung in den meisten demokratischen Ländern. Demokratie ist nun einmal die Volksherrschaft, das bedeutet das Wort und daran gibt es nun wirklich nichts zu relativieren. Wenn die herrschende Schicht etwas anderes durchführt als vom Volk gewollt, ist das undemokratisch, auch wenn diese herrschende Schicht vom Volk vorher einmal (mit stark begrenztem Artikulationsraum) gewählt wurde.
Daß so etwas stattfindet, sollte durch das Grundgesetz eigentlich ausgeschlossen werden. Man braucht sich also nicht einmal auf vielleicht zu utopisch angesetzte Ideale zu beziehen, es reichen bereits handfeste, glasklar formulierte Artikel des Grundgesetzes. Das ist ja gerade das Heuchlerische an solchen undemokratischen Vorgängen wie der Rechtschreibreform: Der Staat verleugnet seine eigene geistige Grundlage.
eingetragen von RenateMariaMenges am 18.03.2001 um 16.04
Selbst auf die Gefahr wieder Vorwürfen ausgesetzt zu sein,Herr Ickler,
"selbstständig"- ja so ist es mir einfach angenehmer.
Ich finde es geradezu erleichternd, dass dieses Wort heute so geschrieben wird.
Wir werden Norbert Schäbler brauchen zur politischen Diskussion: Christian Melsa- was ich geschrieben habe sind Tatsachen, keine Bewertungen. Unterschriften ( egal wie viele) landen im Keller, ganz sicher. Ob das demokratisch ist, war hier nicht die Frage. Es sind Realitäten.
Gremien,Leute vertreten eben das Volk- so sind die Bestimmungen. Die Gremien erarbeiten Satzungen, Leitlinien,Inhalte über die dann abgestimmt wird. Das ist der demokratische Weg.
Und Herr Ickler: Sie sind überzeugt, dass sich etwas ändern wird und Sie schreiben, dass die alte Orthografie besser war, gleichzeitig wollen Sie kein Zurück- Protagonist sein ( aus Ihren Beiträgen). Was bitte schlagen Sie dann wirklich von heute ausgehend vor? Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.
Ihre Aussagen bezüglich der beruflichen Situation der Journalisten ... empfinde ich als sehr positiv ( altes Gästebuch).
eingetragen von Christian Melsa am 18.03.2001 um 10.14
Frau Menges,
leider komme ich zur Zeit nicht so gut dazu, hier viel zu schreiben. Einige kurze Worte deshalb nur zu Ihren letzten Beiträgen:
Was für eine Chaos-zu-Ordnung-Begebenheit war denn das am Computer? Sollte es einfach um die Beseitigung des Chaos gehen, könnte man ja nicht wirklich behaupten, daß die Ordnung dem Chaos zu verdanken sei, sondern gerade durch seine Beseitigung wäre die Ordnung ja erst eingetreten.
Sie erinnern daran, daß heutzutage in einer Kultur der schriftlich übermittelten Kurznachrichten ohnehin ständig verschiedene Orthographien verwendet werden. Doch um so wichtiger wäre es doch dann, daß es demgegenüber eine eindeutige Einheitsorthographie gibt! Persönliche Eigenheiten dürfen doch ruhig existieren, nur der allgemeine Standard sollte eben ein Standard sein, kein Beliebigkeitsbrei und auch keine verhunzte Version des eigentlichen Standards. Das hat nichts mit spießiger Ordnungsliebe zu tun, sondern mit Funktionalität.
Weiterhin stellen Sie ganz richtig fest, daß uns die Neuschrieb-Schulbücher sicherlich noch eine Weile erhalten blieben, womöglich gar eine zehnjährige Dekade (wenigstens keine zwanzigjährige oder so). Das ist also zwar immerhin richtig, aber was soll daran gut sein? In Wirklichkeit hat man schlicht ein paar Schreibweisen, die vorher als falsch gegolten hätten, neu in die Bücher hineinoperiert. Aus den bereits ausführlich erwähnten Gründen kann es so nur zu Verwirrung kommen. Und hier muß man ganz ausdrücklich auf das Auslöserprinzip hinweisen, nach dem natürlich die Reform schuld an dieser Verwirrung ist, nicht etwa diejenigen, die bei der gewohnten Rechtschreibung bleiben wollen - die haben schließlich nicht die gegenwärtige Situation herbeigeführt. Dennoch wird der Schwarze Peter in mancher öffentlichen Diskussion den Reformgegnern zugeschoben, denen nachgesagt wird, sie wollten den Fortschritt aufhalten oder hätten ihn bloß noch nicht verstanden, wenn etwa einige Publikationen immer noch oder schon wieder in der alten Rechtschreibung erscheinen.
Ein engagierter Sprachforscher sollte mit seiner Materie soweit vertraut sein, daß er erkennt, wie wunderbar und unglaublich ausgeklügelt die Sprache sich aus sich selbst heraus gebildet hat. Wie Professor Munske etwa, der während seiner Reformerarbeit feststellen mußte, daß man wohl doch besser alles so ließe, wie es ist, daß jede normative Veränderung keinen Nutzen hat, sondern viel eher zu überflüssigem Ärger oder gar Schaden bzw. Verlust in der Sprache führt. Mit welcher Legitimation sollte irgendein heutiger Sprachforscher an einem so alten Instrument , das elementar aus nichts als Tradition und Konvention besteht und für Millionen von Menschen gilt, herumbasteln? Die gegenwärtige Rechtschreibreform wurde von einer Gruppe Leuten erarbeitet, deren personelle Stärke noch nicht mal der einer einzigen Schulklasse beträgt, und die Ideen dieses Winzclubs sollen nun ohne Kompromisse (nicht mal ihnen selbst zuliebe!), ohne Gnade, aber auch ohne demokratische "Störungen", all den Menschen aufgezwungen werden, denen man sie überhaupt nur aufzwingen kann. Allein diese totalitäre Anmaßung ist ethisch sowas von rückständig, daß ich einfach nicht begreifen kann, warum sie von so vielen Personen, die sich selbst wahrscheinlich für unheimlich modern und progressiv halten, derart angepriesen und gefördert wird.
Eine weitere Vereinfachung hätte mit denselben Widrigkeiten zu kämpfen. Wohin die Sprache nicht von alleine steuert, dazu sollte man sie nicht zwingen. Sprachpflege sollte maximal aus Vorschlägen und Appellen bestehen. Normative Änderungen können nur mit Zwang durchgesetzt werden, die Schriftsprache funktioniert aber bereits ohne die Änderungen vorzüglich, sogar noch besser als mit ihnen; Vereinfachungsveränderungen würden in den meisten Fällen diese Funktionalität der Simplifizierung des Systems opfern.
Sie erwähnen, daß sich Rechtschreibung aus dem "realen Wortgebrauch der Schriftsteller, der Journalisten, der weiteren schreibenden Zunft, der Lehrer und Schüler und der Bevölkerung" ergebe. Völlig richtig. So soll es sein. Genau das ist im Augenblick ja nicht der Fall, denn derzeit schreiben die meisten Journalisten, einige Schriftsteller, Teile der weiteren schreibenden Zunft, Lehrer und Schüler nämlich nicht nach einem "realem Wortgebrauch", sondern so, wie es ihnen von künstlichen Vorschlägen, die eben NICHT dem Schreibgebrauch folgen, der Reform, vorgegeben wurde. Die Mehrheit der Bevölkerung tut das allerdings nicht. Warum? Weil man sie dazu nicht zwingen kann. Die Reform wird tatsächlich nur überall dort sichtbar, wo sie erzwingbar ist (und natürlich bei eher oberflächlichen Trendmenschen, die sowieso brav alles mitmachen, was neu wirkt). Spricht das nicht Bände?
Daß sich die Ergebnisse von Unterschriftenaktionen in Kellern stapeln, ist das etwa positiv? Nein, das ist doch gerade der Skandal! Anscheinend gehen Sie ja auch davon aus, daß die Reform eigentlich vom Volk nicht gewollt ist. Daß das Thema weitgehend egal wäre, ist eine Behauptung ihrerseits, die durch Beobachtung der Wirklichkeit nicht bestätigt werden kann. Daher meine Frage: Halten Sie es für richtig, einem Staat einen demokratischen Anstrich zu geben, faktisch dann aber Maßnahmen auch bewußt gegen den Volkswillen durchzuziehen? Oder sollte man sich nicht genau gegen solche Zustände wehren?
eingetragen von Theodor Ickler am 17.03.2001 um 12.30
Brockhaus in einem Band, 8. Aufl. 1998
Das Wort selbständig ist durchgehend ersetzt durch das andere Wort (nicht bloß eine andere Schreibung!) selbstständig. Warum eigentlich?
Der Gebrauch des Bindestrichs in Tausenden von Fällen wie Butter, B.-Milch legt nahe, daß Bindestrichschreibung hier normal ist: Butter-Milch, während sie in Wirklichkeit nie vorkommt.
Daß Wörter wie wiederernannt neuerdings getrennt zu schreiben seien, ist ein Dudenirrtum, der sich hier vielfach findet: Laval (wieder ernannt), Raumfahrt (wieder verwendbar), Stifterverband (wieder gegründet), Zombie (wieder belebt) usw.
Die dudenkonformen neuen Silbentrennungen Rajas-than, Maharad-scha (beide unter Udaipur) sind ziemlich kraß. In Regensburg soll der Immer währende Reichstag getagt haben; das ist jetzt "korrekt", aber ziemlich komisch (währt und währt ...)
Angina pectoris (Pectoris) (auch unter Nitroglycerin)
Herpes zoster (Zoster)
Asti Spumante
Billet
Cash-and-Carry-Märkte
Chargé d'affaires
C. V.: farbentragend - Couleur: Farben tragend
Schwerbehinderte (gibt es nicht mehr, nur schwer Behinderte)
Grislibär (hier paßt die Aussprache nicht mehr)
Hornussen (wieso, wenn doch das u lang ist?)
indische Sprachen: die Erstere
Cyrenaika - Kyrene: Cyrenaica
Magellansche Wolken (Apostroph!)
Nemeth, Laslo
Papinscher Topf (Apostroph!)
Point of sale
Potemkinsche Dörfer (Apostroph; vgl. Duden)
Pronyscher Zaun (Apostroph)
Pugwash: Russel
schwarzes Loch, aber s. v. Quasar: Schwarzes Loch
Rauhes Haus: Wichernsche Anstalten (Apostroph)
Epistolae obscurorum virorum (so auch unter Reuchlin)
Special effect
Stein Charlotte: Schafen (Schaffen)
Unter den folgenden Beispielen ist manches "korrekt" (im Sinn der Kultusminister), aber richtig ist es nicht:
33: zu den Hautflüglern gehörige Staaten bildende Insekten
68: Mexicocity (aber unter dem Stichwort Mexico City)
71: Emb-ryologie
77: Titel von Barlachs Autobiographie: "Ein selbst erzähltes Leben" (statt selbsterzählt)
209: Diese wählen je gleichviel Wahlmänner (Duden anders)
276: nach dem die zuerst eingegebenen Daten als Erste wieder gelesen werden
313: der allgemein bildenden Schule
455: ihren Anspruch, allein selig machend zu sein
790: Frühgeborene
817: wohlschmeckend, übel riechend
825: rötlich weiße Blüten
909: tierfangende Pflanzen, Fleisch fressende Pflanzen
eingetragen von Norbert Lindenthal am 17.03.2001 um 11.39
Brockhaus, 5 Bände, 1978:
altbacken, 1) nicht mehr frisch, einige Tage alt (Gebäck). 2) U muffig, altmodisch.
Brockhaus, 24 Bände, 1996:
(altbacken nicht zu finden)
dafür aber beispielsweise:
Apfelwickler ... Die frisch geschlüpften Larven (Apfel-, Obstmaden) dringen hauptsächlich vom Stielansatz oder Kelch aus in die Früchte ein, und fressen sich bis zum Kerngehäuse durch. ...
[so lerne ich beim Brockhaus-Lesen „die“ Rechtschreibreform-Kommasetzung]
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2001 um 10.10
Nur ganz kurz:
Unterschriftenaktionen füllen erfolgreich die Keller der Parlamente und damit hat sich noch nichts bewegt. Solange keine Petition Recht erzielt hat, ist auch noch nichts gewonnen.
Die Umstellungen und Hausorthografien werden uns sicher amtlich dann erreichen, wenn diese festgelegt sind.
Trotzdem haben wir den Brockhaus in einer Auflage, der genau nach amtlichen Regeln von 1998 geschrieben ist und so schnell nicht mehr wieder für den Einzelnen/für Schulen.. ersetzbar ist. Diese Orthografie wird weiterhin zu lesen sein.
eingetragen von Theodor Ickler am 17.03.2001 um 09.06
Nur damit keine falschen Behauptungen stehen bleiben (die Getrenntschreibung ist Absicht!):
Es haben ungefähr zwei Millionen deutsche Bürgerinnen und Bürger gegen die RR unterschrieben; vergleichbare Zahlen gibt es nicht einmal bei ausländerfeindlchen Resolutionen. Es dürfte kaum ein Thema geben, das so viele Bürger so empört hat. Der Protest wurde abgeschmettert oder zerfloß in einem Schleim von Unzuständigkeitserklärungen und Hinhaltetaktik.
Auch an Petitionen hat es nicht gefehlt. Die abschließende Antwort des Petitionsausschusses des Bundestages erfolgte erst kürzlich und ist recht interessant, wenn sie auch erwartungsgemäß nicht auf eine Rücknahme der Reform hinauslaufen konnte (als BT-Drucksache 14/5259 (pdf) herunterladbar).
Der Umgang der Parteien mit dem Volksentscheid in Schleswig-Holstein darf nie vergessen werden.
Die Bürgen haben sich engagiert, wo und wie sie nur konnten. Die RR ist gegen ihren klar erkennbaren Willen durchgesetzt worden, weil die Reformer an einem Punkt ansetzten, der den Volkswillen auf raffinierte Weise umging (Geiselnahme an den Schülern); daß dies von langer Hand so geplant war, habe ich mit Zitaten nachgewiesen (Schildbürger, Regelungsgewalt).
Was die zwei Rechtschreibungen betrifft: Wir haben viel mehr als zwei Rechtschreibungen und werden bald noch mehr haben. Nicht nur die Hausorthographien tragen zur Vielfalt bei, sondern mehr und noch die Änderungen, die die Kommission inoffiziell, aber dennoch verbindlich bereits beschlossen hat und demnächst ergänzen wird. Während an den Schulen noch die amtliche Neuregelung von 1996 gelehrt wird, ist die Kommission schon weit darüber hinaus. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Lehrer und Eltern merken, wie sehr die neuen Wörterbücher schon wieder von der ersten Generation der umgestellten Literatur abweichen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2001 um 08.03
Wenn ein Anliegen der Bevölkerung oder Einzelnen nicht entspricht ( vgl. Kreuz im Klassenzimmer in Bayern), dann gehen die Leute auf die Straße oder schreiben Petitionen. Dies ist im vorliegenden Fall der Einführung der neuen Rechtschreibung nicht passiert. Es erfolgten keine
- Demonstrationen,
- zu wenig Petitionen,
- und keine Schreiben wegen persönlicher Rechtsverletzungen.
Auch wenn Herr Prof. Ickler vielerlei Briefe geschrieben hat, hat sich die Verordnung nicht geändert. Tatsächlich ändert sich die geschriebene Sprache durch den realen Wortgebrauch
der Schriftsteller,
der Journalisten,
der weiteren schreibenden Zunft,
der Lehrer und Schüler,
und der Bevölkerung.
Wir können davon ausgehen, dass die Bevölkerung zu wenig Interesse an der RSR hat ( vgl. Schmitz). Auch der Einfluss der Gegenreform scheint eindeutig gering zu sein.
Fazit:
Die Rechtschreibung interessiert nur eine gehobene Schicht und hier hauptsächlich Menschen, die davon tangiert sind. Reicht dies aus Verordnungen, die weitgehend in Lexika ( vgl. Brockhaus), Schulbücher etc. übernommen sind rückgängig zu machen oder wäre es wirkungsvoller für einen weiteren vereinfachten Schriftspracherwerb für unsere Nachkommenschaft zu sorgen?
eingetragen von RenateMariaMenges am 17.03.2001 um 07.50
Über die neuen Lesebücher, geschrieben in zweierlei Orthografie:
Ich nehme an, dass wir noch eine lange Zeit mit der alten und der neuen Rechtschreibung leben werden. Es ist nicht möglich nur ausschließlich nach der gültigen Verordnung der RSR die Lesebüchern zu schreiben, denn die Autorenrechte der Schriftsteller werden uns noch eine lange Zeit begleiten.
1. Würde man dem reinen "Zurück zur alten Rechtschreibung" nachgeben, würden die Schulbücher in zweierlei Rechtschreibung ebenfalls lange bestehen, zumindest so lange bis es wieder neue gibt. Wer sich im Schulleben auskennt weiß, dass dies unter Umständen eine zehnjährige Dekade sein könnte.
2. Zu den Beispielen von Prof. Schmitz:
" Das hätte .. schief gehen können..
der es fertig brachte
das öffentliche Leben lahm gelegt.."
Diese Beispiele sind so wie stehen gut verständlich. Ich verstehe die Aufregung nicht!
Ein Anliegen: 15 Bundesländer mussten sich der Verordnung unterordnen. Es werden demnach nur noch Schulbücher in neuer RS gekauft. Wir werden sie auch lange haben.
Die Texte in neuer und alter Orthografie sind in unserer Zweiklassen- Schreibgesellschaft also Tatsache. Schüler lesen beide Rechtschreibmöglichkeiten und werden nach den neuen Regeln unterrichtet. Die Schüler werten die Formen der
Rechtschreibung unserer Zeit als normal. Sie wissen genau nach welcher RS sie schreiben müssen und werden diese auch folgerichtig übernehmen.
Unsere Schüler schreiben sowieso zweigleisig: Chatten, emailen, SMS versenden ist eine Schriftsprache, Schulorthografie die andere.
Fazit: In einer Zeit, in der die neue Rechtschreibung eingeführt wurde, diese aber von Fachleuten nicht eindeutig als ordnungsgemäß eingeschätzt wird, ist es an der Zeit über eine weitere Vereinfachung unserer schwierigen und mit vielerlei Ausnahmen versehenen Rechtschreibung nachzudenken. Genau dies müsste für engagierte Sprachforscher Sache sein.
eingetragen von Karl Eichholz am 16.03.2001 um 11.07
„Ich muss sagen, diese Art der Getrenntschreibung ist leichter, verändert den Sinn des Geschriebenen nicht und ist verständlich." (Menges)
>Resümee
>Die Frau Doktor ist bloß gestellt
na, da gibts doch wohl nichts zu deuteln?
Aber daß Sie jetzt auch noch mit den Statuenstürzern gemeinsame Sache machen, enttäuscht mich doch zutiefst. (siehe altes Gästebuch)
Oder verstand ich was falsch?
Fragen Sie doch lieber danach, ob Ihre Leserbriefe die Menschheit weiterbringen. Ob sie der Zukunftsentwicklung einen Dienst erweisen, ob sie Ihrer Herkunft würdig sind.
Helmut hat es mit den Fettnäpfchen zu größerer Popularität gebracht. Nur Mut! In der Trfferquote sind allerdings Sie bisher ungeschlagen.
– geändert durch Karl Eichholz am 17.03.2001, 16:36 –
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.03.2001 um 07.29
>Resümee
>Die Frau Doktor ist bloß gestellt
>Grüße von Karl Eichholz
Man schreibt eine Woche nicht, dann kommt dieser Eintrag. Oh,Gott! Karl Eichholz, auf was bezieht sich dieses "bloß gestellt"? Gerne erwarte ich Ihre Antwort!
Ich hoffe ich komme dazu, dass ich einen Beitrag gegen Vorurteile, gegen Ressentiments und für Petitionen schreiben kann, mein lieber Karl Eichholz.
Übrigens, Christian Melsa, ich durfte wieder einmal Chaos
im Computerbereich erleben. Kommt oft vor: Aus dem Chaos zur Ordnung kommen ( auch im Computerbereich).
P.S.: Meine Leserbriefe werden in der Regel gerne gelesen- darf ich auch mal ihre werte Meinung hören, Karl Eichholz ????
eingetragen von Reinhard Markner am 15.03.2001 um 23.30
Zu den Fälschern zählen auch Kurt Biedenkopf und Helmut Kohl, die ihre politischen Tagebücher in Neuschrieb herausgebracht haben, was viel über den historischen Quellenwert dieser Produkte aussagt. Ähnliches gilt für Wolfgang Schäubles Memoiren.
eingetragen von Karl Eichholz am 15.03.2001 um 21.00
![]()
Die Frau Doktor ist bloß gestellt
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von Sigmar Salzburg am 15.03.2001 um 19.41
Gerade hatte ich Zeit, in unserer Buchhandlung zu blättern.
Kardinal Ratzinger schreibt noch in der gewohnten Rechtschreibung. Der fortschrittliche Bischof Lehmann dagegen hat in aller Eile trotz seiner unzähligen Verpflichtungen die „neue" Rechtschreibung gebüffelt und schreibt schon fast fehlerlos, soweit man das in dieser Orthographie kann. Dasselbe kann man von Heiner Geißler sagen.
Marcel Reich-Ranicki hat seine Autobiographie selbstverständlich in der gewohnten kultivierten Rechtschreibung geschrieben. Frank Schirrmacher, der sein „Leben in Bildern" bei DVA herausgegeben hat, fand es dagegen unumgänglich, alle biographischen Zitate in die Neuschreibung zu übertragen, sicher zur großen Freude ihres Verfassers. Die Briefe an Reich-Ranicki „Lieber Marcel" im gleichen Verlag sind wiederum in ihrer originalen Orthographie erhalten.
Guido Knopp fälscht dagegen hemmungslos für seinen „Holokaust" die originalen Schriftstücke von Tätern und Opfern in die Rechtschreibung von 1996 um. Es ist zu hoffen, daß dies kein Hinweis auch auf andere „Anpassungen" der Darstellung an den Zeitgeist ist.
Marcel Reich-Ranicki äußerte anläßlich der Rückkehr der FAZ zur Rechtschreibung der gehobenen deutschen Literatur, er wolle die deutschen Klassiker nicht in der neuen Rechtschreibung lesen. Es wird ihm nicht erspart bleiben, solche Greuel zu Gesicht zu bekommen. Im Vorwort zu dem Band „Rainer Maria Rilke – Das Schönste aus seinen Werken" (Eurobooks) lesen wir: „Wir verwenden die von Rilke zu Lebzeiten veröffentlichten Fassungen und haben diese zur besseren Lesbarkeit [!] vorsichtig hinsichtlich der Rechtschreibung und [!] der Orthografie überarbeitet."
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.03.2001 um 22.11
Mir scheint, meine Kritiken waren nicht bissig genug. Die freundlichen, aber eben nur Vermutungen über mich will ich gar nicht richtigstellen, außer in zwei Punkten: mit Musik verdiene ich kein Geld (mehr), und in religiöser Hinsicht bin ich Glaubensasket.
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.03.2001 um 18.45
Hommage a Sigmar Salzburg 11.03.01
Sigmar Salzburg, der hochbegabte Musiker mit seinen sinnigen, feinen Musikstücken und seinen Kritik- und Musikaufführungen. Seine Kritik und Musik können leise und gefühlvoll sein, aber auch raumerfüllend und packend. ER nimmt kein Blatt vor dem Mund und keine Einschränkung vor seinen Musikinstrumenten in Kauf.
Liebend gern kritisiert er weibliche Mitglieder der Diskussionstruppen. Zuweilen spricht er auch von liebenden Göttinnen und deren Umarmungen. Bis heute hat er sie niemals preisgegeben - seine Göttinnen. Sie sind seine künstlerische Freiheit und sein Leben.
Sigmar hat aber auch ein von Schicksal geprägtes Leben. Er geht seinen Weg seit 18 Jahren, einen Weg, der sicherlich nicht leicht ist, aber er geht ihn erhobenen Hauptes und trotzt ihm durch Ironie und Schalk.
Ich kenne keinen weiteren Diskutanten, der so akribisch genau und penibel so viele Wörter gegen die Neue Rechtschreibung gesammelt hat und sammelt. Wörter und Ableitungen interessieren ihn seit frühester Zeit. Wenn es nicht gerade um Rechtschreibung geht, gefällt er sich als Atheist mit der Glaubensbeschreibung der alten Zeiten. Manchmal auch an sich selbst zweifelnd ist er im allgemeinen ein liebenswürdiger, rechtschreibsicherer, kontaktfreudiger Mensch, der schon mal eine geharnischte Kritik hinnehmen kann.
Fast zärtlich ist er zu seinen Wörtern, sein PC scheint überzulaufen, um dann genau zur rechten Zeit das Kriegsbeil auszugraben. Er kritisiert Briefe und allerhand, die die Schreiber oft wohlüberlegt eingestellt haben. Sie haben sich manches die ganze Nacht lang durch den Kopf gehen lassen, um dann zeitig Beiträge, Briefe passend oder unpassend, von seiner Sicht aus auszunutzen.
So ist er, Sigmar Salzburg- immer einen Fuß in der Kritik und einen Fuß in der Produktion. Aber alles in allem kann man ihn so lassen, wie er sich im Internet gibt: Offen, kreativ, sorgfältig, unberechenbar, zornig, einfühlsam, schreibend, gelassen, angreifend und angreifbar - ein Homo sapiens sapiens eben- das ist klar.
eingetragen von RenateMariaMenges am 10.03.2001 um 09.46
NOS:
Ich weiß, dass das Wort "Grüsse" falsch geschrieben ist.
Ich habe es gelassen und nicht verbessert ( vielleicht sollte man ja das ß endlich mal weglassen). Kommt öfters vor...
---
Danke, dass ich hier bei Diskussionsbeiträgen meine Sekretärin nicht einschalten muss und sie mir meine Freiheiten lassen! Ein kleiner Fortschritt ist es ja immerhin. Ich nehme an, dass auch hier unsere/meine Beiträge unser/mein Eigentum sind und sie nicht weiterverwendet werden.
Aber die Gedanken: "Zweiklassenschreiber sind wirklich ganz ernst gemeint!
Ganz privat, ohne Sekretärin, ohne Ambitionen auf eine Laufbahn in http://www.rechtschreibreform.com
verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.03.2001 um 02.45
„ich lese es mit den Augen der neuen Rechtschreibung" (Menges)
Neusste Nachrichten
(yuppi-eye) Seit dem Schlussstrich unter die Diskussion um die „Rechtschreibreform" können sich die Politiker unbeschwert dem Regieren widmen. Der Bundeskanzler braucht nur den Erfolg versprechenden Politikern einen Platz in seinem Kabinett einzuräumen. Viel versprechend ist er selber.
Der Außenminister hatte das Glück bringende Maskottchen aus der Hand seines amerikanischen Kollegen entgegenzunehmen.
Der Verteidigungsminister meinte zum Kampfeinsatz im Kosovo, dass dieser Krieg führenden Staaten zuzumuten sei.
Der Innenminister äußerte Besorgnis erregenden Vorfällen in der rechten Szene nachgehen zu wollen.
Der Verkehrsminister will die Promillegrenze senken und die Kraftfahrzeuge steuerlich höher belasten. Er möchte besonders die Maß haltender Autofahrer besteuern.
Der neue Landwirtschaftsministerin hatte Not leidende Landwirte zu beruhigen. Deshalb braucht sie Gehirn erweichenden Leiden und BSE nicht freien Lauf zu lassen.
Auch bei der Gesundheitsministerin ist an den grauen erregenden Zellen noch kein Rindenwahn erkennbar. Ihre Ernennung war keine Misswahl.
Der Wirtschaftsminister hatte im Kopf stehenden Handel durch neue Subventionen anzukurbeln und der Finanzminister möchte durch Kosten sparende Bürgerinitiativen vom Konsum überzeugen.
Der Umweltminister forderte Leben zerstörende Umweltverschmutzung zu verhindern.
Der Kulturminister fördert die neue deutsche Rechtschreibung in den europäischen Ländern und will einigen Staaten bildende Maßnahmen vorschlagen.
Angesichts der allgemeinen Wirtschaftslage wird in den Kirchen eine tägliche Gebetsstunde angeboten. Niemand wird diese Hilfe suchenden Menschen verweigern, aber ist diese Arbeit suchenden Jugendlichen auch zumutbar?
Der Enterteener Gomez Thottschlak brauchte seinen letzten geistvollen Funken sprühenden Humor nicht in einem gräulichen Aufzug zu präsentieren. Diesmal hatte er Musik liebende Paare zu verkuppeln.
Letzte Meldung aus Oberammergau: Der Jesusdarsteller hatte Not leidend auszusehen.
(„Ich muss sagen, diese Art der Getrenntschreibung ist leichter, verändert den Sinn des Geschriebenen nicht und ist verständlich." (Menges)
[Geändert durch Sigmar Salzburg am 11.03.2001, 09:52]
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Sigmar Salzburg am 08.03.2001 um 10.37
Verehrte Renate Menges,
es fällt mir schwer, nicht zu lästern, sondern nur noch zu reden über
>2.1 Die gemäßigte Kleinschreibung
>2.2. Vereinfachung der Regeln
Das habe ich nämlich bereits ausgiebig getan:
zu 2.1 zuletzt mit einer kleinen Geschichte, deren gemeinter Sinn nicht bestimmbar ist, weil die „gemäßigte" Kleinschreibung die Gegenstände der Rede nicht mehr verdeutlicht. („Floh bekannter Agent?")
zu 2.2 mit einem Brief ¹) an die „fer’eerten gezinungsfroinde" unter den Schweizer Kleinschreibern, der aber dort totgeschwiegen wurde, vermutlich aus Neid, weil sie nicht auf diese geniale Lösung (fast) aller Rechtschreibprobleme gekommen sind. Damit wäre auch das Problem der „ungenügenden Vereinfachung" der Rechtschreibung gelöst.
Wenn ich vom Bundespräsidenten Rau (Nomen est Omen) und von der Präsidentin der KMK eine Antwort erhalten sollte, werde auch ich sie in allen passenden und unpassenden Foren veröffentlichen.
Beide Texte sind hier im Forum zu finden. Neben Zustimmung habe ich auch Zuschriften einiger Kritiker erhalten. Sie meinten, darin nur einen Faschingsscherz o.ä. ohne einen ernsteren Hintergrund erkennen zu sollen. Offensichtlich werde ich bewußt nicht verstanden.
Die „Systematik" der Regelung, die sz-Ligatur zum notwendigen Sonderzeichen zur Bezeichnung vorausgehender Vokale zu verwenden, hatte ich durch einen kurzen Text mit systematischer Ausdehnung auf alle Konsonantenzeichen kritisiert und hier irgendwo hereingestellt. Ich werde ihn nochmal mit gefälligeren griechischen Zeichen darstellen..
Gegen all diesen Spott mit tieferem Sinn, aber auch gegen die Argumente der ausgewiesenen Fachleute hier, kommen jetzt nur nebulöse Sprüche wie „In einer Zweiklassen - Schreibgesellschaft wird es klar werden, wer die Seite des Fortschritts vertritt.", die von einem eher naiven Fortschrittsglauben zeugen und wenig Ansatzpunkte für eine inhaltliche Diskussion bieten, wie sie hier sonst eigentlich üblich ist.
„Schreiber der neuen Rechtschreibung- sind sie auch ideenreich und fortschrittlich? ". Nein, das kann man wirklich nicht sagen. Das hat schon Apar Singh vor langer Zeit im Spiegel-Rechtschreibforum festgestellt. Sie vertreten eine Rechtschreibung, auf die keiner dieser übereifrigen Nutzer vor 1995 von alleine gekommen wäre und die auch niemals vorher irgendjemand entbehrt hat.
¹) fer'eerte gezinungsfroinde!
fiilen dank fyyr di 'unferlangte tsuuzendunk 'iires propagandamateriaals. 'ix haabe 'es 'aofmerkzaam ctudiirt, mus 'aaber laider festctellen, das zii 'in der entwiklunk 'iirer rextcraibunk 'aof halbem weege ctekengebliiben zind, zonst wyrden sii six coon lengst der fon miir entwikelten wisencaftlixen craibreform 'angeclosen haaben. das 'ist nuun di reform, wii zii 'ain gvvte 'ertroimt haaben maak, 'aber tsu ferwirklixen nii 'imctande waar....
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von Norbert Schäbler am 08.03.2001 um 09.31
Fortschrittlich, human und zweckdienlich finde ich es, daß Rechtschreibsicherheit nicht mehr zum Gradmesser einer Karriere gemacht, oder gar als Indikator für den Intelligenzquotienten angesehen wird, denn das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
Warum und wann sollte ein/e "DoktorIn" - phil., dent., psych.., chir. - denn auch genötigt sein, seine/ihre Rechtschreibsicherheit unter Beweis zu stellen. In ihrem/seinem Beruf ist das doch wohl so unnötig wie ein Kropf. Dafür gibt es schließlich auch "SekretäreInnen".
Lediglich bei der Doktorarbeit gilt die Mindestanforderung, daß beim Abschreiben und Zitieren auf Richtigkeit geachtet werden muß - Richtigkeit bzgl. der Sache, Richtigkeit bzgl. des Wortbildes.
Frau Dr. Menges, das ist wohl alles lange her. Oder: Sie waren in Eile; hatten gerade keine Sekretärin zu Hand; Ihr Rechtschreibprogramm bzw. der Thesaurus war nicht eingeblendet; Ihre Brille war nicht geputzt; Ihr Dokument, auf das Sie so stolz sind, war nicht richtig ausgeleuchtet...
Apropos Unterbelichtung: Diese Freiheiten, die ich Ihnen als promovierte Persönlichkeit attestiere, kann ich im Falle von Frau Dr. Schavan nicht einräumen. Grund dafür ist zum einen Art. 22 a des Beamtengesetzes (Einstellungsprüfung...), zum anderen die unbedingt notwendige Vorbildwirkung, die man bei einer hochrangigen politischen Persönlichkeit, insbesondere aber einer Kultusministerin, unbedingt voraussetzt.
Zitat: Art. 22 a, Abs. 2: "Die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn."
Darüber sollte man nachdenken: "Mit freundlichen Grüssen"
__________________
nos
eingetragen von Dominik Schumacher am 08.03.2001 um 08.10
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
vielleicht wissen Sie es nicht: Sie können Ihre Artikel schon in einer Voransicht lesen, und Sie können Ihre eigenen Artikel auch im nachhinein verbessern oder ändern.
Mit freundlichen Grüßen
Dominik Schumacher
eingetragen von RenateMariaMenges am 08.03.2001 um 07.06
Diese Diskussion entstand während der Diskussion auf der Unendlichen Debatte: Die neue Rechtschreibung auf dem Spiegel. Der "Offene Brief" wurde sowohl von Johannes Rau, als auch von Dr. Anette Schavan als Vorsitzende der KMKonferenz beantwortet. Bayern und Baden Württhemberg haben durch Herrn Stoiber/Frau Hohlmeier bzw. Dr. Schavan antworten lassen. Vielleicht sollte man eines Tages auch über die Unzufriedenheit der Zweigleisigkeit und der Unzufriedenheit der ungenügenden Vereinfachung der heutigen Rechtschreibung einen "Offenen Brief" schreiben.
Ständige Konferenz
der KULTUSMINISTER der Länder
in der Bundesrepublik Deutschland-
-Die Präsidentin-
Originaltext: Bonn, den 07.03.01
Sehr Frau Dr. Menges,
für Ihr Schreiben vom 27.01.01 und Ihre dort beigefügten Überlegungen zur Hochbegabtenförderung in Deutschland danke ich Ihnen.
Ihr Grundanliegen, hochbegabte Kinder in der Bundesrepublik Deutschland in angemessener Weise zu fördern und dabei insbesondere Rechnung zu tragen, dass sich diese wegen ihrer Spezialbegabungen nicht als Außenseiter im Klassenverband erleben, findet meine Unterstützung.
Die Kultusminister haben bereits im Jahre 1984 eine " Gemeinsame Erklärung der Länder und des Bundes zur Förderung bundesweiter Wettbewerbe im Bildungswesen im Bildungswesen" verabschiedet und alle beteiligten und interessierten Stellen aufgefordert, die durch die Wettbewerbe angebotenen
besonderen Förderungsmaßnahmen zu nützen.
Darüber hinaus hat sie sich mit Beschluss vom 11.10.91 auf die Formulierung einer
"Grundposition der Länder zur Begabungsförderung" verständigt, die ich als Anlage beifüge. Darin wird auch speziell auch auf die pädagogische Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler eingegangen sowie verschiedene Grundmodelle und konkrete Förderungsansätze beschrieben.
Zugleich allerdings wird festgestellt, dass die Länder wegen ihrer Zuständigkeit in diesem Feld hinsichtlich für notwendig erachteten Systematik von besonderen Fördermaßnahmen, ihrer organisatorischen Institutionalisierung und Anwendung unterschiedliche Wege gehen und unterschiedliche Akzente setzen- ganz im Sinne der von Ihnen als besonders wirksam hervorgehobenen dezentralen Förderungsstrukturen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihre
Dr. Anette Schavan (handschriftliche Unterschrift)
eingetragen von RenateMariaMenges am 07.03.2001 um 07.16
Klare Auseinandersetzungen zwischen den Schreibern der neuen Rechtschreibung oder der alten Rechtschreibung: Alle Schreiberinnen und Schreiber aber sind ausführende Diener einer Sache.
Wer gilt nun als fortschrittlich?
Schreiber der alten Rechtschreibung- sind sie konservativ oder fortschrittlich? Schreiber der neuen Rechtschreibung- sind sie auch ideenreich und fortschrittlich?
Progressiv kann man beide Gruppen nicht bezeichnen.
Die einen wollen die Ihnen sehr bekannte alte Orthographie wieder einführen oder beibehalten, die anderen bei der neuen Rechtschreibung bleiben und diese verbessern.
Wird es eine Zweiklassen- Gesellschaft der Schreibenden geben- oder ist dieser Zustand sozusagen schon eingetreten?
Zum Problem der "Innen" ( übrigens eine Diskriminierung der Männer) habe ich schon vor Jahren folgende Anweisung bekommen: In offiziellen Stellungsnahmen schreibt man Bürgerinnen und Bürger, Lehrerinnen und Lehrer... Diese Art erscheint mir die Schreibweise, die am wenigsten zu Konflikten führt.
Frage: Führt die neue Rechtschreibung zu einem besseren Verständnis? Gibt es weniger Fehler ? Dieses wird sich nicht jetzt herausfinden lassen, sondern erst viel später. Jetzt muss die Fehlerzahl höher sein, denn nicht jeder schreibt perfekt wie Herr Wrase. Ob das Ziel, die Vereinfachung der Rechtschreibung diese Reduzierung der Fehlerzahlen gebracht hat, wird erst durch eine spätere Beurteilung möglich.
In einer Zweiklassen - Schreibgesellschaft wird es klar werden, wer die Seite des Fortschritts vertritt. Heute ist es noch nicht so ganz klar. Die Tendenz besteht aber dazu, dass die die neue Rechtschreibung bevorzugen auch fortschrittlicher sind.
Herr Melsa liebt Beispiele:
Ich habe ein Haus mit vielen alten Möbeln, trotzdem liebe ich meine Küche mit den modernsten Geräten. Ich füge alt und neu problemlos zusammen, daher habe ich auch keine Schwierigkeiten die neue Rechtschreibung anzuerkennen. Es gibt viele alte Regeln, die durch ein paar neue Regeln ergänzt werden können.
Orthographie = Orthografie = orthografie. So könnte die Entwicklung weitergehen ( siehe gemäßigte Kleinschreibung).
Der Fehler und das Verständnis für Fehler:
Fehler verhelfen zum Lernen = Ziel ist das fehlerfreie Schreiben. Wenn Sie mich, Herr Melsa nicht mit kleinen Spitzfindigkeiten provozieren ist uns beiden der Sinn und die Zielsetzung des Fehlers doch ziemlich klar.
Das Wörterbuch der Szenensprache wird eines Tages genauso zum Antiquariat gehören wie andere Bücher auch. Trotzdem ist es für weniger vertraute Leute einfach gut aus dem Internet, aus der Szene ein paar Wörter näher zu kennen und diese auch auszuprobieren. Ausdrucksweisen der Peergroups, ich stimme Ihnen zu, ändern sich. Diese Ausdrücke stehen aber dann auch nicht im Wörterbuch.
Wissen Sie was Powerpop oder Props bedeutet? Kickboard oder Halfpipe kennt heute jeder, aber Go- Ped oder goofy?
Über die Tautologie müssen wir uns auch noch unterhalten. Ich würde es aber Pragmatik und Ästhetik nennen.
eingetragen von Christian Melsa am 05.03.2001 um 01.35
Liebe Frau Menges,
freut mich, daß wir einander sympathisch sind. Allerdings muß ich gleich anmerken: Ich habe bisher nicht unbedingt den Eindruck, daß die inhaltliche Verständigung so gut klappt, und das liegt sicherlich nicht an meiner Rechtschreibung, denn die kennen Sie doch auch. Von früher, damals, voriges Jahrtausend, da haben Sie sie doch sogar selber noch benutzt! Wissen Sie noch?
Meine Anmerkungen betreffs der puren Fixiertheit auf Fehlerreduzierung scheinen zum Beispiel noch nicht ganz verstanden worden zu sein, wenn ich Ihre Antwort dazu richtig verstehe. Ich will da mal, was die GKS betrifft, ein weiteres Beispiel bringen. Zum Ende meiner Schulzeit, während der Oberstufe, habe ich am Wochenende bei McDonald´s gearbeitet. Für die dort zuzubereitenden Burger gibt es natürlich genaue Spezifikationen; wieviel Gramm Zwiebeln gehören auf den Big Mäc, wieviel Salat, wieviel Salz aufs Fleisch usw. Perfekt wäre also gewesen, wenn ich in der Küche die Ernährungsprodukte exakt so zusammengebaut hätte, wie es die Norm will. Natürlich liegen in der Realität gewisse Fehlertoleranzen vor. Aber solange man das Ergebnis noch verzehren kann, ohne daß der Geschmack total verdorben ist, sind die Abweichungen nicht weiter schlimm. So ähnlich ist es auch mit rechtschreiblichen Dingen. Es ist gar nicht so schlimm, wenn die von Ottilie Normalverbraucherin und Otto Normalverbraucher geschaffenen Texte hie und da von der allgemeinen Norm abweichen. Solange sie sich immer an derselben übergeordneten Norm orientieren, franst alles nur von der Mitte her aus. Und in professionellen Publikationen kann man eine Orthographie erwarten, die etwa dem Big Mäc in seiner Abbildung auf den Menütafeln oder in der Werbung entspricht: schön, ansprechend, eindeutig, leicht konsumierbar, vor allem aber absolut standardgetreu.
Bevor Sie jetzt den Vergleich ausweiten und die gastronomische Monokultur von McDonald´s auf eine ebenso an Vielfältigkeit und Abwechslung arme Rechtschreibung beziehen und beides aufgrunddessen unschön heißen: Es gibt immer noch mehr Wörter in der Sprache als Gerichte bei McDonald´s. Doch die Vorteile sind einander sehr gleich: Hat man einen Standard, so weiß man immer genau, woran man ist. Wenn ich zu McDonald´s gehe, brauche ich mir nie vorher Gedanken zu machen, was es da wohl zu essen gibt, wie das auf gewöhnliche Restaurants zutrifft. Ich weiß im Prinzip immer schon vorher, ob mir das auch jetzt genau schmecken wird, was ich bestelle. Anderswo habe ich jedesmal mit anderen Gerichten zu tun, und ich weiß eben erst hinterher, ob die Speise meiner Wahl mir zusagt.
Dies sind also Vorteile, die McDonald´s und Orthographie gemeinsam haben (auf die Nachteile von McDonald´s in anderen Bereichen gehe ich jetzt mal nicht ein). Eine Orthographie sollte als Norm so sein, wie sie der sprachlichen Funktion am besten gerecht wird. Ob jeder sie im Alltag umfassend beherrscht und völlig fehlerfrei schreiben kann, ist zweitrangig. Solange die sprachlichen Funktionen nicht beschädigt werden, ist natürlich eine Form anzustreben, die möglichst leichten Umgang ermöglicht. Diese Rangfolge darf aber nicht umgekehrt werden, denn dann entspräche sie nicht mehr dem Grundsinn von Sprache und Orthographie.
Alle Regeln und Normen des Menschen knüpfen an Ideale. Wenn man sie an die Unvollkommenheit der Realität knüpfen würde, blieben sie leer - wozu sollten Orientierungspunkte dienen, die einen nur dorthin führen, wo man auch ohne sie schon ist? Denn im echten Chaos gibt es eben keine Ordnung.
Die Starre der Sprache, die ich meinte, ist natürlich keine absolute. Auch die alte Rechtschreibung ist ja nicht so knüppelhart unerbittlich. Sie ist sogar wesentlich dehnbarer und liberaler als die neue. Die Starrheit der Reformorthographie ist jedoch eine ohne Nutzen, stammt auch aus der falschen Quelle, nämlich eben nicht der Gewohnheit. Zur Gewohnheit soll die neue Rechtschreibung nur erst gemacht werden, zwangsweise allerdings, von den Reformbetreibern. Das Seneca-Zitat steht mit meiner Aussage in keinem Widerspruch. Gewohnheit ist genau die Starre, die ich meine. Werden durch sie Funktionen in die Sprache und somit am Rande auch die Orthographie getragen, so kann man davon ausgehen, daß die aufgenommenen Funktionen einen gewissen Bewährungsfilter durchlaufen haben. Normalerweise verbleiben unpraktikable Methoden nicht lange in einem Medium, das Tag für Tag angewandt wird - es sei denn, andere Faktoren kommen hinzu, etwa, daß einige Methoden, deren Untauglichkeit nicht allzu unergründlich ist und schnell offenbar wird, von manchen Menschen dennoch mit Vorliebe eingesetzt werden, weil sie gerade in gewissen Kreisen schwer in Mode sind, bzw. einem gewissen Glaubensbekenntnis entsprechen. Genau dies kann man gegenwärtig mit der Rechtschreibreform, aber auch z.B. der "Innen"-Manie (BürgerInnen, SchülerInnen, PolitikerInnen...), sehr gut beobachten.
Zu Hitler: Ich nannte den eigentlich ziemlich unabhängig von Rechtschreibfragen; es ging mir darum, zu verdeutlichen, daß ein "Vordenker" nicht unbedingt auch ein Vorbild sein sollte. Entscheidend für Zustimmung ist doch nicht, ob jemand vordenkt, sondern was der Inhalt dieser Vorgedanken ist. Es geht um die Gefahr, Zukunftsorientierung (mit dem Anstrich des Modernen, Fortschrittlichen) als solche allein schon als Garantie für eine tolle Sache zu verstehen. Eine Gefahr, der Sie, liebe Frau Menges, allem Anschein nach sehr leicht anheimfallen.
Zum Thema Chaostheorie: Nicht aus dem Chaos bildet sich die Theorie, sondern zwischen beidem liegt immer noch eine Ordnung. Aus dem vermeintlichen Chaos - das nur auf denjenigen als Chaos wirkt, der die verborgene basierende Ordnung noch nicht erkannt hat - kristallisiert sich nach einigem Forschen schließlich eine Ordnung heraus, und zu dieser kann man eine Theorie formulieren. Eine Theorie aus echtem Chaos kann in sich wiederum nur chaotisch sein, und so nützt sie als Theorie nichts.
Fehler sind nicht das gleiche wie Chaos. Echtes Chaos definiert sich aus einer Absenz von Ordnung. Ohne eine Ordnung liegt aber kein Maßstab vor, anhand dem man Fehler und Richtiges erkennen könnte.
Und wenn aus einem Fehler gelernt wird, so ist die Lehre immer eine, die einem hilft, diesen Fehler in Zukunft besser zu vermeiden. Aus Fehlern lernen bedeutet also Fehlervermeidung, nicht das absichtliche Herbeiführen von Fehlern aus der Hoffnung, es werde schon irgendwas Fruchtbares dabei herausspringen. (Merkwürdig, wie Sie ausgerechnet aufs Programmieren kommen. Dort bemüht man sich gerade besonders kleinlich um die Vermeidung jeglichen Fehlers; ich habe jedenfalls noch von keinem Programmierer gehört, der die planerische Logik seines Hirns durch einen "Bugger" ersetzen würde - dem Gegenteil von einem "Debugger", so nennt man in Programmentwicklungsumgebungen Werkzeuge zum Auffinden und Eliminieren von Programmierfehlern.)
Eine absichtlich geduldete Fehlertoleranz kann zwar als kreative Methode in der Kunst zum Finden von Originellem, "Außerordentlichem" eben, sehr nützlich sein (z.B. musikalisch, ich bin schon auf viele tolle Melodien und Akkordläufe gestoßen, indem ich mich verspielte). Aber hier ist der Zweck klar definiert. Man darf das nicht einfach unreflektiert als vermeintlichen Universalzaubertrank für alle möglichen Lebensbereiche anwenden. Was würde es denn bedeuten, wenn man geradezu zielstrebig immer bemüht wäre, überall wo es geht Fehler zu machen? Sicher, man könnte eine Menge erleben dabei, aber ohne Zweifel wird die Mehrzahl der so gemachten Erfahrungen wenig wünschenswert sein - sonst könnte man die Ereignisse schließlich nicht als Fehler bezeichnen. Insofern kann ich hinter Ihren Ansätzen keine in sich stimmige Philosophie entdecken. Zumal Sie erst die gemäßigte Kleinschreibung als weniger fehlerträchtig anpreisen, um dann aber komischerweise noch darauf hinzuweisen, daß Fehler andererseits doch auch wieder ganz toll seien...
...Übrigens, was Ihren letzten Beitrag betrifft: Sie meinen, Sie seien auch deshalb für die neue Rechtschreibung, "weil wir sie schon eine lange Zeit schreiben" (die zusätzliche Begründung "und weil ich Gefallen an ihr gefunden habe" ist in dem Zusammenhang so tautologisch, daß ich sie hier mal außer Acht lasse). Wie lange haben wir denn zuvor die alte Rechtschreibung geschrieben? Ein bißchen länger als 5 Jahre dann doch. Das scheint hingegen kein Hinderungsgrund gewesen sein, die derart bewährte Einheitsorthographie zu verwerfen.
"Es wird kein Zurück mehr geben können, es hat sich zuviel verändert" - was für eine Logik! Umformuliert heißt das: Es hat sich viel verändert, also ist Veränderung unmöglich. Sehr einleuchtend. Frau Menges, seien Sie doch dankbar, daß in unserem Universum Veränderung keinem Einbahnstraßenmechanismus folgt, sonst könnte man Irrtümer nie korrigieren.
Ich möchte Ihnen noch einen Tip geben: Wenn Sie meinen, mit einem Szenewörterbuch die Sprache der Zukunft in den Händen zu halten, werden Sie höchstwahrscheinlich über kurz oder lang enttäuscht sein. Die Zukunft wird wohl kaum die gesamte Gesellschaft in eine einzige "Szene" verwandeln. Und neue Moden kommen, aber sie vergehen auch schnell wieder. Denken Sie an den "Pomadenhengst", der aus der neuen Dudenausgabe gerade wieder verschwunden ist. War vor ein paar Jahrzehnten "Ey, echt dufte, du!" noch eine jugendlich-moderne Ausdrucksweise, so wirkt diese heute derart verstaubt, daß man damit unter Heranwachsenden der Gegenwart nur noch spöttisches Gelächter ernten würde. Ich glaube, der Reformschreibe wird es in einigen Jahren nicht anders ergehen.[Geändert durch Christian Melsa am 06.03.2001, 03:58]
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.03.2001 um 15.00
Lieber Stefan Stirnemann,
ich bin auch deshalb für die neue Rechtschreibung, weil wir sie schon eine lange Zeit schreiben und weil ich Gefallen an ihr gefunden habe. Natürlich richten wir uns in der Schule nach dem neuen Duden 2000, welch eine Frage. Da wir/ich von mehreren Seiten gezwungen sind, die neue Rechtschreibung zu schreiben, habe ich sie mir genauer angesehen. Es wäre mir sogar unangenehm, wenn sie wieder zurückgezogen werden würde. Ich schrieb hier schon einige Beiträge gegen die Zurück-Propagandisten. Ich will die Reform nicht rechtfertigen, aber ich will kein Zurück in die Vergangenheit. Sprache lebt !
"Orthographie ist zwar eine Gewohnheit (Stirnemann)". Orthografie in neuer Schreibweise wurde uns zur Gewohnheit. Genau ihre Worte kann man für die derzeit notwendige Schreibweise verwenden. " Sie werden von der Gewohnheit der Gemeinschaft...verändert". Eben! Wörter für die Veränderungen der Sprechgewohnheiten. Es gibt ein ganzes Wörterbuch mit den veränderten Wörtern der neuen Sprech- und Schreibgewohnheiten: Duden: "Wörterbuch der Szenensprache". Ich habe es mir zugelegt, um überhaupt Wörter wie Chatslang, Cyberspace oder Luser richtig schreiben und verstehen zu können ( wie chatten, stylen, Netiquette).
Die Sprache wird von der Gewohntheit und durch Gewöhnung verändert. Dies betrifft selbstverständlich auch die Schriftsprache. " Cicero meint somit nicht, dass ein Gremium...". Herr Stirnemann, wir müssen seit 1. August 1998, etliche bereits früher, mit dieser neuen Rechtschrift umgehen. Es wird kein Zurück mehr geben können, es hat sich zuviel verändert. Schriftsprache ist lebendiger geworden, starre Regeln haben sich etwas gelöst. Da Sie reformierte Theologie studiert haben, setze ich einen Funken Hoffnung darauf, dass Sie meine/ unsere Argumente verstehen. Und " andernfalls lachen sie einen aus und laufen davon ( die Wörter, Anmerkung RMM)".Genau das kann jetzt passieren. Die Wörter laufen Ihnen in die Moderne davon. In meinem mittleren Alter will man nicht mehr nur alles modern haben, sondern es soll auch Sinn haben und sinnvoll sein.
Der Ausdruck "prächtig bunte Ansichtskarten" stört mich nicht. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken, ob ich die Wörter zusammenschreiben oder auseinander schreiben muss. Die Gegner der Rechtschreibreformer legen sich auf Nuancen fest, dies gefällt mir nicht und entspricht nicht unserem Zeitgeist.
Für Sie nochmals, mir gefällt die neue Schreibweise, sie ist weniger verschnörkelt, aber die Reform müsste weitergehen in eine vielfältige Vereinfachung ( z.B. die Substantivierung der Wörter weglassen). Ich schließe mit dem Satz: "Non scholae, sed vitae discimus" und danke Ihnen, dass Ihre Worte genau für meine Argumentation verwendbar sind. Eine Antwort auf Herrn Ickler "Ich weiß, dass ich nichts weiß" in Latein: Nec scire fas est omnia (Horaz, Carmina 4,4,22) (Es ist nicht möglich, alles zu wissen).
eingetragen von RenateMariaMenges am 04.03.2001 um 14.53
Lieber Christian Melsa,
nachdem ich Ihre Beiträge gelesen habe, sind Sie mir sehr sympathisch. Es wäre allerdings schön, wenn Sie in der neuen Rechtschreibung schreiben würden, dann wären Sie mir noch sympathischer ( siehe Ihre eigenen Ausführungen: " Verständigung kann zwischen jenen klappen, die die gleiche Sprache sprechen"). Soweit scheint die neue und die alte Rechtschreibung dann doch nicht auseinander zuliegen, denn wir verstehen uns ja noch.
Zu 2.1: Ihre fundamentalen Erwiderungen in Ehren. Ich beziehe mich aber eindeutig auf Fehlerreduzierung aus deutschen Rechtschreibtests ( z.B.: DRT= Deutscher Rechtschreibtest, HSP= Hamburger Schreibprobe). Groß- und Kleinschreibung ist ein Teil dieser Rechtschreibtests und ein Teil der größeren Fehlermenge der Schüler. Damit wäre die Weglassung der Großschreibung eine Fehlerreduzierung. Da die gemäßigte Kleinschreibung aber meines Erachtens besser und leichter zu lesen ist, als die totale Kleinschreibung spreche ich mich für diese aus.
Hitler: In jeder Diskussion zum Thema Rechtschreibung taucht der Name Hitler auf, wenn es um Vordenker und Vorreiter geht. Das erst Mal war ich so betroffen, dass es hieß, es wäre besser, wenn wir die Diskussion schließen würden. Nun sehe ich diesen Zeitraum der deutschen Geschichte mit Hitler im Zusammenhang mit der neuen Rechtschreibung sehr gelassen und sage, diese Bespiele verfehlen hier ihren Sinn. Damit sollten wir alsbald zum Thema "Norbert Schäbler und die Politik" gehen.
Zu 2.2.: "Da die Sprache überhaupt nur in einer gewissen Starre funktionieren kann (Christian Melsa)". Dieser Satz ist falsch. Schon Seneca berichtet, dass Sprache durch Gewohnheit der Menschen verändert wird ( siehe Ausführung Stirnemann). Und dessen Ausführungen vervollständige ich damit, dass auch Schriftsprache sich durch Gewohnheit ändert.
Fehler: Chaostherorie, Fehlertheorie: Aus dem Chaos bildet sich eine Theorie, aus Fehlern lernst du. Im neumodernen Konstruktivismus steht die Lehre des Fehlers ganz hoch im Kurs. Wer jemals das Programmieren gelernt hat, kann da sicherlich ein Lied davon singen.
Um aber auf 2.1. ( Gemäßigte Kleinschreibung) und 2.2. (Vereinfachung der Regeln) als Idee verzichten zu müssen, reichen mir diese Gegendarstellungen noch lange nicht aus.
eingetragen von Manfred Riebe am 04.03.2001 um 08.55
Stefan Stirnemann schreibt: "Im 17. Jahrhundert hat sich eine berühmte deutsche Sprachgesellschaft ‚die Fruchtbringende' genannt." Dazu einige ergänzende historische Anmerkungen:
In Nürnberg gibt es den ältesten deutschen Sprachpflegeverein, den "Pegnesischen Blumenorden e.V.". Er wurde 1644 von dem Nürnberger Patrizier Georg Philipp Harsdörfer und dem Kandidaten der Theologie Johann Klaj, Lehrer an der Sebalder Schule, als Gesellschaft vom "Gekrönten Blumenorden von der Pegnitz" gegründet, auch "Pegnesischer Blumenorden" genannt. Vorbild war die "Fruchtbringende Gesellschaft" des Fürsten Ludwig von Anhalt, die wiederum auf das Muster italienischer Akademien zurückgeht. Die Mitglieder des "Pegnesischen Blumenordens" nennen sich "Pegnitzschäfer". Als Zweck der Gesellschaft wird angegeben: "Förderung der Verehrung Gottes und der deutschen Treue, Pflege und Verbesserung der deutschen Sprache und Dichtkunst". "Wenn auch die Pflege der in jener barocken Zeit sehr beliebten süßlichen Schäferpoesie manchmal das Streben nach Reinhaltung der deutschen Sprache überschattet, sind die Verdienste der Gesellschaft hoch anzuerkennen." (Karl Bröger: Nürnberg, der Roman einer Stadt, Berlin 1935, S. 274).
eingetragen von Theodor Ickler am 04.03.2001 um 08.14
Mit besonderer Freude möchte ich Herrn Stirnemann in dieser Runde begrüßen, einen hochqualifizierten Mitstreiter, der in Schweizer Zeitungen schon vielbeachtete Beiträge gegen die Rechtschreibreform veröffentlicht hat und dem ich persönlich viel verdanke. Wie er schon mit "fruchtbringend" beweist, kann er zweifellos unsere leider manchmal etwas eintönigen Fallbeispiele wesentlich bereichern, ein wahrer Fructifer seinerseits. Der lateinische Thesaurus, das will ich hier für die Fernerstehenden einmal einflechten, ist die hohe Schule der Lexikographie, was man besonders bei denen merkt, denen sie fehlt. (Auch bei mir, Gott sei's geklagt, aber ich wollte ja auch gar kein Lexikograph werden! Immerhin weiß ich, daß ich nichts weiß, während die Reformer nicht einmal dies wissen.)
eingetragen von s.stirnemann am 04.03.2001 um 06.50
Liebe Diskussionsrunde!
Letzthin sind auf dieser Seite Cicero und Seneca zitiert worden. Die beiden Sätze lassen sich allerdings nicht für die Reform ins Feld führen.
Cicero: Das Band der menschlichen Gemeinschaft bildeten ratio (Vernunft: Fähigkeit zu denken) und oratio (Sprache: Fähigkeit zu sprechen). Ich ergänze: quae docendo, discendo, communicando, disceptando, iudicando conciliat inter se homines. Also: Vernunft und Sprache verbinden die Menschen im Lehren, Lernen, Kommunizieren, Debattieren, Urteilen. Cicero meint somit nicht, dass ein Gremium von Experten im Namen des Staates Dekrete (z.B. über Rechtschreibung) erlassen soll. Ein solches Gremium zerstört doch im Gegenteil das Band von Vernunft und Sprache.
Seneca: oratio (Sprache: Art, sich auszudrücken; Stil) habe keine feste Regel. Sie werde von der Gewohnheit (consuetudo) der Gemeinschaft, die nie lange im Gleichen verharrt sei, verändert. - Auch mit diesem Satz kann man die Reform der Rechtschreibung nicht rechtfertigen. Orthographie ist zwar eine Gewohnheit, jedoch als Resultat einer im ganzen sinnvollen Entwicklung. Es sind nun gerade die Reformer, die im Namen des Staates mit vermeintlich festen Regeln diese Gewohnheit ändern wollen. Wer Gewohnheiten ändern will, müsste erst zeigen, dass sie schlecht sind und insofern Änderung verdienen.
- Dies ist mein zweiter Beitrag (der erste war etwas zur "Sprachkamera"); ich stelle mich nachträglich vor: Ich habe die klassischen Sprachen sowie reformierte Theologie studiert und unterrichte an einem kleinen Gymnasium in Gossau bei St.Gallen (Schweiz). Eine Zeitlang war ich Mitarbeiter am umfassendsten Wörterbuch einer Sprache: am Thesaurus linguae Latinae in München. Man kann dort lernen, dass es unerhört schwierig ist, die Bedeutung von Wörtern festzustellen, und dass man ihnen gegenüber behutsam und respektvoll sein muss. Andernfalls lachen sie einen aus und rennen weg. -
Die Reform der Rechtschreibung wird aus verschiedenen Gründen scheitern; für mich der Hauptgrund ist, dass man unter dem Titel "Orthographie" Aussagen über Wortbildung und Wortbedeutung macht, welche die Realität der Sprache verfehlen.
Beispiel: Das lateinische Wort "fructifer" ("fruchtbringend") ist erstmals bei Seneca (1. Jahrhundert n.Chr.) belegt, es ist nach einem alten griechischen Muster gebildet. Im 17. Jahrhundert hat sich eine berühmte deutsche Sprachgesellschaft "die Fruchtbringende" genannt. Warum präsentiert man heute die mechanische Zerschneidung dieses schönen alten Adjektivs als unerhörte Errungenschaft?
Oder: Erich Kästner schreibt von "prächtigbunten Ansichtskarten", auch dies eine Prägung nach uraltem Vorbild. Da der erste Teil des Adjektivs auf -ig endet, muss man heute trennen: "prächtig bunt". So zerstört man den Sinn, die Farbe, den Klang eines Wortes. Wozu?
Wer die Reform verteidigen will, müsste auch sagen, was genau er verteidigt: Das (unklare) Regelwerk und das amtliche Wörterverzeichnis? Die korrigierte Fassung der Regeln? Duden 96? Duden 2000? Die Auswahl aus den Regeln, welche die Printmedien treffen? Die Änderungen, die noch zu erwarten sind?
Seneca, um mit ihm zu schliessen, hat einst die öden, spitzfindigen,weltfremden Problemstellungen des Philosophieunterrichts aufs Korn genommen und den Satz geschrieben, den man meist verdreht zitiert: Non vitae, sed scholae discimus: Nicht fürs Leben, für die Schule lernen wir. Reformerinnen und Reformer machen diesen Satz wahr.
Freundliche Grüsse aus der Schweiz, St.
__________________
stefan stirnemann
Tigerbergstr.10
9000 St. Gallen
eingetragen von Christian Melsa am 03.03.2001 um 11.48
Die Antithesen habe ich im Kern schon formuliert, aber ich stelle gern noch einmal den Bezug her:
Zu 2.1: Auf der einen Seite wird von Ihnen das "Einhaken" des Auges als praktikabel erkannt, es soll aber dann komischerweise nur an Satzanfängen dienlich sein, die ohnehin schon durch Interpunktion gekennzeichnet sind. Die übliche deutsche Groß-/Kleinschreibung macht aber innerhalb der Sätze deren Syntax überschaubarer, was noch viel nützlicher ist.
Ein Denkfehler ist in Ihrer Erklärung besonders fundamental. Sie schreiben:"Die deutsche Schrift ist in der Kleinschreibung fehlerfreier und damit verständlicher." Wenn also Fehler in der Groß-/Kleinschreibung das Verständnis erschweren, dann soll eine komplette Abschaffung der Großschreibung außer am Satzanfang (und bei Eigennamen, nehme ich an) das Verständnis auf einmal erleichtern? Das trifft genau mein Beispiel mit dem Erlauben von Autofahren auf dem Bürgersteig.
Für die "Vordenker": Hitler wurde auch für einen gehalten, als "Führer" war er sozusagen stellvertretender Vordenker für alle Deutschen. Es reicht nicht, einfach Visionen vom Anderen zu haben, um sich gleich berechtigt einen Avantgardisten nennen zu können. Soll so die Zukunft geschaut werden? Was würden Sie zu einem Meteorologen sagen, der Ihnen auf die Frage, wie das Wetter morgen wird, nur antwortet:"Anders"? Wir können die Zukunft nicht sehen, wir können Sie aber gestalten. Und wie wir sie gestalten, sollten wir uns genau überlegen und nur dort etwas nur so ändern, wo und wie es sinnvoll ist, nicht aus schlichtem Änderungstrieb. Daraufhin wird sich herausstellen, wen man im nachhinein als Vordenker betrachten kann.
Dazu noch eine kleine Beobachtung. Ich bin nicht so unsensibel, moderner Kunst nichts abgewinnen zu können, anscheinend bin ich sogar überdurchschnittlich empfänglich dafür. Allerdings beurteile ich sehr viel davon als etwas verkrampfte Bemühungen, nach all den Jahrtausenden Kunstgeschichte immer noch etwas "Anderes", "Neues" zu schaffen. Wenn dann in der Vergangenheit nach allen Regeln der Kunst Wertvolles und Ästhetisches geschaffen wurde, so ist das davon Abweichende oftmals gar nicht so wertvoll. Dafür wirkt es wenigstens neu. Und als solches hat es auch eine Daseinsberechtigung, kann sogar als Bereicherung am Rande gesehen werden, aber es stellt keinesfalls einen Ersatz für das Bisherige dar. Jandl etwa ist interessant, genial, unterhaltsam - aber besser als Goethe? Einen "Faust" kann man nicht mal schnell eben expressiv hinklatschen.
Zu 2.2: Das Wort "starr" wird natürlich in diesem Zusammenhang negativ konnotiert. Aber da Sprache überhaupt nur in einer gewissen Starre funktionieren kann, hängt an einer Auflösung starrer Regeln kein Segen. Die sprachliche Verständigung kann doch nur zwischen jenen klappen, die die gleiche Sprache sprechen. Je mehr die Indiviualversionen voneinander abweichen, desto gestörter ist die Verständigung. Regeln und Konventionen sollten nicht immer nur als einengend gesehen werden. Dienen sie erwiesenermaßen einem nützlichen Zweck, so kann man dankbar sein, daß es sie gibt. Auf der anderen Seite werden durch solche Normen zwar erst Fehler möglich, insofern als daß Fehler Normabweichungen sind. Doch ohne Schreibnorm wäre alles Geschriebene das, was wir heute Fehler nennen.
Nach wie vor scheinen Sie alles unternehmen zu wollen, nur um nicht die Fehler selbst zu vermeiden, sondern ihre Bezeichnung als solche. Die Regeln sollen so geändert werden, daß das, was jetzt als Fehler gilt, es dann nicht mehr täte. Laßt uns den Diebstahl legalisieren, und wir werden keine Probleme mehr mit Dieben haben! Es ist unter anderem diese Herangehensweise, ausgerechnet bei Leuten, die die Sprache ändern wollen, die mir Sorgen macht. Da steckt eine Riesenportion postmoderner Beliebigkeit drin, die Wahrheit zu einer rein subjektiven Angelegenheit macht: Wahr und richtig ist das, was ich finde - jemand anderes kann etwas anderes finden und dies sogar als in sich richtig argumentativ darlegen, egal, eine objektive Wahrheit gibt es ohnehin nicht. Mit diesem Gedankengut sind wir bald bei Ozeaniens Engsoz angekommen.
Was meinen Beruf und meine Freizeit betrifft: Vor kurzem hatte ich tatsächlich noch ziemlich viel freie Zeit, im Augenblick aber bin ich fast nur noch zum Schlafen zu Hause. Die Produktion von Computerspielen ähnelt immer mehr der von Filmen, es gibt in beiden Fällen sehr arbeitsintensive, aber auch ruhigere Projektphasen.
eingetragen von RenateMariaMenges am 03.03.2001 um 09.31
Sigmarus Salzburgus und die Beispiele:
Lieber Sigmar!
1. Ich möchte gerne über die Sache diskutieren und nicht immer über mich persönlich.
2.Könntest du auch etwas über
2.1 Die gemäßigte Kleinschreibung
2.2. Vereinfachung der Regeln
ohne Beispiele von mir auf das Blatt( auf das Fenster) bringen?
Ich dachte schon, nun müsse ich meinen vollständigen Lebenslauf und meine Vita hier einbringen.
Für die Lateiner und die Sprachnutzung:
Societatis humanae vinculum est ratio et oratio. (Cicero, De officiis 1,50)
+
Oratio certam regulam non habet: consuetudo illam civitatis, quae numquam in eodem diu stetit, versat.(Seneca, Epistulae morales 114,13) Für mich ein sehr, sehr wichtiges Zitat!
Zum Thema modernes Gedicht und E-Mail Verkehr:
e-mail abruf
ein unbekannter name
unwilliges öffnen
ungnädig
erste worte
noch völlig uninteressiert
ohne bezug zu einem menschen
doch- da war etwas!
diese sprache
ist mir bekannt
habe mich mit
ihr beschäftigt
mehrmals
oft
überraschung
freude
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Sigmar Salzburg am 03.03.2001 um 01.06
2.2. Verringern der Fehlerquellen durch Aufhebung starrer Sprachregeln
Also eine „Sprachreform". Frau Menges hat sich zwar im Wort vergriffen; denn anschließend spricht sie über die Segnungen der „Rechtschreibreform". Dennoch muß der Gedanke einer Sprachreform ihr nicht allzufern liegen, allein schon um Brecht und Goethe übertrumpfen zu können. Ich hatte sie schon im Spiegelforum dezent auf eine kleine Nachlässigkeit hingewiesen, indem ich an den Ausspruch Helmut Kohls über den damaligen türkischen Außenminister Yilmaz erinnerte: „Der spricht besser deutsch wie wir!" Auch der „Umgang mit modernen, kreativen Formen der Sprache" erregte mein Spottlust: „... der keinesfalls das mitmacht, was das Vatikan/die Kirche/der Papst so meint, sondern unsere modernes live bestimmt.... gefallen wohl die alten Rittergeschichten mehr als modernes gelebtes Live. – My religion is my life. – My non-religion is my live. – Er geht für kids bis 12,6 Jahre..." und schließlich erhielt ich per Email einen Tritt gegen das Schienbein, weil ich „oute", was ohnehin jeder im Spiegelforum von Anfang Januar lesen kann: [A:]Und ich freu mich schon auf die Hölle. [B:]Ich bin dabei. Dort können wir dann so richtig unchristlich durchfeiern. [A:]... Sigmar postet und postet, ... [S:]Da fehlt ein r hinter dem p ! [B:] Vera und Renate [Menges] kommen ab und zu ´runter [S:]„Gottes" teuflischer Trick: Renate Menges studienrätseeliges Jil-Sander-Deutsch soll mich weiter piesacken – nach dem life/live-Tick der little-Tick: A little excurs: Übrigens Luther imponiert mir sehr.... Das live geht weiter... Sorry. Du sollst dich nicht persönlich outen, sondern einfach einen little Beitrag über das Leben oder die Liebe schreiben. [S:] Müßte es nicht „a little excurse" heißen?? ...(Ausfluch!)
„Ich bin aber fast überzeugt, dass niemand mehr in 30 Jahren soviel "Aufheben" um die deutsche Sprache machen wird, wie heute." (Menges)
[Geändert durch Sigmar Salzburg am 04.03.2001, 02:10]
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.03.2001 um 17.03
Folgende Argumentationen werden verkürzt wiedergegeben
( aus einer längeren Auseinandersetzung)
1. Zeitgeist heißt auch Auseinandersetzung mit den Medien. Die Auseinandersetzung erfolgt über die Sprache. Selbst in Mathematik werden über die Sprache mathematische Denkweisen erklärt, strukturiert und gedacht. Die Sprache als das laute und nach außen gerichtete Denken.
2. Ökonomie und Fehlerreduzierung
2.1. Fehlerreduzierung durch die gemäßigte Kleinschreibung
"das auge ist so interessiert, dass es faul ist...es ... hält sich an eine Ökonomie des Aufwandes. ..es weigert sich zu lesen, was nicht angenehm ist ( Aichner/Otl, Typographie 1989) Folgen aber Buchstabenausläufe und kein Blocksatz, Merkmale der Schrift, ist es gewillt mehr zu lesen.
Daraus entsteht der Gedanke der Fehlerreduzierung durch die gemäßigte Kleinschreibung. Jeder Satz fängt mit einem Großbuchstaben an, und damit kann sich das Auge auch einhaken. Da das Auge selektiv liest, sind hier Ansatzpunkte gegeben. Die Fehler der Groß- und Kleinschreibung werden reduziert. Unvorstellbar und trotzdem möglich? Die Fehlervermeidung unserer Groß- und Kleinschreibung wäre immens.
Ein mögliches Ergebnis: Die deutsche Schrift ist in der Kleinschreibung fehlerfreier und damit verständlicher.
Für die Kritiker: Vordenker und Vorreiter sind die Motoren und die "Unruhe der Dagebliebenen (aus Forrester, Film)".
2.2. Verringern der Fehlerquellen durch Aufhebung starrer Sprachregeln
Eine weitere Vereinfachung der strengen, strikten grammatikalischen Sprachregeln würde die Fehlerzahl erheblich vermindern. Beispiel: "Trenne nie das st, denn es tut ihm weh" ist mit der neuen Rechtschreibung weggefallen. Es ist eine Trennung der Wörter hier möglich, z.B. Fens-ter. Eine Freistellung der Trennung würde aber auch beinhalten, dass man nicht für manche Augen falsch trennen würde, sondern auch nach Inhalt trennen könnte. Warum unsere starren preußischen Formen weiterhin einhalten? Selbstverständlich trifft dies vor allem auch den Erwachsenenbereich und nicht nur die Schule.
2.3. Die konstruktive Kritik als Mittel zum Zweck
Die deutsche Sprachpflege und der Umgang mit modernen, kreativen Formen der Sprache. Inwieweit die dt. Sprachpflege es zulassen kann, dass kreative Momente der Sprache hineingenommen werden, ist sehr fraglich. Eindeutig konservativ orientiert empfängt sie Neuerungen mit großer Skepsis.
Wenn eine Diskussion Früchte tragen sollte, werden These und Antithese hier erwartet, habe ich gelesen. Nehmen sie die Ausführungen 2.1. und 2.2. als These und bilden Sie die Antithese, damit man zu einem Konsens kommen könnte.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 02.03.2001 um 16.57
Vielerlei Ausdrucksmöglichkeiten können unsere Essays, unsere Ideen, unsere Veröffentlichungen begleiten.
Die neue Kreativität erzeugt eine Vielzahl von neuen Wörtern. Wie viele Wörter hatte ein Goethe oder ein Brecht zur Verfügung? Heute ist die Sprache weitaus
lebendiger, facetten- und ideenreicher. Das kann doch niemals eine Verflachung der Sprache bedeuten! Trotzdem verfassten Goethe oder Brecht gute Prosa, Lyrik und Theaterstücke. Um wie viel besser müsste es uns heute gelingen, diese großartigen Gedanken sprachlich zu übertrumpfen. Die kreative Sprache gehört weiterhin unterstützt und gefördert.
*Ein kleiner Ausflug*: Offenes Schreiben im Unterricht. Ziel: Sicheres Schreiben im freien Umgang mit der Sprache. Vorgabe: Kein Thema, keine äußere Form, Korrektur später.
a. Schule auf Talentsuche
b. Sprache als Mittel der schriftlichen Auseinandersetzung
c. Keine weitere Einengung durch verschärfte oder rückläufige Regeln.
*Schulausflug beendet*
---
Berufsmythos, Berufsethos oder das tägliche Einerlei des Tippens: Jeder, der mit Schreiben zu tun hat, weiß um den Bezug zur Sprache. Oftmals sind es sogar wiederkehrende Sätze und Redewendungen. Heute im Computerzeitalter ist es sogar möglich, vorgefertigte Sätze immer wieder zu verwenden. Diese Sätze sind dann zwar grammatikalisch und rechtschriftlich gesichert, aber welche Verarmung unserer Sprache würde das immer wieder bedeuten.
Schreiben ist Schreiben, die Korrektur erfolgt später ( Forrester, Kino-Film). Der Kreativ-Schreiber ist es, der die Sprache ein Stück weiter bringen kann. Kreative Gedanken erfordern ein kreatives Umgehen mit der Sprache. Einengungen erfolgen durch gesellschaftliche Normen.
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Reinhard Markner am 01.03.2001 um 15.38
Wenn an den Schulen im deutschsprachigen Raum sich nur solche Lehrer und Innen entfalten wie Frau Dr. Menges, dann ist in der Tat nicht zu erwarten, daß man dort oder sonstwo »Aufheben« [sic] um die Sprache macht, weder jetzt noch in dreißig Jahren. Wo es schon mit dem Denken hapert, da kann es auch mit dem Sprechen und Schreiben nichts werden. Ich danke meinem Freund Homme qui rit für die klaren Worte. Sie zu lesen tat gut.
eingetragen von RenateMariaMenges am 01.03.2001 um 14.25
Herr Lachenmann,
danke für Ihre grundlegenden Gedanken. Ob ich natürlich je an Ihre "gute Sprache" herankomme, bezweifle ich sehr. Das sind für mich hier Gedanken, die ich versuche weiterzudenken, ohne auf jede Redewendung achten zu müssen.
Sie dürfen glauben, dass mich diese Diskussion ebenfalls sehr bewegt, sonst würde ich mich ihr nicht aussetzen. Ihr letzter Eintrag ist ein ?Vortrag, an dem ich sehe, dass es Ihnen wie mir ernst ist.
Ich würde wirklich gerne von Anfang an Ihre guten Gedanken einzeln diskutieren, aber vielleicht kommen wir im Laufe der Zeit eben wirklich noch zu einer Grundlage.
Kritik bin ich gewohnt, meist ist in der Kritik ja auch etwas Positives zu sehen.
Ich bin aber fast überzeugt, dass niemand mehr in 30 Jahren soviel "Aufheben" um die deutsche Sprache machen wird, wie heute.
eingetragen von Walter Lachenmann am 28.02.2001 um 23.41
Noch einige Gedanken für Frau Rektorin Dr. RenateMariaMenges, und eine ernst gemeinte Anregung:
1. Herr Melsa hat natürlich mehr Zeit als Sie, denn Sie haben »gerade seinen Beruf nochmals gefunden«. Köstlich! Wissen Sie überhaupt, was er in seinem Beruf macht? Wissen Sie, wie intensiv ihn dieser Beruf in Anspruch nimmt? Wie wollen Sie das mit Ihren Verhältnissen vergleichen? Spielt das überhaupt eine Rolle?
»Lange Diskussionen, um zu eine»n« Konsens zu kommen«, da darf man gespannt sein, zu welche»n« Konsens Sie nach Ihren langen Zugfahrten zu Christian Melsa wohl kommen.
2. Sie rechnen mit einer »grundlegend guten Kritik« von mir. Da darf ich Sie in aller Freundlichkeit einmal darum bitten, die Argumente, die Ihnen hier füllhornweise vorgetragen wurden, in Ruhe zu lesen und sich darüber Gedanken zu machen. Und bevor Sie von mir ein weiteres Mal eine »grundlegend gute Kritik« zu lesen bekommen, wünsche ich mir von Ihnen folgendes:
(a) Vergessen Sie erst einmal die Flachsereien von wegen Dusche und so. Hier wird halt auch herumgealbert. Das hat ganz zentral und im Grunde sogar ernsthaft mit dem Umgang mit Sprache zu tun, mit einem spielerischen und kreativen Umgang mit etwas besonders Schönem und Wertvollem, nämlich unserer Sprache, die keine weiße Maus ist zum Herumdoktern für kleine Dr. Mabuses (falls Sie wissen, wer Dr. Mabuse ist, sonst schauen Sie halt nach) und erst recht nicht für noch so treuherzige Dr. Menges'. Die Sprache ist kein Sprachlabor.
(b) Greifen Sie einen einzigen Gedanken, der Ihnen hier von Reformkritikern liebevoll und geduldig ausformuliert wurde, auf. Denken Sie in aller Ruhe über diesen einen einzigen Gedanken nach. Und dann äußern Sie sich zu diesem Gedanken in wenigstens drei zusammenhängenden Sätzen. Achten Sie dabei sowohl auf korrekte Rechtschreibung, und sei es die »neue«. Achten Sie dabei auf klare und sprachlich sorgfältig formulierte Sätze, die auch grammatikalisch den Minimalansprüchen der Hauptschule standhalten können. Achten Sie auf gedankliche Schlüssigkeit dessen, was Sie mitteilen wollen. Etwa so: Argument Reformkritiker = a. Dagegen sprechen folgende Überlegungen = b. Fazit = c. Das sind die Grundanforderungen an einen Besinnungsaufsatz, wie man ihn in jungen Jahren in jeder Schule zu schreiben in der Lage sein muß, das kann man also von einer Rektorin mit Doktortitel in einer Diskussion, in der es um die Sprache geht, umso mehr erwarten.
Solange Sie diese Leistung hier zu erbringen entweder nicht willens oder nicht in der Lage sind, dürfen Sie auf keinen Fall sich anmaßen, von mir oder sonstwem hier »grundlegend gute Kritik« einzufordern.
Immerhin hat Ihre Mitwirkung hier bewirkt, daß ich mir über die Motivationen von Reformbefürwortern mehr und differenziertere Gedanken mache, als bisher. Das mit dem Geldverdienen ist nicht die Antwort, von wenigen Betreibern abgesehen. In Ihrem Fall halte ich es für eine Form des Anarchismus des Neides, denn alles, was Sie hier zum Besten geben, legt die Vermutung nahe, daß Sie sowohl mit dem Denken als auch mit dem sprachlichen Darstellen von Gedanken auf Kriegsfuß stehen. Das mag ein persönliches Problem sein, aber dann leiten Sie davon bitte keine Ansprüche an die Sprachgemeinschaft ab, die eine differenzierte Sprache liebt und bewahren will. Kauderwelschen können Sie im privaten Bereich, soviel Sie wollen, dafür haben freiheitsliebende Idealisten gesorgt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.02.2001 um 20.21
Lieber NOS,
ob das in unserem Bildungssystem etwas hilft, wenn wir die KMKonferenz abschaffen? Das ist doch nur ein übergeordnetes Gremium. Beschlüsse werden andersweitig "gemacht". Soweit kenne ich mich politischen Strategien mindestens aus. Und was ist mit Strategien der Bildungsreform Deutschland? Ich merke, wenn das so weitergeht, werden wir noch eine politsche "Strategiekonferenz einleiten". Nur schade, dass wir getrennte Positionen verfechten. Und so wie ich hier empfangen wurde... da kann ich mich nicht mehr täuschen oder verschätzen, NOS.
Wo bleibt ihr klares Statement zur Rechtschreibung im Zug durch die Instanzen?
eingetragen von Norbert Schäbler am 28.02.2001 um 19.18
Liebe Frau Doktor!
Nicht daß Sie sich in mir oder mich vergucken. Meine radikal formulierte politische Strategie heißt: "Abschaffung der Kultusministerkonferenz!"
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.02.2001 um 14.54
Herr Melsa,
gerade habe ich Ihren Beruf nochmals gefunden. Da haben Sie natürlich mehr Zeit als ich. Aber wenn wir hier lange genug diskutieren, werden wir schon noch den richtigen Zug finden. Das bin ich von berufswegen gewöhnt: Lange Diskussionen, um zu einen Konsens zu kommen ( analog lange Zugfahrten nach Christian Melsa).
eingetragen von RenateMariaMenges am 28.02.2001 um 14.48
Lieber Herr Melsa!
Ich kann Ihnen sagen, dass ich neben meiner Arbeit auch noch andere Dinge tun muss, außer in Foren schreiben.
Ich bin immer noch bei Ihrem Beitrag von der ersten Seite.
Es ist äußerst interessant, wie sie immer wieder in die gleiche Seite sticheln.
Aber da Ihre Ausführungen einigermaßen interessant sind und ich gerade lieber den Zusammenhang herstellen würde zwischen dem Lesen der kleingedruckten Schrift und dem Auge kann ich natürlich nicht immer seitenweise antworten.
Sie dürfen sicher sein, dass ich Thesen und deren Aufschlüsselung kenne, aber hier bedarf es keiner These.
Die Sachlage ist doch klar. Wir erarbeiten hier nichts grundlegend Neues, sondern argumentieren mit Dingen, die bereits eingeführt sind.
Meine Meinung habe ich x-mal wiederholt und aus langen Diskussionen hat sich ergeben, dass eine weitere Vereinfachung und nicht das absolute Zurück erwünscht ist.
Wir sollten vielmehr auch über politsche Strategien nachdenken ( wie NOS es haben möchte) wie man ein Zurück in die alte Rechtschreibung verhindern könnten (falls irgendjemand auch dieser Meinung ist).
Da wir aber hierüber keinen Konsens haben, kann ich keine Briefe und Zusammenstellungen schreiben, die in der Regel beantwortet werden und die ich dann in die Foren wieder einstelle ( vgl. Hochbegabung Spiegel). Abschließend frage ich nach Ihrem Beruf ( ich nehme an, sie gehören der Schreibenden Zunft an).
Lieber Herr Lachenmann,
geht das wieder an- statt Argumente ein Bad in der Anklage??
Von ihrem Beitrag erwarte ich auch ein wenig mehr! Immerhin haben sie 40 Jahre Berufserfahrung hinter sich und ich rechne auch mit einer grundlegend guten Kritik von Ihnen.
eingetragen von Christian Melsa am 28.02.2001 um 01.27
Liebe Frau Dr. Menges, nach dem Lesen Ihrer ganzen bisherigen Beiträge drängt sich mir immer mehr eine Frage auf. Wenn Sie ein "Dr." im Namen führen, dann müßten Sie doch einmal im Leben eine Doktorarbeit geschrieben haben. Ich weiß natürlich nicht, was das Thema dieser war, aber erlauben Sie mir die Frage: Haben Sie Ihre dort aufgestellten Thesen darin auch immer damit begründet, daß Sie sie einfach so "finden", Ihnen irgendwie halt "gut gefallen", die Thesen doch wohl auch modern (und deswegen eben richtig) seien und bestimmte andere Leute das gleiche finden?
Das funktioniert doch nicht. Sie treten an mit der Forderung, die Rechtschreibung weiter zu verändern. In seinem eigenen, privaten Bereich kann freilich jeder ändern, was er nur will, ohne triftige Gründe dafür nennen zu müssen. Aber wenn man eine Veränderung bewirken möchte, die allgemein verbindlich sein soll, die gar das Herz gesellschaftlichen Zusammenlebens betrifft, das Werkzeug des Austauschs von Gedanken zwischen Individuen, die Sprache (deren klare Entwicklung es ist, in vielen wesentlichen Lebensbereichen immer schriftlicher zu werden, kräftig angeschoben durchs Kommunikationsmedium Internet), dann muß man einfach genau und stimmig darlegen können, warum man das möchte und wie das genau aussehen soll. Vor allem muß man aber auch zeigen können, wo der Status Quo Mängel hat, so daß überhaupt durch eine Änderung eine Verbesserung eintreten sollte. Nun, wo hat die alte Rechtschreibung so große Mängel? Warum ist es angeblich zwingend notwendig, sie künstlich zu verändern?
Was mich auch noch interessieren würde: Wie beurteilen Sie eigentlich die Güte einer Sache? Nach allem, was Sie hier so von sich geben, muß man vermuten, die schlichte Formel sei: Scheint es neu, so ist es gut; war es gestern anders, so darf es morgen nie wieder so werden, und sei es auch gestern besser gewesen.
Ich stelle mir vor, Sie steigen in einen Zug und merken nach einer Weile, daß der offenbar gar nicht dorthin fährt, wo Sie hinwollten. Aber Sie steigen nicht etwa beim nächsten Bahnhof aus und kehren um, sondern Sie bleiben im falschen Zug sitzen - schließlich fährt er ja vorwärts, und allein darauf kommt es an.
Nun schreiben Sie auch: Wenn vor 200 Jahren das Getrenntschreiben sinnvoll war, warum sollten wir das nicht heute wieder tun? Genau, wahrscheinlich sollte man analog dazu auch Computer, Schreibmaschine, Kugelschreiber verwerfen und sich wieder Federkiele zurechtschnitzen, die man alle paar Zeilen in Tinte tunken muß. Denn früher war das doch anscheinend auch sinnvoll. Sie reden immer vom Fortschritt, mal so, mal so, doch irgendwie habe ich den Eindruck, Sie wüßten selber nicht ganz genau, was Sie mit dem Wort eigentlich meinen wollen. Ich meine es so: Im Rahmen der Zeit schreitet auch der Mensch fort und erreicht sukzessive neue Höhen der technischen, geistigen und gesellschaftlichen Fertigkeit. Logischerweise steht das Nichtwissen und Nichtkönnen am Anfang, und mit den Jahrhunderten mehren sich dann Wissen und Können durch die Weitergabe an die Zukunft. Manchmal erleidet der Mensch aber auch Rückfälle. Das Mittelalter war für Europa etwa ja ein gigantischer kultureller Rückfall. Das heißt, ganz so starr kann man die Fortschrittlichkeit nicht mit dem zeitlichen Datum verknüpfen. Die wahre Fortschrittlichkeit zeigt sich an Dingen, von denen man auch erklären kann, daß sie besser sind als sie es vorher waren.
Ich kenne natürlich auch andere Menschen, die Veränderung an sich schon für Fortschritt halten. Das ist eine ziemlich verbreitete Wahrnehmungstäuschung: Aus der Tatsache, daß bei dem Akt des Fortschritts eine Veränderung stattfindet, wird fälschlicherweise der vorschnelle Umkehrschluß gezogen, schlicht am Akt der Veränderung könne man daher auch zweifelsfrei Fortschritt erkennen. Aber eigentlich muß man doch nicht allzu lange über diese Annahme nachdenken, um zu merken, daß sie irgendwie nicht stimmen kann. Spätestens ein kurzer Blick auf die Weltgeschichte wird da hoffentlich entscheidend lehrreiche Wirkung tun.
Oft heißt es auch pauschal: Stagnation ist der Tod. Damit ist dann gemeint, daß Zustände, die sich über eine Weile kaum geändert haben, allein deswegen ja schon nicht gut sein könnten (warum auch immer). Dann wird jede Änderung freudig begrüßt und als "Voran" bezeichnet, ohne überhaupt sagen zu können, auf welche Richtungsorientierung bzw. Zielsetzung sich das Voran denn konkret bezöge oder gar nachweisen zu können, warum irgend etwas damit nun besser würde. Blinder Konservativismus ist genauso blöd wie blinder Progressivismus (der oft ohnehin richtigerweise eher als Aktionismus zu bezeichnen wäre). Sich selbst begründende Ideologien funktionieren nämlich meistens auch nur in sich selbst, nicht aber in der wahren Welt.
Ach ja, Sie wollten wissen, was für Berufe die Beitragschreiber ausüben. Ich verdiene derzeit mein Geld mit dem Gestalten von Computer- und Konsolenspielen (also für Standard-PCs sowie auch Sony Playstation, Sega Dreamcast), bin also hauptsächlich Grafiker.
eingetragen von Walter Lachenmann am 27.02.2001 um 20.52
Auch die Getrenntschreibung finde ich einfach besser, auch wenn Sie fehlerhaft ist( Fehler sollen ausgemerzt werden).
Einfach Klasse, liebe Gerda!
Sie bekommen den allerobersten denkbaren Blödelpreis.
Da muß sich der angestrengteste Blödler geschlagen geben.
Kommen Sie doch wirklich mal in die Dusche.
Da wird viel gelacht. Da können wir Leute wie Sie brauchen.
Einfach unüberbietbar. Es ist einfach besser, Fehler zu machen, auf diese Weise werden sie ausgemerzt.
Eine führende Position im Beirat der Reformer dürfte Ihnen sicher sein. Gratulation!
Axolotl läßt grüßen! (Wissen'S schon: the econmy of the Ei)
[Geändert durch Walter Lachenmann am 28.02.2001, 21:54]
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.02.2001 um 17.12
(Ickler)ist die Beibehaltung der bisher üblichen Schreibweisen
Herr Ickler, warum wollen Sie die Wiederherstellung der alten Regeln? Ich kenne Ihre Argumentation der Fehler etc. Aber warum lassen Sie, soweit ich das erkennen kann, nichts an der Neuen Rechtschreibung gut sein?
Mir gefällt, wie gesagt, einiges an der Neuen Rechtschreibung.
muss, dass,
und weitere Vereinfachungen um nicht gleich mit dem Brennpunkt anzufangen. Auch die Getrenntschreibung finde ich einfach besser, auch wenn Sie fehlerhaft ist( Fehler sollen ausgemerzt werden).
(Ickler)aber zugleich keine Wiederherstellung des Dudenprivilegs
Herr Ickler,
was raten Sie uns? Da wir "amtlich" sind, müssen wir richtig schreiben( hier das ist meine Privatangelegenheit- da kann ich schreiben, wie ich will).
Zum Beispiel: Zeugnisse. Sie müssen fehlerfrei und ordnunsgemäß sein. Unsere Amtssprache sieht die Neue Rechtschreibung vor. Was ist zu tun? Wir schauen in den Duden- was bleibt uns übrig?
Abgesehen, dass die Neue Rechtschreibung auch Reize hat. Aber meinen Standpunkt kennen Sie nun ja.
eingetragen von Theodor Ickler am 27.02.2001 um 16.26
Nicht ich bin es, der ein "Zurück" will, sondern die Reformer rudern heimlich, aber entschieden zurück, wie schon bei der Mannheimer Anhörung. Was ich will, ist die Beibehaltung der bisher üblichen Schreibweisen, aber zugleich keine Wiederherstellung des Dudenprivilegs. Ist es wirklich so schwer, zwischen der bisherigen Rechtschreibung und ihrer Darstellung im Duden zu unterscheiden?
eingetragen von RenateMariaMenges am 27.02.2001 um 13.54
(Christan Dörner)allgemein üblichen Orthographie gewesen
Das wäre es gewesen, aber nach der Einführung ein Zurück finde ich einfach falsch. Meine Diskussion ist hier, einen Konsens zu erreichen, dass nicht das Zurück, sondern das Vorwärts Sinn macht. Falsche Anteile der Rechtschreibung zurücknehmen, sowie die Großschreibung der Adjektive bei Getrenntschreibung, aber ansonsten weitervereinfachen. Wenn es schon einen weiteren Weg geben muss, dann bitte nicht ein Zurück in uralte und überholte Grammatikstrukturen. Die uralte Regel: "Trenne nie st, denn es tut ihm weh" finde ich überholt und sie wird heute auch nicht mehr gebraucht.
zu 7.)
Wenn Herr Ickler nicht das Zurück propagandieren würde finde ich Vereinfachungen einfach gut und richtig. Aber das gesamte Paket zurückfahren, finde ich nach wie vor den größten Humbug aller Zeiten.
Übrigens ist meine Berufsbezeichnung auch nicht korrekt angegeben, was weiter aber nun mal wirklich keine Rolle spielt.
Es sind übrigens in erster Linie Schreibberufe, die zwingend damit umgehen müssen, die ein Zurück fordern.
Viele Menschen, auch Lehrende, die den Umgang pflegen müssen regen sich nachhaltig zwar auf, würden aber keineswegs einen Diskussionsbeitrag, geschweige denn etwas für ein Zurück zur alten Rechtschreibung unternehmen.
Der allgemeine Tenor: Wir schreiben mehr und mehr so wie wir wollen.
Dieses Thema wird sich weiterbewegen, darum sinne ich ja über weitere Lösungen (gemäßigte Kleinschreibung) nach, um Gedanken auch für die Zukunft in Sachen Rechtschreibung weiterzubringen. Dazu verhilft uns aber kein Zurück.
eingetragen von Christian Dörner am 26.02.2001 um 19.03
Es ist fraglich, ob eine Diskussion mit überzeugten Reformbefürwortern sinnvoll ist, da ich bisher noch nicht erlebt habe, daß sich einer hat umstimmen lassen, aber ich werde es im folgenden einmal versuchen.
Ich gehe nur auf einen einzigen Punkt ein: Ist die neue Rechtschreibung leichter als die alte?
1.) Von seiten der Reformer wurden im wesentlichen nur drei (scheinbar) eklatante Widersprüche der bisherigen Orthographie genannt, die man in all ihren Publikationen immer wieder zu lesen bekommt. Es handelt sich um die Wortpaare »in bezug auf/mit Bezug auf«, »radfahren/Auto fahren« sowie um die Trennungen »Drama-turg/Chir-urg«. Viel mehr hatten sie meist nicht zu bieten. Ohne noch mal darauf einzugehen, daß Herr Prof. Ickler in seinem Wörterbuch diese Mißstände beseitigt hat, muß man auf folgende Punkte Rücksicht nehmen. Zum ersten bedeuteten die Kleinschreibung von »in bezug auf« und die Zusammenschreibung von »radfahren« nur, daß man dieses als Lizenz zum Zusammenschreiben/Kleinschreiben auffassen sollte. Die jeweils unverblaßten Substantive »Rad« und »Bezug« waren von dieser Festlegung gar nicht betroffen. Man kann selbstverständlich auch nach den alten Regeln »Rad fahren« und »in Bezug auf« schreiben. Dazu benötigt man keine Reform, da diese Schreibungen durch das bisher gültige Regelwerk völlig gedeckt sind. Man kann das Wort »fahren« beliebig mit groß zu schreibenden Fahrzeugen verbinden, und man kann das Substantiv »Bezug« in jeder beliebigen Fügung verwenden. Zu den Silbentrennungen ist wenig zu sagen. Die Trennung »Chi-rurg« wurde erst in den fünfziger Jahren aus dem Duden entfernt, war also auch nach den alten Regeln möglich, aber darauf kommt es nicht an. Wichtig ist, daß die Silbentrennung für Schüler nie ein Problem war. Sie trennten einfach nicht. Ich kann mich an Zeiten erinnern, zu denen ich ein Wort wie »Rechtschreibreformkommission« locker auf 2 bis 3 cm Platz am Zeilenende untergebracht habe. So machen es aber alle Schüler und haben nie ein Problem damit. Problematisch ist aber, daß die Silbentrennung heute fast ausschließlich von Computerprogrammen erledigt wird. Diese kommen mit den neuen Trennregeln nicht zurecht. Während alle alten Trennungen - bis auf wenige Ausnahmen wie »Spargel-der« - annehmbar waren, so muß der Schreiber nun seine Etatü-berschreitungen, seine Ografen, Omülle und Odreiecke sowie die Esse-cken manuell ändern. Dies erfordert Zeitaufwand, und schon aus diesem Grund war jegliche Änderung auf dem Gebiet der Silbentrennung sinnlos. Zur Nichttrennung von st kann man nur sagen, daß die bisherigen Schreibprogramme mit dieser Vorgabe sehr gut zurechtkamen. Des weiteren führt die Nichttrennung zu einem schönen Nebeneffekt in bezug auf die Silbentrennung von Fremdwörtern. Trennungen wie »ab-strus« und »Indu-strie« waren daher unmittelbar einsichtig. Nun wird es schwierig. Wie wollen Sie, sehr geehrte Frau Dr. Menges, denn Ihren Schülern klarmachen, daß sie nach wie vor »Kon-struktion«, aber nicht mehr »Demon-stration« trennen dürfen? Bisher waren solche Gefüge unkritisch. Aber ich wiederhole: Schüler trennen nicht!
2.) Zum Stammprinzip: Hier sind nur wenige Wörter angepaßt worden. Regeln gibt es hier nicht. Herr Prof. Ickler hat die Inkonsequenz am Beispiel »Spängler« schön aufzeigt. Ich nenne ein anderes Beispiel, das bisher nicht genannt wurde. Warum schreibt man jetzt wahlweise »potenzial/potenziell« zu »Potenz«, erlaubt aber nicht die Schreibung »proporzional« zu »Proporz«, aber dafür »differenzial« zu »Differenz«? Was wird hier einfacher? Ich sehe es einfach nicht.
3.) Zur Grammatik: Die Schreibungen »Leid tun«, »Recht haben«, »Pleite gehen« usw. sind einfach grammatisch falsch. Sie haben keine Daseinsberechtigung, da es sich bei diesen Wörtern um keine Substantive oder Substantivierungen handelt. »Wie Recht du doch hast« oder »so Leid es mir tut« sind nicht nur lächerlich, sondern vergewaltigen bewußt die deutsche Grammatik. Schon Grundschülern bringt man bei, daß man "Wieworte" (z. B. bei »wie recht du doch hast«, »wie schnell du doch läufst«, »wie leid du mir doch tust«, »wie dumm du doch bist« usw.) klein schreibt. Vor allem: Wie lassen sich bitte Substantive steigern? Beispiel: »Du tust mir sehr leid.« Großschreibung ist hier offensichtlich fehl am Platze. Sehr geehrte Frau Dr. Menges, ist Ihnen schon einmal aufgefallen, daß der Duden 2000 - soweit ich weiß, hat das noch nicht einmal Herr Prof. Ickler angemerkt - die Regeln, die bisher (auch im Duden 1991) die Kleinschreibung von »recht haben«, »leid tun« etc. beschrieben, einfach aus dem dudeneigenen Regelwerk entfernt hat? Lesen Sie sich die entsprechenden Kennziffern im Regelwerk einmal durch. Eigentlich müßte jetzt eine Regel vorhanden sein, die die Großschreibung vorschreibt. Sie findet sich aber nicht, da die Duden-Redaktion sonst zugeben müßte, daß diese Schreibungen ungrammatisch sind. Sie kann ja nicht schreiben, es handle sich um Substantive, da es keine sind. Meine Lieblingsregel ist jedoch folgende (K 69): "Die Bezeichnungen von Tageszeiten nach Adverbien wie "gestern", "heute", "morgen" werden als Substantive angesehen und großgeschrieben." Kann man noch deutlicher ausdrücken, daß die Großschreibung eigentlich falsch ist? Im übrigen werden die Desubstantivierungen wie »sonntags« usw. weiterhin klein geschriebnen. Es mutet gar sonderbar an, daß die Reformer diese bei Schülern doch häufige Fehlerquelle nicht durch die erst 1934 abgeschaffte Großschreibung dieser Wörter zu beseitigen versuchen.
4.) Zu den Einzelwörtern, die Frau Dr. Menges genannt hat: »zu Hause« hat man noch nie anders geschrieben, sehr verehrte Frau Rektorin. Es ist seltsam, daß die Reformer die bei Schülern sehr häufige Schreibung »zuhause« nur für Österreich und die Schweiz zulassen. Deutschland muß weiterhin »zu Hause« schreiben. Auch das häufige »zuende gehen« wird von den Reformern nicht anerkannt, obwohl diese beiden Maßnahmen wirklich zur Fehlerverminderung hätten beitragen können. Somit ist ein weiterer Anhaltspunkt gefunden, daß es den Reformern um Fehlervermeidung wohl nicht geht. Zu »selbstständig«: Die Schreibung »selbstständig« existiert nicht. Es handelt sich bei »selbstständig« um ein anderes, neueres Wort. Sie können selbstverständlich statt »gutaussehende Frau« »schöne Frau« schreiben, ohne den Sinn zu verändern, aber mit Orthographie hat das wenig zu tun. Das Wort »selbständig« ist das üblichere und auch das einzige, das von den Reformern selbst verwendet wird. Sie benutzen in keiner Publikation das Wort »selbstständig«.
5.) Zu den Kommaregeln: Sie schreiben: »Ich finde es auch besser "selbstständig" zu schreiben.« Ein schönes Beispiel für die Kompliziertheit der neuen Regeln. Auch nach der neuen Rechtschreibung muß hier nach besser ein Komma stehen. Warum? Stellen Sie den Satz einfach einmal um: »"Selbstständig" zu schreiben finde ich besser.« Das es ist also entfallen. Daher handelt es sich in ihrem Ursprungssatz um das sogenannte Vorgreifer-es, das nach der Neuregelung ein Komma zwingend vorschreibt, und zwar auch bei nichterweiterten Infinitiven: »Es gefiehl ihnen, zu schlafen.« oder auch: »Sie hatte es satt, zu schuften.« Was wird damit einfacher? Die Reformer selbst haben mit dieser Verkomplizierung große Probleme. Die Presse will davon nichts wissen.
6.) Zur Getrennt- und Zusammenschreibung: Zu »radfahren/Auto fahren« habe ich bereits genügend gesagt, aber auch bei der Getrennt- und Zusammenschreibung wird es komplizierter. So haben die Reformer z. B. nicht verstanden, daß »bekanntgeben« nach ihren eigenen Regeln zusammengeschrieben werden muß. Sowohl das amtliche Wörterverzeichnis als auch der Duden schreiben Getrenntschreibung vor. Das Wort »bekannt« ist ein Adjektiv, das in dieser Fügung nicht steigerbar ist, also tritt Zusammenschreibung ein. Die Getrenntschreibung entbehrt auch nach den neuen Regeln jeglicher Grundlage. Die Reformer haben inzwischen nachgeschoben, daß »bekannt« ein Partizip sei und daher getrennt vom Verb geschrieben werden müsse. Dies ist aber ebenfalls unrichtig, da »bekannt« nur das Partizip von »sich zu etwas bekennen« ist. Mit »bekennen« hat »bekanntgeben« aber nichts zu tun. Es handelt sich in dieser Fügung daher um das Adjektiv, nicht um das Partizip. Ähnliches gilt für die Wörter »lahmlegen«, »vollkotzen« usw., für die Getrenntschreibung eintreten soll. Im ersten Fall bezieht sich aber die möglich Steigerung auf das gesamte Verb (Dies haben die Reformer zur Begründung der neuen Zusammenschreibung von »wehtun« angeführt (»jmd. sehr wehtun«))!), im zweiten Fall ist das Gefüge gar nicht steigerbar, im Gegensatz zu »voll tanken« usw., bei denen die Getrenntschreibung zumindest nach den neuen Regeln gerechtfertigt ist. Und wieso soll man jetzt "verloren gehen« anders als »kaputtgehen« schreiben? Ist das einfacher? Was soll die seltsame Regel, daß nach "-ig", "-isch" und "-ich" nur noch getrennt geschrieben wird, so daß man »richtig stellen«, aber »klarstellen«, »fertig stellen«, aber »bereitstellen« schreiben muß? Natürlich gibt es die Ausnahme, daß »richtiggehend« weiterhin zusammengeschrieben wird. Nur die »richtiggehende Uhr« soll es nicht mehr geben. Die wird in Zukunft getrennt geschrieben? Was soll das? Allein über die GZS könnte man stundenlang schreiben, aber ich breche hier ab. Dieser Teil der Reform ist wohl der mißlungenste.
7.) Wenn Sie schon, sehr geehrte Frau Rektorin Dr. Menges, für eine einfachere Rechtschreibung sind, dann sehen Sie sich einfach einmal das Rechtschreibwörterbuch von Herrn Prof. Ickler an. Hier sind die Schwierigkeiten des Duden beseitigt, so daß jeglicher Reformbedarf verschwunden ist. Die einzig sinnvolle und am Ziel der Fehlervermeidung ausgerichtete Reform wäre die Zulassung der allgemein üblichen Orthographie gewesen, die schon immer verwendet wird. Dann wären die Fehlerzahlen wirklich nach unten gegangen, und niemand hätte umlernen müssen. Aber mit so etwas läßt sich nun mal wenig Geld verdienen. Deshalb wurde es nicht versucht.
__________________
Christian Dörner
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 17.54
(Nos)Vielleicht liegt es am Maß der gegenseitigen Wertschätzung: ich: Du - statt - Ich: du.
Gilt auch für allen anderen auf diesem Thread.
Daran liegt sehr vieles. Wenn Ihr nicht anders könnt dann ab in die Mädchendusche am Faschingsdienstag! Ab morgen weht der Ascherwind- und damit der politische Tag. Heute aber wird nochmals gefeiert!
Einen schönen Abend!
eingetragen von Norbert Schäbler am 26.02.2001 um 17.43
Schön wär' eine Quotenregelung - sie wäre gerecht - gemessen an der Bevölkerungsstruktur.
Aber es ist so, daß irgendeines der Geschlechter - gemessen an der Verwirklichung lebensbedeutender und eigentlich politischer Ideen - weitestgehend auf die anderen rund 50 Prozent der Bevölkerung verzichten muß. Das sind 50 Prozent frei verschiebbares Machtpotential.
Vielleicht liegt es am Maß der Verantwortung - sachbezogen, wertbezogen, personen-bezogen, eingebunden.
Vielleicht liegt es am Maß der gegenseitigen Wertschätzung: ich: Du - statt - Ich: du.
Vielleicht liegt es auch am eigenen Wertgefühl: Haben oder sein?
Ich weiß gar nix mehr. Aber, daß Frauen Jongliermasse sein und bleiben sollen, dagegen wehre ich mich.
Deswegen gehe ich auch demnächst wieder mit Walter und Kuddel in die Mädchendusche (Dummschwätzabteilung). Dort geht's wenigstens noch menschlich zu. Der Walter kommt immer zu spät, und der Kuddel ist gar nicht da.
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 16.28
1. (NOS)Antworten zur Politik und so weiter gebe an die Herren der Runde weiter. Es ist für mich kaum zu schaffen (obwohl politische Fragen... aber das führt zu weit)
2. Sigmar Salzburg ! einer meiner besonderen Kritiker- darauf werde ich jetzt nicht eingehen können.
3.Ich bin immer noch beim Melsa Text und da konzentriere ich mich gerade auf die Verbindung: Ökonomie des Auges ( the econmy of the eye)und Kleinschreibung. dieser mir vorliegende text (Aicher/Otl) ist in kleinschreibung
(nicht in der gemäßigten kleinschreibung)geschrieben.
Die gemäßigte Kleinschreibung (RMM) und die Ökonomie des Auges(Aicher/Otl 1989). Vielleicht werden die Gedanken auch bald fertig sein, sodass ich sie einstellen kann. Aber meine Zeit ist bemessen.
eingetragen von Norbert Schäbler am 26.02.2001 um 15.44
Liebe Frau Doktor!
Entweder kann ich nicht so schnell denken, wie Sie reden und schreiben, oder aber, Sie denken beim Reden und Schreiben nicht allzuviel.
Ich will Sie mit diesem scheinbaren Anwurf nicht brüskieren oder Ihre Weiblichkeit in Frage stellen, will auch nicht die Schuld auf den heutigen närrischen Dienstag schieben, doch möchte ich an Sie appellieren, Impulse auf sich wirken zu lassen, konkret Stellung zu beziehen und einmal kurz innezuhalten in Ihrer Nudeltaktik (Bezug auf das alte Gästebuch - dafür erhielt ich den Rosenmontagspreis).
Ein Thema möchte ich noch anfixieren: "Freiheit oder Gängelung".
Einige Fragen:
Was verstehen Sie unter Demokratie?
Was verstehen Sie unter Handlungsfähigkeit der Politik?
Was verstehen Sie unter dem Begriff "Loyalität"?
Was verstehen Sie unter dem Begriff "Liberalisierung"?
Einige Impulse:
Als ich im Jahre 1998 Frau Kultusministerin Gisela Böhrk (SL-H) gegenübersaß und die Meinung vertrat, die Sprache gehöre dem Volk; dazu behauptete, daß weit mehr als 80 Prozent die RSR ablehnen würden - was sich später auch annähernd im Volksentscheid bewies - und an sie appellierte sie möge ihr Handeln an der "unmittelbaren" (ohne Zwischenschaltung von Wahlmännern) Demokratie ausrichten, konterte sie wie folgt: Ich selbst müsse mein Demokratieverständnis überprüfen! Wenig später wurde der Volksentscheid annulliert. (dokumentiert in Ostholsteiner Anzeiger - demnächst in der hiesigen Dokumentensammlung)
Als ich der Regierung von Unterfranken - meiner Dienstbehörde - mit Wort und Tat signalisierte, daß ich die fehlerhafte Rechtschreibreform nicht unterrichten könne, wurde ich a) zu einem Führungsgespräch gebeten, wurde mir b) disziplinäre Verfolgung angedroht, wurde mir c) anheimgestellt, daß ich im Falle von Gewissenskonflikten sehr wohl die Kündigung einreichen könne. (dokumentiert in Schreiben der Regierung - demnächst in der hiesigen Dokumentensammlung).
Einige Possen und Sprachkapriolen:
Wenn ich früher radfahren schrieb, sah ich die Tätigkeit im Vordergrund. Manchmal schrieb ich auch Rad fahren, vor allem dann, wenn ich mein Rad wieder einmal geputzt hatte.
Für viele Dinge habe ich mir schon damals die Freiheit herausgenommen, die Freiheit die dem Sprachgefühl entspringt, die Freiheit, die dem Witz die Pointe gibt.
Wenn ich mit meinem Auto auf Autobahnrastplätzen anhalte und daselbst zur rechten und zur linken zwei verschiedene Schilder sehe mit der Aufschrift "sauber halten" bzw. "sauberhalten" - das gibt es wirklich - dann entledige ich mich immer dort meines Geschäftes, wo das entsprechende Schild steht. Sie müssen wissen: ich bin Mann und weitestgehend loyal.
Und außerdem: Kürzlich habe ich im Fernsehen einen Feuer speienden Berg gesehen. Das schreibt man jetzt so, verbindlich (!). Mann, hatte der ein Maul.
Denken Sie an die Fragen, liebe Frau Doktor! Das andere ist fast Nebensache, schnödes Beiwerk, Klatsch und Kwatsch.
__________________
nos
eingetragen von Sigmar Salzburg am 26.02.2001 um 15.34
Wir müssen Frau Menges zugute halten, daß sie eine vielbeschäftigte Frau ist. Deswegen kann sie manche Gedankenverbindungen nur grob anreißen und muß mitunter auf die Ausarbeitung der logischen Zwischenglieder verzichten. Wenn der Zustand allerdings über längere Zeit anhält, kommt sie in manchen Fällen überhaupt nicht zu einem klaren Ganzen, kann jedoch immer wieder Glanzlichter ihres fortschrittlichen Denkens vorführen. Diese befinden sich nun zufällig in wunderbarer Übereinstimmung mit den sicher auf ähnliche Weise zustandegekommenen, durch eiligen Sachzwang unausgereiften Anschauungen der Kultusminister. Dadurch ist sie natürlich die ideale Sachwalterin des „Reformwerkes" in der Schulpraxis und es ist abzusehen, wann sie als Expertin für die praktische Seite der „Reform" in einschlägige Gremien berufen wird. Daher sollte man ihren Ausführungen größte Aufmerksamkeit widmen.
(Einige unverständliche Stellen wurden nach dem Text in rr.com korrigiert, weitere Punkte aus dem Spiegelforum übernommen.)
>Rechtschreiben hängt von einer Menge von "Zutaten" ab:
Nach dem Doppelpunkt müßten jetzt die „Zutaten" kommen – aber nein, es kommen Fragen.
>Wie oft schreibt jemand, ist er den Umgang mit dem Stift oder der Tastatur gewöhnt, wie schaut es mit seiner visuellen Wahrnehmung aus, wie sind die mnestischen Prozesse für das visuelle und auditive Wort geordnet. Gibt uns eine schwierigere Rechtschreibung mehr Zuwendung zum Denken, zu einer filligraneren Ausführung des Schreibens? Oder ist damit ein Teil des Lesens daran maßgeblich beteiligt?
Jetzt müßten begründete Antworten kommen – aber nein, es kommen unbegründete Behauptungen, Allgemeinplätze und seltsame Gedankensprünge.
>Ich denke, dass gerade das Lesen einen großen Teil der richtigen Rechtschreibung ausmacht [ fördert?] und ich weiß [?], dass eine einfache Rechtschreibung sicherlich das Denken weder behindert noch vereinfacht. [Beweis: dieser Text?] Das Beispiel, welches Rückwärts-Reformer einbringen, dass die alte Rechschreibung besser ist, weil sie filligraner und durchdachter ist. [...] Meines Erachtens bringt uns eine Vereinfachung der Rechtschreibung keine Sprachprimitivierung [trotz enger Wechselbeziehung?], sondern das Zurück eine Form des "Ungläubig-werdens" in der ganzen Welt. [Unglaubwürdigkeit oder Ungläubigkeit?]
Jetzt, denkt man, müßten noch näher ausgeführte Begründungen folgen – aber nein, es kommt undifferenzierter Fortschrittsglaube.
>Bayern baut sein MinisterpräsidentenHaus mit viel Glas und HighTech, um zu vermitteln, Bayern ist fortschrittlich. In der Rechtschreibreform soll es aber ein Zurück geben, weil die Reformer etwas zu einfach waren? Die beiden Dinge passen nicht zusammen. Man will fortschrittlich sein und dann ein Zurück zum Alten. [Die gesamte Neuschreibung ist höchst altertümlich. So haben unsere Urgroßväter geschrieben, als sie sich noch nicht trauten, verblaßte Substantive klein zu schreiben oder zusammengesetze Wörter fester Fügung zusammen.]
Mit der Aufstellung von Punkten hofft man nun auf präzise Angaben– aber nein, die Punkte spiegeln keine gedankliche Ordnung wieder:
>1.Gerade habe ich gelesen, wie viele sich ein Zurück der Rechtschreibreform in den Zeitungen wünschen. Klar ist auch, dass sich nur diese Einschreiben, die ein Verlangen nach Zurück haben. Darum glaube ich ganz einfach diesen Berechnungen und diesen Aussagen nur noch zum Teil. [In der amtlichen Volksabstimmung haben sich, trotz massiver Einschüchterung, 71 Prozent der Bevölkerung gegen die „Reform" ausgesprochen. Nichts zählt méhr.]
Es könnte jetzt die bisher fehlende Begründung folgen, warum eine Simpelschreibung das Denken nicht beeinträchtigt. Aber nein, die Behauptung wird nur wiederholt und um fühlige Einschätzungen der Reformverweigerer erweitert.
>2. Eine Vereinfachung der Rechtschreibung geht nicht zu Lasten des Denkens. Die Gedanken sind eine andere Form der Umgehens mit der Welt und die Schreibweise auch. Es wundert mich der emotionale Umgang mit der Sprache der Zurück-Protagonisten. Man meint irgendjemand nimmt Ihnen etwas weg.
Jetzt müßte nun die Begründung folgen, warum die „N.R." ein Fortschritt ist.
>3. So wie jetzt die Rechtschreibreform steht will sie sowieso keiner, aber ein Zurück ist ein Rückschritt.
Warum wird sie dann gemacht? Es gibt übrigens auch einen Fortschritt in die Sackgasse.
Gegen Ende des Textes ist nun eine Geste der Wissenschaftlichkeit zu erwarten. Richtig, da kommt sie:
>4. Ein Teil der beruflichen Sprache muss sich weiterhin in Fremdwörtern erschöpfen. [ Logik?] Beispiele [für eben diesen „Erschöpfungszustand"!]: Gerne würde ich Ihre [ihre?] mnestischen Prozesse überprüfen, ihre [Ihre?] rezeptive und expressive Sprache, ihre [Ihre?] arithmetischen und psychomotorischen Fähigkeiten und ihre [Ihre?] Fertigkeiten in Bezug auf das Lesen.
Jetzt nur noch eine redundante Wiederholung der Gemeinplätze:
>5. Sprache ist ein wichtiges Gut in jeder Gesellschaft. Es bewegt die Gemüter. Trotzdem geht es am Gros der Menschheit gelassen vorbei, wie die Rechtschreibung gestaltet ist. [Nein, s. S-H]
Und jetzt noch ein philosophisches Zitat; das paßt wie ein A auf ein E:
>6. Auch Denker in Richtung der Vereinfachung der Rechtschreibung denken, hier eine Denkaufgabe, die unseren Widerspruch sofort hervorruft:
>„ Die Maschinen machen die gleiche Evolution durch wie die Lebewesen in Darwins Theorie und bringen in diesem Prozeß die globalisierte Maschine hervor. Es gibt auf der Erde nur noch diese Maschine mit dem Internet als ihrem Gehirn. Sie ist nicht steuerbar, sie lebt, sie ist intelligent, sie handelt, sie hat den Menschen schon überrundet und zu ihrem Werkzeug umgestaltet. Nur der Mensch merkt es nicht, weil sein Denken sich zurückgebildet hat." Kazem Sadegh-Zadeh.
Die aufgestellte Behauptung ist effektvoll, aber falsch. Sie für die „Rechtschreibreform" anführen, hieße, daß die „Reformer", deren Denken sich zurückgebildet hat, sich angemaßt haben, in ein nicht steuerbares, intelligentes System einzugreifen und dabei nicht bemerkt haben, daß sie von dem System (hier müßte man wohl Politik und Wirtschaft meinen) zum Werkzeug umgestaltet worden sind. Das wollte die Verfasserin aber doch wohl nicht ausdrücken.[Geändert durch Sigmar Salzburg am 27.02.2001, 16:54]
__________________
Sigmar Salzburg
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 14.20
Es gibt sinnvolle Getrenntschreibung, wie hier auch überall zu lesen.
Was bin ich froh, dass heute "Rad fahren", "spazieren gehen", "zu Hause" etc. auseinandergeschrieben wird.
Dies ist sinnvoll zur Erleichterung des Schreibens. Bitte zählen Sie jetzt nicht all die sinnlosen, nuancenreichen Wörter auf, die man nun auseinanderschreiben muss. Das ist aber ein Teil der Diskussion hier (filigran, nuancenreich, weitverzweigt, vgl. Melsa/Salzburg) soll die Schreibweise sein.
Aber die Substantivierung: Es heißt das Radfahren- also wieder zusammengeschrieben und Großschreibung.
Wenn es vor 200 Jahren sinnvoll war, was geschrieben wurde, warum dann nicht wieder einführen? Also ich für die Getrenntschreibung und ich kenne aber die Diskussion über die Fehler.
Ich muss sagen, diese Art der Getrenntschreibung ist leichter, verändert den Sinn des Geschriebenen nicht und ist verständlich.
Den meisten Leuten ist die Rechtschreibung egal und das Volk wurde auch nicht gefragt. Das ist klar. Die Reform wurde in Schleswig Holstein gegen den Willen des Volkes weitergeführt. Trotzdem sind 15 von 16 Bundesländern dafür ( das Volk wird sonst auch nicht gefragt).
__________________
RenateMariaMenges
eingetragen von Helmut Eberwein am 26.02.2001 um 12.55
![]()
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
ich gebe Ihnen natürlich gerne Auskunft:
Ich gehöre weder zu der einen noch der anderen Zunft, ich bin nämlich von Beruf Programmierer, diese Zunft gab es im Mittelalter allerdings noch nicht:-).
Mein Motiv, mich hier zu engagieren:
Als sprachsensibler Mensch halte ich dies für meine Pflicht.
Außerdem bin ich ein entschiedener Gegner von Volksverdummungen jeglicher Art; die Art und Weise der Argumentationsführung der Reformer beleidigt meinen Verstand.
Man sollte sich nur die Kommentare nach der Volksabstimmung in SH anhören - ein Lob der Demokratie? Weit gefehlt, Negierung des gesunden Menschenverstandes.
Laßt uns diese sinnlose Reform durchführen, aber nur, wenn die Mehrheit dafür ist, und zwar aus Überzeugung, nicht aus Bequemlichkeit.
eingetragen von Karl Eichholz am 26.02.2001 um 12.07
![]()
>Man will fortschrittlich sein und dann ein Zurück zum Alten.
ist ja so zu lesen:
Die Reformer wollen fortschrittlich sein, und die Reformgegener wollen ein Zurück zum alten ( beim Alten hatten die ja nichts verloren, der Alte existiert ja gar nicht)
Tatsache ist unzweifelhaft, daß die von den Reformern angestrebte Getrennt- Zusammenschreibung uns entwicklungsgeschichtlich in etwa um 200 Jahre zurückwirft. Aber dies wird den Dummen heute mit höchster Selbstverständlichkeit als Fortschritt deklariert. Weil es ja von höchster Instanz kommt.
Aber der Kaiser hat ja gar nichts an!
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 11.58
Helmut Eberwein wünscht sich eine kurze Antwort:
Da ich gerade über ein wenig freie Faschingszeit verfüge gebe ich auch Antwort. Ich hoffe, Sie beantworten meine Frage aber dann auch. Gehören Sie zur Zunft der Journalisten oder zur Zunft der Lehrenden?
Zu Ihrer Frage: Mich hat nicht ein Zehetmaier zu irgendetwas veranlasst, sondern ein Professor hat es von mir verlangt. Ab da wurde es nun mal nötig.
Damit habe ich aber gerade nicht das Denken verlernt, sondern angefangen nachzudenken über die Sprache und die sprachliche Kommunikation.
Ich selber habe 21 Dienstjahre nun hinter mir, aber noch 20 vor mir. Also es rentiert sich schon für mich, noch nachzudenken.
Etymologie hat mich übrigens auch schon immer beschäftigt, ist aber nicht mein Fachgebiet.
eingetragen von Helmut Eberwein am 26.02.2001 um 11.28
![]()
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
eine kurze Frage mit der Bitte um eine kurze Antwort:
Irritiert es Sie als selbständig denkender Mensch eigentlich nicht, daß Ihre Schreibweise von einem einzigen Menschen beeinflußt wird?
Hätte Herr Zehetmair durch sein "mutiges" Eingreifen nicht das "Restorant" verhindert, so würden Sie heute "Restorant" schreiben und dies zumindest nach außen hin auch als tolle Errungenschaft vertreten.
Stört Sie die Entstehungsgeschichte der RSR bzw. die Manipulation derselbigen nicht?
Sie sollten bedenken, daß Sie damit dem Prinzip des kritiklosen Gehorsams folgen. Ist dieses Prinzip so gut, daß man diese Grundhaltung auch bedenkenlos an Schüler weitergeben kann?
Danke für eine Antwort.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 09.53
Zusätzlich noch ein paar Gedanken:
Vereinfachung der Rechtschreibung als Zeichen der Zeit?
Bringt uns eine vereinfachte Rechtschreibung weniger Fehler?
Rechtschreiben hängt von einer Menge von "Zutaten" ab:
Wie oft schreibt jemand, ist er den Umgang mit dem Stift oder der Tastatur gewöhnt, wie schaut es mit seiner visuellen Wahrnehmung aus, wie sind die mnestischen Prozesse für das visuelle und auditive Wort geordnet? Gibt uns eine schwierigere Rechtschreibung mehr Zuwendung zum Denken, zu einer filligraneren Ausführung des Schreibens? Oder ist damit ein Teil des Lesens daran maßgeblich beteiligt?
Ich denke, dass gerade das Lesen einen großen Teil der richtigen Rechtschreibung ausmacht und ich weiß, dass eine einfache Rechtschreibung sicherlich das Denken weder behindert noch vereinfacht. Das Beispiel, welches Rückwärts-Reformer einbringen, dass die alte Rechschreibung besser ist, weil sie filligraner und durchdachter ist. Meines Erachtens bringt uns eine Vereinfachung der Rechtschreibung keine Sprachprimitivierung, sondern das Zurück eine Form des "Ungläubig- werdens" in der ganzen Welt.
Bayern baut sein Ministerpräsidentenhaus mit viel Glas und HighTech, um zu vermitteln, Bayern ist fortschrittlich. In der Rechtschreibreform soll es aber ein Zurück geben, weil die Reformer etwas zu einfach waren? Die beiden Dinge passen nicht zusammen. Man will fortschrittlich sein und dann ein Zurück zum Alten.
Es müsste ein Konsens hergestellt werden, dass eine Vereinfachung besser ist als ein Zurück. Ich will natürlich nicht ein ständiges Verbessern ( wie Melsa schreibt), eine ständige Unruhe, aber dies wollen Sie als Zurück-Protagonisten auch. Sie würden Unruhe ins Land bringen.
Aber ich bin dabei Ihren zweiten Teil ausführlichst durchzugehen, Herr Melsa. Das war ja eine stundenlage Arbeit, dies zu formulieren.
eingetragen von RenateMariaMenges am 26.02.2001 um 08.07
Reinhard Markner
26.02.2001 16:30
»Reform«
Herrn Melsas brillantem Text ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Warum aber ist es überhaupt so schwierig, Frau Menges zu überzeugen ?
(RenateMariaMenges)
Sie ist von Haus aus eine Kämpfernatur und gibt nicht so leicht nach, aber soviele gute Beiträge zu bewerten, da bleibt ihr kaum noch Zeit den ersten wirklich großen Aufwand von Christian Melsa zu beantworten. Und bitte, warum muss sie denn überzeugt werden??
Nein, wenn es ihr egal wäre ( so wie Tausendschaften der Lehrer) würde sie sich hier nicht einer solchen Diskussion aussetzen. Sie ist weder eine literarische Figur noch sonst etwas. Sie bleibt bei Ihrer Meinung!
Eine Vereinfachung der Rechtschreibung sollte unser gemeinsames Ziel sein, nicht das Zurück zum "filigran geschliffenen Mittel" ( Christian Melsa). Er schreibt in Journalistenmanier einen guten Aufsatz. Filigranes brauchen wir heute nicht mehr. Auf geschnörkseltes und verschnörkseltes Beiwerk können wir verzichten.
"Intelligenz hängt nicht von Rechtschreibung und verschrifterer Sprache ab". Richtig. Aber schon füher in der Antike (Melsa) waren die führenden Völker, die mit der besten Schriftsprache.
Wer bitte kann sagen, was in den nächsten Jahrzenten die beste Schriftsprache ist ( Hr. Melsa, Hr. Lachenmann, Hr. Schäbler. Hr. Wrase oder Prof. Ickler ?) Nein, diesen Weitblick spreche ich Ihnen so wie anderen ( auch mir selbstverständlich ) ab. Wer bitte soll wissen, welche Lyrik in 30 Jahren gelesen wird?
Dagegen habe ich das starke Bedürfnis zu glauben, dass die Journalisten keine Lust haben sich in neue Schriften zu begeben ( was schon seit mindestens 40 Jahren sich bewährt hat, soll auch bleiben ...Ansprache an Lachenmann/ kenne ich zur Genüge).
In welche Rubrik reihen Sie Amerika ein ( Bericht Melsa: "geistig, wissenschaftlich, wirtschaftlich führend???) Sie haben diese Verschnörkselungen in der Schriftsprache nicht.
Übrigens auch in der Maschinerie der Rechtschreibreform kommen die Umlaute hier nicht richtig bei mir an. Das System versteht kein Ü.
Melsa wendet hohe Begriffe wie Moral, Rassismus, Sexismus, Diskrimierung und Wahrnehmung an um mich zu überzeugen, dass die Verschriftung genau so bleiben muss wie sie ist.
Dabei könnte man über jeden dieser Begriffe seitenlang schreiben. Journalistisches Muss?? Oder Gedankenfluss?
Ich war immer schon meiner Zeit etwas voraus und halte darum diese Diskussion aus. Es ist mir schon so oft passiert, dass das was ich als gut empfunden habe, später sowieso in Einsatz kam. Selbstverständlich und ohne Murren und dann als gelobt.
Ich bitte Sie davon Abstand zu nehmen, mich ein literarisches Individuum zu bezeichnen, obwohl das sogar als Kompliment aufgefasst werden kann. Neue deutsche Lyrik schreibt oft die Gedichte im Infinitiv. Wer bitte von den Diskutanten hier weiß ganz genau, dass das falsch, unrentabel, sich nicht verkaufen, oder sogar irrational ist?
Lesen Sie bitte mal einen Jandl(lechts oder rings) oder einen Paul Wühr (Venus im Pudel). Diese Literaten halten sich nicht an das von Ihnen gewünschte Maß.
Den zweiten Teile des Beitrags von Christian Mensa muss ich mir erst noch durchlesen.
Noch sind Sie mich nicht los! Wir werden uns schon noch eine Zeit hier mit Worten attackieren lernen. (Sorry für meinen letzten flachsigen Satz). Die Ästhetik der Neuen Rechtschreibung bleibt für mich einfach. Ein Zurück ist eine Deplatzierung und eine Rückfall in eine frühere Zeit. Wir gehen auch nicht zurück und mähen das Getreide wieder mit der Hand. Wir leben auch nicht mehr ohne der Maschinerie Internet. Wir leben ein zeitgemäßes Leben und dazu gehört eine zeitgemäße Verschriftung.
Darf ich so nebenbei auch Ihre Berufe erfahren. Sind Sie alle Journalisten oder Lektoren??
eingetragen von Christian Melsa am 26.02.2001 um 02.08
Ach ja, noch ein Wort an Frau Menges (schon wieder): Wenn Sie die Schreibweisen "Jogurt", "Delfin" usw. so wunderschön finden - einen gewissen Reiz der Exotik oder des orthographischen Minimalismus kann man ihnen ja nicht absprechen -, dann steht Ihnen persönlich selbstverständlich frei, sie so viel Sie wollen zu benutzen. Wenn aber gleich alle kommenden Generationen das so in der Schule lernen sollen, wenn das abweichend von jedem normalen Brauch zum Standard der gesamten Textpublizistik werden soll, muß man schon mehr als persönliche Vorlieben zur Begründung vorbringen können. Daß Sie diese Schreibweisen als ästhetisch erachten, kann ich sogar nachempfinden. Und zwar in dem Sinne, als daß sie solange ästhetisch sind, wie sie originell sind. Ich finde auch die Gedichte Ernst Jandls toll, oder den sprachlichen Freistil eines Arno Schmidt. Aber das ist moderne Kunst, deren Maßstäbe nicht auf die Gesamtheit aller Textformen inklusive der schnödesten Prosa einer Kaffeemaschinengebrauchsanweisung anwendbar sind.
[Geändert durch Christian Melsa am 27.02.2001, 03:14]
eingetragen von Christian Melsa am 26.02.2001 um 01.48
Hey Lachenmayer, vergessen Sie nicht, daß wegen des Dritten Reiches das humanistische Projekt von vielen so gut wie verworfen wurde, nach der Devise: Dieses Herdengezücht läßt sich einfach nicht aufklären, vermaledeit; die Idiotie ist so unausrottbar, daß die Massen einem durchgeknallten Postkartenmaler und Ex-Häftling nachrennen wie dem Rattenfänger von Hameln. Angesichts der Ereignisse der Weltgeschichte fällt es ja auch nicht so schwer, "human" mit "grausam" gleichgesetzt zu sehen. Wenn ich mich den gegebenen Machtstrukturen füge, habe ich sehr wahrscheinlich weniger Repression in mein Leben einzukalkulieren als wenn ich selber denke und damit das Risiko eingehe, zu denen der Machtinhaber abweichenden Schlüssen zu kommen. Außerdem sind die Machtinhaber ja die Machtinhaber, haben also die Macht inne, im Gegensatz zu mir, ergo kann ich doch sowieso nichts an dem Lauf der Dinge ändern, den diese bestimmen, oder? Diese Gedankengänge sind die Grundnahrung der Diktatur. Komischerweise trifft man sie auch noch in einer Demokratie viel zu oft an, dazu noch an den entscheidenden Stellen, so oft, daß die Demokratie nurmehr allein auf dem Papier eine solche ist. So wird das ja nie was.
Allerdings wäre es pure Unterstellung, Frau Dr. Menges Denkprozesse abzusprechen. Mündigkeit mag im Kern vorhanden sein, nur findet die anscheinend nicht den Weg in die Praxis. Jedenfalls ist aus den Äußerungen von Frau Menges doch schon mehrfach zu entnehmen gewesen, daß sie sich über die Dinge sehr wohl Gedanken macht, jedenfalls erzählt sie davon (leider ohne besondere Erwähnung des Inhalts der Gedankengänge), und auch schon viele Diskussionen mit einigen Personen geführt hat. Ich bin zwar nicht ganz so sicher, ob man sich den Verlauf dieser Diskussionen als nach dem Vorbild der klassischen Dialektik eines Platon vorstellen sollte, mit These und Antithese, aber völlig ausschließen können wir solches nicht.
Frau Menges, es ist vielleicht nebenher ganz interessant, zu wissen, daß ein Ersatz von qu durch kw von jemandem gefordert wird, der auf 40jährige Lehrerberufserfahrung zurückblicken kann. Aber erstens wird es mir nicht schwerfallen, Ihnen bis zum nächsten Wochenende eine Handvoll (jedenfalls ein Vielfaches der Anzahl, von der Sie sprechen) mindestens ebenso erfahrener Lehrer aufzutreiben, die das ganz anders sehen - die hier auf dieser Internetseite vertretenen selbstverständlich nicht inbegriffen, das wär ja schmu -, und zweitens geht es in der Frage doch eigentlich um die Sache selbst, nicht um irgendwelche peripheren Eigenschaften von Personen, die darin einen bestimmten Standpunkt vertreten. Selbst 400jährige Berufserfahrung wäre für sich allein noch kein korrektes Mittel zur Beweisführung der Richtigkeit einer Behauptung. Aber man sollte schon annehmen können, daß, wenn die lange Erfahrung tatsächlich zu einem Kompetenzreichtum geführt hat, derjenige auch mit sachlichen Argumenten seinen Standpunkt begründen kann.
Daß die Lautverbindung kw mit den Buchstaben qu geschrieben wird (und zwar immer, abgesehen natürlich von Zusammensetzungen wie "Eckwand"), ist ein Umstand, den ein Grundschulkind innerhalb einer Schulstunde lernt und sich auch ohne Probleme merken kann, sofern es den Unterricht einigermaßen aufmerksam verfolgt. Das ist von der Schwierigkeit auf derselben Ebene wie die Tatsache, daß man ei oder eu nicht so schreibt, wie es gesprochen wird (nämlich ai und oi). Wie kann man solche Lappalien ernsthaft zu schwerwiegenden Rechtschreibproblemen hochstilisieren? Welches Schulkind hatte jemals mit diesen Dingen ernstzunehmende Schwierigkeiten, schlimmer als solche, die bei einem Lernvorgang welcher Art auch immer nicht anders zu erwarten sind? Ich habe manchmal den Eindruck, als ginge es vielen Vereinfachern gar nicht eigentlich um eine angeblich tatsächlich notwendige Vereinfachung oder Systematisierung einer Sprachtechnik, die so effizienter würde, sondern man will den Lehrstoff, das Schreiben, auf einen Grad bringen, für den eigentlich über das schlichte Lernen des Alphabets hinaus gar kein weiteres Lernen mehr erforderlich ist. So dermaßen primitiv, wie die Rechtschreibung wäre, wenn man viele Vorschläge umsetzen würde, wäre das perfekte Schreiben für jemanden ohne Vorkenntnisse innerhalb eines Monats gelernt. Es gehört nicht viel Intelligenz dazu, daraus zu folgern, daß es sich bei so etwas um kein besonders hochwertiges Handwerk handeln kann. Man reduziert doch auch nicht die Ausdruckskraft der Musik, nur damit auch jeder binnen kürzester Zeit auf künstlich niedrig hergestelltem Perfektionsniveau klavierspielen kann. Dann müßte man Chopin und Kollegen leider zugunsten von "Alle meine Entchen" und "Hänschen klein" verwerfen. Die menschliche Kultur ist in Jahrtausenden entstanden, da ist es doch wohl kein Wunder, daß das Medium, in dem sie inklusive der jüngsten ihrer Blüten gefaßt, transportiert und verwahrt werden soll, nicht mittels Crashkurs beherrschbar ist. Und das ist auch gut so. Solange man dies übers Klavierspielen sagt, wird keiner einem widersprechen. Sagt man dasselbe über das Schreiben, wird einem von so manchem unterstellt, ein Unterdrückungsinstrument der Dünkelklasse aufrechterhalten zu wollen - eine Ideologie, die ohne jeden Anflug von Scherz tatsächlich so von den Reformbegründern vertreten wurde!
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.02.2001 um 19.14
Ich werde wieder ganz unsicher.
Eine intelligente, staatsbürgerlich in der Bundesrepublik Deutschland sozialisierte Person würde doch freiwillig nie solche die eigene Intelligenz und die eigene Urteilskraft in Frage stellenden, ja erniedrigenden Dinge äußern.
So jemanden kann es in der Wirklichkeit nicht geben.
Frau Dr.RenateMariaMenges ist eine literarische Gestalt, mit »anständiger« Adresse meinetwegen, aber eine, die nichts wissen will, von den Errungenschaften des Humanismus und der Aufklärung und von der »Freiheit eines Christenmenschen«.
Sie will nicht selber denken und entscheiden müssen, sie fühlt sich wohler in der »selbstverschuldeten Unmündigkeit«, in der sie nicht selbst denken muß sondern verordneten Denkvorgaben folgen darf. Ihre Aufgabe sieht sie in der Rechtfertigung des Verordneten, obwohl sie findet, daß die Argumente der Gegenposition in Ordnung sind.
Solche Gestalten können nur romanhaft erfunden werden, so wie Voltaire den Candide erfunden hat, um all die Aspekte der Einfalt fiktiv auf eine Person vereinigen zu können.
Wer mag der Autor unserer Heldin »DrRenateMariaMenges« sein?
Das ist jetzt böse, liebe Frau Menges, aber Sie treten jahrtausendealte und oft unter großen Opfern gewonnene Errungenschaften der abendländischen Kultur, des selbständigen Denkens mit Füßen.
Was mag an solcher Unterwerfungshaltung so schön sein?
Rätselhaft - auch aufschlußreich - aber schließlich doch nicht der Rede wert. Der menschliche Geist und sein Wunsch nach kluger Lebensführung und kluger, verantwortungsvoller Weltgestaltung, haben die humanistiche Kultur am Leben erhalten, trotz aller von Kleingeistern herbeigeführten Mißlichkeiten. Dummheit hat manchmal Konjunktur, setzt sich langfristig aber nicht durch, das kann man am Lauf der Geschichte und speziell der Geistesgeschichte verfolgen.
Hoffentlich ergibt sich bald eine spannendere Diskussion in diesem schönen neuen Forum.
Sonst gehe ich wieder mit Kuddel und Schnäbler in die Mädchendusche, mal kucken, wer da sonst noch so sitzt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Karl Eichholz am 25.02.2001 um 18.29
![]()
Sehr geehrte Frau Doktor,
gestern noch befanden wir uns vor einem tiefen Abgrund, heute sind wir schon einen bedeutenden Schritt weiter.
Und auf Höhe des zweiten Stockwerks rufen wir dann auch noch:
„Es ist doch noch gar nichts passiert.“
> mir geht es darum, dass diese Neue Rechtschreibung eingeführt wurde und nicht " warum und wieso".
Die Mauerschützen haben gar nicht sehr viel anders argumentiert.
Die Mauer ist weg.
Die Mauer in den Köpfen ist noch da.
Und zur Rechenschaft werden sie trotzdem gezogen.
Auch Sie werden eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden.
> Aber meine Argumentation steht eben für die Neue Rechtschreibung- ohne dass ich bei der Einführung irgendwie beteiligt war.
Auf Argumente für die Reform warten wir alle schon die ganze Zeit sehr gespannt.
Ein einzelnes Argument würde für den Anfang bereits genügen.
Bitte, Sie sind an der Reihe.
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von Norbert Schäbler am 25.02.2001 um 17.57
Was tun mit einer Reform, deren Anfängen übelster Sorte man nicht gewehrt hat, weil man es unter anderem nicht für möglich gehalten hat, daß man in einer modernen Demokratie mit Erlaßtechniken arbeitet, um derart heikle Angelegenheiten zu regeln?
Geht es nach der Meinung von Frau Dr. Menges, dann muß man diese Reform annehmen. Wenn die Suppe nun schon mal auf dem Tisch steht, ist sie auszulöffeln - egal ob versalzen oder nicht. Schließlich gilt ja der gute alte Spruch: Wes' Brot ich eß, des' Lied ich sing.
So etwa dürfte es zu erklären sein, daß Frau Dr. nach eigenem Bekunden denken läßt, statt selbsttätig die eigenen Zellen in Bewegung zu setzen. Das erspart Kollisionen mit dem Dienstherrn und bewahrt vor seelischen Konflikten. Man hat ja schließlich noch Wichtigeres zu regeln, als da sind: anderweitige berufliche, familiäre und existentielle Probleme - und dann gibt es noch Kriege, Apartheid, Umweltschutz, Schwankungen an der Börse...
Zwischenzeitlich kann ich derartiges Handeln verstehen. Ich kann mich hineinversetzen in die Mehrzahl meiner Lehrerkollegen, weiß, daß nicht jeder zum Kämpfen geboren ist, weiß, daß das Gehalt so oder so ausbezahlt wird, kenne die manchmal schwierigen Lebensverhältnisse, erkenne fehlende Fähig- und Fertigkeiten und vernehme deutlich den Ruf nach dem großen Teppich, der alles zudeckt...
Ich kann das verstehen, und wenn ich trotzdem ausschere und nicht heulen will mit den Wölfen, dann bitte ich weder um Lorbeeren noch um zusätzliche Tritte. Man mag das lediglich tolerieren. Man mag darüber nachdenken, und man möge versuchen, meine Motive ausfindig zu machen, statt mich als Spinner abzustempeln, oder mich zu ignorieren, oder mich zu mobben, zu zwingen, mich plattzumachen....
Beweggründe habe ich: Ich bin und war Vielschreiber. U.a. war ich über 30 Jahre nebenberuflich als freier Mitarbeiter einer Zeitung tätig. Das Hauptmotiv allerdings entspringt meiner Haupttätigkeit als Lehrer.
Den "mündigen" - den selbständigen - Bürger will ich erziehen helfen.
Mündigkeit verlangt Urteilskraft, die in einer Demokratie zuallererst dem abschätzenden Vergleich entspringt.
Mündigkeit verlangt und fördert Tatkraft und Energie, Einsatz und Engagement für Mitmenschen und Werte.
Mündigkeit aber, wird gar nicht gewollt, denn Gleichheit und Nivellierung sind besser beherrschbar!!!
Und das sei jenen ins Stammbuch geschrieben, die nach der mittelalterlichen Lehre für jeden Kanten Brot ihres Dienstherren ihr Liedchen singen:
Sie werden demnächst auch noch tanzen!!
__________________
nos
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.02.2001 um 15.41
Herr Lachenmann,
mir geht es darum, dass diese Neue Rechtschreibung eingeführt wurde und nicht " warum und wieso". Ihre Argumentation ist in Ordnung und steht für die Alte Rechtschreibung. Aber meine Argumentation steht eben für die Neue Rechtschreibung- ohne dass ich bei der Einführung irgendwie beteiligt war. Ich achte Ihre Diskussion ja genauso, wie ich erwarte, dass die meine angenommen wird. Ich kann doch hier nicht alle Ihre Vorreden gelesen haben.
Für das flapsige Wort also ein " sorry".
eingetragen von Reinhard Markner am 25.02.2001 um 15.30
Herrn Melsas brillantem Text ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Warum aber ist es überhaupt so schwierig, Frau Menges zu überzeugen ? Ich glaube, es liegt in erster Linie an dem Begriff »Reform«. Er ist so positiv besetzt, daß nicht einmal der Hinweis auf die zutiefst reaktionären Aspekte der »Amtlichen Neuregelung« (ein angemessenerer Ausdruck) Frau Menges und vergleichbare Naturen von dem tiefempfundenen Glauben an die Fortschrittlichkeit derselben befreien kann
Zwei Einzelbemerkungen noch :
1. Im Dänischen ist das »x« Ende des 19. Jahrhunderts durch »ks« ersetzt worden, im Niederländischen ungefähr um dieselbe Zeit das »qu« durch »kw«. Das Ergebnis ist keine Vereinfachung, sondern -- ein exotisches Schriftbild. Jedes dänische oder niederländische Kind wird früher oder später lernen müssen, daß »ekstra« »extra« und »kwaliteit« »qualité/Qualität/quality« entspricht.
2. Selbstverständlich ist die »Vereinfachte Ausgangsschrift« auch eine »lateinische« Schrift. Und die »deutsche« Schreibschrift ist nicht irgendwie »verschwunden«, sondern auf Befehl Adolf Hitlers aus den Lehrplänen gestrichen worden.
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.02.2001 um 14.39
Liebe Frau Menges,
hat das mir gegolten: »Also bitte ein wenig mehr Vorsicht bei i(I)hrer Argumentation, die mir ein wenig seicht erscheint«?
Bei der Mühe und Ernsthaftigkeit, mit der hier auf Ihre Beiträge eingegangen wird, ist das nicht gerade fein geantwortet. Inwiefern sind die hier vorgebrachten Überlegungen »seicht«? Das sollten Sie dann schon erläutern, was daran »seicht« ist.
Sie argumentieren, mit dem was andere angeblich sagen, berufen sich auf »soviele, die das Zurück nicht wünschen, sondern eine weitere Vereinfachung der Rechtschreibung viele Schulleiter, viele Professoren, Lehrer).«
Es gibt auch so viele, wahrscheinlich sogar noch mehr, die das »Zurück« wünschen, und wenn Sie sich die Argumentation betrachten, ohne nach denen zu schauen, die Ihnen sagen, diese Reform sei richtig (weshalb auch immer), dann werden Sie merken, daß die klügeren Gedanken von denjenigen kommen, die sie ablehnen.
Sie schreiben: »Wenn ich mich auf meine eigene Meinung stützen müsste wäre es etwas anderes...«
Ja warum eigentlich? Trauen Sie sich kein eigenes Urteil zu? Was wäre dann denn anders, wenn Sie sich auf Ihre eigene Meinung stützen dürften? Sie dürfen es doch - oder etwa nicht? Interessant auch die Formulierung »meine eigene Meinung stützen müsste«. Wäre das ein Müssen gegenüber dem Dürfen, wenn Sie sich hinter der Meinung anderer einreihen?
Unterrichten Sie Ihre Kinder im Hinblick darauf, daß diese sich eigene Meinungen bilden können, oder wollen Sie, daß auch die sich der gegebenen Meinungslage in ihrer Umgebung jeweils anpassen?
Und weiter: »aber hier gibt es wirklich Leute, die irgendwo etwas zu sagen haben und die in dieselbe Richtung denken.«
Wo haben diese Leute denn etwas zu sagen? In den Behörden oder als unabhängige Menschen im Hinblick auf diese Thematik? Das wäre ein wichtiger Unterschied. Die Leute, mit denen Sie es hier in diesem Forum zu tun haben, haben weiß Gott auch etwas zu sagen.
»Ich denke, dass diese Vorrede Sache genug ist. Mein Beitrag zum "qu" zum Beispiel habe ich mit Lehrern diskutiert, die schon 40 Jahre Ihren Dienst in der Grundschule versehen!«
Also wenn das Ihre Argumentation ist! Ich habe es an anderer Stelle beschrieben: seit über 40 Jahren arbeite ich im Druck- und Verlagswesen. Da gab es bisher kein Rechtschreibproblem. Das beweist doch, daß in den letzten Jahrzehnten die Menschen ganz ordentlich Lesen und Schreiben gelernt haben. Jetzt allerdings wissen weder die Kinder noch die Erwachsenen mehr wie man »richtig« schreibt, und Sie selbst sind dafür ein anschauliches Paradebeispiel, das fällt ins Auge und es braucht keinen Oberkorrektor, der Ihnen das bösartiger- und ungalanterweise unter die Nase reibt. Darüber würde auch kein Mensch ein Wort verlieren, wenn Sie sich hier nicht für eine Orthographie engagieren würden, mit der Sie selbst so lieblos umgehen und die Sie wohl selbst nicht im Griff haben. Es gibt Menschen, denen ist kultivierte Sprache und Orthographie wichtig, mit denen haben Sie es hier zu tun.
Stellen Sie sich doch mal vor, wie wir mit den Menschen, die als Ausländer aus Interesse an unserer Kultur und Literatur und aus Freude an unserer kultivierten Sprache mit großem Engagement das für sie schwierige Deutsch gelernt haben, künftig korrespondieren wollen, wenn wir so einschneidende Eingriffe vornehmen würden, wie Sie sich das vorstellen. Unsere Sprache wäre nicht nur für diese Leute (z.B. zigtausende Sprachschüler allein an den Goethe-Instituten in den letzten Jahrzehnten!) nur noch mit Mühe zugänglich und verständlich. Kein Konversationslexikon würde mehr stimmen, kein Klassiker könnte mehr gelesen werden - tut mir leid, gute Frau, aber diese Argumentation ist dürftiger als seicht, das ist Kwatsch! - in aller Verehrung gesagt.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.02.2001 um 14.24
>(KarlEichholz)Deswegen erlauben Sie mir die Frage, Sehr verehrte Frau Doktor, von wem und in welcher Höhe Ihre Beiträge, äh, subventioniert werden.
Schön wäre es ja, wenn man für die Beiträge subventioniert werden würde. In ihrem Beitrag hat mich aber wenig überzeugt.
Die Schüler können nichts dafür, sie lernen das was der Lehrer oder die Lehrerin sagt. Und der/die wiederum hält sich an den Lehrplan, der die neue Rechtschreibung vorsieht.
Also lernen die Schüler nunmehr seit 1998 die neue Rechtschreibung direkt. Alle ab der 4. Klasse hatten also beide Rechtschreibungen gelernt. Ich frage mich, warum man dann mit Untersuchungen in der Hauptschule ansetzt. Diese Untersuchung in der Hauptschule ist also mit Vorsicht zu genießen.
Aber es gibt Gedanken, die durchaus überlegenswert sind ( siehe Melsa), aber da muss ich mich erst durcharbeiten.
Schüler lernen grundsätzlich gerne, besonders in Freier Arbeit. Ihnen ist es egal welche Rechtschreibung und welche Schrift sie nun beginnen, die Hauptsache ist, dass sie lernen können oder dürfen.
eingetragen von Karl Eichholz am 25.02.2001 um 13.09
![]()
Das erst Wort, welches uns in der ersten Klasse beigebracht wurde, war
„I“
(gesprochen „ieh“).
Es war schön kurz, der Buchstabe war nicht schwer zu malen, wir hatten Erfolg beim Lernen. Es war eine kleine Erleuchtung, es hat „Klick“ gemacht.
Schon auf der nächsten Seite kam ein etwas schwierigeres Wort: „Bebi“. Es war ja klar, Bebi heißt Säugling und muß ja so geschrieben werden, weil man es ja so auch spricht. (Das Wort „Chrysantheme“ kam in der ersten Klasse noch nicht)
Muß jetzt die gesamte Erwachsenenwelt „Bebi“ schreiben, damit die Kinder es beim Lernen nicht so schwer haben?
Was heißt hier Erwachsenenwelt: die GANZE Welt soll es so schreiben! Denn es ist ja so furchtbar, wenn Kinder umlernen müssen.
Ja, hat es mich aus den Socken gehauen?
Das ist eine kleine Weile her, ein gutes Dritteljahrhundert.
Was in der Rückschau bei mir viel eindringlicher ankam, war allerdings, daß die Geschichte vom Schlaraffenland eine Erfindung war, daß es in Wirklichkeit gar kein Land gibt, wo als Zaun drumherum ein riesiger Wall von Milchreis und Schokoriegeln gelegt war, durch welchen man sich erst hindurchfressen mußte, um in begehrtes Land hineinzugelangen.
Und wenn ich es mal realistisch betrachte, hat selbst diese eindringliche Erfahrung mich nicht so richtig umbringen können.
Allerdings wurde ich schon etwas gewetzt für das, was dann später kam: Klapperstorch? Weihnachtsmann? Eltern in der Schule nur gute Noten? Das Leben hat seinen eigenen Realismus.
Wenn ein Stahlschiff auf Helling gelegt wird, sind an der Außenhaut Querstreben wie abstehende Querflügel angeschweißt, damit es während der Konstruktionsphase nicht umkippt, auch nicht durch Sturm.
Das heißt aber nicht, daß das Schiff dann später nur noch mit diesen Stoppern herumfahren muß, weil das Umkonstruieren ja so schwierig ist. Man hat es in den Entstehungsprozeß bewußt mit eingeplant, daß diese Krücken für ihren jeweiligen Zeitabschnitt auch ihre Berechtigung haben, um sie danach aber auch wieder zu entfernen.
Kinder lernen nur schwierig? Sie sind für neue Dinge nur schwer in Anspruch zu nehmen?
Nein, Kinder werden dort am meisten lernen, wo sie am meisten gefordert sind. Das muß nicht nur bequem sein. Der Lernerfolg wird aber potenziert, wenn es gleichzeitig den Kindern auch noch Spaß macht.
Bieten Sie einmal als Alternative den Kindern zwei Computerspiele an:
1. „1+1=2“ zum Preis von DM 1,-
2. „Das Rennen von Monte Carlo“ zum Preis von DM 100,-
Nun raten Sie mal, zu welchem der beiden Spiele die Kinder, ohne lange zu überlegen, am meisten greifen.
Das mit dem ach so fürchterlichen Lernen oder gar Umlernen ist die frecheste Behauptung, welche den Medien und Kultusministern eingefallen ist. Der Zweck des dicken Kommerz heiligt auch dieses Mittel.
Haben die Beamten, die Journalisten, die gesamte Leserschaft der Druckmedien es LEICHTER mit dem Umlernen als die Kinder?
Gilt es nicht mehr: was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?
Deswegen erlauben Sie mir die Frage, Sehr verehrte Frau Doktor, von wem und in welcher Höhe Ihre Beiträge, äh, subventioniert werden.
Sie tun hier mit großem Eifer Ihre persönliche Meinung Kund: Ich finde es besser, „selbstständig“ zu schreiben.
Haben Sie auch ARGUMENTE?
fragt Karl Eichholz
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.02.2001 um 12.44
Meine Hoffnung:
Es gibt soviele, die das Zurück nicht wünschen, sondern eine weitere Vereinfachung der Rechtschreibung (viele Schulleiter, viele Professoren, Lehrer). Wenn ich mich auf meine eigene Meinung stützen müsste wäre es etwas anderes, aber hier gibt es wirklich Leute, die irgendwo etwas zu sagen haben und die in dieselbe Richtung denken.
Ich denke, dass diese Vorrede Sache genug ist. Mein Beitrag zum "qu" zum Beispiel habe ich mit Lehrern diskutiert, die schon 40 Jahre Ihren Dienst in der Grundschule versehen!
Also bitte ein wenig mehr Vorsicht bei ihrer Argumentation, die mir ein wenig seicht erscheint.
eingetragen von Walter Lachenmann am 25.02.2001 um 10.58
Die Diskussion mit Frau DrRenateMariaMenges hat die schöne Seite, daß man erleben kann, wie eine Diskussion zwar fruchtlos aber dennoch unterhaltsam sein kann. FrauDrRenateMariaMenges erweist sich als freundliche Dame mit Charme und Geduld, sie ist für Streicheleinheiten empfänglich und reicht sie großherzig und großzügig zurück. Solche Gespräche bereichern unser Leben.
In der Sache aber ist die Diskussion fruchtlos. Natürlich wird ihre Meinung hier toleriert, aber mit heftigem Widerspruch mußte sie rechnen, umso mehr als sie zwar ihre Meinung hier mitteilt und ihre noch weiter gehenden Vorstellungen von einer Reform, aber keine Argumente vorbringt, die diese überzeugend unterstützen.
Wir kommen deshalb nicht weiter, weil Frau Dr. Menges den ganzen Komplex hauptsächlich aus ihrer persönlichen Situation beurteilt, nämlich einer Lehrerin, die ihr Leben der schwierigen Aufgabe widmet, Kinder zu unterrichten, die es schwerer haben als andere. Das ist natürlich eine sehr lobenswerte Motivation.
Ob man deshalb, weil (nicht nur) diese Kinder es schwer haben, Lesen und Schreiben (und vieles andere) zu lernen, die ganze Sprache so folgenschwer verändern muß, ist nun allerdings die Frage, über die Frau Dr. Menges sehr gründlich und nicht nur im Hinblick auf ihre Zöglinge nachdenken sollte. Das heißt, sie sollte sich mit den Gedanken, die ihr hier unter anderen Gesichtspunkten entgegengehalten werden, gewissenhaft auseinandersetzen, Herr Melsa hat eine Fleißarbeit geleistet - allen Respekt.
Denken Sie daran, wieviel Zeit und Argumentationsarbeit wir Ihnen widmen, liebe Frau Dr. Menges! Haben Sie schon einmal versucht, mit den Herren von der Gegenseite zu diskutieren? Da kommt, jedenfalls wenn Sie sich kritisch äußern, entweder gar nichts oder irgend eine flapsige Abfertigung. Kein Argument wird ernstlich aufgegriffen, die Argumente der Reformbefürworter sind ja auch so schwach, daß es ihnen offensichtlich selbst peinlich ist.
Niemand hat, soweit ich die Diskussion verfolgt habe, behinderte Kinder diskriminiert. Daß Frau Dr. Menges auf diesem Ohr empfindlich ist, kann man verstehen. Es wurde nur gesagt, daß man nicht die Sprache und die Rechtschreibung im Hinblick auf Lernbehinderte modifizieren sollte.
Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage, ob eine solche Bemühung um »Erleichterung« überhaupt ihre Absicht erfüllt. Die vielen Diskussionen und die vielen Beispiele zeigen es doch: Wo vermeintlich Erleichterungen geschaffen werden, entstehen an anderer Stelle neue Schwierigkeiten, mit denen die Nichtbehinderten dann zu kämpfen haben - und erst recht natürlich dann auch die Behinderten.
Es geht um den Erhalt einer in Generationen gewachsenen Sprache. Wie schön die ist und wie funktional perfekt bei aller Unregelmäßigkeit - oder gerade deretwegen - merken viele von uns erst jetzt, wo wir mit diesen orthographischen Verstümmelungen Tag für Tag konfrontiert werden.
Es gab vor der Reform kein ernsthaftes Problem mit der Rechtschreibung, erst seit der Reform haben wir Probleme.
Ein Argument der Reformer: Die Sprache befindet sich in einem ununterbrochenen Wandel. Das ist wahr. Deshalb wird sie sich von dieser Verstümmelung auch wieder erholen und zurückfinden zu der ihr naturgemäßen Form. Ich denke an unsere Wiesen. Sobald die Bauern die barbarischen Eingriffe durch das übertriebene Jauchen zurücknehmen, wachsen wieder die schönsten Blümchen, es kommen wieder die lieblichsten Insekten, Häschen, Würmchen, Vögelchen, die Wiese wird wieder gesund und schön, und die Kühe mögen das Gras wieder fressen, geben wieder gute Milch und gutes Fleisch.
Auch die Sorge, die verstümmelte Sprache führe zu eingeschränktem Denken, teile ich nicht. Jeder Mensch denkt, wie er kann und es ihm gegeben ist, wobei wohl die Erziehung oder die Umgebung, in der er aufwächst, entscheidend ist. Wer nicht will, kann das Denken auch in der differenziertesten Sprach- und Geisteswelt bleiben lassen. Es gibt in sprachlich wenig differenzierten Gesellschaftsschichten Menschen von einer philosophischen Tiefe, die alle unsere illustren Professoren blaß aussehen läßt. Und uns geht es ja gut! Wir haben einen riesigen Vorrat an Literatur - in bester Orthographie! Die wird ja nicht umgeschrieben. Nietzsche, Thomas Mann, Schopenhauer, Schiller, Hölderlin, auch moderne Literatur und Philosophie in neuer Orthographie? Unmöglich. Die lebenden Autoren wehren sich dagegen und von den Klassikern sind die Vorräte in guter Rechtschreibung wohl für so lange ausreichend, bis der Spuk wieder verschwunden sein wird.
Die »neue« Orthographie wird sich nicht durchsetzen können. Jeder, der differenziert formulieren will, wird auf die herkömmliche Rechtschreibung zurückgreifen. Wir werden wohl eine zeitlang mehrere Orthographien nebeneinander haben, die angeblich angestrebete Einheitlichkeit ist also gründlich verfehlt worden, und Deutschland hat sich halt mal kräftig blamiert vor den anderen Sprachkulturen. Aber so sind wir Deutschen nun mal. Wir machen alles gründlich, auch die Peinlichkeiten. Aber es gibt auch kluge Leute bei uns. Auch deshalb wird der Unsinn nicht überleben.
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von RenateMariaMenges am 25.02.2001 um 08.28
Andere Meinungen werden hier nur schwer toleriert. Ich habe schon im alten Gästebuch geschrieben, dass ich nicht fingiert bin. Ich bin überrascht über diese Annahme, dass ich eine fingierte Person sei. Da ich schon lange im SPON diskutiere weiß ich auch, wann diese Meinung vorherrscht.
Da dieses Gästebuch nicht ging, konnt ich auf Herrn Lachenmann nicht antworten.
Schlussszene - Schlußszene / Basssolo - Baßsolo / die helllila Klemmmappe, die Kaffeeernte, der Stofffetzen, die Kopfpfnuss, die Umklapppappe
Ich finde, diese Wörter entsprechen den eigentlichen Wörtern:
Kinder müssen nicht erst überlegen:
Schluss + Szene = Schlussszene, auch wenn es für uns ungewöhnlich ist.
Kaffee + Ersatz = Kaffeeersatz
Ich finde es auch besser *selbstständig* zu schreiben.
Tatsächlich erleichtert es uns das Schreiben. Denn man muss nicht über die Regeln nachdenken, sondern schreibt die beiden Wörter einfach.
Vereinfachte Ausgangsschrift:
Die vereinfacht Ausgangsschrift wird in Bayern verbindlich eingeführt. Die Eltern regen sich darüber nicht auf. Die Lateinische Schrift verschwindet einfach ( so wie einst die Deutsche Schrift).
Ihre Schriftbeispiele in Ehren: Ich bin **begeistert** was Sie hier so alles anliefern.
Immer noch geschockt, dass ich, gerade ich fingiert sein soll .. mit vielen Grüßen.
eingetragen von Walter Lachenmann am 17.02.2001 um 09.50
Lieber Herr Ickler,
jetzt fangen Sie auch schon an! Warum soll Frau RenateMariaMenges eine fingierte Gestalt sein? Wollen wir Herrn Riebe mit den Ermittlungen beauftragen?
Mir kommt es eher so vor, als hätten wir es hier mit jemandem zu tun, dem die neue Rechtschreibung tatsächlich nicht nur einleuchtet sondern - warum sollte man daran zweifeln - auch noch »ästhetisch« gefällt!
Mir ist das auch unfaßbar, aber was gibt es nicht alles an eigentümlichen Vorlieben unter den Menschen.
Mehr als das Bekenntnis ihrer Befürwortung der neuen Rechtschreibung, die ihr noch nicht weit genug geht, teilt Frau Dr.RenateMariaMenges ja auch nicht mit, hier geht es um Bekenntnis, nicht um Argumentation. Da geht dann der Gesprächsstoff bald aus. Auf meine konkreten Fragen hat Frau Dr.RenateMariaMenges nicht geantwortet, ist auch nicht mehr nötig.
Noch nicht expressis verbis bekannt hat sie sich dazu, daß ihr nicht nur mein geliebtes Dreierles-ß bestenfalls als Einzelzeichen hinnehmbar erscheint (wofür eigentlich?), sondern daß sie die Wortzwischenräume ablehnt. Ein aufmerksamer Betrachter ihrer Signatur findet das aber leicht heraus (wobei sie vermutlich noch lieber schreiben würde: drrenatemariamenges). Damit wäre natürlich das hier heiß umstrittene Thema der GZS ein für allemal gelöst, aber auch das der Worttrennungen: es wird einfach getrennt, wenn die Zeile zu Ende ist.
Vielleicht sollte man diesen Gedanken einmal ernstlich näher betrachten. Auch bei den Tastaturen könnte mit der Abschaffung der Wortzwischenräume Platz und Material eingespart werden.[Geändert durch Walter Lachenmann am 18.02.2001, 11.05]
__________________
Walter Lachenmann
eingetragen von Theodor Ickler am 17.02.2001 um 09.35
Die Lektüre ihrer letzten Beiträge hat mich in meinem Verdacht bestärkt, daß Frau Menges eine fingierte Gestalt ist.
__________________
Th. Ickler
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.02.2001 um 14.33
Die Ästhetik, über die man streiten kann
Es ist nicht sehr schwer, für Sprachpraktiker und Schüler die Regeln des "ß" zu lernen. Es stellt eine Erleichterung für alle dar. Es ist nur schade, dass es das "ß" noch gibt. Mir gefallen, wie beschrieben, die Wörter mit ss- und ich habe Schwierigkeiten Kindern zu erklären, warum ein Bus mit einem s geschrieben wird und nicht wie bei Kuss mit zwei. Die Lautsprache spricht die beiden Wörter gleich aus. Meines Erachtens und auch nach meinem ästhetischen Gefühl wäre es schöner alles in ss oder in s zu schreiben. Das scharfe "ß" ist zwar einzeln hübsch anzusehen, aber ich würde doch lieber ganz darauf verzichten. Mir gefallen Wörter wie Fantasie, Delfin und Jogurt. Sie sind für mein Sprachgefühl, nachdem ich die Wörter eine Weile geschrieben habe, in Ordnung. Was das ästhetische Gefühl anbelangt, mag ich auch sehr moderne Gedichte. Mich stört es etwas, wenn sie in alter Rechtschreibung geschrieben sind, aber am lyrischen Wort des Schriftstellers ist ja nicht zu rütteln. Wenn es eine weitere Vereinfachung geben würde und weniger Ausnahmen wäre ich mehr zufrieden, aber so wie die Sachlage ist, kann man noch nicht ganz zufrieden sein.
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 16.02.2001 um 13.55
Gedanken zur Rechtschreibreform:
Ich denke an eine weitere Vereinfachung der Rechtschreibung in einer Zeit, in der an "Umwandlungen der Regeln" gearbeitet wird. Schaut man sich die Geschichte der Rechtschreibung an, hat es immer wieder Versuche gegeben, die Rechtschreibung deutlich zu vereinfachen:
Nachdem 1876 die erste orthografische Konferenz ergebnislos verlief, gibt 1880 Konrad Duden sein erstes Orthografisches Wörterbuch heraus. Seit dieser Zeit verlaufen verschiedene Diskussionen kontrovers. Es sind ständig wiederkehrende Rechtschreibforderungen, die
· gemäßigte Kleinschreibung
· die Getrenntschreibung
· Trennungsregeln
· Beseitigung der Dehnungszeichen
· Ersetzung schwieriger Buchstaben durch einfachere
· Eindeutschung von Fremdwörtern
B. Rust versucht auch während des 2. Weltkrieges die Reform weiterzuführen, aber auf Adolf Hitlers Befehl wird wieder alles eingestampft. Auch die Empfehlungen von F. Thierfelder werden verworfen. Sie betreffen
· Erleichterung des Schreibens im Unterricht
· die Stärkung des Deutschen als internationale Verkehrssprache
· Vermeidung eines Minderwertigkeitsgefühls von weniger Gebildeten
Auch hier lehnen Schriftsteller wie Thomas Mann, Herman Hesse und Friedrich Dürrenmatt die Empfehlungen ab.
Die KMKonferenz beschließt 1955 den Duden an Schulen für verbindlich.
Nachdem 1958 ein weiterer Vorstoß an der Öffentlichkeit scheiterte, Es wurde wieder bezug auf frühere Jahre genommen ( 1931/1941/1954).
1972 ergeben die Richtlinien für die Schulen einer Kommunikationsförderung den Vorrang., das Erlernen des Rechtschreibens sei zweitrangig.
1987 lässt die KMK ein neues Regelwerk ausarbeiten., Gefragt werden nur Theoretiker, keine Sprachpraktiker.
Als Sprachpraktiker werden Schriftsteller, Lehrer und Journalisten genannt, also Leute, die ständig mit der Sprache zu tun haben.
Diese Kommission tritt ( mit einer Ausnahme) für die Kleinschreibung der Substantive ein. Auch dies scheitert am allgemeinen Protest.
1994/1995 werden Entwürfe erarbeitet, die die heutige Rechtschreibreform begründen. Die Neuregelung der Rechtschreibung wird am 01.08.1998 wirksam.
( Quelle: Die Reform als Diktat, Frankfurt am Main 2000)
In diesem Sinne bin ich für die Weiterführung der Vereinfachung der Rechtschreibung. Falsches Regelwerk sollte bei dieser Umstrukturierung natürlich verbessert werden, zum Beispiel die Großschreibung der Adjektive bei heute auseinandergeschriebenen Wörtern, was zu Recht kritisiert wird. Aber ein Zurück in das strittige deutsche Regelwerk finde ich falsch.
RenateMariaMenges
eingetragen von RenateMariaMenges am 11.02.2001 um 19.46
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Walter Lachenmann
>Frau Dr. Renate Maria Menges hat sich im alten Gästebuch für die Vorteile, insbesondere hinsichtlich der Vereinfachung und der ästhetischen Zugewinne unserer Schreibkultur ausgesprochen. Da es in der neuen Gaststube gemütlicher ist, habe ich sie eingeladen, doch hier mit uns weiterzuplaudern. Meine Antwort an sie stelle ich hier schon mal rein, vielleicht beehrt uns die Freundin der Neuerungen ja mit ihrem Besuch.
Ich habe schon geantwortet, aber es ist im alten Gästebuch zu lesen. Ich habe mich durch eine lange Zeit durchdiskutiert und bin zur Überzeugung gekommen, dass ein Zurück nichts bringt. Ich finde sie schön, die neue Schreibweise. Ich habe mich damit befassen müssen und möchte nicht mehr weichen davon. Mich hat ein Leserbrief von Jürgen Brosius in der FAZ ( mit dem ich bis heute in einem guten Kontakt stehe)überzeugt, dass eine weitere Vereinfachung nützlich sei und nicht das Zurück, welches hier von dem von mir sehr geschätzten Prof. Ickler gefordert wird. Einen schönen Abend! Wir werden uns sicherlich hier noch öfter sprechen.
eingetragen von Karl Eichholz am 11.02.2001 um 13.56
![]()
umfangreiche Feldversuche, die kürzlich initiiert wurden und nunmehr etwa 150 Jahre währen, konnten aufzeigen, daß die Tastatur mit zwei Tasten sogar nochmals um 50% reduziert werden kann, indem man die Dauer des Anschlags als eine der Komponenten mitauswertet. Dabei ist diese Tastatur äußerst robust und kann im Notfall sogar unter Wasser betrieben werden.
Diese Schrift darf zu recht als international angesehen werden, kommt dabei gänzlich ohne leseflußhemmende Ober- oder Unterlängen aus: einfach geradeaus und genial!
__________________
mit herzlichen Grüßen
Karl Eichholz
eingetragen von Walter Lachenmann am 11.02.2001 um 13.36
Frau Dr. Renate Maria Menges hat sich im alten Gästebuch für die Vorteile, insbesondere hinsichtlich der Vereinfachung und der ästhetischen Zugewinne unserer Schreibkultur ausgesprochen. Da es in der neuen Gaststube gemütlicher ist, habe ich sie eingeladen, doch hier mit uns weiterzuplaudern. Meine Antwort an sie stelle ich hier schon mal rein, vielleicht beehrt uns die Freundin der Neuerungen ja mit ihrem Besuch.
Sehr geehrte Frau Dr. Menges,
mich haben Sie auch neugierig gemacht: wo sind bitte die ästhetischen Reize der neuen Rechtschreibung? Darf ich Ihnen meine Standardbeispiele vorhalten:
Schlussszene - Schlußszene / Basssolo - Baßsolo / die helllila Klemmmappe, die Kaffeeernte, der Stofffetzen, die Kopfpfnuss, die Umklapppappe...
und all die schönen neuen Trennungen wie Ins-tanz usw. alles wurde schon x-mal dargestellt.
Halt mal! Doch doch, jetzt sehe ich es auch: Die neuen Schreibweisen sind nicht nur einfacher, sondern auch viel, viel schöner.
Reine Geschmackssache: Es soll Leute geben, die reisen wahnsinnig gerne in den Vatikan, weil dort das Nachtleben so aufregend sein soll. Andere reisen dorthin, um sich geistliche Unterwäsche in den Spezialgeschäften zu kaufen. Soll ganz verführerisch sein.
Sie haben recht: man müßte alles noch viel mehr vereinfachen. Das Dreierles-ß muß leider (warum eigentlich leider?) ganz verschwinden. Es hat die Deutschen schon immer so verwirrt. Weg damit.
Die »weitere enorme Vereinfachung besonders der Groß- und Kleinschreibung« ist auch sehr wichtig, das ist nur allzu wahr. Wie schön und leicht verständlich für jedermann ist die Lektüre etwa der Gedichte von Stefan George oder der Verlautbarungen der RAF aus den 70er Jahren. Die Linken haben sich dabei ja was gedacht! Auch der dümmste Prolet sollte ihre Botschaften ohne Duden oder sonst ein Nachschlagewerk sofort verstehen. Man sollte diese Texte als Grundschullektüre einführen. Die vielen Großbuchstaben unterbrechen immerzu den Lesefluß und jedesmal gerät man dabei ins Stocken. Wie soll man da ein Buch jemals zu Ende lesen?
Ja und dann die »Vereinfachte Ausgangsschrift«, das ist erst eine Errungenschaft! Wie bitte: »Kein Mensch regt sich darüber auf, sie verschwindet einfach!«? Ich dachte, sie solle erst eingeführt werden. Diesen Minimalvergleich sollten Sie uns vielleicht noch erläutern. Bei uns in der SZ war zu lesen, daß selbst die Lehrerin, die diese neue Schrift den Kindern beibringt, sie ziemlich unharmonisch findet im Vergleich zu der seit Jahrzehnten geläufigen Schreibschrift, die die Kinder bisher gelernt haben. Forscher allerdings haben herausgefunden, daß diese zu viele Schnörkel und rückläufige Bewegungsrichtungen hatte, was die Kinder feinmotorisch nicht auf die Reihe brachten.
Es gibt sie noch, die guten Dinge
Von 1791 bis 1872 lebte in Amerika ein heute fast vergessener Maler und Erfinder, der besonders durch seine Historienbilder, Landschaften und Porträts hervorgetreten ist. Auch als Schriftkünstler hat er sich einen Namen gemacht. Er hat eine Schrift geschaffen, die völlig ohne jeglichen Schnörkel und ohne eine einzige rückläufige Bewegungsrichtung auskommt. Dumm, daß die Pädagogikexperten auf die nicht gekommen sind. Ich persönlich habe sie in meiner Schulzeit perfekt beherrscht und einen großen Teil der Kommunikation mit meinen Mitschülern mit ihr bestritten. Ihr riesiger Vorteil: Sie ersetzt zugleich die Braille-Schrift für die Blinden, da sie bei richtiger Anwendung auch über das Gehör wahrnehmbar ist. Der Schriftkünstler hieß Samuel Finley Breese Morse. Die Schrift besteht nur aus Strichen und Punkten, ist also noch einfacher als das berühmte Kreuzchen der Analphabeten. Schriftbeispiel:
· - · · -· ·- - · -- ·- ·-· ·· ·- -- ·-· --· · ···
in »alter« Schrift:
Renate Maria Menges
Ist doch an Ästhetik nicht zu überbieten! Ich persönlich möchte nicht mehr zurück. Und gelernt ist diese Schrift ruckizucki, von wegen vier Schuljahre!
Ihr
·-- ·- ·-·· - · ·-· ·-·· ·- ---- · -· -- ·- -· -·
(Diese Schrift hat noch einen weiteren, bisher völlig übersehenen Vorteil: Die Tastatur kann auf 2 (in Worten zwei) Tasten reduziert werden.)
__________________
Walter Lachenmann
Alle angegebenen Zeiten sind MEZ
Rechtschreibung.com – Nachrichten zur Rechtschreibfrage