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eingetragen von Sigmar Salzburg am 18.02.2021 um 07.39

Hans-Georg Maaßen hat retweetet

Andreas Hallaschka@Hallaschka_HH·16. Feb. 2021

Schon mehr als 12.000 Menschen haben den Aufruf gegen die #Gendersprache im #Duden unterzeichnet.

Link: https://vds-ev.de/allgemein/aufrufe/rettet-die-deutsche-sprache-vor-dem-duden/


eingetragen von Sigmar Salzburg am 14.02.2021 um 16.12

... in diese seltsamen Affen-Zirkel, die unser vertrautes Deutsch abschaffen wollen:

Diskussion um Gendersprache
Duden schafft generisches Maskulinum ab


Es ist eine fast unscheinbare Änderung, aber mit gewaltigen Folgen: Im Ringen um eine geschlechtergerechte Sprache prescht der Duden vor und schafft Tatsachen bei Personenbeschreibungen. Es hagelt Kritik.

Jahrhundertelang war klar: Ein Mieter ist ein Mensch, der etwas gemietet hat. Ob dieser Mensch männlich, weiblich oder divers ist, spielte sprachlich keine Rolle. Der Duden macht damit jetzt Schluss. Wer auf duden.de "Mieter" eingibt, sieht als Wortbedeutung: "männliche Person, die etwas gemietet hat". Auch Ärzte und Einwohner sind nun nur noch männlich. Bei weiteren Personenbezeichnungen soll diese Änderung ebenfalls erfolgen. Expertinnen warnen vor dem sprachpolitischen Umsturz.

"Die Festlegung des grammatischen Genus Maskulinum auf das natürliche Geschlecht entspricht nicht der Systematik des Deutschen", sagt die Sprachwissenschaftlerin Prof. Ursula Bredel. Wenn das Wort "Mieter" nur noch männliche Mieter bezeichne, erschwere dies auch die Bezeichnung diverser Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen: Die bislang häufige Bezeichnung "Mieter (m/w/d)" wäre dann nicht mehr möglich.

Expertin warnt vor Abschaffung des generischen Maskulinums

Die Grammatik-Expertin Prof. Gisela Zifonun, die am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim gearbeitet hat, warnte bereits 2018 vor einer Abschaffung des sogenannten generischen Maskulinums. "Generisch" bedeutet: Personenbezeichnungen mit grammatisch männlichem Geschlecht wie "der Mieter" sagen nichts über das biologische Geschlecht aus.

"Sprachsystematisch führt ein Total-Verzicht auf maskuline Personenbezeichnungen in geschlechtsneutraler Deutung zu empfindlichen Lücken", schrieb Zifonun im "IDS Sprachreport" und gab ein Beispiel: Wenn ich eine Autorin "eine der wichtigsten Schriftstellerinnen" nenne, ist das ein viel kleineres Lob als zu sagen: Sie ist "einer der wichtigsten Schriftsteller". Denn im zweiten Fall wird die Autorin mit allen Schreibenden verglichen.

Die Mannheimer Linguistik-Professorin Angelika Wöllstein nennt weitere Beispiele: Bei einer Durchsage im Zug "Ist ein Arzt an Bord?" seien nicht nur männliche Ärzte gefragt. Dasselbe gelte für Wendungen wie "zum Arzt gehen" oder "zum Bäcker gehen". Auch bei Wortverbindungen wie "bürgernah" und "Mieterschutz" gebe es keinen Bezug zum natürlichen Geschlecht. "Um diese Möglichkeiten des Bedeutungsbeitrags zu ermöglichen, sollten die lexikalischen Informationen derartigen Beispielen nicht widersprechen", betont Wöllstein mit Blick auf den Duden.

Im Bemühen um eine geschlechtergerechte Sprache ist das generische Maskulinum allerdings in Verruf geraten. Es blende die Hälfte der Menschheit, nämlich die weibliche, aus, heißt es. Stattdessen werden Doppelformen wie "Mieterinnen und Mieter" verwendet oder neue Formen wie Genderstern ("Mieter*innen") und Unterstrich ("Mieter_innen").

Sind nur männliche Personen gemeint?

Der Duden hat sich an die Spitze dieser Bewegung für mehr Gendersprache gesetzt. [...]

Die Rolle als maßgeblicher Hüter der Rechtschreibung hat der Duden seit 25 Jahren verloren. Stattdessen entscheidet der Rat für deutsche Rechtschreibung über die Weiterentwicklung der Regeln. Doch sprachpolitisch macht der Duden weiter Druck und hat Einfluss, zumal er nach dem Ende der Wahrig-Konkurrenz der einzige Wörterbuchverlag in Deutschland ist. Viele Menschen orientieren sich noch an seinen Vorgaben – auch wenn diese über das Amtliche Regelwerk hinausgehen.

Neue Wörter im Duden: die Bösewichtin",

Mit diesem Vorgehen könnte sich der Duden einen Bärendienst erweisen, meint die Geschäftsführerin des Rats, Sabine Krome. Sie bezweifelt, dass "abenteuerliche Kreationen" wie "Gästin" oder Neubildungen wie "Bösewichtin", die jetzt im Online-Duden zu finden sind, eine relevante Rolle spielen.

t-online.de 14.2.2021


eingetragen von Sigmar Salzburg am 10.02.2021 um 19.37

Duden-Redaktion verteidigt Gendern der Online-Ausgabe

Die Redaktion des Duden hat die Aufnahme von geschlechtergerechten Varianten in ihrem Online-Wörterbuch gegen Kritik verteidigt.
Chefredakteurin Kunke_-Razum sagte dem Evangelischen Pressedienst, der Duden habe nicht die Sprachmacht, um die Nutzung bestimmter Begriffe zu verhindern. Vielmehr orientiere man sich an der sprachlichen Realität...

Wichtigste Grundlage für die Entscheidung zum Gendern, so Kunke_-Razum, sei aber die digitale Textsammlung der Redaktion gewesen, das sogenannte Dudenkorpus. „Hier haben wir eine deutliche Entwicklung festgestellt, geschlechterübergreifende Formen zu ersetzen, etwa durch Doppelnennungen wie ‚Bürgerinnen und Bürger‘“, erklärte die Germanistin. Daher verwahre sie sich auch gegen den Vorwurf, der Duden wolle die Sprache manipulieren und eine neue Norm schaffen. Fixe Normen gebe es allenfalls für die Rechtschreibung und für diese sei der Rat für deutsche Rechtschreibung zuständig, sagte Kunkel-Razum. „Beim Duden bilden wir die Regeln ab, die die Sprachgemeinschaft macht, betonte die 61-Jährige. „Wir beobachten, welche Formen sich herausbilden, und das beschreiben wir.“ Eine Wortbedeutung sei nie eine Norm.

Im Januar war bekannt geworden, dass in der Online-Ausgabe des Duden insgesamt 12.000 Personen- und Berufsbezeichnungen erstmals einen eigenen Eintrag in der weiblichen Form bekommen. Sprachkonservative Kritiker werfen der Duden-Redaktion vor, mit ihren Entscheidungen neue Sprachnormen schaffen zu wollen.

Diese Nachricht wurde am 09.02.2021 im Programm Deutschlandfunk gesendet.

deutschlandfunk.de 9.2.2021

Wikipedia
Kathrin Kunkel-Razum (geboren 1959 in Potsdam) ist eine deutsche Germanistin und seit 2016 Chefredakteurin des Dudens.


Wie widersprüchlich! Nach der „Reform“ hatte sich die Dudenredaktion nicht an der Realität orientiert, sondern daran, wie sektiererische Wichtigtuer und dreiste Politiker nie dagewesene Zustände herbeigestümpert haben – unter Geiselnahme der Schüler.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 19.11.2016 um 12.23

Sprachforschung.org:

Theodor Ickler, 19.11.2016:

Dudenredakteur Werner Scholze-Stubenrecht ist am 11.11.2016 verstorben. Er war erst Anfang des Jahres in den Ruhestand getreten.

Wie ich anderswo schon berichtet habe, war ich auf Einladung der Dudenredaktion zu Beginn der Reformwirren einen Tag in der Redaktion und habe mit Wermke und Scholze-Stubenrecht über die Reform und ihre Folgen gesprochen, die beide sehr pessimistisch einschätzten. Sie betrachteten die Reform selbstverständlich als Unfug, mußten aber aus Gründen der Unternehmensräson mitmachen und sie sogar verteidigen. Ich habe das weitgehend respektiert und bei aller Kritik an den Verlagsprodukten immer die Reformer und ihre Auftraggeber für die Reformschäden verantwortlich gemacht. Schon Drosdowski, der weit eher eine Kämpfernatur war, konnte nicht gegen die Verlagsinteressen handeln.

sprachforschung.org 19.11.2016


eingetragen von Sigmar Salzburg am 12.11.2012 um 09.01

Vor zwei Monaten erschien bei faz.net ein Artikel
Roßkur für den Duden,
allerdings in der orthograviehischen Anpassungsschreibung der FAZ,
die darin jeden Hinweis auf die „Rechtschreibreform“ mied.

Die Überschrift hätte lauten müssen

„Rossschlachtung bei Dudens“.

Standard.at schrieb vor drei Wochen:


Von Wikipedia überrollt: Der Untergang des Duden-Verlags
Von dem einst erfolgreichen Mannheimer Verlag Bibliographisches Institut (BI) wird nicht mehr allzu viel übrig_bleiben, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Das Internet und allen voran Wikipedia haben die Lexikon-Branche in ihrer alten Form einer Belastungsprobe unterzogen, die nicht alle überstanden haben. Von den 190 Mitarbeitern stehen 140 vor der Kündigung, in Mannheim sollen noch etwa 20 vor Ort bleiben, ein paar andere könnten mit nach Berlin umziehen, wo die BI-Mutter Cornelsen die Aktivitäten bündeln will…
derstandard.at 21.10.2012

Da kann sich nur Wowereit, das Regierende Eichhörnchen von Berlin, freuen.

Eine Klagewelle rollt:


Der geplante Stellenabbau beim Mannheimer Bibliographischen Institut (BI), besser bekannt als Duden-Verlag, wird das Mannheimer Arbeitsgericht in den kommenden Wochen und Monaten noch intensiv beschäftigen.
morgenweb.de 7.11.2012

Leider hat die bewährte Rechtschreibung nicht von dem Niedergang profitieren können,
denn auch Wikipedia wurde anonym von den eifernden Reformzwerglein gekapert.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 28.07.2012 um 08.03

Duden soll nach Berlin umziehen
Mannheim - Die Stadt Mannheim fürchtet nach dem Wegzug der Duden-Redaktion um ihr Markenzeichen „Hauptstadt der Deutschen Sprache“. Die geplante Verlagerung nach Berlin sei „besonders bedauerlich“, teilte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) am Donnerstag mit. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) freute sich dagegen: „Künftig ist Berlin auch Hauptstadt der Rechtschreibung.“

Die Cornelsen Bildungsgruppe will die Duden-Redaktion nach Berlin holen. Diese betreut auch das bekannte Nachschlagewerk. Die Cornelsen Gruppe hält seit 2009 die Mehrheitsanteile am Bibliographischen Institut (190 Mitarbeiter). Ein Termin für den Umzug steht noch nicht fest.
nwzonline.de 27.7.2012

Siehe auch hier und dazu Ironie.


eingetragen von Sigmar Salzburg am 25.07.2012 um 06.02

Mannheim
Duden reduziert drastisch in der Quadratestadt


Das Bibliographische Institut (BI) Mannheim wird seine Tätigkeiten am Firmensitz Mannheim weitgehend einstellen. Die Konzernspitze des Berliner Cornelsen Verlags spricht von einem Gesamtstrategiewechsel. Die Duden-Redaktion für den Print-Bereich wandert wohl nach Berlin.

Wie am Dienstag bekannt wurde, werden am Standort Mannheim von derzeit 200 BI-Mitarbeitern noch etwa 30 verbleiben. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter der sprachtechnischen Abteilung der Duden-Redaktion. Der Kinder- und Jugendbuchverlag des BI in Mannheim wird verkauft, weil er unter den Konkurrenzunternehmen nur auf Rang fünfzehn liegt. Langjährige Kenner nennen die Pläne einen Kahlschlag für Mannheim.

Über den Stellenabbau soll in den kommenden Wochen mit dem Betriebsrat gesprochen werden.

swr.de 24.7.2012


eingetragen von Theodor Ickler am 12.03.2005 um 06.36

Ich bereite gerade wieder einige Dudenrezensionen vor und möchte schon jetzt darauf hinweisen, daß ungeachtet des Aufklebers "125 Jahre Duden - Immer genau richtig" nunmehr ein fachlicher und leider auch moralischer Tiefstand erreicht ist, wie es ihn noch nie gegeben hat. Die Nazifizierung des Dudens war in gewisser Weise verzeihlich, aber was jetzt geschieht, ist, weil es freiwillig geschieht, das Allerletzte. Während man 1996 bei einigem guten Willen noch von einem Bemühen sprechen konnte, die Neuregelung glimpflich zu interpretieren und das Schlimmste abzuwenden, weil die Verlagsleitung es nun einmal so befohlen hatte, herrscht heute der blanke Zynismus. Die Redaktion bevorzugt und propagiert Schreibweisen und Trennvorschriften, die sie selbst für völlig idiotisch halten muß und auch tatsächlich hält, wie ich aus anderen Äußerungen weiß. Sie unterdrückt unliebsame Kapitel der Grammatik, wie es sich schon 1998 abzeichnete. Wer Gelegenheit hat, sich den Aufsatz von Scholze-Stubenrecht aus der Zeitschrift "Sprachwissenschaft" 2/2000 zu besorgen, sollte ihn lesen.
Demnächst mehr darüber.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 24.02.2005 um 15.23

Wie ich von einem anderen Teilnehmer erfahre, ist diese Äußerung irrtümlicherweise Herrn Wermke zugeschrieben worden.
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Th. Ickler


eingetragen von Sigmar Salzburg am 24.02.2005 um 14.09

Zum FAZ-Bericht von Heike Schmoll auf dem Nachrichtenbrett:

Wermke, der Änderungen allenfalls bei der Interpunktion zulassen will, sagte überdies, Deutschlehrer hätten zur Rechtschreibung ebensowenig zu sagen, wie Physiklehrer Einsteins Relativitätstheorie umkrempeln könnten.
(FAZ 24.2.2005)

Das erinnert an die NRW-Bildungsministerin Behler kurz vor dem Volksentscheid in Schleswig-Holstein:

So wenig wie man über Erkenntnisse von Wissenschaft eine Volksabstimmung herbeiführen kann, so wenig kann man, meines Erachtens, in Volksabstimmungen darüber entscheiden, ob Thron mit th oder nur mit t geschrieben werden soll.
(Eckernförder Zeitung 25.9.1998)

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Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 05.11.2004 um 16.03

Die Besucher dieser Seiten wissen, was in der FAZ über neuen Duden gestanden hat - meine Besprechung nämlich. Deshalb wird man neugierig, wenn man auf der Duden-Homepage liest, daß unter den "Pressestimmen" zum neuen Duden auch die FAZ zitiert wird. Man sieht nach und findet: "Duden erscheint als Handy-Version" ...
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Th. Ickler


eingetragen von Ursula Morin am 31.10.2004 um 22.47

Ich würde ganz gerne wissen, wie die Reformer die Klein- bzw. Großschreibung von "der andere" und "der Einzelne" - beide als Pronomen gebraucht - motivieren. Hat einer der hier versammelten Experten einen guten Rat - oder ist dies nur dem Wunsch nach Verwirrung "des Volkes" entsprungen?

Der "neue Duden" - trotz halbierter Regelanzahl nun doppelt so dick wie mein alter - hilft da auch nicht weiter, trotz schön roter Einrahmung der betreffenden Stellen. Ich habe ihn wohlgemerkt nur angeschafft, um widerspenstigen Kunden zu beweisen, daß man vieles nun wieder wie zuvor schreiben "darf". Freuen kann man sich darüber nicht, da einem so deutlich vor Augen geführt wird, was aus dem Duden-Verlag geworden ist. Um Invektive zu vermeiden, beschränke ich mich aber auf meine obige Frage .... irgendetwas muß man sich doch dabei gedacht haben, oder?


eingetragen von Theodor Ickler am 31.10.2004 um 04.19

"Die Änderungen führen lediglich zu mehr Wahlmöglichkeiten bei der Groß- und Kleinschreibung sowie bei der Getrennt- und Zusammenschreibung."

(Duden-Homepage über die jüngsten Beschlüsse.)

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Th. Ickler


eingetragen von Bernhard Schühly am 25.10.2004 um 17.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Duden Synonymwörterbuch (2004):
„Einzigartig sind die zahlreichen Gebrauchshinweise zu brisanten Wörtern, die eine Hilfestellung geben oder Alternativformulierungen anbieten, wenn die Verwendung eines Stichwortes nicht unüberlegt erfolgen sollte.“ (Vorwort)
„Mit den Gebrauchshinweisen zu brisanten Wörtern wird ein ganz neuer Weg beschritten. Als erstes Synonymwörterbuch erschöpft sich der Dudenband nicht darin, synonyme Ausdrücke, zu Ausgangsstichwörtern zu zeigen, sondern er gibt auch in solchen Fällen Hilfestellung, in denen die Verwendung eines Stichwortes besonders im öffentlichen Sprachgebrauch fragwürdig ist bzw. geworden ist. Die Gebrauchshinweise zeigen dementsprechend Alternativformulierungen für nicht mehr erwünschte Personenbezeichnungen wie Neger, Negerin oder Zigeuner, Zigeunerin; sie nennen Ausweichformen für unerwünschte lange Doppelformen wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ (S. 12)
Kritische Hinweise gibt es zu folgenden Wörtern:

abartig, Ausländer, Bahre, Behinderte, Eskimo, Gastarbeiter, Hasenscharte, irre, Jude, Leichenwagen, Mädchen, Mohammedaner, Neger, normal, pervers, Rasse, taubstumm, Trinker, türken, Unkraut, verrückt, Zigeuner

Sind das nicht einfach alles – diesesmal „amtlich“ aufgezwungene – Euphemismen? An den Tod wollte man schon immer nicht erinnern, und hat auch alles vermieden, was den Weg dorthin beschreibt – jetzt ist halt die Bahre dran. Dann ist da noch „abartig, irre, u.s.w.“. Das kann man nicht verbieten, denn ohne Kraftausdrücke kommt gerade die junge Generation nicht aus, und ich dachte, nach der und deren neuen Wörtern richtet sich auch der DUDEN. Und wenn die sich abgeschliffen haben, (er-)findet sie schon neue. Euphemismen und Kraftausdrücke gehören zu den kurzlebigsten Wörtern überhaupt.
Aber warum „Mädchen“? Soll man jetzt wieder „Jungfrau“ sagen?
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Bernhard Schühly


eingetragen von Theodor Ickler am 25.10.2004 um 03.31

Duden Synonymwörterbuch (2004):
„Einzigartig sind die zahlreichen Gebrauchshinweise zu brisanten Wörtern, die eine Hilfestellung geben oder Alternativformulierungen anbieten, wenn die Verwendung eines Stichwortes nicht unüberlegt erfolgen sollte.“ (Vorwort)
„Mit den Gebrauchshinweisen zu brisanten Wörtern wird ein ganz neuer Weg beschritten. Als erstes Synonymwörterbuch erschöpft sich der Dudenband nicht darin, synonyme Ausdrücke, zu Ausgangsstichwörtern zu zeigen, sondern er gibt auch in solchen Fällen Hilfestellung, in denen die Verwendung eines Stichwortes besonders im öffentlichen Sprachgebrauch fragwürdig ist bzw. geworden ist. Die Gebrauchshinweise zeigen dementsprechend Alternativformulierungen für nicht mehr erwünschte Personenbezeichnungen wie Neger, Negerin oder Zigeuner, Zigeunerin; sie nennen Ausweichformen für unerwünschte lange Doppelformen wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ (S. 12)
Kritische Hinweise gibt es zu folgenden Wörtern:

abartig, Ausländer, Bahre, Behinderte, Eskimo, Gastarbeiter, Hasenscharte, irre, Jude, Leichenwagen, Mädchen, Mohammedaner, Neger, normal, pervers, Rasse, taubstumm, Trinker, türken, Unkraut, verrückt, Zigeuner

Es sind also insgesamt kaum zwei Dutzend „brisante“ Wörter, die aber für wichtig genug gehalten werden, um schon auf dem Einband als Neuerung angepriesen zu werden. Einige weitere kann man wohl kaum brisant nennen, etwa Friseuse, das aber im vorderen Einbanddeckel gerade als Musterbeispiel eines brisanten Wortes vorgeführt wird:
„Die Bezeichnung Friseuse wird nur noch in der Umgangssprache gebraucht; die offizielle Berufsbezeichnung ist Friseurin.“
„Die Verwendung des Wortes abartig in Bezug auf Menschen oder auf sexuelle Praktiken und Verhaltensweisen ist stark diskriminierend. Die im Folgenden genannten Synonyme sollten allerdings ebenso wenig unkritisch gebraucht werden. abnorm, abseitig, anders, anomal, anormal, krankhaft, normwidrig, pervers, regelwidrig, unnatürlich, unnormal, verkehrt.“
(Ebenso unter pervers.)
„Gelegentlich wird die Bezeichnung Jude, Jüdin wegen der Erinnerung an den nationalsozialistischen Sprachgebrauch als diskriminierend empfunden. In diesen Fällen werden dann meist Formulierungen wie jüdische Menschen, jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger oder Menschen jüdischen Glaubens gewählt.“
„Die Bezeichnung Zigeuner, Zigeunerin wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma als diskriminierend abgelehnt. Die gesamte Volksgruppe wird demnach als Sinti und Roma bezeichnet; die Bezeichnungen im Singular lauten Sinto bzw. Sintiza (für im deutschsprachigen Raum lebende) und Rom bzw. Romni (für im europäischen Raum lebende Angehörige der Volksgruppe).“
„Die Bezeichnungen Neger, Negerin sollten im öffentlichen Sprachgebrauch nicht mehr verwendet werden, da sie zunehmend als Diskriminierung empfunden werden. Mögliche Ausweichbezeichnungen sind Schwarzer, Schwarze, Farbiger, Farbige oder Schwarzafrikaner, Schwarzafrikanerin, Schwarzamerikaner, Schwarzamerikanerin. In Deutschland lebende Schwarze haben als Eigenbezeichnung Afrodeutscher, Afrodeutsche vorgeschlagen.“
(Die Formulierung ist wie auch in anderen Fällen etwas seltsam: „als Eigenbezeichnung vorgeschlagen“? Es geht doch nicht darum, wie die Schwarzen sich selber nennen wollen.)
„Hasenscharte: Diese umgangssprachliche Bezeichnung für eine Fehlbildung der Oberlippe wird heute meist als abwertend empfunden. Eine neutrale Ausweichform ist Lippenspalte; der medizinische Fachbegriff lautet Cheiloschisis.“
Krankheitsbezeichnungen haben einen appellativen Charakter, wie schon das Wort Krankheit selbst, d. h. die Bezeichnung schließt ein, daß man etwas gegen das Bezeichnete tun sollte, wenn es möglich ist. Ob die angeborene Mißbildung Hasenscharte oder Lippenspalte genannt wird – operieren wird man sie auf jeden Fall, um dem Betroffenen das Leben zu erleichtern.
Normal: „In seiner älteren Bedeutung 'geistig gesund' sollte das Wort normal im öffentlichen Sprachgebrauch nicht mehr verwendet werden. Das gilt besonders dann, wenn es als Gegensatzwort zu 'geistig behindert' gemeint ist.“
Damit geht das Wörterbuch weit über die deskriptive Angabe des DUW hinaus. Es ist bemerkenswert, daß ausgerechnet das Synonymwörterbuch als Ort eines solchen normativen Vorstoßes gewählt wurde.
Übrigens gibt es keinen Eintrag geisteskrank, behindert (als Adjektiv); man findet geisteskrank auch nicht unter Stichwörtern wie verrückt.
Das Wort Ausländer wird nicht direkt kommentiert, aber in einem nachfolgenden Kasten heißt es:
„Als nicht diskriminierende Synonyme setzen sich, je nach Kontext, die Ausdrücke ausländischer Mitbürger, ausländische Mitbürgerin oder Arbeitsmigrant, Arbeitsmigrantin immer mehr durch.“
(Und die Touristen?)
Fremdarbeiter wurde bekanntlich durch das freundliche Gastarbeiter umgangen, aber auch dieses soll nun, wie DUDEN meint, nicht mehr verwendet, sondern durch ausländischer Arbeitnehmer ersetzt werden.
Das DUDEN Synonymwörterbuch fügt mit beispielloser Konseqenz die movierten Formen zu den maskulinen hinzu: Hosenschisser, Hosenschisserin, Schaumschläger, Schaumschlägerin, Beckmesser, Beckmesserin (!) (unter Nörgler, Kritiker) usw. Das DUW kennt noch gar keine Beckmesserin.
Der Feminismus schafft sich jedoch ein Problem, das er selbst wieder lösen muß, und in einem Dutzend Fällen löst der Duden es durch Hinweise wie diesen:
„Um gehäuftes Auftreten der Doppelform Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden, können je nach Kontext die Ausweichformen Belegschaft oder Kollegium gewählt werden.“
Die Möglichkeit, einfach das generische Maskulinum zu verwenden, wird natürlich gar nicht erwogen. Sie wäre politisch nicht korrekt.
„Das Wort Bahre ist im Empfinden vieler Menschen eindeutig mit dem Tod assoziiert, sodass als Bezeichnung für ein Gerät zum Transport Verletzter auf die Synonyme Trage oder Traggestell ausgewichen werden sollte.“
DUW definiert:
taub|stumm : aufgrund angeborener Taubheit unfähig, artikuliert zu sprechen.

Das Synonymwörterbuch gibt aber an:

„Die früher übliche Bezeichnung taubstumm sollte nicht mehr verwendet und auf Wunsch der Betroffenen durch gehörlos ersetzt werden. Durch den Wortbestandteil 'stumm' wird die Unfähigkeit zu sprechen unterstellt. Dieses kann jedoch spätestens seit Anerkennung der Gebärdensprache nicht mehr als Bezeichnungskriterium verwendet werden.“

türken: „Dieses Verb wird zunehmend, besonders von türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, als diskriminierend empfunden.“

Hier darf man wohl zweifeln, ob wirklich eine wachsende Zahl von türkischstämmigen Mitbürgerinnen sich über das Verb beschwert hat. Es handelt sich wohl eher um eine Erfindung der Redaktion.

„Das Wort Unkraut wird gelegentlich, bes. aus ökologischer Perspektive, abgelehnt. Mögliche Ausweichformen sind Wildkräuter, wild wachsende Pflanzen.“

Das Wörterbuch hat es unterlassen, für Raubvogel (Greifvogel) einen entsprechenden Vermerk einzutragen, die Lemmate fehlen ganz.
Der Eintrag jedes Mal ist ein Fremdkörper; wer steht dort, wo jedesmal stehen müßte, wäre aber nach der Makrostruktur des Wörterbuchs nur noch unter jeder und Mal zu erwarten.

Merkwürdigerweise bleiben die Wörter Lehrling und Putzfrau unkommentiert.

Für Penis gibt es eine Menge Synonyme, die Hoden fehlen dagegen.

Die einzige synonymische Differenzierung, die vorgenommen wird, findet man unter Angst und Furcht, übrigens in jeweils verschiedener Form und ohne empirische Grundlage, eher philosophisch-normativ.

Die Makrostrukur des Wörterverzeichnisses läßt ein Register vermissen, denn Verweise sind sehr selten. Unter färben findet man also zwar kolorieren, aber der umgekehrte Weg ist versperrt, weil es kein eigenes Stichwort kolorieren gibt. Unter Gebrechen stößt man auf Wehwehchen, Zipperlein, Gebresten und Molesten, aber diese selbst haben keinen Eintrag. Von Getümmel geht es zu Gewusel, aber nicht wieder zurück, usw. Und die 300.000 Synonyme, die der Einband verspricht, sind natürlich nicht lauter verschiedene Wörter, sondern eine wesentlich kleinere Zahl von ständig wiederkehrenden.


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Th. Ickler


eingetragen von Sigmar Salzburg am 13.10.2004 um 09.19

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
(am 12.1.2004)
Auf der Duden-Internetseite kann man einen interaktiven Rechtschreibtest machen. Für "aufsehenerregend" kriegt man einen Fehler angerechnet, obwohl just diese Schreibweise in den neueren Dudenwörterbüchern wiedereingeführt ist.

Jetzt ist „Aufsehen erregend" im Text festgeschrieben und aus dem Fragenkatalog herausgenommen. Nach „aufwendig" wurde nicht gefragt. Hier fühlt man sich jetzt aber bemüßigt, durch blaue Schrift mit Klappfenster darauf hinzuweisen, daß man auch „aufwändig" schreiben dürfe.
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Sigmar Salzburg


eingetragen von Theodor Ickler am 09.10.2004 um 11.43

Gerd-Dietrich Schmidt ist praktischerweise auch gleich Vorsitzender des Verbands der Schulbuchverlage (heute VdS Bildungsmedien e.V.), der sich in besonders verantwortungsvoller Weise um das Wohl unserer Kinder kümmert. So kommen Wörterbuch- und Schulbucherverlage auch personell unter ein Dach und können unsere Bildungspolitik nachhaltig mitgestalten.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 08.10.2004 um 19.26

"bifab / Brockhaus, Duden und Meyers mit Umsatzsprung

Mannheim - Die Papierpreise steigen! Für Branchenkenner ist dies ein untrügliches Zeichen für das Anspringen der Konjunktur in der Verlagswelt. Die Verlage äußern sich auf der Buchmesse optimistisch und auch der Verlag Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG mit seinen Marken Duden, Brockhaus und Meyers schaut voller Zuversicht auf das kommende Weihnachtsgeschäft.

Dr. Alexander Bob bestätigte im Rahmen der Verlags-Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse den im Frühjahr angekündigten Umsatzsprung von über 20%. Nachdem sich das Ende der Diskussion um die Rechtschreibreform abzeichnet, rechnet Vorstandssprecher Dr. Bob damit, dass "die öffentliche Auseinandersetzung über das Thema Rechtschreibung weiter zum Erfolg des Rechtschreibklassikers beitragen wird". Das Standardwerk zur deutschen Rechtschreibung ist in diesem Jahr nach Einschätzung des Vorstandssprechers der "wichtigste Titel" im Verlagssortiment. Gleich nach dem Erstverkaufstag am 28. August ist der neue Rechtschreibduden an die Spitze der Sachbuchhitparade gestürmt und ist derzeit der bestverkaufte Sachbuchtitel im deutschen Buchhandel.

Die anderen Verlagshits in diesem Herbst sind der "Brockhaus in zehn Bänden",der "Brockhaus Wein" und der vielfach preisgekrönte Hit unter den digitalen Lexika, der "Brockhaus multimedial". Der Nachschlageklassiker erscheint als erstes deutschsprachiges Multimedialexikon für Linux und Mac OS X.

Auch strategisch geht der Verlag weiter seinen Weg. Der neu gegründete Duden PAETEC Schulbuchverlag wird vom nächsten Jahr an unter der Marke "Duden" Schulbücher auf den Markt bringen. Ulrich Granseyer, der das Schulengagement von Duden als Verlagsleiter Sachbuch forcierte und gemeinsam mit Dr. Gerd-Dietrich Schmidt, dem geschäftsführenden Gesellschafter der PAETEC GmbH, auch managt,ist mit Wirkung zum 1.10. 2004 in den Vorstand beim Verlag Bibliographisches Institut & F.A.Brockhaus AG aufgerückt. Der 1955 geborene zweifache Familienvater ist seit 1996 in leitender Position im Mannheimer Unternehmen und wird im Vorstand auch für die Harenberg-Aktivitäten zuständig sein.

Für Vorstandssprecher Dr. Alexander Bob kommt die Unterstützung auf Vorstandsebene genau zum richtigen Zeitpunkt, denn im kommenden Jahr feiert der Verlag gleich drei Geburtstage. Brockhaus wird 200 Jahre alt, der "Duden - die deutsche Rechtschreibung" wird 125 und die 21. Auflage der Brockhaus-Enzyklopädie erblickt im September 2005 das Licht der Welt."

ots-Pressemitteilung, 7. 10. 2004 12:09 Uhr


eingetragen von Elke Philburn am 25.09.2004 um 22.25

Die Duden-Rezension von Christian Stang - ein Beitrag von Günter Schmickler

[...] Für den Rezensenten Christian Stang sind die Beliebigkeiten der Reform „nicht schlimm, allenfalls gewöhnungsbedürftig“. Sodann bedient er sich der abgedroschensten aller abgedroschenen Phrasen: „Davon geht das Abendland nicht unter!“. Dieses „Argument“ hörte ich zum erstenmal vor acht Jahren, nachdem ich eine Lehrerin mit viel Mühe und Geduld zu der Einsicht gebracht hatte, daß es keinen groß geschriebenen „Spinnefeind“ geben kann. Ich weiß nicht, wie oft ich es danach noch hören oder lesen mußte: „Aber bitte (neudeutsch meist: „bötte“), davon geht doch .......“. Auf diese Ausrede scheint mir zuzutreffen, was Reiner Kunze in seinem Buch „Die Aura der Wörter“ über ein anderes „reformbefürwortendes“ Argument geschrieben hat: „Dem können sich selbst Fische nicht entziehen, es ist ununterschwimmbar!“ [...]

Mehr dazu
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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von margel am 18.09.2004 um 07.44

Es ist dem Duden ja zu gönnen, wenn er in seiner Not aus den Jubelmeldungen über seinen Verkaufsrang ein wenig Honig saugt. Einmal abgesehen von den trüben Quellen, besagen eine solche Rangordnung bzw. ein Erster Platz nur wenig über die harten Fakten, auf die es ankommt: Auflagenhöhe und Zahl der verkauften Exemplare. Darüber habe ich jedenfalls bis jetzt noch nichts gelesen. Auch wäre es interessant, zu erfahren, wer auf den folgenden Plätzen rangiert.- Man fühlt sich an eine Anekdote aus den Zeiten des Kalten Krieges erinnert. Kennedy und Chruschtschow laufen um die Wette. Kennedy gewinnt. Darauf meldet die "Prawda": Der amerikanische Präsident und der Generalsekretär der KPdSU haben ein Wettrennen veranstaltet. Der Präsident ging als Vorletzter durchs Ziel, der Genosse Generalsekretär belegte einen ehrenvollen zweiten Platz. - Nun warten wir auf den Geschäftsbericht des Duden-Verlags.


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 17.09.2004 um 21.43

Das war in der Märkischen Allgemeinen online, inzwischen nicht mehr zugänglich, es wurde ausdrücklich auf das Datum 16. 9. für Media Control Bezug genommen, inhaltlich bis auf die zusätzlichen Datumsangaben gleich dem heutigen http://www.mopo.de/plan7/118_buecher_dpa_131920.html ,
aber, in der Tat zeigen inzwischen alle anderen Quellen den Duden an Platz 1. Also verkaufen wohl einige Zeitungen alte Umfragen als neue, was man dem Duden-Verlag nicht vorwerfen kann.


eingetragen von Reinhard Markner am 17.09.2004 um 18.11

Ich weiß nicht, wo Sie nachgesehen haben, aber bei web.de findet sich die dpa-Meldung vom 16. 9. 2004, 15:36 Uhr, wonach der Duden als Neuzugang auf Platz 1 gekommen ist.


eingetragen von Dr. Konrad Schultz am 17.09.2004 um 12.49

Vor wenigen Tagen hatte der Dudenverlag die Meldung verbreiten lassen, der neue Duden hätte in der ablaufenden Woche die Nummer 1 der Sachbuchcharts von Media Control erstürmt. Nun hat der Verlag wohl die Meldung mit DPA abgesprochen, aber offenbar nicht mit Media Control, jedenfalls ist der Duden unter den Plätzen 1 bis 10 nicht vertreten.


eingetragen von Christian Dörner am 17.09.2004 um 10.40

Vor einigen Wochen drohte Dudenchef Wermke Herrn Paulwitz mit einer Klage, falls er weiterhin behaupte, der Duden sei in seiner 20. Auflage noch lieferbar.

Ich habe den Duden 1991 im Dezember 2000 (!) direkt beim Verlag bestellt und bekam ihn über den Buchhandel damals innerhalb kürzester Zeit. Dabei fiel folgendes auf:

Während die letzten regulären Drucke des Dudens von 1991, die vor der Reform im Buchhandel erhältlich waren, den Aufdruck »Mit Informationen zur Neuregelung der Rechtschreibung« erhielten und ein gesondertes Kapitel am Buchende zur neuen Rechtschreibung beinhalteten, waren außer dem eigentlichen Duden auch die sonstigen Verlagsinformationen auf der Innenseite des Einbanddeckels usw. selbstverständlich in bewährter Orthographie verfaßt.

Die von mir im Jahr 2000 bestellten Exemplare beinhalten das Kapitel nicht mehr, und der Aufdruck lautet an derselben Stelle: »Die gültigen Regeln und Schreibweisen«.

Man könnte nun vermuten, diese Ausgaben wären einfach Restbestände gewesen und somit älter als die, die 1995 und Anfang 1996 verkauft wurden. Weit gefehlt! Denn auf der Innenseite des Einbanddeckels sind dieselben Verlagsinformationen wie oben nun in neuer Rechtschreibung abgefaßt!

Der Duden muß somit nach 1996 noch Auflagen des Dudens von 1991 hergestellt haben. Anders ist das Ganze nicht zu erklären.
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Christian Dörner


eingetragen von Detlef Lindenthal am 14.09.2004 um 14.36

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
"Industrie- u. Handelskammer (so die von den Richtlinien der Rechtschreibung [-> R 155] abweichende übliche Schreibung)" (Duden 1973, S. 350)
Duden _17 von 1973, S. 190:
    Buß- und Bettag
    [ohne Verweis auf eine Regel]
S. 452:
    Maul- und Klauenseuche (–>R145)

In R145 steht dann u.a.
    Feld- und Gartenfrüchte .
In R155 steht
    Frage-und-Antwort-Spiel, September-Oktober-Heft, Rhein-Main-Halle .

Sicherlich hat der Wichtigtuer von Duden gepennt, denn die von ihm dann vermutlich gemeinte Schreibung
    *Industrie-und-Handels-Kammer
geht nicht, weil
    *Handels-Kammer
nicht geht, weil nach Binde-(e)s, wenn ich das richtig sehe, zusammengeschrieben wird:
    Tagesschau, Bundestag, Bildungsminister .

Das läßt vermuten, daß beim Duden einzelne Redakteure Änderungen im Alleingang eintragen. Danach allerdings hält sich dieser IHK-Schwachsinn über Jahrzehnte bis in die 23. Auflage hinein, außer daß die Verweis-Nummer jetzt K26 heißt und daß dort mit u.a.
    Coming-out
und
    Abend-Make-up
verglichen wird.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Dominik Schumacher am 14.09.2004 um 12.14

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
"Industrie- u. Handelskammer (so die von den Richtlinien der Rechtschreibung [-> R 155]) abweichende übliche Schreibung" (Duden 1973, S. 350)

Ich verstehe den Beitrag nicht, lasse ich die runden Klammern weg, dann hieße er so, und was heißt das?:
"Industrie- u. Handelskammer abweichende übliche Schreibung"

Ich lösche meinen Beitrag, sobald eine Verbesserung erfolgte.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Reinhard Markner am 14.09.2004 um 10.27

"Industrie- u. Handelskammer (so die von den Richtlinien der Rechtschreibung [-> R 155] abweichende übliche Schreibung)" (Duden 1973, S. 350)


eingetragen von J.-M. Wagner am 05.09.2004 um 23.08

„Die Rechtschreibreform ist für Leser gemacht und nicht für Schreibende“, resümiert Wermke.
(Eßlinger Zeitung, 1.9.2004)


eingetragen von Theodor Ickler am 04.09.2004 um 13.38

"Die inhaltlich falsche, aber politisch wirksame Formel ,aus 212 mach 112' muß auch im Duden ihren angemessenen Ausdruck finden." (Dudenchef Wermke 1996 in einer internen Anweisung an die Dudenredaktion)

"Seit 1996 wird die neue Rechtschreibung unterrichtet. Sie hat die Zahl der Regeln reduziert ..." (Dudenchef Wermke in der Südwestpresse vom 14.8.2004, zit. nach Duden-Newsletter vom 20.8.2004)

Wermke weiß seit mindestens acht Jahren, daß nicht die Zahl, sondern die Numerierung der Regeln reduziert wurde. Er lügt also.

"Vernünftig ist es, bei der Neuregelung zu bleiben, diese in ihrer weiteren Entwicklung sachkundig zu beobachten und behutsam dort anzupassen, wo es sich aus dem Schreibgebrauch ergibt. So hat es der Duden in der Vergangenheit gemacht. Das funktioniert auch in der Zukunft." (ebd.)

Wermke verschweigt, daß die Reform das bisherige Vorgehen der Dudenredaktion gerade auf den Kopf stellt.



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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 02.09.2004 um 16.50

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von J.-M. Wagner

Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal

J.-M. Wagner schrieb
Ich gehe eher davon aus, daß er dieſe von ſeinem Schreibprogramm vorgenommene Trennung nicht bemerkt hat.
Doch warum schreiben Sie dies?
Weil ich, wie ich es ja dazugeſchrieben habe, Herrn Gallmanns Ansicht zu dieſer Sache kenne und daher weiß, daß die von Herrn Scheuermann geäußerte Vermutung (höchſtwahrſcheinlich) unzutreffend iſt.
In ihrer Publikation von 1998, „Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. Eine Empfehlung der PBS für die Umsetzung der neuen Rechtschreibung in der grafischen Industrie. 2. Auflage (1. Auflage 1996). Bern: Paritätische Berufsbildungsstelle für visuelle Kommunikation (PBS)“ ſprechen Gallmann und Sitta Empfehlungen für die grafiſche Induſtrie aus. Zur Abtrennung einzelner Vokale heißt es (Seite 30):
Das Abtrennen einzelner Vokale ist als typografisch falsch anzusehen. Daher nur: Ofen
(untrennbar), Abend (untrennbar), Ele-ment; Holz-ofen, Diens-tag-abend, Bau-ele-ment.
(Nicht, daß ich danach geſucht hätte, aber da es mir zufällig gerade untergekommen iſt...)

– geändert durch J.-M. Wagner am 02.09.2004, 21.56 –


eingetragen von Christian Dörner am 02.09.2004 um 10.33

Im Duden 2000 hieß es im Abschnitt über die Umsetzung der neuen Rechtschreibung durch die Nachrichtenagenturen noch so:

»Von Personennamen abgeleitete Adjektive auf -(i)sch werden groß- und ohne Apostroph geschrieben (z. B. das Ohmsche Gesetz, die Goetheschen Gedichte, der Archimedische Punkt).«

Im Duden 2004 hört sich dieselbe Stelle so an:

»Von Personennamen abgeleitete Adjektive auf -(i)sch werden oft auch in nicht fachsprachlichen Texten groß- und ohne Apostroph geschrieben (z. B. das Ohmsche Gesetz, die Goetheschen Gedichte, der Archimedische Punkt).« (Unterstreichung hinzugefügt.)

Dabei wurden die entsprechenden Regeln (§ 62 des amtlichen Regelwerks sowie K 91 der Dudenregeln) überhaupt nicht geändert.

Darf man im fachsprachlichen Gebrauch hier jetzt auch wieder groß schreiben?
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Christian Dörner


eingetragen von Norbert Schäbler am 31.08.2004 um 18.21

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
Lieber Norbert,
Deine Frage nach der genauen Anzahl von "Satzgliedern" ist doch etwas verfehlt! (Wieviele Satzglieder sind viele Leute?)


Lieber Stephan!

Das riecht nach Drückebergerei!
Meine insgesamt acht Sätze waren doch wohl geeignet, Sprache zu untersuchen.
Bei Sprachbetrachtungen im Klassenzimmer geht es übrigens nicht nur um das Wort, vielmehr dreht sich das meiste um den Satz.
Ich werde für Dich ein neues Kapitelchen aufschlagen im Themenstrang „Schule“.

Da könnten wir einmal gemeinsam das „Wort“ und seine Funktion im „Satz“ untersuchen. Vielleicht kommen wir dabei den „selbst ernannten“ und unbedarften Reformierungsaposteln auf die Spur.


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nos


eingetragen von J.-M. Wagner am 31.08.2004 um 13.52

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal

J.-M. Wagner schrieb
Ich gehe eher davon aus, daß er dieſe von ſeinem Schreibprogramm vorgenommene Trennung nicht bemerkt hat.
Doch warum schreiben Sie dies?
Weil ich, wie ich es ja dazugeſchrieben habe, Herrn Gallmanns Ansicht zu dieſer Sache kenne und daher weiß, daß die von Herrn Scheuermann geäußerte Vermutung (höchſtwahrſcheinlich) unzutreffend iſt.

Zitat:
Wenn Herr Gallmann mit seinem knallroten 350-PS-Porsche (oder war es ein Volvo?) durch die Fußgängerzone brettert und eine Omma mit zwei Enkeln flachmacht, sagen Sie dann auch zu Herrn Gallmanns Entschuldigung: Er hat die Kinder und die Omma ja nicht eigenhändig erwürgt?
Das würde ich nicht ſagen; wie kommen Sie dazu, ſo etwas zu vermuten? Paßt es Ihnen nicht, daß ich bei der Wahrheit geblieben bin, der ganzen Wahrheit, zu der ich nichts hinzugefügt und bei der ich nichts weggelaſſen habe?

(Im übrigen weiß ich nicht, was für ein Auto Herr Gallmann beſitzt; das intereſſiert mich nicht.)

Zitat:
Wer eine Maschine einsetzt, wird zu Recht für deren Wirkung haftbar gemacht. Natürlich ist Herr Gallmann ebenso für die Auswahl seiner Silbentrenneinrichtung verantwortlich wie für das anschließende Prüflesen.
Ja, und? Im Prinzip haben Sie recht, und ich denke auch, daß die Entſcheidung über die Abtrennbarkeit einzelner Buchſtaben nach wiſſenſchaftlichen bzw. typographiſchen Kriterien hätte getroffen werden müſſen (und nicht anhand der Ergebniſſe einer Befragung unter Betroffenen, darunter insbeſondere Grundſchullehrer), und da Herr Gallmann von ſeiner Tätigkeit als Korrektor her genau weiß, was von dieſer Trennmöglichkeit zu halten iſt, trägt er eine beſondere Verantwortung, daß dieſe Kriterien berückſichtigt werden – was offenbar nicht geſchehen iſt, und dafür iſt Herr Gallmann durchaus zu kritiſieren, nicht aber dafür, daß er dieſes Ü- überſehen hat.

Zitat:
Bundeskanzler Brandt mußte zurücktreten, weil er seine Umgebung nicht im Griff hatte und dummerweise einen DDR-Offizier zu seinem persönlichen Referenten gemacht hatte.
Und in gleicher Weise bin ich der Meinung, daß auch Herr Gallmann selbst und persönlich die Verantwortung dafür trägt, welchen Rechtschreibeinrichtungen (samt Sektreärin, Schriftsetzer, Lektor usw.) er seine Texte anvertraut.
Ihre Beiſpiele ſind eben nicht nur gelegentlich überzogen, Sie gehen damit manchmal einfach am Punkt vorbei: Sie unterſtellen Herrn Gallmann etwas, wovon Sie nicht wiſſen, ob es zutrifft, und dann kritiſieren Sie ihn an dem von Ihnen unterstellten Punkt. Ich erlaube mir, an dieſer Stelle zur Vorſicht zu mahnen.

Zitat:
Möglicherweise finden die meisten Leser hier im Forum meine Fallbeispiele völlig überzogen; ich hingegen nicht, denn wenn wir Herrn Gallmanns „Ü-“ mit der Handlungsweise von irgendwas anderem entschuldigen, können wir auch die Kultusminister entschuldigen: Was können die denn dafür, wenn die Kommission denen solchen Unsinn vorschlägt, und so weiter.
Jetzt unterſtellen Sie mir etwas, was nicht zutrifft: Ich habe nicht verſucht, mit dem Hinweis auf ſein Korrekturprogramm Herrn Gallmann zu entſchuldigen, ſondern ich habe auf etwas hingewieſen, was jedem Menſchen paſſieren kann: daß ein Schreibfehler unbemerkt bleibt.

Was Sie in Ihrem letzten Beiſpiel, unabhängig von Herrn Gallmann und dem Ü- betrachtet, kritiſieren, halte auch ich für einen wichtigen Aſpekt: Wer für andere die Arbeit macht, muß von denen kontrolliert werden. Die Kommiſſion hat im Auftrag der KMK gearbeitet, alſo muß die KMK die Arbeit der Kommiſſion kontrollieren und ihre Berichte kritiſch unter die Lupe nehmen. Daß das nicht paſſiert iſt, ſollte niemanden wundern, iſt die Kommiſſion doch bereits wider alle wiſſenſchaftliche Vernunft mit Urhebern des reformierten Regelwerkes beſetzt worden – und das ſogar mehrheitlich. Es iſt an der Zeit, daß der Reform genau dies zum Verhängnis wird.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 31.08.2004 um 10.39

Lieber Norbert,
Deine Frage nach der genauen Anzahl von "Satzgliedern" ist doch etwas verfehlt! (Wieviele Satzglieder sind viele Leute?)


eingetragen von Norbert Schäbler am 31.08.2004 um 09.46

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
...
sage mir doch einmal, wieviele Wörter folgender Satz enthält: Ich lege alles lahm.


Lieber Stephan!
Sage mir doch einmal, wieviele Satzglieder folgende Sätze enthalten.
Dabei hilft folgende Fragetechnik: Wer oder was tut?
Die Antwort erfolgt im Infinitiv! (Ich tue "lahmlegen")

Ich lege alles lahm.
Du stellst viele Leute zufrieden.
Er stellt die Möbel zufrieden.
Sie bietet Waren feil.
Es läuft einiges schief.
Wir statten Besuche ab.
Ihr geht immer sehr früh heim.
Sie kommen samstags zusammen.



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nos


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 31.08.2004 um 08.45

Lieber Detlev,
sage mir doch einmal, wieviele Wörter folgender Satz enthält: Ich lege alles lahm.
Übrigens: manche Leute schreiben auch undsoweiter zusammen.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.08.2004 um 21.03


J.-M. Wagner schriebIch gehe eher davon aus, daß er dieſe von ſeinem Schreibprogramm vorgenommene Trennung nicht bemerkt hat.
Doch warum schreiben Sie dies? Wenn Herr Gallmann mit seinem knallroten 350-PS-Porsche (oder war es ein Volvo?) durch die Fußgängerzone brettert und eine Omma mit zwei Enkeln flachmacht, sagen Sie dann auch zu Herrn Gallmanns Entschuldigung: Er hat die Kinder und die Omma ja nicht eigenhändig erwürgt?
Wer eine Maschine einsetzt, wird zu Recht für deren Wirkung haftbar gemacht. Natürlich ist Herr Gallmann ebenso für die Auswahl seiner Silbentrenneinrichtung verantwortlich wie für das anschließende Prüflesen.

Bundeskanzler Brandt mußte zurücktreten, weil er seine Umgebung nicht im Griff hatte und dummerweise einen DDR-Offizier zu seinem persönlichen Referenten gemacht hatte.
Und in gleicher Weise bin ich der Meinung, daß auch Herr Gallmann selbst und persönlich die Verantwortung dafür trägt, welchen Rechtschreibeinrichtungen (samt Sektreärin, Schriftsetzer, Lektor usw.) er seine Texte anvertraut.

Möglicherweise finden die meisten Leser hier im Forum meine Fallbeispiele völlig überzogen; ich hingegen nicht, denn wenn wir Herrn Gallmanns „Ü-“ mit der Handlungsweise von irgendwas anderem entschuldigen, können wir auch die Kultusminister entschuldigen: Was können die denn dafür, wenn die Kommission denen solchen Unsinn vorschlägt, und so weiter.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 30.08.2004 um 20.05

Unter dieſer Überſchrift findet ſich, regiſtriert als K 124, im Leipziger Duden von 1981 die folgende Erläuterung:

Dem Wandel von der Getrennt- zur Zusammenschreibung liegt of ein Bedeutungswandel zugrunde. Er ist also in erster Linie ein sprachlicher, erst in der Folge ein rechtschreiblicher Vorgang. Wesentlich ist, daß die Schreibung sinnvoll und unmißverständlich ist.
Da die Entwicklung nicht abgeschlossen ist und das Nebeneinander gedanklich zusammengehöriger Wörter oft eine verschiedene Deutung zuläßt, ergeben sich häufig Fälle, wo beide Schreibungen möglich sind und wo man die persönliche Entscheidung gelten lassen muß.
Bedeutung, Betonung und Schreibung sind oft voneinander abhängig. Die Betonung gibt Hinweise für die Schreibung.
Was iſt bloß aus dieſem Wiſſen geworden? Was denken Sie, Herr Wermke, wenn Sie das leſen?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von J.-M. Wagner am 30.08.2004 um 19.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Duden verweist im Infokasten auf K 63 (K steht übrigens für Kennziffer, was ich eigentümlich deutsch finde), und die K 63 verweist ihrerseits, wie schon 2000, auf § 39.
Die Verwendung von Kennzahlen war in den Leipziger Duden üblich, genauſo wie in meiner (weſtdeutſchen) Dudengrammatik. Die Bezifferung der Rechtſchreibregeln mittels der Kennzahlen weicht von der Abſchnittsnumerierung ab; im 1981er Duden findet man beiſpielsweiſe K 1 bis K 491.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von J.-M. Wagner am 30.08.2004 um 18.51

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Scheuermann
Ein kleines Beispiel nur: Auf Seite 11 findet sich ein Kapitel "Inkorporation und Noun-Stripping", in dessen zweiten Satz es heißt: "In Ü-bereinstimmung mit der strukturalistischen Tradition bestimmt ihn Gerdts (1998: 84) wie folgt ..." Das läßt die Rechtschreibreform natürlich zu, aber erwartet man so etwas von einem sprachkundigen Menschen? Sicher nicht, aber Peter Gallmann stört das offenkundig nicht.
Ich gehe eher davon aus, daß er dieſe von ſeinem Schreibprogramm vorgenommene Trennung nicht bemerkt hat. In ſeiner Orthographievorleſung im Sommerſemeſter 2003 hat er explizit darauf hingewieſen, daß man von dieſer Trennmöglichkeit keinen Gebrauch machen ſollte, ſobald man ſich auf einem Niveau bewegt, das über die ſchuliſchen Anforderungen hinausgeht.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Detlef Lindenthal am 30.08.2004 um 16.53

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Fritz Koch
lahmlegen und lahm legen

„lahm“ kann Ergebniszusatz oder Modal-Adverb (der Art und Weise) sein. Um das bedeutungsmäßig zu unterscheiden, gibt es Zusammen- oder Getrenntschreibung.
Das gilt für viele Adverbien.
Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Stephan Fleischhauer
lahmlegen ist ein Wort oder sind zwei Wörter, je nach Definition. Einige besonders angesehene Sprachwissenschaftler bevorzugen es, von zwei Wörtern zu reden. Man kann dazu sehr viel schreiben, und das wurde in diesem Forum auch getan, aber das werde ich jetzt nicht wiederholen, denn Du gehst ja nicht einmal auf das ein, was ich bereits zu auseinanderlaufen geschrieben habe. Für lahmlegen gilt dasselbe.

Lieber Stephan, lieber Herr Koch,

was geschrieben und verhandelt wird, möchte ich verstehen können. Daher meine Bitte an Dich und Sie:
Können Du und Sie für lahm legen Beispielsätze nennen? Bei meinen Versuchen bin ich nur auf sowas gekommen: „Wenn du die Wäsche so lahm legst, wirst du ja nie mit der Arbeit fertig.“ Gibt es bessere Beispiele?

Wegen einer von eins abweichenden Wörteranzahl von lahmlegen bitte ich Dich, lieber Stephan, um eine verständliche, nachvollziehbare Herleitung, gerne auch gestützt durch Anführungen der von Dir genannten „besonders angesehenen Sprachwissenschaftler“. Eine andere Möglichkeit wäre die Mitteilung: Was mit Buchstaben richtig geschrieben wird und was nicht von Wortbegrenzern (z.B. Leer- oder Satzzeichen) unterbrochen ist, ist nicht mehrere Wörter.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 30.08.2004 um 11.38

auf den Herr Wagner hingewiesen hat: Da reitet einer ein Steckenpferd als rein theoretische Konstruktion, ästhetische Überlegungen haben da keinen Raum.
Dabei lassen sich auch ästhetische Prinzipien, die die Entwicklung der Rechtschreibung nicht gerade unwesentlich bestimmen, wissenschaftlich untersuchen. (Gewiß ist das auch schon längst getan worden.) Aber das ist ganz und gar nicht Gallmanns Sache. Bei ihm kontrastiert eine unverkennbare Neigung zur Akribie mit einer erstaunlichen Wurschtigkeit gegenüber der Sprache insgesamt.
Das ist natürlich völlig legitim, aber es ist auch unvollkommen (und wird es notwendig bleiben).
Herrn Gallmann rührt das nicht. Ein kleines Beispiel nur: Auf Seite 11 findet sich ein Kapitel "Inkorporation und Noun-Stripping", in dessen zweiten Satz es heißt: "In Ü-bereinstimmung mit der strukturalistischen Tradition bestimmt ihn Gerdts (1998: 84) wie folgt ..." Das läßt die Rechtschreibreform natürlich zu, aber erwartet man so etwas von einem sprachkundigen Menschen? Sicher nicht, aber Peter Gallmann stört das offenkundig nicht.
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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Fritz Koch am 30.08.2004 um 08.54

"lahm" kann Ergebniszusatz oder Modal-Adverb (der Art und Weise) sein. Um das bedeutungsmäßig zu unterscheiden, gibt es Zusammen- oder Getrenntschreibung.
Das gilt für viele Adverbien.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 30.08.2004 um 08.20

lahmlegen ist ein Wort oder sind zwei Wörter, je nach Definition. Einige besonders angesehene Sprachwissenschaftler bevorzugen es, von zwei Wörtern zu reden. Man kann dazu sehr viel schreiben, und das wurde in diesem Forum auch getan, aber das werde ich jetzt nicht wiederholen, denn Du gehst ja nicht einmal auf das ein, was ich bereits zu auseinanderlaufen geschrieben habe. Für lahmlegen gilt dasselbe.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.08.2004 um 20.46

Zitat:
Stephan Fleischhauer schrieb:
Seit wann bist Du der einzige, der sich über Wortvernichtungen durch die Rechtschreibreform beschwert??
Bin ich nicht der einzige? Ja? – Sag mal: Darf man das denn, vorhandene Wörter verbieten?
Nachschrift: Wortvernichtungen hört sich so harmlos an; ähnlich harmlos wie Getrenntschreibung oder Eliminierung oder sozialverträgliches Frühableben (statt unterlassene Hilfeleistung) oder ethnische Säuberung (statt Mord bzw. Verschleppung); Wortvernichtung hört sich so ordnungschaffend wie Aktenvernichtung an, und es wird noch keine Verbindung hergestellt zu der uns alle verbindenden Rechtspflege, die über Mord, Totschlag, Diebstahl und allerlei andere Übergriffe Recht spricht. Verbote sind in einem Rechtsstaat regelmäßig über Gerichte nachprüfbar; und dazu ist nämlich meine Frage an die Schulrektoren und Kultusminister, ob sie wirklich einen Deutschlehrer oder Abiturienten abmahnen und bestrafen wollen, wenn er ein bis 1996 zweifellos vorhandenes Wort (z.B. das Adjektiv totgeboren) doch wieder verwendet hat.
Daher bin ich mit meiner Frage doch wieder unsicher: Bin ich nicht der einzige, der Wörterverbote für gerichtlich nicht durchsetzbar hält? Oh, das würde mich freuen!
Zitat:
Tut mir leid, aber lahmlegen sind zwei Wörter.
Wie darf ich das verstehen? Sind z.B. Rechtschreibreform dann vier Wörter?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 28.08.2004 um 20.28

Tut mir leid, aber lahmlegen sind zwei Wörter.
Seit wann bist Du der einzige, der sich über Wortvernichtungen durch die Rechtschreibreform beschwert??


eingetragen von Detlef Lindenthal am 28.08.2004 um 19.12


Stephan Fleischhauer schrieb::
Deine Feststellung, daß zusammengeschriebene Wortgruppen auch anders ausgesprochen werden (leider übertreibst Du ein bißchen: "die suggenannte Rechtschreibreform / die sou genannte Rechtschreibreform") finde ich überaus bedeutend. Die "orthographischen Sprachwissenschaftler" sollten sich endlich damit auseinandersetzen!!!
Wieso, bitte, übertreibe ich leider; wie wird das denn richtig ausgesprochen?

Du meinst ja, das Du der einzige bist, der auseinanderlaufen usw. als ein Wort betrachtet.
Neee, das meine ich doch gar nicht; es geht mir um die ganzen vielen zweifellos vorhandenen Wörter und auch um ganze Wortbildungsregeln; über auseinanderlaufen habe ich gar nichts geschrieben.

Meine Frage (siehe hier) ging darüber, ob suggenannte Sprachwissenschaftler zu bisher zweifelsfrei vorhandenen und gerne verwendeten Wörtern (z.B. lahmlegen) nach allgemein anerkannter Meinung beschließen können, daß sie nicht mehr verwendet werden dürfen.
Aber, schluchz, ich habe mich schon sehr, sehr weit daran gewöhnt, daß ich auf weiter Flur der einzige bin, dem das Nichtverwendendürfen bisher zweifelsfrei vorhandener Wörter miß- und auffällt.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 28.08.2004 um 16.13

Lieber Detlev,
Du meinst ja, das Du der einzige bist, der auseinanderlaufen usw. als ein Wort betrachtet. Aber ich glaube, fast alle sehen es so, ich zuweilen auch - aber jeder kann sich doch zurechtdefinieren, was er unter einem Wort versteht. Die Sprachwissenschaftler verständigen sich natürlich auf eine solche Definition, die für ihre Zwecke praktikabel ist. Sie kommen nicht darum herum, daß auseinanderzulaufen syntaktisch genauso gebildet ist wie helfen zu müssen. Wie ist das zu in das, was Du als Wort bezeichnest, eingedrungen? Sprachgeschichtlich hat sich die Zusammenschreibung der Verbzusatzkonstruktionen erst später entwickelt. Logisch, daß die Sprachwissenschaft ohne zwingemde Gründe oder nur aufgrund der Zusammenschreibung nicht gleich eine Univerbierung annimmt. Ich hatte selbst vor, mich noch einmal zu den Verbzusatzkonstruktionen zu äußern. Meines Erachten fehlt - zumindest im Icklerschen Wörterbuch - der Versuch einer Definition. Eine solche Definition muß ja nicht "hart" und operationalisierbar sein - die Definition des "Textgegenstandes", über die wir uns hier eine Weile gestritten hatten, ist es auch nicht. Das Anbieten von Kriterien ersetzt nicht die Erläuterung des Begriffs selbst. Ich würde folgendes vorschlagen: "Der Verbzusatz grenzt das Verb in seiner Bedeutung ein." Die Adverbialen Mitspieler des Verbs haben dagegen eher "beschreibenden" Charakter.
Interessant ist, daß "unsere" Sprachwissenschaftler (ich meine, in diesem Forum) sich vehement dagegen wehren, auf Besonderheiten der Aussprache näher einzugehen. Andererseits bringen sie selbst entsprechende Begrifflichkeiten ins Spiel. In Icklers Wörterbuch ist z.B. in der "kurzen Anleitung zum rechten Schreiben" - die sich ja ausdrücklich an den Laien (!) wendet - von langen Vokalen die Rede. Andererseits wurde bestritten, daß die Leute wissen, was sie meinen, wenn sie von solchen Vokalen spechen. (Übrigens glaube ich auch, daß es hier viele Unsicherheiten gibt, aber nun gerade nicht in den fraglichen Fällen der Konsonantenverdoppelung - soweit man von Fremdwörtern absieht, natürlich.) Es wurde auch die "Dehnbarkeit" von Vokalen und Diphthongen in die Diskussion geworfen. Als ich dann anhand der Beispiele Hammer und Eimer vorführte, was ich mir unter Dehnbarkeit vorstelle, bekam ich zwar viel Kritik, aber keinen Vorschlag einer besseren Darstellung. Laut Icklers Wörterbuch ist es ein notwendiges Kriterium für einen Verbzusatz, daß er bei neutraler Satzbetonung einen Starkton erhält. Nach einem Einwand von mir gab er zu, daß dieses Kriterium nur bei Isolation des entsprechenden Gefüges aus dem aus dem Satz heraus gilt.
Lieber Detlev, Deine Feststellung, daß zusammengeschriebene Wortgruppen auch anders ausgesprochen werden (leider übertreibst Du ein bißchen: "die suggenannte Rechtschreibreform/ die sou genannte Rechtschreibreform") finde ich überaus bedeutend. Die "orthographischen Sprachwissenschaftler" sollten sich endlich damit auseinandersetzen!!!


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 28.08.2004 um 15.24

Tatsächlich, ich habe das maßstäbesetzende Buch von Alice Schwarzer nicht gelesen! Allerdings frage ich mich, ob auseinanderfallend und die von Ickler genannten Beispiele ein ähnlich klassifizierendes "Potenzial" haben.


eingetragen von Reinhard Markner am 28.08.2004 um 08.23

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Lothar Ibrügger, hat am 18. Januar 1999 "Mehr Sicherheit für radfahrende Kinder" angemahnt. "Das nennen sie 'Liebe', wenn wir ihm mit 17 die hemdenbügelnde Mutter ersetzen", klagte Alice Schwarzer 1975 in ihrem Buch Der kleine Unterschied und seine großen Folgen. "Wir wollen auch künftig autofahrende Urlauber", forderte Lothar Hay, der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Kiel, am 14. September 2000. Das gibt es alles, und ich finde es nicht problematischer als das Beispiel "ratsuchende Bürger", mit dem die Kommission ihre Regeländerung erläutert hat. Ich sehe auch keinen wesentlichen Unterschied.


eingetragen von Fritz Koch am 28.08.2004 um 08.07

Bei kundtun ist kund- ein Ergebniszusatz: Durch kundtun = bekanntmachen wird etwas kund = bekannt.
Bei leid tun ist leid ein Adverb: wie tut es; leid ist nicht das Ergebnis des Tuns, das ist es bei Leid tun:
Dem Tunfisch wird es Leid tun, wenn er gefangen und getötet wird.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 28.08.2004 um 07.52

Lieber Detlev,
ich wollte nur sagen, daß der Duden die Reform falsch umsetzt. Ich habe nichts gegen auseinanderfallend, im Gegenteil, aber aus dem Regelwerk geht diese Schreibung nicht hervor. Bisher schrieb man zusammen, weil auch das zugrundeliegende auseinanderfallen zusammengeschrieben wurde.

Lieber Herr Markner,
wenn man nun radfahrend ad hoc bilden könnte, dann hätte man immer schon autofahrend, hemdenbügelnd, getrenntschreibend oder mausetotschlagend ad hoc bilden können. Vielleicht wurde das auch in gewissen Sparten getan, und ich habe es es nicht bemerkt - dann aber müßte man die Formulierung "bei Verbindungen [...] mit adjektivisch gebrauchten Partizipien" in § 36 Es (2) sehr großzügig auslegen. Auch Herr Ickler war überrascht.


eingetragen von J.-M. Wagner am 27.08.2004 um 23.42

Wunderbar. Das bedeutet, daß es bei der Grammatikverfälſchung bleibt, da leidtun weiterhin als Nomen-Verb-Verbindung gilt. Mithin iſt dieſe Änderung Augenwiſcherei, weil das eigentliche Übel beſtehenbleibt – und damit andererſeits weiterhin angreifbar iſt.

Mit leidtun iſt nun die Schreibung eingeführt worden, die Gallmann bereits 1999 empfohlen hat – aber mit der folgenden Begründung (Fußnote 16, S. 26):

Zu erwägen ist eine Korrektur bei der Fügung Leid tun, da hier wohl nicht das Nomen Leid, sondern eher das standardsprachlich defektive Adjektiv leid vorliegt (in süddeutschen Dialekten sind attributive Formen dieses Adjektivs noch geläufig). Am besten schreibt man zusammen (in Abweichung sowohl von der 1901er- als auch von der 1996er-Regelung): leidtun, es tut mir leid, es hat mir leidgetan.
– geändert durch J.-M. Wagner am 30.08.2004, 20.25 –


eingetragen von Reinhard Markner am 27.08.2004 um 22.16

Stimmt. Die Änderung im Infokasten ist irreführend. Indem nämlich "Leid tun, auch leidtun" und "zuleid, zuleide, auch zu Leid, zu Leide tun" jetzt demselben Unterpunkt zugeordnet werden, sieht es so aus, als gebe K 63 eine Erläuterung zu "Leid tun, auch leidtun", was aber gar nicht der Fall ist.

Im Regelwerk ist Leid tun aus § 34 E 3 (5) gestrichen. Dafür erscheint leid- in der geschlossenen Liste von § 34 (3). Die Groß- und Getrenntschreibung ist jetzt nur noch durch § 55 (4) "gedeckt".


eingetragen von J.-M. Wagner am 27.08.2004 um 21.40

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Duden verweist im Infokasten auf K 63 (K steht übrigens für Kennziffer, was ich eigentümlich deutsch finde), und die K 63 verweist ihrerseits, wie schon 2000, auf § 39.
Das bezieht ſich aber nur auf zuleide/zu Leide (zwar in der Verbindung mit "tun", aber das gehört ſchon nicht mehr dazu), d. h. auf das Adverb. § 39 gilt für "mehrteilige Adverbien, Konjunktionen, Präpositionen und Pronomen", die zusammengeſchrieben werden, "wenn die Wortart, die Wortform oder die Bedeutung der einzelnen Bestandteile nicht mehr deutlich erkennbar sind." und hat alſo mit leidtun nichts zu ſchaffen. – Was aber ſteht nun hinten im Duden, im amtlichen Regelwerk?

– geändert durch J.-M. Wagner am 30.08.2004, 19.17 –
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Detlef Lindenthal am 27.08.2004 um 19.56

Lieber Stephan,

einerseits ist mir klar, daß ich bisher weit und breit der einzige bin, der das so sieht, andererseits läßt mir der folgende Gedanke keine Ruhe:

Gemäß Deinen Ausführungen entsteht aus einem Partizip rasch ein Adjektiv (ratsuchend, furchterregend, blutbildend ...) (oder sogar ein Substantiv: die Abgeordneten, die Reisenden, die Überlebenden, die Angebetete, Verlassene, Alleinerziehende ... ).

Wenn dann also ein solches Adjektiv entstanden ist und von der Sprachgemeinschaft gerne verwendet wird (ausweislich z.B. bisheriger Wörterbücher oder Fundstellen in gedruckter Sprache), ist es dann ein guter oder ein schlechter Einfall, wenn Reformleute ein solches Wort (zum Beispiel: ein weitverzweigtes Firmengeflecht; tiefgreifende Änderungen; weitergehende Forderungen, krebserregende Substanzen (die übrigens gar keinen Krebs erregen; denn der kann wohl verursacht, aber wohl kaum erregt werden)) wieder weghaben wollen, eliminieren wollen, mit Wörterverbot belegen wollen? Oder habe ich das irgendwie verkehrt verstanden? Gibt es irgendwelche Gründe, mit denen ein Deutschlehrer begreiflich machen kann, daß ein solches Wort bei Strafe nicht mehr verwendet werden darf? Und was müßte nach Deiner Meinung ein Verwaltungsrichter dazu sagen?

Detlef


eingetragen von Reinhard Markner am 27.08.2004 um 19.52

Ich bezog mich unter anderem immer noch auf Ihren Eintrag von heute morgen 9:03 Uhr. Warum sollten solche Gebilde, seien sie nun bereits Adjektive oder noch Partizipien, nicht ad hoc gebildet werden ? Sie werden es, wie man sieht. Natürlich sind sie längst nicht alle für den prädikativen oder klassifizierenden Gebrauch tauglich, aber das ist doch kein Grund, die Zusammenschreibung auszuschließen.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 27.08.2004 um 18.34

Lieber Herr Markner,
ich habe nicht verstanden, was Ihre Beispiele belegen sollen. Sie sollten das ganze ein wenig kommentieren, sonst weiß ich nicht, worau Sie hinaus wollen.
1. Meinen Sie, daß alle diese reformdeutschen Textbeispiele grammatisch korrekt sind? (Ich würde sagen: ja.)
2. Gibt es für gleichlautende Formen nicht oft mehrere mögliche Arten der Bildung? (Ich sehe es so: die ratsuchenden Bürger - Adjektiv, die Rat suchenden Bürger - Partizip)
3. Widersprechen Ihre Beispiele meinen Ausführungen?

Ein bißchen habe ich das Gefühl, daß Sie sich auf meinen letzten Beitrag unter dem Thread "Ergänzender Bericht" beziehen. Ich hatte gesagt, daß Partizipien seltener vokommen und etwas umständlich wirken (aber natürlich kommen sie vor!). Hatten Sie sich daran gestört?

Ich versuche noch einmal den Unterschied zwischen Adjektiv und Partizip zu erklären: Im Prinzip kann jedes Partizip zum Adjektiv werden. Eine einfache Ergänzung kann zum Erstglied einer Zusammensetzung werden. Aus Hemden bügelnd kann hemdenbügelnd werden. Ein Wort wie ratsuchend wird irgendwann einmal vielleicht sogar prädikativ verwendet und sogar gesteigert werden können. Das setzt gewisse außersprachliche Umstände voraus. Irgendeine Wissenschaft z.B. setzt sich mit Hemden bügelnden Wesen auseinander, entscheidet sich irgendwann, einfach hemdenbügelnd zu schreiben und diese Redeweise findet sogar allgemein Verbreitung. Und der Begriff ratsuchend wird so bedeutend und häufig, daß man anfängt verschiedene Grade des Ratsuchenden zu unterscheiden und zu steigern. Solche Entwicklungen sind nicht vorhersehbar. Sie sind außersprachlich begründet (wie wohl alle Übergangs- und Zweifelsfälle). Man entscheidet nach Gefühl, nicht nach festen Regeln. Aber man kann nur zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden: Adjektiv oder Partizip. Es gibt noch Untergruppen von Adjektiven. Z.B. solche, die nicht prädikativ verwendet werden können.


eingetragen von Fritz Koch am 27.08.2004 um 17.30

und Adjektive können kein Objekt haben. Deshalb wäre der Satz "Der Anblick war Furcht erregend" grammatisch falsch und richtig nur als "Der Anblick war furchterregend". Daraus folgt grammatisch zwingend Zusammenschreibung von Substantiv und Partizip bei prädikativem, also adjektivischem Gebrauch. Darauf hat Prof. Ickler heute wieder in seiner Besprechung des neuen Duden hingewiesen.


eingetragen von Reinhard Markner am 27.08.2004 um 14.33

Ich kann Ihnen nicht folgen. "Seither haben sich Ex-Präsidenten, [. . .], Altbürgermeister und Sonderbeauftragte aller Art zu Dutzenden mit dem auseinander fallenden und später mit dem auseinander gefallenen Land beschäftigt", Berliner Zeitung, 23. 7. 2003. "Die ratsuchenden Bürger wurden nach den Öffnungszeiten ebenso gefragt wie nach der Freundlichkeit der Rathausbediensteten", Offenbach Post, 22. 8. 2004. "Einen weiteren Vorteil hat das neue Domizil auch für die Rat suchenden Frauen", Aachener Zeitung, 3. 8. 2004. Vgl. auch : "Kaum zu glauben, aber es gibt sie noch, die Rad fahrenden Zeitungszusteller", Kleine Zeitung, 31. 7. 2004. Kaum zu glauben, aber das alles gibt es.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 27.08.2004 um 13.58

Lieber Herr Markner,
stimmen Sie denn mit mir darin überein, daß von ratsuchend und auseinanderfallend nur das erste ein (wenn auch nicht prädikativ gebräuchliches) Adjektiv ist?


eingetragen von Reinhard Markner am 27.08.2004 um 11.56

Das ist ein schlimmes Kapitel, hat allerdings nichts mit der Reformbeflissenheit der Redaktion zu tun. Sogar die Tondateien auf der CD-ROM legen eine halbgebildete Aussprache nahe, wobei sie häufig nicht mit den noch grausigeren IPA-Notationen im Duden übereinstimmen. Übrigens sind nicht nur Wörter englischer Herkunft betroffen. "Futschijama", "Kot Napoleon" und "Wrotzlaff" sind auch falsch.


eingetragen von Gerd-Peter Kossler am 27.08.2004 um 11.40

Wieso stehen eigentlich in der letzten Duden-Auflage solche haarsträubenden Lautschriftangaben wie (sinngemäß) "Grent ohlt men" (Plural dazu: identisch)? Im alten Duden hatte man sich doch auch etwas mehr Mühe gegeben. Soll das jetzt auch das Leben für die Schüler erleichtern?
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Gerd-Peter Kossler


eingetragen von Reinhard Markner am 27.08.2004 um 10.18

Natürlich nicht, "radfahrend" steht auch nicht explizit drin, aber "auseinanderfallend" und "ratsuchend" durchaus. "ad hoc" schreibt man übrigens getrennt.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 27.08.2004 um 07.59

Expertenfrage
Steht hemdenbügelnd schon im neuen Duden?


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 27.08.2004 um 07.03

Ich hatte mich ja schon über radfahrend gewundert. Nun soll auch auseinanderlaufend gültig sein! Ich faß es nicht!
Solche Adjektive können doch nicht adhoc zusammengesetzt werden. Sie bilden allenfalls durch den Usus heraus (wie z.B. erdölverarbeitend). Es gibt kein Adjektiv auseinanderlaufend, deshalb ist dies eine irregulär zusammengeschriebene Form von auseinander laufen.


eingetragen von Stephan Fleischhauer am 27.08.2004 um 06.57

Der Duden 2000 enthält auch eine CD-ROM.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 26.08.2004 um 21.08

170.000  tut mir leid*
14.900  tut mir sehr leid
54.600  tut uns leid
739  tut ihr leid
566  tut ihm leid
69  tut mir zutiefst leid
25.300  leid tun
1.520  leidtun
            * oder Großschreibung Leid

(Wegen welcher Fehlereinsparung wurde die Leidschreibung eigentlich geändert?)
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Reinhard Markner am 26.08.2004 um 21.04

Duden verweist im Infokasten auf K 63 (K steht übrigens für Kennziffer, was ich eigentümlich deutsch finde), und die K 63 verweist ihrerseits, wie schon 2000, auf § 39.

Ich habe heute mein Rezensionsexemplar bekommen, etwas verspätet ( http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0825/feuilleton/0002/index.html ), aber den mitlesenden Duden-Redakteuren sei hiermit doch Dank gesagt. Zumal es ein Exemplar mit CD-ROM ist, was auch sehr aufschlußreich ist.


eingetragen von J.-M. Wagner am 26.08.2004 um 19.50

Die Einführung der Schreibung leidtun wird mit der Analogie zu teilnehmen, kundtun motiviert (vgl. http://www.kmk.org/aktuell/Rechtschreibung%20Zusammenfassung306.pdf, Punkt b3; ſo auch in http://www.ids-mannheim.de/pub/laufend/sprachreport/pdf/sr04-extra.pdf, S. 9). Nun ergibt ſich aber die Schwierigkeit, daß kundtun unter § 34 (2), „Zusammensetzungen aus Adverb oder Adjektiv + Verb“, teilnehmen dagegen unter § 34 (3), „Zusammensetzungen aus (teilweise auch verblasstem) Substantiv + Verb“ geführt wird. Wohin gehört nun leidtun?

Da bislang Leid tun ſowohl unter § 34 E3 (5) als auch unter § 55 (4) als Fügung aus Substantiv und Verb klaſſifiziert wurde, wäre die Zuordnung zu § 34 (3) konſequent. Die Zwischenſtaatliche Kommiſſion für deutſche Rechtſchreibung merkt nun aber zur Einführung der neuen zuſätzlichen Variante leidtun an: „Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich eine eindeutige Entscheidung für adjektivischen und substantivischen Gebrauch nicht treffen lässt.“ Daher würde ich vermuten, daß ſich leidtun unter § 34 (2) findet. Gibt der 2004er Duden etwas dazu her?


– geändert durch J.-M. Wagner am 30.08.2004, 19.15 –
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Christian Dörner am 26.08.2004 um 16.11

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– geändert durch Christian Dörner am 30.08.2004, 12.51 –
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Christian Dörner


eingetragen von Christian Dörner am 20.08.2004 um 18.30

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+++ Duden-Sprachberatung +++
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Liebe Leserin, lieber Leser,


es rauscht im Blätterwald. Das Thema Rechtschreibung beherrscht die Medien und erhitzt die Gemüter. In unserem heutigen Newsletter möchten wir Sie über einige Aspekte dieses Themas informieren, die in der Diskussion bisher kaum zur Sprache gekommen sind. Hierzu gehört beispielsweise der Hinweis auf die Rechtschreibreform von 1901, die sich bei näherem Hinsehen gar nicht so sehr von der heutigen unterscheidet.

Tunfische, Delfine und Panter tummeln sich zurzeit wieder in zahlreichen Überschriften oder auf Schultafeln als Paradebeispiele für die Rechtschreibreform. Wir haben daher einmal die wichtigsten Änderungen der neuen Rechtschreibung im Bereich der Fremdwörter für Sie zusammengestellt.

Zur Rechtschreibreform äußern sich in letzter Zeit zahlreiche Prominente. Auch im Duden-Newsletter kommt diese Woche eine Persönlichkeit zu Wort - und zwar Prominenz mit Kompetenz: Wir haben für Sie nachgeschlagen, was der Leiter der Dudenredaktion, Dr. Matthias Wermke, in einem Zeitungsbeitrag der Südwestpresse zu diesem Thema geschrieben hat.

Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen

Ihre Duden-Sprachberatung


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Hätten Sie's gewusst?
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Die Rechtschreibreform von 1901

Bisweilen fördert der Blick zurück in die Vergangenheit erstaunliche Parallelen zur Gegenwart zutage. So auch im Fall der neuen deutschen Rechtschreibung. Die wenigsten wissen nämlich, dass unsere vertraute "alte Rechtschreibung" keineswegs so alt ist, wie immer vermutet wird, sondern erst im Jahr 1876 kodifiziert wurde. Aus diesem Jahr datieren die Beschlüsse der so genannten I. Orthographischen Konferenz, an der Konrad Duden einen wesentlichen Anteil hatte und die mit ihren Beschlüssen sozusagen eine erste Rechtschreibreform herbeiführte. Abgeschafft wurde erst mit dieser Reform das "th" in heimischen Wörtern und damit Schreibweisen wie "Theil, Thier, Athem, Eigenthum, Armuth, Noth, Werth". Die Verbindung "ey" wurde zu "ei", beispielsweise in "seyn, meynen, bey". Eingedeutscht wurde eine große Zahl von Fremdwörtern, indem "c" durch "k" oder "z" ersetzt wurde, wie etwa in "Casse, Cultur, Clavier, Medicin, Cigarre, Citrone, social".

Die Beschlüsse, die auch eine große Zahl von Varianten zuließen, riefen in der Öffentlichkeit zum Teil heftigen Widerstand gegen die ungewohnten Schreibweisen hervor, der - wie das damalige Kommissionsmitglied Wilmanns beschreibt - auch in den Zeitungen starken Widerhall fand: "Die Presse beschäftigte sich eifrig mit der Angelegenheit, einzelne Blätter begrüßten die Verordnung mit Freuden, viele verhielten sich ablehnend [...] Manche Artikel waren augenscheinlich dazu bestimmt, das Publikum zu verwirren, andere es durch ungeheure Vorstellungen zu schrecken, wieder andere es mit Spott und Hohn zu belustigen." In den Schulen wurden die neuen Schreibweisen bereits seit 1876 unterrichtet, in Ämtern und Behörden aber auf Betreiben Bismarcks hin verboten. Erst im Jahr 1901 setzte sich die Schreibreform mit der II. Orthographischen Konferenz endgültig in allen Bereichen des öffentlichen Lebens durch.

Wer also heute glaubt, sich mit den veränderten Schreibweisen nicht anfreunden zu können, kann sich trösten, dass bereits vor über hundert Jahren Menschen Wortbilder wie "Teil, Armut, sein, Kultur" zunächst für unerträglich hielten, sich aber im Laufe der Zeit daran gewöhnten. Und auch die Sorge, die großen Werke der Literatur würden durch neue Schreibweisen verunstaltet, ist unbegründet: Goethe, Schiller, Fontane und alle anderen Klassiker haben bereits 1901 eine Schreibreform unbeschadet überstanden, und dass auch vor 1996 ihre Werke nicht im Original gelesen wurden, tat ihrer Originalität keinen Abbruch.


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Was Sie schon immer wissen wollten
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Schreibvarianten bei Fremdwörtern

Angleichungen bzw. so genannte Eindeutschungen von Fremdwörtern gab es im Deutschen schon immer. Zahlreiche Fremdwörter sind überhaupt nur noch in ihrer eingedeutschten Form vorhanden, wie z. B. die "Bluse" (ursprüngl. "Blouse"), der "Streik" (ursprüngl. "Strike") oder auch das "Büro" und der "Keks", die sich bis Anfang der 50er-Jahre auch noch als "Bureau" bzw. "Cakes" im Duden fanden. Andere wiederum befinden sich schon seit Jahren oder Jahrzehnten in einem Prozess der allmählichen Integration und sind schon seit langem in zwei Schreibvarianten zulässig; z. B. Grafik/Graphik, Frisör/Friseur, Kusine/Cousine, Majonäse/Mayonnaise, kodieren/codieren, Nugat/Nougat.

Mit der Neuregelung der Rechtschreibung wird dieser Prozess nun weiter fortgesetzt. Bei Fremdwörtern mit den Wortbestandteilen -phon, -phot und -graph - bei denen in Einzelfällen schon eingedeutschte Formen existierten, vgl. "Grafik", "Mikrofon" oder "Fotografie" - ist jetzt
generell auch die integrierte Variante zulässig, z. B. Orthografie/Orthographie, Paragraf/Paragraph, Saxofon/Saxophon, Fotosynthese/Photosynthese. Wörter mit den Endungen "-tial" und "-tiell" können jetzt auch mit "z" geschrieben werden, wenn verwandte Substantive auf "z" existieren, z. B. Potenzial/Potential, differenziell/differentiell.

Daneben wird eine Reihe einzelner häufig gebrauchter Fremdwörter in ihrer Schreibung angepasst, wobei auch hier die bisherige Schreibung weiter zulässig bleibt. Neben Spagetti/Spaghetti, Jogurt/Joghurt oder Portmonee/Portemonnaie treffen wir hier wieder auf "Tunfisch", "Delfin" und Panter, die natürlich auch weiterhin als "Thunfisch", "Delphin" und "Panther" durchs Leben gehen dürfen. Keine Änderungen bzw. Varianten gibt es jedoch, wie oft fälschlicherweise zu lesen, bei "Katastrophe", "Philosophie" oder "Alphabet".


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Für Sie nachgeschlagen
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Rechtschreibreform

Dr. Wermke gibt Gastkommentar für die Südwestpresse

Warum eigentlich eine neue Rechtschreibung? Weil an der "klassischen" jahrzehntelang herumgenörgelt wurde. Zu viele Regeln, zu kompliziert, zu unsystematisch, zahllose Sonderfälle. Schwer lehr-, noch schwerer lernbar. Und überhaupt ... Seit 1996 wird die neue Rechtschreibung unterrichtet. Sie hat die Zahl der Regeln reduziert, systematisiert, was zu systematisieren ging, enthält weniger Ausnahmen. Dafür gibt es mehr Schreibvarianten und mehr individuelle Entscheidungsfreiheit. Ein Bruch mit der Schreibtradition fand nicht statt. Zum "keiser im bot" kam es nicht, die "filosofie" blieb eine Ente. Für Schüler und Lehrer geht die Sache auf, hört man. Genörgelt wird weiter, heftiger denn je. Einige tönen, eine Rechtschreibung, die sich an Schülern und Vielschreibern orientiere, niemals zu akzeptieren.
Die haben aber auch schon früher für sich in Anspruch genommen, zu schreiben, wie sie wollten. Dem Rechtschreibunterricht nützt das nichts. Den vielen Sekretärinnen und denjenigen, die sich mit ihren Bewerbungsschreiben nicht blamieren wollen, auch nicht.

Was bewirkt die neue Rechtschreibung? Längst nicht, was ihre Kritiker heraufbeschwören. 98 % der neuen Rechtschreibung sind die alte. Das sieht jeder, dessen Tageszeitung nach den neuen Regeln gedruckt ist. Am auffälligsten ist noch der Ersatz von ß durch ss. Ehrlich: Texte in neuer Orthografie sind nicht weniger verständlich als solche in herkömmlicher. Und Känguru ohne h hat nichts mit Sprachverhunzung zu tun. Das Vorhalten von Fehlern ist unfein und hilft nicht weiter. Fehler wurden auch früher gemacht und sind im Zweifel nicht den neuen Regeln, sondern mangelnder Sorgfalt oder der Tatsache geschuldet, dass die Korrektoren wegrationalisiert worden sind. Das Chaos ist herbeigeredet.

Und jetzt? Die neue Rechtschreibung ist seit acht Jahren Alltag. Sie funktioniert da, wo sie funktionieren soll. Wer bei den alten Regeln bleiben will, darf das tun. Das Neue wird sich dennoch Bahn schaffen. Man nannte die Rechtschreibreform einmal eine "kleine Reform der Vernunft". In der derzeitigen Debatte ist gerade sie neben dem nötigen Sachverstand zu vermissen. Vernünftig ist es, bei der Neuregelung zu bleiben, diese in ihrer weiteren Entwicklung sachkundig zu beobachten und behutsam dort anzupassen, wo es sich aus dem Schreibgebrauch ergibt. So hat es der Duden in der Vergangenheit gemacht. Das funktioniert auch in der Zukunft.

Dr. Matthias Wermke
Leiter der Dudenredaktion

Aus: Südwestpresse vom 14.08.2004
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 09.08.2004 um 21.39

Zitat:
Die Nachrichtenflut beobachten und hier sammeln.
Was auf dem "Nachrichtenbrett", wenn es gestattet ist, dies hier einmal zu erwähnen, seit Monaten hauptsächlich Jörg Metes und ich erledigen. Im Moment kommen wir aber nicht mehr hinterher, mehr Mitarbeit von anderen wäre sehr wünschenswert.


eingetragen von Norbert Lindenthal am 09.08.2004 um 16.56

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Detlef Lindenthal
Spiegel.de heute:
>>Aufstand ohne Konzept?<<

… fürchte ich … : mangelndes Konzept. :-(


Durchhalten unter schwierigsten Bedingungen: Diese Rechtschreibseiten stehen in der Tradition des Volksentscheides in Schleswig-Holstein. Wir waren vollkommen erschöpft, wurden aber noch vom großen Erfolg getragen und stürzten uns in ein Unternehmen: Vernetzung zum Thema Sprache mit einem neuartigen Medium, dem „Netz“. Heute stehen wir im Sturm. Und bringen im fließenden Verkehr eine technische Verbesserung nach der anderen. Mein Konzept ist es, eine schön und stabil gewachsene Sache, meine lebendige Muttersprache, vernetzt neu zu entdecken. Den Mitstreitern ist das Medium Internet ebenfalls sehr, sehr neu.

Ich vertraue darauf, daß in Bewußtseinssprüngen die Wertschätzung für diese Netzarbeit ebenfalls mitwächst. Wer mithelfen möchte, könnte folgendes machen:

Josef Kraus’ Radiobeitrag von heute morgen abschreiben.
Die Seitengestaltung (hier) für die Volksinitiative in Niedersachsen festigen.
Die Nachrichtenflut beobachten und hier sammeln.

Den zeitlich im Übermaß eingespannten Mitstreitern, also vor allem uns Technikern, mit Geld unter die Arme greifen.

Ist das Konzept ungenügend oder ein Anfang?


eingetragen von Detlef Lindenthal am 09.08.2004 um 15.53

Spiegel.de heute:
>>Aufstand ohne Konzept?

Matthias Wermke, Leiter der Duden-Redaktion, bleibt bei allem Hin und Her gelassen. Er sei "fast sicher", dass es bei der vorgesehenen Umsetzung 2005 bleiben werde. Der derzeitige "Aufstand" gegen die Reform werde keine große Wirkung haben, da dahinter kein Konzept stehe, so Wermke heute gegenüber der Nachrichtenagentur ddp.<<

Da, fürchte ich, hat Herr Wermke recht: mangelndes Konzept. :-(
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Christian Dörner am 11.07.2004 um 10.47

Die Sache ist sogar noch interessanter, als Herr Prof. Ickler annimmt.

An der betreffenden Stelle hatte das DUW die Großschreibung in der 3. Auflage von 1996 nämlich längst eingeführt:

»gehe ich r. in (habe ich recht mit) der Annahme, daß ...?« (DUW, 2. Aufl. 1989)

»gehe ich r. in (habe ich Recht mit) der Annahme, dass Sie nicht daran beteiligt waren?« (DUW, 3. Aufl. 1996)

»gehe ich r. in (habe ich recht mit) der Annahme, dass sie kommt?« (DUW, 4. Aufl. 2001)

»gehe ich r. in (habe ich recht mit) der Annahme, dass sie kommt?« (DUW, 5. Aufl. 2003)

Als in der 4. Auflage 2001 aus Gründen der Political correctness mehr weibliche Beispiele in den Duden eingebaut werden mußten (wie es auch in der 22. Auflage des Rechtschreibdudens 2000 der Fall war), ist den Bearbeitern tatsächlich der Fehler unterlaufen, nicht die bereits eingeführte Großschreibung der 3. Auflage von 1996 zu übernehmen, sondern wieder zur bewährten Kleinschreibung zurückzukehren. Absicht? Fehler? Gewohnheit? Man kann nur spekulieren ...
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 11.07.2004 um 07.31

Im DUW wird "recht gehen" als "recht haben" erklärt, tatsächlich in Kleinschreibung.
Da nun das Ende der RSR bevorsteht, zeigt sich, was für ein kapitaler strategischer Fehler es war, z. B. im DUW die bisherige Rechtschreibung überhaupt nicht mehr anzugeben. Solche Wörterbücher werden nun tatsächlich unbrauchbar und müssen neu bearbeitet werden.
Ich habe kürzlich den Dudenverlag davor gewarnt, ausgerechnet jetzt einen neuen Rechtschreibduden herauszubringen. Eigentlich will ich den Untergang des Verlags ja nicht, trotz seiner Verbrechen an der Sprache. Die Übernahme durch Bertelsmann kann niemand wünschen. Ob es was hilft?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 09.07.2004 um 14.25

Duden hat seinen "Crashkurs" auf den neuesten Stand bringen lassen. Ich habe nur mal reingeguckt. Stang will "dahinter klemmen", "darüber schreiben" usw. weiterhin getrennt schreiben, obwohl die KMK doch gerade das Gegenteil beschlossen hat.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 01.07.2004 um 17.40

Am schönsten finde ich in all dem Werbegewäsch die Floskel vom "endgültigen, aktuellen" Stand der Rechtschreibung. Also liebe Leute: Wenn ihr jetzt kauft, habt ihr für immer die gültige Fassung. Aber da sie gleichzeitig aktuell ist, kann sie jederzeit durch eine aktuellere ersetzt werden. Im Amtsjargon der Donaumonarchie hieß das wohl "vorläufig definitiv".


eingetragen von Theodor Ickler am 01.07.2004 um 17.05

Der neue Duden kommt am 28. August 2004!


Mit 5 000 neuen Wörtern und erweitertem Umfang.
Mit endgültigem und aktuellem Stand der neuen
Rechtschreibung.
Auch als CD-ROM für Windows, Mac und Linux.


Der neue Duden kommt am 28. August 2004 auf den Markt. Das
Standardwerk »Die deutsche Rechtschreibung« aus dem Mannheimer
Dudenverlag erscheint in 23., völlig neu bearbeiteter und erweiterter
Auflage.

Mit 5 000 neu aufgenommenen Wörtern, wie beispielsweise Billigflieger,
Fotohandy, Genmais, Ich-AG, Minijob und Sars, hat die Dudenredaktion
das Wörterverzeichnis auf den aktuellen Stand gebracht. Wie kein
anderes Gebrauchswörterbuch dokumentiert der gelbe Klassiker die
lebhafte Entwicklung des deutschen Wortschatzes. Mit erstmals 125 000
Stichwörtern ist die 23. Auflage des Rechtschreibdudens der
umfangreichste Duden, den es in der heute fast 125-jährigen Geschichte
dieses Wörterbuchs je gab.

Die 23. Auflage des Dudens vermittelt den endgültigen und aktuellen
Stand der neuen Rechtschreibung. Sie enthält die für Schulen und
Behörden ab dem 1. August 2005 allein verbindlichen neuen
Schreibungen, Trennungen und Regeln. Alle Ergänzungen des amtlichen
Regelwerks von 1996, welche die Zwischenstaatliche Kommission für
deutsche Rechtschreibung erarbeitet hat und welche von den
zuständigen politischen Entscheidungsträgern im Juni 2004
verabschiedet wurden, sind vollständig eingearbeitet.

Der neue Duden kommt – zum alten Preis – als Buch für 20 Euro, als Paket aus Buch und
CD-ROM für 25,50 Euro sowie als einzelne CD-ROM für Windows, Mac und Linux für jeweils 19,95
Euro. Auf CD-ROM bietet der Duden erstmals Aussprachehilfe zu mehreren Tausend schwierigen
Wörtern auf Basis der Vertonungen durch die Aussprachedatenbank der ARD. Der Handel in
Deutschland, Österreich und der Schweiz nimmt ab sofort Bestellungen für den neuen Duden
entgegen.

(Duden-Homepage 1.7.2004)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 28.06.2004 um 13.13

Gestern war ich an Dudens Geburtsort (bei Wesel am Niederrhein) und habe dann in der Akademie Klausenhof ein Sonntagsseminar zum Thema Rechtschreibreform bestritten. Unter den etwa 60 Teilnehmern war kein Befürworter der Reform zu finden. Es handelte sich selbstverständlich um besonders interessierte Menschen.

Bei dieser Gelegenheit stieß ich noch einmal auf den Rheinischen Merkur vom Januar mit den Sonderseiten zur RSR.
Nach Michael Jansen, dem Korrektor des Blattes, "vereinfacht" die RSR das Verstehen (!). „Die Klarheit und Verständlichkeit der Sprache hat zugenommen.“ (RhM 29.1.2004)
Andere Apologeten begnügen sich mit der Behauptung, die RSR vereinfache das Schreiben und die Texte blieben lesbar, aber nach Jansen werden sie durch Reformschreibung sogar leichter lesbar.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.06.2004 um 08.29

Bezeichnenderweise werden fast alle Augstschen Etymogeleien nicht als allenfalls "erlaubte" Varianten eingeführt, sondern als einzige noch zulässige Schreibweise. Anders als mit Zwang geht es nicht. Aber gerade diese Schläue wird dazu beitragen, der Reform das Genick zu brechen. Es wird vor Gericht verhandelt werden, ob jemand wissen muß, daß er nicht wissen darf, wie Quentchen sich in Wirklichkeit herleitet.
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Th. Ickler


eingetragen von margel am 26.06.2004 um 07.17

... daß Millionen von Schreibenden den sprachhistorischen Hintergrund der von ihnen zu Papier gebrachten Wörter nicht kennen und trotzdem richtig schreiben. Und das sogar sprachhistorisch!


eingetragen von Reinhard Markner am 26.06.2004 um 00.22

Wenn sie denn geschwiegen hätten -- nun ja, auch dann wären sie nicht als Philologen durchgegangen.


eingetragen von Christian Dörner am 25.06.2004 um 18.58

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Was Sie schon immer wissen wollten
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Quäntchen
Nicht nur im Sport kann das viel zitierte Quäntchen Glück manchmal über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. „Quäntchen“ wird in der Bedeutung „kleine Menge, ein bisschen“ verwendet und ist eine Verkleinerungsform zu „Quent“, dem Namen eines früheren deutschen Handelsgewichts. „Quent“ geht auf das mittellateinische „quentinus“ zurück, den vierten Teil eines Lots.
Trotzdem wird „Quäntchen“ in neuer Rechtschreibung nicht mit „e“, sondern mit „ä“ geschrieben, da der sprachhistorische Hintergrund nicht allgemein bekannt ist und das Wort deshalb mit „Quantum“ in Verbindung gebracht wird. Der Plural „die Quäntchen“ wird recht selten verwendet. Ebenfalls nur vereinzelt gebraucht wird das Adverb „quäntchenweise“ mit der Bedeutung „von Mal zu Mal nur ein kleines bisschen mehr; häppchenweise“.«

(Quelle: Duden-Newsletter, 25. Juni 2004)
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 18.06.2004 um 03.06

War nur ein kleiner Scherz. Übrigens teilt der gewöhnlich gut unterrichtete Duden-Autor Christian Stang mit, daß der neue Duden am 28. August erscheinen wird.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 17.06.2004 um 21.32

Prof. Otto H. Jacobs, der Doktorvater meines Steuerprofessors, Prof. Scheffler, ist und schreibt alt und hat mit dem Duden nicht im geringsten etwas zu tun. Hier muß es sich zweifelsfrei um einen groben Zuordnungsfehler handeln.
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 17.06.2004 um 16.49

Das muß kein Irrtum sein. Immerhin macht der Postangestellte Stang bereits seit einiger Zeit sowohl den Duden-Crashkurs als auch diverse Bücher. Steuerfachleute können das auch.
Ich habe mir erlaubt, die Buchankündigung auf die Nachrichtenseite zu stellen. Sobald ich den Band in Händen habe, machen wir ein Schlachtfest.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 14.06.2004 um 16.07

Der Duden Bd. 1 in der 23. Auflage ist bei Amazon bereits angekündigt, und zwar für August :

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3411040130/qid=1087228983/sr=2-1/ref=sr_aps_prod_1_1/302-3631382-0319253

Daß als Autor der Steuerfachmann Otto H. Jacobs genannt wird, ist sicher ein Fehler, aber ISBN und Erscheinungstermin dürften stimmen.


eingetragen von Theodor Ickler am 17.05.2004 um 03.09

Im DUW fehlt unter zumute der Hinweis auf zu Mute, und in der amtlichen Neuregelung fehlt das Sternchen für diese Neuschreibung, nur unter dem Stichwort Mut ist es zu finden.
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Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 16.02.2004 um 10.14

Nicht nur das Wort „Fritfliege“, auch das Wort „Grizzlybär“ gehört zum Kernbereich der Wörter, die der Augstsche Wenigschreiber in der Vergangenheit meist falsch geschrieben hat, von den unhaltbaren Zuständen bei „Stengelwurz“ ganz zu schweigen.
Es war klar, daß hier gehandelt werden mußte: Bei den Wenigschreibern braute sich bereits ein Unmut gegen die Bevormundung durch die kaum nachvollziehbaren Einträge des Dudens zusammen, ein Unmut, der zwar kaum öffentlich geäußert wurde, aber desto unheilschwangerer wie ein Damoklesschwert über Mannheim hing und die Arbeit in der Dudenredaktion vergiftet, ja, zur Qual werden ließ. Der

Grizzlybär mußte zum

„Grislibär“

werden, und zwar zwingend schon aus dem Grund, da man sonst den deutschen „Grislibären“ leicht mit dem englischen Grizzlybären hätte verwechseln können.

Ein weiterer Aspekt, der von den - ganz im Gegensatz zu den Reformern! - oft fanatisch auftretenden Reformgegnern völlig außer acht gelassen wird: Kinder brauchen, um ihre Kräfte zu entwickeln, Aufgaben. Diese Erkenntnis ist so alt wie die zivilisierte Menschheit. Ein aufgewecktes Kind aber, das sich gleich zwei Varianten merken darf, also den deutschen Grislibären und den englischen Grizzlybären, entwickelt ein viel ausgeprägteres Gedächtnis als ein unglückliches Kind, das gezwungen wird, mit einer Schreibung auszukommen. Hier kam es in der Vergangenheit zu einer ständigen Unterforderung der heranwachsenden Jugend, es ist klar, daß das jüngste schlechte Abschneiden im internationalen Leistungsvergleich der Schüler wohl hauptsächlich auf die langweilige, einheitliche Rechtschreibung zurückzuführen ist, die mit Einführung der Rechtschreibreform zum Glück der Vergangenheit angehört. Wie sollte auch mit einer fast schon eintönig zu nennenden Rechtschreibung das Gehirn wirksam trainiert und entwickelt werden können? Das war bisher fast unmöglich, und wir müssen den Reformern dankbar sein, daß sie diese Gefahr rechtzeitig erkannt und mit Einführung neuer Schreibweisen, wie z. B. auch den gelungenen Eindeutschungen der Fremdwörter „Lay-out“, „Black-out“, usw., wirksam gebannt haben.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.02.2004 um 07.43

Laut DUW richtet die Fritfliege (Oscinella frit) große Getreideschäden an. Deshalb wird sie von den Landwirten bekämpft, aber auch von Gerhard Augst ("Frittfliege"- Oscinella fritt Augst?). In der Neubearbeitung des DUW von 2000 ist der Eintrag erstmals vollkommen gelöscht, in jeder Schreibweise. Das Wort scheint nicht so wichtig zu sein. Aber warum glaubt Augst dann, seine Schreibweise ändern zu müssen?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 24.01.2004 um 05.53

Wenn Sie jetzt stutzig werden, haben Sie vollkommen Recht.


(aus dem neuesten Duden-Newsletter)
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 21.01.2004 um 01.12

Duden Nr. 7: Das Herkunftswörterbuch, 3. Auflage 2001

Angekündigt werden "20000 Wörter und Redewendungen in ca. 8000 Artikeln". Also müßte der ganze Grundwortschatz enthalten sein. Zu den "über 300 Redewendungen" (Vorwort) heißt es unter "Hinweise für den Benutzer":

-> Die Redewendungsartikel in den Infokästen bestehen aus vier Teilen: dem Artikelwort, unter dem sich die Redewendung nachschlagen läßt [...] So findet sich "aufpassen wie ein Schießhund" unter dem Artikelwort "Schießhund", weil dort die für das Verständnis der Redewendung wichtige jägersprachliche Bedeutung von "Schießhund" erläutert wird.

Es gibt aber gar keinen Artikel "Schießhund", weder Artikelwort noch Infokasten! Unter "aufpassen" ist auch nichts los. Der Schießhund findet sich vielmehr im Artikel "Hund", dort durchaus mit der Erläuterung: eigentlich "Hund, der das angeschossene Wild aufzuspüren hat".

Auch den Artikel "groß" gibt es nicht, obwohl vielfach auf ihn verwiesen wird. Da scheinen einige Artikel einfach versehentlich gelöscht worden zu sein. Zweifel tun sich auf: Warum sind Kajüte und Kombüse enthalten, Paneel aber nicht - auch ein Versehen? Die Willkür scheint besonders bei den Redewendungen groß zu sein; es gibt ja mehr als 300 etymologisch interessante Redewendungen.

Man stelle sich vor, in einem Wörterbuch fehlt das Wort "groß"! Beim Herkunftswörterbuch fällt das zwar nicht so auf, aber es ist schon eine erhebliche Schlamperei.


eingetragen von Theodor Ickler am 20.01.2004 um 09.09

Weder im DUW noch im Großen Wörterbuch steht unter bleiben, daß dieses Verb in Verbindung mit Positionsverben keineswegs nur das Fortdauern, sondern auch das Haltmachen bedeutet. stehenbleiben heißt ja nicht nur "weiterhin stehen", sondern auch "zum Stillstand kommen" und ist daher mit Adverbien wie plötzlich kombinierbar. In Hermann Pauls Deutschem Wörterbuch ist das mustergültig dargestellt. Überhaupt habe ich mich in den letzten Tagen noch einmal überzeugt, daß besonders die Modalverben bei Paul ganz unvergleichlich besser dargestellt sind als in den Duden-Wörterbüchern.
Die semantische Stumpfheit hat es wahrscheinlich den Duden-Leuten erleichtert, auf die sich im Usus anbahnende Unterscheidungsschreibung zu verzichten, zumal sie ohnehin nie richtig begründet worden war.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 18.01.2004 um 07.59

Aus dem Duden Universalwörterbuch:

"es würde mir sehr L. tun, wenn die Sachen verloren gegangen wären; das braucht dir nicht L. zu tun [du brauchst dir keine Vorwürfe, Gedanken o.Ä. darüber zu machen]; das wird dir noch einmal L. tun; es tut mir sehr, schrecklich L., dass ich Sie gestört habe; so L. es mir tut, aber das können wir nicht dulden"


Soweit dies. Nun noch ein paar andere Beobachtungen:

Das Stilmerkmal "gespreizt" kommt nur 5mal vor, stets unter b-. (Als hätte der Bearbeiter dieser Lemmastrecke auf eigene Faust gearbeitet.) Auch "scherzhaft" wird verschwindend selten verwendet.

In der Beschreibungssprache des DUW ist Aufsehen erregend usw. noch alleinherrschend, nur als Lemma ist die alte Schreibweise wiederhergestellt.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 12.01.2004 um 15.39

Auf der Duden-Internetseite kann man einen interaktiven Rechtschreibtest machen. Für "aufsehenerregend" kriegt man einen Fehler angerechnet, obwohl just diese Schreibweise in den neueren Dudenwörterbüchern wiedereingeführt ist.
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Th. Ickler


eingetragen von Dominik Schumacher am 10.01.2004 um 10.15

Im Zeitungsartikel über die Duden-Sprachberatung werden eine ganze Reihe Zahlen genannt. Ich habe mal mit den Zahlen gerechnet, um ein besseres Verständnis zu erlangen.

Ein normaler Arbeitstag für einen Sprachberater könnte 8 Stunden dauern (480 Minuten). Zweihundert eineinhalbminütige Anrufe (300 Minuten) hätten in einem Arbeitstag so Platz, daß zwischen den Gesprächen eine halbe Gesprächslänge Pause (zusammen 150 Minuten) bliebe.

Der Zeitungsartikel nennt 40000 Anrufe im Jahr, die also 200 Arbeitstage mit je 200 Anrufen bestätigen. Wenn bei genauer Abrechnung 1,86 Euro pro Minute von den Hilfesuchenden zu zahlen sind, kassiert der Telefondienst 111600 Euro (rund 218000 DM). Nach Abzug der technischen Telefondienstkosten (3 Cent/min; 1800 Euro/Jahr) bleibt den Kaufleuten 109800 Euro.

16 Sprachberater werden genannt, für deren Arbeitsplätze geteilt also je 6862 Euro (13400 DM) Kosten (Lohn und Organisationskosten) zusammenkommen könnten, falls der Großteil des Gewinns nicht beim Telefondienst bliebe. Der einzelne von 16 Sprachberatern hätte jeden Arbeitstag nur eine halbe Stunde Anrufe zu beantworten.

90% (36000) der Anrufe kommen für Fragen zur Rechtschreibreform zustande und kosten über 100000 Euro (über 196000 DM). Wie teuer muß erst die Rechtschreibreform sein für alle, die sich den Anruf bei der Sprachberatung nicht leisten können?

Zum Vergleich:
Auf diesen rechtschreibreform.com-Informationsseiten sind jeden Tag ebenso viel Besucher (eher mehr) wie Anrufe bei der Duden-Sprachberatung. Die technischen Kosten dafür dürften über die Internetzugänge ungefähr 12000 Euro (300 Besucher je 5 Minuten je 3 Cent) betragen.

Den Organisatoren der Rechtschreibreformkritik (rechtschreibreform.com/.de) kommen durch monatliche Spenden ungefähr 3000 Euro im Jahr zusammen. An dieser Stelle Dank an alle Spender. Wer die kritische Berichterstattung auf diesen Seiten stärken und verbessern möchte, ist eingeladen, hier am Lastschriftverfahren teilzunehmen.
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von Elke Philburn am 21.12.2003 um 20.47

Fernsehsendung zum 175. Geburtstag Konrad Dudens:

»Die Wortwächter am Rhein – Mannheim und seine Sprachbeobachter«

3. Januar 2004, Südwest 3 (»Unser Drittes in Baden-Württemberg«)

19:15 bis 19:45 Uhr

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http://www.vrs-ev.de/


eingetragen von Detlef Lindenthal am 20.12.2003 um 15.29

Wenn ein Verbund (hier: unsere Rechtschreibung), der zuvor kostenlos von der gesamten Sprachgemeinschaft getragen wurde, einer milliardenteuren Störung unterworfen wird (hier: RS„R“), so werden mehrere Wirkungen möglich:
– Die Störung ist so nachhaltig, daß sie (wie wir es derzeit in Zeitungen und Schulen erleben) die Rechtschreibung insgesamt angreift und schädigt (also zum kleineren oder größeren Teil zerstört).
– Die Störung ist so intelligent, daß der angegriffene Verbund die Störung übernimmt und eine Zeitlang fortsetzt (wie bisher bei RS„R“, SARS, Konsumgesellschaft usw.).
– Die Störung ist so schwach (auch Schwachsinnigkeit ist Schwäche), daß ihre Angriffskraft nach einer Zeit von alleine verebbt.

Wenn, wie Herr Dörner andeutet, der Duden-Verlag seine Redakteure nicht mehr bezahlen kann, dann bricht dieser eine Infektionsherd aus Schwäche in sich zusammen.
Doch kann es dann trotzdem sein, daß der befallene Organismus so stark geschädigt ist, daß er sich nicht wieder gesundet; denn
– inzwischen ist jeder einzelne Deutschlehrer ein Sekundär-Infektionsherd; dessen Behandlung ist unangenehm und wird zunächst gemieden;
– eine zuvor vorhandene Grundintelligenz ist schon gestorben (zu ihr gehören Handwerkerlogik, Wahrhaftigkeit, Treu und Glauben, demokratisches Prinzip, Sprach- und Gedankenfreiheit samt der Unmöglichkeit von Wörterverboten, Sprachpflege als sittlicher Auftrag).

Tatsächlich dürfte die RS„R“ ein sog. Superinfektion* gewesen sein, die also erst möglich wurde, nachdem der Organismus durch eine grundlegendere Infektion bereits geschwächt war. Wenn die Superinfektion in sich zusammenbricht, kann die Grundinfektion gewöhnlich trotzdem fortdauern und die nächste Katastrophe ermöglichen.

Eine weitere Erwägung: Wenn genannte Grundinfektion nicht auch bei den „Reform“gegnern endemisch wäre, würden die sich mit freudigem Kampfgeheule auf die Angreifer stürzen und sie zu Gefangenen derer eigenen Angriffsdummheit machen.
Mindestens bei unseren eifrigen anonymen Schreibern habe ich solche Kampfesfreude nicht erkennen können (haben wohl als Kinder zu wenig Mannschaftssport und Geländespiele gemacht). – Auch „sapere aude“ ist ein kategorischer Imperativ; mit Sekundärtugenden ist dagegen der RS„R“ nicht beizukommen.


* Beispiel für eine Superinfektion: Nachdem ein grippaler Infekt Schleimhäute angegriffen hat, können Bakterien eindringen und eine Lungenentzündung auslösen.


eingetragen von Christian Dörner am 20.12.2003 um 12.34

Vor ein paar Wochen hat der Dudenverlag die bislang kostenlosen Downloads (beispielsweise den Abschnitt über die Textverarbeitung im Duden, den (ohnehin sehr schlechten) Crashkurs unseres besonderen Freundes Stang usw.) mit einer Gebühr von je ca. 2 Euro belegt.
Der Dudenverlag scheint wirklich ernsthafte finanzielle Probleme zu haben, wenn er jetzt selbst solche minimalsten Einnahmequellen zu erschließen versucht. Ich warte nur noch darauf, daß auch der sogenannte »Newsletter« kostenpflichtig gemacht wird. Vielleicht lassen sich auf diese Weise noch mal ca. 50 oder 60 Cent im Monat dazuverdienen. Wer weiß?
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 11.12.2003 um 15.32

EDK-Präsident Stöckling unterstellt in den Schweizer Monatsheften, der Dudenverlag habe aus wirtschaftlichem Interesse auch vor 1996 schon alle paar Jahre Veränderungen vorgenommen, damit die Leute immer wieder neue Duden kaufen mußten. Das ist meiner Ansicht nach weder beweisbar noch zutreffend. Natürlich hatte der Duden ein Interesse an kurzen "Modellzyklen", aber er hat nie mit geänderten Einträgen, sondern mit der Vermehrung um neue Wörter geworben. Und die ständigen Neubearbeitungen der Wörterbücher seit 1996 entspringen noch weniger einem wirtschaftlichen Interesse, sondern sind notwendig geworden, weil die Reformer ihre Regeln zuerst nicht präzise genug formuliert hatten und dann ständig Interpretationen nachreichten und unterderhand auch die Regeln änderten. Für den Dudenverlag war das Ganze sehr kostspielig, aber er konnte nicht mehr anders, nachdem er dem Teufel den kleinen Finger gereicht hatte.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.11.2003 um 11.40


Christian Dörner schrieb:
... die neuen Kommaregeln ...
Meiner Meinung nach sollte man jene §§ 71 bis 79 nicht als Kommaregeln bezeichnen, denn Kann-Bestimmungen und zueinander Widersprüchliches sind natürlich keine Regeln. Oder man sollte Anführungszeichen spendieren: die neuen Komma„regeln“. Auch das Wort „amtlich“ bei der „a“RddR hat Tütteln verdient.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Christian Dörner am 14.11.2003 um 14.06

»Kommasetzung bei Auslassungssätzen

Auslassungssätze werden bei der Kommasetzung in der Regel wie vollständige Sätze behandelt: „Und wie [wäre es ihm ergangen], wenn das Motorrad ihn erfasst hätte?“ „Kann sein, er hätte es nicht überlebt.“
Eine Abweichung von der Regel ergibt sich, wenn ein abhängiger Fragesatz zu einem einzigen Wort verkürzt ist. In solchen Fällen kann zwar ein Komma gesetzt werden, es ist jedoch nicht zwingend erforderlich: „Er wusste nicht[,] warum.“ „Wenn er nur wüsste[,] weshalb.“« (aus dem neuen Duden-Newsletter, 14. 11. 2003)

Das amtliche Regelwerk ist – wie so oft – auch hier höchst unklar. Für nur aus einem Wort bestehende Nebensätze hält das Regelwerk auch kein Beispiel bereit. Wie schon vorher bei der Interpretation von § 77 (5) hat man immer mehr das Gefühl, daß die Dudenredaktion die neuen Kommaregeln einfach so auslegt, wie es ihr gerade in den Kram paßt.
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 31.10.2003 um 13.54

Heute kam wieder der Duden-Newsletter per E-Mail. Ich überfliege das bloß, aber jedesmal und immer stärker kommt mir der Gedanke: Diese Leute wollen uns den guten Sprachgebrauch vermitteln?! Sie haben sich mit jeder ihrer reformierten Veröffentlichungen disqualifiziert, ob es der Duden Band 9 ist, aus dem sie in jedem Newsletter zitieren, oder irgend etwas anderes. Nicht nur die zahllosen Fehler, sondern beispielsweise auch der Vernichtungskrieg gegen gute deutsche Wörter wie "selbständig", "sogenannt" usw. wird wie ein Schandmal auf ewig am Dudenverlag haften bleiben.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 30.10.2003 um 13.38

Duden Schülerhilfen
Grammatik 7. und 8. Klasse
Mannheim u. a. 2001

„Daher ist es sicher ein Leichtes für dich die Tabelle zu ergänzen.“ (S. 11) - Komma nach Vorgreifer-es fehlt.

„Mit 'jener' verweist man auf Entferntes.“ (S. 13) – Das ist im normalen Deutsch ungebräuchlich, „jener“ wird nur in besonderen Zusammenhängen rückverweisend gebraucht.

Die Lehre vom Passiv (S. 19) ist ziemlich verkorkst. Welchem Schüler leuchtet es ein, daß das Aktiv den Täter betont, das Passiv den Vorgang, wenn die Beispiele so lauten: „Die Arbeitsblätter werden vom Lehrer eingesammelt.“ (S. 20)

„Nicht alle Verben können in die Passivform gesetzt werden, sondern nur solche, die ein Akkusativobjekt bei sich haben.“ (S. 23) – Damit wird das doch sehr übliche unpersönliche Passiv intransitiver Verben unterschlagen: „Jetzt wird geschlafen, da drüben wird getanzt“ usw.

„Wenn der 'Täter' durch einen Ausdruck mit der Präposition von/durch genannt wird, spricht man von täterabgewandtem Passiv.“ (S. 25) – Hier ist offenbar etwas mißverstanden worden, was im Glossar (S. 112) richtig dargestellt wird: das Passiv insgesamt als „täterabgewandte Perspektive“. Wird der Täter ausdrücklich hinzugefügt und damit hervorgehoben, so kann man wahrhaftig nicht von „Täterabgewandtheit“ sprechen!

„(Die Modalverben) können die Rolle des Subjekts in einem Satz näher beleuchten, weil man mit ihnen etwa Pflichten, Fähigkeiten oder Verbote ausdrücken kann.“ (S. 52) – Unverständlich. Wieso wird dadurch die Rolle des Subjekts „beleuchtet“?

„... hat sie verschlafen und es nicht geschafft beim Bäcker Brötchen zu holen.“ (S. 63) - Komma nach Vorgreifer-es fehlt.

„selbstverwaltete Jugendhäuser“ (S. 72, neu: selbstverwaltete)

„Einige Schüler verwenden die Hausaufgabenstunde dazu, um (!) noch schnell einen Bericht vom letzten Ausflug zu schreiben.“ (S. 77) (falsches Deutsch)

„Zu Beginn des 6. Jahrhunderts n. Chr. lebte in Mekka Mohammed“ (S. 79) – Sachlich falsch.

„Innerhalb kürzester Zeit gelang es ihm so viele Menschen von seiner Botschaft zu überzeugen (S. 79) - Komma nach Vorgreifer-es fehlt.

„wenn er los geht“ (S. 81) (statt „losgeht“)

„wobei sie Wolle sponnen“ (S. 86) – Kein Druckfehler, denn im Lösungsschlüssel heißt es ebenfalls „sponnen“ (S. 109)

„Boote, die nicht sehr Vertrauen erweckend aussahen.“ (S. 94) – Dieser grammatische Fehler wird im Lösungsschlüssel vermieden durch die überraschende Form „vertrauenserweckend“ (S. 111).

„viertel nach acht“ (S. 101) – statt „Viertel nach acht“

„die großen Pflugschare“ (S. 109) – statt „Pflugscharen“
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 29.10.2003 um 15.34

Duden Schülerhilfen
Grammatik 5. und 6. Klasse
Mannheim 2001

Jedes "selbständig" ist durch "selbstständig" ersetzt, weil der Langenscheidtkonzern es sich zum Ziel gesetzt hat, jede Erinnerung an das Wort "selbständig" zu tilgen.

„Das Perfekt bezeichnet ein Geschehen, das in der Vergangenheit abgeschlossen ist, aber noch in seinen Folgen oder als Ergebnis bis in die Gegenwart reicht (...) Perfekt und Präsens sind beides Zeitstufen der Gegenwart.“ (S. 17)

Das ist falsch, denn das Perfekt wird mit Adverbialien der Vergangenheit verbunden, was bei einer Zeitstufe der Gegenwart nicht möglich wäre. Daher müssen Beispiele wie „Du hast gestern verschlafen“ (S. 18) die Schüler verwirren, die gerade gelernt haben, das Perfekt sei ein Gegenwartstempus.
Jedes vergangene Ereignis hat Folgen für die Gegenwart. Es kommt aber nicht auf das Ereignis selbst an, sondern darauf, daß die Erwähnung des Ereignisses für die Gegenwart relevant ist.

„Man kann dann einen Artikel davor setzen.“ (S. 30) - Die Getrenntschreibung ist „korrekt“, aber nur, weil „davor“ zu den in § 34 der Neuregelung vergessenen Verbzusätzen gehört. Auf die Dauer wird das korrigiert werden müssen, denn es ist ja unsinnig, „danebensetzen“ weiterhin zusammenzuschreiben, „davor setzen“ aber getrennt – nur wegen eiens Versehens der Reformer.

„Der Schatzsucher muss sich immer wieder recken, strecken, knien aber auch beugen.“ (S. 37) – Hier fehlt ein Komma.

„Wörter, die stellvertretend für ein Nomen stehen, heißen Pronomina.“ - Diese Irrlehre muß bald zur Verwirrung der Schüler führen, da Pronomina allenfalls für eine Nominalgruppe stehen, aber auch dies nicht durchgehend, man denke an die Personalpronomina der ersten und zweiten Person.

„dicht bewachsen“ ist, so geschrieben, kein „Adjektiv“ mehr (S. 45) – der Text ist offenbar in alter Rechtschreibung verfaßt und dann konvertiert, wobei aber manchmal der Sinn verlorengeht.

„Adjektive kann man als einzige Wortart steigern.“ (S. 47) – Das stimmt nicht, denn auch das wenig später eingeführte Adverb „oft“ kann man steigern, ebenso „wohl“. Unregelmäßig werden gesteigert: „bald, gern“. Dazu gibt es sogar in der Dudengrammatik ein Kapitel!

„einmal, zweimal“ sind keine Adjektive (S. 49), jedenfalls nicht nach den Kriterien, die zuvor aufgestellt worden sind.

„Trotzdem fällt es ihm schwer zu entscheiden ...“ (S. 52) – Hier fehlt das neuerdings obligatorische Komma nach Vorgreifer-“es“.

„Das kürzeste Mittel des Ausdrucks ist ein einzelner Laut. Diese Ausrufe nennt man Interjektion.“ (S. 63) (?)

„Das Prädikat ist der wichtigste Teil des Satzes. Es drückt aus, was jemand/etwas ist, was geschieht oder was jemand tut.“ (S. 65) Sehr zweifelhafte Lehre. Durch Weglassen des Prädikats einerseits, der übrigen Teile des Satzes andererseits stellt man leicht fest, daß das Prädikat eher entbehrlich ist.

„Einige Hundert Stalaktiten hängen ... herab.“ (S. 69) – Hier sieht man noch einmal, daß die neue Großschreibung nicht besonders sinnvoll ist, weil es ja nicht um das Hundert geht.

„Julia bittet ihre Gäste an der Geburtstagstafel Platz zu nehmen und sie fordert alle auf, reichlich zuzuschlagen.“ (S. 82) – Wie sollen Kinder nach diesem wirren Muster jemals lernen, Kommas zu setzen?

„Peer betritt als erster den Gang.“ (S. 103)

„Schülerinnnen“ (S. 104)
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 20.10.2003 um 13.56

Duden hat gerade sein zweites Wörterbuch für Deutsch als Fremdsprache herausgebracht. Ich habe es kurz durchgesehen. Der Verwendungszweck ist mir nicht klar, für die Lektüre deutschsprachiger Bücher enthält es zu wenige Wörter.

Duden: Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Mannheim u. a. 2003 (in Zusammenarbeit mit dem Max Hueber Verlag)

11.200 Stichwörter, darunter die 2000 des Zertifikats (blau hervorgehoben)

Nicht enthalten: sogenannt, allgemeinbildend, zufriedenstellen(d) [alle drei auch getrennt nicht angeführt!] usw., alle Zusammensetzungen mit -erregend (aufsehen- usw., auch getrennt nicht).

Unter das Leid steht auch Leid tun (linguistisch also bewußt falsch eingeordnet).

Getrennt sollen geschrieben werden: wieder aufnehmen, wieder finden (DUW zusammen, Rechtschreibduden beides), wieder erkennen (DUW zusammen, Rechtschreibduden beides). Auch getrennt nicht aufgenommen: wiederherstellen.

wohl bekannt usw. nur getrennt, entgegen dem amtlichen Regelwerk.

Trotz der strengen Beschränkung sind weibliche Pesonenbezeichnungen verhältnismäßig reichlich bedacht: Imkerin, Juniorin, Kaiserin, Lieferantin.
Um der politischen Korrektheit willen sind sogar Sinto und die extrem seltene Sintiza eigene Stichwörter. Aus demselben Grund fehlen Zigeuner und Neger.

noch mal ist entgegen der amtlichen Regelung getrennt geschrieben

Zur Aussprache: Service, Set, Sex, Siphon beginnen jeweils mit stimmhaftem s, was m. E. ziemlich ungebildet klingt.

Das Buch enthält winzige Zeichnungen, die z. T. schwer zu erkennen sind (Telefonzelle, Fuchs, Apfelsine).

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 25.09.2003 um 16.33

Im DUW gibt es unter hierzulande einen Verweis auf zulande. Dies existiert jedoch nicht mehr, es ist der Reform zum Opfer gefallen.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 19.09.2003 um 14.14

So etwas nennt man wohl eine naseweise Grammatiklektion.


eingetragen von Theodor Ickler am 19.09.2003 um 14.08

Aus dem Duden-Newsletter 19.9.03:

„Adverbien mit -weise

In der Tat lassen sich Adverbien, die aus einem Substantiv und der Endung -weise gebildet sind, auch als attributive Adjektive verwenden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie sich auf Substantive beziehen, die ein Geschehen zum Ausdruck bringen, so genannte Nomina Actionis: "eine ruckweise Bewegung", "ein schrittweiser Rückgang". Nicht korrekt sind derartige Verbindungen vor anderen Substantiven, also nicht: "eine teilweise Erklärung", "ein stückweiser Preis".“

Kommentar: Wieso bringt "Erklärung" keinen Vorgang zum Ausdruck? Zum übrigen ist ja hier schon einiges gesagt worden.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2003 um 16.01

Duden: Deutsche Rechtschreibung - kurz gefasst. Von Christian Stang. Mannheim 2003

Die Darstellung ist sehr stark vereinfacht, so daß man den Eindruck gewinnen könnte, die reformierte Rechtschreibung sei tatsächlich einfacher als bisher. Dieser Eindruck soll wohl auch durch den Beispielsatz verstärkt werden: Die neue Rechtschreibung ist leichter zu erlernen als die alte. Das ist bekanntlich die Propagandaformel der Reformer, und der Verfasser weiß so gut wie die Dudenredaktion, daß sie nicht zutrifft.

Unter dem Titel "Die Laut-Buchstaben-Zuordnungen" gehen mehrmals Lautliches und Graphisches durcheinander. So ist die "Wiedergabe der Kurzvokale" nicht als "Schärfung" aufzufassen, denn diese ist ein rein lautliches Phänomen. Unter "Die Wiedergabe der s-Laute" werden ohne klare Gliederung im ersten Abschnitt lautliche, im zweiten schriftliche Phänomene abgehandelt (S. 10f.).

Zu ungenau ist die Angabe, Vokale würden "ohne Hilfe eines anderen Lautes", Konsonanten "mithilfe eines anderen Lautes ausgesprochen" (S. 7). Das gilt nicht für die Aussprache, sondern für die isolierte Anführung, etwa beim Aufsagen des Alphabets. Die Systematik von ck und tz wird auf S. 8 nicht angemessen dargestellt, so daß es zu an sich überflüssigen Ausnahmen kommt.

Ganz schief ist die Formulierung: "Im Bereich Getrennt- und Zusammenschreibung wird die Schreibung zweier im Text aufeinander folgender Wörter geregelt." (S. 15) Ein großer Teil der Regeln betrifft Zusammensetzungen, also gerade nicht "aufeinander folgende Wörter". Derselbe Fehler findet sich allerdings schon in den amtlichen Regeln (Vorbemerkungen zur Getrennt- und Zusammenschreibung).

Natürlich ist es absurd, so verschiedene Konstruktionen wie aneinander denken und durcheinander bringen (S. 16) unter den gemeinsamen Begriff "Verbindungen aus -einander plus Verb" zu stellen. Das sollte man den Reformern (Klaus Heller vor allem) überlassen.

Dankenswerterweise stellt Stang deutlicher als der amtliche Text heraus, daß tatsächlich Apostrophschreibungen wie Manfred's Schnellgerichte (S. 42) jetzt vorgesehen sind. Allerdings ist weiterhin unklar, was der Zusatz bedeuten soll, "gelegentlich" werde so geschrieben; solche vage statistischen Angaben haben in einer Regel nichts zu suchen.

Die schlimmsten Fehler der Neuregelung wie Recht haben, Leid tun usw. hat Stang unterdrückt, die genannten Wörter werden gar nicht erwähnt. Immerhin führt Stang das neuschreibliche Pleite gehen an, ohne auf die grammatische Unmöglichkeit hinzuweisen.

Leider wird die sehr umfangreiche Gruppe der weiterhin groß zu schreibenden Nominationsstereotype ("feste Begriffe" wie Gemeine Stubenfliege, Rote Taubnessel usw.) überhaupt nicht behandelt. Damit fehlt ein wesentlicher Teil der deutschen Orthographie. Stang bringt auch Begriffe wie Regierender Bürgermeister unter die Rubrik der Eigennamen, obwohl die amtliche Regelung darauf besteht, daß es keine sind (§ 64).

Die Großschreibung bei Jung und Alt usw. wird auf "Paarformeln zur Bezeichnung von Personen" bezogen - ein Begriff, der keine Entsprechung im amtlichen Regelwerk hat.

Zur Schreibung der Tageszeiten: "Das Adverb (Umstandswort) früh kann nach den genannten Wörtern klein- oder großgeschrieben werden: gestern früh /Früh." (S. 30) Das ist nicht im Sinne der Reformer, die erst nachträglich hier auch die Großschreibung zugelassen haben, weil sie irrigerweise meinten, daß nach der Datumsangabe auch das Substantiv (!) (die) Früh stehen könne.

Stangs eigene Schreibweise wieder aufgenommen (S. 36) entspricht zwar der Dudenauslegung der neuen Regeln, nicht aber den neuen Regeln selbst, da wieder hier nicht die Bedeutung "nochmals" hat (§ 34).

Zur Zeichensetzung sagt Stang einleitend: "Die Satzzeichen gliedern den Text, machen ihn übersichtlich und zeigen Pausen für das Vorlesen an." Damit wird die weitgehende Grammatikalisierung insbesondere des Kommas vollkommen ignoriert und eine veraltete rhetorische Funktion wiederhervorgeholt, die auf mittelalterliche Bräuche des lauten Vorlesens zurückgeht.

Eine Regel wie "Das Komma steht zwischen Satzteilen die durch Konjunktionen (Bindewörter) miteinander verbunden sind" (S. 36) ist irreführend formuliert, und die Beispiele passen teilweise auch nicht dazu.

Zur Silbentrennung gibt Stang in Übereinstimmung mit der Dudenredaktion an, daß in Fremdwörtern auch die Buchstabengruppe str geschlossen auf die neue Zeile kommen kann. Das entspricht jedoch nicht der klaren Regelung nach § 110. Wie Stang mitteilt, hat der Reformer Augst ihn bereits auf den Fehler hingewiesen und zur Begründung der neuen Regelung angeführt, mit der neuen Trennbarkeit von st entfalle auch die alte Behandlung von str in Fremdwörtern. Damit setzt sich Augst allerdings ins Unrecht, denn § 110 zählt insgesamt Ausnahmen von der Grundregel auf, so daß auch str ohne weiteres hätte aufgenommen werden können.

Insgesamt ist es verwunderlich, warum die Dudenredaktion solche Kurzfassungen nicht selbst anfertigt, sondern externe Zuarbeiter, sogar Fachfremde wie Stang damit beauftragt, der für denselben Langenscheidt-Konzern schon eine gänzlich mißlungene "German Grammar in a Nutshell" verfaßt hat. Da eine weitere Revision der amtlichen Regeln (nach den bisher unterderhand vorgenommenen) unmittelbar bevorsteht, erscheint das allzu stark vereinfachte Heft erst recht als unzeitgemäß und überflüssig.

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Th. Ickler


eingetragen von margel am 20.07.2003 um 14.24

Wie wird ein der deutschen Sprache (noch immer!) besonders verpflichtetes Unternehmen wie der Dudenverlag seine abonnierbaren Mitteilungen nennen? Na wie denn wohl? "Newslettter" natürlich!


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2003 um 06.58

Es handelt sich um denselben Konzern (Langenscheidt Brockhaus Meyer Duden Bibliographisches Institut).
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 15.07.2003 um 22.25

Ist der Name Brockhaus nicht geschützt?
Kann jeder Verlag einen Brockhaus herausbringen?

Sollte es dann entsprechend auch möglich sein, einen, mehrere, ganz viele Duden herauszubringen?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 15.07.2003 um 15.22

Was ist Langendorfs Dienst?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 15.07.2003 um 12.46

Weltbild.de bietet seinen Internet-Kunden ab sofort ein niedrigpreisiges Brockhaus-Universallexikon an, meldet Langendorfs Dienst.

Das Angebot – exklusiv für Weltbild-Kunden – lässt Langendorf zufolge aufhorchen: „Brockhaus
Universallexikon“ im Hardcover-Format 16 x 21,5 cm, plus CD-ROM, 26 Bde, 8736 Seiten, mehr als 150 000 Stichwörter, über 5000 Abbildungen, ca. 800 Tabellen und Karten. Kostenpunkt bei Gratislieferung des ersten Bandes: jeweils 9,95 Euro plus 2,- Euro Porto und Verpackung, Lieferfrequenz vier bis sechs Wochen.

Langendorf vermutet, dass es sich um ein Derivat, möglicherweise eine Aktualisierung von „Meyers großem Taschenlexikon“ in 25 Bänden handelt, das hinsichtlich des Inhalts mit denselben Kennzahlen aufwartet.

Quelle: Börsenblatt online
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 28.06.2003 um 10.01

Wenn man in der CD-ROM zum Universalwörterbuch das Stichwort machen sucht, bekommt man einen alphabetische Liste, die mit bekannt machen, bewusst machen usw. beginnt. Das schlichte machen kommt erst in der Mitte, und später folgen noch Epoche machend u. a.
Man kommt sich vor wie in einer Bruchbude, die auf den Trümmern der herkömmlichen Rechtschreibung errichtet worden ist.

Wie sehr die Dudenredaktion unter der Reform leidet, besonders darunter, daß nicht nur die Regeln, sondern auch deren Auslegung bei der Kommission monopolisiert ist, geht aus einem hochinteressanten Aufsatz von Dudenchef Wermke hervor: "Rechtschreibreform und Rechtschreibwörterbuch" in: Undine Kramer (Hg.): Lexikologisch-lexikographische Aspekte der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen 2000, S. 205-223. Es handelt sich um einen bereits 1997 gehaltenen Vortrag. Wer Zugang dazu hat, sollte ihn sich unbedingt besorgen. Obwohl Wermke – bedingt durch seine berufliche Situation – die Lage ein wenig beschönigt, geht er doch schonungslos genug mit den Deppen um Augst ins Gericht.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 03.04.2003 um 21.12

Aus dem neuen Duden-Newsletter:

»Kommasetzung bei Infinitivgruppen

Nach neuer Rechtschreibung ist die Kommasetzung vor und nach
Infinitivgruppen freigestellt.

[...]

Keine Regel ohne Ausnahme: Werden Infinitivgruppen mit einem hinweisenden Wort oder einer Wortgruppe angekündigt bzw. wieder aufgenommen, müssen sie durch Komma abgetrennt werden.
"Unser Hund dachte nicht daran, das erbeutete Osterei wieder herzugeben."
"Es war seine Absicht, das Ei genüsslich zu verspeisen."
"Es genüsslich zu verspeisen, das war seine Absicht."«

Der Duden hat also seine Auslegung von § 77 (5) des amtlichen Regelwerks schon wieder geändert. Das Vorgreifer-es muß nun nicht mehr direkt vor der Infinitivgruppe stehen, um ein obligatorisches Komma hervorzurufen.

Im neuen Duden-Taschenbuch zur Zeichensetzung werden zudem noch ausdrücklich Substantive als hinweisende Wörter im Sinne von § 77 (5) genannt:

»Auch ein Substantiv kann als hinweisendes Wort angesehen werden:
Sie besitzt die Fähigkeit, zuzuhören. [...] Sie hatten den Wunsch, auszuwandern.«
(Duden-Taschenbuch »Komma, Punkt und alle anderen Satzzeichen«, 4., überarbeitete Aufl. 2002, S. 69)

Dies hat im übrigen gar keine Grundlage im amtlichen Regelwerk.
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Christian Dörner


eingetragen von Christian Dörner am 27.03.2003 um 17.12

Der Duden schreibt auch Piksieben, Herzkönig usw. vor, was völlig unüblich ist. Herr Wrase hat recht, daß bei Spielkarten normalerweise getrennt und ohne Bindestrich geschrieben wird, auch wenn das der gesetzten Norm widerspricht, also Herz Dame, Kreuz Neun usw. Selbstverständlich gilt dies auch für deutsche Spielkarten, also auch Schellen As usw. Der Duden will hier Schellenas vorschreiben. So eine Schreibung würde kein Kartenspieler je verwenden.
Mein vorheriger Beitrag bezog sich im übrigen lediglich auf die Darstellung im Duden. Keinesfalls wollte ich sie damit werten oder gar empfehlen.
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 27.03.2003 um 15.07

Das habe ich nicht gewußt, weil ich überhaupt nicht Karten spiele, aber nun nehme ich es dankend zur Kenntnis.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Wrase am 27.03.2003 um 13.08

"Die DASD schlägt übrigens vor, nur noch Herz Ass usw. zuzulassen. Getrennt und ohne Bindestrich!"

Daß ausgerechnet ein Regelhengst wie Peter Eisenberg dies vorschlägt, mag verwundern. Aus einer liberalen Sicht ist aber diese Schreibweise die beste, weil mit Abstand die üblichste. So schreibt man das, jedenfalls die Skatbrüder schreiben so. Man kann sicherlich ein Substantivkompositum darin sehen, also wäre Zusammenschreibung bzw. aus Gründen der Lesbarkeit Bindestrich angezeigt - und auch möglich. Es ist aber gar nicht sicher, ob es sich hier überhaupt um ein Determinativkompositum handelt. Dagegen spricht, daß man (normalerweise) nicht die Farbe betont (Herz usw.), sondern meist eindeutig und deutlich den Wert (As, König, Sieben usw.). Ganz anders als normalerweise Determinativkomposita: Schokoladenkuchen, Englischlehrer, Büromöbel - all das wird vorn betont, auf dem Bestimmungswort. Die Farbe wird bei Herz As so behandelt bzw. verstanden wie sonst die vorangestellte Farbangabe, nämlich als Adjektiv: das rote As, das Herz As. So ähnlich wie: der Schmid Heinz. Die Funktion (Farbbestimmung, also Adjektiv) scheint hier in die Grammatik einzugreifen und dem "Herz" dessen substantivische Eigenschaft streitig zu machen.

Was nun die Alternative Herzas vs. Herz-As angeht, so ist natürlich Herz-As besser lesbar (...as ist als Wort schlecht erkennbar, man kommt kaum rechtzeitig zur gewollten Betonung) und viel häufiger, schon wegen der größeren Nähe zur üblichen Schreibung Herz As. Der Duden hatte jedoch eine ausgeprochen dumme Bindestrich-Feindlichkeit. Völlig angemessen steht der Sachverhalt im Wörterbuch von Professor Ickler: "Ansonsten kann man überall nach Belieben Bindestriche verwenden, sollte es aber auch nicht übertreiben." (Aus dem Gedächtnis zitiert; sinngemäß.) Der Duden hatte jedoch dekretiert (R 33 und R 34 vor der Reform), daß ein Bindestrich nur in Ausnahmefällen in Frage käme, etwa wenn Komposita aus mindestens vier Gliedern zusammengesetzt seien. Das ist Blödsinn, aber nach diesem Prinzip hat man sich wohl gesagt: Herz-As hat ja nur zwei Glieder, da können wir ja nicht unsere Regel lächerlich machen, also schreiben wir zusammen, ohne Bindestrich. Mit der Schreibwirklichkeit hat das nichts mehr zu tun; bei Google findet man fast keine "freiwilligen" Texte mit dieser Schreibung, sondern fast nur Texte zur Rechtschreibung bzw. Rechtschreibreform.

Fazit: "Herzas" (bzw. neudeutsch "Herzass") gibt es praktisch gar nicht (außer im Duden bzw. im sogenannten neuen Regelwerk); "Herz-As" ist viel üblicher und viel besser; "Herz As" ist noch viel üblicher und noch viel besser.

PS: In einem Roman würde ich wahrscheinlich eher mit Bindestrich schreiben, in Skat-bezogenen Texten getrennt.


eingetragen von Christian Dörner am 26.03.2003 um 14.41

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Eine Rechtschreibreform en miniature findet sich überraschend im Duden von 1991. Während der Duden (West) 1973 noch die Schreibung »Karo-As« vorsieht, notiert der Duden 1991 »Karoas« und dementsprechend auch »Herzas«, »Pikas« (irritierenderweise unter Hinweis auf die Regel zur Verwendung von Bindestrichen). Die Reform hat daraus dann u. a. »Pikass« gemacht, was wie eine mißglückte Eindeutschung von Picasso aussieht. Weiß jemand, wann die Eliminierung des Bindestrichs erstmals vorgenommen wurde und was der Grund gewesen sein könnte ?

Der Duden von 1973 hat in der Tat Karo-As und Pik-As, aber Herzas und Kreuzas. Daß dies nicht so bleiben konnte, ist verständlich. Den Duden von 1980 besitze ich nicht, aber in der 19. Auflage von 1986 ist dann alles vereinheitlicht, also Karoas usw. Im letzten Duden der sogenannten »DDR« von 1990 findet man Herz-As, der Rest fehlt allerdings.
Die alte Rechtschreibung von Knaur blieb durchgängig bei der Schreibung mit Bindestrich.
Die DASD schlägt übrigens vor, nur noch Herz Ass usw. zuzulassen. Getrennt und ohne Bindestrich!
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 26.03.2003 um 14.20

Eine Rechtschreibreform en miniature findet sich überraschend im Duden von 1991. Während der Duden (West) 1973 noch die Schreibung »Karo-As« vorsieht, notiert der Duden 1991 »Karoas« und dementsprechend auch »Herzas«, »Pikas« (irritierenderweise unter Hinweis auf die Regel zur Verwendung von Bindestrichen). Die Reform hat daraus dann u. a. »Pikass« gemacht, was wie eine mißglückte Eindeutschung von Picasso aussieht. Weiß jemand, wann die Eliminierung des Bindestrichs erstmals vorgenommen wurde und was der Grund gewesen sein könnte ?


eingetragen von Theodor Ickler am 20.03.2003 um 04.45

Auf der Internetseite des Dudenverlags findet man eine umfangreiche Liste von Beispielwörtern, deren Schreibweise sich geändert hat. Noch immer fehlen alle Einträge mit wieder- und wohl-, offenbar deshalb, weil deren Schreibweise immer noch nicht geklärt ist. Dafür ist aber die neue Getrenntschreibung von widereinander stoßen angegeben - einem Wort, das so gut wie nie verwendet wird. Auch an solchen Kleinigkeiten erkennt man die abgrundtiefe Verlogenheit, mit der die Reform unser Kulturleben verseucht hat. Man fragt sich, ob es je wieder deutsche Wörterbücher geben wird, die nur auf die sprachlichen Tatsachen gegründet sind und nicht ständig nach Verwaltungsvorgaben und Marktchancen schielen.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.03.2003 um 16.05

für die noch ausführlichere Antwort.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Wolfgang Wrase am 18.03.2003 um 14.50

Lieber Herr Lindenthal,

ich hatte ganz vergessen, auf Ihre zweite Frage einzugehen. Sie thematisiert ein wichtiges Kriterium, das oft gar nicht beachtet wird (und das ich selber in meiner Antwort übersehen habe): den Umfang der Bestandteile bzw. des Gesamtgebildes. Ihr Beispiel "zustimmungverweigernde" dürfte vom Umfang her einen Grenzfall darstellen; die Länge allein wäre noch nicht so unerträglich, daß man automatisch getrennt schreiben würde. Es ist auch nicht so günstig, weil man ja nicht sagt: "Die Verantwortlichen verweigern Zustimmung", sondern "... ihre Zustimmung" oder "... die Zustimmung". Die getrennte Konstruktion wäre entsprechend "die ihre/die Zustimmung verweigenden Verantwortlichen". Je größer der Umfang der Fügung wird, desto mehr geht die Tendenz natürlich zur getrennten Konstruktion. Unausweichlich wird sie, wenn noch wesentlich mehr Wörter aufgenommen werden: "die holzverarbeitende Industrie", aber "die Holz, Papier und ähnliche Rohstoffe verarbeitende Industrie im Gebiet XY". Dabei gibt es einen Übergangsbereich: "die Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie", alternativ: "die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie".


eingetragen von Detlef Lindenthal am 18.03.2003 um 11.40

für die ausführliche Antwort.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Wolfgang Wrase am 18.03.2003 um 09.15

Lieber Herr Lindenthal,

grundsätzlich können Sie (auch) konstruieren "Klassen bilden" -> "Klassen bildend". Deswegen konnten und können Sie, egal was im Duden stand oder steht, auch schreiben, wenn Sie denn möchten: "eine Klassen bildende Kategorisierung" oder ähnliches. Das ist nicht falsch, aber schwerfällig und nicht so leicht zu lesen wie "eine klassenbildende Kategorisierung". Zunächst einmal möchte man vom Artikel (eine) möglichst elegant und ohne größere Hürden zum Bezugswort (Kategorisierung) gelangen, also ist die Zusammenschreibung aus stilistischer Sicht bzw. im Sinne der Lesefreundlichkeit zu bevorzugen. ("Zusammenschreibung" trifft hier den Sachverhalt nicht genau, weil die "Zusammenschreibung" mit einer veränderten Grammatik einhergeht; es handelt sich dann um ein inkorporiertes, syntaktisch nicht mehr aktives Objekt, also schon grammatisch um eine Zusammensetzung.) Stilistisch bzw. lesetechnisch inakzeptabel ist die "Getrenntschreibung" bzw. die getrennte Konstruktion, wenn der Artikel "die" lautet, denn dann bezieht der Leser den Artikel zunächst falsch auf "Klassen": "die Klassen ..." ("... bildende Kategorisierung", ach so!). Grammatisch nicht falsch, aber ein stilistischer Fehler. Schon grammatisch ganz und gar unüblich und damit "grammatisch falsch" ist die Konstruktion "Dies ist Klassen bildend"; man sagt ja auch nicht "Ich bin Schuhe putzend" und dergleichen. Weiterhin muß man den Fall abgrenzen, daß eine solche Zusammensetzung klassifizierend gebraucht wird, oft fachsprachlich: "blutbildende Zellen" - sie bilden zwar Blut, aber man möchte diesen Vorgang nicht jedesmal neu in Erinnerung rufen, sondern diese Art von Zellen mit einem einzigen, treffenden, klassifizierenden Adjektiv kennzeichen: "blutbildend". In diesen Fällen war die "Zusammenschreibung" ebenfalls selbstverständlich, also die Norm. Ansonsten gibt es eine Möglichkeit der getrennten Konstruktion, die relativ selten genutzt wurde. Sie bringt ein wenig mehr den Charakter des Verbs, also den Vorgang im weiteren Sinn, mit sich: eine fleischfressende Pflanze (Eigenschaft), ein Fleisch fressender Hund (Vorgang). Im letzteren Fall konnte man jedoch auch schreiben: ein fleischfressender Hund; der Vorgang ist auch hier möglich, er wird nur nicht durch die Schreibung hervorgehoben.

Wie sehr die Zusammenschreibung insgesamt überwiegt, erkennt man noch heute mit Hilfe von Google, denn Google weist immer noch das Übergewicht der Zusammenschreibung aus, obwohl ja angeblich Getrenntschreibung vorgeschrieben ist:

silbenbildend 17
Silben bildend 1
silbenbildende 10
Silben bildende 0

klassenbildend 39
Klassen bildend 3
klassenbildende 48
Klassen bildende 2
(beide letzteren treffen nicht das Muster, zum Beispiel:
Die Kursgebühr der Sommerakademie wird in den Klassen Bildende Kunst 350 € betragen)

Also kurz: "Getrennt" ist theoretisch manchmal möglich, aber dann meist ungünstig und deshalb sehr unüblich; meistens verbietet sich diese Konstruktion aus grammatischer (prädikative Stellung), lesepsychologischer (z.B. unklarer Bezug des Artikels) oder semantischer Sicht (Klassifizierung).

Professor Ickler hat ein nun ein weiteres interessantes Kriterium genannt: Die Zerlegung kann sachlich Falsches erzeugen, wenn das so entstehende Objekt im Plural vorliegt, obwohl nur ein Singular den Sachverhalt trifft: "Silben bildend" ist falsch, falls nur eine Silbe gemeint ist; zutreffend ist die Kategorisierung "silbenbildend", denn es geht dabei nicht darum, daß mehrere Silben gebildet werden, sondern darum, daß überhaupt Silben (= eine oder mehrere Silben) gebildet werden oder gebildet werden können.

Ein weiteres Beispiel, an das ich mich erinnere, ist "eimerschwenkend": Das können einer oder mehrere Eimer sein; wahrscheinlich handelt es sich meistens nur um einen Eimer, der geschwenkt wird. Die Zerlegung "Eimer schwenkend", die eine Mehrzahl ausdrückt, ist dann falsch.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 17.03.2003 um 16.31

Ich frage nur, weil ich es nicht weiß.
(Rigveda, 10. Liederkreis)

Werden gemäß bewährter Rechtschreibung Wörter wie silbenbildend, staatenbildend, klassenbildend, vertrauenbildend immer zusammengeschrieben?
Und ähnliche Bauweisen mit getrennter Schreibung gibt es nicht?
Mir fallen jetzt keine naturgegebenen Beispiele ein; außer vielleicht so: Schriebe man denn auch zustimmungverweigernde Verantwortliche usw.?
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 17.03.2003 um 16.06

Im DUW heißt es (zum Beispiel unter "sonantisch") Silben bildend. Das ist eindeutig falsch, auch nach den Voraussetzungen der Neuregelung. Denn auch was nur eine einzige Silbe bildet, ist silbenbildend. Wieder ist das Fugenzeichen mit dem Pluralzeichen verwechselt worden.
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Th. Ickler


eingetragen von Walter Wittkopp am 08.03.2003 um 07.25

Die Netzlösung für ein vielfädiges, mehrdimensionales vergleichendes Wörterbuch ist fertig. Wer kauft sie ab?
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Walter Wittkopp


eingetragen von Detlef Lindenthal am 08.03.2003 um 07.22

Dazu habe ich in Erinnerung, daß ich die auf einem Werbeblatt abgebildete Seite 125(?) des „Praxiswörterbuches“ mit den entsprechenden Wörterbucheinträgen der 21. Auflage des Rechtschreib-Dudens verglich und auf einer einzigen Seite 25 Unterschiede fand: GKS, GZS, Silbentrennung usw.

Der Kaiser ist nackt. Der Duden ist nackt. Die Deutschlehrer und die Chefredakteure sind nackt. Die Verfassungsrichter lügen.
Seit der Buschkrieg beschlossen ist, wird der „immer“ und überall verboten gewesene Angriffskrieg wieder erlaubt – und war neuerdings offenbar schon immer erlaubt; und niemand weist darauf hin, daß mit diesem „Denk“muster-Wandel sich die Grundlage unserer Nach-WK2-Ordnung welthandelszentrummäßig in Staub aufgelöst hat. Staub, Staub, Staub überall, PISA und Menges allerorten.

Was ist eigentlich bei der geistigen Elite dieser unseren Welt los? Nach den Gesetzen des Marktes (gibt es die?) müßten neue Arbeitsgemeinschaften rasch die durch solchen Schwachsinn aufgerissenen Marktlücken nachhaltig nutzen.
Es gibt viel zu tun; warten wir’s ab? Statt dessen ja wohl eher: auf den Hosenboden setzen und die Hausaufgaben erledigen.

Fleißigen Sonntagsgruß,
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Christian Dörner am 07.03.2003 um 10.41

Vor wenigen Tagen hat die Dudenredaktion ihr »neues« Kompaktwörterbuch herausgegeben, und man durfte gespannt sein, ob es denn im Vergleich zur 22. Auflage des Rechtschreibdudens irgendwelche Veränderungen gibt.
Überrascht ist man jedoch, wenn man das Buch aufschlägt. Das sogenannte Kompaktwörterbuch ist lediglich das alte Praxiswörterbuch von 1998 unter einem neuen Namen, allerdings auf dünnerem Papier gedruckt und ohne stabilen Einband. Kein einziger Eintrag, nichts im Regelteil, ja noch nicht einmal das Vorwort wurde geändert. Die DM-Beträge wurden durch Euro ersetzt; das war’s.
Das Kompaktwörterbuch hat auch den Fehler wieder herstellen nicht korrigiert, obwohl dieses Wort nicht einmal im Rechtschreibduden mehr getrennt zu finden ist.
Einzig und allein wurde der von Prof. Ickler entdeckte falsche Trennstrich bei Magma ausgebessert. Nun heißt es wieder Mag|ma.
Noch billiger kann ein »Relaunch« eines alten Produktes gar nicht sein: Man druckt einfach ein altes Buch noch mal neu und ändert dessen Namen. Eine Buchbesprechung erübrigt sich völlig, denn vom Praxiswörterbuch liegt bereits eine ausführliche Besprechung von Prof. Ickler vor (siehe unter den alten Aufsätzen).
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Christian Dörner


eingetragen von Elke Philburn am 25.02.2003 um 22.11

... Paris liegt an der Seine...

Es wäre auch enttäuschend gewesen, wenn dieser wunderbare Schlager auf einer falschen Information beruht hätte.


eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.02.2003 um 20.11

„dass“
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.02.2003 um 20.08


"Kalkutta liegt entgegen anders lautender Schlagertexte nicht am Ganges, sondern rund 180 km entfernt vom heiligen Fluss!"
(Duden-Kalenderblatt Allgemeinbildung, heute auf der Internetseite des Dudenverlags)
Ein Blick auf die Landkarte hingegen zeigt, daß das Ganges-Delta 400 km breit ist und daß die Stadt Kalkutta am westlichen Rand des Deltas an einem der vielen Mündungsarme liegt. Durch die Stadt Kalkutta fließt Ganges-Wasser.

Zu sagen, Kalkutta läge nicht am Ganges, bezeichne ich als Wissenschaftsfälschung, Irreführung, Schülerverlade, Schmalspur-Krümelei, Spitzfindigkeit usw. Kein Wunder, daß die Kultusminister sich erst alle Schulbücher usw. zur Genehmigung vorlegen lassen.
Meine persönliche Schlußfolgerung schon seit langem: Traue keinem Wortlaut, der das Unwort „dass“ enthält. :-<


daß - Ich bin für Rechtschreibung.“
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 25.02.2003 um 14.48

"Kalkutta liegt entgegen anders lautender Schlagertexte nicht am Ganges, sondern rund 180 km entfernt vom heiligen Fluss!"

(Duden-Kalenderblatt Allgemeinbildung, heute auf der Internetseite des Dudenverlags)

Laut Duden Bd. 9 sowie DUW wird entgegen mit dem Dativ verbunden.
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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 22.02.2003 um 23.07

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Im Duden Universalwörterbuch fehlen meiner Ansicht nach folgende Stichwörter (Teilstrecke):

Diatret, Diatomee, Diptam, disjunkt, Disjunktion, Dronte, effeminiert, Embonpoint, emendieren, Entourage, Ephebe, Ephemeriden, erstaufführen, faszinieren, Feldscher, finassieren, Fluke, Fraktal, Fritfliege, Galimathias, Gamelan, Gelichter, Geßlerhut, Gestus, Hahnrei, Haiku

Im Bertelsmann-Wahrig 2002 fehlen von diesen Wörtern lediglich:
Diatret, Entourage, erstaufführen, finassieren, Fritfliege, Fluke, Fraktal, Geßlerhut

Das Fehlen speziell von erstaufführen und Geßlerhut erkläre ich mir damit, daß sogar die Redaktionen sich kein Urteil mehr darüber zutrauten, welche Schreibweisen denn hier nun die reformkonformen wären.
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Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 08.02.2003 um 07.23

Aus dem neuesten Duden-Newsletter:

Verbindungen aus Substantiv und Adjektiv/Partizip

Immer häufiger sieht man in letzter Zeit Schreibweisen wie
"Computer-gestützt" oder "Kunden-orientiert", doch der Bindestrich
ist in solchen Fällen entbehrlich. Verbindungen, deren erster
Bestandteil eine verkürzte Wortgruppe vertritt, schreibt man
zusammen: "computergestützt" (= durch den Computer gestützt),
"kundenorientiert" (= am Kunden orientiert), "strahlengefährdet"
(= durch Strahlen gefährdet) oder "nikotinabhängig" (= vom Nikotin
abhängig).
Kommen jedoch noch weitere Bestandteile hinzu, müssen Bindestriche
gesetzt werden, z. B. bei "UV-Strahlen-gefährdet". Auch wenn es sich
bei dem ersten Bestandteil solcher Kombinationen um eine Abkürzung
handelt, muss ein Bindestrich stehen, also etwa bei "TÜV-geprüft"
oder "EU-intern".
Getrennt schreibt man dagegen, wenn sich die Verbindung auf eine
ungekürzte, ebenfalls getrennt zu schreibende Wortgruppe mit einem
Verb zurückführen lässt: "der Aufsicht führende Lehrer" (wegen:
"Aufsicht führen"), "der Hilfe suchende Wanderer" (wegen: "Hilfe
suchen").

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(All dies entspricht der amtlichen Neuregelung von 1996, aber nicht der Auslegung in sämtlichen Duden-Büchern seit zwei bis drei Jahren. "erfolgversprechend", "blutsaugend" usw. sind längst wiederhergestellt; bis auf wenige Fälle wie "Eisen verarbeitend" ist genau die frühere Regelung rehabilitiert, nur in schlechterer Darstellung als früher. Natürlich ist auch die hier gebotene Beschreibung der Zusammensetzungen mit Partizip II oder Adjektiv sehr ungenau.)
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Th. Ickler


eingetragen von Martin Reimers am 03.02.2003 um 16.47

Nur eine kleine Kostprobe aus dem neuen Duden:

Im Gegensatz zum "Bertelswahrig" 2002 bleibt "nichts sagend" die einzig mögliche Schreibweise.
Wie im Rechtschreib-Duden von 1996 werden "wohlschmeckend" und "wohlriechend" wieder zusammengeschrieben und nicht (wie in dem von 1999) teils nur getrennt und teils frei Schnauze.
Das Wort "wohlbekannt" ist zum ersten Mal ersatzlos gestrichen - in dem dicken Schinken ist offenbar zu wenig Platz.
Allen reformtreuen Lehrern, Journalisten und Korrektoren "viel Spass beim auswendig Lernen"!

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Martin Reimers


eingetragen von meckes am 25.01.2003 um 10.59

In der renommierten Computer-Zeitschrift c't (die auch zu großen Teilen auf Reformortografie umgestellt hat) findet sich in der aktuellen Ausgabe 3/2003, Seite 61, ein Artikel zu dem in neuer Version erschienenen "Rechtschreibkorrektur-Add-on aus dem Hause Duden". Einige Auszüge:

"(...) - allerdings gibt auch die zweite Version noch Gelegenheit zum Schmunzeln und Stirnrunzeln."

"Rechtschreibprogramme haben es schwer hierzulande. Nein, meint der Duden-Korrektor: 'Diese Schreibung entspricht nicht der Duden-Empfehlung' und schlägt das alte 'hierzulande' vor - schließlich gilt die neue Rechtschreibung ja nicht nur zu Lande, sondern auch zu Wasser. 'Aufwändig' mag er auch nicht, sondern plädiert für das (in c't aus ästhetischen Gründen ohnehin wieder eingeführte) alte 'Aufwendig'. Dafür besteht er auf 'belämmert' statt 'belemmert'.
Das ist also neu am Duden-Korrektor 2.0: In Streitfällen, die manchem Schriftsteller das Blut in den Adern gefrieren ließen, macht er sich parteiisch. Er hat auch dazugelernt: Hielt die Version 1.0 (...) die Verbform 'erkant' noch für richtig, korrigiert die neue dies zu 'erkannt'. Und doch lässt sich rasch wieder eine Fülle von Aussetzern oder humoristischen Einlagen finden. Warum akzeptiert der digitale Schlaumeier etwa eine 'Hauswant', wieso kommen ihm 'Rückwerts', 'Destautor' oder 'Korest' nicht verdächtig vor? Warum fällt ihm zu 'wirt' nicht 'wird' und zu 'hir' nicht 'hier' ein? Warum möchte er dem Schreiber für 'Tesdautor' zwar 'Testator', nicht aber 'Testautor' schmackhaft machen? Für 'Hauswandt' schlägt er 'Hauswand' oder 'Hausstand' vor, für 'Haustant' allerdings setzt er stattdessen auf 'Hauptast'."

(...)

"Trotz Beschleunigung ist die ausführliche Prüfung immer noch ziemlich zeitraubend".

(...)

"Besser als die in Microsofts Office eingebaute Rechtschreibfunktion schlägt sich das fantasiebegabte Duden-Programm allemal."

"(...) und vielleicht erbarmt man sich bei Dudens auch noch einiger eindeutiger Fehler in der Datenbasis des Korrektors, die bislang dazu führen, dass das Programm etwa 'Kontextmenüm' als richtig durchgehen lässt."



Meiner Meinung nach ist der Artikel ein regelrechter Verriß und vielleicht eine Art Warnung an potentielle Käufer, die nicht so besonders viel von Phantasiebegabung bei Korrekturprogrammen halten, für die auch noch 25 € hingeblättert werden müssen.


M. Eckes


eingetragen von Theodor Ickler am 22.01.2003 um 15.07

Die wirklichen Wäschebleuel kann man bei Google aus den Familiennamen herausfiltern, wenn man "Bleuel" und "Wäsche" zugleich eingibt.

Noch etwas: Ich war eigentlich fest überzeugt, daß die "Satrapin" des Duden-Universalwörterbuchs frei erfunden sei, denn meines Wissens gab es im persischen Reich nur Satrapen, keine Satrapinnen. Aber bei C. M. Wieland kommt tatsächlich eine Satrapin (im "Aristipp") vor; vielleicht ein Hapax legomenon und sicher trotzdem nicht die Quelle der erfindungsreichen Dudenmacher.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 05.01.2003 um 05.48

Zitat:
Theodor Ickler schrieb:
... das Wort bleuen kommt in dieser Verweiskette gar nicht mehr als Stichwort vor, es ist hyperkorrekt beseitigt.
Sollen die Vorsilben hyper- einen Bedeutungsschwenk um ungefähr 180 Grad vollziehen, jedenfalls in Verbindung mit korrekt?
Anmerkung: Im 6bändigen Duden von 1980 steht auch schon: Pleuel ... [hyperkorrekte Schreibung von -->Bleuel].
Zweite Anmerkung: Mindestens in der Technik kenne ich nur das Wort Pleuel (15.600 Gugel auf deutschsprachigen Seiten, auch verzeichnet in Grimms Wörterbuch; Bleuel mit 2.620 Gugel ist im Netz nur als Familienname zu sehen). Meine folgernde Vermutung: Der Duden hat auch schon 1980 gesponnen.


eingetragen von Theodor Ickler am 05.01.2003 um 04.55

Für das folgende Erlebnis braucht man die CD-Rom des Duden Universalwörterbuchs. Unter dem Stichwort Pleuel erfährt man, dies sei die „hyperkorrekte“ Schreibweise von Bleuel. Letzteres ist gleich zum Anklicken dargeboten. Ich klicke also hinüber und werde auf bleuen verwiesen. Ein Klick, und man landet bei – bläuen! Dort keinerlei Hinweis auf die „frühere“ Schreibweise; das Wort bleuen kommt in dieser Verweiskette gar nicht mehr als Stichwort vor, es ist hyperkorrekt beseitigt. Trotzdem steht es noch im Wörterbuch und auch auf der CD, aber man findet es nur bei direkter Suche, eben als „frühere Schreibweise“.
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 04.01.2003 um 11.56

Falschparken, Beleidigung und Mord sind auch verboten worden; diese Wörter dann auch streichen?
(Deswegen kann Piepscho trotzdem rausfliegen.)
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Reinhard Markner am 04.01.2003 um 11.17

Dieses Schaustellergewerbe ist nach meiner Erinnerung in Deutschland vor geraumer Zeit verboten worden. Dann muß das Wort selbstverständlich auch gestrichen werden.


eingetragen von Theodor Ickler am 03.01.2003 um 19.00

So dämlich die Bestsellerlisten sind - es ist vielleicht eine Notiz wert, daß auf den neuen Jahreslisten die Dudenrechtschreibung auf Platz 3 steht, zwischen "Warum Männer lügen" und einem obskuren Werk des Dalai Lama. Platz 1 hat ein gewisser Dieter Bohlen inne, den die Fernsehteilnehmer wahrscheinlich näher kennen.


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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 03.01.2003 um 18.54

Wie ich schon in meiner Besprechung des Duden Universalwörterbuchs beobachtet hatte, nehmen über 5000 völlig überflüssige weibliche Personenbezeichnungen anderen Wörtern den Platz weg.
Es fehlen z.B. Peepshow, Palimpsest, Pekari und viele andere, nicht gar so seltene.
Dafür findet man die Peilerin und die Partikuliererin (die bei Google nicht vorkommt, was viel heißen will!). Es ist klar, daß Duden hierfür keinen einzigen Beleg hat. Nur der feministische Wahn hat sie hervorgebracht.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 29.12.2002 um 10.12

Konrad Duden und Klaus Heller in einem Atem zu nennen ist geradezu unerlaubt – den gewissenhaften und fleißigen Arbeiter von damals und den trägen, im Grunde ängstlichen, aber ungemein frechen Burschen, der sich nur traut, solange er die Staatsmacht hinter sich weiß. Solange das so ist, traut er sich sogar, gegen die einhellige Ablehnung der Reform zu behaupten, sie sei gut und die Bevölkerung nur zu dumm, das sofort zu begreifen.(SED-Mitglied war er übrigens nicht, das war von den Reformern nur Nerius, der noch heute Gutachten für die Regierung von Mecklenburg-Vorpommern verfaßt ...) Soll man diese dummen Geschichten überhaupt noch kommentieren? Heller scheint der einzige zu sein, der überhaupt noch den Mund aufmacht, die andern sind auf Tauchstation.
Mir kommt es so vor, als ob die Initiative zu dieser lahmen Kampagne von dpa ausgeht. Die Deutsche Presse-Agentur, die hier ihren Erik Nebel losgeschickt hat, um gegen Rüthers anzugehen, ist sich ihrer Mitverantwortung für das Desaster durchaus bewußt, daher auch die empfindlichen Reaktionen von W. Herlyn. Auf den Seiten der dpa steht noch immer eine völlig verkorkste Neuregelung, als Monument der Dummheit – aber wie lange noch? Den Verfasser, Herrn Nürnberger, hat es längst in andere Regionen verschlagen.
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Th. Ickler


eingetragen von Christoph Kukulies am 29.12.2002 um 08.05

Komme gerade angewidert vom Frühstückstisch, nachdem ich einen halbseitigen Artikel eines Herrn Heller in der heutigen AZ (Aachener Zeitung) über die Rechtschreibreform überflogen habe, in dem dieser behauptet, daß der Dudenverlag damals auch mehrere Auflagen gebraucht habe, bis die Rechtschreibung stand. Die Leser hätten nun festzustellen, daß die neue Schreibung das Schriftbild kaum beeinflusse und daß mehr als 80 % der neu gedruckten Bücher nun in der neuen Schreibung gedruckt würden.

Offenbar eine Gegenkampagne gegen den FAZ-Artikel vor ein paar Tagen.



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Christoph Kukulies


eingetragen von Theodor Ickler am 28.12.2002 um 16.40

Bei http://www.duden.de kann man ein Kreuzworträtsel lösen, anschließend ein Fenster "schliessen" und vielleicht etwas gewinnen. Aber es heißt, daß "die Redaktion" den Gewinner auswählt, und das dürfte meine Chancen doch arg mindern. Normalerweise wird ja der Gewinner anonym ermittelt, das scheint hier aber nicht zu gelten. Und dabei hätte ich doch so gern das zehnbändige Wörterbuch!
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 25.12.2002 um 20.15

Das Duden-Universalwörterbuch von 2001 versteigt sich zu der Behauptung "Tipp (engl. Bezeichnung für Trinkgeld)".
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 21.12.2002 um 15.26

Die ganze Absurdität der Neuregelung und des Duden-Abenteuers zeigt sich gut am Eintrag Mund voll. Vgl. die vorhergehende Notiz über das Bedeutungswörterbuch. Auch im Unversalwörterbuch leugnet der Duden, daß es das Wort Mundvoll je gegeben hat, führt aber Mund voll an der alphabetischen Stelle an, die ihm von Rechts wegen zukommt. Unter Mund, wohin der Verweis geht, liest man dann: einige Mund voll Kartoffelbrei essen - als wenn Mund eine Maßangabe wie Faß wäre. Damit aber nicht genug, leitet das DUW Muffel, das als eigenes Stichwort existiert, aus Mund voll ab, erkennt also die seit Jahrhunderten übliche Univerbierung an.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.11.2002 um 14.05

Duden: Das Bedeutungswörterbuch. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Mannheim u. a. 2002. 1103 S.

Die Folgen der Rechtschreibreform zeigen sich besonders an folgendem Absatz aus den Benutzungshinweisen:

"Aus zwei Wörtern bestehende Einträge (entstanden aus vor der Rechtschreibreform bestehenden zusammengesetzten Wörtern, die jetzt getrennt geschrieben werden) erscheinen an der alphabetischen Stelle der alten Einwortschreibung." (S. 14)

Da zusammengesetzte Wörter auch nach der Rechtschreibreform ausnahmslos zusammengeschrieben werden, läuft diese Angabe darauf hinaus, daß die Reform gewisse zusammengesetzte Wörter aus dem deutschen Wortschatz beseitigt hat. Das ist ja oft bestritten worden, aber hier wird es ausdrücklich zu gegeben. Die Redaktion scheint allerdings damit nicht recht glücklich zu sein, sondern verschafft den getilgten Wörtern ein geisterhaftes Nachleben, indem sie die illegitimen Nachkommen an den Platz setzt, der den Gemeuchelten von Rechts wegen zukommt.

In diesem Band ist selbständig noch durch selbstständig ersetzt, während Bertelsmann schon wieder zu selbständig zurückgekehrt ist, aber auch die Duden-Reihe "Thema Deutsch" (Bd. 3, Herbst 2002).

Während der Rechtschreibduden von 2000 noch vorsieht weitgehend/weit gehend, kennt das Bedeutungswörterbuch nur folgende Schreibweisen:

weitgehend - weiter gehend - weitestgehend

Dies ist widersinnig, weil ja gerade der Verbzusatz weiter in der geschlossenen Liste der zusammenzuschreibenden Partikeln (§ 34, 1) angeführt ist. Aber auch davon abgesehen, scheint die neue Reihe nicht gerade der Erleichterung des richtigen Schreibens zu dienen.

Substantive wie Acht, Eigen werden nicht als eigene Wörter angeführt, sondern es folgt gleich die Einschränkung, daß sie nur in den Verbindungen Acht geben, zu Eigen machen vorkommen.

Beispielsätze wie er ist allein stehend sind laut herkömmlicher Dudengrammatik falsch, jetzt aber vorgeschrieben. Der grammatische Sachverstand dankt ab, wenn die Kultusminister es so wollen. Über tut mir Leid braucht kein Wort mehr verloren zu werden.

Die Silbentrennung ist konservativ, man findet also nicht mehr Mikros-kop und ähnlichen Unfug; andererseits aber adä-quat.
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Die Bedeutungsangaben sind von durchschnittlicher Qualität. Das Wörterbuch entgeht nicht immer den Fallstricken der "konstruierten Mehrdeutigkeit". Zum Beispiel werden bei erwähnen zwei verschiedene, sogar numerierte Bedeutungen genannt: "1. beiläufig nennen, kurz von etwas sprechen ... 2. (urkundlich) nennen, anführen: die Stadt wurde um 1000 erstmals erwähnt. - Das ist m. E. nicht richtig. Im Duden-Universalwörterbuch heißt es ohne die Numerierung und daher unverfänglicher: "[beiläufig] nennen, kurz von etw. sprechen: etwas nur beiläufig e.; er hat dich namentlich erwähnt; ich vergaß zu e., dass sie ihn verlassen hat; der Ort wird im 9. Jh. zuerst erwähnt (urkundlich genannt); die eben, schon, oben erwähnten Personen; wie oben erwähnt, war er zu dieser Zeit bereits abgereist."
Das dtv-Wahrig-Universalwörterbuch hat: "1. beiläufig ansprechen, 2. urkundlich nennen: die Stadt wird erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt".
Die Urkundlichkeit ist aber unwesentlich; wenn ein Ort im Mittelalter erwähnt wird, dann ist der betreffende Text automatisch ein Denkmal oder eben eine "Urkunde" im philologischen Sinn, nicht im verwaltungstechnischen oder juristischen. Es kann also durchaus auch eine Dichtung sein.
Ähnlich könnte man sagen, daß die "Beiläufigkeit" sich nur nebenbei ergibt, weil man von einem Text, der einen bestimmten Gegenstand ausdrücklich behandelt, nicht ohne weiteres sagen würde, daß er ihn "erwähne" (= nenne). Nur in bezug auf den Hauptgegenstand erscheinen alle anderen Gegenstände als lediglich "erwähnt". Aber "nennen" hätte denselben Effekt, ohne daß Beiläufigkeit zu den konstitutiven Inhaltsmomenten von "nennen" gerechnet würde. (Kenner werden hier vielleicht die Gricesche Maxime der Quantität heranziehen ...)

Die Ausspracheangaben müßten überprüft werden. Daß zum Beispiel in der Mitte jener Leidtragenden ein doppeltes [tt] gesprochen wird, scheint mir unrealistisch.

Auf dem Einband des Werkes werden 18.500 Stichwörter angekündigt, im Vorwort ist aber nur noch von 17.000 die Rede.

– geändert durch Theodor Ickler am 28.11.2002, 06.08 –
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 25.11.2002 um 16.31

„Unlernbarbarkeit“ reicht wohl nicht als einzige Erklärung. Ich kann mir gut vorstellen, daß den Lektoren das ganze so weit zum Hals heraushängt, daß sie ein solches Ergebnis auch ein wenig witzig finden.
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Detlef Lindenthal


eingetragen von Theodor Ickler am 25.11.2002 um 15.29

Es ist zwar bekannt, daß die Dudenredaktion besondere Schwierigkeiten mit der neuen Rechtschreibung hat, aber das neueste Buch aus diesem Hause überrascht denn doch ein wenig. Ich habe nur einen Teil gelesen:

Hoberg, Rudolf (Hg.): Deutsch - Englisch - Europäisch. Mannheim 2002 (Duden Thema Deutsch, Band 3; hg. von der Dudenredaktion und der GfdS.)

(Auch die Beiträge der Reformgegner Ehlich und Weinrich sind in Reformschreibung umgesetzt. Die Umwandlung von selbständig in selbstständig - so noch in der Dudengrammatik - ist wieder aufgegeben worden, letzteres findet man gar nicht mehr.)


das zeitraubende Geschäft (8, entspricht RS-Duden 2000 - aber wieso?)
es ist nahe liegend (9)
weitreichend (11, DUW nur so, RS-Duden beides) - weit reichend (13 u. ö.)
mit keiner anderen, bekannten Sprache verwandt (24)
Deutsch-Sprachige (26, mehrmals)
soviel wert, wie ... (39)
im einzelnen (41)
Prima-vista-Plausibilität (47, 53)
los lässt (54)
dafür zu begeistern die deutsche Sprache zu lernen (54)
letztere (58)
gleich gesetzt (58)
die Einsichten der Kontakt bezogenen Sprachbeschreibung (63)
letzteres (67)
wo eine Förderung Erfolg versprechend ist (71)
läßt (76)
folgendes (78)
zuhause (80)
reinzuhalten (86)
bewußte (87)
muß (94)
im übrigen (94)
ehrfurchtgebietendes (99; nach Duden 2000 auch zulässig, nach amtlichem Regelwerk nicht)
zu eigen machen (103)
Chri-stianisierung (112)
exi-stieren (113)
des Matthäus Evangeliums (113)
in bezug auf (115)
Teil haben (115)
in Folge dieser Entwicklung (117)
den 100 Jährigen Krieg (119)
wieder gewann (119)
ein Englischlernender (120 u. ö.)
verlorengegangen (121)
schwachbetont (125)
ähnliches (132)
fünf Matthäus Verse (134)
alleingültige (135)
zurückberufen (141)
großen Teils (143)
aufrecht erhalten (145)
neugegründeten (146)
dem Prestige befrachteten Begriff (152)
zurecht (154, zu Recht)
besorgniserregend (156; s. zu ehrfurchtgebietend!)
im wesentlichen (160, 161, 165 zweimal)
prestigemässig (160)
kontra-stiert (166)
auseinanderzusetzen (167)
aussen (168)
als erstes (186)
um so (187)
letztere (199)
im allgemeinen, im besonderen (201)
folgendes (203)
neugeprägt (206 zweimal)
im folgenden (207)
nahelegen (207)
allgemeinverständliche (220)
allgemeingültig (221)
ersteres (224)
im nachhinein (238)
aufrecht zu erhalten (243)
Deutschlernende (244 mehrmals)
auseinandersetzen (248)
alles davon abweichende (252)
das eigene (252)
anfang der 80er Jahre (253)

Außerdem:
Weltmaßtab (18)
Dictionnary (53)
Jean Monet (67)
zunehmende durchsetzen (84, zunehmend)
Versalklammer (89, Verbalklammer)
la (125, las)
etwa (134, etwas)
(S. 140 ist zweimal dieselbe Graphik abgedruckt)
die die (146)
(S. 157 fehlen einige Kursivierungen)
in weit verzeigt (159 u. statt: ist)
spra-chökologisch (160)
Erfog (213)
Diphtonge (225 zweimal)
(S. 236 falsche Abgrenzung der Sätze: ... bringen sozusagen ihren Namen. Mit in ...)

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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 21.11.2002 um 11.31

Nachdem wir uns vor einem Jahr durch zahllose Tests einen Scherz mit dem Duden-Korrektor erlaubt haben und dessen mangelhafte Qualität deutlich geworden ist, hat die Dudenredaktion den On-line-Korrektor abgeschaltet.
Auf der Homepage des Dudenverlags wird nun schon die zweite Version des Korrektors angekündigt, die im Dezember erscheinen soll. Lassen wir uns überraschen ...
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Christian Dörner


eingetragen von Christian Dörner am 20.11.2002 um 23.31

In der Duden-Grammatik von 1984 steht manchmal im folgenden, manchmal im Folgenden.
In der 5. Auflage (1995, ebenfalls in alter Rechtschreibung) hat man die Fälle, wo im folgenden stand, durchgängig zu im Folgenden korrigiert. Damit ist klar, daß es sich bei der Großschreibung um Absicht handelte.
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Christian Dörner


eingetragen von Reinhard Markner am 20.11.2002 um 23.24

In einem Kapitel der Duden-Grammatik 1984 (von Hermann Gelhaus) stoße ich zu meiner Überraschung auf die Schreibung im Folgenden (S. 156). Im Mannheimer Duden von 1973 galt gerade diese Wendung als ein Paradebeispiel für R 134, und ich nehme stark an, daß auch die folgenden Auflagen bis 1991 noch eindeutig die Kleinschreibung forderten (die allerdings in der Praxis nie alleinherrschend war). Erstaunlich, daß der Herausgeber Günter Drosdowski diesen Fehler nicht bemerkt hat.


eingetragen von Theodor Ickler am 01.10.2002 um 14.05

Grosse, Siegfried: Fremde deutsche Wörter. Rede anlässlich der Verleihung des Konrad-Duden-Preises der Stadt Mannheim am 15. Mai 2000. Dudenverlag Mannheim 2000.

ein 30-jähriger, einem 73-jährigen
Wörter von Verständnis erschwerender Art
gleichbleibend
assymetrisch
ebensowenig
zugrundeliegende
North Atlantic Treaty Organisation
aku-stisch
Leser-innen

Das letzte Wort des Vortrages ist kennenzulernen

Zweifelhaft ist Sidestep.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.09.2002 um 06.55

natürlich in jedem Wörterbuch mehr, was man nicht findet, als man findet, was man findet. Ich glaube aber, daß die Dudenleute, wenn man ihnen meine 26 Wörter auf den Tisch legt, durchweg meinen würden, das gehöre alles hinein und sei nur vergessen worden.
Vom Bertelsmann-Wahrig habe ich ja schon gezeigt, daß die Stichwortauswahl nicht wirklich auf dem automatisch ausgewerteten Korpus beruhen kann. Der neue dtv-Wahrig ist in dieser Hinsicht etwas vollständiger.
Da ich gerade vier Wochen auf meiner ostfriesischen Insel verbracht und dabei täglich drei Stunden auf dem Laptop am Wörterbuch gearbeitet habe, kam mir natürlich besonders oft der Gedanke, wie es wohl mit den regionalen, insbesondere nautischen Wörtern zu halten sei. Unlösbares Problem. Das meiste österreichische und schweizerische Wortgut habe ich weggelassen oder rausgeschmissen. Sollen doch die Älpler ihr eigenes Wörterbuch machen! (Vom germanistischen Standpunkt ist dies natürlich nicht zu rechtfertigen.)

Übrigens ist in Wörterbüchern, die sich nicht einmal vom völlig irren schneeerhellt trennen können, reichlich Platz für Wichtigeres!
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Th. Ickler


eingetragen von Detlef Lindenthal am 13.09.2002 um 21.42

10 von den 26 Wörtern kenne ich; drei weitere habe ich mal gehört, weiß aber nicht, was sie bedeuten.

Ja, Wörter gibt es viele; z.B.:
Sprock, (Bug-)Spriet, Spreite, Sprengel, Spriegel; kennt jeder diese schönen (vorwiegend wohl deutschen) Wörter?
Sprock steht nicht im Duden; vielleicht ist es norddeutsch.

Jene 26 Wörter habe ich unter Deutsches-Woerterbuch.de eben eingetragen; ab sofort kann jeder dort Wörter sammeln (oder mir nach detlef@lindenthal.com zusenden, dann trage ich sie ein); die Technik ist zwar weitestgehend einsatzfähig, aber alles andere als schön. Vielleicht habe ich das Wörterbuch in ein, zwei Monaten hübscher gemacht.


eingetragen von Theodor Ickler am 13.09.2002 um 04.32

Im Duden Universalwörterbuch fehlen meiner Ansicht nach folgende Stichwörter (Teilstrecke):

Diatret, Diatomee, Diptam, disjunkt, Disjunktion, Dronte, effeminiert, Embonpoint, emendieren, Entourage, Ephebe, Ephemeriden, erstaufführen, faszinieren, Feldscher, finassieren, Fluke, Fraktal, Fritfliege, Galimathias, Gamelan, Gelichter, Geßlerhut, Gestus, Hahnrei, Haiku

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2002 um 13.59

Wie anderswo gezeigt, hat das Duden-Universalwörterbuch rund 4.700 weibliche Personenbezeichnungen aufgenommen, von denen viele nicht in der Belegkartei vorhanden, sondern um der Political Correctness willen erfunden worden sein dürften. Das glaube ich zum Beispiel von Agioteurin, Buhruferin, Dicktuerin, Einschmeichlerin, Grimassenschneiderin. Natürlich kann man solche Wörter bilden, aber das gehört in die Wortbildungslehre. Ein Wörterbuch darf nur tatsächlich Gefundenes verzeichnen. Mancher wird vielleicht denken: Schadet ja nichts! - Aber es schadet sehr wohl, erstens, weil solche manipulierten Wörterbücher kein wahrheitsgemäßes Bild der Sprache mehr geben, und zweitens, weil die lexikographische Moral dadurch genauso grundsätzlich untergraben wird wie durch die dudenspezifische Verfälschung der Belege im Zehnbänder!
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Th. Ickler


eingetragen von Jörg Metes am 16.07.2002 um 17.29

Der Duden-Newsletter vom 12.7.02 erklärt also eine der besonders folgenreichen Neuregelungen für ungültig.
Die Neuregelung läßt zur Getrenntschreibung von Angst einflößend, Wasser abweisend, Zeit sparend etc. keine Alternative zu. § 34 E3(5) verlangt die Getrenntschreibung. § 36 verlangt sie ebenfalls (§ 36 E1 sagt ausdrücklich: In den Fällen, die nicht durch § 36(1) bis (6) geregelt sind, schreibt man getrennt.). Das Wörterverzeichnis schließlich beharrt noch einmal auf ihr (am Beispiel von Furcht einflößend).
Sowohl die Tatsache, daß der "Duden-Newsletter" das Regelwerk hier einfach ignoriert, als auch die Unschuldsmiene, mit der er es tut, sind bemerkenswert.
Der Duden ist der Meinung, daß das amtliche Regelwerk der neuen deutschen Rechtschreibung nicht mehr gilt. Es ist eines der stärksten Argumente, die man nur anführen kann. Immer mehr stellt sich heraus: Es gibt überhaupt keine neue Rechtschreibung, es gibt nur ein paar neue Fehler.
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Jörg Metes


eingetragen von Theodor Ickler am 12.07.2002 um 02.49

Aus dem neuesten Duden-Newsletter (12.7.2002):

Verbindungen aus Substantiv plus Adjektiv/Partizip

Zusammensetzungen aus Substantiv plus Partizip oder Adjektiv lassen sich häufig als verkürzte Wortgruppen erklären, bei denen etwa ein Artikel oder eine Präposition eingespart wurde. Verbindungen wie "hitzebeständig", "butterweich" oder "freudestrahlend" stehen für "beständig gegen Hitze", "weich wie Butter" und "strahlend vor Freude". Solche verkürzten Zusammensetzungen werden generell klein- und zusammengeschrieben. Haben wir jedoch das Vergnügen mit Verbindungen, bei denen nichts eingespart wurde, wie etwa "Laub tragend" ("ein Baum trägt Laub" funktioniert ohne Artikel o. Ä., aber nicht "er strahlt Freude"), "Angst einflößend", "Wasser abweisend" u. a., ist darauf zu achten, ob sich eine derartige Kombination in irgendeiner Form steigern oder erweitern ließe. Bei den Beispielen "Angst einflößend" ("'Hannibal' war ja noch angsteinflößender als 'Das Schweigen der Lämmer'") und "Wasser abweisend" ("ein besonders wasserabweisendes Material") ist das durchaus denkbar. In solchen Fällen sind je nach Situation beide Schreibweisen korrekt. Es gilt: Wird das Substantiv durch ein Adjektiv näher bestimmt, muss getrennt geschrieben werden ("ein viel Zeit sparendes Verfahren"), wird die Verbindung insgesamt gesteigert oder durch ein Adverb erweitert, ist die Zusammenschreibung korrekt ("ein sehr zeitsparendes Verfahren" oder "ein zeitsparenderes Verfahren").
Ist weder das eine noch das andere der Fall, hat man die freie Wahl zwischen Zusammen- und Getrenntschreibung.

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Ich kann im amtlichen Regelwerk keine Grundlage für diese Interpretation erkennen. Die Argumente stammen aus der Reformkritik. Dabei fehlt allerdings noch die Einschränkung bei prädikativem Gebrauch. Erst der dritte Bericht der Rechtschreibkommission stellt Überlegungen zu diesem Bereich an.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 29.06.2002 um 04.19

Auch der neueste "Newsletter" von Duden behandelt - wie seit langem - keine Rechtschreibfragen. Offenbar sieht man keine Möglichkeit mehr, ohne neue Offenbarungen der Rechtschreibkommission dazu noch irgend etwas zu sagen, obwohl das Publikum vom Duden doch gerade dies erwartet.
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Th. Ickler


eingetragen von Norbert Schäbler am 24.06.2002 um 17.39

Mon Signore Lachenmann!

Es geht doch gar nicht mehr um Akut oder nicht Akut, sondern um unsere allseits geliebte Unterscheidungsschreibung.

Wollen wir:
Grave?
Graph?
Oder
Graf?

Nous voulons tous! Nous voulons maoam !

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nos


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.06.2002 um 21.15

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Reinhard Markner
Sehr vrai !

Vraiment?

Nach meiner Erinnerung hört sich das im Pariser Französischen an wie »adjööh«, Betonung und Dehnung hinten, und im Jura und der Westschweiz wie »àddjö'«, Betonung vorne, und hinten ein fast in sich zusammenfallendes, knappes ö, etwa eine Terz oder Quarte tiefer angeschlagen.

Nun ade, du mein lieb Heimatland!
Ohne Akut!
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Walter Lachenmann


eingetragen von Reinhard Markner am 23.06.2002 um 19.25

Sehr vrai !


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.06.2002 um 17.05

Ergo "àde", weil von "à dieu" (es sei denn, man wollte das Wörtchen einteutschen).
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nos


eingetragen von Reinhard Markner am 23.06.2002 um 16.19

Daher kommt's ja, die unteutsche Betonung auf der zweiten Silbe eingeschlossen.


eingetragen von Norbert Schäbler am 23.06.2002 um 15.27

Wie wär's mit "adieu", der französischen Variante zu "Pfüat Gott"?
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nos


eingetragen von Ruth Salber-Buchmüller am 23.06.2002 um 14.24

Ich habe sieben Jahre im
Schwarzwald gelebt.
Zumindest zu jener Zeit
gab es einzig und allein nur "addeh",
eben auf der ersten Silbe betont.

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Ruth Salber-Buchmueller


eingetragen von Walter Lachenmann am 23.06.2002 um 13.33

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Wolfgang Wrase
... schreibt man fast im Deutschen fast immer ohne Akzent, siehe Google, Ickler, Duden. Ich sage mal: ohne Akzent, weil wir dabei nichts Französisches im Sinn haben und weil es kein vorne betontes "ade" gibt, von dem es eine Abgrenzung geben müßte.

Irrtum. Ein vorne betontes »ade« gibt es, wie Herr Reimers sehr richtig feststellte, durchaus, und zwar im alemannischen Raum (Südwürttemberg, Südbaden, Schweiz), verschriftlicht müßte es etwa so aussehen: »addeh« (-le) (vorne betont, hinten gedehnt). Ist für orthographische Abgrenzungen wohl tatsächlich belanglos, aber »geben« tut es das schon.
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Walter Lachenmann


eingetragen von Reinhard Markner am 23.06.2002 um 13.22

Heinsius (1818) hat noch »adé«, Grimm schon nicht mehr.


eingetragen von Wolfgang Wrase am 23.06.2002 um 08.14

... schreibt man fast im Deutschen fast immer ohne Akzent, siehe Google, Ickler, Duden. Ich sage mal: ohne Akzent, weil wir dabei nichts Französisches im Sinn haben und weil es kein vorne betontes "ade" gibt, von dem es eine Abgrenzung geben müßte.


eingetragen von Martin Reimers am 23.06.2002 um 07.57

Dann ist es ja im Südbadischen genau so. Solche Allerweltsworte wie "ade" oder eben auch "adele" würden sich dort mit so einer aristokratischen Kopfbedeckung recht merkwürdig ausmachen. Sie werden ja auch jeweils auf der ersten Silbe betont, was die Gäste aus dem Norden manchmal ziemlich ulkig finden.
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Martin Reimers


eingetragen von Theodor Ickler am 23.06.2002 um 06.48

Woher kommt überhaupt die sinnlose Überschrift "Metzler ade"? Ich erinnere mich nicht, sie über diesen Beitrag zum Duden (!) gesetzt zu haben. Gespenstisch. Gestern abend habe ich allerdings an einem andern PC gesessen, vielleicht spinnt der.
Übrigens schreibt man ade hier in Mittelfranken oft ohne Akzentzeichen und benutzt am liebsten die Verkleinerungsform adele. Daran habe ich mich auch erst gewöhnen müssen.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 22.06.2002 um 20.25

Wer schreibt eigentlich adé ohne Akut ?


eingetragen von Theodor Ickler am 22.06.2002 um 18.07

Das zehnbändige Dudenwörterbuch wird schon wieder als Sonderausgabe verhökert (199 Euro). Wahrscheinlich kommt bald eine Neubearbeitung heraus, und wir dürfen gespannt sein, ob die vielen Fehler und der unsägliche Umgang mit den Quellen korrigiert werden.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 17.05.2002 um 13.36

Weiter ist interessant, daß die Neubearbeitung des Duden-Universalwörterbuchs (4. Aufl., 2001) die bisherige Schreibung statt dessen wieder uneingeschränkt zuläßt und damit die allzu subtile Unterscheidungspflicht zwischen stattdessen und statt dessen, wie sie im amtlichen Wörterverzeichnis sowie im neuesten Rechtschreibduden zu finden ist, wiederaufhebt.
Auf S. 1508 finden wir im neuen DUW folgenden Eintrag:

»statt|des|sen, (auch:) statt des|sen [Adv.]: die Party fällt aus – wollen wir s. ins Kino gehen?«

Der Rückbau schreitet unaufhaltsam fort.
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Christian Dörner


eingetragen von Martin Reimers am 16.05.2002 um 23.30

Sehr amüsant und auch verdienstvoll, wie Herr Dörner die unsägliche Quälerei nachzeichnet, der die Duden-Redaktion sich selbst ausgesetzt hat.
Hat es früher im Duden eigentlich so absurde Formulierungen gegeben wie "noch zufriedenstellender"? Ich denke, das klingt genau so überzeugend wie "äußerst mittelmäßig" oder "überaus durchschnittlich".

Besonders perfide scheint mir die Taktik des Dudens, wenn die alten Schreibungen völlig verzerrt dargestellt werden. Die Abschaffung von "ebensowenig" (= gar nicht) zugunsten von "eben so wenig" (= wenig) wird durch folgenden Beispielsatz gerechtfertigt:

"Er aß ebenso wenig wie sie (alte Schreibung: ebensowenig)."

Für wie dumm halten diese Leute eigentlich ihre Leser?

(Ich zitiere aus dem Gedächnis - in dem Beispielsatz aus dem entsprechenden Kasten sind "er" und "sie"
möglicherweise vertauscht.



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Martin Reimers


eingetragen von Christian Dörner am 14.05.2002 um 23.58

Ein weiteres schönes Beispiel kann man auf Seite 1105 des alten Duden-Universalwörterbuchs (2. Aufl., 1989) finden, und zwar im Eintrag zu Ordnung:
»[...] in O. kommen (ugs.; [wieder] in einen ordentlichen, zufriedenstellenden Zustand gebracht werden)«. (Hervorhebung hinzugefügt)
In der Neubearbeitung (4. Aufl., 2001) ist die Wendung in Ordnung kommen aus dem Eintrag zu Ordnung komplett entfernt worden.
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Christian Dörner


eingetragen von Christian Dörner am 11.05.2002 um 21.41

Blättert man im alten Duden-Universalwörterbuch von 1989, so fällt auf, daß die Dudenredaktion in ihrer eigenen Beschreibungssprache des öfteren zusammengesetzte Wörter verwendet, die es nach der Reform nicht mehr gibt. Selbstverständlich ist nun interessant, ob die Redaktion die entsprechenden Einträge einfach in Neuschreibung umwandelt oder das Dilemma aufgrund elementargrammatischer Einsichten umschifft und anderweitig löst.

Zwei Methoden werden von der Dudenredaktion besonders gern angewendet:

Methode 1: Man entfernt den ganzen Eintrag inklusive der Beschreibung aus dem Wörterbuch.

Beispiel:
Auf S. 296 im Duden-Universalwörterbuch (2. Aufl., 1989) findet man folgenden Eintrag:
»Bür|zel|drü|se, die (Zool.): auf der Rückenseite des Bürzels sitzende Drüse, die ein ölartiges Sekret ausscheidet, das der Vogel mit dem Schnabel im Gefieder verteilt, um das Gefieder wasserabstoßend zu machen.« (Hervorhebung hinzugefügt)
In der Neubearbeitung (4. Aufl., 2001) gibt es diesen Eintrag nicht mehr. Das Wort Bürzeldrüse ist also aus der deutschen Sprache verschwunden, weil man kein Synonym für wasserabstoßend fand.

Methode 2: Man kann oder möchte den Eintrag auf keinen Fall entfernen und ersetzt das jetzt problematische Wort durch ein gleichbedeutendes oder zumindest halbwegs passendes.

Beispiel:
Auf S. 857 findet sich im alten Duden-Universalwörterbuch (2. Aufl., 1989) folgender Eintrag:
»Koh|le, die; [...] 3. (salopp) Geld: die -n verdienen müssen; Hauptsache, die -n stimmen (die Bezahlung ist zufriedenstellend).« (Hervorhebung hinzugefügt)
12 Jahre später gibt es das Wort zufriedenstellend nicht mehr. Die Getrenntschreibung wäre aber grammatisch falsch. Was also tun?
Auf S. 922 der Neubearbeitung (4. Aufl., 2001) ist der Eintrag wie folgt verändert worden:
»[...] Hauptsache, die -n stimmen (die Bezahlung ist erwartungsgemäß)

Das neue Universalwörterbuch enthält im übrigen auch viel weniger Einträge als das alte. Gleich unter diesem Eintrag hat man z. B. Kohlebenzin und Kohlebürste aus dem Wörterbuch entfernt.
Aber die Tilgung zahlreicher wichtiger Wörter war schließlich nicht nur aus grammatischen, sondern auch aus politischen Gründen unerläßlich, um Platz für so wichtige und orthographisch höchst problematische Einträge wie Nürnbergerin oder Sofioterin zu schaffen ...
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 05.05.2002 um 12.38

Wie der Dudenverlag gerade mitteilt, wird im Newsletter im Juni die 22. Auflage des Rechtschreibwörterbuchs vorgestellt. Trotzdem rechne ich damit, daß eine veränderte Auflage oder Ausgabe noch in diesem Jahr erscheint. Man kann Bertelsmann die Geschäftsidee Rechtschreibreform nicht allein überlassen.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 03.05.2002 um 03.15

aber es kann auch sein, daß gewisse Änderungen stillschweigend vorgenommen werden. So ist auch die Grammatik, immer noch in 6. Auflage, "korrigiert" worden, zum Beispiel, was das Malheur mit dem leeren Verweis von sogenannt betrifft. Ich kaufe aber nicht alle Ausgaben und habe daher auch diese nicht näher untersucht. Wir werden aufpassen. Ich glaube, wenn Bertelsmann mit Neuerungen herauskommt, kann Duden nicht zu lange warten. Zumindest die Stellen, deren Änderung der dritte Bericht anmahnt, dürften "korrigiert" werden.
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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 02.05.2002 um 22.04

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der neuen Duden-Homepage entnehme ich, daß im Juni der neue Rechtschreibduden erscheint. Das war zu erwarten.

Also wie es aussieht, stellt die Dudenredaktion ihren Rechtschreibduden aus dem Jahr 2000 nur erneut vor, da sie dies damals auf ihrer alten Homepage nicht tat. Mit der 23. Auflage ist vor 2003 wohl eher nicht zu rechnen.
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 02.05.2002 um 17.40

Der Duden-Newsletter behandelt seit einiger Zeit keine Rechtschreibfragen mehr, nur noch Grammatisches, Etymologisches usw. Wahrscheinlich weiß man nun selbst nicht mehr, wo es langgeht.

Der neuen Duden-Homepage entnehme ich, daß im Juni der neue Rechtschreibduden erscheint. Das war zu erwarten.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.04.2002 um 02.55

Das "Trendbüro", das für Duden das Szenedeutsch-Wörterbuch gemacht hat, lädt zum Siebten Deutschen Trendtag ein. "Keynote-Speaker" ist Peter Sloterdijk. Wie immer spricht auch Norbert Bolz wieder. Das Thema ist "Sofortvertrauen":

"Menschen fordern Verlässlichkeit - privat wie geschäftlich. Sie wollen vertrauen können. Doch wie gewinnen Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden, wenn auf nichts mehr Verlass ist?"

"Die Kinder der digitalen Revolution wünschen sich dauerhafte Beziehungen. Gleichzeitig sind sie rastlose Nomaden. Der neue Lifestyle, der Markt von morgen, heißt daher Commitment."

Sofortvertrauen wird als "die neue Moral der Netzwerkkinder" bezeichnet, es ist aber zugleich der Schlüssel der Konsumentenbindung. Diese Identität von Moral und Kaufverhalten ist der Kern der "Philosophie" von Bolz usw., die seit einigen Jahren vom Trendbüro verbreitet wird.

(Anzeige in der FAZ Sonntagszeitung vom 14.4.2002)

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Th. Ickler


eingetragen von Dominik Schumacher am 19.03.2002 um 23.53

Aus einer Duden-Korrektor-Werbung
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Absender: Sabine.Kaiser@bifab.de
Mittwoch, 16. Jan. 2002, 12:02:02 +0100


Das neue Service-Pack 1 zum >Duden-Korrektor< ist verfügbar!

Hinweise zu Verbesserungen und dem kostenlosen Download finden Sie auf
http://www.duden.de/servicepack.


Ihr Duden-Korrektor-Team
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Dominik Schumacher

übrigens heiße ich wirklich Norbert Lindenthal


eingetragen von J.-M. Wagner am 19.02.2002 um 15.39

Auf meine ursprünglichen Frage nach einem Beleg für die Aussage, die Zwischenstaatliche Rechtschreibkommission arbeite weiterhin Änderungen aus, welche aber nur als "Klarstellungen" etc. ausgegeben werden, antwortete Herr Ickler:

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Zu letzterem: "Ein Duden-Redakteur gibt Auskunft" (Regelungsgewalt S. 103).
Heute habe ich mir dieses Buch gekauft; nicht nur seine Dicke ist beeindruckend! Zu meiner Frage und der Antwort nun folgende Abschrift aus: »Regelungsgewalt« von Th. Ickler (Leibniz-Verlag St. Goar, 2001; hier: S. 103f - Sie gestatten doch, Herr Ickler?):

Werner Scholze-Stubenrecht, der stellvertretende Leiter der Dudenredaktion, schreibt unter dem Titel "Das morphematische Prinzip in der Umsetzung der Reform" (Sprachwissenschaft 2/2000, Hervorhebungen hinzugefügt):

Zitat:
Die Dudenredaktion versucht seit 1996, bei der Umsetzung der Reform drei Grunsätzen gerecht zu werden:

1. Die amtliche Regelung ist strikt zu befolgen, und zwar ihrem Wortlaut nach.
(...)
Die Dudenredaktion ist nur wenig geneigt, in den Dudenwerken etwas zu verwirklichen, was im Gespräch mit einzelnen Mitgliedern der Kommission von diesen als das mit den Regeln eigentlich Gemeinte beschrieben wurde, solange das sich aus dem Wortlaut der Regeln nicht ablesen lässt. Wir sind der Meinung, dass das Regelwerk in seiner vorliegenden Ausformulierung maßgebend sein muss, denn nur auf einer solchen Grundlage lassen sich zum Beispiel über Schulnoten entscheidende Fragen mit der nötigen Verbindlichkeit klären.

2. In Zweifelsfällen ist den Empfehlungen der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung zu folgen, soweit solche vorliegen.
Dieses Prinzip konnte naturgemäß erst seit dem 25. März 1997 befolgt werden, da es die Kommission vorher (also auch in der Zeit, als die 21. Auflage der Dudenrechtschreibung bearbeitet wurde) noch nicht gab. Auch heute kann die Kommission nicht als beliebig abfragbare Auskunftsstelle für das lexikographische Tagesgeschäft angesehen werden, da sie nur in mehrmonatigen Abständen zusammentritt und dabei auch nicht ad hoc die verschiedensten Problemfälle abarbeiten kann. Deshalb berät sich die Dudenredaktion sporadisch mit einzelnen kommissionsmitgliedern oder anderen Linguisten, natürlich unter dem Vorbehalt, dass in grundsätzlichen Fragen der Gesamtkommisson nicht vorgegriffen wird, deren Entscheidungen nicht vorweggenommen werden kann. Was hingegen von der Kommission selbst als verbindlich oder als Empfehlung verabschiedet wurde, wird von der Dudenredaktion als ebenso maßgeblich wie das amtliche Regelwerk angesehen.

3. Der Umgang mit Schreibvarianten wird werkspezifisch geregelt.

(...) Unklar bleibe, was "Zitatwörter" sind und was als "fachsprachlich" von der Reform ausgenommen ist. Er beklagt die unscharfe Formulierung über Wörter, "die sich aufeinander beziehen lassen" und fährt dann fort:

Zitat:
So kann man allein dem amtlichen Wörterverzeichnis entnehmen, dass die Beziehungskette Nummer - nummerieren nicht weitergeführt werden soll zu Numero und Numerale, die von vielen Sprachteilhabern sicher als nicht allzu weit entfernt von Nummer angesehen werden dürften. Es zeigt sich an diesem Beispiel, dass es für die lexikographische Umsetzung der Reform unbedingt ratsam ist, zunächst das amtliche Wörterverzeichnis vollständig abzuarbeiten und erst bei den hier nicht verzeichneten Stichwörtern mit Regelannwendungen
zu arbeiten.
Zur Worttrennung führt er u. a. aus:

Zitat:
Um eine gewisse Einheitlichkeit in den Wörterbüchern vorzubereiten, wurde vor zwei Jahren in Zusammenarbeit mit Vertretern der Zwischenstaatlichen Kommission für Rechtschreibung eine inoffizielle Liste von ca. 60 Seiten Umfang erstellt, in der die wichtigsten in diesem Punkt zweifelhaften Wörter mit vereinbarten Trennstellen gesammelt sind.

Schlussbemerkung:
(...)
Es hat sich gezeigt, dass sowohl die Schwächung des morphematischen Prinzips, etwa zugunsten der Fremdwortintegration oder der syllabierungsgerechten Worttrennung, zu neuer Schreibunsicherheit führen kann, als auch seine Stärkung, etwa bei der Schreibung stammverwandter Wörter oder bei der Unterscheidung zwischen Wortgruppe und Zusammensetzung.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.02.2002 um 18.33

Nach bisheriger Rechtschreibung gibt es, je nach syntaktischen Erfordernissen, "Besorgnis erregend" und "besorgniserregend", laut amtlicher Neuregelung nur "Besorgnis erregend", laut revidierter Neuregelung (angeblich nur Klarstelung der amtlichen Regel) "Besorgnis erregend" und "besorgniserregend", genau wie vorher. Also was bedeutet das Sternchen?
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 16.02.2002 um 18.17

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Fragen Sie ihn nur! Was bedeutet das Sternchen bei "Besorgnis erregend"?
Hm, "ja aber": Besorgnis erregend ist doch Neuschrieb - was sollte er mir da groß drauf antworten, früge ich ihn nach dem Sternchen daran? Es iat ja nicht einmal wie in anderen Fällen, wo die bei der Zusammenziehung weggefallene Präposition (oder ein Pronomen) nicht wieder auftaucht (was man an jener Stelle mit einer gewissen Häme anmerken könnte).

Zitat:
Näheres jetzt in meinem gerade entstehenden Kommentar zum dritten Bericht.
Ihre ersten Kommentare habe ich gerade überflogen; insbesondere die Zitate aus dem (vorläufigen) Original sind ja wirklich kleine "Offenbarungen". Die Anmerkungen zu den quasi irreführenden Sternchen sind mir gleich aufgefallen, besonderen Dank für diese konkreten Hinweise!
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 16.02.2002 um 16.04

Fragen Sie ihn nur! Was bedeutet das Sternchen bei "Besorgnis erregend"?

Näheres jetzt in meinem gerade entstehenden Kommentar zum dritten Bericht.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 16.02.2002 um 15.31

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Der amtliche Text durfte noch nicht geändert werden, die Änderungen werden daher mit dem betrügerischen Etikett der "Klarstellung" usw. versehen, das kennen wir seit der Mannheimer Anhörung.
Es kommt noch ein neues Etikett dazu, das von "Tarnung" so weit entfernt ist wie ein Tanga von einem Badeanzug: »Die folgende Aufstellung bietet eine repräsentative Übersicht über die infolge der Liberalisierungen der Rechtschreibreform vermehrt möglichen orthographischen Varianten des deutschen Gebrauchswortschatzes sowie verschiedener Fachbegriffe.« (Vorbemerkung zur Variantenliste bei Bertelsmann)

Halt, da habe ich mich wohl zu früh gefreut; es waren bestimmt die Liberalisierungen infolge der Rechtschreibreform gemeint - aber so, wie es dasteht, kann man durchaus an etwas ganz anderes denken ... was natürlich nur an einer Verwechslung von subjektivischem und objektivischem Genitiv liegt. Allerdings lassen sich eventuelle zukünftige Änderungen leicht darunter subsummieren, ohne daß das dann großartig auffällt. Ob man wohl einmal eine "Sicherheitskopie" der jetzigen Netzseiten anlegen sollte?

Zitat:
Tatsache ist, daß die Regeln geändert worden sind, so daß manches Sternchen seinen Sinn verloren hat. (DANACH sollte man Heller fragen; mir antwortet er schon lange nicht mehr.)
Meinen Sie z. B. solche Sternchen, die im Fall von orthographischen Varianten bei der Nebenvariante anzutreffen sind (wie z. B. bei »Panther Hv.; Panter* Nv.«), oder meinen Sie solche, die bei einem neuschreiblich auseinandergeschriebenen Adjektiv stehen, das in der Steigerungsform wieder zusammenzuschreiben ist, oder noch etwas anderes? Haben diese Sternchen ihren Sinn nur bezüglich der insgeheim nachgebesserten Regeln verloren, oder auch bezüglich der offiziellen 1996er Version?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 01.02.2002 um 05.23

Zu letzterem: "Ein Duden-Redakteur gibt Auskunft" (Regelungsgewalt S. 103).

Vieles weitere, wonach Sie fragen, hier auf den Rechtschreibseiten, allerdings nicht immer auf Anhieb zu finden. Die Duden- und Bertelsmannrezensionen aus meiner Feder belegen hinreichend die Änderungen von 1999/2000, das kann auch jeder nachprüfen.

Vom Duden soll es einen wiederum veränderten Nachdruck 2001 geben, den habe ich aber noch nicht durchgesehen. Zu dumm, daß man ständig Geld für diesen Unsinn ausgeben muß, den man ja eigentlich durch Nichtkaufen strafen sollte.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 31.01.2002 um 15.06

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Tatsache ist, daß die Regeln geändert worden sind, so daß manches Sternchen seinen Sinn verloren hat. (DANACH sollte man Heller fragen; mir antwortet er schon lange nicht mehr.)
Dann müßte man in der Lage sein, in den neuesten Wörterbüchern von Duden und Bertelsmann Einträge zu finden, die dem 1996er Regelwerk widersprechen. Oder wurden nur einzelne Schreibungen korrigiert, die nicht im amtlichen Wörterverzeichnis festgelegt waren? Kurz: Wie offensichtlich sind die Widersprüche, so daß man von "Lügen" sprechen kann?
(Einen Teil von den - beabsichtigten oder schon gültigen? - Änderungen kann man ja unter "Keine 'Reform der Reform'" nachlesen. - Interessanterweise steht dieser, im März 1998 erschienene Text von Klaus Heller bei den "Diskussionsbeiträgen", und parallel dazu gibt es unter den Mitteilungen der Zwischenstaatlichen Kommission eine "Stellungnahme der Zwischenstaatlichen Kommission [...]" von Augst und Heller mit dem Titel "Keine Reform der Reform", vom 25. Juli 200 - bitte nicht verwechseln!)

Ich glaube Ihnen das gern, aber wenn ich mit Freunden diskutiere, die von der Reform als etwas positivem überzeugt sind, brauche ich Beweise für die Regeländerung(en).
Und: Nach der offiziellen Darstellung müßten die Wörterbücher von Duden und Bertelsmann jetzt zumindest widerspruchsfrei sein und dürften sich nur noch in dem evtl. Nichtvorhandensein von Einträgen unterscheiden. Ist das schon geprüft worden? (Bestimmt; ich bin bloß gerade zu faul, danach zu suchen).

Zitat:
Der amtliche Text durfte noch nicht geändert werden, die Änderungen werden daher mit dem betrügerischen Etikett der "Klarstellung" usw. versehen, das kennen wir seit der Mannheimer Anhörung.
Auch das habe ich bisher nur immer wieder "gehört", daß die Kommission weiterhin Änderungen ausarbeitet, welche aber nur als "Klarstellungen" etc. ausgegeben werden; wie läßt sich das belegen? Vermutlich müßte man dazu die Berichte der Kommission an die KMK lesen.

Ansonsten fällt mir dazu nur das 1997/98er Geschehen an sich ein, als sich die Kultusminister gegen die Änderungswünsche der Reformer sperrten. Ich vermute, Sie werden mich auf den "Anhang zur 'Mannheimer Anhörung'" in der 2. Auflage Ihres "Kritischen Kommentars" verweisen. Das sind einige Seiten hochinformativer Text, sehr spannend, sehr empfehlenswerte Lektüre (eine HTML-Version findet sich hier).

Kann man auf die darin zitierten Texte auch "direkt" zugreifen? (Ich kenne Leute, die - ähnlich wie Dr. Heller - auf den Namen "Ickler" voreingenommen reagieren, aber gerade die will ich überzeugen.) Leider ist die Mannheimer Pressemitteilung vom 18. Dezember 1997 nicht auf den Netzseiten der Zwischenstaatlichen Kommission zu finden, und mit Google bin ich auch nicht fündig geworden. Dafür bin ich auf die Pressemitteilung der KMK vom 12.2.1998 gestoßen, man kann sie direkt auf den offiziellen Mitteilungsseiten einsehen (Startseite: http://www.kmk.org). Aber ach - der damals beigefügte Wortlaut des in der Amtschefskommisssion erzielten Beratungsergebnisses - das eigentliche "Nein" der Kultusminister also - fehlt!!! Vielleicht klopfe ich deswegen mal bei der Pressestelle der KMK an...

Zitat:
Übrigens sehen die Dudenleute (Scholze-Stubenrecht) es genauso und haben es schriftlich niedergelegt.
Was? Wann? Wo?
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 29.01.2002 um 18.48

Tatsache ist, daß die Regeln geändert worden sind, so daß manches Sternchen seinen Sinn verloren hat. (DANACH sollte man Heller fragen; mir antwortet er schon lange nicht mehr.) Der amtliche Text durfte noch nicht geändert werden, die Änderungen werden daher mit dem betrügerischen Etikett der "Klarstellung" usw. versehen, das kennen wir seit der Mannheimer Anhörung. Übrigens sehen die Dudenleute (Scholze-Stubenrecht) es genauso und haben es schriftlich niedergelegt.
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Th. Ickler


eingetragen von J.-M. Wagner am 29.01.2002 um 18.36

Zitat:
Ursprünglich eingetragen von Theodor Ickler
Hierzu muß man fragen: Wann und wo hat die Kommission diese Empfehlungen ausgesprochen? Ich rate den Besuchern dieser Seiten, an die Kommssion mit dieser Frage heranzutreten, auch an die politischen Verantwortlichen, etwa die KMK. Warum werden diese Empfehlungen, die uns alle betreffen, die wir uns mit der amtlichen Neuregelung auseinandersetzen MÜSSEN (z. B. Lehrer usw., zu deren DIENSTPFLICHT die Lektüre der entsprechenden Amtsblätter gehört!), nicht veröffentlicht? Lehrer sollten ihren obersten Dienstherren bitten, ihnen diese Empfehlungen zugänglich zu machen.

Heute morgen habe ich die Frage (mit dem Zitat aus dem Vorwort) nach dem konkreten Inhalt der Empfehlungen und entsprchenden veröffentlichten Texten sowie nach inhaltlichen oder formalen Überschneidungen mit anderen Aktivitäten der Kommission an Herrn Heller geschickt, und nun kam die Antwort:

From: "Karin Laton" (laton@ids-mannheim.de)
Date: Wed, 30 Jan 2002 17:40:31 +0100

Sehr geehrter Herr Wagner,

bekanntlich enthielten die ersten Ausgaben der Wörterbücher, die 1996 - unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Wiener Erklärung - erschienen waren, noch einige unterschiedliche Angaben, die - sofern es sich nicht um eindeutige (Druck-)Fehler bzw. um Schreibungen handelte, die gar nicht der amtlichen Regelung unterliegen - auf voneinander abweichende Interpretationen der Regeln zurückzuführen waren. Auf Betreiben und unter Mitwirkung der Kommission einigten sich die Wörterbuchverlage bald auf eine einheitliche Auslegung der amtlichen Regeln. Die Ergebnisse liegen als Wörterbuchausgaben (u. a. Bertelsmann-Rechtschreibung vom März 1999 und Rechtschreibduden, 22. Auflage, vom August 2000) vor.

Die Aufgabe der Kommission, Vorschläge zur Weiterentwicklung der deutschen Rechtschreibung zu unterbreiten, ist langfristig zu sehen und setzt eine kontinuierliche Beobachtung der Sprach- und Schreibentwicklung voraus. Die
turnusmäßigen Berichte der Kommission werden derartige Vorschläge daher in absehbarer Zeit nicht enthalten. Hier kann es nur um die Klärung noch vorhandener Zweifelsfälle, um Klarstellungen und Interpretationshilfen gehen.

Für den nochmaligen "Bärentatzen-Hinweis" danke ich. Da die HTML-Version nicht von der Kommission erstellt wurde und ihr "Verfasser" nicht mehr im Hause ist, gestaltet sich eine eventuelle Änderung etwas langwierig.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Klaus Heller
Geschäftsführer der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung
http://www.rechtschreibkommission.de
E-Mail: heller@ids-mannheim.de


Über eine andere Antwort hätte ich mich ja sehr gewundert. Andererseits frage ich mich, ob es wirklich "keine 'Reform der Reform'" ist, was man (diesem Verweis folgend) über den ersten Kommissionsbericht erfährt. Und was ich sehr seltsam finde, ist, daß eben diese Zusammenfassung des ersten Berichtes nicht unter einer entsprechenden Überschrift zu finden ist - unter dem Titel "Keine 'Reform der Reform'" hätte ich eher eine kurze Stellungnahme zu speziellen Behauptungen erwartet - und daß man sie auf der Seite "Diskussionsbeiträge zur Neuregelung" findet, wo ein breites Spektrum von Texten ganz unterschiedlicher Art (Bericht, Kommentar, Fallbeispiel, Pressemitteilung, Leserbrief etc.) angeboten wird - insbesondere, da Klaus Heller als ein Autor unter vielen vermerkt ist. Keine Ordnungswidrigkeit, sicher, aber seltsam.
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Jan-Martin Wagner


eingetragen von Theodor Ickler am 28.01.2002 um 15.51

Heute habe ich mit klammen Fingern ein paar Euro aus dem Portmonee geangelt ("In neuer Rechtschreibung kann man Portmonee schreiben. Die bisherige Schreibweise Portemonnaie ist aber auch richtig." S. 676) und die Neubearbeitung von Band 9 des Großen Duden gekauft. Eigentlich wollte ich überhaupt keine Produkte dieses Verlags mehr kaufen, aber um es bequemer kritisieren zu können, habe ich es nun doch getan.

Im Vorwort steht folgendes:

"Besonders viele Fragen verursacht nach wie vor die 1996 beschlossene Neuregelung der deutschen Orthographie. Insbesondere die Bereiche der Groß- und Kleinschreibung und der Getrennt- und Zusammenschreibung sind erklärungsbedürftig. So hat auch die Zwischenstaatliche Komission für deutsche Rechtschreibung gerade zu diesen Bereichen seit 1996 verschiedene Empfehlungen ausgesprochen, die in dieser Neubearbeitung berücksichtigt werden."

Hierzu muß man fragen: Wann und wo hat die Kommission diese Empfehlungen ausgesprochen? Ich rate den Besuchern dieser Seiten, an die Kommssion mit dieser Frage heranzutreten, auch an die politischen Verantwortlichen, etwa die KMK. Warum werden diese Empfehlungen, die uns alle betreffen, die wir uns mit der amtlichen Neuregelung auseinandersetzen MÜSSEN (z. B. Lehrer usw., zu deren DIENSTPFLICHT die Lektüre der entsprechenden Amtsblätter gehört!), nicht veröffentlicht? Lehrer sollten ihren obersten Dienstherren bitten, ihnen diese Empfehlungen zugänglich zu machen.

Außerdem ist es interessant, wie distanziert sich die Dudenredaktion zur Neuregelung äußert. Die Kommission selbst ist ja der Meinung, daß die Neuregelung sonnenklar und meisterhaft durchdacht ist. Trotzdem unterwirft sich die Dudenredaktion natürlich, und zwar bis zur Selbstverleugnung. Ich habe ja schon zitiert, daß der neue Band so Leid es mir tut ausdrücklich als "richtiges und gutes Deutsch" empfiehlt.

Man darf nie vergessen, daß die Dudenredaktion, wenn sie von der Kommission spricht, von ihren Henkern oder besser Mördern spricht. Beide Seiten wissen das natürlich.

In den Benutzungshinweisen erfährt man übrigens, daß die richtige Schreibweise von blutsaugend unter dem Stichwort blutstillend zu finden ist. Dort steht es aber gar nicht.

Demnächst mehr zu diesem fabelhaften "Ratgeber".

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Th. Ickler


eingetragen von Christian Dörner am 27.01.2002 um 20.12

Auf http://www.duden.de:

»Und wenn Sie sich gelegentlich noch fragen, wieviele [sic!] Euro ihre DM (oder umgekehrt) genau wert sind: benutzen [sic!] Sie doch unseren Eurorechner.«
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 15.01.2002 um 16.33

"Bei der Getrennt- und Zusammenschreibung der Wörter wurde durch die Einführung der reformierten Rechtschreibung ein neuer Grundsatz aufgestellt:

Die Getrenntschreibung ist der Normalfall; die Zusammenschreibung bildet die Ausnahme.

Deshalb werden jetzt auch mehr Wörter als bisher getrennt geschrieben."

(Aus dem Duden-"Crashkurs" auf der Internetseite http://www.duden.de)

Eigentlich seltsam, daß der Dudenverlag sich dieser Sprachregelung anschließt, denn genau dies - Getrenntschreibung als Normalfall - stand doch schon im alten Duden, gleich zu Beginn des Kapitels über die GZS.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 14.01.2002 um 16.49

Im Rechtschreibduden waren die Namen historischer Ereignisse, also etwa der Westfälische Friede, vor der Rechtschreibreform unter den Eigennamen geführt. Im Reformduen von 1996 und dann von 2000 wird plötzlich behauptet, es seien keine Eigennamen, "obwohl sie oft als Namen angesehen werden". Hat sich die Redaktion zu einer anderen grammatischen Theorie bekehrt? Keineswegs! In der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, § 64, hat sie gefunden, daß diese Wortgruppen "keine Eigennamen" sind, und das muß die Redaktion nun nachbeten, auch wenn sie es für falsch hält.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 12.01.2002 um 05.44

Wie emailisch zugesichert, hat die Redaktion inzwischen den Fehler auf ihrer Internetseite (vgl. 26.12.2001) "korrigiert": auseinander halten.

Irgendwann wird sie das auch wieder zusammenschreiben, wie es unter gebildeten Deutschen üblicher ist.

Zur Zeit findet auf der Duden-Seite (www.duden.de) einen ziemlich törichten Text über die Fremdwortfrage (aus dem Fremdwörterbuch). Er enthält auch ein falsches solange.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 08.01.2002 um 10.45

Heute muß ich mal wieder ein ernstes Wort an die Dudenredaktion richten.

In der reformierten Dudengrammatik - einem einzigartigen Denkmal des Niedergangs wissenschaftlicher Redlichkeit - finden wir nun jemanden/jemandem Bange machen (S. 707). Mit dem Akkusativ ist das besonders absurd. Bin ich etwa Bange, wenn jemand mich Bange macht? Dem Rechtschreibduden entspricht das nicht, und man könnte es für ein Versehen des Grammatikdudens (hier also Horst Sittas) halten. Dagegen spricht aber das Verfahren des Duden-Universalwörterbuchs. Während darin bisher das gewohnte jemanden bange machen enthalten war, ist diese Konstruktion aus der neuesten Auflage spurlos verschwunden! Das Problem mit der Neuschreibung ist also durchaus erkannt, und die Dudenverfasser haben es auf ihre Weise gelöst ...
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 04.01.2002 um 03.03

Aus dem Duden-Newsletter vom 4. 1. 2002:

Die Großschreibung gilt nach neuer Rechtschreibung auch ohne Artikel: "Er konnte nicht zwischen Dein und Mein unterscheiden." Sind die Pronomen jedoch gebeugt, so besteht die Wahl zwischen Groß- und Kleinschreibung: "Wie geht es den Dein[ig]en/dein[ig]en?" "Auch wir müssen das Unsr[ig]e/unsr[ig]e dazutun."

Anmerkung von Th. I.: Die Redaktion berichtet dies, enthält sich aber jeder Kritik an der Neuregelung. Bisher galt zwischen mein und dein; jeseits von Gut und Böse, neu gilt zwischen Mein und Dein; jenseits von gut und böse. - Wo ist der Fortschritt?
Warum soll ausgerechnet die Substantivierung die Deinen (= deine Angehörigen) jetz auch klein geschrieben werden können? Zur sonstigen Substantivierungs- und Großschreibungsfreudigkeit der Neuregelung paßt das doch gar nicht.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 02.01.2002 um 09.32

»Ms Assmann fickte den Matrosen bis zur Besinnungs Losigkeit. Neun Monate später gebar er ihr eine Tochter, die sie Sascha nannte.«


eingetragen von Theodor Ickler am 02.01.2002 um 03.58

Lieber Herr Dörner, vielen Dank für die wertvollen Beobachtungen! Ich hatte die Veränderung bei klasse schon bemerkt, wollte aber diesmal nicht so genau darauf eingehen. Der neue Eintrag ist natürlich Unsinn, was die angeblichen Verwendungsweisen betrifft. Aber vielleicht ist das Ganze auch nur Nachlässigkeit, denn der Duden verzichtet ja auf jeden Rotdruck, gibt also zu verstehen, daß sich nichts geändert hat (anders als das amtliche Wörterverzeichnis mit seinem rätselhaften Sternchen).

Auf das regelwidrige Wiederauftauchen von insonderheit im Universalwörterbuch hatte ich in meiner Besprechung in der Rhein-Neckar-Zeitung schon aufmerksam gemacht. Im DUW tobt sich ja auch der Feminismus aus, mit über 5000 weiblichen Berufsbezeichnungen usw. Nachdem irgendwelche Feministinnen auf die männerlastigen Beispiele im Duden hingewiesen hatten, beeilte man sich, sie durch politisch korrekte "weibliche" zu ersetzen. So vernaschen die Weiber eben jetzt ihre Kerle, warum auch nicht?

Wie besonders kraß die Dudengrammatik beweist, ist man beim Duden bereit, den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit aufzugeben zugunsten von modisch-korrekter Gesinnung und Staatshörigkeit.
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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 02.01.2002 um 01.55

Zitat:
er wäre gerne von ihr vernascht worden

Es soll auch Männer geben, die gern einmal in die weibliche Rolle schlüpfen.

*befremdetes stirnrunzeln*


eingetragen von Elke Philburn am 02.01.2002 um 01.43

Madame Aßfrau était à Paris

(Wenn schon, denn schon.)


eingetragen von Christian Dörner am 01.01.2002 um 18.14

Leider hat sich der Duden doch nach der amtlichen Regelung gerichtet und läßt in der 22. Auflage die Kleinschreibung nicht mehr zu:

»klas|se (ugs. für hervorragend, großartig); ein - Auto; er hat - gespielt; das finde ich - (auch Klasse; vgl. d.); Klas|se, die; -, -n (Abk. Kl.); jmd. od. etwas ist - (auch klasse; vgl. d.)« (Duden, 20. Aufl. (1991), S. 395)

»klas|se (ugs. für hervorragend, großartig); ein klasse Auto; sie hat klasse gespielt
Klas|se, die; -, -n (Abk. Kl.); jmd. od. etwas ist Klasse« (Duden, 22. Aufl. (2000), S. 545)

(Unterstreichungen hinzugefügt, analog bei spitze/Spitze)

Die optionale Kleinschreibung ist also gestrichen. Des weiteren wurde er hat klasse gespielt durch sie hat klasse gespielt ersetzt.
Dies findet man übrigens jetzt häufig im neuen Duden. Selbst das uralte Duden-Beispiel für die Verwendung des ß in der französischen Sprache bei Eigennamen Monsieur Aßmann était à Paris (zu finden in allen Duden-Auflagen bis 1996, z. B. Duden, 20. Aufl. (1991), S. 75) wurde jetzt ersetzt durch Madame Aßmann était à Paris (Duden, 22. Aufl. (2000), S. 101).

Da wir uns im Themenstrang Dudenverlag befinden, erlaube ich mir, noch ein weiteres Beispiel hinzuzufügen:

1991:
»ver|na|schen; sein Geld -; ein Mädchen - (ugs. für mit ihm schlafen)« (Duden, 20. Aufl. (1991), S. 769)

2000:
»ver|na|schen; ein Mädchen, einen Mann vernaschen (ugs. für mit ihm schlafen)« (Duden, 22. Aufl. (2000), S. 1030)

2001:
»ver|na|schen [...] er wäre gerne von ihr vernascht worden.« (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. (2001), S. 1710)

Die Dudenredaktion geht also so weit, nur noch die "Richtung" anzuführen, die ihrer Meinung nach politisch weniger anstößig ist; unabhängig davon, daß dieses Wort fast ausschließlich in der Weise verwendet wird, wie es noch 1991 korrekt verzeichnet war. Solche Maßnahmen haben mit dem Aufzeichnen des Sprachgebrauchs – das sollte ja eigentlich die Aufgabe des Universalwörterbuchs sein – nichts mehr zu tun.

Zu scheiße habe ich schon mal versucht, eine kleine Diskussion anzustoßen (=> Ickler Wörterbuch => Revision (30.04.01)), und Herr Markner stimmte mir damals dahin gehend zu, daß ihm die Kleinschreibung solcher Wörter durchaus "sympathisch" sei. In den Wörterbüchern ist dazu bisher nichts zu finden.

Zum Duden-Universalwörterbuch möchte ich noch schnell ergänzen, daß es doch sicherlich interessant ist, daß die Neuauflage Telephon (vom amtlichen Regelwerk eindeutig ausgeschlossen) wieder zuläßt, und zwar als normale Nebenvariante (S. 1570). Dies ist ebenso seltsam wie die plötzliche Wiederzulassung von insonderheit, das ja in der 3. Auflage von 1996 bereits aufgelöst war. In der Dudenredaktion scheint die linke Hand nicht zu wissen, was die rechte macht.

Entschuldigung, jetzt muß ich doch noch etwas nachtragen:
Im neuen Universalwörterbuch findet sich tatsächlich eine Aussage zu scheiße/Scheiße:
»schei|ße (derb abwertend): ausgesprochen schlecht, unerfreulich, ärgerlich: ich fand die Musik s.« (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. (2001), S. 1367)

Zusammenfassung: Die neue Rechtschreibung schreibt also vor: »Ich finde bewährte Orthographie Klasse, und die neue finde ich scheiße.« Wie Spitze eine solche Regelung doch ist!
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Christian Dörner


eingetragen von Theodor Ickler am 01.01.2002 um 16.08

Das amtliche Wörterverzeichnis hat Klasse mit einem eingeklammerten Sternchen, was wohl bedeuten soll, daß es die Großschreibung in bestimmten Verwendungen auch bisher schon gab, daß aber jetzt nur noch groß geschrieben werden dürfe. Der Duden hat sich aber in keiner Fassung danach gerichtet. Im Zuge der Revision wird wohl auch die Neuregelung hier etwas ändern müssen. Neuerdings hört man ja auch du bist scheiße, ich finde dich echt scheiße usw., wo meiner Absicht nach die Kleinschreibung richtig wäre.
Natürlich sollte man so etwas eigentlich gar nicht sagen oder schreiben, und das wollen wir uns fürs neue Jahr ausdrücklich vornehmen - mit einer Ausnahme: Die Rechtschreibreform ist echt scheiße!
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 01.01.2002 um 13.54

Ich habe mich seit längerem gefragt, ob »klasse« reformgemäß großgeschrieben werden müßte. Hat man diese Fälle schlicht übersehen ?


eingetragen von Theodor Ickler am 01.01.2002 um 11.22

Wozu Sprachwissenschaftler fähig sind, zeigt folgender Vergleich der Dudengrammatiken vor und nach der Reform:
1995: "Die Umsetzung von Substantiven in die Wortart Adjektiv kommt nur selten vor. Auf diesem Wege sind etwa die Adjektive ernst, schade, freund, feind, angst, schuld entstanden, neuerdings auch (das ist) spitze, klasse (ugs.), ferner in der Sprache der Mode einzelne neue (Fard)adjektive wie jade, malve, reseda. Sie werden in der Regel nur unflektiert gebraucht." (S. 419)
1998: "Die Umsetzung von Substantiven in die Wortart Adjektiv kommt nur selten vor. Auf diesem Wege sind etwa die Adjektive ernst, schade, (jmdm.) angst (werden), an etw. schuld sein, (das ist) spitze (ugs.) entstanden. Sie werden in der Regel nur unflektiert gebraucht. Auf dem Weg dorthin sind z. B. jmdm. Freund/Feind sein, bleiben."
Der Verfasser (Hans Wellmann, Augsburg) tut so, als hätte er innerhalb von drei Jahren vergessen, daß die ursprünglichen Partizipien freund und feind während der ganzen deutschen Sprachgeschichte adjektivisch gebraucht wurden und keineswegs "auf dem Weg" sind, Adjektive zu werden.

In dem besonders verlogenen Abschnitt "Zusammenrückungen" (S. 439) wird behauptet: "Bei Übergangsformen im Verbbereich schwankt die Schreibung oft" - als sei dies eine Beobachtungstatsache. In Wirklichkeit sind es die neuesten Festlegungen der Dudenredakteure und ihrer Hintermänner, und es werden Dinge wie Schlitten fahren behandelt, die gerade erst neu normiert worden sind. Ebenso und noch krasser bei "hoch entwickelt neben hocherfreut" - nur weil dies jetzt so im Duden steht!
Was soll es denn bedeuten, daß bei schwer beschädigt usw. das "Zweitglied die Wortart bestimmt"? Wortgruppen haben doch keine "Wortart" (und auch kein "Zweitglied")!

Eigentlich müßte die Dudengrammatik schon wieder neu herauskommen (ist sie vielleicht auch schon, ohne daß ich gemerkt habe). Denn in diesem Abschnitt wird noch eindeutig viel versprechend vorgeführt (was hat eine solche Wortgruppe denn in der Wortbildungslehre zu suchen?), wie es im 1996er Reformduden steht; aber im neuesten Duden ist auch vielversprechend wieder zulässig. Lügen haben eben kurze Beine und kosten viel Geld.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 25.12.2001 um 05.04

Duden-Homepage:

"Das Unbehagen an der Rechtschreibung – es ist mit der Neuregelung nicht geschwunden – hängt mit zwei Problemkreisen zusammen, die man in der Diskussion auseinanderhalten sollte: (...)"

Dieser dudeneigene Satz wird vom Duden-Korrektor mit Recht beanstandet:

Das Unbehagen an der Rechtschreibung – es ist mit der Neuregelung nicht geschwunden – hängt mit zwei Problemkreisen zusammen, die man in der Diskussion
auseinanderhalten[1] sollte.

Legende:

[1]
"auseinanderhalten"
Neue Rechtschreibung verwenden. Die Schreibung entspricht den alten Regeln.
Korrekturvorschläge: auseinander halten
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 18.12.2001 um 09.57

Aus einem Brief der Duden-Sprachberatung:

"Das Praxiswörterbuch ist als Grundlage für Hausorthographien gedacht, es garantiert auf diese Weise Einheitlichkeit."

Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Im 19. Jahrhundert war die Abschaffung der Hausorthographien der Grund, eine Einheitsorthographie zu schaffen. Heute sollen Hausorthographien Einheitlichkeit garantieren.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 21.10.2001 um 03.00

Irgendwann muß beim Dudenverlag die Entscheidung gefallen sein, die Rechtschreibreform nicht zu kritisieren oder gar zu verhindern (was m. E. möglich gewesen wäre), sondern sich an die Spitze der Aktion zu stellen und die Marktführerschaft zu behalten. Wahrscheinlich war den Verantwortlichen klar, was einige Reformer ja deutlich gesagt hatten: daß nicht die Veränderung der Schreibweisen, sondern die Entmachtung des Dudens das eigentliche Ziel war. Sogar der sonst ganz vernünftige Journalist Dieter E. Zimmer hatte mehrmals geschreiben, die Privilegierung des Dudens könne nur im Zusammenhang mit einer Rechtschreibreform aufgehoben werden.
Die Verlagsleute verstanden leider nicht genug von der Sprache, um die Fatalität ihrer Entscheidung beurteilen zu können. Die Redaktion mußte den Schlag dann ausführen, man kann sich leicht denken, mit welchen Gefühlen. Ganz ähnlich sind ja auch die Zeitungsredaktionen von den jeweiligen Verlagen überfahren worden.
Wirtschaftsunternehmen müssen Gewinn machen, das ist klar. Schlimm wird es, wenn dadurch Lügen erzeugt und gedeckt werden, ich erinnere an die oft zitierte interne Anweisung an die Duden-Redakteure:
"Neuregelung: Das amtliche Regelwerk ist in 112 Hauptregeln gegliedert.
Umsetzung: Die Dudenrichtlinien werden auch künftig Hinweise enthalten, die über den rein orthographischen Bereich hinausgehen. Durch Neustrukturierung und vor allem durch Zusammenfassung einzelner Regeln und Regelbereiche wird die Zahl der Richtlinien von 212 auf 136 gesenkt.
Begründung: Die inhaltlich falsche, aber politisch wirksame Formel ,aus 212 mach 112' muß auch im Duden ihren angemessenen Ausdruck finden."
(Diesen Trick hat die Neuauflage wieder aufgegeben.)
Aus dem Hause Bertelsmann könnte man natürlich ebenfalls solche Sachen anführen. So wird auf der Internetseite bis zum heutigen Tag behauptet, im Grunde hätten wir doch schon immer so geschrieben, wie es nun endlich erlaubt sei.

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Th. Ickler


eingetragen von Elke Philburn am 20.10.2001 um 22.38

Zitat:
Heute ist es schlimmer, weil kein äußerer Druck herrscht, nur schnödes Gewinnstreben und ein unglaublicher Zynismus gegenüber den Käufern.

Ich kann mich manchmal dieses Eindrucks auch nicht erwehren. Als ich vor einigen Jahren den Duden-Band "Zweifelsfälle der deutschen Sprache" in einem Prospekt sah, wunderte ich mich nicht schlecht, dass nun auch die neue Rechtschreibung miteinbezogen war!

Und ich dachte, man hätte die Zweifelsfälle gerade ausgeräumt?!?

Sollte es wirklich der Fall sein, dass der Duden-Verlag die gegenwärtige Verwirrung nutzt, um daraus Profit zu schlagen, würde ich selbstverständlich im Unterricht von der Benutzung dieser Nachschlagewerke abraten und auf geeignetere Wörterbücher hinweisen.


eingetragen von Manfred Riebe am 20.10.2001 um 10.31

Fehleintrag im falschen Strang


eingetragen von Theodor Ickler am 18.10.2001 um 06.20

Duden Bd. 9 (Richtiges und gutes Deutsch) 1985:

"abend/abends/Abend: Klein schreibt man die Adverbien abend und abends: heute/morgen abend ..."

Duden Bd. 9 (Richtiges und gutes Deutsch) 1997:

"abend/abends: Groß schreibt man das Substantiv: heute/morgen Abend ..."


Wer dies liest, weiß, wie es um die Dudenredaktion steht. Man hat ihr die (mäßige) Nazifizierung im Dritten Reich vorgeworfen. Heute ist es schlimmer, weil kein äußerer Druck herrscht, nur schnödes Gewinnstreben und ein unglaublicher Zynismus gegenüber den Käufern.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 04.10.2001 um 15.31

Heute wird die Schnuppe besprochen. Ganz nett, aber wir erinnern uns, daß der Docht geschneuzt wurde, und zwar mit einer Schneuze. Im neuen Duden steht nun zwar die Schneuze (Lichtputzschere), gleich danach aber wird schneuzen zu schnäuzen reformiert. Folglich wird die Kerze nun mit einer Schneuze geschnäuzt. Ich habe angefragt, ob das nicht ein bißchen zuviel der Zumutung ist. Mal sehen, ob mir eine Antwort zuteil wird; ich werde dann wieder berichten.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 12.42

Wunderbar einfach, nicht wahr? Auf kaum einem Gebiet geht es aber in den Zeitungen so durcheinander wie bei den Zusammensetzungen mit "mal". Übrigens auch in den Kinderbüchern.
Ob die Deutung richtig ist, scheint mir auch schwer entscheidbar, denn die amtlichen Regeln und der Eintrag im Wörterverzeichnis sind unklar genug. Außerdem ist mir nicht klar, warum das "kein" in "keinmal" unflektiert sein soll. Es ist eben Nominativ oder Akkusativ, ohne besondere Endung, wie üblich, aber keinswegs unflektiert.
Leider wird nicht offen gesagt, daß das ungemein häufige Wort "jedesmal" nicht mehr existiert.
Und was heißt "bei besonderer Betonung"? Ist das klar und eindeutig?
Wie finden Sie eigentlich die Neuschreibung "ein paar Hundert Mal"?
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 26.07.2001 um 12.36

Verbindungen mit "-mal"/"Mal"

Wenn Sie in der Schule noch die alte Rechtschreibung gelernt haben, neigen Sie bei Verbindungen mit "Mal" sicher zur Zusammenschreibung. Zu Recht: Nach alter Schule schreibt man nur getrennt, wenn "Mal" als Substantiv zu erkennen ist; sei es, weil das beistehende Wort gebeugt ist ("dieses Mal"), sei es, weil "Mal" gebeugt ist ("Hunderte Male"). Mit einer Ausnahme: Ist "Mal" nicht gebeugt, obwohl es pluralische Bedeutung hat, wird trotz Beugung des ersten Bestandteils zusammengeschrieben, da diese Fügung dann als Adverb gilt: "dreimillionenmal", "hundert(e)mal".
Die neue Rechtschreibung gibt dagegen der Getrenntschreibung den Vorzug. Die eben genannte Ausnahme gibt es nicht mehr. Nur noch getrennt geschrieben werden dürfen also Verbindungen wie "einige Mal(e)", "Hunderte Mal", "drei Millionen Mal". Ist keiner der beiden Bestandteile gebeugt, ist die Zusammenschreibung weiterhin richtig: "zweimal", "hundertmal", "keinmal". Bei besonderer Betonung (auf beiden Bestandteilen) dürfen Sie jedoch auch hier getrennt schreiben: "zwei Mal", "hundert Mal", "kein Mal".


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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 17.07.2001 um 16.16

Im "Besserwisserspiel" ist die Fehlschreibung "um Himmels Willen" heute korrigiert worden.

Übrigens bietet der Dudenverlag auf seiner Internetseite als "Wort des Jahres" für 1981 (!) die "Nulllösung". Dagegen verzeichnet die GfdS korrekt "Nullösung", denn die Rechtschreibreform gab es damals noch gar nicht. Das Ganze entspricht aber dem grundsätzlichen Bekenntnis des Dudenverlags zur Geschichtsfälschung, die man ja auch am zehnbändigen Wörterbuch studieren kann.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 17.21

Aber jetzt mal zurück zum Duden: Merkwürdigerweise entdecke ich bei jedem Besuch auf der Duden-Netzseite lauter Rechtschreibfehler. Heute zum Beispiel gibt es da wieder ein "Besserwisserspiel", und die Redaktion schreibt doch tatsächlich "um Himmels Willen". Die vermehrte Großschreibung zieht Kreise, das haben wir ja auch bei den Zeitungen gerade wieder gesehen.

Übrigens ist auch das "Kleingedruckte" eigentlich falsch, obwohl es im amtlichen Wörterverzeichnis steht, mit einem Hinweis auf § 37 (2), der das aber keineswegs hergibt. Aber das wissen die Besucher dieser Seite ja: klein gedruckt ergibt substantiviert klein Gedrucktes, und kleingedruckt ergibt Kleingedrucktes - die Bedeutung jeweils genau umgekehrt wie nach der bisherigen Schreibweise, halleluja!
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 16.07.2001 um 16.26

Der Titel geht »an Frankreich«, selbiges läuft aber nicht auf dem Platz herum ? Wenn (nur) »Frankreich macht Druck vor dem gegnerischen Tor« eine Synekdoche ist, was ist dann also »Frankreich ist Fußballweltmeister« ? Synekdochisches Denken, im Unterschied zu synekdochischer Rede ? Zwischen den Aussagen »Frankreich ist Fußballweltmeister« und »Frankreich ist eine Republik« bleibt doch in jedem Fall ein erklärungsbedürftiger Unterschied.


eingetragen von Theodor Ickler am 16.07.2001 um 12.55

Frankreich gewinnt durch seine Mannschaft, schießt aber kein Tor durch sie und läuft auch nicht auf dem Rasen herum. Aber das Tor und der Sieg gehen an Frankreich.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 16.07.2001 um 10.38

Selbst wenn eine »Stellvertreterschaft« institutionell hergestellt wäre, so bliebe es doch eine französische Delegation, die auf dem Platz aufläuft, und nicht Frankreich selbst. Ähnlich bei den Hauptstädten, die gerne als Beispiele für Synekdochen herangezogen werden. Auch wenn Paris ganz offiziell als Hauptstadt Frankreichs festgelegt ist, so bleibt es doch dabei, daß von der französischen Regierung die Rede ist, wenn es in einer Meldung heißt : »Paris will Beziehungen zur Nato verbessern«.


eingetragen von Theodor Ickler am 15.07.2001 um 13.55

Ob jemand institutionell ein Stellvertreter ist oder nur vom Sprecher mit der rhetorischen Figur der Stellvertreterschaft bezeichnet wird, ist sehr wohl relevant. Wenn ich einen alten Text lese und mir allmählich die sachlichen Voraussetzungen bekannt werden, auf denen sein Inhalt beruht, dann verstehe ich den Text richtiger als vor dieser Aufklärung. Oder mit einem Beispiel aus einem Metaphernaufsatz von mir: Wenn jemand mir mitteilt, die Kartoffelknollen seien "Stengel", könnte ich das für eine Metapher halten (und auf die grüne Farbe als Tertium comparationis zurückführen) - bis ich weiß, daß es wirklich Stengel sind und der Sprecher das auch gewußt hat. Die rhetorische Figur löst sich dann in nichts auf.
Wenn ich als tumber Tor zum erstenmal einem Fußballspiel beiwohne und meinen Nachbarn sagen höre: Frankreich gewinnt - dann könnte ich meinen, er habe eine rhetorische Figur gebraucht. Später erfahre ich, daß diese Stellvertreterschaft institutionell hergestellt ist, und damit löst sich die Synekdoche in Wohlgefallen auf.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 15.07.2001 um 12.02

Die sogenannte »deutsche Fußball-Nationalmannschaft« ist genaugenommen eine Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes, einer Vereins-Dachorganisation. In anderen Staaten gibt es natürlich andere Regelungen, z. B. Sportministerien, die den Nationaltrainer einstellen usw.
Aber all das muß man doch nicht wissen, um zu entscheiden, ob eine Synekdoche eine Synekdoche ist (wo kommen wir da hin ?) ?!


eingetragen von Theodor Ickler am 15.07.2001 um 02.43

Ich kenne mich in der Sportorganisation nicht so aus, meine aber, daß die Nationalmannschaft tatsächlich "für ihr Land" spielt, und das ist keine sprachliche Angelegenheit.
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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 14.07.2001 um 20.46

"Wenn man Frankreich als Fußballweltmeister bezeichnet, benutzt man eigentlich keine "Synekdoche", denn die Identifikation Frankreichs mit seiner Nationalmannschaft ist - Gott sei's geklagt! - bereits anderweitig hergestellt und wird nicht erst vom Sprecher als Redefigur eingeführt. "

Ich weiß nicht genau, worauf sich die Kritik bezieht, sie leuchtet mir aber jedenfalls nicht ein. Ich muß (als Sprecher oder Schreiber) doch nicht der Urheber einer Synekdoche sein, damit diese in meiner Äußerung als solche gelten kann, oder ?


eingetragen von Theodor Ickler am 14.07.2001 um 02.55

Wenn man sich noch einmal die komische Geschichte mit dem "Spinnefeind" vor Augen führt, stößt man auf Erstaunliches.
Bekanntlich haben die Reformer insofern nachgegeben, als im neuesten Duden das Adjektiv "spinnefeind" wiederhergestellt ist; also kein Rotdruck mehr. Allerdings sind "feind" (jemandem feind sein) und "todfeind" noch nicht im gleichen Sinne wiederbelebt, obwohl das aus denselben Gründen geschehen müßte.
Nun ist es aber besonders bezeichnend, daß der Duden früher durchaus korrekt ein auf beiden Teilen betontes "todfeind" verzeichnete (wie "steinreich" usw., was ja ebenfalls eine Steigerungsform ist und nicht etwa "reich an Steinen" bedeutet). Der revidierte Reformduden von 2000 kennt aber nur noch "Todfeind" mit einer einzigen Betonung auf dem Vorderglied und vermerkt zu "jmdm. Todfeind sein", die alte Schreibung sei "todfeind" gewesen. Das ist aber falsch, denn den "Todfeind" gab es schon immer, da hat sich gar nichts geändert. Aber wo ist "'tod'feind" geblieben? Offenbar verschwunden, vom Duden verleugnet. Das ist der eigentliche Skandal, denn diese Leute wissen genau, was sie tun.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 13.07.2001 um 05.08

Die Duden-Rundbriefe (Newsletters), die man kostenlos abonnieren kann (und sollte), sind jedesmal eine Quelle der Freude. Heute zum Beispiel geht es u. a. um die Rhetorik. Dabei wird auch ein gewisser "Quintillian" erwähnt, der allerdings herkömmlicherweise als "Quintilian" bekannt ist. Wahrscheinlich ein Neuschrieb in Augstscher Anlehnung an "Quintillion". - Auch sachlich sind die Ausführungen bedenklich. Wenn man Frankreich als Fußballweltmeister bezeichnet, benutzt man eigentlich keine "Synekdoche", denn die Identifikation Frankreichs mit seiner Nationalmannschaft ist - Gott sei's geklagt! - bereits anderweitig hergestellt und wird nicht erst vom Sprecher als Redefigur eingeführt.

Ich habe die Redaktion bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hingewiesen, daß in der skurrilen Beispielsammlung zur neuen Rechtschreibung (www.duden.de) zu Unrecht "Erholung suchend" nur als Vorzugsvariante angegeben ist. In Wirklichkeit ist "erholungsuchend" überhaupt nicht mehr zulässig. Das gilt natürlich auch für die Druckfassung des neuesten Duden, wo unbegreiflicherweise, aber sicher in Abstimmung mit der Kommission das verbannte Wort wiedereingeführt ist. Der neue Bertelsmann hat es allerdings noch nicht, ist aber auch ein Jahr früher erschienen.
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Th. Ickler


eingetragen von Wolfgang Scheuermann am 10.06.2001 um 14.12

"Auch in der Dudengrammatik wurde diese Veränderung zunächst lange Zeit ignoriert (noch in der 4. Aufl. 1984; § 1235) und schließlich negativ bewertet, so beispielsweise bei der Beantwortung einer Anfrage zu dieser Thematik aus dem Jahr 1991 (vgl. Günthner, S. 56, Anm. 2). Mit dem Hinweis, dass die »mit weil eingeleiteten Sätze Nebensätze« seien und deshalb »das Zeitwort wie bei allen mit einem Bindewort (einer Konjunktion) eingeleiteten Nebensätzen am Ende stehen« müsse, wurde diese Umkonstruktion von der Dudenredaktion zu dieser Zeit noch als »nicht korrekt« eingestuft (Duden - Sprachtipps. Hilfe für den sprachlichen Alltag, 1989, S. 387 f.)."
Aus einem Aufsatz der Duden-Mitarbeiterin Angelika Haller-Wolff, erschienen im "Sprachspiegel" 3/99; jetzt unter "www.duden.de".
"Sprachtipps" aus dem Jahre 1989? Der Dudenverlag wendet offenbar die Orwell-Taktik auch gegen sich selbst an.


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Dr. Wolfgang Scheuermann


eingetragen von Reinhard Markner am 01.06.2001 um 09.27

Die Schreibweise "rallye" ist im Englischen nur (und nicht obligatorisch) für die Bedeutung »Querfeldein-Autorennen« gebräuchlich. Inzwischen findet sich auf den deutschen Finanzseiten auch die »Rally« (Anziehen der Kurse nach einer Flaute), die im Englischen immer ohne e geschrieben wird, im Deutschen mal so, mal so, weil man die orthographischen Verhältnisse in der Herkunftssprache nicht durchschaut.


eingetragen von Theodor Ickler am 31.05.2001 um 13.34

Bekanntlich versendet der Dudenverlag einen kostenlosen "Newsletter" (was für einen deutschen Sprachdienst schon bemerkenswert genug wäre; das Wort steht nicht einmal im Rechtschreibduden), aber darüber hinaus veranstaltet er im Internet auch eine "Newsletter-Rally". Das amtliche Wörterverzeichnis und auch der Rechtschreibduden kennen allerdings nur die "Rallye". Außerdem lernt man bei dieser Gelegenheit, daß der Plural von "Newsletter" ebenfalls "Newsletter" heißt. Deutsch wird immer einfacher.
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 31.05.2001 um 08.14

Der Dudenverlag arbeitet seit einige Zeit mit dem Hamburger "Trendbüro" zusammen. Dort wurden das Szenewörterbuch und das Wörterbuch der New Economy erarbeitet. Auf der Homepage des Dudenverlags findet man Näheres.
Ich hatte schon im vorigen Jahr einige Texte aus dem Internet gezogen, die mir für die Duden-Geschäftspoitik besonders kennzeichnend zu sein schienen. Davon stelle ich einiges hierher, ohne es näher zu kommentieren. Es gibt noch weitere Seiten, auf denen vor allem Jugendliche aufgerufen werden, möglichst orginelle Wörter zu erfinden und einzusenden, damit sie in eine Liste aufgenommen werden können, die dann als Beleg für Sprachwandel angeboten wird ... Die Künstlichkeit des ganzen Unternehmens wird auch gar nicht verschleiert, sie paßt im Gegenteil zur "Philosophie" des Unternehmens, Trends nicht nur zu beobachten, sondern auch zu schaffen - damit definierbare Zielgruppen der Produktwerbung entstehen. "Philosophie" ist hier nicht zu hoch gegriffen, denn Philosophieprofessoren wie Norbert Bolz fehlen auf keiner der Trendtagungen, die das Hamburger Unternehmen regelmäßig veranstaltet.

DUDEN Wörterbuch der Szenesprachen
herausgegeben vom Trendbüro
erschienen im Dudenverlag
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Projekt

Wordscouts wanted!
Wie reden die Netties und Nerds vor den Monitoren? Was sagen die Skater und Snowboarder, die beim Funsport den Kick suchen? Was melden die Fly-Girls und B-Boys aus der Hip-Hop-Szene? Das DUDEN-Wörterbuch der Szenesprachen ist das erste Wörterbuch, das im Internet ergänzt, kommentiert und weitergeschrieben wird. Die Autoren sind alle Cracks, User, Kooks und Partyhopper, die neue Wörter liefern. Willkommen Wordscouts!

Schöne neue Welt!
Die Grenzen unserer Sprache sollen die Grenzen unserer Welt sein? Wie sieht dann die Sprache einer Gesellschaft aus, in der die Grenzen verwischen, verblassen und sich auflösen? Wie sieht die Sprache einer Generation aus, die sich durch global gültige Stile, Szenen, Moden und Marken definiert. Duden und Trendbüro wollten wissen, welche neuen Wörter hier die Runde machen und was sie uns zu sagen haben.

Und sie bewegt sich doch!
Ein Redaktionsteam widmete sich den neuen Wörtern und Fachbegriffen, die Jugendkultur und Jugendszenen aktuell prägen. In den Bereichen Sport, Musik, Mode, Computer, Partnerschaft und Partykultur wurden fast 1.000 Wörter gesammelt und definiert. Denn: Die deutsche Sprache ist in Bewegung. Sie verändert sich so schnell, wie sich die Welt verändert.

Viel los von A bis Z!
Reisen zum Partyplaneten. Der Computer als Stichwortgeber. Techno und Hip-Hop, Funsport und Laufsteg als Spielplatz. In den Jugendszenen hat vor allem Englisch das Sagen. Beim Chillen und Loungen, Scratchen und Cruisen, Dissen und Chatten. Flexibel sein ist angesagt, auch in der Sprache. Wer vor dem Computer sitzt, ist ein User. Wer auf der Party ein User ist, nimmt Drogen. Wer beim Sport switcht, wechselt die Fußstellung auf dem Board. Wer in der Liebe switcht, wechselt den Freund oder die Freundin im Bett. Was jemand meint, wenn er beamen, scannen oder switchen sagt, hängt ganz vom Kontext ab.

Schöne neue Wörter!
Neues Wort auf Lager? Dein Kommentar ist gefragt. Die Redaktion freut sich auch über Anregungen, Meinungen und Kritik.

Die Redaktion
DUDEN Wörterbuch der Szenesprachen

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Ein Beispiel:

Warmduscher

Coole Typen und echte Kerle duschen eiskalt, pinkeln im Stehen und parken in der prallen Sonne. Alle anderen sind Warmduscher und Abschiedswinker, Abstandhalter, Airbagfahrer, Alarmanlagenbesitzer, Aspirineinwerfer, Badekappenträger, Balkonsonnenbader, Beipackzettelleser, Bettsockenträger, Bildschirmreiniger, Biotonnenbesitzer, Blümchenpflücker, Briefmarkenbefeuchter, Brustschwimmer, Chiliverachter, Chlorbrillenbenutzer, Dackeltrainer, Datensicherer, Dosenerder, Eincremer, Einfahrtfreihalter, Ein-Meter-Brett-Springer, Ersatzweckerbenutzer, Familienzusammenhaltheuchler, Fernbediener, Fertiggerichteverächter, Festnetztelefonierer, Flaschenöffnerbenutzer, Flusensiebreiniger, Foliengriller, Frauennamenannehmer, Frühbucher, Geländerklammerer, Glastrinker, Gurtanleger, Handbuchleser, Händchengeber, Handschuhschneeballer, Handtuchunterleger, Haustürabschließer, Hintenansteller, Immer-ans-Telefon-Geher, Im-Wald-nicht-Raucher, In-Fahrtrichtung-Fahrer, Jeinsager, Karussellfahrer, Kassenbonankucker, Klobrillenhochklapper, Kühlschrankabtauer, Laternenparker, Lichtanmacher, Lichtausschalter, Liftfahrer, Luftpumpenmitnehmer, Marmeladenbrötchenfrühstücker, Möhrenputzer, Mülltrenner, Nachgeber, Nachtstromer, Nasenhaarschneider, Nasse-Badehose-Wechsler, Netiquettenleser, Nicht-Rülpser, Olivenlutscher, Oma-über-die-Straße-Helfer, Passwortaufschreiber, Pizzarandliegenlasser, Radwegbenutzer, Regenschirmhalter, Reiseversicherungsabschließer, Rolltreppenfahrer, Rücksichtnehmer, Sauna-unten-Sitzer, Schattenparker, Schönwetterfußballer, Schreibschutzbenutzer, Schweißabwischer, Seitenaufprallschützer, Servolenker, Sitzpinkler, Sonnenmilchbenutzer, Sparbuchbesitzer, Stilles-Wasser-Trinker, Streichelzoobesucher, Strohsternbastler, Tankanzeigenbeobachter, Tankuhrleser, Teepuster, Toastabkratzer, Topflappenbenutzer, Unkrautzupfer, Unordnungsentschuldiger, Verfallsdatumleser, Wäschevorwärmer, Warndreieckaufsteller, Wattebällchenwerfer, Zahnarztspritzenbettler, Zebrastreifenüberquerer, Zwei-Finger-Tipper oder Zweimalspüler.
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Aus den Internetseiten des Trendbüros:


Die Marke X ist beim Verbraucher gut etabliert. Er kennt sie, vertraut ihrer Qualität und hat ein bestimmtes Gefühl, wenn er sie kauft und benutzt. Nun ändern sich die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen der Verbraucher lebt, und er ändert sukzessive seine Markenwahrnehmung. Darauf muß eine Marke vorbereitet sein. Es gilt, die Marke jung zu halten, damit sie alt werden kann. Evolution ist keine Theorie. Die Frage ist: Wie läßt sich eine Marke quasi in "real time" auf Veränderungen einstellen, die sich erst vage andeuten? Wir gehen dabei folgendermaßen vor. Zuerst untersuchen wir den Markt: die herrschenden Konsummotive, die Konkurrenzprodukte und deren kulturelle Positionierung. Danach werden der Zeichenvorrat der Marke und die Werte des Markenkerns analysiert und in einer Art kultureller Landkarte (Semiometrie) verortet. Da die Marke aus dem Wertebrennpunkt zu geraten droht, müssen neue Konsumentengruppen erschlossen und alte durch Nachjustierung neu gewonnen werden. Aus der Analyse des Status quo der Kernwerte der Marke ergeben sich die Strategiepotentiale.Wir eruieren die Wünsche und Einstellungen der angestrebten Zielgruppe. Dazu werden Psychoexplorationen oder Kreativ-Workshops auf der Basis assoziativer und projektiver Techniken durchgeführt. Die emotionalen Werte der Zielgruppe werden bestimmt. Aus der Gesamtheit der Analysetechniken ergeben sich die Kommunikations- und Markenstrategie sowie Rahmenbedingungen der stilgruppengerechten Gestaltung der Marketingbotschaft.

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Ein Beispiel für unser Verständnis von Trendforschung.
Wir fragen: Welche Lebensmittel kaufen Konsumenten? Was wählen sie aus dem immensen Angebot aus? Es läßt sich beobachten, daß exklusive, teure Feinkostläden erfolgreich sind. Aber auch Discounter wie Aldi verbuchen steigende Umsätze. Zwei Tendenzen, die sich zu widersprechen scheinen.Unsere nächste Frage: Warum ist das so? Früher hätte die Antwort geheißen: Die Reichen kaufen Spezereien, die Armen pilgern zum Discount. Nun läßt sich aber bei Umfragen feststellen, daß diese Trennung nicht mehr greift. Recherchen zeigen: Konsumenten wechseln zwischen beiden Ladenkonzepten hin und her. Also?Hier manifestiert sich ein Verhalten, das zwei Bedürfnisse bündelt: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sparen die Verbraucher. Der Mensch der neunziger Jahre ist es sich aber als Individuum schuldig, sich manchmal etwas Besonderes zu gönnen. Dieses Luxusbedürfnis befriedigt er mit hochpreisigen Einkäufen. Dieses Wechselspiel nennen wir Luxese, zusammengesetzt aus Luxus und Askese. Daß diese Verhaltensweise bei vielen Bürgern übereinstimmt, macht daraus einen Trend. Dieses Beispiel läßt sich auf verschiedenen Betrachtungsebenen nachzeichnen: auf der Konsumebene, im Freizeitverhalten, in Filmen oder in der Werbung. Unser Blickwinkel schließt die Wechselwirkungen rationaler, emotionaler und sozialer Entscheidungen ein. Kurz gesagt versuchen wir nicht nur festzustellen, daß etwas passiert, sondern vor allem, weshalb es so passiert und nicht anders.

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Trendlinks:
http://www.duden.de Einfach mal nachschlagen! Wissenswertes bei Duden online.
http://www.trendbuero.de Was macht die Zukunft? Trends, Marken, Strategien.
http://www.ffh.de Das ultimative Weichei-Wort des Tages
http://www.iq-world.com Musik, Mode, Fun, Real - Enter the new hyperstation!
http://www.atmag.de Zum neuen Online-Lifestyle-Magazin mit aktuellen News und Infos.

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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 29.05.2001 um 15.11

Ulrich Püschel hat vor zwei Jahren schon das DUDEN-Buch "Wie schreibt man jetzt?" (2. Aufl. 1999) bearbeitet. Ichhabe mir damals folgendes notiert:

S. 20: "Karamelle" ist keine Flexionsform von "Karamel" oder "karamelisieren". "Messner" ("Mesner") hat nichts mit "Messe" zu tun; was immer man von den Augstschen Volksetymologien hält, ein Buch aus dem Hause Duden darf nicht wissentlich falsche Behauptungen über sprachliche Tatsachen verbreiten. Das gilt auch für "belämmert", "einbläuen", "Quäntchen" (S. 21). Was der "Schneewechte" recht ist, nämlich das Beharren auf der richtigen Etymologie, sollte dem "Quentchen" billig sein.
Was ist an "Stopp", "Steppdecke" neu? Bei "Stopp" doch allenfalls die Ausdehnung auf die Tennissprache, die aber insgesamt Englisch ist. Erwähnenswert ist übrigens, daß das amtliche Wörterverzeichnis vorschreibt: "Twostepp", aber "Onestep". Nur der neue Bertelsmann hat sich die Freiheit genommen, diesen Unsinn zu korrigieren, offenbar in Absprache mit der Rechtschreibkommission, die zwar an der Neuregelung kein Jota ändern darf, die Wörterbuchmacher aber so berät, als seien die von den Kultusministern verbotenen Korrekturen dennoch in Kraft.
S. 21: Was ist an "Schnäpper/Schnepper" neu? (Im Duden 1991 war allerdings zu beanstanden, daß der Verweis auf "schnäppern" blind endete.) - "Eltern" und "schwenken" sind nur zwei von sehr vielen Ausnahmen. (Das ganze Buch erzielt übrigens seinen propagandistischen Nebenzweck durch Minimieren der unendlich vielen Ausnahmen und Sonderregeln. Die vereinfacht dargestellten Hauptregeln schmückt es gern mit dem Epitheton "konsequent". Dabei ist doch klar, daß das Haus Duden die als weitgehend absurd durchschaute Reform auch nur erlitten haben kann, so daß der Jubel falsch klingt.)
S. 27: Bei "Zierrat" war kein r weggefallen, s. o. zur falschen Etymologie allgemein.
S. 31: Die Anekdote vom kaiserlichen "Thron" sollte man allmählich weglassen, damals ging es um das th in deutschen Wörtern.
S. 37: Getrenntschreibung war auch im alten Duden der Normalfall. Es ist eine Fälschung, dies als neue Errungenschaft der Reform herauszustellen.
S. 39: In "irreführen", "wettmachen" stecken keineswegs verblaßte Substantive.
S. 49: Soll "weit reichend" wirklich unter allen Umständen getrennt geschrieben werden? Bertelsmann ist da schon weiter (wegen der gesamthaften Steigerbarkeit "noch weitreichender, am weitreichendsten", die von den Kritikern immer geltend gemacht wurde; allerdings in Abweichung vom amtlichen Regelwerk).
S. 81: In "heute Mittag" usw. soll "Mittag" "eindeutig ein Substantiv" sein, hat aber keines der Merkmale, die im amtlichen Regelwerk als Kriterien für Substantive angeführt werden.
S. 82: Die Großschreibung des Pronomens "Sie" wird zu Unrecht mit Höflichkeit begründet, es ist eine reine Differenzschreibung. Daher entfällt auch die Begründung der Kleinschreibung von "du". Staatliche Eingriffe in die Umgangsformen der Bürger sind ohnehin zurückzuweisen.
S. 86: Die Beschränkung klassifizierender und daher groß zu schreibender Bezeichnungen auf Botanik und Zoologie ist aus dem Wortlaut der amtlichen Regel nicht herzuleiten, wo eindeutig nur Beispiele gemeint sind. Selbstverständlich haben andere Disziplinen ebenfalls ihre mehrwortigen Termini. Dadurch eröffnet sich ein unabsehbares Feld der Großschreibungen, und mit der "Konsequenz" der neuen Regel ist es nicht weit her.
S. 90: In "leid tun", "not tun", "pleite gehen" stecken selbstverständlich keine Substantive, die verordnete Großschreibung ist völlig absurd und wird demnächst rückgängig gemacht werden.
S. 100: Der Begriff der "Paarformel" hat in der Neuregelung keine Grundlage.
S. 123: Beispielsatz: "Es ist lange daran gearbeitet worden, die Rechtschreibung neu zu regeln." Das Komma ist nicht wegen des rotgedruckten "Es", sondern wegen "daran" obligatorisch!
S. 129: ck ist nicht mit ch vergleichbar, weil es laut § 3 für kk steht. Die Bemerkungen über Software sind hinfällig, weil jedes Trennprogramm mit ck leichter zurechtkommt als mit der neuen Silbentrennung, die wegen ihrer vielen unerwünschten Optionen die Softwarefirmen vor die größten Schwierigkeiten stellt.
Fazit: Die Mischung als dürftig aufbereiteten Regeln und reformpropagandistischen Ladenhütern ist wenig ansprechend. An die grundsoliden früheren Dudenbücher von Wolfgang Mentrup usw. darf man gar nicht denken.

Nachtrag im Mai 2001: Durch den revidierten Rechtschreibduden vom August 2000 ist auch dieses Buch schon wieder hinfällig, eine Neubearbeitung sicherlich schon in Vorbereitung oder gar schon erschienen. Fortsetzung folgt ...
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Th. Ickler


eingetragen von Theodor Ickler am 29.05.2001 um 03.07

Ob der Autor der neuen Rechtschreibung folgt, weiß ich nicht - das Buch jedenfalls tut es. "Redaktion: Dr. Matthias Wermke" - das hätte ich hinzufügen sollen.

Übrigens ist der gesamte Inhalt von einer so umwerfenden Banalität, daß man seitenweise zitieren möchte und damit sicher einen Heiterkeitserfolg erzielen würde. Verhältnismäßig konkret wird es an folgender Stelle, die den Gebrauch der "Umschreibung" erläutert:

Vielleicht fällt jemandem das Wort "Kuhfladen" gerade nicht ein, er möchte jedoch nicht "Kuhscheiße" schreiben, also greift er zu einer Umschreibung: "Herr Meyer ist in das getreten, was eine Kuh auf der Wiese hinterlassen hat."


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Th. Ickler


eingetragen von Reinhard Markner am 28.05.2001 um 21.42

Köstlich !
To criticize the critic (T. S. Eliot):
»Der Autor folgt natürlich der reformierten Rechtschreibung.«
gefiele mir besser als :
»Das Buch folgt natürlich der reformierten Rechtschreibung.«


eingetragen von Theodor Ickler am 28.05.2001 um 18.19

Duden: Wie schreibt man gutes Deutsch? 2., völlig neu bearb. Auflage von Ulrich Püschel. Mannheim 2000. 222 S. 18,90 DM.

Das Buch ist eine Sammlung plattester Bemerkungen über Stil. Immer wieder heißt es, jeder sei letzten Endes selbst für seinen Stil verantwortlich, was vielleicht zutrifft, aber sicher nicht zu besserem Deutsch verhilft. Auf den Inhalt dieses überflüssigen Buches gehe ich daher nicht weiter ein.

Man fragt sich aber, was einen Germanisten, der selbst nicht durch besonders bemerkenswerte Schriften aufgefallen ist, überhaupt dazu befähigt, als Stillehrer und nicht nur - was allenfalls noch anginge - als Stilkritiker aufzutreten. In dem ganzen Buch findet man nicht einen einzigen Abschnitt, der als stilistisch besonders gelungen oder gar glänzend auffiele. Für seine Ungeschicklichkeit im Formulieren einfachster Sachverhalte nur wenige Beispiele:

"Wenn schon nicht mehr in der Schule auf gutes Deutsch geachtet wird, dann doch zumindest auf richtiges." (S. 11) - Hier ist der Fokus der Einschränkung falsch gesetzt, es müßte heißen: Wenn in der Schule schon nicht mehr auf gutes Deutsch geachtet wird, dann doch zumindest auf richtiges.
"Ein konkreter Fall wäre ein Brief, den wir an die Hausverwaltung schreiben, da sie die Nebenkosten nicht termingerecht abgerechnet hat." (S. 31) - Hier muß es natürlich "weil" und nicht "da" heißen.
"Gleichermaßen unangemessen sein und den Leser abstoßen können eine komplizierte Darstellung, ein unkontrolliertes Abschweifen, ein hochgestochenes Vokabular." (S. 34) - Kein Kommentar.
"das Objekt muss einem potenziellen Käufer schmackhaft gemacht werden, indem seine Vorzüge herausgestellt werden" (S. 94 - ähnlich des öfteren; vgl. S. 128 oben)
"auf was wir achten und vor was wir uns hüten sollten" (S. 161) - Besser: "worauf" und "wovor".
"mit was hätten sie sich sonst küssen sollen?" (S. 194f.) - Besser: "womit"; vgl. aber "konzentrieren wir uns darauf, was in den einzelnen Artikeln geschrieben steht" (S. 208) - Besser: "auf das".

Der schulmeisterlich-betuliche Stil des Buches ist durch solche vollkommen ernst gemeinte Wendungen zu kenzeichnen: "Herr Christoph schüttelte sinnend den Kopf." (S. 13); "der wirklich sorgende Schreiber" (S. 109)

Das Buch folgt natürlich der reformierten Rechtschreibung. Püschel schreibt also ganz kunstgerecht:
"Ars bene Dicendi, Ars bene Scribendi, Ars recte Dicendi" (S. 11); "Pluralis Modestiae, Pluralis Auctoris" (S. 49)

Grammatisch falsch, aber orthographisch "richtig" schreibt er: "Sie haben völlig Recht." (S. 21); "das ziemlich abstrakt und nichts sagend klingt" (S. 87)

Leider mutet er dem Leser, auf den doch stets Rücksicht zu nehmen sei, die folgende Silbentrennung zu: "beo-bachten" (S. 49).

Die Kommasetzung nach § 77 (5) beherrscht er so wenig wie andere Autoren:

"Es wäre allerdings ein Irrtum zu glauben, ..." (S. 23)
"wobei es gar nicht darauf ankommt zu sagen .." (S. 49)
"in denen es wünschenswert ist zu differenzieren" (S. 63)
"die den Leser dazu anregen sollte weiterzulesen" (S. 70)
"Es geht lediglich darum zu prüfen ..." (S. 80)
"Es wäre aber ein Missverständnis zu glauben ..." (S. 204)

Ein Komma fehlt auch hier: "dann nämlich wenn es eine Tagesordnung gibt" (S. 107)

Falsch sind nach der Reform:

"jedesmal" (S. 44)
"So leid es mir tut" (S. 50)
"sogenannten" (S. 51)
"hartgesotten" (S. 59; laut amtl. Verzeichnis falsch)
"frischgekeltert" (S. 76)
"von Verschiedenerlei" (S. 84)
"verlangt Dreierlei" (S. 95)
"auseinandergerissen" (S. 105)
"was werde ich als nächstes tun?" (S. 113)
("Der" nach Doppelpunkt fälschlich groß geschrieben S. 115)
"noch mal" (S. 144)
"festgefügt" (S. 153)

Alle Zitate aus älteren Quellen (Thomas Mann, Franz Kafka usw.) sind in Reformschreibung konvertiert.

Druckfehler: eine optimalen Pressemitteilung (S. 15), verletztende Weise (S. 43), ein anderes Textmuster, bei der ... (S. 69), Fankfurter (S. 79) (S. 95 unten ist der ganze Satz zerrüttet: "eine größere Anschaffung sparen"), alsobeispielsweise (S. 111), Fau (statt Frau S. 170), Chrystal (statt Crystal, S. 204), andere besonderen Eigenschaft (S. 208), Beleidsbekundungen (S. 214)


– geändert durch Theodor Ickler am 30.05.2001, 16:55 –
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Th. Ickler


eingetragen von Matthias Dräger am 12.05.2001 um 01.04

Im Hause Duden weiß man schon Bescheid, was es eigentlich mit der Rechtschreibreform auf sich hat. In einer internen Arbeitsanweisung des Hauses Duden heißt es nämlich:

„Neuregelung: Das amtliche Regelwerk ist in 112 Hauptregeln gegliedert. Umsetzung: Die Dudenrichtlinien werden auch künftig Hinweise enthalten, die über den rein orthographischen Bereich hinausgehen. Durch Neustrukturierung und vor allem durch Zusammenfassung einzelner Regeln und Regelbereiche wird die Zahl der Richtlinien von 212 auf 136 gesenkt. Begründung: Die inhaltlich falsche, aber politisch wirksame Formel, aus 212 mach 112 muß auch im Duden ihren angemessenen Ausdruck finden.“

Der nackte Keiser. Zur Rechtschreibreform sagte oder schrieb...
Zitate, zusammengestellt von Gabriele Ruta und Carsten Ahrens
Leibniz Verlag 1998, S. 44


eingetragen von Theodor Ickler am 11.05.2001 um 16.11

Auf der Internetseite des Dudenverlags gibt es bekanntlich einen Schnellkurs in neuer Rechtschreibung zum Herunterladen. Da wir in Deutschland sind, heißt das Ding "Crashkurs". Der Verfasser ist Christian Stang; falls mal wieder jemand einen Brief von diesem Reform-Trittbrettfahrer erhält, weiß er also Bescheid. (Stang pflegt an Reformkritiker sehr rücksichtsvoll in alter Rechtschreibung zu schreiben.) Dieser Crashkurs also nimmt schon durch ein grammatisch fehlerhaftes Vorwort wenig für sich ein ("eine Übergangsfrist, innerhalb der (!) ..."). Den Kurs selbst habe ich nicht geprüft, nur die Wortliste. Sie ist offenbar auf dem überholten Stand von 1996; daß also "weitreichend" nach neuester Vereinbarung auch wieder zusammengeschrieben werden kann, weiß die Liste nicht. Aber schwerer wiegt, daß die Liste alle problematischen Fälle, also etwa sämtliche Verbindungen mit "wieder" oder "wohl" unterdrückt, obwohl die erste wie die bisher letzte Fassung der Reform, wie man am Rotdruck im Rechtschreibduden sieht, hier erhebliche Änderungen vorsieht. Statt dessen findet man Unmengen von völlig irrelevanten Zusammensetzungen ("Magistratsbeschluss" - als genügte "Beschluss" nicht!) und seltensten Formen ("er schliss Federn").
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Th. Ickler


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